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Karte der natürlichen Vegetation

Europas
Map of the Natural Vegetation of Europe

Maßstab / Scale 1 : 2 500 000

zusammengestellt und bearbeitet von / compiled and revised by

Udo Bohn, Gisela Gollub, Christoph Hettwer,


Zdenka Neuhäuslová, Thomas Raus, Heinz Schlüter,
Herbert Weber (GIS)

Bundesamt für Naturschutz


Federal Agency for Nature Conservation
Bearbeitung/Compilation: Dr. Udo Bohn, Gisela Gollub, Christoph Hettwer, Herbert Weber (GIS)
Bundesamt für Naturschutz, Bonn
Dr. Zdenka Neuhäuslová, Botanisches Institut der Tschechischen Akademie der
Wissenschaften, Prçhonice bei Prag
Dr. Thomas Raus, Botanischer Garten und Botanisches Museum, Berlin-Dahlem
Dr. Heinz Schlüter, Jena

Zitiervorschlag für das Gesamtwerk/Proposal for citation of the complete work:

Bohn, U., Neuhäusl, R., unter Mitarbeit von / with contributions by Gollub, G., Hettwer, C., Neuhäuslová, Z.,
Raus, Th., Schlüter, H. & Weber, H. (2000/2003): Karte der natürlichen Vegetation Europas / Map of the Natural
Vegetation of Europe. Maßstab / Scale 1 : 2 500 000. Münster (Landwirtschaftsverlag)

Teil 1/Part 1: Erläuterungstext mit CD-ROM/Explanatory Text with CD-ROM


Teil 2/Part 2: Legende/Legend
Teil 3/Part 3: Karten/Maps (9 Blätter 1 : 2,5 Mio., Legendenblatt, Übersichtskarte 1 : 10 Mio. /
9 Sheets 1 : 2.5 million, Legend Sheet, General Map 1 : 10 million)

Technische Realisierung der CD-ROM/Technical realisation of the CD-ROM:


Programmoberfläche geschrieben von/Software developed by:
Stephan Hennekens, Alterra, Wageningen, Netherlands

Herausgeber/Publisher: Bundesamt für Naturschutz (BfN)/Federal Agency for Nature Conservation


Konstantinstr. 110, 53179 Bonn, Germany
Tel: (+49) 228/8491-0, Fax: (+49) 228/8491-200
URL: http://www.bfn.de

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written permission from the copyright owner.
Reprints, even excerpt reprints, permitted only with consent of the BfN.

Druck/Printed by: LV Druck im Landwirtschaftsverlag GmbH, Münster-Hiltrup

Bezug über/Available from: BfN-Schriftenvertrieb im Landwirtschaftsverlag


48084 Münster, Germany
Tel: (+49) 2501/801-300, Fax: (+49) 2501/801-351
URL: www.lv-h.de/bfn

Bonn, Germany 2004


Robert Neuhäusl
16.06.1930 – 25.04.1991
dem ersten langjährigen Leiter und Koordinator
unseres internationalen Projektes,
der sich größte Verdienste um die
„Vegetationskarte Europas“ erworben hat,
in dankbarer Erinnerung gewidmet
Vorwort

Das mit dem vorliegenden Textband nun abgeschlossene Gesamtwerk „Karte der natürlichen
Vegetation Europas im Maßstab 1 : 2,5 Mio. mit Erläuterungen“ ist das Ergebnis einer gut zwanzig-
jährigen intensiven Zusammenarbeit von Fachleuten aus ganz Europa. Beteiligt waren in der
Vegetationskunde und -kartographie führende Wissenschaftler und Institutionen aus 31 europäi-
schen Ländern mit Rußland bis zum Ural und den Kaukasusstaaten.
Die Vegetationskarte Europas stellt weltweit die erste von einem internationalen Expertenteam
erarbeitete Karte dieser Art dar. Sie wurde nach gemeinsam entwickelten Prinzipien geschaffen und
gibt den aktuellen Wissensstand in Europa wieder. Für etliche Länder Europas ist aus diesem Anlaß
erstmalig eine genauere Karte der potentiellen natürlichen Vegetation entwickelt worden, so für
Dänemark, Großbritannien, Irland, Frankreich, Portugal, Albanien, Griechenland und Rumänien.
Besonders hervorzuheben an diesem Kartenprojekt ist, daß sich Vertreter der methodisch sehr
verschiedenen geobotanischen Schulen Europas in langjähriger intensiver und kollegialer Zu-
sammenarbeit auf ein einheitliches hierarchisches Gliederungssystem mit entsprechender Bezeich-
nung, Kodierung und Farbgebung der Vegetationseinheiten geeinigt haben.
Flächendeckend dargestellt wird das heutige natürliche Standortspotential durch die heutige
natürliche Vegetation, die den jeweiligen Klimaverhältnissen, Bodeneigenschaften (Nährstoff- und
Wasserhaushalt sowie Gründigkeit) und der heimischen Flora in den verschiedenen Landschaften
entspricht. Die Karte gibt somit die Vielfalt und räumliche Anordnung der natürlichen terrestrischen
Ökosysteme in Europa wieder.
Auf dieser Grundlage läßt sich für die aktuelle Bodenbedeckung (z. B. Wald, Grünland, Acker,
Bebauung) der Grad der Abweichung vom natürlichen Potential sowie der Natürlichkeitsgrad der
vorhandenen aktuellen Vegetation ermitteln, eine Naturraumgliederung ableiten, die Repräsentanz
der natürlichen Ökosysteme in Schutzgebieten bestimmen und deren systematische Vervollständi-
gung erreichen; ferner können auf dieser Basis Zielstellungen für den Naturschutz und für eine
naturnahe Waldwirtschaft definiert werden. Insofern stellt die Karte der natürlichen Vegetation
Europas eine entscheidende Informations-, Beurteilungs- und Planungsgrundlage für den Natur-
schutz auf europäischer Ebene dar. Außerdem spielt sie eine wichtige Rolle für eine länderüber-
greifende Forschung, Lehre und Umweltbildung.
Wegen der großen Bedeutung der Karte für die Naturschutzarbeit und für Umweltberichte auf
europäischer Ebene zeigten die Europäische Umweltagentur (EEA) und ihr zuarbeitende Ein-
richtungen wie das Europäische Zentrum für Naturschutz und Biodiversität (ETC/NPB) sowie
andere international tätige Organisationen (z. B. WWF, WCMC, FAO) großes Interesse an den
Ergebnissen des Projektes. Die digitalen Daten der Karten 1 : 10 und 1 : 2,5 Mio. wurden deshalb
bereits für ökologische und biogeographische Gliederungen Europas verwendet.
Auch bei Fachwissenschaftlern und Universitätsprofessoren für Geobotanik, Geographie, Natur-
schutz und Forstwirtschaft gibt es eine starke Nachfrage nach den Ergebnissen des internationalen
Projektes, namentlich nach den digital verfügbaren Vegetationskarten sowie den zugehörigen
Datenbanken, Erläuterungen und Auswertungen.

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Zum Thema „Anwendung und Auswertung der Vegetationskarte Europas“ fand im Mai 2001 in der
Außenstelle des BfN „Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm“ ein internationaler Work-
shop statt, bei dem vielseitige Möglichkeiten und Beispiele zur Anwendung vor allem in Natur-
schutz und Landschaftspflege vorgestellt wurden. Die Beiträge und Ergebnisse sind in einem
eigenen Tagungsband zusammengefaßt, der in Kürze erscheint. In der auf der Tagung verabschiede-
ten „Resolution“ wurde auf die Wichtigkeit dieses Kartenwerkes für die internationale wissen-
schaftliche Zusammenarbeit und als Basis weiterer Auswertungen für einen systematischen Natur-
schutz, die Erhaltung der biologischen Vielfalt, eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressour-
cen und eine umweltgerechte Planung auf europäischer Ebene hingewiesen. Als dringendste
Aufgabe für die nächste Zukunft wurde die Bereitstellung der Daten auf CD-ROM und im Internet
sowie die Information der Fachwelt und Öffentlichkeit über Inhalt, wissenschaftliche und praktische
Bedeutung sowie die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten auf regionaler, nationaler und europäi-
scher Ebene herausgestellt. Mit der jetzt vorliegenden zweisprachigen interaktiven CD-ROM ist ein
entscheidender Schritt in dieser Richtung getan.

Prof. Dr. Hartmut Vogtmann


Präsident des Bundesamtes für Naturschutz

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Danksagung

Ohne die koordinierende und fachlich wie persönlich integrierende Rolle von Dr. sc. Robert Neuhäusl
sowie seiner Frau Dr. Zdenka Neuhäuslová und die langjährige personelle und materielle Unterstüt-
zung durch das Botanische Institut der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften in
Prçhonice bei Prag wäre ein Zustandekommen und der Erfolg dieses anspruchsvollen internationalen
Projektes – zumal unter den erschwerten Bedingungen der in den 1980er Jahren noch herrschenden
politischen Ost-West-Spannungen des „Kalten Krieges“ – nicht denkbar gewesen. Leider hat Robert
Neuhäusl die Früchte seines hohen persönlichen Einsatzes nicht mehr ernten können. In Anerkennung
seiner großen Verdienste haben wir ihm – auch stellvertretend für die übrigen inzwischen verstorbenen
Wegbereiter – dieses Werk gewidmet.
Eine ganz entscheidende Rolle bei der Durchführung des Projektes spielten auch die in der Vegeta-
tionskartierung sehr erfahrenen WissenschaftlerInnen und Kartographinnen des Komarov-Instituts für
Botanik der Russischen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg, namentlich Dr. S.A. Gribova,
Dr. Z.V. Karamyševa, Dr. T.I. Isa…enko, Dr. T.K. Jurkovskaja und Dr. I.N. Safronova, zu denen sich
im Laufe der Jahre ein erfolgreich arbeitsteiliges und freundschaftliches Verhältnis entwickelt hat.
Sehr enge und fruchtbare Beziehungen ergaben sich auch zu Prof. Dr. G. Nachucrišvili und seinen
Mitarbeitern im Botanischen Institut der Georgischen Akademie der Wissenschaften in Tbilisi.
Erhebliche Verdienste an der Durchführung und Vollendung dieses gesamteuropäischen Projektes
haben nicht zuletzt alle jene Mitarbeiter vieler Länder, die für das Gesamtwerk fachwissenschaftliche,
kartographische, sonstige technische oder Textbeiträge geliefert haben (s. Angaben in Kapitel 1.1 und
in der Mitarbeiterliste Kapitel 5.3). Ihnen allen sei für die langjährige kollegiale Zusammenarbeit auch
an dieser Stelle herzlichst gedankt.
Etliche Initiatoren und Mitarbeiter der „ersten Stunde“, darunter W. Trautmann, E. M. Lavrenko,
J. Michalko, I. Bondev und A. Scamoni, haben leider das Endprodukt und den Abschluß des Vorha-
bens nicht mehr erlebt oder sind vorzeitig aus dem Mitarbeiterteam ausgeschieden (so S. A. Gribova,
P. Ozenda). Auch ihre Beiträge waren entscheidend für das Gelingen des Werkes und seien hier
besonders gewürdigt.
Die Europäische Kommission in Brüssel und das European Topic Centre for Nature Conservation in
Paris haben die Reinzeichnung der Vegetationskarten und deren Digitalisierung sowie die Vervoll-
ständigung der Erläuterungen zu den Kartierungseinheiten maßgeblich finanziell unterstützt, wofür
ihnen besonderer Dank gebührt.
Nicht zuletzt sei den vielen Kolleginnen und Kollegen sowie der Leitung des Bundesamtes für
Naturschutz (BfN) in Bonn für die langjährige Unterstützung dieses überaus umfangreichen und
langwierigen internationalen Vorhabens gedankt. Ohne die im BfN gegebenen fachwissenschaftlichen,
kartographischen, EDV-technischen, finanziellen, personellen und administrativen Voraussetzungen
und Möglichkeiten für ein effektives Koordinationszentrum hätte das Kartenwerk kaum einen erfolg-
reichen Abschluß in der jetzigen Form erreichen können. Besonders herauszustellen sind die kartogra-
phischen Arbeiten von Frau E. Peppinghaus sowie die besonderen Leistungen und der uneigennützige
Einsatz von Herrn H. Weber bei der Bearbeitung der digitalen Kartendaten bis hin zum Kartendruck

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sowie bei der Auswertung und Bereitstellung der Daten für externe Nutzer.
Dr. Th. Raus, Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin-Dahlem, hat sich besondere
Verdienste bei der taxonomischen und nomenklatorischen Abgleichung und Vereinheitlichung aller
von den Mitarbeitern verwendeten Pflanzennamen erworben.
Den nicht direkt am Projekt beteiligten Herren Prof. Dr. J. Kondracki, Prof. Dr. E. J. Jäger und Prof.
Dr. G. Lang sind wir für wesentliche einführende Beiträge zu Dank verpflichtet.
Unser Dank richtet sich ferner an alle jene, die uneigennützig Fotos für die Bebilderung des Erläute-
rungstextes zur Verfügung gestellt haben.
Dem in der Buchredaktion sehr erfahrenen und versierten Ehepaar Dr. Johanna und Dr. Heinz
Schlüter, Jena, sei herzlich gedankt für die persönliche Unterstützung bei der kontinuierlichen Fortfüh-
rung und Vollendung des Werkes und insbesondere für die eingehende redaktionelle Enddurchsicht
des Erläuterungstextes.
Die Übersetzung des deutschen Erläuterungstextes und der Datenbögen ins Englische wurde im
Auftrag des BfN zum überwiegenden Teil von der Firma „Academic Services“ (Inhaber: Dr. Julian P.
Keogh), Lübeck, durchgeführt.
Anschließend erfolgten sprachliche (vor allem der Fachbegriffe) und z. T. auch inhaltliche Korrekturen
seitens der Autoren der einzelnen Textkapitel sowie durch Mitarbeiter des BfN (U. Bohn, G. Gollub,
N. Hofbauer).
Die fachsprachliche und stilistische Endbearbeitung des Erläuterungstextes übernahmen dankens-
werterweise die Englisch-Muttersprachler John Cross, Dublin, John Rodwell, Lancaster, und Toby
Spribille, Göttingen. Toby Spribille übersetzte außerdem noch nicht ins Englische übertragene
deutsche Texte wie Vorwort, Danksagung, das Glossar und die Erläuterungen zu den Datenbögen.
Frau Kerstin Winter, Bonn, bewältigte mit großem Einsatz die umfangreiche und diffizile Arbeit der
Übersetzung deutscher Fachbegriffe und der restlichen Texte in den Datenbögen.
Frau Susanne Rosenfeld, Köln, leistete wertvolle Hilfe bei der Übersetzung der geographischen
Bezeichnungen in Kapitel 5.3 sowie der Tabellen-, Abbildungs- und Bildunterschriften.
Frau Natalie Hofbauer (BfN) erwarb sich besondere Verdienste durch unermüdlichen Einsatz bei der
Endkorrektur des deutschen und insbesondere des englischen Textes sowie bei der Herstellung des
Layouts und der PDF-Dateien.
Ihnen allen sei für die maßgebliche Mithilfe bei der Herstellung der englischen Fassung des Erläute-
rungstextes auch an dieser Stelle herzlich gedankt.
Herr Stephan Hennekens, Alterra, Wageningen, hat seine profunden EDV-Kenntnisse und langjäh-
rigen Erfahrungen bei der Entwicklung von vegetationskundlichen Tabellenprogrammen für die
Erarbeitung der Benutzeroberfläche der interaktiven CD-ROM mit großem persönlichem Engagement
zur Verfügung gestellt, wofür wir ihm ganz besonders danken.

Udo Bohn Bonn, im November 2003


Projektkoordinator

16
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1

1 Allgemeine Grundlagen zur Karte der natürlichen Vegetation Europas


1.1 Entwicklung der internationalen Zusammenarbeit und Arbeitsetappen
Zdenka Neuhäuslová, Zoja V. Karamyševa, Tatjana K. Jurkovskaja, Heinz Schlüter & Udo Bohn

Geschichtlicher Überblick
Die Karte der (potentiellen) natürlichen Vegetation Europas im Maßstab 1 : 2,5 Millionen geht auf
eine Initiative der Professoren Paul Ozenda (Frankreich) und Werner Trautmann (Bundesrepublik
Deutschland) vor nunmehr 27 Jahren zurück: Sie nutzten die einmalige Gelegenheit des 12. Interna-
tionalen Botanischen Kongresses 1975 in Leningrad (heute wieder St. Petersburg), an dem erstmals
nach dem zweiten Weltkrieg – unter den Erschwernissen der Ostwestkonfrontation im „Kalten
Krieg“ – auch zahlreiche Geobotaniker aus dem „Ostblock“ teilnehmen konnten, zu Gesprächen mit
Kollegen aus vielen europäischen Ländern über die Möglichkeit, gemeinsam eine kleinmaßstäbige
Vegetationskarte Europas zu erarbeiten. Diese Anregung stieß auf allgemeine Zustimmung und eine
große Bereitschaft zur Mitarbeit, und auch Akademiemitglied E.M. Lavrenko als damaliger Leiter
des Laboratoriums für Pflanzengeographie und -kartographie im Leningrader Komarov-Institut für
Botanik schloß sich sofort der Initiative an, zumal er schon früher die Notwendigkeit einer detail-
lierten Vegetationskarte Europas mehrfach betont hatte. Daraufhin wurde 1977 eine schriftliche
Einladung zur Mitarbeit an viele einschlägige Institutionen und an Fachkollegen fast aller europäi-
schen Staaten verschickt.
Hier sei daran erinnert, daß der Gedanke an eine Vegetationskarte Europas schon sehr frühzeitig aufkam. Bereits 1923 war
in Zürich vom „Geobotanischen Forschungsinstitut Rübel“ eine „Permanente Kommission“ gegründet worden, zu deren
Zielen auch die Förderung einer Vegetationskarte Europas gehörte. Erste Überlegungen dazu gab es dann auf dem Bota-
nischen Kongreß 1930 in Cambridge; sie wurden von I. Horvat und R. Tüxen 1959 beim Symposium über Vegetations-
kartierung in Stolzenau wieder aufgegriffen. Dort wurde erneut eine „Permanente Kommission für die Vegetationskarte
Europas“ ins Leben gerufen; sie bestand aus den international renommierten Pflanzensoziologen J. Braun-Blanquet
(Montpellier), L. Emberger (Montpellier), I. Horvat (Zagreb), A. Noirfalise (Brüssel), B. Paw»owski (Krakau) und sollte von
R. Tüxen und der Bundesanstalt für Vegetationskartierung in Stolzenau geleitet werden. Anfang der sechziger Jahre wurde
ferner unter der Schirmherrschaft der UNESCO ein „Ständiges Komitee für die Klassifizierung und Kartierung der
Vegetation“ berufen, das die Vorbereitung einer Weltvegetationskarte in internationaler Zusammenarbeit koordinieren sollte
(GAUSSEN 1966, SO„AVA 1966). Diese Absicht wurde jedoch nicht verwirklicht, zum einen und vor allem deshalb, weil sich
die Botaniker der verschiedenen Länder und Schulen nicht auf einheitliche theoretische Grundlagen und Prinzipien bei der
Aufstellung der Legende einigen konnten, zum anderen aufgrund des unterschiedlichen Standes der Vegetationskartierung
in den einzelnen Territorien.

Das Botanische Institut der damaligen Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften


(„SAV) in Prçhonice bei Prag, das bereits in der schriftlichen Einladung zur Zusammenarbeit als fe-
derführende Institution für den Teilraum Ost- und Südosteuropa einschließlich dem östlichen Mittel-
europa (damaliger „Ostblock“) empfohlen worden war, hat dann unter Leitung von Robert Neuhäusl
die Initiative ergriffen und in Zusammenarbeit mit dem Institut für Experimentelle Biologie und
Ökologie der Slowakischen Akademie der Wissenschaften in Bratislava das 1. Internationale
Kolloquium über die geplante Vegetationskarte Europas vorbereitet. Diese Tagung vom 23. bis
26. April 1979 im böhmischen Liblice bei Mlník (vgl. GOR„AKOVSKIJ 1979, GRIBOVA & ISA„ENKO

17
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

1980a, 1980b, NEUHÄUSL 1979, 1980, TRAUTMANN & BOHN 1980) ist – nach einer Anlaufphase von
vier Jahren – als die eigentliche Geburtsstunde des internationalen Kartenprojekts anzusehen.

Abb. 1: Die drei Initiatoren des Projektes: E.M. Lavrenko, W. Trautmann und P. Ozenda (von links) auf dem
12. Internationalen Botanischen Kongreß 1975 in Leningrad.

Als Ende der siebziger Jahre die Vorbereitungsarbeiten an der Karte Europas aufgenommen wurden,
war die natürliche Vegetation in Europa auch unter vegetationskartographischen Aspekten bereits
größtenteils erforscht (s. Kapitel 1.2). Die vegetationskartographischen Unterlagen wiesen jedoch
für einige Regionen (z. B. Teile West- und Südosteuropas sowie Skandinaviens) Lücken auf oder
waren weniger ausgearbeitet als in anderen Teilen des europäischen Kontinents (s. GRIBOVA &
ISA„ENKO 1980a, 1980b, NEUHÄUSL 1980). In einigen Ländern wie Schweden, Großbritannien,
Irland, Dänemark, Frankreich, Portugal, Jugoslawien und Griechenland führte das Projekt einer
Vegetationskarte Europas zu erhöhter Aktivität auf dem Gebiet der Vegetationskartierung oder es
wurden erstmals Karten der potentiellen natürlichen Vegetation für das betreffende Land entworfen.
Lücken in den regionalen kartographischen Unterlagen konnten schrittweise in den nachfolgenden
Arbeitsetappen beseitigt werden. Das Hauptproblem für eine gemeinsame und einheitliche Vegeta-
tionskarte Europas waren jedoch die verschiedenen phytozönologischen Schulen und Richtungen
mit unterschiedlichen Prinzipien der Vegetationsklassifizierung. In Mittel-, West- und Südeuropa
überwiegt die floristisch-phytozönologische Richtung, die auf der Analyse der gesamten Arten-
zusammensetzung der Gesellschaften und auf der Anwesenheit spezifischer Charakter- und Diffe-
rentialarten aufbaut (BRAUN-BLANQUET 1928, 1951, 1964). Die nordeuropäische (skandinavische)
Klassifizierung stützt sich auf den Etagenaufbau (Schichtung) der Gesellschaften und ihre Physi-

18
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1

ognomie sowie auf dominante und stete Arten in den einzelnen Schichten. Die traditionelle
ökologisch-phytozönologische Arbeitsweise in Rußland basiert vor allem auf der Kennzeichnung
und Ausscheidung von Vegetationseinheiten durch dominante Arten und ihre Kombination. Die
nach den genannten Prinzipien für die einzelnen Länder und Regionen erarbeiteten Karten waren
deshalb nicht direkt miteinander vergleichbar und darum auch nicht unmittelbar zu einem einheitli-
chen Ganzen zusammenzufügen.
Für den Karteninhalt mußte ebenfalls ein Kompromiß gefunden werden, da das von den west- und
mitteleuropäischen Kollegen geforderte Prinzip der heutigen „Potentiellen natürlichen Vegetation“
(TÜXEN 1956) aus methodischen und sachlichen Gründen für den russischen und andere Kartenteile
nicht generell übernommen und angewandt werden konnte. Am Ende einigte man sich darauf, diese
theoretische, konstruierte natürliche Vegetation als gemeinsames Ziel anzustreben, jedoch auf
„potentiell“ im Kartennamen zu verzichten.
Als Ziele und Aufgaben des internationalen Projekts einer Vegetationskarte Europas sind zu
nennen:
– Das reiche Wissen und die vielfältigen Erfahrungen der Vegetationsforscher möglichst aller
europäischen Länder, die umfangreichen Unterlagen über Struktur, Variabilität und Verbreitung
der Vegetation Europas, vor allem aber die schon vorliegenden zahlreichen nationalen und
regionalen Vegetationskarten insbesondere mittlerer Maßstäbe durch eine gut organisierte
internationale Zusammenarbeit auszuwerten und zusammenzuführen;
– durch diese Initiative in den noch weniger intensiv bearbeiteten Ländern oder Regionen zu
verstärkter Vegetationsforschung und -kartierung anzuregen, um als Basis für die Gesamtkarte
einen möglichst einheitlich hohen Standard in ganz Europa zu erreichen;
– gemeinsam einen Kompromiß zwischen den sehr divergierenden Schulen für die Erarbeitung
einer Vegetationskarte Europas mit einer nach einheitlichen Prinzipien aufgestellten, möglichst
detaillierten Legende zu suchen und damit auch zu einer methodischen Vereinheitlichung
beizutragen;
– in Anbetracht der zunehmenden Bedeutung von Ökologie und Umweltproblemen mit der Karte
naturwissenschaftlich fundierte Grundlagen für den internationalen Naturschutz, eine natur-
räumliche Landschaftsgliederung, eine nachhaltige, schonende Landnutzung und für Ent-
wicklungsprognosen zu schaffen;
– Anregung und ein Beispiel für andere Kontinente zu geben, da ein solches Großprojekt einer in
internationaler Kooperation erarbeiteten Vegetationskarte weltweit erstmalig in Angriff genom-
men wurde und Europa eine beispielhaft klare, aber auch überaus vielfältige Vegetationsglie-
derung und -struktur aufweist.
Vom Beginn der Arbeiten an dem Projekt 1979 bis zum Jahre 2001 wurden elf internationale
Arbeitstagungen in verschiedenen Ländern Europas sowie viele bi- und multilaterale Beratungen
durchgeführt. Bei diesen Treffen konnten alle theoretischen, methodischen und wissenschaftlich-
organisatorischen Fragen, die sich bei der Erarbeitung der nationalen Karten sowie bei der verein-

19
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

heitlichten Europakarte bis hin zum Druck und Erläuterungstext ergaben, diskutiert und in enger
Kooperation geklärt werden. So führten diese wissenschaftlichen Zusammenkünfte schrittweise zu
einem tragfähigen, einheitlichen Konzept und zur Verwirklichung des Projektes einer gesamt-
europäischen Vegetationskarte. In den ersten 10 Jahren (1979 bis Ende 1989) konnten gemeinsame
Treffen aller Mitarbeiter aus bekannten Gründen nur in einem der Ostblockländer stattfinden.
Nach dem ersten, bereits erwähnten internationalen Kolloquium im April 1979 in Liblice wurden in
der damaligen Tschechoslowakei weitere Sitzungen im Juni 1980 in Alšovice (GRIBOVA 1981,
NEUHÄUSL 1982b) sowie im Oktober 1980 in TÍeboÁ (NEUHÄUSL & NEUHÄUSLOVÁ 1982) durch-
geführt. Beratungen der Redaktionsgruppe fanden im Oktober 1981 im slowakischen Východná
(GRIBOVA & JURKOVSKAJA 1983, NEUHÄUSL & MICHALKO 1984) und im Juni 1987 in Prag (GRIBO-
VA & JURKOVSKAJA 1989) statt. Zwei internationale Tagungen wurden im Oktober 1983 und
September 1985 in Vácrátót bei Budapest (Ungarn) veranstaltet (BOHN & OZENDA 1987, GRIBOVA
& KARAMYŠEVA 1987, NEUHÄUSL 1987a, 1987b, 1987c). Die zweite Tagung fand im Rahmen der
22. Generalversammlung der Internationalen Union der Biologischen Wissenschaften (IUBS) statt,
in deren wissenschaftliches Programm das Projekt „Vegetationskarte Europas“ bereits 1982 aufge-
nommen worden war (GRIBOVA, KARAMYŠEVA & NEUHÄUSL 1985).
Zweimal trafen sich Wissenschaftler aus den RGW(Comecon)-Ländern: im Juni 1983 in Kiew (GRI-
BOVA 1984, SUMERINA & LIPATOVA 1985) und im September 1984 in Burgas (KARAMYŠEVA 1986).
Diese beiden Sitzungen waren der Abstimmung der Vegetationskarte für die mittel- und osteuropäi-
sche Region gewidmet. Dieser Teil der Karte wurde im Rahmen der RGW-Aufgabe „Ökologische
Grundlagen der optimalen Nutzung und des Schutzes der Biogeozönosen“ als Thema III. 1.4.1
„Kartierung der Biogeozönosen und ihrer Hauptkomponenten“ bearbeitet (GRIBOVA & NEUHÄUSL
1989).
Die Problematik der Vegetationskartierung der europäischen Hochgebirge wurde auf dem interna-
tionalen Symposium „Ökologie der Hochgebirge“ 1984 in Tbilisi und Kasbegi in Georgien behan-
delt (GRIBOVA & LADYGINA 1985, GRIBOVA, NACHUCRIŠVILI, DOLUCHANOV & NEUHÄUSL 1988).
Im April 1990 fanden Beratungen in Warschau, im Mai 1992 in Bonn-Bad Godesberg (BOHN 1992)
und im Dezember 1995 auf der Insel Vilm bei Rügen statt. Bei diesen Zusammenkünften wurden
neuere Karten und Kartierungseinheiten aus den verschiedenen europäischen Ländern vorgestellt
und diskutiert. In der Regel wurden diese Treffen durch Exkursionen zum Kennenlernen der
regionalen Vegetation ergänzt. Die letzte internationale Tagung fand im Mai 2001 – nach Druckle-
gung der Vegetationskarte und Gesamtlegende – auf der Insel Vilm statt. Sie diente der Darstellung
und Diskussion von Anwendungs- und Auswertungsmöglichkeiten der Vegetationskarte Europas für
Raumgliederungen, Naturschutz, Landschaftspflege und verschiedene Nutzungsbereiche (z. B.
Forstwirtschaft, Waldbau).
Die meisten internationalen Arbeitstagungen wurden vom Botanischen Institut der Tschechoslo-
wakischen Akademie der Wissenschaften in Prçhonice bei Prag organisiert, dem Koordinierungs-
zentrum für das Projekt einer Vegetationskarte Europas von 1979 bis April 1991. Der Haupt-
koordinator war in diesen 12 Jahren Robert Neuhäusl, Mitglied der Tschechoslowakischen Akade-

20
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1

mie der Wissenschaften und nach der politischen Wende Direktor des Botanischen Instituts der
Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik bis zu seinem plötzlichen Tod 1991.
Seiner ungewöhnlichen Ausdauer, seinen vielseitigen Sprachkenntnissen, seinem Können und
Geschick war es zu verdanken, daß ein Weg zur Annäherung der verschiedenen phytozönologischen
Schulen bei der Erarbeitung einer einheitlichen gesamteuropäischen Karte gefunden und damit die
erfolgreiche Bearbeitung der Karte erst ermöglicht wurde. Ab 1992 übernahm die Bundesfor-
schungsanstalt für Naturschutz und Landschaftsökologie (jetzt Bundesamt für Naturschutz) in Bonn-
Bad Godesberg die Aufgabe des Koordinierungszentrums mit Udo Bohn als Hauptkoordinator.
Zdenka Neuhäuslová übernahm weiterhin Koordinierungsaufgaben für den osteuropäischen Raum,
namentlich bei der Abfassung des Erläuterungstextes, der Ausfüllung und Bearbeitung der Daten-
blätter für die Kartierungseinheiten und bei der Übersetzung russischer Texte. Die Mitarbeiter des
Komarov-Instituts für Botanik in St. Petersburg unter Leitung von T. K. Jurkovskaja waren für die
Kartenbearbeitung des osteuropäischen Teils sowie für die farbliche Gestaltung der Gesamtlegende
und die Differenzierung der Kartierungseinheiten durch Aufsignaturen zuständig.

Das 1. Internationale Kolloquium zur geplanten Vegetationskarte Europas 1979


An der ersten Beratung in Liblice (23.-26. April 1979) nahmen 40 Wissenschaftler aus 10 europäi-
schen Ländern teil. Vor allem wurden Fragen des Inhalts der Karte, ihres Maßstabs, Prinzipien der
Aufstellung der Legende und die Fassung der Kartierungseinheiten erörtert. Wesentliche Vorschläge
zur Vorbereitung der Karte brachten die westeuropäischen Botaniker P. Ozenda und W. Trautmann
mit U. Bohn sowie die russischen Fachleute E.M. Lavrenko, T.I. Isa…enko und S.A. Gribova in
einem Kollektivreferat (vgl. LAVRENKO et al. 1980a, 1980b) ein. P. Ozenda machte die Teilnehmer
mit der bereits publizierten Karte Westeuropas (Europarat-Staaten) im Maßstab 1 : 3 Mio. und ihrem
Erläuterungstext bekannt (1. Aufl. OZENDA et al. 1979, OZENDA 1980).1
Das Naturschutzkomitee des Europarates hatte 1976 eine Arbeitsgruppe westeuropäischer Fachleute
beauftragt, möglichst rasch eine Vegetationskarte der Europaratstaaten herzustellen. Sie lag 1979
bereits in einer ersten, von P. Ozenda redigierten Fassung vor.
Die Diskussion offenbarte einige wesentliche Mängel der Westeuropa-Karte: Die kartographische Darstellung war zu grob
und schematisch; die Prinzipien der Gliederung und die Aufstellung der Legende waren nicht konsequent, ferner waren
Differenzierungsgrad und Informationsgehalt zu gering und zu heterogen. Die Hauptkritik richtete sich jedoch auf die
Ausweisung und Abgrenzung von Vegetationsgebieten bzw. geographischen Räumen komplexen Inhalts anstelle einer
Differenzierung in vegetationstypologische Einheiten und deren kartographische Darstellung.
Die russischen Wissenschaftler erläuterten ihre Prinzipien bei der Erstellung von Übersichtskarten, die auf umfangreichen
Erfahrungen bei der kleinmaßstäbigen Kartierung in der Sowjetunion basierten, am Beispiel der Legende zur Vegetations-
karte 1 : 2,5 Mio. des europäischen Teils der UdSSR (ISA„ENKO & LAVRENKO 1979). Das in Rußland benutzte regionalty-
pologische Prinzip der Legendengliederung fußt auf phytozönologischen, floristischen, ökologischen, geographischen und
dynamischen Kriterien. Die Vertreter der einzelnen Länder informierten anschließend über den derzeitigen Stand der
Vegetationskartierung und der Vegetationskarten in ihrem Zuständigkeitsbereich und beschäftigten sich mit den Möglich-
keiten ihrer Vereinheitlichung im gesamteuropäischen Maßstab (Originalbeiträge und Ergebnisse in NEUHÄUSL [Red.] 1980).

1
Die 2., neubearbeitete Auflage dieser Karte der EU- und Europarat-Staaten wurde 1987 veröffentlicht (NOIRFA-
LISE 1987).

21
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

TRAUTMANN & BOHN (1980) schlugen vor, bei der Gliederung und Benennung der Vegetationseinheiten hauptsächlich
floristisch-vegetationskundliche Kriterien und Merkmale zu verwenden und ökologische und geographische Zusätze lediglich
als Hilfsmittel zur genaueren Charakterisierung und Lokalisierung zu gebrauchen. Sie plädierten für eine Hauptgliederung
in Pflanzenformationen und deren weitere Untergliederung in Vegetationstypen, die nach Pflanzenarten oder Artenkom-
binationen benannt werden. In von Natur aus bewaldeten Gebieten kommt dabei Baumarten eine herausragende Bedeutung
zu. Der vorgelegte Entwurf einer Vegetationsgliederung Europas nach Formationen umfaßte 12 zonale und 5 azonale
Haupteinheiten, von denen die „Sommergrünen mesophytischen Laubwälder, teils mit Nadelbäumen“ beispielhaft weiter
aufgegliedert wurden.

Abb. 2: Die Teilnehmer des 1. Internationalen Kolloquiums in Liblice im April 1979 (alphabetisch): D. Blañko-
vá, I. A. Bondev, N. DoniÛ|, J. B. Fali½ski, G. Fekete, F. Fukarek, P. Fukarek, J. Fukarek, S. A. Gribova,
P. L. Gor…akovskij, O. Hejná, S. Hejný, G. Hofmann, M. Husová, T. I. Isa…enko, R. Javanoviƒ-Dunjiƒ,
R. Lakušiƒ, D. Magic, Š. Maglocký, A. Matuszkiewicz, W. Matuszkiewicz, J. Michalko, V. Mišiƒ,
J. Moravec, R. Neuhäusl, Z. Neuhäuslová, P. Ozenda, D. Pavloviƒ, K. Rybní…ek, A. Scamoni, H. Schlü-
ter, W. Trautmann, T. Wojterski.

Möglichst viel Information zum Verständnis der Vegetationskarte und ihres Inhalts sollte bereits die
Legende liefern: durch die Grundfarbe sollte in erster Linie der Grad der Ähnlichkeit der Vegeta-
tionstypen betont werden, während ökologische und pflanzengeographische Zusammenhänge und
Unterschiede erst an zweiter Stelle rangieren und durch Aufsignaturen zum Ausdruck gebracht
werden sollten.
Die einzelnen Kartierungseinheiten, die bei kleinmaßstäblichen Karten immer komplexer Natur
sind, sollten möglichst nur nach der Haupteinheit benannt werden; ihre Ausweisung und Abgren-
zung in jedem Fall floristisch-soziologisch begründet sein und in der Legende zum Ausdruck
kommen.

22
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1

In Liblice wurde folgende Resolution verabschiedet:


1. Die Teilnehmer des Kolloquiums begrüßen übereinstimmend den Vorschlag zur Erarbeitung
einer einheitlichen Vegetationskarte Europas. Sie sehen darin einen wichtigen Schritt zur
Fundierung und Erweiterung der vegetationskundlichen Kenntnisse im Interesse der praktischen
Anwendung bei Forschungen und Planungen, im Naturschutz, im Umweltschutz sowie in der
Produktionsbiologie. Die gemeinsame Arbeit an der Karte setzt neue Akzente in der interna-
tionalen Zusammenarbeit, die zu einer neuen und höheren Qualität der geobotanischen For-
schung führen.
2. Die Karte soll die natürliche Vegetation Europas im Maßstab 1 : 3 Mio. darstellen.
3. Die Kartierungseinheiten werden auf der Grundlage phytozönologischer Merkmale und Metho-
den erarbeitet. Ihr Inhalt sind auch Vegetationsmosaike und -komplexe.
4. Die Karte soll überschaubar die wesentlichen zonal, subzonal, etagal, regional und edaphisch
bedingten Strukturen, Besonderheiten und Unterschiede der natürlichen Vegetation Europas
einschließlich der azonalen und extrazonalen Erscheinungen sowie der besonders wichtigen
pflanzenhistorischen Gegebenheiten zum Ausdruck bringen.
5. Bei der Erarbeitung der Karte sollen diese Prinzipien einheitlich zur Anwendung gelangen.
6. Es wird vorgeschlagen, das Projekt der Karte im Rahmen der Aktivitäten der UNESCO (MAB
und/oder IUBS) zu verwirklichen. Es wird angeregt, daß die Staaten des RGW ihre Aktivitäten
in Problem III aufnehmen.
7. Es wird empfohlen, eine Arbeitsgruppe zu bilden, die auf der Grundlage von nationalen Vor-
schlägen einen Entwurf der Kartenlegende erarbeitet. Dieser Arbeitsgruppe sollten Vertreter der
BRD, der „SSR, Frankreichs, Jugoslawiens, Norwegens, der UdSSR und der Volksrepublik
Polen angehören.
8. Es wird empfohlen, beim Botanischen Institut der Tschechoslowakischen Akademie der
Wissenschaften ein Arbeitszentrum einzurichten.
9. u. 10. Terminfestlegungen (vgl. NEUHÄUSL [Red.] 1980: 205 f.).

Die erste Arbeitsetappe bis 1991


An der nächsten Beratung der Arbeitsgruppe, die sich mit der Erarbeitung des ersten Entwurfs einer
einheitlichen Legende beschäftigte (Alšovice in Nordböhmen, 23.-26. Juni 1980), nahmen vor allem
Kollegen aus Mittel- und Nordosteuropa sowie vom Balkan teil. Hauptziel dieser Beratung war die
Vorbereitung einer einheitlichen Gesamtlegende. 2

2
Dieser Beratung gingen bilaterale Besprechungen zwischen W. Trautmann, U. Bohn und R. Neuhäusl im März
1980 in Bonn voraus, bei denen die Prinzipien der Formationsgliederung für die Vegetationskarte Europas und
die Fassung und Benennung der Kartierungseinheiten präzisiert wurden. Im Arbeitszentrum in Prçhonice wurde
dann ein Katalog der wichtigen Merkmale für die Charakterisierung der Grundeinheiten erarbeitet und den
Mitarbeitern zugesandt.

23
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

An theoretischen und methodischen Fragen wurden ferner besprochen: pflanzengeographische Gliederung Europas und
seiner großen Regionen als Grundlage für die regionale Gliederung der Legende; Verwendung homogener und heterogener
Kartierungseinheiten in Abhängigkeit von der Vegetationsstruktur; Minimalgröße von Kartierungseinheiten auf der Karte und
Möglichkeiten der Verwendung von Symbolen zur kartographischen Darstellung von sehr kleinflächigen, jedoch phyto-
geographisch oder -historisch wichtigen Vegetationseinheiten.
Legendenentwürfe wurden für die Tschechoslowakei von R. Neuhäusl, für Polen von W. Matuszkiewicz und für Ostdeutsch-
land (DDR) von A. Scamoni vorgestellt. L. Hämet-Ahti erläuterte den Stand der Kartierung in Skandinavien, P. Fukarek den
der Balkanstaaten und die Vorbereitung einer einheitlichen Legende für diesen Raum, W. Trautmann berichtete über den
Kartierungsstand in den westeuropäischen Ländern. Den Entwurf einer Legende für den europäischen Teil der UdSSR stellte
S.A. Gribova vor.

R. Neuhäusl legte in seinem zusammenfassenden Referat einen Vorschlag zur Abstimmung und
Angleichung der einzelnen Legenden vor. Er wies insbesondere auf den Vorzug des hierarchischen
Aufbaus der Legende hin, der es ermöglicht, die zonale, subzonale, etagale und regionale Vegeta-
tionsgliederung darzustellen. Diesem Vorgehen wurde von den meisten Beratungsteilnehmern zuge-
stimmt, wodurch eine beachtliche methodische Annäherung zwischen den west-mitteleuropäischen
und russischen Geobotanikern erreicht und damit die weiteren Arbeiten an einer einheitlichen
Legende erleichtert wurden.3
In der Resolution der Beratung wurden diejenigen Punkte hervorgehoben, in denen Einigung erzielt
wurde: Anzahl und Inhalt der höheren Einheiten (Vegetationstypen oder Formationsklassen nach der
russischen und Formationen im Sinne der westeuropäischen Schule); Unterscheidungsprinzipien und
Inhalt der Hauptkartierungseinheiten (Assoziationen nach der Zürich-Montpellier-Schule, Gruppen
von Assoziationen nach der russischen Schule) und Bezeichnung der Kartierungseinheit (nach der
vorherrschenden Gesellschaft).
Das 2. Internationale Kolloquium (TÍeboÁ, 27.-30. Oktober 1980) war für die Vorbereitung einer
einheitlichen Legende zur Karte von größter Bedeutung. Zur Debatte standen die Vorschläge zur
Gliederung der Hauptformationen – den übergeordneten Einheiten der Legende. Auf der Grund-
lage einer Analyse der Legenden zu den nationalen Karten für die Gebiete der arktischen und
borealen Vegetation Skandinaviens und Osteuropas (E. Dahl, I. Hämet-Ahti, S.A. Gribova, T.I.Isa-
…enko), der nemoralen Vegetation Mittel- und Osteuropas (W. Matuszkiewicz, U. Bohn, N. DoniÛ|),
der Vegetation des Balkans (A. Borhidi, N. DoniÛ|, I. Bondev), der Zonen der osteuropäischen
Waldsteppen, Steppen und Wüsten (E.M. Lavrenko, Z.V. Karamyševa, I.N. Safronova, N. DoniÛ|)
sowie der Moorvegetation (T.K. Jurkovskaja, K. Rybní…ek) wurde eine erste Übersicht von
19 Hauptformationen als übergeordnete Grundeinheiten der Legende erarbeitet (NEUHÄUSL
1982b). Auch wenn dieses Verzeichnis im Verlauf der weiteren Arbeiten an der Karte erheblich
verändert und ergänzt wurde, bedeutete es damals eine wichtige Etappe bei der Integration der
nationalen Karten und bei der Vereinheitlichung der Kartierungseinheiten, insbesondere auch in den
Grenzgebieten. Wichtige weitere Beratungspunkte waren eine für die einzelnen nationalen Karten-

3
Die meisten Legenden zu den in Rußland erarbeiteten Karten, namentlich diejenige der Übersichtskarte
1 : 2,5 Mio. für den europäischen Teil der UdSSR von 1979, hatten bereits einen entsprechenden hierarchischen
Aufbau.

24
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1

beiträge verbindliche vorläufige Farbskala sowie die Wahl geeigneter kartographischer Unterla-
gen für die Erstellung der Europakarte.
Bei der Beratung des Redaktionskollegiums in der Slowakei (Východná, 14.-17. September
1981) kam es zu erheblichen Änderungen im Verzeichnis der Hauptformationen (siehe NEUHÄUSL
1982b: 215). Es wurden 17 Haupteinheiten festgelegt. Deren weitere Untergliederung wurde an
verschiedene Institutionen delegiert. Als Vorbild sollte die in Bonn erarbeitete Gesamtlegende der
Formation „Sommergrüne mesophytische Laubwälder und Nadel-Laubwälder“ dienen.
Dabei wurde in einigen Grundfragen (z. B. Stellung der alpinen und subalpinen Hochgebirgsvegetation in der Übersicht der
höheren Einheiten im Verhältnis zur arktischen und subarktischen Vegetation und deren pflanzengeographische Differen-
zierung) noch keine Einigung zwischen den Ansichten der west- und osteuropäischen (russischen) Beratungsteilnehmer
erzielt. Dieses Problem wurde während der Erarbeitung der Karte noch mehrfach diskutiert (GRIBOVA & JURKOVSKAJA 1983,
GRIBOVA & LADYGINA 1985, KARAMYŠEVA & JURKOVSKAJA 1994). Unterschiedliche Auffassungen bestanden auch
bezüglich der Gliederung der Moorvegetation sowie bei der Unterteilung der borealen Vegetation.

Die Beiträge der Anwesenden über nationale Kartenprojekte lieferten wertvolles Material für die
Aufstellung der Gesamtlegende. Ein Entwurf der Grundfarben für die Formationen unter zusätzli-
cher Verwendung farbiger Schraffuren für Höhen- und Trophiestufen wurde gebilligt. Für die
weiteren kartographischen Arbeiten wurde die Benutzung einer einheitlichen gesamteuropäischen
topographischen Unterlage im Maßstab 1 : 2,5 Mio. festgelegt, die vom Geodätischen Dienst der
„SSR zur Verfügung gestellt wurde. Es wurde beschlossen, die Karte in diesem Maßstab auf
15 Einzelblättern herzustellen. Auch die nationalen Kartenentwürfe sollten auf dieser Grundlage
angefertigt werden.
In der ersten Etappe zur Erarbeitung der europäischen Gesamtkarte liefen die Arbeiten an der
2. Auflage der Karte Westeuropas und an der Karte Mittel- und Osteuropas der ehemaligen
Comecon-Länder in ständiger Abstimmung parallel.
Auf den beiden von mittel- und osteuropäischen Spezialisten organisierten Beratungen (Kiew 1983, Burgas 1984) konzen-
trierte sich die Arbeit hauptsächlich auf Ergänzungen und Änderungen der Gesamtlegende. Entscheidende Eingriffe wurden
vor allem in den Formationen „Tundren“, „Mesophytische und hygromesophytische Nadel- und Laub-Nadelwälder“ und
„Moore“ vorgenommen. Als selbständige Formationen wurden die „Waldsteppen“, „Dornpolster-Gebirgssteppen“ sowie
„Alpine und subalpine Vegetation der nemoralen Zone“ ausgegliedert.
Auf der Grundlage der redigierten Länderkarten wurde ein Verzeichnis der Hauptkartierungseinheiten angefertigt, ihre
Diagnostik präzisiert und die geographischen Namen der Kartierungseinheiten vereinheitlicht. Die redigierte Legende zur
Karte der europäischen Comecon-Länder wurde publiziert (BONDEV et al. 1985), und später wurde auch die Vegetationskarte
der europäischen „Ostblockländer“ – mit englischer Legende – gedruckt (GRIBOVA & NEUHÄUSL 1989, Druck 1996).

Bei der Beratung des Redaktionskollegiums in Vácrátót, Ungarn, (10.-15. Oktober 1983) auf
Einladung des Forschungsinstituts der Ungarischen Akademie der Wissenschaften wurden weitere
Fortschritte erzielt: Es wurde Übereinstimmung über die Vorgehensweise bei der Benennung der
Kartierungseinheiten erreicht und beschlossen, im folgenden Jahr eine überarbeitete Fassung der
Gesamtlegende herzustellen. Die vorgeschlagenen Farben und Signaturen für die Kartierungs-
einheiten wurden in zahlreichen nationalen Kartenentwürfen getestet. Aufgrund der gesammelten
Erfahrungen wurden sie nun verbindlich festgelegt: Für das Auftreten der Nadelholz-Gattungen
(Fichte, Tanne, Kiefer, Lärche) als Beimischung in der Baumschicht wurden Symbole vereinbart;

25
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Höhenstufen werden durch Schraffen in verschiedenen Richtungen gekennzeichnet: kollin-submon-


tan = schräg nach rechts, montan = senkrecht, subalpin = schräg nach links; die Bodentrophie durch
rote bzw. schwarze Signaturen (überwiegend Schraffen); Standortausbildungen, z. B. thermophile,
hygrophile, psammophytische, halophytische oder petrophytische Ausbildungen, durch spezifische
Signaturen in verschiedenen Farben. Durch die systematische und einheitliche Anwendung dieser
Signaturen in der Legende und Vegetationskarte lassen sich viele wichtige Informationen zu den
Kartierungseinheiten direkt der Karte entnehmen.
Des weiteren wurde empfohlen, lediglich kleinflächig auftretende natürliche Gesellschaften, die
extrazonale oder azonale Vorposten oder Reliktgesellschaften bzw. charakteristische Komplex-
gesellschaften darstellen, durch Symbole zu kennzeichnen.
Ferner wurde beschlossen, bis 1985 zwei Modellblätter (Blatt X und XI) für das Zentralgebiet
Europas – von Frankreich bis Rumänien und Bulgarien – auszuarbeiten und diese bei der IUBS-
Vollversammlung in Budapest im September 1985 vorzustellen.
Im September 1985 wurden anläßlich der 22. Vollversammlung der Internationalen Union für
biologische Wissenschaften (IUBS) in Budapest, Ungarn, die wichtigsten Resultate des IUBS-
Projektes „Vegetationskarte Europas“ präsentiert und eine weitere Beratung des Redaktions-
kollegiums dieser Karte in Vácrátót (4.-7. September 1985) durchgeführt.4
Während eines Spezialsymposiums über die europäische Vegetationskarte im Rahmen der IUBS-Vollversammlung wurden
mehrere Referate gehalten: Der Koordinator des Projektes, R. Neuhäusl, stellte die Konzeption der Karte und die erzielten
Ergebnisse vor. Er betonte, daß die „Vegetationskarte Europas“ das erste konkrete Ergebnis einer internationalen Zusammen-
arbeit auf dem Gebiet der Vegetationskartierung darstellt, das als Modellprojekt für weitere Kontinente dienen kann
(NEUHÄUSL 1987a, 1987b, 1987c). P. Ozenda und U. Bohn erläuterten das Kartenblatt X, das einen beträchtlichen Teil
Mitteleuropas mit den Alpen und angrenzende Gebiete West-, Süd- und Südosteuropas umfaßt (BOHN & OZENDA 1987). S.A.
Gribova und Z.V. Karamyševa präsentierten das nach der russischen kartographischen Schule erstellte östlich anschließende
Blatt XI (GRIBOVA & KARAMYŠEVA 1987), das große Teile der osteuropäischen Tiefebene, die Karpaten, Bulgarien und die
Nordküste des Schwarzen Meeres umfaßt. Klar zu sehen sind hier die zonale Gliederung der Vegetation von Nord nach Süd,
vom Laubwald zur Steppe, und die etagale Gliederung (Höhenstufen) im Bereich der Gebirge (Karpaten, Krim, Westteil des
Kaukasus). Ferner wurden Möglichkeiten der Nutzung der Vegetationskarte für Natur- und Umweltschutz, Landschafts-
planung, Forstwirtschaft und Ausbildung aufgezeigt.

Das Programmkomitee der IUBS entschied aufgrund der vorgestellten Ergebnisse, das Kartenprojekt
im Rahmen ihres wissenschaftlichen Programmes weiter zu unterstützen.
Bei der Beratung des Redaktionskollegiums in Vácrátót wurde die endgültige Gliederung der
Gesamtlegende vorgelegt, diskutiert und gebilligt (s. NEUHÄUSL 1987c); sie entspricht weitgehend
der Endfassung und umfaßt insgesamt 19 Hauptformationen, die durch Großbuchstaben von A bis
U gekennzeichnet sind. Für die weitere Untergliederung waren jeweils verschiedene Redakteure
zuständig. Es wurde beschlossen, die Gesamtlegende in englischer Fassung zusammen mit dem
Musterblatt X vorab zu veröffentlichen (was dann aber doch unterblieb). Ferner wurden Konzept

4
Die Eingliederung des Projektes in die Aufgaben der IUBS im Jahre 1982 erhöhte das Interesse an der Vegeta-
tionskarte Europas in den übrigen europäischen Ländern, vor allem in Südeuropa und Skandinavien, und führte
zur Erweiterung des Mitarbeiterstabs.

26
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1

und Möglichkeiten zur Herstellung eines Erläuterungstextes diskutiert. Für die einzelnen Formatio-
nen wurden Koordinatoren benannt, deren Aufgabe es sein sollte, Autorenteams zusammenzustel-
len. Bis zur nächsten Sitzung in der „SSR sollten von den Formationsredakteuren Mustertexte für
einzelne Kartierungseinheiten nach vorgegebenem Gliederungsschema angefertigt werden.
Bis Ende 1986 sollten von den nationalen Verantwortlichen die Merkmalskataloge für die inhaltli-
che Kennzeichnung der Kartierungseinheiten im Bearbeitungsgebiet zusammengestellt und an die
Formationsredakteure übergeben werden.
Als Ergebnis der Tagung des Redaktionskollegiums in Prag (8.-12. Juni 1987) wurden in der
Resolution über den Fortgang der Arbeiten folgende Ergebnisse hervorgehoben: Vorlage einer
neuen, aktualisierten Version der Gesamtlegende (Stand Februar 1987), wesentliche Überarbeitung
des Modellblattes X, Vorbereitung von farbigen Manuskriptkarten für die Blätter III (östlicher Teil),
IV, VII (östlicher Teil), VIII, XI und XII sowie Bearbeitung der Nationalkarten von Dänemark (P.
Vestergaard), Italien (F. Pedrotti) und Schweden (L. Påhlsson). Außerdem wurde die Manuskript-
karte der Comecon-Länder vorgestellt (GRIBOVA & JURKOVSKAJA 1989) und ihre Veröffentlichung
empfohlen. Vorgelegt wurde ferner die 1. Version der Liste der in Legende und Text verwendeten
Pflanzensippen (V.V. Lipatova, Z. Neuhäuslová).5 Bereits vorliegende vorbildliche Beschreibungen
einiger Formationen (F Mesophytische sommergrüne Laubwälder und Nadel-Laubwälder –
W. Matuszkiewicz; S Moore – K. Rybní…ek; U Vegetation der Auen, Flußniederungen, Ästuarien
und eingedeichten Marschen sowie sonstiger Feuchtstandorte – Z. Neuhäuslová) wurden als Muster
für die Ausarbeitung der Erläuterungstexte zur Vegetationskarte allen Mitarbeitern zugestellt.
Ferner wurden die Ausführung der topographischen Grundlage der Vegetationskarte (Gewässer,
große Städte, Staatsgrenzen) und die kartographische Darstellung kleinflächiger Kartierungsein-
heiten (z. B. als Symbole) diskutiert.
Die Liste der für die Bearbeitung der einzelnen Formationen zuständigen Redakteure wurde
aktualisiert. Sie wurden gebeten, sich selbständig um Zuarbeit und Textabfassung zu kümmern. Die
Textentwürfe sollten bis Ende 1988 vorliegen.
Die Veröffentlichung des Erläuterungstextes in deutscher Sprache sollte im Gustav Fischer Verlag
Jena unter dem Titel „Die natürliche Vegetation Europas“ erfolgen. Inhalt und Umfang des Werkes
wurden grob festgelegt. Die Fertigstellung des Manuskripts war für 1989 geplant. Die bis dahin
erzielten Ergebnisse (Musterblätter, Gesamt- und Teillegenden) und Erläuterungen zum europä-
ischen Kartenprojekt wurden auf dem 14. Internationalen Botanischen Kongreß in Berlin, Juli 1987,
vorgestellt.
Die Tagung des Redaktionskollegiums in Warschau (5.-8. April 1990) – in Verbindung mit dem
Symposium der Internationalen Vereinigung für Vegetationskunde –, die nach dreijähriger Unter-
brechung an die Prager Beratung anknüpfte und auf Einladung von Prof. W. Matuszkiewicz und des
Instituts für Geographie und Raumordnung der Polnischen Akademie der Wissenschaften erfolgte,

5
Diese Liste wurde laufend vervollständigt; eine weitere, nomenklatorisch noch nicht korrigierte Version wurde
während der Tagung in Bonn (1992) vorgelegt.

27
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

brachte folgende Fortschritte: Aktualisierung und Vervollständigung der Gesamtlegende (Stand


September 1989) auf der Grundlage neu gewonnener Erkenntnisse6, Überarbeitung des Modell-
blatts X auf der Grundlage einer neuen detaillierten Karte für Jugoslawien (Zupan…i…, Trinajstiƒ,
Puncer und Seliškar), Neubearbeitung der Nationalkarten von Norwegen (O. Vevle und R. Elven),
Griechenland (Th. Raus), Spanien und Portugal (S. Rivas-Martínez) sowie deren Abstimmung in
den Grenzgebieten. Als besonderer Fortschritt wurden die osteuropäischen Kartenblätter in Farbdar-
stellung (als Grundlage für den Druck der RGW-Karte) sowie das neue Blatt X hervorgehoben.
Die Teilkarte von Zentral- und Osteuropa wurde 1996 mit finanzieller Unterstützung durch die UNESCO mit englisch-
sprachiger Legende gedruckt und veröffentlicht (GRIBOVA & NEUHÄUSL 1989, Druck 1996).

Die Beratung wurde ferner intensiv für bi- und multilaterale Abstimmungen genutzt.
Als Ergebnis der Beratung von Warschau wurden für die Fortführung des Projektes folgende
Beschlüsse gefaßt:
– Die Gesamtlegende sollte von Neuhäusl und Bohn aktualisiert und anschließend auszugsweise
an die Formationsbearbeiter geschickt werden (Ende Mai 1990).
– Die Teilnehmer bestätigten die vorliegenden Konzepte aller 15 Kartenblätter als einheitlich er-
arbeitete Beiträge zur Vegetationskarte Europas. Aktuelle Kartenbearbeitungen fehlten damals
noch für Großbritannien, Irland, Island und den europäischen Teil der Türkei, weshalb zur
Vervollständigung einheimische Spezialisten hinzugezogen werden sollten. Zur Lösung der
Diskrepanzen im Grenzgebiet zwischen Finnland und Rußland wurden Vorschläge unterbreitet,
die bilateral weiter verhandelt werden sollten.
– Im Hinblick auf den Kartendruck wurde beschlossen, für die Gesamtkarte die vom Komarov-
Institut entwickelte Aquarellfarbentechnik anzuwenden. Das Komarov-Institut in St. Petersburg
wurde deshalb mit der Ausarbeitung eines Vorschlags zur Farbabstufung und Anwendung der
Signaturen beauftragt. Die vorgeschlagene Farbgebung sollte dann auf einer Übersichtskarte
Europas im Maßstab 1 : 10 Mio. getestet werden. Mit der Erstellung dieser Karte, die dem Text-
teil als Anlage beigegeben werden sollte, wurden U. Bohn, T. K. Jurkovskaja und R. Neuhäusl
betraut (als Termin war September 1990 vorgesehen).
– Für den Erläuterungstext zur Vegetationskarte wurden die Gliederung besprochen und die
Bearbeiter für die einzelnen Kapitel und Formationen festgelegt. Die noch fehlenden Daten-
bögen zu den Kartierungseinheiten sollten von den national Verantwortlichen bis Ende Mai
1990 an die Zentrale in Prçhonice geliefert werden. Als Bearbeiter für zusätzliche Kapitel über
die physisch-geographischen Gegebenheiten und die bioklimatische Gliederung Europas wur-
den J. Kondracki und S. Rivas-Martínez gewonnen.
– Die Formationsbearbeiter wurden gebeten, ihre Beiträge bis Ende März 1991 an die Zentrale zu
schicken. Für die Endredaktion der Texte wurden U. Bohn, R. Neuhäusl und H. Schlüter auto-

6
Die Legende wurde seit Beginn laufend ergänzt. Nach Herstellung der 1. vollständigen Version im Jahre 1985
folgten weitere mit Stand Februar 1987, März 1988, September 1989 und Juli 1990. Eine weitere ergänzte und
geänderte Version der Legende wurde computergestützt im April 1992 in Bonn vorgelegt.

28
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1

risiert. H. Wagner stellte sich für sprachliche Korrekturen und Übersetzungen aus dem Französi-
schen und Englischen zur Verfügung. Als Abgabetermin für das druckfertige Manuskript wurde
das 3. Quartal 1992 anvisiert.
– H. Schlüter übernahm die Aufgabe, sich intensiv um die Drucklegung des Gesamtwerkes zu
kümmern. Der Gustav Fischer Verlag Jena hatte sich bereit erklärt, das Gesamtwerk mit finan-
zieller Unterstützung Dritter zu veröffentlichen. Als mögliche Sponsoren wurden die BRD, die
Europäische Gemeinschaft, internationale Gremien sowie private Geldgeber ins Auge gefaßt.
– Die nächste Beratung wurde für 1992 erstmals in Westdeutschland – auf Einladung der Bun-
desforschungsanstalt für Naturschutz und Landschaftsökologie (BFANL) in Bonn-Bad Go-
desberg – geplant.
R. Neuhäusl stellte das gemeinsam entwickelte Klassifikationssystem für die Vegetationskarte
Europas auf dem Symposium der Internationalen Vereinigung für Vegetationskunde in Uppsala
1989 vor und veröffentlichte es anschließend in Vegetatio (NEUHÄUSL 1990). Ferner gab er im
Journal of Vegetation Science (NEUHÄUSL 1991) einen kurzen Abriß der Entwicklungsgeschichte,
erste Ergebnisse und den aktuellen Stand des gesamteuropäischen Kartenprojektes.

Die abschließende Arbeitsetappe


Nach dem plötzlichen Tod des Koordinators des Projektes, Robert Neuhäusl, am 25. April 1991
wurde bei einer Arbeitsbesprechung des engeren Redaktionskollegiums (U. Bohn, Z. Neuhäuslová,
H. Schlüter) im Juni desselben Jahres in Prçhonice bei Prag die Verteilung der weiteren Arbeiten
und Verantwortlichkeiten am Projekt neu festgelegt.
Die Hauptaufgaben wurden auf die drei europäischen wissenschaftlichen Zentren in Prçhonice bei
Prag, St. Petersburg und Bonn aufgeteilt, die bis dahin am stärksten zur Entwicklung der Vege-
tationskarte Europas beigetragen hatten. Das Institut für Vegetationskunde in der BFANL in Bonn
unter Leitung von U. Bohn übernahm die weitere Koordinierung des gesamteuropäischen Projektes.
Zusammen mit dem Laboratorium für Pflanzengeographie und -kartographie des Komarov-Instituts
der Russischen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg besorgte er die Zusammenstellung
und Bearbeitung aller Kartenblätter im Maßstab 1 : 2,5 Mio. bis zur Endredaktion, Reinzeichnung
und Vorbereitung für den Druck, die Farb- und Signaturgebung für die Gesamtlegende sowie die
Erarbeitung der Übersichtskarte der Vegetationsgliederung Europas im Maßstab 1 : 10 Mio.
Im Botanischen Institut der „SAV in Prçhonice (heute Botanisches Institut der Akademie der
Wissenschaften der Tschechischen Republik) koordinierte Z. Neuhäuslová weiterhin die Be-
arbeitung des Textteils der Karte und der Erläuterungen zu den Kartierungseinheiten namentlich für
Osteuropa. Anfang 1991 lag etwa ein Viertel der Manuskripte vor, wobei die russischen Texte ins
Deutsche zu übersetzen waren.
Zur Vorbereitung der Arbeitstagung des Redaktionskollegiums in Bonn verschickte der neue Koor-
dinator, U. Bohn, im Juli 1991 zusammen mit der Einladung einen Rundbrief an alle Mitarbeiter, in
dem die Aufgabenverteilung, die Zuständigkeiten, der Stand der Arbeiten und die weiteren Arbeits-
schritte detailliert dargelegt waren.

29
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Außerdem führte er im Herbst 1991 und im Frühjahr 1992 weitere Abstimmungsgespräche im


Komarov-Institut in St. Petersburg (zur Farbgebung, Übersichtskarte, Gesamtlegende, Fertigstellung
der Kartenblätter und Ergänzung der Erläuterungen zu den Kartierungseinheiten) sowie in Prçhonice
(u. a. zur Erstellung der vereinfachten topografischen Grundlage 1 : 2,5 Mio., zur Arbeitsteilung und
zum weiteren Vorgehen).
Z. Neuhäuslová versandte die bis 1991 eingegangenen und ins Deutsche übersetzten Texte sowie die
Erläuterungen zu den Kartierungseinheiten an die zuständigen Formationsbearbeiter. Außerdem
stellte sie das Literaturverzeichnis und Listen der in den Texten und Datenbögen aufgeführten Taxa
(Gefäßpflanzen, Moose, Flechten) und Syntaxa zusammen.
In den folgenden Jahren wurden Mitarbeiter aus bisher nicht am Projekt beteiligten Ländern
gewonnen: zunächst aus Großbritannien und Irland, später aus Island, Portugal, Albanien und der
Türkei.
An der Arbeitstagung des Redaktionskollegiums in Bonn-Bad Godesberg (4.-6. Mai 1992) nah-
men 28 Wissenschaftler aus 17 europäischen Staaten teil. Die Endphase der Erarbeitung einer ein-
heitlichen Vegetationskarte Europas war nun erreicht. Erstmals wurde die fast komplette Karte im
Maßstab 1 : 2,5 Mio. als farbige, handkolorierte Manuskriptkarte vorgestellt. Die Kartenblätter für
die Gebiete Mittel- und Osteuropas lagen in der Farbskala vor, die das Laboratorium für Pflanzen-
geographie und -kartographie des Komarov-Instituts in St. Petersburg vorgeschlagen hatte; die
Kartenblätter Westeuropas waren in einer etwas abweichenden Farbskala koloriert worden. Es fehl-
ten damals noch die Teilkarten für Irland, Großbritannien, Island, Spitzbergen und die Türkei. An
dieser Sitzung nahmen zum ersten Mal Vertreter Großbritanniens und Irlands teil (J. Rodwell,
J. Cross). J. Rodwell erläuterte seine neu geschaffene Vegetationskarte Großbritanniens.
In der Karten-Diskussion ging es vor allem um die Eingliederung der Hochgebirgs- und der Alvarvegetation in das Legenden-
Schema sowie um die farbliche Unterscheidung von Tundren und alpiner Vegetation. Ferner wurde die Ausgliederung und
farbliche Differenzierung der borealen und nemoralen Kiefernwälder als eigene Gruppe innerhalb der Formation D parallel
zu den Fichtenwäldern empfohlen.

Beurteilt wurde außerdem der erste Entwurf der Übersichtskarte im Maßstab 1 : 10 Mio. und der In-
halt der aktualisierten Legende, wobei einige Einheiten umgruppiert oder zusammengefaßt wurden.
Im Rückblick war festzustellen, daß die anfänglichen großen Schwierigkeiten und Hemmnisse, die
aus den unterschiedlichen Theorien und Methoden der einzelnen europäischen Schulen bei der
Vegetationsklassifikation resultierten, erfolgreich überwunden werden konnten. Die ständig weiter-
entwickelte und ergänzte Kartenlegende ermöglichte die Zuordnung aller Syntaxa der europäischen
Schulen trotz ihrer unterschiedlichen Definition und Rangstufen (vgl. GRIBOVA, KARAMYŠEVA,
NEUHÄUSL & JURKOVSKAJA 1988, NEUHÄUSL 1989).
Besondere Aufmerksamkeit wurde dem Erläuterungstext zur Karte gewidmet, über dessen Stand
Z. Neuhäuslová informierte. Bis Ende April 1992 lag mehr als die Hälfte der Autorenmanuskripte
für die Kartierungseinheiten und ihre übergeordneten Einheiten überwiegend aus Mittel- und
Osteuropa in deutscher Sprache vor. H. Schlüter gab eine Einschätzung vorliegender Textentwürfe
und einen Ausblick auf die weiter erforderlichen Arbeitsschritte zur Fertigstellung des Textbandes.

30
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1

Anschließend äußerten sich die Bearbeiter und Redakteure der einzelnen Kapitel und Formationen
zum erreichten Stand und zu noch zu schließenden Lücken bzw. zu lösenden Problemen. Demnach
wiesen die Erläuterungen zu den Kartierungseinheiten noch erhebliche Defizite auf.
Z. Neuhäuslová berichtete über die computerisierten Listen der zitierten Literatur mit Bezug zur
Vegetationskarte Europas sowie der in Legende und Text bisher enthaltenen Taxa und Syntaxa, die
von ihr im Botanischen Institut in Prçhonice angelegt und ständig aktualisiert wurden. Weitere
wichtige Beiträge befaßten sich mit Beispielen zur Anwendung und Auswertung der Vegetations-
karte.
Am Schluß der Tagung wurden wiederum Termine für die Fertigstellung der Manuskriptkarten, der
Gesamtlegende und des Erläuterungstextes festgelegt, nämlich Mitte bzw. Ende 1993. Ein noch un-
gelöstes Problem war 1992 die notwendige finanzielle Unterstützung zur Fertigstellung der Vegeta-
tionskarte Europas und Vorbereitung ihres Druckes. U. Bohn wies auf den bei der EU-Kommission
in Brüssel zu stellenden Antrag auf finanzielle Unterstützung zur Reinzeichnung der Kartenblätter
und zur Vervollständigung der Erläuterungen zu den Kartierungseinheiten hin. Der endgültige
Antrag wurde in Abstimmung und mit Unterstützung von D. Wascher im November 1992 bei der
Europäischen Kommission (DG XI) eingereicht. Er enthielt eine detaillierte Aufstellung der bis
Ende 1993 vorzulegenden Arbeitsergebnisse: für die Digitalisierung geeignete Reinzeichnungen
aller Kartenblätter 1 : 2,5 Mio. sowie der Übersichtskarten 1 : 10 Mio. und 1 : 15 Mio. auf Astralon-
folien, farbige Manuskriptkarten, die endgültige Gesamtlegende mit Farben und Signaturen,
ausgefüllte Datenblätter für alle Kartierungseinheiten, ferner die dafür erforderlichen Arbeitsschritte
und die für die Ausführung vorgesehenen Institutionen und Bearbeiter (z. B. BFANL, Komarov-
Institut in St. Petersburg, Institut für Geodäsie in Zdiby, Botanisches Institut in Prçhonice, beide
„SR) sowie die jeweiligen Kosten.
Nach der Beratung in Bonn fanden weitere Besprechungen in kleineren Gruppen statt, so z. B. im September 1992 in Pécs
(Ungarn) zur Formation G, im November 1992 in Gembloux (Belgien) im Hinblick auf Überarbeitung und Erläuterung der
Vegetationskarte von Frankreich durch A. Noirfalise, im Februar 1993 in Salzburg (Österreich) mit dem Ziel der Aus-
arbeitung der fehlenden Texte für die Formationen A-D, G und K durch H. Wagner.

In Anbetracht der guten Eignung der Vegetationskarte Europas als Referenzkarte zum CORINE-
Projekt der Europäischen Union zur Erfassung schutzwürdiger Biotope von europäischer Bedeutung
wurden ab 1993 der BFANL (entsprechend dem Antrag vom November 1992) von der Europäischen
Kommission Fördermittel zur Fertigstellung, Reinzeichnung und Druckvorbereitung der Vegeta-
tionskarte Europas sowie für die Komplettierung der Erläuterungen zu den Kartierungseinheiten
bereitgestellt, da diese Karte der natürlichen Vegetation eine wichtige Informations- und Bezugs-
basis für den europäischen Naturschutz darstellt (derzeit insbesondere für die Umsetzung der FFH-
Richtlinie).
Im Juli 1994 lagen alle 15 Kartenblätter im Maßstab 1 : 2,5 Mio. als Astralonfolien (getrennt nach
Topographie, Vegetationsgrenzen, Buchstaben-Nummernkodes der Kartierungseinheiten und Sym-
bolen für kleinflächige Einheiten) sowie als handkolorierte Zusammenkopien mit Topographie vor.
Nur die Übersichtskarte 1 : 10 Mio. befand sich noch in Arbeit (Fertigstellung Herbst 1994).

31
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Die Übersichtskarte der Hauptvegetationsformationen 1 : 15 Mio. (einschließlich Türkei) wurde auf


Wunsch der EG für den ersten Umweltbericht der Europäischen Umweltagentur (EEA), den soge-
nannten DobÍíš-Report (1995), erstellt.
Auch der Entwurf für die Farbgebung und Signaturen der Gesamtlegende war im Juli 1994 im
Komarov-Institut in St. Petersburg fertiggestellt worden. Auf dieser Grundlage konnte mit der
Digitalisierung des gesamten Kartenwerkes begonnen werden.
Es erfolgte die Ausschreibung der Scan- und Digitalisierungsarbeiten durch das BfN und anschlie-
ßend (1995) deren Vergabe an eine Firma. Als Vorreiter wurden die Übersichtskarten 1 : 15 Mio.
und 1 : 10 Mio. sowie 2 Kartenblätter 1 : 2,5 Mio. digitalisiert. Für die Digitalisierung der restlichen
Karten wurden zusätzliche Finanzmittel bei der EU bzw. dem European Topic Centre for Nature
Conservation (ETC/NC) in Paris beantragt.
Bei den Erläuterungen (Datenblättern) zu den Kartierungseinheiten gab es immer noch erhebliche
Lücken, die durch bilaterale Abstimmungsgespräche mit den nationalen Bearbeitern und Forma-
tionsredakteuren sowie durch Literaturauswertung geschlossen werden sollten (z. B. für Südfrank-
reich, Spanien, Portugal, Italien, Ungarn, Polen, Küstenvegetation etc.). Einen wesentlichen Teil
dieser Arbeit übernahm Z. Neuhäuslová, um die übrigen Länder kümmerte sich U. Bohn.
Bedingt durch administrative Veränderungen in der Bonner Koordinierungszentrale (Umstrukturierung der BFANL zum
Bundesamt für Naturschutz/BfN) mit erheblicher dienstlicher Mehrbelastung des Koordinators sowie durch die dortige
Konzentration auf die Fertigstellung aller Kartenblätter und ihre Digitalisierung geriet die Arbeit am Erläuterungstext ins
Hintertreffen, zumal etliche Formationsredakteure wegen anderweitiger beruflicher Belastung ihren Verpflichtungen nicht
nachkamen, andere aus Altersgründen oder gar Tod ausschieden. Einen besonders schwerwiegenden Verlust bedeutete der
Tod von Heinrich Wagner Ende 1993, der sich mit großem Einsatz der redaktionellen Bearbeitung der Erläuterungen für die
Formationen A,C, D und K gewidmet hatte.
H. Schlüter legte 1995 einen Entwurf zur Neufassung der Gliederung zum Textband vor, der die abschließenden Arbeiten –
insbesondere auch durch Vereinfachung und Straffung der Formationsbeschreibungen – erleichtern und beschleunigen sollte.

Die Fertigstellung der Gesamtkarte 1 : 2,5 Mio. und der Übersichtskarte 1 : 10 Mio. sowie die
Defizite und offenen Fragen bei der Bearbeitung der Erläuterungstexte waren die Hauptgründe für
eine letzte Arbeitstagung des engeren Redaktionskollegiums vom 4.-7. Dezember 1995 auf der
Insel Vilm bei Rügen. Sie fand auf Einladung des Bundesamtes für Naturschutz in der Außenstelle
„Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm“ statt. An dieser Besprechung nahmen 20 Wissen-
schaftler aus 14 Staaten teil, darunter neue Mitarbeiter wie P. Heiselmayer, Salzburg (als Nachfolger
für H. Wagner), B. Kantarc2, Istanbul und R. Lakušiƒ, Sarajewo.
Erstmals konnte hier die Gesamtkarte durch Zusammenfügen aller 15 Kartenblätter als einheitlich
handkolorierte Reinzeichnung demonstriert werden. Diese wandfüllende Karte 1 : 2,5 Mio. zeigte
auf einen Blick die klare Vegetationsgliederung des Kontinents, aber auch die beachtliche Differen-
zierung im Detail. Zwei der Blätter (Nr. 6 und 10) waren bereits digitalisiert, ebenso die handliche
Übersichtskarte 1 : 10 Mio., von der ein erster, farblich noch nicht ganz befriedigender Plot an alle
Teilnehmer verteilt wurde. Die Fertigstellung sämtlicher 15 Kartenblätter sowie der sehr gelungenen
Übersichtskarte wurde als enormer Fortschritt und wichtigstes Ergebnis der langjährigen gemeinsa-
men Arbeit überaus freudig begrüßt und gefeiert.

32
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1

U. Bohn stellte das weitere Vorgehen bis zum Kartendruck vor: Digitalisierung der übrigen Karten-
blätter aus Mitteln der Europäischen Umweltagentur; weitere EDV-Bearbeitung der digitalen Kar-
tendaten (Kodes, Grundfarben, Signaturen) bis zu farbigen Plots; endgültige Numerierung der
Kartierungseinheiten; Gestaltung einer Legendenübersicht auf dem freien Blatt; Legendenband mit
allen Kartierungseinheiten in hierarchischer Gliederung; Versuch eines rationelleren Blattschnitts
ohne die Randbereiche des Atlantiks, Asiens und Afrikas. Als Titel wurde „Karte der natürlichen
Vegetation Europas“ endgültig festgelegt.
Ferner wurde über die Herausgeber von Karte und Textband, Finanzierungsmöglichkeiten des Kartendrucks, die Verwendung
von Signaturen, Formationsübersichten als Schwarzweißkarten im Satzspiegelformat, Vereinheitlichung der Begriffe,
Nomenklatur und Literaturzitate sowie die Standardliste der verwendeten Taxa und ein Glossar der Fachbegriffe gesprochen
und Festlegungen dazu getroffen. Vorgesehen wurden außerdem Übersichtskarten mit geographischen und arealgeo-
graphischen Bezeichnungen.

In bilateraler Abstimmung wurden Korrekturen oder Verbesserungen an einzelnen Kartenblättern vorgenommen; so konnte
M.D. Kantarc2 zusammen mit Th. Raus den europäischen Teil der Türkei überarbeiten. Weiterer Korrekturbedarf in anderen
Teilgebieten wurde angesprochen.

Textgliederung und redaktionelle Textbearbeitung wurden intensiv diskutiert und Wege für einen
möglichst zügigen Abschluß des Erläuterungsbandes gesucht. Dabei standen neben den einführen-
den Kapiteln vor allem die Formationsbeschreibungen (Inhalt, Struktur, Bearbeitungsstand, weitere
Schritte) im Mittelpunkt. Diese sollten nur noch bis zur Gliederung in Kartierungseinheiten gehen,
aber nicht deren detaillierte Beschreibung enthalten. Vorgesehen war nun, sie in einem Anhangs-
band mit „Datenbögen der Kartierungseinheiten“ möglichst ausführlich und nach einheitlichem
Schema zu beschreiben, da sie die wichtigsten Informationen zu den Einheiten der Vegetationskarte
enthalten (inzwischen ist dies auf beiliegender CD-ROM verwirklicht).
Für die problematischen Formationen A, B und C des Nordens mit Anteilen aus West-, Ost- und Südeuropa konnte
P. Heiselmayer für die Gesamtredaktion neu gewonnen werden, und die Verantwortlichkeiten für alle weiteren Formationen
wurden bestätigt bzw. ergänzt und detailliert neu festgelegt. Außerdem wurde die Vorgehensweise besprochen und genau
beschrieben. Als Termin für den Abschluß des Textmanuskripts wurde Ende 1996 festgelegt. Zur Veröffentlichung des
Kartenwerkes wurden Titel, Herausgeber, Zitiervorschlag und Schritte zur Sicherung der Autorenrechte bestimmt. Die
vorzeitige Versendung und Auswertung der Kartendaten durch die EEA und von ihr beauftragte Einrichtungen (z. B.
ETC/NC) wurde in Aussicht gestellt. Auch gegen die separate Veröffentlichung der nationalen Beiträge gab es keine
Einwendungen.

Weitere Schritte nach der Vilm-Tagung Ende 1995 (U. Bohn)


Die bei der Arbeitstagung auf der Insel Vilm im Dezember 1995 getroffenen Vereinbarungen zum
weiteren Vorgehen, Zeitplan und den jeweils verantwortlichen Mitarbeitern wurden in einem Rund-
schreiben des Bonner Koordinators Anfang März 1996 nochmals allen Teilnehmern und Mit-
arbeitern übermittelt. Dieses Rundschreiben enthielt als Anlagen u. a. die neue Gliederung des
Textbandes (mit Angabe der für die einzelnen Kapitel und Formationen verantwortlichen Redakteu-
re und deren Mitarbeiter), eine einheitliche Gliederung als Richtlinie für die Formationsbeschreibun-
gen, die endgültige Struktur der Datenblätter für die synthetische Kennzeichnung und Beschreibung
der Kartierungseinheiten sowie als Beispiel einen Auszug aus der Beschreibung der Daten- und
Kartengrundlagen für die einzelnen Länder. Entsprechend dem Ergebnis der Tagung wurden die

33
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

darzustellenden Inhalte, das weitere Vorgehen bei der Bearbeitung der einzelnen Kapitel und die
jeweiligen Zuständigkeiten (Gesamtredaktion und Teilbearbeitungen) ausführlich dargelegt. Insbe-
sondere wurde darauf hingewiesen, daß für die Synthese und endgültige Fassung der Inhalte der
Datenblätter für die Kartierungseinheiten die jeweiligen Formationsredakteure zuständig sein sollten
(dies wurde aber später leider nur in wenigen Fällen konsequent umgesetzt, obwohl dies die Basis
für die Beschreibung der gesamten Formation und ihre Untergliederung abgeben sollte und für die
Charakterisierung und Abgrenzung der Kartierungseinheiten gegeneinander maßgebend ist).
Für den Erläuterungstext war auch ein Kapitel „Beispiele zur Auswertung und Anwendung der Vegetationskarte“ mit
mehreren Einzelbeiträgen vorgesehen. Im Laufe der Zeit hat sich jedoch herausgestellt, daß diese Thematik eingehender
behandelt werden sollte und der Umfang den Rahmen des Textbandes sprengen würde, weshalb hierfür 2001 ein eigenes
Symposium auf Vilm abgehalten wurde und die Beiträge und Ergebnisse in einem zusätzlichen Band veröffentlicht werden.

Etliche Projektmitarbeiter haben sich nach der Vilm-Tagung mit neuem Schwung an die Arbeit
gemacht, andere sind ihren Aufgaben leider nur sehr verzögert oder – trotz mehrfacher Anmahnung
– nur teilweise oder gar nicht nachgekommen, so daß die sehr knapp gesetzten Termine wiederum
nicht eingehalten werden konnten. In einigen Fällen mußte hinsichtlich der Gesamtredaktion ein-
zelner Kapitel und Formationen personell umdisponiert werden: Entweder übernahm dankenswer-
terweise ein anderer aus dem Mitarbeiterstab die Textbearbeitung, oder es mußte ein Außen-
stehender neu gewonnen werden. Im Endeffekt mußte jedoch der größte Teil der Arbeit von
Z. Neuhäuslová und dem Koordinationszentrum in Bonn bewältigt werden.
In den Folgejahren waren bis zur Drucklegung des Erläuterungstextes noch folgende Arbeiten zu
erledigen:
! Digitalisierung, Neuzuschnitt, Druckvorbereitung und Druck der Kartenblätter. (Abschluß:
Mitte 2000)
! Aktualisierung, Vervollständigung, Endbearbeitung und Umkodierung der Kartenlegende mit
ca. 700 Kartierungseinheiten (in deutscher und englischer Sprache) sowie Druck des Legen-
denbandes mit Erläuterungen zum Kartenprojekt. (Abschluß: Ende 2000)
! Vervollständigung der nationalen Datenblätter zu den ca. 700 Kartierungseinheiten, Bear-
beitung der Synthesebögen, deren Kontrolle und Endredaktion; Abspeicherung aller Daten-
blätter auf CD-ROM. (Abschluß: Ende 2002)
! Bearbeitung der Erläuterungstexte zu den einzelnen Kapiteln und Formationen des Text-
bandes. Hierfür mußten Beiträge angefordert, vorhandene Beiträge redaktionell überarbeitet,
vielfach ergänzt und in eine einheitliche Form gebracht werden. (Abschluß: Januar 2003)
! Eingabe, Überprüfung und Zusammenstellung der Zitate der verwendeten und grundlegenden
Literatur und Karten (auf Gesamtwerk und Textteil bezogenes Verzeichnis). (Abschluß:
Februar 2003)
! Vereinheitlichung der Nomenklatur und Zusammenstellung einer Standardliste der in Legende,
Datenblättern und Textteil genannten Pflanzensippen (Gefäßpflanzen, Moose, Flechten) unter
Klärung der Synonymik. (Abschluß: für den Legendenband 2000, insgesamt: Ende 2002)

34
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1

! Verzeichnis und Erläuterung (Glossar) pflanzengeographischer, geologischer, bodenkundlicher,


ökologischer und geobotanischer Begriffe. (Abschluß für CD-ROM: Ende 2002)
! Anfertigung von digitalisierten Übersichtskarten der physisch-geographischen, klimatischen
und pflanzengeographischen Gliederung Europas (mit den entsprechenden Bezeichnungen).
(Abschluß: Ende 2001)
! Anfertigung von Kartenauszügen für die einzelnen Formationen aus der Übersichtskarte
1 : 10 Mio. bzw. – in Einzelfällen – aus der Karte 1 : 2,5 Mio. (Abschluß: Ende 2001)
! Reinzeichnung und Digitalisierung von Schwarzweiß-Abbildungen (Klimadiagramme, Profile,
Vegetationsgeschichte Europas, Verbreitungskarten) für den Erläuterungstext. (Abschluß: Ende
2002)
! Beschaffung, Auswahl und Zusammenstellung repräsentativer farbiger Abbildungen (Dias)
naturnaher Vegetationsbestände für die wichtigsten Kartierungseinheiten und deren Beschrif-
tung. (Abschluß: April 2003)
! Präsentation des Kartenprojektes und der erzielten Ergebnisse sowie von Anwendungs- und
Auswertungsbeispielen auf nationalen und internationalen Tagungen, Workshops, Symposien.
! Klärung der Finanzierung des Drucks und der Veröffentlichung von Karten-, Legenden- und
Textband.
Die Projekt-Mitarbeiter wurden jeweils zum Ende eines Jahres in einem Rundbrief aus Bonn über
den Stand der Arbeiten und die neuesten Entwicklungen bzw. Änderungen in der Planung informiert
und – wo noch erforderlich – zu intensiver Mitarbeit aufgefordert. Dabei wurden jeweils auch neue
Termine festgelegt. Leider konnten jedoch nicht all jene, von denen noch wesentliche Beiträge
ausstanden, ausreichend motiviert werden. So mußte in Bonn vieles aus eigener Kraft und mit Hilfe
von Literatur bewältigt werden, was die Bearbeitungszeit erheblich verlängerte.
Nachfolgend wird das Vorgehen in der Endphase bei den einzelnen oben angeführten Punkten in
den wichtigsten Schritten dargestellt. Eine große Arbeitserleichterung und -beschleunigung brachte
hierbei die Möglichkeit des E-Mail-Austausches von Texten, Daten und digitalisierten Karten-
ausschnitten.

Fertigstellung und Druck der Kartenblätter


Im Anschluß an das Arbeitstreffen 1995 auf Vilm wurden mit Mitteln des BfN, Bonn, und mit
finanzieller Unterstützung durch die Europäische Umweltagentur (EEA) bzw. das European Topic
Centre for Nature Conservation (ETC/NC) in Paris die restlichen Kartenblätter 1 : 2,5 Mio. digitali-
siert. Anschließend konnten der Blattschnitt und die Zahl der Blätter von 15 auf 9 Blätter optimiert
werden (bei Einsparung der Randbereiche außerhalb des Kartierungsgebietes).
Auf digitaler Datenbasis wurden laufend weitere Korrekturen und Ergänzungen für einzelne Länder
eingearbeitet. Für Staaten und Regionen, für die neue Karten vorlagen bzw. in den folgenden Jahren
erarbeitet wurden, mußten Änderungen in der Karte vorgenommen werden, oder sie wurden in
Gänze gegen neue Daten ausgetauscht.

35
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Neubearbeitungen erfolgten u. a. für Island (1997/98), Teile von Svalbard (1996), Ostdeutschland (aufgrund neuer Kartierun-
gen auf Länderebene bis Ende 1999), ganz Polen (aufgrund der 1995 veröffentlichten Karte 1 : 300 000), Tschechien
(anhand der neuen Karte 1 : 500 000 von 1997), Korrekturen und Ergänzungen an den Mooren in Fennoskandien und
Mitteleuropa (nach Angaben von K. Rybní…ek 1996), Teile von Österreich (nach Angaben von K. Zukrigl 1997), Teile von
Frankreich (aufgrund der Abstimmung mit J.-C. Rameau 1997), Teile von Portugal und Spanien (bis Ende 1999), Teile von
Italien (nach Abstimmung mit Pedrotti, Spada und Cerabolini 1997 bis Anfang 2000), Albanien (aufgrund der Neu-
bearbeitung 1 : 500 000 von Vangjeli und Bohn 1996), Europäische Türkei (nach Vorlage von B. Kantarc2 1996/97), Estland
(nach Angaben von J. Sultson 1999), Teile von Georgien (1997/98 aufgrund neuerer Erhebungen, eigener Anschauung und
in Abstimmung mit den Experten in Tbilisi), Kaspische Senke und untere Wolga (aufgrund neuerer Geländeerhebungen von
I. Safronova et al. und Überprüfung vor Ort 1998).

Größere Änderungen mußten entsprechend in der Übersichtskarte 1 : 10 Mio. nachgeführt werden.


Bei der Legenden- und Textbearbeitung aufgefundene Fehler und Unstimmigkeiten wurden laufend
bereinigt, so daß die digitale Datenbasis ständig – bis Ende 2002 – auf den neuesten Stand gebracht
wurde.
Mit Hilfe der digitalen Kartendaten und anhand von farbigen Plots wurde die endgültige Farb-
abstufung in den Karten festgelegt. Dabei diente die Übersichtskarte 1 : 10 Mio. als Testkarte, was
Farbgebung, -intensität und -abstufung betrifft. Darum wurde sie auch als erstes Kartenblatt ge-
druckt. Im letzten Schritt vor dem Druck wurde die weitere Differenzierung der Kartierungsein-
heiten durch Signaturen vorgenommen. Wegen der Fülle an Kartierungseinheiten und zur Wahrung
der Übersichtlichkeit wurden Signaturen nur sparsam und möglichst systematisch für Komplexe und
bestimmte Standorts-Ausbildungen eingesetzt. Zur eindeutigen Identifizierung der Kartierungsein-
heiten dient der Buchstaben-Nummern-Kode, der jedem Polygon zugeordnet ist. Als letzter Schritt
der Druckvorbereitung erfolgte im BfN die Umstellung des Nummern-Kodes der Kartierungsein-
heiten in der Karte nach der endgültigen Reihenfolge in der Gesamtlegende. Alle Korrekturen des
digitalen Datensatzes und die Druckvorbereitung wurden hier aufs Sorgfältigste von H. Weber
durchgeführt. Er fertigte auch das Legendenblatt zur Karte 1 : 2,5 Mio. mit Hauptgliederung der
Kartierungseinheiten, Grundfarben, Signaturen, Symbolen für kleinflächige Einheiten und zwei-
sprachigem Text (deutsch/englisch).
Die drucktechnische Vorbereitung erfolgte unmittelbar aufgrund der digitalen Kartendaten. Zum
Test der Farben und Signaturen wurden vor Anfertigung der Druckplatten nochmals Chromalinan-
drucke hergestellt. Die GIS-Arbeiten im BfN wurden im April 2000 abgeschlossen, anschließend
erfolgte der Kartendruck beim Landwirtschaftsverlag in Münster-Hiltrup.

Endfassung und Druck der Kartenlegende (mit kurzen Erläuterungen zum Kartenprojekt)
Die digitalisierte Gesamtlegende in deutscher und englischer Textfassung wurde laufend aktuali-
siert, wobei die ursprüngliche Numerierung bis zum Schluß (unmittelbar vor dem Kartendruck)
beibehalten und neue Einheiten durch Zusatzbuchstaben gekennzeichnet wurden.
In der Endphase wurden die Titel der Kartierungseinheiten und in der Überschrift genannte Arten
mit dem Inhalt des Datenblattes (diagnostisch wichtige Arten) und dem Erläuterungstext abgegli-
chen, ferner geographische und Höhenstufenbezeichnungen überprüft und soweit notwendig
harmonisiert. Zum Teil wurde die Reihenfolge oder die Zuordnung zu Untergruppen in der Legende

36
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1

geändert (besonders weitreichend in Formation G), gelegentlich konnten nahe verwandte Einheiten
zusammengelegt oder geographisch differenzierte mußten unterteilt werden. In wenigen Fällen
wurden auch die Legendenstruktur oder/und die Zwischenüberschriften etwas verändert (z. B. bei
den Formationen B [Tundren], G, F, S, T und U).
Die Nomenklatur der aufgeführten Pflanzenarten (Gefäßpflanzen, Moose, Flechten) wurde verein-
heitlicht (s. weiter unten). Als letzter Schritt war die Nummern-Kodierung in die endgültige Reihen-
folge der Kartierungseinheiten umzustellen (wichtig war dabei die Erhaltung des Überführungs-
schlüssels zur Kontrolle und Rückverfolgung).

Vervollständigung und Endredaktion der Datenblätter für die Kartierungseinheiten


Für alle ca. 700 Kartierungseinheiten mußten die standardisierten Datenblätter mit den inhaltlichen
Informationen (Verbreitung, Artenzusammensetzung, Standort, reale Vegetation, Erhaltungszustand,
Loci typici etc.) komplettiert werden, zum einen, was die nationalen Informationen betraf, ins-
besondere aber hinsichtlich der Gesamtsynthese für mehrere Länder bzw. das gesamte Verbreitungs-
gebiet. Hier bestanden bei einzelnen Formationen noch erhebliche Lücken. Die nationalen Be-
arbeiter wurden gebeten, diese Lücken zu schließen; die Formationsredakteure sollten aus den
nationalen Beiträgen die Synthesen ableiten und eine inhaltliche Kontrolle durchführen, Fehler und
Mängel bereinigen und für einen einheitlichen Standard sorgen, da hier die wichtigsten Grund-
informationen zu den Kartierungseinheiten zu finden sind und diese wiederum Basis für die Aus-
arbeitung der Formationsbeschreibungen waren. Die Synthese-Arbeit wurde jedoch nur von wenigen
Formationsredakteuren gewissenhaft und ausreichend intensiv betrieben, so daß ein Großteil der
Arbeit von Z. Neuhäuslová und der Bonner Zentrale zu erbringen war: Zum einen mußten die
Autoren mehrfach gemahnt werden, zum anderen waren wesentliche Beiträge zur Vereinheitlichung
und Fehlerbereinigung von den BfN-Mitarbeitern zu leisten, wie die Auswertung von geologischen
und Bodenkarten, Klimaatlanten und -diagrammen, vegetationskundlichen Gebietsmonographien,
syntaxonomischen Übersichten, Prüfung der Verbreitungs- und Höhenangaben, der Schutzgebiets-
angaben und der Literaturzitate, Vereinheitlichung der Pflanzennamen.
Wo Angaben fehlten oder zu dürftig waren, wurde die angegebene oder sonst geeignete Literatur
ausgewertet. Trotzdem blieben manche Fragen unbeantwortet oder konnten nur allgemein abge-
handelt werden.
Wegen des erheblichen Umfangs der Datenbögen und ihres z. T. fragmentarischen Charakters sowie
um ihre weitere Bearbeitung bzw. Nutzung und Auswertung zu erleichtern, haben wir beschlossen,
diese Basisinformationen benutzerfreundlich auf CD-ROM abzuspeichern (s. Anlage).

Bearbeitung und Endredaktion der einzelnen Kapitel und Formationsbeschreibungen des


Textbandes
Die Gliederung des Textbandes und die Autoren bzw. verantwortlichen Redakteure für die einzelnen
Kapitel wurden auf der Arbeitstagung Ende 1995 auf Vilm neu festgelegt. In den Folgejahren war
dies in geringem Umfang mehrfach zu aktualisieren: wo erforderlich Änderung von Autoren und

37
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Zuständigkeiten oder Wegfall von Kapiteln (u. a. Beispiele zur Auswertung und Anwendung der
Vegetationskarte, Liste der erwähnten Pflanzengesellschaften).
Einige Kapitel lagen bereits zu Beginn der 90er Jahre in einer Entwurfsfassung vor, viele waren
noch fragmentarisch oder unvollständig und mußten ergänzt werden, etliche, namentlich Forma-
tionsbeschreibungen, fehlten gänzlich. Die meisten Formationsbeschreibungen entsprachen noch
nicht der neuen, standardisierten Gliederung und mußten dementsprechend umstrukturiert und
ergänzt werden. Die Überarbeitung und redaktionelle Endbearbeitung erfolgte nach Möglichkeit in
enger Abstimmung zwischen den verantwortlichen Autoren und der Koordinationszentrale in Bonn
(z. T. in einem sehr langen und intensiven Abstimmungsprozeß). Wo die vorgesehenen Autoren
bzw. Gesamtredakteure nicht mehr zur Verfügung standen oder ihrer Aufgabe nicht nachkommen
konnten, mußten andere Mitarbeiter diese Aufgabe übernehmen oder neue gewonnen werden. Dies
gilt z. B. für folgende Formationen:
Bei den Formationen A und B übernahm dankenswerterweise A. Elvebakk, Tromsø, die Bearbeitung der Polarwüsten und
arktischen Tundren unter Einbeziehung der russischen Erläuterungen und Texte; für die Formation F1 – Azidophile
Eichenmischwälder – konnte J. Pallas, Münster, als Mitarbeiter gewonnen werden; für F4 – Winterlinden-Stieleichenwälder
– Frau G.N. Ogureeva, Moskau; für die Formation G – Thermophile sommergrüne Laubmischwälder – stellte A. Loidi,
Bilbao, einen Text für die südwesteuropäischen Waldgesellschaften zur Verfügung; E. Bergmeier, Freiburg, beteiligte sich
maßgeblich an der Abfassung des Erläuterungstextes für Formation J – Mediterrane Hartlaubwälder und -gebüsche – und
übernahm die Gesamtredaktion für Formation K – Xerophytische Nadelwälder –, außerdem lieferte er einen Beitrag zur
Formation F.5 – Buchenwälder (für Südosteuropa); für die Textbearbeitung der Formation R – Röhrichte und Riedsümpfe,
Wasservegetation – konnten R. Pott und D. Remy, Hannover, gewonnen werden.
Ein Ersatz für J.-M. Géhu, Bailleul, der den Erläuterungstext für Formation P – Küstenvegetation – anfertigen sollte, konnte
leider nicht gefunden werden, insofern mußte die Bearbeitung dieses Erläuterungstextes (mit dem Beitrag von O.-D. Ivan),
im BfN von C. Hettwer übernommen werden.

In vielen Fällen mußte U. Bohn die vorliegenden Texte redaktionell überarbeiten und anhand von
Literatur, Erläuterungen zu den Kartierungseinheiten und eigener Anschauung vervollständigen, was
für insgesamt 19 Formationen und 7 sonstige Kapitel erheblichen Zeitaufwand bedeutete. Die End-
durchsicht der Textkapitel im Erläuterungsband hinsichtlich sprachlicher Verbesserung und Recht-
schreibkorrektur übernahmen dankenswerterweise H. und J. Schlüter, Jena.

Eingabe, Überprüfung und Zusammenstellung der Literaturzitate


Die von Z. Neuhäuslová begonnene Literaturliste aller in den Datenblättern und im Text aufgeführ-
ten Veröffentlichungen wurde im BfN, Bonn, in eine LITFAS-Datenbank übertragen, mit Deskrip-
toren (Hinweise auf die entsprechenden Kartierungseinheiten und Textkapitel) versehen und laufend
vervollständigt. Besonderen Aufwand bedeutete die Transliteration fremdsprachiger, insbesondere
russischer Zitate sowie deren Überprüfung und Vervollständigung.
Für veröffentlichte thematische Karten und Kartenwerke (Vegetation, Geologie, Böden, Klima)
wurden eigene Verzeichnisse angelegt (s. Kapitel 5.5).
Das Gesamtliteraturverzeichnis ist wegen des großen Umfangs und engen Bezugs zu den Daten-
blättern auf die CD-ROM übertragen worden, die im Erläuterungstext zitierte Literatur wurde dem
Textband beigegeben.

38
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1

Erarbeitung einer Standardliste der wissenschaftlichen Pflanzennamen


Von allen in der Legende, in den Datenblättern und im Erläuterungstext aufgeführten Pflanzen-
namen (Gefäßpflanzen, Moose, Flechten) wurde im BfN, Bonn, (basierend auf der von Z. Neu-
häuslová begonnenen Liste) eine alphabetisch geordnete digitale Gesamtliste zusammengestellt und
laufend ergänzt.
Th. Raus, Berlin, hat daraus – unter Verwendung neuester Florenlisten für Europa und Teilgebiete
(u. a. Flora Europaea, Vascular Plants of USSR von CZEREPANOV 1995, Med-Checklist) und nach
pragmatischen Gesichtspunkten – eine Standardliste für das Kartenprojekt zusammengestellt und
diese fortlaufend ergänzt. Sie enthält eine Gegenüberstellung der „gültigen“ Namen und ihrer
Synonyme, die von verschiedenen Mitarbeitern verwendet wurden, und umfaßt in der Endfassung
rund 6 000 Sippen bei insgesamt über 28 000 Einträgen, die alle taxonomisch und nomenklatorisch
überprüft werden mußten (s. Beitrag Th. Raus in Kapitel 5.1).
Auf der Grundlage dieser „Standardliste“ wurden im BfN sämtliche Sippennamen in Legende,
Datenblättern und Text vereinheitlicht. Für die Kartenlegende und den Legendenband mußte die
Gesamtliste bis Anfang 2000 fertiggestellt werden, anschließend erfolgten weitere Ergänzungen im
Zuge der Bearbeitung der Datenblätter und des Erläuterungstextes bis Ende 2002.
Die Gesamtliste der wissenschaftlichen Pflanzennamen wurde Bestandteil des Datensatzes bzw. der
Datenbankanwendung auf der CD-ROM.

Glossar von Fachbegriffen


Für in den Datenblättern und im Erläuterungstext vorkommende Fachbegriffe, die nicht ohne weite-
res verständlich und in normalen Fachlexika vielfach nicht enthalten sind, wurden im BfN thema-
tisch gegliederte Listen mit Erläuterungen angefertigt. Sie enthalten im wesentlichen pflanzen-
geographische, ökologische, geologische, geomorphologische und bodenkundliche Begriffe sowie
die zugehörigen Literaturquellen. Wegen des engen Bezugs zur Legende und den Datenblättern der
Kartierungseinheiten sind diese Informationen ebenfalls auf der CD-ROM gespeichert und abrufbar.
In den Textband wurden außerdem Ergänzungen spezieller geobotanischer und ökologischer
Begriffe aufgenommen (s. Kapitel 5.4).

Anfertigung von Übersichtskarten der physisch-geographischen, klimatischen und pflanzen-


geographischen Gliederung Europas
Als Ergänzung zu den Textkapiteln 2.1, 2.2 und 2.3 im Abschnitt „Grundlagen der Vegetations-
gliederung Europas“ wurden im BfN Schwarzweiß-Übersichtskarten (Karten 1-3) angefertigt. Sie
enthalten die Gebiets-Abgrenzungen und Bezeichnungen der in Legende, Datenblättern und im
Erläuterungstext verwendeten geographischen, arealgeographischen und klimazonalen Fachbegriffe.
Als Grundlage dienten veröffentlichte Karten, die z. T. (in Abstimmung mit den Autoren) etwas
verändert oder (im Fall von Karte 1) aus verschiedenen Unterlagen zusammengestellt wurden. Sie
liegen im BfN digitalisiert vor. Ihr Druck erfolgte auf digitaler Datenbasis – zusammen mit den
Formationsauszügen (Karten 6-20) – Ende 2001.

39
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Anfertigung von Verbreitungskarten für die einzelnen Formationen (Karten 6-20)


Zur Darstellung und Veranschaulichung der Gesamtverbreitung der einzelnen Formationen und ihrer
Untergliederung wurden im BfN auf Grundlage der digitalen Kartendaten farbige Auszüge aus der
Übersichtskarte 1 : 10 Mio. (Karten 6, 7, 9, 13, 14, 16) und aus der Karte 1 : 2,5 Mio. (Karten 10-12,
15, 20) angefertigt. Sie dienen als handliche Beilage zum Erläuterungstext und wurden 2001 im
Landwirtschaftsverlag in Münster gedruckt.

Auswahl, Zusammenstellung und Digitalisierung von Fotos repräsentativer naturnaher


Vegetationsbestände
Die Mitarbeiter am Kartenprojekt wurden gebeten, gute und repräsentative Fotos (Dias) für die
wichtigsten Kartierungseinheiten zur Verfügung zu stellen. Im BfN erfolgte eine Auswahl von
Bildern, die für den Farbdruck im Erläuterungsband geeignet sind (insgesamt 148 Fotos) und
solchen, die zusätzlich in digitaler Form auf der für 2003 geplanten CD-ROM präsentiert werden.
Die Bildunterschriften wurden aufgrund der Autorenangaben erstellt, die Reihenfolge orientiert sich
an der Formationsabfolge in der Legende und im Textband. Soweit möglich wurden sie den jeweili-
gen KE zugeordnet.

Veröffentlichungen und Präsentation des Kartenprojektes und der erzielten Ergebnisse sowie
von Anwendungs- und Auswertungsbeispielen
Von Anbeginn bis zum Abschluß der Arbeiten wurde die Fachwelt laufend über die Arbeiten und
Fortschritte am Projekt der Vegetationskarte Europas informiert, u. a. ausführlich über das 1. Inter-
nationale Kolloquium 1979 in Liblice (NEUHÄUSL [Red.] 1980) sowie über die nachfolgenden
Arbeitstagungen und Zwischenergebnisse:
NEUHÄUSL 1982b; BONDEV et al. 1985; NEUHÄUSL 1987; NEUHÄUSL, BOHN et al. 1987; GRIBOVA
et al. 1988; NEUHÄUSL, BOHN et al. 1990; NEUHÄUSL 1990, 1991; NEUHÄUSLOVÁ & BOHN 1993;
BOHN 1992, 1995a, 1995b; KARAMYŠEVA et al. 1996; BOHN et al. 2000.
Als erste Ergebnisse wurden Musterblätter der Vegetationskarte Europas (Nr. X und XI) und das
Konzept auf internationalen botanischen Tagungen vorgestellt: bei der 22. Generalversammlung der
IUBS im September 1985 in Budapest; im Juli 1987 auf dem 14. Internationalen Botanischen
Kongreß in Westberlin als Poster von R. NEUHÄUSL, U. BOHN, P. OZENDA & W. MATUSZKIEWICZ;
1989 auf dem Symposium der Internationalen Vereinigung für Vegetationskunde in Uppsala
(Schweden): Poster von R. Neuhäusl & U. Bohn; auf dem 5. Internationalen Ökologischen Kongreß
in Japan von R. Neuhäusl; auf der internationalen Fachtagung über die „Anwendung der Phytoso-
ziologie“ 1991 in Lancaster (Großbritannien): Vortrag von U. Bohn.
Die Gesamtkarte 1 : 2,5 Mio. mit der Übersichtskarte 1 : 10 Mio., Legendenstruktur und Auswer-
tungsbeispielen wurde ab 1994 auf verschiedenen internationalen Arbeitstagungen und Symposien
im jeweiligen Entwicklungsstand präsentiert. Bei diesen Gelegenheiten konnten weitere Mitarbeiter
für bestimmte Regionen, Formationen und Kartierungseinheiten gewonnen werden: (u. a. A. Elve-
bakk (Norwegen), E. Einarsson (Island), C. J. Pinto Gomes (Portugal), J.-C. Rameau (Frankreich),
F. Spada, B. Cerabolini (Italien).

40
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1

Als wichtigste Veranstaltungen ab 1994 sind zu nennen:


– 37. Symposium der Internationalen Vereinigung für Vegetationskunde (IAVS) zum Thema
„Large Area Vegetation Surveys“ in Bailleul (September 1994, BOHN 1995a);
– jährliche Internationale Workshops zum Thema „European Vegetation Survey“ in Rom
(März/April 1995, 1996, 1997, 1998 und 2001);
– Arbeitstagung in Tilburg/Niederlande (Juli 1995) mit einem Beitrag zum Thema „Vegetations-
karte Europas als Grundlage für eine ökologische Raumgliederung“;
– Ökologietag am Institut für Ökologie der TU Berlin (November 1995);
– 2. Internationaler Workshop zum „Circumpolar Arctic Vegetation Mapping Project“ in Aren-
dal/Norwegen (Mai 1996): Hier galt es, die Konzeption, hierarchische Gliederung der Legende
und Erfahrungen mit dem Europäischen Kartenprojekt vorzustellen (BOHN 1996);
– 40. IAVS-Symposium in Budweis/Tschechien (August 1997) mit dem Thema „Vegetation
mapping: scales in space and time and hierarchical vegetation classification“: Hier wurden
erstmals die Gesamtkarte als fertiger Plot aufgrund der digitalen Daten sowie Auswertekarten
zur Formation F und zur Verbreitung und Gliederung der Buchenwälder vorgestellt;
– Internationales „Colloque Phytosociologique“ in Camerino/Italien (September 1998): Hier
Vortrag und Poster mit dem Titel „Classification and distribution of climax vegetation in
Europe. – Results of the international mapping project“ (BOHN 1998 im Tagungsband);
– Deutscher Naturschutztag in Bamberg mit dem Rahmenthema „Grenzenloser Naturschutz –
Herausforderung für Europa“ (Juni 2000): Hier Präsentation der Gesamtkarte in der Druck-
version auf Stellwand und Veröffentlichung von Broschüren zum Kartenprojekt mit Auswer-
tungsbeispielen für Deutschland (BOHN et al. 2000);
– 43. Symposium der Internationalen Vereinigung für Vegetationskunde (IAVS) in Nagano/Japan
(Juli 2000) mit dem Rahmenthema „Global to local perspectives of Vegetation Science: search
for new paradigms for the 21st century“: Ausstellung der gedruckten Gesamtkarte und Poster
mit dem Thema „Application of the Map of Natural Vegetation of Europe for Nature Conser-
vation“ mit verschiedenen Anwendungs- und Auswertungsbeispielen;
– Fachkolloquium in Halle a.d.S./Deutschland (März 2001) zu „Karte der potentiellen natürlichen
Vegetation – Erstellung und Anwendung“ (mit Vorstellung der gedruckten Europakarte und
Auswertungsbeispielen);
– Internationaler Workshop auf Vilm/Deutschland (Mai 2001) zum Thema „Anwendung und
Auswertung der Karte der natürlichen Vegetation Europas für Naturschutz und Landschafts-
ökologie“ (Tagungsband im Druck).
Die farbigen Kartenplots und die Kartenauszüge auf digitaler Datenbasis sowie die dadurch gegebe-
nen vielfältigen Auswertungsmöglichkeiten fanden jeweils viel Anklang und Zustimmung und
ließen den Wunsch nach baldiger Veröffentlichung des Gesamtwerkes laut werden.

41
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Verwendung der digitalen Kartendaten


Sobald die Daten der Vegetationskarte Europas digital verfügbar waren (angefangen mit der
Übersichtskarte 1 : 10 Mio.), ergaben sich vielfache Wünsche, dieses Material für Auswertungs-
zwecke auf europäischer, nationaler oder regionaler Ebene zur Verfügung gestellt zu bekommen.
Als erster Nutzer bewarb sich das European Topic Centre for Nature Conservation (ETC/NC) in
Paris für die Erarbeitung einer ökologischen Raumgliederung Europas durch Verknüpfung von
Vegetations- und Klima-Daten (Produkt: DMEER = Digital Map of European Ecological Regions,
vgl. ETC/NC 1997, PAINHO & AUGUSTO 2000, PAINHO 2003).
Weitere Auswertungen für eine ökologische Raumgliederung Europas für Naturschutzzwecke und
die internationale forstliche Berichterstattung erfolgten in Zusammenarbeit mit WWF-US, WWF-
International und FAO, zum einen im Rahmen der Erarbeitung einer Karte der „Terrestrial Eco-
regions of the World“ (OLSON et al. 2001), zum anderen für die „Global Ecological Zones Map“ im
Rahmen des „Forest Resources Assessment Program 2000“ der FAO (FAO 2000, 2001). Hier wurde
für weltweite Übersichten die Grobgliederung der Vegetationskarte in klimazonale und regionale
(pflanzengeographische) Obereinheiten genutzt.
Weiterhin dienten die digitalen Daten der Karten 1 : 10 Mio. und 1 : 2,5 Mio. bereits als Referenzba-
sis zur Ermittlung von Lücken und Defiziten im europäischen Schutzgebietssystem für natürliche
Vegetationstypen und Ökosysteme (Biosphärenreservate, Nationalparke, strenge Naturschutz-
gebiete, FFH-Gebiete). Das World Conservation Monitoring Centre (WCMC) in Cambridge, UK,
benutzte in Zusammenarbeit mit dem WWF-International die digitalen Kartendaten für eine „Gap
Analysis of Forest Protected Areas in Europe“ (SMITH & GILLETT 2000, mit CD-ROM).
Im Rahmen des BEAR-Projektes „Indicators for monitoring and evaluation of forest biodiversity in
Europe“ mit Unterstützung von EU FAIR diente die hierarchisch gegliederte Gesamtlegende als
Grundlage für eine europäische Waldtypisierung sowie zur Erfassung und Bewertung der biologi-
schen Vielfalt in Wäldern (vgl. LARSSON 2001).
Zum Thema „Anwendung und Auswertung der Europakarte“ fand im Mai 2001 in der Außenstelle
des BfN „Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm“ bei Rügen ein internationaler Workshop
statt, bei dem in 33 Beiträgen vielseitige Möglichkeiten zur Anwendung in Naturschutz und Land-
schaftspflege vorgestellt wurden (z. B. für die ökologische Raumgliederung, Darstellung der
natürlichen Biodiversität, Repräsentanz der natürlichen Vegetation in Schutzgebietssystemen,
naturnaher Waldbau, Auswirkungen von Klimaänderungen). In dem zugehörigen Tagungsband
(BOHN & HETTWER 2003) finden sich eingehendere Ausführungen zu den o. g. Projekten und
weitere Anwendungsbeispiele.
Ausschnitte und Auszüge aus der Vegetationskarte Europas fanden und finden zudem Eingang in
verschiedene Lehrbücher, Atlanten, Umweltberichte und sonstige nationale Veröffentlichungen
(u. a. ELLENBERG 1996; BfN: Daten zur Natur 1999, 2002; LIEDTKE & MARCINEK 2002; CROSS
1998; ZAZANAŠVILI 2003; HÄRDTLE et al. 2003) oder dienten als Argumentationshilfe für die
Durchsetzung von Naturschutzprojekten (z. B. nationale Verantwortlichkeit Deutschlands für den
Schutz von Buchenwaldökosystemen und Einrichtung entsprechender Nationalparke).

42
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1

Finanzierung des Kartendrucks und Veröffentlichung von Karten-, Legenden- und Textband
Die Veröffentlichung des Kartenwerkes war ursprünglich beim Gustav Fischer Verlag Jena geplant.
Durch den Zusammenschluß mit dem Fischer Verlag in Stuttgart und die nachfolgende Umstellung
des Verlagsprogramms mußte diese Option aufgegeben werden.
Die Anfrage bei der Europäischen Umweltagentur (EEA) nach finanzieller Beteiligung an den
Kosten für den Kartendruck blieb zunächst – aus formalen Haushaltsgründen – ohne Erfolg.
Die EEA äußerte jedoch großes Interesse an den digitalen Kartendaten und den Erläuterungen zu
den Kartierungseinheiten (in englischer Version) und bot an, die digitalen Daten auf einer CD-ROM
auf eigene Kosten herauszubringen sowie die Übersetzung der Texte ins Englische zu übernehmen.
Im Endeffekt beteiligte sie sich indirekt an den Kosten für den Druck des Karten- und Legendenban-
des durch Kauf von 1000 Exemplaren, die von dort aus an verschiedene europäische und nationale
Behörden und Institutionen verteilt wurden.
Als preisgünstigste und unkomplizierteste Lösung für den Druck und die Herausgabe des Gesamt-
werkes erwies sich schließlich die Veröffentlichung als dreiteiliges Werk – zunächst mit deutscher
Version des Erläuterungstextes – in einer Schriftenreihe (Gelbe Reihe) des Bundesamtes für Natur-
schutz (BfN) in Bonn. Druck und Vertrieb der Publikation erfolgen durch den Landwirtschaftsverlag
in Münster, die Gesamtfinanzierung übernahm das BfN. Die Gesamtauflage des zweisprachigen
Karten- und Legendenbandes beträgt 6000.
Die Erläuterungen zu den Kartierungseinheiten, das Gesamtliteraturverzeichnis, Artenliste und
Glossar werden aus Kostengründen, wegen des großen Umfangs und der besseren Nutz- und Hand-
habbarkeit auf CD-ROM zur Verfügung gestellt.

Literatur
BOHN 1992, 1995a, 1995b, 1996; BOHN & HETTWER 2003 (im Druck); BOHN et al. 2000; BOHN &
OZENDA 1987; BONDEV et al. 1985; BRAUN-BLANQUET 1928, 1964; BUNDESAMT FÜR NATUR-
SCHUTZ (BFN) 1999, 2002; CROSS 1998; ELLENBERG 1996; EUROPEAN TOPIC CENTRE ON NATURE
CONSERVATION (ETC/NC) 1997; FAO 2000, 2001; GAUSSEN 1966; GOR„AKOVSKIJ 1979; GRIBOVA
1981, 1984; GRIBOVA & ISA„ENKO 1980a, 1980b; GRIBOVA & JURKOVSKAJA 1983, 1989; GRIBOVA
& KARAMYŠEVA 1987; GRIBOVA, KARAMYŠEVA & NEUHÄUSL 1985; GRIBOVA, KARAMYŠEVA,
NEUHÄUSL & JURKOVSKAJA 1988; GRIBOVA & LADYGINA 1985; GRIBOVA, NACHUCRIŠVILI,
DOLUCHANOV & NEUHÄUSL 1988; GRIBOVA & NEUHÄUSL 1989, (1996 Karte); HÄRDTLE et al.
2003; ISA„ENKO & LAVRENKO 1979; KARAMYŠEVA 1986; KARAMYŠEVA & JURKOVSKAJA 1994;
KARAMYŠEVA et al. 1996; LARSSON (Koord.) 2001; LAVRENKO, ISA„ENKO & GRIBOVA 1980a;
LAVRENKO, ISA„ENKO, GRIBOVA & NEUHÄUSL 1980b; LIEDTKE & MARCINEK (Hrsg.) 2002;
NEUHÄUSL 1979, 1980, 1982, 1987a, 1987b, 1987c, 1989, 1990, 1991; NEUHÄUSL (Red.) 1980;
NEUHÄUSL et al. 1987; NEUHÄUSL, BOHN, GRIBOVA, MATUSZKIEWICZ & OZENDA 1990; NEUHÄUSL
& MICHALKO 1984; NEUHÄUSL & NEUHÄUSLOVÁ 1982; NEUHÄUSLOVÁ & BOHN 1993; NOIRFALISE
1987; OLSON et al. 2001; OZENDA 1980; OZENDA, NOIRFALISE, TOMASELLI & TRAUTMANN 1979;
PAINHO 2003 (im Druck); PAINHO & AUGUSTO 2000; SO„AVA 1966; SMITH & GILLETT (Ed.) 2000;

43
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

SUMERINA & LIPATOVA 1985; TRAUTMANN & BOHN 1980; TÜXEN 1956; ZAZANAŠVILI 2003 (im
Druck).

Abb. 3: Teilnehmer der Exkursion durch Mittel- und Süditalien im Juni 2002 unter der Leitung von Franco
Pedrotti: U. Bohn, A. Borhidi, S. Cholod, J. Cross, J. Diduch, N. DoniÛ|, G. Gollub, C. Hettwer,
T. Jurkovskaja, D.-O. Ivan, H.D. Knapp, N. Kirillovskaja, A. Matuszkiewicz, W. Matuszkiewicz,
G. Nachucrišvili, Z. Neuhäuslová, G. Ogureeva, L. Påhlsson, Th. Raus, K. Rybní…ek, I. Safronova,
H. Schlüter, J. Schlüter, A. Seliškar, V. Vasilevi…, K. Zukrigl, M. Zupan…i… u. a.

44
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.2

1.2 Ausgangsmaterial und Grundlagen zur Karte der natürlichen Vegetation


Europas
Zdenka Neuhäuslová & Udo Bohn

Die vorliegende Karte der natürlichen Vegetation Europas basiert auf Kartengrundlagen für die
einzelnen Länder und größere Teilgebiete Europas. Einerseits wurden bereits vorhandene (nationale)
Vegetationskarten verwendet, angepaßt und aktualisiert sowie der gemeinsamen Konzeption
entsprechend umgesetzt, andererseits wurden vorhandene Teilkarten zu einer nationalen Gesamtkar-
te zusammengeführt und – wo Lücken bestanden – ergänzt, in einigen Fällen für die betreffenden
Länder auch ganz neue Vegetationskarten geschaffen. Dabei wurde in der Regel auf bereits vorhan-
denes Kartenmaterial zurückgegriffen, seien es Karten der potentiellen natürlichen oder realen
Vegetation, Standorts- oder sonstige geeignete thematische Karten wie geologische, bodenkundliche
oder klimatische Karten. Spezielle Geländeerhebungen erfolgten allenfalls punktuell und regional,
um Kenntnislücken zu schließen, Korrekturen oder Ergänzungen vorzunehmen, so z. B. beim bi-
lateralen Grenzabgleich oder auf gemeinsamen Exkursionen. Für einzelne Länder erschienen
während der Projektlaufzeit – oft angeregt durch das internationale Vorhaben – neue Nationalkarten
der potentiellen natürlichen Vegetation, die bei größeren Abweichungen von der ursprünglichen
Fassung nach Möglichkeit eingearbeitet wurden (so für Teilgebiete Deutschlands, für Tschechien,
Polen, Bulgarien und Albanien). Ganz neu oder erstmalig angefertigt wurden im Rahmen dieses
Europa-Projektes nationale Vegetationskarten für Island, Irland, Großbritannien, Dänemark,
Portugal, Jugoslawien, Griechenland und den europäischen Teil der Türkei. Für andere Länder lagen
zunächst nur grobe Übersichtskarten vor, die im Laufe des Projektes verfeinert und stärker differen-
ziert wurden, um eine größere Einheitlichkeit herzustellen und sich dem allgemeinen Standard
anzupassen. Dies gilt z. B. für Frankreich, Norwegen, Schweden und Finnland. Trotz dieser Anglei-
chung lassen sich zwischen einzelnen Ländern noch immer Brüche und Verwerfungen erkennen, die
auf unterschiedlichem Kenntnisstand und/oder verschiedenen Kartierungsmethoden beruhen. Am
deutlichsten tritt dies zwischen Finnland und Rußland (Karelien) in Erscheinung.
Aufgrund der unterschiedlichen Datengrundlage gibt es in manchen Regionen noch Ungenau-
igkeiten und Unsicherheiten, die durch nachfolgende Geländekartierung und Überprüfung vor Ort
ausgeräumt werden müßten. In einigen Ländern laufen zudem Kartierungsprojekte, die nach Ab-
schluß genauere, aktuellere und differenziertere Ergebnisse liefern dürften (so z. B. in Deutschland,
Slowenien, Kroatien). Für die einzelnen, alphabetisch geordneten Länder wird nachfolgend in Kurz-
form über die wichtigsten Kartengrundlagen und – wo nötig – das Vorgehen bei der Erarbeitung des
nationalen Beitrags berichtet. Ein ausführliches Verzeichnis der bedeutenden nationalen, über-
regionalen und „kontinentalen“ Vegetationskarten findet sich in Kapitel 5.5. Umfassendere Ver-
zeichnisse und Bibliographien sind enthalten in „Excerpta Botanica“, Section B (Sociologica),
KÜCHLER (1966) sowie KÜCHLER & ZONNEVELD (1988).

45
1.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Albanien: Angaben über die bis 1960 publizierten Vegetationskarten sind in der Bibliographie von
E. SCHMID in KÜCHLER (1966: 24-26) verzeichnet. Als Grundlage für die neue Vegetationskarte
Albaniens dienten neben der Karte der Waldstufen Albaniens im Maßstab 1 : 1 Mio. (MARKGRAF
1949) die Karten von GLAVA„ (1968), NIKLFELD (1973) und des angrenzenden Jugoslawien
(FUKAREK et al. 1989). In Zusammenarbeit von U. Bohn und J. Vangjeli wurde der erste Entwurf
auf der Basis einer groben Karte der aktuellen Vegetation Albaniens 1996 überarbeitet (VANGJELI
& BOHN 1996: Manuskript-Karte 1 : 500 000). Diese enthält allerdings immer noch zahlreiche
Unsicherheiten.
Belgien: Die Manuskriptkarte stammt von A. Noirfalise. Sie wurde auf der Grundlage großmaßstä-
biger Karten und guter Gebietskenntnisse entworfen. Vom Kartierungszentrum in Gembloux
(Centre de cartographie phytosociologique, früher Institut pour l' encouragement de la recherche
scientifique dans l' industrie et l' agriculture) wurden im Maßstab 1 : 20 000 große Teile Belgiens
kartiert (Veröffentlichung der Karten 1954-1969). Ferner existiert eine Karte der Hauptwaldgesell-
schaften Belgiens 1 : 2,8 Mio. (NOIRFALISE et al. 1953). A. Noirfalise war überdies maßgeblich an
der 1. Auflage der Vegetationskarte der Europarat-Staaten 1 : 3 Mio. (OZENDA et al. 1979) beteiligt
und Hauptkoordinator der 2. Auflage dieser Karte (NOIRFALISE 1987).
Bulgarien: Eine Übersicht über die Entwicklung der Vegetationskartierung in Bulgarien findet sich
bei BONDEV (1991), eine erste Bibliographie der Vegetationskarten bei KÜCHLER (1966: 149-151).
Die ersten großräumigen Vegetationskarten hatten einen vegetationsgeographischen Inhalt (ADAMO-
VI‚ 1909a, 1909b, STOJANOV 1950). Eine wichtige Etappe war die Fertigstellung einer Karte der
bulgarischen Wälder im Jahre 1939 im Maßstab 1 : 200 000 mit 12 Kartierungseinheiten (KE).
Die systematische Vegetationskartierung und geobotanische Erforschung des Landes begann 1961.
Anlaß dafür waren die Herausgabe der Bodenkarte 1 : 200 000 und der geologischen Karte
1 : 500 000 sowie die Vorbereitung einer neuen Waldkarte im Maßstab 1 : 200 000. Wichtige
Grundlage für das Europa-Kartenprojekt war die Vegetationskarte 1 : 1 Mio. im Atlas von Bulgarien
(BONDEV 1973) sowie die Karte der Waldbestände 1 : 1,5 Mio. (ebendort) mit 40 KE (BONDEV &
JORDANOV 1973). Die Vegetationskarte 1 : 1 Mio. setzt die aktuelle Vegetation in Beziehung zur
natürlichen Vegetation und enthält 73 KE, darunter 41 KE der natürlichen Vegetation. 1980 wurde
im Militäratlas N.R. Bulgarien eine Vegetationskarte mit 33 KE publiziert (BONDEV 1980). Es
handelt sich dabei um eine Karte der potentiellen natürlichen Vegetation mit Ergänzung der am
weitesten verbreiteten Typen der Sekundärvegetation. Eine detailliertere Vegetationskarte Bulga-
riens im Maßstab 1 : 600 000 veröffentlichte BONDEV 1991. Sie umfaßt 150 KE der potentiellen
natürlichen und der realen Vegetation (mit Hinweisen auf die natürliche Vegetation). Die Manu-
skriptkarte für die Europakarte von Bondev wurde auf dieser Grundlage 1993 von U. Bohn in
Zusammenarbeit mit Th. Raus aktualisiert und wiederum mit I. Bondev abgestimmt.
Dänemark: Informationen über publizierte Karten in großen und mittleren Maßstäben bringt die
Bibliographie von HANSEN in KÜCHLER (1966: 173-175). Den Entwurf einer Karte der natürlichen
Vegetation Dänemarks für die Europakarte entwickelte P. Vestergaard zusammen mit K. Hansen.

46
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.2

Deutschland: Die Kartenunterlagen für das Gebiet Deutschlands sind sehr zahlreich und vielfältig
und zeugen von der langen und großen Tradition der Vegetationskartierung in diesem Land.
Pioniere der Vegetationskartierung in Deutschland waren K. Hueck, R. Tüxen und A. Scamoni.
K. Hueck entwickelte in den 30er Jahren die Kartierungsmethoden (HUECK 1930, 1932, 1933) und
fertigte die ersten Übersichtskarten der natürlichen (bzw. ursprünglichen) Vegetation Deutschlands
und Mitteleuropas an (HUECK 1935, 1937a, 1937b, 1943). Tüxen entwarf 1956 das Konzept zur
Kartierung der potentiellen natürlichen Vegetation und organisierte 1959 in Stolzenau ein interna-
tionales Symposium über Vegetationskartierung (TÜXEN 1956, 1963). Unter seiner Leitung wurde
mit der systematischen Kartierung der potentiellen natürlichen Vegetation (pnV) Deutschlands im
Maßstab 1 : 25 000 begonnen, die in den 60er und 70er Jahren Hauptgegenstand der Tätigkeit der
Abteilung Vegetationskunde der neu gegründeten Bundesanstalt für Vegetationskunde, Naturschutz
und Landschaftspflege (später BFANL, jetzt BfN) in Bonn-Bad Godesberg war.
Die Ergebnisse wurden in Kartenblättern 1 : 200 000 veröffentlicht, und zwar Blatt Minden (TRAUT-
MANN 1966), Blatt Köln (TRAUTMANN 1973), Blatt Hamburg-West (KRAUSE & SCHRÖDER 1979)
und Blatt Fulda (BOHN 1981, 1996).
Neben den Feldblättern im Maßstab 1 : 25 000 und 1 : 50 000 entstanden in den 60er und vor allem
70er Jahren Regional- und Landeskarten der pnV in Deutschland in den Maßstäben 1 : 200 000 bis
1 : 500 000 und 1 : 900 000: Bayern (SEIBERT 1968), Nordrhein-Westfalen (TRAUTMANN 1972),
Baden-Württemberg (MÜLLER & OBERDORFER 1974), Niedersachsen (PREISING 1978), Schleswig-
Holstein (MEISEL 1979), Mittelfranken (HOHENESTER 1978), Rheinland-Pfalz (WAHL 1990). Aus
diesen Teilkarten wurden die Übersichtskarten 1 : 3 Mio. und 1 : 2,5 Mio. für Westdeutschland von
W. Trautmann, U. Bohn und L. Schröder zusammengestellt.
Vor Aufnahme der Arbeiten an der Vegetationskarte Europas gab es für Ostdeutschland folgende
kleinmaßstäbige Vegetationskarten meist in Atlanten der DDR: Karte der Pflanzengesellschaften
1 : 1 Mio. (HUECK 1953), Karte der natürlichen Vegetation der DDR 1 : 1 Mio. (SCAMONI et al.
1958), Vegetationskarte der DDR 1 : 500 000 mit Erläuterungen (SCAMONI 1964). Eigentliche
Grundlage und darstellerisch-methodisches Vorbild für die Europakarte (Höhenstufen, geographi-
sche Ausbildungen) war die jüngste Übersichtskarte im Maßstab 1 : 750 000 (SCAMONI et al. 1977).
Die Teilkarten der potentiellen natürlichen Vegetation für die Vegetationskarte Europas stellten
A. Scamoni und H. Schlüter für Ostdeutschland und U. Bohn und W. Trautmann für Westdeutsch-
land zusammen. Später wurden – aufgrund neuerer Erkenntnisse und Kartierungen – gebietsweise
in beiden noch Korrekturen vorgenommen.
Finnland: Angaben über die Vegetationskartierung in Finnland enthalten die Arbeiten von LINKOLA
(1941), AHTI et al. (1968) und die Bibliographie von A. KALELA in KÜCHLER (1966: 176-214). Die
meisten Zitate betreffen großmaßstäbige Karten. In kleinmaßstäbigen Karten sind die Waldvegeta-
tionszonen (KALELA 1958, 1961), die häufigsten Waldtypen (ILVESSALO 1930, 1960), die polaren
Wald- und Baumgrenzen (HEIKINHEIMO 1921, Reprint 1948) sowie Torfmoore (AARIO 1933, AUER
1936, RUUHIJÄRVI 1960) dargestellt. L. Hämet-Ahti und K. Toivonen haben die Manuskriptkarte für
die Vegetationskarte Europas entworfen und mit der russischen Karte harmonisiert. Später wurden

47
1.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas

noch Moorgebiete verschiedener Typen hinzugefügt.


Frankreich: Frankreich nimmt auf dem Gebiet der Vegetationskartierung einen führenden Platz in
Europa ein. Maßgeblich sind drei Kartierungszentren: das von H. Gaussen gegründete und nach
seiner Pensionierung von P. Rey geleitete „Service de la carte de la végétation de la France au
1 : 200 000“ in Toulouse, das von L. Emberger gegründete „Service de la carte des groupements
végétaux de la France au 1 : 20 000“ in Montpellier und das vor allem mit der Kartierung der Alpen-
und Gebirgsvegetation befaßte „Laboratoire de Biologie végétale“ in Grenoble. Es wird von
P. Ozenda geleitet, einem der Initiatoren des Projektes „Vegetationskarte Europas“ und Redakteur
der 1. Vegetationskarte der Europarat-Staaten im Maßstab 1 : 3 Mio. (OZENDA et al.1979).
Das Zentrum in Toulouse führte 1947-1992 die flächendeckende Kartierung der realen Vegetation
Frankreichs im Maßstab 1 : 200 000 (Blätter 2-81) durch, an der sich eine Reihe namhafter französi-
scher Geobotaniker beteiligte. Die Karten von Gaussen geben in erster Linie und sehr detailliert die
reale Vegetation (in Wäldern die Hauptbaumarten) wieder und stellen in Nebenkarten 1 : 1 Mio. die
natürliche Vegetation sowie die Umweltbedingungen (Relief, Böden, Klima, Bodennutzung) dar.
Die erste Bibliographie der Vegetationskarten Frankreichs stellten GAUSSEN & REY in KÜCHLER
(1966: 215-259) zusammen. Arbeiten über Vegetationskartierung wurden außerdem laufend in der
Zeitschrift „Excerpta botanica“, Sect. B (Sociologica) im Rahmen der „Bibliographia Phytosociolo-
gica Gallia“ veröffentlicht.
Erste kleinmaßstäbige Übersichtskarten von ganz Frankreich liegen aus den 30er und 40er Jahren
vor: Karte der Vegetationsstufen und Zonen im Maßstab 1 : 4 Mio. mit 45 KE (FLAHAULT 1938),
Vegetationskarte Frankreichs 1 : 1 Mio. mit 41 KE (GAUSSEN 1945). Eine sehr grobe Übersichts-
karte 1 : 3 Mio. der natürlichen Vegetation wurde von Ozenda für die 1. Auflage der Vegetations-
karte der Europarat-Staaten (OZENDA et al. 1979) vorgelegt. Diese wurde dann nach Vorschlägen
von Noirfalise, Bohn und Neuhäusl sowie anhand vorliegender Regionalkarten und Kartenblätter der
realen Vegetation für die 2. Auflage der Westeuropa-Karte verfeinert (OZENDA & LUCAS 1986,
NOIRFALISE 1987).
Für die gesamteuropäische Vegetationskarte waren große Gebiete außerhalb der Alpen, Pyrenäen
und des Zentralmassivs immer noch viel zu grob strukturiert und hoben sich deutlich gegen den
mitteleuropäischen Teil ab. Infolgedessen wurde Frankreich anhand der Kartenblätter 1 : 200 000
und ihrer Nebenkarten (Natürliche Vegetation, Böden, Klima) und regionaler Karten von U. Bohn
1993/94 nochmals von Grund auf überarbeitet und anschließend in problematischen Gebieten (so-
weit möglich) mit J.-C. Rameau abgestimmt. Dabei wurde das potentielle Buchenwaldareal in den
Tieflagen Frankreichs erheblich erweitert (vermutlich immer noch nicht weit genug). Die Karte birgt
jedoch immer noch viele Unsicherheiten und bedarf vielerorts der Überprüfung im Gelände bzw.
durch Gebietskenner.
Griechenland: Die erste Bibliographie der Vegetationskarten Griechenlands wurde von E. SCHMID
zusammengestellt (in KÜCHLER 1966: 369-371). Weitere Arbeiten sind im Buch von HORVAT et al.
(1974) aufgeführt. Für die Erarbeitung der Vegetationskarte Griechenlands für das Europaprojekt
standen folgende klein- und mittelmaßstäbige Karten zur Verfügung: Karte der Waldverbreitung auf

48
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.2

dem Peloponnes im Maßstab 1 : 2,25 Mio. (ROTHMALER 1943), Waldkarte Griechenlands (MINI-
STRY OF AGRICULTURE 1947), Karte der Wachstumszonen von Kephallinia 1 : 350 000 (KNAPP
1964) und vor allem die Vegetationskarte Griechenlands 1 : 1 Mio. (MAVROMMATIS 1978). Weitere
Hinweise lieferten die Karte der Vegetationszonen Südosteuropas 1 : 3 Mio. (GLAVA„ 1968 in
HORVAT et al. 1974), die Karte der Donauländer 1 : 2 Mio. von NIKLFELD (1973) und die Karte der
potentiellen Vegetation des östlichen Mittelmeerraums 1 : 2,5 Mio. von QUÉZEL & BARBÉRO
(1985). Die Manuskriptkarte für die Vegetationskarte Europas entwarfen Th. Raus und E. Bergmeier
anhand dieser Unterlagen und eigener Gebietskenntnisse. Sie stellt eine deutliche Verbesserung und
Präzisierung gegenüber der Karte 1 : 3 Mio. der EU- und Europarat-Staaten (NOIRFALISE 1987) dar.
Großbritannien: Die Bibliographie der Vegetationskarten in KÜCHLER (1966: 89-148) stammt von
F.A. Barnes. Die Mehrheit der britischen Vegetationskarten ist großmaßstäbig. Unter den klein-
oder mittelmaßstäbigen Karten sind die Karte der Grasländer von Wales 1940 (BOWEN 1957), die
von England und Wales (STAPLEDON & DAVIES 1945) sowie die Karte der Moorvegetation Schott-
lands (STAMP & GEDDES 1948) erwähnenswert. STRAKA (1949) stellte eine Karte der rekon-
struierten natürlichen Vegetation der Britischen Inseln im Maßstab 1 : 6,3 Mio. mit 8 KE vor.
Für den Beitrag zur Vegetationskarte Europas waren die Karten der aktuellen und rekonstruierten
Waldvegetation Schottlands 1 : 640 000 (MCVEAN & RATCLIFFE 1962a, 1962b) sowie der Entwurf
für die Europarat-Karte 1 : 3 Mio. des Vereinigten Königreichs von D.A. Goode eine wichtige
Grundlage. Mit Hilfe aktueller Raster-Verbreitungskarten der Pflanzengesellschaften der Britischen
Inseln (RODWELL 1991a, 1991b) und ihrer Verschneidung mit standörtlichen Daten (Topographie,
Geologie, Böden, Klima) erarbeitete J. Rodwell 1992 eine neue und stärker differenzierte Karte der
potentiellen natürlichen Vegetation für Großbritannien.
Irland: J.J. Moore ist Autor des nationalen Kartenbeitrags für die Vegetationskarte der EU- und
Europarat-Staaten von 1979 und 1987. Für die vorliegende Vegetationskarte Europas fertigte
J. Cross während seines Aufenthaltes in Bonn (1992-93) – in Abstimmung mit U. Bohn – einen ganz
neuen Entwurf aufgrund standörtlicher Basiskarten (Topographie, Geologie, Böden, Moore, Klima)
und von Expertenkenntnissen sowie Veröffentlichungen zur Verbreitung natürlicher Pflanzengesell-
schaften und ihren Standortbeziehungen. Die digitalisierte Teilkarte für Irland wurde bereits
veröffentlicht (CROSS 1998).
Island: Die Bibliographie der Vegetationskarten Islands in KÜCHLER (1966: 397-399) stammt von
I. Thorsteinsson. Die Vegetationskartierung erfuhr hier einen deutlichen Aufschwung in den 60er
Jahren, als eine Serie von Blättern der Vegetationskarte Islands 1 : 40 000 publiziert wurde (AGRI-
CULT. RESEARCH INSTITUTE 1966). Autor des sehr groben Entwurfs der natürlichen Vegetation für
die Karte der Europarat-Staaten war E. Einarsson.
Da Einarsson sich zunächst nicht am gesamteuropäischen Kartenprojekt beteiligte, wurde von
U. Bohn eine neue, detailliertere Version anhand der veröffentlichten Karten der natürlichen und
realen Vegetation Islands von GLAWION (1985) angefertigt. Diese wurde Einarsson 1996 (nach dem
Treffen auf dem Workshop in Arendal, Norwegen) zur Überprüfung und ggf. Korrektur zugesandt.
Einarsson und Mitarbeiter fertigten aufgrund ihrer Kartenunterlagen eine digitalisierte und sehr

49
1.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas

differenzierte neue Version, die Mitte 1997 im BfN eintraf (EINARSSON et al. 1997). Wegen der
Kleinteiligkeit mußte sie für die Europakarte wiederum generalisiert und in die Topographie ein-
gepaßt werden. Die digitalisierte Version war Mitte 1998 fertiggestellt und konnte anstelle der
GLAWION-Karte in die Europakarte integriert werden.
Italien: Die Vegetationskartierung ist in Italien sehr hoch entwickelt und reicht bis in die Mitte des
19. Jahrhunderts zurück. Die Bibliographie der Vegetationskarten in KÜCHLER (1966: 400-420)
stellte V. Giacomini zusammen.
Die ersten kleinmaßstäbigen Übersichtskarten 1 : 5 Mio. für ganz Italien stammen von FIORI (1908)
und BÉGUINOT (1933), die Karte der Vegetationsformationen 1 : 2,5 Mio. von FIORI (1939), eine
Karte der realen Vegetation Italiens 1 : 1 Mio. von FENAROLI (1970), eine Karte der Waldvegetation
1 : 2 Mio. von TOMASELLI (1973). Neuere Übersichten der Vegetationskarten Italiens hat PEDROTTI
(1988, 1993) zusammengestellt. Der Kartenbeitrag für die Karte der EU- und Europarat-Staaten
basiert auf den Karten 1 : 1 Mio. und 1 : 2,5 Mio. von TOMASELLI (1970, 1974). Für die Europakarte
entwarf F. Pedrotti eine neue und differenziertere Karte 1 : 1,5 Mio. der potentiellen natürlichen
Vegetation (PEDROTTI 1993). Diese wurde später regional anhand von Literatur (insbesondere Karte
der realen Vegetation 1 : 1 Mio. von 1991), mit Hilfe von Gebietskennern (z. B. F. Spada, B. Cera-
bolini) sowie auf Exkursionen von U. Bohn mit F. Pedrotti in Mittelitalien ergänzt und verbessert.
Jugoslawien: Über die Vegetationskartierung auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawien gibt
es zahlreiche Quellen (u. a. BERTOVI‚ in KÜCHLER 1966: 546-584, MARIN„EK et al. 1980). Die
wichtigste Informationsbasis stellt jedoch das Buch von HORVAT, GLAVA„ & ELLENBERG (1974)
mit der von GLAVA„ (1968) erstellten Karte 1 : 3 Mio. der Vegetationszonen Südosteuropas dar.
Horvat wies als erster auf die Notwendigkeit einer einheitlichen Vegetationskarte Jugoslawiens hin
und war Autor der ersten jugoslawischen Vegetationskarte im Maßstab 1 : 25 000 für Westkroatien
(HORVAT 1962). 1963 gab Horvat den Anstoß zur Erarbeitung einer Vegetationskarte für ganz
Jugoslawien im Maßstab 1 : 200 000. Als Unterlagen dienten Geländekarten der realen Vegetation
1 : 50 000. Ende der 70er Jahre entstand die erste Übersichtskarte für Jugoslawien im Maßstab
1 : 1 Mio. Dann folgte die Vorbereitung der Karte der potentiellen natürlichen Vegetation 1 : 1 Mio.
unter der Leitung von P. Fukarek. Das Redaktionskomitee bestand aus M. Zupan…i… und I. Puncer
(Slowenien), I. Trinajstiƒ und I. Šugar (Kroatien), P. Fukarek und R. Lakušiƒ (Bosnien-Herzegowi-
na), V. Ble…iƒ (Montenegro), F. Rexhepi und N. Randjelovic (Kosovo), B. und R. Jovanoviƒ und
V. Mišiƒ (Serbien), S. Parabucki (Vojvodina) sowie H. Em und D. Dñekov (Mazedonien). Ende der
80er Jahre lag die gedruckte Karte vor (FUKAREK et al. 1989), die als Grundlage für die Europakarte
diente und dafür noch etwas generalisiert werden mußte. Inzwischen gibt es neuere Vegetations-
karten der Waldgesellschaften ca. 1 : 1,1 Mio. für Kroatien (TRINAJSTI‚ et al. 1992) und der
natürlichen Vegetation für Slowenien, 1 : 400 000 („ARNI et al. 2002), die nicht mehr berücksichtigt
werden konnten.
Luxemburg: J. SCHMITHÜSEN (1940) war Autor der 1. Vegetationskarte Luxemburgs, die die
Vegetationsgebiete des Landes im Maßstab 1 : 675 000 darstellt. Den Beitrag für die Vegetations-
karte Europas lieferte A. Noirfalise, der auch die Bibliographie der Vegetationskarten in KÜCHLER

50
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.2

(1966: 421-422) verfaßte.


Niederlande: Bibliographien der Vegetationskarten publizierten WESTHOFF (1954, 1961), WEST-
HOFF, BERGMAN & REIJNDERS in KÜCHLER (1966: 423-445) sowie DOING & VAN DER WERF
(1962).
Autoren der Karte der potentiellen natürlichen Vegetation Hollands im Maßstab 1 : 200 000 sind
KALKHOVEN, STUMPEL & STUMPEL-RIENKS (1976). J. Kalkhoven fertigte außerdem die Manu-
skriptkarten für die Karte der EU- und Europarat-Staaten 1 : 3 Mio. sowie für die Vegetationskarte
Europas 1 : 2,5 Mio.
Norwegen: Ab 1970 setzte in Norwegen eine rege Kartiertätigkeit ein: seitens O. Hesjedal und
Mitarbeiter vom „Norwegian Institute of Land Inventory“ (NIJOS), durch E. Dahl von der „Norges
Landbrukshogskole“ und A. Moen an der Universität Trondheim.
Verzeichnisse der Vegetationskarten Norwegens finden sich bei VEVLE (1981) und BALLE (1990-
1995); es handelt sich zumeist um großmaßstäbige Karten (1 : 10 000 - 1 : 20 000). Autor der noch
sehr groben Manuskriptkarte Norwegens für die Karte der EU- und Europarat-Staaten ist E. Dahl.
Grundlage für den nationalen Kartenbeitrag Norwegens zur Vegetationskarte Europas bildete die
Karte der Vegetationsregionen 1 : 1,5 Mio. von DAHL et al. (1986), die von O. Vevle und R. Elven
weiter verfeinert wurde.
Für Svalbard und die Insel Jan Mayen wurde die Karte 1 : 1 Mio. der Vegetationsregionen von
BRATTBAKK (1986) zugrundegelegt. Sie wurde von U. Bohn verkleinert, generalisiert und in die
Topographie der Europakarte eingepaßt. Korrekturen an der Originalkarte ergaben sich anschlie-
ßend (1996) durch Beiträge von I. Zonneveld (Insel Edgeøya) und A. Elvebakk.
Österreich: Eine Bibliographie der Vegetationskarten Österreichs publizierte H. WAGNER in
KÜCHLER (1966: 28-59). Er ist außerdem Autor der ersten Karte der phytogeographischen Glie-
derung Österreichs und der Karte der Wuchsgebiete des österreichischen Waldes 1 : 1,45 Mio.
(WAGNER 1956) sowie der Karten der natürlichen Vegetation 1 : 500 000 (WAGNER 1961: 261) und
1 : 1 Mio. im Österreich-Atlas (1971). H. Wagner lieferte den nationalen Beitrag zur Karte der EU-
und Europarat-Staaten sowie für die Europakarte 1 : 2,5 Mio. auf der Basis der Karte 1 : 1 Mio.
Diese wurde in einigen Gebieten nach Angaben von K. Zukrigl modifiziert.
Weitere wichtige Kartengrundlagen sind die Karten der realen Vegetation von Tirol 1 : 100 000 von
SCHIECHTL et al. (1967-1988) sowie Kartenbeilagen in MAYER et al. (1971): Waldgebiete und
Wuchsbezirke Österreichs, MAYER (1974): Wälder des Ostalpenraumes und ZUKRIGL (1973):
Waldgesellschaften am Alpenostrand.
Polen: Die erste Vegetationskarte Polens datiert aus dem Jahre 1905. Etwa ab 1940 begannen die
Arbeiten an der modern konzipierten gesamtpolnischen Vegetationskarte. Die phytozönologische
Kartierung entwickelte sich besonders in 3 Zentren: in Krakau (Botanische Institute der Universität
und der Polnischen Akademie der Wissenschaften) unter Leitung von W. Szafer und B. Paw»owski,
in Posen (Institut für Systematische Botanik und Phytogeographie) unter Leitung von Czubinsky und
in Warschau (Laboratorium der forstlichen Phytozönologie des Botanischen Instituts der Polnischen

51
1.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Akademie der Wissenschaften) unter Leitung von W. Matuszkiewicz. Damals gab es bereits eine
Übersichtskarte für Mitteleuropa von HUECK (1937b) im Maßstab 1 : 3 Mio., die den größten Teil
des heutigen Polen abdeckte. Ein erster Versuch zur Kartierung ganz Polens ist die Karte der
Vegetationsgebiete – eine schematische Darstellung der potentiellen natürlichen Vegetation von
Polen 1 : 8 Mio. – im Geographischen Atlas Polens (MOTYKA 1952), der später die Karte der
natürlichen Vegetationslandschaften 1 : 5 Mio. von MEDWECKA-KORNAÐ (1966) im Geographischen
Atlas von Polen folgte.
Ab 1970 lief das Forschungsprojekt „Übersichtskarte der potentiellen natürlichen Vegetation von
Polen, Maßstab 1 : 300 000“ unter der Leitung von W. Matuszkiewicz. Die Karte wurde 1995 in
12 Blättern veröffentlicht (MATUSZKIEWICZ et al. 1995). Als Modell- und Erprobungskarten sind die
Karten der potentiellen natürlichen Vegetation der Masurischen Seenplatte in den Maßstäben
1 : 200 000, 1 : 300 000 und 1 : 500 000 zu betrachten (FALI¼SKI 1971). Über die Durchführung der
Kartierung referierte W. MATUSZKIEWICZ (1979, 1980, 1982). Hauptmitarbeiter waren W. und
J. Matuszkiewicz, T. Wojterski, J. und A. KornaÑ sowie J. B. Fali½ski.
1984 publizierte W. Matuszkiewicz eine Übersichtskarte im Maßstab 1 : 2 Mio. durch Verkleine-
rung und Generalisierung der Originalblätter. Die Übersichtskarte 1 : 2 Mio. bzw. deren vereinfachte
Version wurde zunächst in die Vegetationskarte Europas eingearbeitet. Nach Erscheinen der Karte
1 : 300 000 wurde die gesamte Karte Polens nochmals auf dieser neuen Grundlage von U. Bohn
überarbeitet und von H. Weber in die bereits digitalisierte Gesamtkarte eingefügt. Die publizierten
Vegetationskarten Polens sind in Spezialbibliographien von A. MATUSZKIEWICZ (1961, 1974 - 1975,
1986) aufgelistet.
Portugal: Angaben über Vegetationskarten Portugals macht A.N. TELES in KÜCHLER (1966:
458-466). Unter den älteren phytogeographischen Karten sei an die Waldkarte 1 : 3,6 Mio. von
GAUSSEN (1940), die kleinmaßstäbigen Karten (1 : 1,5 Mio. und 1 : 2,5 Mio.) von GIRÃO DE
ARMORIN (1941, 1950), die ökologische Karte Portugals 1 : 500 000 (ALBUQUERQUE & DE PINA
MANIQUE 1952) sowie die Karte der Klimaxvegetation Portugals 1 : 3,5 Mio. (BRAUN-BLANQUET
et al. 1956) erinnert. Den nationalen Beitrag für die Karte der EU- und Europarat-Staaten lieferte
J. Malato-Beliz. Für die Vegetationskarte Europas stellten S. Rivas-Martínez und C. J. Pinto Gomes
eine neue und stärker differenzierte Fassung her.
Rumänien: Die Vegetationskartierung hat in Rumänien eine lange Tradition. Über ihre Geschichte
informieren IVAN et al. (1993) ausführlich. Die erste Vegetationskarte Rumäniens von A. Procopia-
nu-Procopovici im Maßstab 1 : 3,3 Mio. erschien bereits im Jahre 1902 in einem Buch von Murgoci.
Diese für ihre Zeit sehr fortschrittliche Karte enthielt die Grundeinheiten der zonalen Vegetation.
Die 2. Auflage gab RUSESCU (1906/1907) heraus. 1910 legte P. Enculescu eine neue Vegetations-
karte Rumäniens vor, die zusammen mit dem Begleittext erst 1924 publiziert wurde. Diese Karte im
Maßstab 1 : 1,5 Mio. enthielt Vegetationsstufen und Subzonen; ihr folgte im Jahre 1938 vom selben
Autor eine neue gesamtrumänische Karte im Maßstab 1 : 1,5 Mio. 1940 publizierte T. Savulescu
eine Karte der Klimaxkomplexe und Klimax-Regionen Rumäniens. Eine Karte der Vegetations-
zonen und -stufen Rumäniens wurde von PETCUÚ (1955) veröffentlicht.

52
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.2

Die Vegetationskarten von DONIÚ{, LEANDRU & PUÔCARU-SOROCEANU (1960, 1961) im Maßstab
1 : 1,5 Mio. und 1 : 500 000 sind sehr detailliert und enthalten Einheiten der ursprünglichen und
sekundären Vegetation. 1970-1980 erschienen zwei weitere Vegetationskarten: Die Karte von
ÔERB{NESCU, BABACA & DRAGU (1975) ist das Ergebnis einer mehr als zwanzigjährigen Arbeit. In
der im Atlas der RSR publizierten Karte von DONIÚ{ & ROMAN (1976) sind die Kartierungsein-
heiten durch Basisassoziationen charakterisiert. Für die Vegetationskarte Europas wurde eine neue
Vegetationskarte im Maßstab 1 : 2,5 Mio. mit 50 KE erstellt und publiziert (DONIÚ{ et al. 1985).
Der Erläuterungstext zu dieser Karte erschien zunächst in rumänischer Sprache (DONIÚ{ et al.
1992); dessen französische Synthese wurde zusammen mit der Karte in „Braun-Blanquetia“ ver-
öffentlicht (IVAN et al. 1993).
Rußland und ehemalige UdSSR: siehe am Ende des Kapitels
Schweden: Eine Bibliographie der Vegetationskarten findet sich bei KÜCHLER (1966: 504-513).
Danach wurde am häufigsten die Moorvegetation großmaßstäbig dargestellt. Die Karten der
Waldregionen Schwedens 1 : 10 Mio. (BOLIN in RUBNER & REINHOLD 1953) und 1 : 19,6 Mio.
(TATEWAKI 1958) mit jeweils 5 KE liefern nur grobe Grundinformationen. Am detailliertesten und
informativsten sind die Fjäll-Karten im Maßstab 1 : 100 000, die für den ganzen Gebirgszug
vorliegen (NATURGEOGRAFISKA INSTITUTIONEN, STOCKHOLMS UNIVERSITET 1976-1985). Der
Beitrag Schwedens für die Vegetationskarte Europas stammt von L. Påhlsson. Sie ist zwar immer
noch ziemlich grob strukturiert, aber gegenüber der Vegetationskarte der EU- und Europarat-Staaten
1 : 3 Mio. bereits wesentlich feiner differenziert.
Schweiz: Eine Bibliographie der Vegetationskarten stellten ELLENBERG & STUDER in KÜCHLER
(1966: 514-545) zusammen; es überwiegen die großmaßstäbigen Karten. Als Grundlage für den
Beitrag zur Vegetationskarte Europas dienten die klein- und mittelmaßstäbigen Vegetationskarten
von SCHMID (1939), ETTER (1949) und LÜDI (1948). Noch heute wird die Vegetationskarte der
Schweiz von E. SCHMID (1940, 1944-1950) sehr geschätzt. Sie besteht aus 4 Blättern im Maßstab
1 : 200 000. Die obersten Kartierungseinheiten sind Vegetationsgürtel, in denen jeweils die natürli-
chen Pflanzengesellschaften bzw. Formationen und ihre Ersatzgesellschaften in einheitlicher
Grundfarbe aber mit unterschiedlichen Signaturen dargestellt sind. Diese Karte diente als Grundlage
für die Vegetationskarte der Europarat-Staaten. Die nationale Manuskriptkarte für die Vegetations-
karte Europas entwarf O. Hegg; sie wurde später aufgrund neuerer Unterlagen (z. B. HEGG et al.
1993) etwas modifiziert.
Slowakei: Die Bibliographie der Vegetationskarten der Slowakei ist im Verzeichnis der Vegeta-
tionskarten der Tschechoslowakei enthalten (KRIPPELLOVÁ & NEUHÄUSL 1963, NEUHÄUSL in
KÜCHLER 1966, NEUHÄUSL & NEUHÄUSLOVÁ-NOVOTNÁ 1972a, NEUHÄUSLOVÁ-NOVOTNÁ &
NEUHÄUSL 1982). Eine kontinuierliche Vegetationskartierung der Slowakei, an der sich im Gelände
slowakische und tschechische Geobotaniker beteiligten, begann Anfang der 60er Jahre. Das Kartie-
rungskonzept für die Ermittlung der rekonstruierten natürlichen Vegetation wurde 1961 auf einer
gemeinsamen Arbeitstagung festgelegt (RUðI„KA 1961). Für die Geländeerhebung wurden Karten
im Maßstab 1 : 25 000 und 1 : 50 000 benutzt. Die Legende der Karte der Slowakei enthält 41 KE.

53
1.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Die Ergebnisse dieser Gemeinschaftsarbeit wurden 1986 mit slowakischer und 1987 mit englischer
Beschriftung im Maßstab 1 : 200 000 publiziert (MICHALKO et al. 1986, 1987; 12 Kartenblätter,
Erläuterungstext). Kleinmaßstäbige Übersichtskarten der Slowakei sind im Nationalatlas der SSR
(MAZÚR 1980) enthalten. Es handelt sich um die Karte der potentiellen natürlichen Vegetation
1 : 500 000 (MICHALKO et al. 1979), die Verbreitungskarte der Gebüschgesellschaften 1 : 1 Mio.
(JURKO 1980), die Karte der potentiellen natürlichen Vegetation der Niederung Záhorská níñina
1 : 100 000 (MICHALKO & PLESNÍK 1980) und die Karte der potentiellen natürlichen Vegetation des
Tur…ianer Beckens (MAGIC 1980). Außerdem sei hier die Karte der rekonstruierten Vegetation der
Ostslowakischen Tiefebene und ihrer Umgebung 1 : 250 000 erwähnt (BERTA 1972). Der nationale
Beitrag der Slowakei zur Vegetationskate Europas wurde von J. Michalko und Š. Maglocký auf der
Grundlage der Übersichtskarte 1 : 500 000 entwickelt.
Slowenien: Hinsichtlich der Kartierung der Waldvegetation ist Slowenien eines der führenden
Länder in Mitteleuropa. Das gesamte Territorium wurde im Maßstab 1 : 50 000 und große Teile der
bewaldeten Gebiete – in Verbindung mit forstwirtschaftlichen Fragen – in 1 : 10 000 kartiert. Die
Waldkartierung wurde überwiegend vom Biologischen Institut des Forschungszentrums der Slowe-
nischen Akademie der Wissenschaften und Künste in Ljubliana im Rahmen des Projektes zur
Erstellung einer Vegetationskarte Jugoslawiens durchgeführt. A. Seliškar schuf auf der Basis der
Kartenblätter 1 : 50 000 eine Karte 1 : 250 000, aus der wiederum die neue Übersichtskarte
1 : 400 000 der Waldgesellschaften Sloweniens (MARIN„EK & „ARNI 2002) entwickelt wurde. Diese
Karte liegt digitalisiert vor, fand jedoch noch keinen Eingang in die Vegetationskarte Europas.
Spanien: Eine Übersicht über die älteren publizierten Vegetationskarten Spaniens gibt die Biblio-
graphie von E. GALIANO in KÜCHLER (1966: 490-503). Hier überwiegen mittel- und kleinmaßstäbi-
ge Karten. Seit den 50er Jahren erschien eine Reihe von wichtigen Basiskarten für eine Übersichts-
karte Spaniens. Dazu gehören die Karten der Vegetationszonen Katalaniens 1 : 1,5 Mio. und
1 : 1,4 Mio. (BOLÓS 1957, 1960), ferner die Vegetationskarten der Provinzen Barcelona, Jaen,
Badajoz, Sevilla, Soria u. a. (KÜCHLER 1966). 1965 wurde der Waldatlas Spaniens (CEBALLOS et al.
1965), 1968 eine Karte der Vegetationsserien der Sierra Nevada publiziert (VALLE TENDERO 1985).
1987 veröffentlichte S. Rivas-Martínez eine flächendeckende Vegetationskartenserie Spaniens im
Maßstab 1 : 400 000 mit einem umfangreichen Erläuterungstext. Diese Publikation repräsentiert den
neuesten Kenntnisstand über die natürliche Vegetation Spaniens, ihre Beziehung zum Standort,
insbesondere zu Klima und Böden, und über ihre anthropogene Veränderung (RIVAS-MARTÍNEZ
1987).
Auf der Grundlage dieser mittelmaßstäbigen Kartenserie wurde von der BFANL (heute BfN) durch
Verkleinerung, Generalisierung und Einpassung in die Topographie 1 : 2,5 Mio. ein Entwurf für die
Integration in die Vegetationskarte Europas angefertigt. Dieser wurde anschließend hinsichtlich
Abgrenzung und Benennung der KE bilateral zwischen U. Bohn und S. Rivas-Martínez abgestimmt,
korrigiert, ergänzt und in die Gesamtkarte eingefügt.

54
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.2

Tschechische Republik: Vorarbeiten für eine Vegetationskarte der Böhmischen Länder wurden
1947 aufgenommen (HEJNÝ 1963), die kontinuierliche Vegetationskartierung unter der Leitung von
R. Mikyška begann jedoch erst 1954 mit der Einrichtung des Geobotanischen Labors der Tschecho-
slowakischen Akademie der Wissenschaften („SAV) in Prçhonice und seiner Zweigstelle in Brno.
Ergebnis der Gemeinschaftsarbeit dieser beiden Institutionen und von Mitarbeitern aus dem Bereich
Waldforschung war die flächendeckende Kartierung des Territoriums der Tschechischen Republik
auf topographischen Karten 1 : 25 000 und 1 : 50 000 sowie deren Synthese auf Karten 1 : 75 000.
Anschließend erfolgte ihre Generalisierung auf 21 Kartenblättern im Maßstab 1 : 200 000 mit
19 KE, die meist Verbänden oder Unterverbänden der Braun-Blanquet-Schule entsprachen (MI-
KYŠKA et al. 1968-1972). Daraus wurde eine Karte der rekonstruierten natürlichen Vegetation der
„SR 1 : 1 Mio. abgeleitet (MORAVEC & NEUHÄUSL 1976). Auf dieser Basis fertigte R. Neuhäusl den
nationalen Beitrag zur Vegetationskarte Europas, wobei die Grenzbereiche zu Deutschland noch
angeglichen werden mußten. Die jetzige Fassung beruht auf der neuen Karte der potentiellen
natürlichen Vegetation der Tschechischen Republik von 1997 (NEUHÄUSLOVÁ & MORAVEC 1997)
mit 50 KE, die 1998 vom BfN in die bereits digitalisierte Europa-Karte eingearbeitet wurde.
Türkei: Als Orientierungsgrundlage für eine Karte der potentiellen natürlichen Vegetation des
europäischen Teils der Türkei dienten die Übersichtskarten von GLAVA„ (1968), NIKLFELD (1973)
und QUÉZEL & BARBÉRO (1985) sowie die Schwarzweiß-Karte zur Waldgliederung in Thrakien
(nach KANTARCI 1976 und DÖNMEZ 1969) in MAYER & AKSOY (1986: Abb. 53, S. 146).
1995 konnte M.D. Kantarc2, Istanbul, als Mitarbeiter für das Europakartenprojekt gewonnen
werden. Er stellte die Karte der Waldstandortsgliederung für Ost-Thrakien zur Verfügung, die
Beziehungen zwischen den regionalen Standortverhältnissen (Klima, Boden) und der natürlichen
Verbreitung von Baum- und Straucharten herstellt. KANTARCI (1976) gliedert Ost-Thrakien in
geographisch definierte Waldgebiete und in nach dominierenden Baumarten benannte Regional- und
Vertikal-Zonalgesellschaften. Diese wurden Ende 1995 in Zusammenarbeit mit Th. Raus in passen-
de und mit den Nachbarländern abgestimmte Kartierungseinheiten umgesetzt.
Ungarn: Angaben über die Vegetationskartierung in Ungarn finden sich in Bibliographien und
Veröffentlichungen von SOÓ (1954, 1960, 1962), HORVÁT (in KÜCHLER 1966: 372-396) und FEKE-
TE (1980). Eine kontinuierliche Vegetationskartierung begann erst in den 50er Jahren mit groß-
maßstäbigen Karten, die meist nur als Manuskript-Karten vorliegen. Ab 1957 wurden viele Karten
in Verbindung mit Buchmonographien unter dem Titel „Die Vegetation ungarischer Landschaften“
publiziert (z. B. SIMON 1957, PÓCS et al. 1958).
Neuere Übersichtskarten gibt es aus den 1960er und 70er Jahren (SOÓ 1962, ZÓLYOMI 1973).
BORHIDI (1961) schuf eine klimazonale Vegetationskarte aufgrund von Klimadiagrammen von
WALTER & LIETH (1967). Bis Ende der 70er Jahre arbeitete Jakucs an einer Vegetationskarte für den
Ostteil Ungarns (bis zur Donau) im Maßstab 1 : 200 000 mit 40 KE. Die wichtigste Grundlage für
den nationalen Beitrag zur Vegetationskarte Europas bildet die Karte der natürlichen Pflanzendecke
von Ungarn 1 : 1,5 Mio. mit 23 KE (ZÓLYOMI 1967, 1981), die in den Nationalatlas Ungarns
aufgenommen wurde. Die Manuskriptkarte für die Vegetationskarte Europas lieferte A. Borhidi.

55
1.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Rußland und ehemalige UdSSR


Nach Vorlage von Z. V. Karamyševa und T. K. Jurkovskaja (gekürzt und ergänzt)
Der europäische Teil der ehemaligen UdSSR war zu Beginn der Arbeiten an der Vegetationskarte
Europas geobotanisch bereits gut erforscht und die Vegetation auf Karten unterschiedlichen Maß-
stabs erfaßt. Die Vegetationskartierung hat in Rußland eine lange Tradition und dementsprechend
einen hohen Entwicklungsstand, namentlich was die kartographische Darstellung betrifft. Sie ist eng
mit den Namen N.I. Kuznecov, dem Begründer der geobotanischen Abteilung am Komarov-Institut
der Akademie der Wissenschaften der UdSSR in Leningrad, sowie A.P. Iljinskij, E.M. Lavrenko und
V.B. So…ava, den Initiatoren einer Reihe großer kartographischer Werke, verbunden.
Bereits in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden mehrere Vegetationskarten für das
Gebiet des europäischen Teils Rußlands geschaffen, die bis heute wegen ihrer wissenschaftlichen
Konzeption, des methodischen Herangehens und der graphischen Ausführung Beachtung finden.
Das gilt vor allem für die „Geobotanischen Karten des europäischen Teils der UdSSR“ (KUZNECOV
1927, 1928a, 1928b, ŠIFFERS 1929, 1930, KREPS & ZINSERLING 1930, ŠENNIKOV & ZINSERLING
1932, KUZNECOV & ŠIFFERS 1932)7, deren Erarbeitung auf einen Beschluß des Internationalen
Botanischen Kongresses im Jahre 1920 zur Herstellung einer „Welt-Vegetationskarte“ im Maßstab
1 : 1 Mio. zurückging.
Bei der Bearbeitung dieser Karten wurden viele wissenschaftliche Grundsätze entwickelt (u. a. das regionaltypologische
Prinzip bei der Aufstellung der Legende), die später bei der geobotanischen Kartierung Rußlands regelmäßig angewandt
wurden. Sie hatten in vielerlei Hinsicht Pioniercharakter: Zum ersten Mal wurde hier die Methode der Rekonstruktion
klimatisch und edaphisch bedingter natürlicher Vegetationstypen angewandt und die aktuelle Vegetation in Beziehung zur
potentiellen gesetzt. In der „Geobotanischen Karte des europäischen Teils der UdSSR“ wurden die Beziehungen zwischen
Vegetation und wichtigen Umweltfaktoren (Relief, Boden, Klima, Nutzung u. a.) dargestellt.
Die Gesetzmäßigkeiten der zonalen Veränderung der Pflanzendecke von Nord nach Süd spielen sowohl bei den älteren
(KORðINSKIJ 1899, TANFIL’EV 1900, BUŠ 1918, ALECHIN 1921, 1927) wie bei den neueren kleinmaßstäbigen Vegetations-
karten Rußlands eine wichtige Rolle. Die Verwendung von Buchstaben und Farbschattierungen, die Kennzeichnung
ökologischer Besonderheiten der Haupteinheiten und die Darstellung unscharfer Grenzen durch allmählichen Wechsel der
Farbtöne haben ihre Aktualität bis heute bewahrt.
In den 30er Jahren dienten kleinmaßstäbige Karten der Vorbereitung des ersten „Großen sowjetischen Weltatlas“, darunter
die Vegetationskarte des europäischen Teils der UdSSR (Vegetationszonen, -subzonen und -regionen) 1 : 7,5 Mio. (ILJINSKIJ
et al. 1937b).

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die „Vegetationskarte des europäischen Teils der UdSSR“ im
Maßstab 1 : 2,5 Mio. unter der Redaktion von LAVRENKO & SO„AVA (1948) mit 71 KE und einem
Erläuterungstext (LAVRENKO & SO„AVA 1950) veröffentlicht. 1956 erschien die „Geobotanische
Karte der UdSSR“ im Maßstab 1 : 4 Mio. (LAVRENKO & SO„AVA 1954) mit einem zweibändigen
Erläuterungstext (LAVRENKO & SO„AVA 1956). Diese Karten basierten auf neuen, durch große
Expeditionsreisen gewonnenen Originaldaten und auf Literaturquellen.
Grundlage der Vegetationskarten im „Physikalisch-geographischen Weltatlas“ von 1964 ist die von SO„AVA (1957)

7
Es wurden 18 Blätter dieser Karte hergestellt, zuerst im Maßstab 1 : 1,05 Mio. und später im Maßstab 1 : 1 Mio.,
publiziert wurden jedoch nur 8 Blätter.

56
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.2

vorgelegte neue Klassifikation der Vegetationsdecke der Erde. Diese mehrdimensionale und mehrstufige Klassifikation geht
nicht nur von floristischen und ökologisch-geographischen Kriterien, sondern auch von genetischen Beziehungen aus. Der
europäische Teil der ehemaligen UdSSR ist in diesem Atlas auf zwei geobotanischen Karten dargestellt: auf der Vegetations-
karte Europas im Maßstab 1 : 10 Mio. (LUKI„EVA 1964a) und der Vegetationskarte der UdSSR im Maßstab 1 : 15 Mio.
(LUKI„EVA 1964b).
Bis in die 70er Jahre wurde eine große Zahl detaillierter und informativer Karten herausgegeben: für einzelne Regionen des
europäischen Teils der ehemaligen UdSSR (IGOŠINA 1963 u. a.), für die Gebiete der ehemaligen Unionsrepubliken (GROSS-
GEIM 1930, KECCHOVELI 1964, ISA„ENKO, SO„AVA & GERBICH 1959, PRILIPKO 1965, JURKEVI„ 1969 u. a.) und einzelne
Verwaltungsbezirke (ZINSERLING 1935a, PROZOROVSKIJ 1949, SEMENOVA-TJAN-ŠANSKAJA et al. 1956, GORBA„EV 1973
u.v.a.). Die meisten dieser Karten wurden auf der Grundlage neuer, auf wissenschaftlichen Expeditionen gewonnener Daten,
in jüngster Zeit auch unter Verwendung von Luft- und Satellitenbildern geschaffen.

Die wichtigste Quelle für den Beitrag der UdSSR zur vorliegenden Vegetationskarte Europas war
die Vegetationskarte des europäischen Teils der UdSSR im Maßstab 1 : 2,5 Mio., die 1974 abge-
schlossen und 1979 publiziert wurde (ISA„ENKO & LAVRENKO 1979). Sie war das Ergebnis der
Zusammenarbeit eines großen Autorenkollektivs aus Vertretern der verschiedenen Unionsrepubli-
ken und Verwaltungsbezirke. Ihre wissenschaftliche Konzeption und die Struktur der Legende, die
im Laboratorium für Vegetationsgeographie und -kartographie des Komarov-Instituts für Botanik
der Akademie der Wissenschaften der UdSSR in Leningrad entwickelt wurde (GERBICH et al. 1970,
GRIBOVA et al. 1975), bedeuteten eine weitere Vertiefung des für die russische kartographische
Schule charakteristischen regionaltypologischen Prinzips.
Die Unterscheidung der Kartierungseinheiten und ihre Anordnung erfolgen dabei nach floristischen, phytozönologischen,
ökologischen und geographischen Kriterien. Die Legende umfaßt 248 flächig ausgebildete Kartierungseinheiten, die z. T. mit
Buchstaben weiter untergliedert sind, und 65 Symbol-Einheiten für kleinflächige Vorkommen von Gesellschaften oder
besonderen Arten. Legende und Karte haben dadurch einen bedeutend größeren Informationsgehalt als die Vorgängerkarte
von 1948 (LAVRENKO & SO„AVA 1948).
Die Erarbeitung dieser Karte ist durch die Herausgabe einer Reihe regionaler Karten stimuliert worden (ISA„ENKO &
LAVRENKO 1975, GRIBOVA & LAVRENKO 1975, KARPENKO & LAVRENKO 1975, ISA„ENKO et al. 1976, JURKEVI„ & GOLOD
1977, JURKEVI„ et al. 1980, BILYK et al. 1984 u. a.). Auf der Basis dieser Karte erfolgte die Bearbeitung einer für Hoch-
schulen bestimmten Vegetationskarte des europäischen Teils der UdSSR und des Kaukasus im Maßstab 1 : 2 Mio. (GRIBOVA
et al. 1987).

Zur Karte 1 : 2,5 Mio. gehören ein Legendenheft und ein ausführlicher Erläuterungstext (GRIBOVA,
ISA„ENKO & LAVRENKO 1980), der einen pflanzengeographischen Überblick über den europäischen
Teil der UdSSR und Transkaukasien sowie eine kurze Charakteristik aller kartierten Einheiten
enthält. Erwähnenswert sind auch die als Anlage beigefügten neun analytischen Karten im Maßstab
1 : 7,5 Mio., die die Verbreitung der einzelnen Formationen und ihrer Vegetationstypen wiederge-
ben.
Die Karte der realen Vegetation mit Bezug zur potentiellen natürlichen Vegetation wurde vom Ko-
marov-Institut durch Zusammenfassung von Einheiten direkt in die Karte der natürlichen Vegetation
gleichen Maßstabs für Osteuropa umgesetzt. In einigen Gebieten wurden später noch Korrekturen
vorgenommen: u. a. in Karelien bei der Abstimmung mit der Karte Finnlands, in Estland aufgrund
der Angaben von J. Sultson, Tallinn, an der unteren Wolga und in der Kaspischen Senke aufgrund
neuer Befunde durch I. Safronova (vgl. LADYGINA et al. 1995), St. Petersburg, in Georgien aufgrund
neuer Kartierungen und Geländeerkundung.

57
1.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

1.3 Theoretisches Konzept der Vegetationskarte


Udo Bohn, Robert Neuhäusl & Christoph Hettwer

Methodische Grundlagen der Vegetationsgliederung


Ziel unseres internationalen Projektes war die Erarbeitung einer Karte der (potentiellen) natürlichen
Vegetation Europas auf der Grundlage eines einheitlichen Konzeptes und des aktuellen Wissens-
standes durch enge Zusammenarbeit von Geobotanikern aus fast allen europäischen Staaten. Daraus
ergab sich jedoch das gravierende Problem, die unterschiedlichen vegetationskundlichen Erhe-
bungs-, Klassifizierungs- und Darstellungsmethoden der verschiedenen pflanzensoziologischen
Schulen Europas in einem von allen Mitarbeitern akzeptierten und anwendbaren Konzept zu ver-
einen. Es mußte deshalb eine einheitliche Definition der darzustellenden natürlichen Vegetation und
ihrer Einheiten, eine einheitliche Methode der Erarbeitung und Benennung der Kartierungseinheiten
sowie eine systematisch aufgebaute Gesamtlegende für deren Eingliederung entwickelt werden.
In Mittel-, West-, Nordwest- und Südeuropa wird überwiegend nach der floristisch-soziologischen
Methode der Schule Zürich-Montpellier von Braun-Blanquet gearbeitet, bei der die gesamte Arten-
verbindung der Pflanzengemeinschaften analysiert wird und spezifische Charakter- und Differential-
arten für die Gesellschaften (Assoziationen) und ihre synsystematische Einordnung herausgearbeitet
werden (BRAUN-BLANQUET 1964). Die nordeuropäische Klassifizierung (z. B. Uppsala-Schule) fußt
dagegen auf konstanten und dominierenden Arten je Bestandesschicht (DU RIETZ 1930), und auch
die traditionelle ökologisch-phytozönologische Arbeitsweise in Rußland basiert vor allem auf der
Kennzeichnung und Ausscheidung von Vegetationseinheiten nach Dominanten in Verbindung mit
Struktur- und Standortsmerkmalen (vgl. DIERSCHKE 1994). Erschwerend kommt hinzu, daß für das
Gebiet der ehemaligen UdSSR kaum veröffentlichte Vegetationstabellen vorliegen.
Es gab also – und das gilt bis heute – keine für ganz Europa einheitliche Methode zur Fassung und
Benennung der Pflanzengesellschaften und für ihre Eingliederung in ein hierarchisches System. Seit
der Öffnung Rußlands und der ehemaligen Staaten der UdSSR nach Westen setzt sich jedoch auch
hier mehr und mehr die Braun-Blanquet-Methode durch.
Für die Gliederung der Vegetation in höhere Einheiten und deren weitere Unterteilung sind europa- und weltweit ebenfalls
ganz verschiedene Klassifikationsmethoden und -systeme in Gebrauch. So gibt es nach DIERSCHKE (1994) u. a. rein
physiognomische, physiognomisch-ökologische, ökologisch-standörtliche, ökologisch-funktionale, floristisch-soziologische,
floristisch-syngenetische, floristisch-arealgeographische oder floristisch-räumliche Klassifikationssysteme und deren
Kombinationen.

Für die kleinmaßstäbige Vegetationskartierung und -klassifikation im europäischen Rahmen ergab


sich als zweckmäßiges System eine Kombination aus physiognomisch-strukturellen, vegetations-
typologischen, klimatisch-standörtlichen und geographischen Merkmalen in verschiedenen Hierar-
chiestufen. Dieses Gliederungsprinzip sollte allgemein verständlich und anwendbar sein, sich vor
allem vegetationstypologischer Kriterien bedienen und eine ausreichend feine räumliche und stand-
örtliche Differenzierung ermöglichen.

58
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.3

Bei kleinmaßstäbigen Übersichtskarten der Vegetation für größere Gebiete wie Europa gibt es unter
diesen Prämissen grundsätzlich zwei verschiedene Methoden der hierarchischen Vegetationsglie-
derung:
Hauptgliederung
1. nach pflanzengeographischen Zonen und Regionen (z. B. atlantische, zentraleuropäische,
boreale, mediterrane) und
2. nach klima- und standortabhängigen Pflanzenformationen, also nach physiognomisch gefaßten
Vegetationstypen.
Bei der ersten Variante wird das geographische Element – die räumliche Zusammengehörigkeit von
Vegetationstypen – in den Vordergrund gestellt, wobei z. B. ein atlantischer Buchenwald zusammen
mit einem atlantischen Eichenwald und anderen atlantischen Einheiten dargestellt und behandelt
wird (vgl. Vegetationskarte der Europarat-Staaten, 1. Aufl., OZENDA et al. 1979). Bei der zweiten
Variante werden die physiognomische und floristische Verwandtschaft oder Ähnlichkeit der Vege-
tationstypen betont, indem z. B. die Buchenwälder zunächst insgesamt und unabhängig von ihrer
Verbreitung zusammengefaßt werden und erst in zweiter Linie oder noch stärker nachgeordnet die
regionale Differenzierung zur Gliederung herangezogen wird (TRAUTMANN & BOHN 1980).
In der vorliegenden Vegetationskarte Europas wurde nach dem zweiten Ansatz verfahren, da die
Vegetation im Vordergrund stehen sollte und die Verbreitung von ähnlichen Vegetationstypen dabei
klarer zum Ausdruck kommt. Das angewandte Gliederungssystem entspricht auf den obersten Hie-
rarchiestufen einer physiognomisch-ökologischen Klassifikation ähnlich dem System von ELLEN-
BERG & MUELLER-DOMBOIS (1967). An oberster Stelle stehen klimatisch bzw. edaphisch begründete
zonale und etagale sowie azonale Hauptformationen. Auf der nächsten Ebene folgt eine Unterteilung
in (sub)zonale bzw. geographisch getrennte Unterformationen oder in übergeordnete (grob gefaßte)
Vegetationstypen mit dominierenden Arten oder bestimmten Artenkombinationen in der Haupt-
schicht (meistens Baumschicht). In der Regel werden diese Formationen und Vegetationstypen
durch pflanzengeographische (wie arktisch, alpin, boreal, hemiboreal, nemoral) und ökologische
Zusätze näher charakterisiert. In den nächsten Stufen erfolgt eine weitere Differenzierung nach
Unterzonen (z. B. nord-, mittel-, südboreal), Höhenstufen (z. B. planar, kollin, montan) sowie Tro-
phiestufen und sonstigen bodenbedingten Abwandlungen (azidophil, oligotraphent, hygrophil etc.).
Schließlich werden die Kartierungseinheiten noch geographischen Räumen zugeordnet und pflan-
zengeographisch weiter differenziert.
Derartige oder sehr ähnliche hierarchische Gliederungsstrukturen waren bereits in älteren Vegeta-
tions-Übersichtskarten für Europa im Maßstab 1 : 25 Mio. (SCHMITHÜSEN & HEGNER 1976) sowie
in Teilkarten für Europa angelegt, so insbesondere in der Karte der realen Vegetation des europäi-
schen Teils der UdSSR im Maßstab 1 : 2,5 Mio. (ISA„ENKO & LAVRENKO 1979), die als Bezugs-
grundlage die potentielle bzw. rekonstruierte natürliche Vegetation verwendet, ferner in der Karte
der natürlichen Vegetation der Donauländer 1 : 2 Mio. (NIKLFELD 1973) und in der Vegetationskarte
der DDR 1 : 750 000 (SCAMONI et al. 1977). Insofern mußte bei der Erstellung der Gesamtlegende
nicht vollständiges Neuland betreten werden, und man konnte auf langjährigen Erfahrungen und

59
1.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

konkreten Vorbildern aufbauen, wodurch der Abstimmungsprozeß erleichtert und verkürzt wurde.
Die einzelnen Schritte und Ergebnisse dieses Abstimmungsprozesses sind in Kapitel 1.1 dargelegt.

Kartierungsprinzipien und Karteninhalt


Ziel der Darstellung der potentiellen natürlichen Vegetation ist die Wiedergabe des heutigen
natürlichen Standortpotentials durch Vegetationstypen. Dies ist Ergebnis und Ausdruck dessen,
was aufgrund des einheimischen Pflanzenartenbestandes, der klimatischen Gegebenheiten (Tempe-
raturen, Niederschläge und deren jahreszeitliche Verteilung) und der Bodenbedingungen (Struktur
und Textur, Wasserhaushalt, Nährstoffangebot) in den verschiedenen Gebieten Europas von selbst
wachsen und sich zu charakteristischen Lebensgemeinschaften zusammenfinden würde (wobei der
Entwicklungszeitraum bis zum Erreichen dieser Klimax-Vegetation gleich Null gesetzt wird).
Die Auswirkungen direkter menschlicher Eingriffe und Nutzungen sowie großräumige Änderungen
der Umweltbedingungen, die durch Stoffeinträge, Luft- und Wasserverschmutzung sowie Klima-
änderungen in jüngster Zeit verursacht werden, bleiben dagegen unberücksichtigt, zumal deren
langfristige Auswirkungen auf die potentielle natürliche Vegetation derzeit nur schwer eingeschätzt
werden können.
Die Karte der natürlichen Vegetation Europas gibt somit die potentielle Verbreitung der vorherr-
schenden natürlichen Pflanzengesellschaften wieder, die im Einklang mit den aktuellen klimatischen
und edaphischen Gegebenheiten stehen. Sie bringt ferner die natürlichen Gesetzmäßigkeiten in der
Längen-, Breiten- und Höhendifferenzierung der zonalen Vegetation zum Ausdruck sowie die
Verbreitung und Gliederung der wichtigsten und größerflächigen azonalen Vegetationstypen.
Die Ermittlung der Struktur und Zusammensetzung der potentiellen natürlichen Vegetation fußt im
wesentlichen auf erhalten gebliebenen Restbeständen der natürlichen und naturnahen Ökosysteme
und deren Korrelierung mit bestimmten Standortbedingungen (Klima, Boden bzw. Wärme-, Nähr-
stoff- und Wasserhaushalt) und der Verbreitung charakteristischer und differenzierender Pflanzen-
arten.
Die Karte der natürlichen Vegetation Europas gibt Auskunft über die Gestalt, natürliche Vielfalt und
räumliche Verteilung der Hauptvegetationseinheiten der natürlichen Pflanzendecke in den einzelnen
Regionen (natürliche biologische Vielfalt in Europa), die Lage und Gesamtausdehnung von Gebie-
ten mit ähnlichen Standorteigenschaften bzw. Umweltbedingungen und damit vergleichbarem
natürlichem Wuchspotential, das Gesamtareal und die geographische Differenzierung einer Einheit
(z. B. weitere Untergliederung der Buchenwälder nach Trophie- und Höhenstufen sowie in geogra-
phische und ökologische Ausbildungen).
Grundeinheiten der Vegetationskarte Europas sind in der Regel großflächig verbreitete zonale und
azonale Pflanzengesellschaften eines Gebietes. Auf Grund des kleinen Maßstabes (1 : 2,5 Mio.) han-
delt es sich jedoch bei jeder Kartierungseinheit um charakteristische gebiets- oder naturraumspezi-
fische Komplexe verschiedener natürlicher Pflanzengesellschaften. Meist dominiert eine Gesell-
schaft, nach der die Einheit benannt ist; bei Komplexen von etwa gleichstark vertretenen Einheiten
kommt dies in der Bezeichnung „im Komplex mit“ oder „im Wechsel mit“ zum Ausdruck.

60
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.3

Bei der Erarbeitung der nationalen Kartenbeiträge und ihrer Harmonisierung zu einer gesamt-
europäischen Karte ergaben sich zahlreiche Probleme, die auf unterschiedlichem Kenntnisstand,
verschiedener Herangehensweise (z. B. regional stärkere Berücksichtigung anthropogener Ein-
flüsse), unterschiedlicher Interpretation der Kartierungseinheiten und ungenügender Abstimmung
untereinander beruhten.
Für die Benennung des Karteninhalts mußte insofern ein Kompromiß gefunden werden, als das von
den west- und mitteleuropäischen Kollegen geforderte und angewandte Prinzip der heutigen „poten-
tiellen natürlichen Vegetation“ (vgl. TÜXEN 1956) aus methodischen und sachlichen Gründen für
den osteuropäischen Kartenteil nicht überall direkt übernommen werden konnte. Am Ende einigte
man sich darauf, die Anwendung dieses Konzeptes der theoretischen, konstruierten heutigen
natürlichen Vegetation zumindest anzustreben, jedoch auf „potentiell“ im Kartennamen zu verzich-
ten, da man nicht immer sicher sein konnte, ob das, was man als (frühere) natürliche Vegetation im
Auge hatte, sich unter den heutigen Gegebenheiten potentiell einstellen könnte. Das Problem zeigte
sich vor allem bei anthropogen stark degradierten Vegetationstypen und Ökosystemen wie Steppen
(heute vorwiegend als Ackerland genutzt), entwässerten und kultivierten Mooren sowie eingedeich-
ten Auen und aufgestauten Flüssen. Wo die heutigen Standortbedingungen gravierend von den
früheren abweichen und die damals dort natürliche Vegetation kartiert wurde, müßte man deshalb
eigentlich von der „rekonstruierten“ früheren natürlichen Vegetation sprechen.
Das Ergebnis der Abstimmungsgespräche war eine allgemein anwendbare Klassifikation, die die
verschiedenen Prinzipien der Vegetationstypisierung in einem hierarchisch gegliederten System
berücksichtigt, nämlich:
– Physiognomie und Struktur der Pflanzendecke in Gestalt von zonalen und azonalen Formationen
und Formationskomplexen als Hauptgliederungselement,
– vorherrschende Arten in der Hauptvegetationsschicht (z. B. dominierende Baumarten) und ihre
Kombination in der mittleren Ebene sowie
– charakteristische Artenkombinationen und feinere floristische Differenzierungen aufgrund
geographischer und standörtlicher Unterschiede auf der unteren Ebene.

Struktur der Legende zur Karte 1 : 2,5 Mio.


Die Grundeinheiten der Vegetationskarte, die jeweils floristisch eigenständig, d. h. durch eine be-
stimmte Artenkombination der dominierenden Pflanzengesellschaft charakterisiert oder aber durch
ein gebiets- und standortspezifisches Gesellschaftsmosaik gekennzeichnet sein müssen, sind in ein
hierarchisch gegliedertes Ordnungssystem im Rahmen der Gesamtlegende eingebunden.
Die Hauptgruppen dieses Systems bilden 19 physiognomisch-strukturell und ökologisch charakteri-
sierte Hauptformationen bzw. Formationskomplexe, von denen 14 (A bis O) die Großklimazonen
in der Abfolge von Nord- nach Süd- und Südosteuropa bzw. entsprechende Höhenstufen in den
Gebirgen repräsentieren. Ihre Differenzierung und räumliche Abfolge wird in erster Linie vom
Temperatur-Gradienten bestimmt. Die letzten 5 Formationen (P bis U) sind als azonale Vegetation
durch einen dominanten edaphischen Standortfaktor wie salzige oder nasse Böden geprägt und

61
1.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

werden erst in zweiter Linie vom Großklima modifiziert. Die einzelnen Hauptformationen werden
in der Kurzform (als Kode für die Vegetationskarte) mit Großbuchstaben in alphabetischer Reihen-
folge bezeichnet. Auf diese Weise läßt sich jede Kartierungseinheit in der Karte schnell und
eindeutig der jeweiligen Hauptformation zuordnen.

Liste der Hauptformationen


(Klassifikation nach Physiognomie und Umweltbedingungen)
Zonale und extrazonale Vegetation (vor allem klimatisch bedingt)
A Polarwüsten und subnival-nivale Vegetation der Hochgebirge
B Arktische Tundren und alpine Vegetation
C Subarktische, boreale und nemoral-montane Lichtwälder sowie subalpine und oromediterrane
Vegetation
D Mesophytische und hygromesophytische Nadel- und Laub-Nadelwälder
E Atlantische Zwergstrauchheiden
F Mesophytische sommergrüne Laubwälder und Nadel-Laubwälder
G Thermophile sommergrüne Laubmischwälder
H Hygrophile thermophytische Laubmischwälder
J Mediterrane Hartlaubwälder und -gebüsche
K Xerophytische Nadelwälder, -Lichtwälder und -gebüsche
L Waldsteppen (Wiesensteppen im Wechsel mit sommergrünen Laubwäldern) und Trockenrasen
im Wechsel mit Trockengebüschen
M Steppen
N Oroxerophytische Vegetation (Dornpolstergesellschaften, Tomillaren, Gebirgssteppen, z. T.
Gebüsche)
O Wüsten

Azonale Vegetation (durch spezifische Bodeneigenschaften und Wasserhaushalt bedingt)


P Küstenvegetation und binnenländische Salzvegetation
R Röhrichte und Riedsümpfe, Wasservegetation
S Moore
T Bruch- und Sumpfwälder
U Vegetation der Auen, Flußniederungen, Ästuarien und eingedeichten Marschen sowie sonstiger
Feuchtstandorte

Die Hauptformationen werden nach ihrer Artenzusammensetzung, den feineren klimatischen


Abstufungen und den großräumigeren Standortbedingungen in Untergruppen eingeteilt. Diese
wiederum sind entsprechend Nährstoffhaushalt, Höhenstufen, Wasserhaushalt und geographischer
Lage weiter untergliedert (vgl. Gliederungsübersicht im Legendenheft).
Bei den Hauptformationen A, B, C und D wurden sich klimatisch und physiognomisch entsprechende Unterformationen
verschiedener Klimazonen wie Polarwüsten und nivale Vegetation der südlichen Hochgebirge, arktische Tundren und alpine
Vegetation, subarktische, subalpine und oromediterrane Vegetation sowie boreale Nadelwälder und nemorale Gebirgs-
nadelwälder auf der obersten Hierarchieebene zusammengefaßt und mit ähnlicher Grundfarbe gekennzeichnet, um Gemein-
samkeiten und physiognomisch-ökologischen Beziehungen hervorzuheben.
Dieses Prinzip gilt auch dann, wenn die floristische Verwandtschaft nicht mehr allzugroß ist, etwa zwischen arktischer
Tundra im Polar Ural und alpiner Vegetation im Kaukasus. Auf der nächsttieferen Ebene wurden dann jedoch jeweils eigene
Untergruppen gebildet, innerhalb derer die floristische Verwandtschaft wieder größer ist.

62
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.3

Die Grundelemente der Vegetationskarte bilden die rund 700 Kartierungseinheiten. Diese bestehen
in der Regel aus größerflächig verbreiteten zonalen und azonalen (potentiell) natürlichen Pflanzen-
gesellschaften eines Gebietes, in Sonderfällen auch aus Kombinationen etwa gleichstark vertretener
Einheiten.
Der Name einer Kartierungseinheit gibt im allgemeinen die (bio-)geographische Verbreitung,
Physiognomie (z. B. Tundren, Rasen, Heiden, Wälder, Moore) und die kennzeichnenden bzw. domi-
nierenden Pflanzenarten der Hauptvegetationstypen wieder. Letztere werden in abgestufter Schicht-
zugehörigkeit und in der Reihenfolge ihrer Anteile (soweit bekannt) sowie nach ökologisch-soziolo-
gischen oder pflanzengeographischen Artengruppen aufgelistet. Die Nennung von Zusatzarten im
Titel steht im allgemeinen für eine geographische, Höhenstufen- oder standörtliche Differenzierung.
Angaben zum Standort (Wasser-, Nährstoffhaushalt, Boden, Ausgangsgestein) und zur Höhenstufe
ergänzen die Bezeichnung. Für die Gesamtcharakteristik einer Kartierungseinheit und ihre Stellung
im hierarchischen System ist es zudem unerläßlich, die übergeordneten Gruppenüberschriften
einzubeziehen, da nicht alle Kennzeichen einer Kartierungseinheit aus ihrem Titel hervorgehen.
Wegen des kleinen Maßstabs handelt es sich immer um charakteristische, gebiets- oder naturraum-
spezifische Komplexe verschiedener (potentiell) natürlicher Pflanzengesellschaften. Von diesen ist
meist eine bestimmte Gesellschaft dominant, nach der dann die Einheit benannt wird. Wo mehrere
natürliche Pflanzengesellschaften etwa gleichrangig auftreten (in räumlichem Wechsel oder in einer
bestimmten räumlichen Abfolge/Zonierung), wird auch dies im Namen der Einheit zum Ausdruck
gebracht.
Im Normalfall sind die Kartierungseinheiten durch bestimmte dominierende und einen Schwarm sie
regelmäßig begleitende natürliche Pflanzengesellschaften charakterisiert. Detaillierte Informationen
über den jeweiligen Vegetationskomplex einer Einheit sind dem Erläuterungstext zur Vegetations-
karte für die einzelnen Formationen und ihre Untergruppen zu entnehmen, in erster Linie aber den
Datenbögen zu den Kartierungseinheiten (auf beigefügter CD-ROM).

Kartographische Darstellung
Die Gesamtlegende umfaßt rund 700 Kartierungseinheiten, was erhebliche Schwierigkeiten für die
kartographische Darstellung mit sich brachte, da die Übersichtlichkeit der Karte ja gewahrt bleiben
mußte.
Alle Einheiten einer Formationsgruppe (z. B. die Buchen- und Buchenmischwälder, F.5) sind durch
dieselbe Grundfarbe gekennzeichnet, damit ihre Gesamtverbreitung in der Karte auf einen Blick
erkennbar ist. Im Falle einer Vielzahl an Einheiten und bei weiterer Nord-Süd- oder Höhendifferen-
zierung innerhalb der Formationsgruppe wird diese Grundfarbe zusätzlich in der Intensität variiert:
Dunklere Töne stehen in der Regel für südlichere oder höhere Lagen, letzteres, um das Relief
hervorzuheben (vgl. Gliederung der Formationen B, C, D, F.5, M, O auf der Übersichtskarte
1 : 10 Mio.).
Die Farbgebung für die Formationen soll vegetationskundliche und klimatische bzw. edaphische
Gegebenheiten sowie deren räumliche Abfolge zum Ausdruck bringen: z. B. von Nord nach Süd,

63
1.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

von Kalt nach Warm, von Frisch nach Trocken; sie stellt eine Kombination aus mitteleuropäischer
und russischer Tradition dar. Die Druckfarben der einzelnen Kartenblätter sind so aufeinander
abgestimmt, daß sich beim Aneinanderfügen aller Blätter ein einheitliches und harmonisches
Gesamtbild für Europa ergibt.
Die weitere optische Unterscheidung der Kartierungseinheiten geschieht mittels Schraffuren und
anderer Signaturen. Ausbildungen tieferer Lagen fehlt die Schraffur, oder sie sind durch Kreise
gekennzeichnet. Höhere (kollin-submontane und montane) Lagen werden durch unterbrochene bzw.
durchgezogene Diagnonalschraffuren charakterisiert, während die senkrechten Schraffuren den
höchsten (montan-hochmontanen) Lagen vorbehalten sind. Für besondere edaphische Gegebenhei-
ten wie oligotrophe, eutrophe, xerotherme, feuchte, sandige oder felsige Standorte werden je Stand-
orttyp durchgehend die gleichen Signaturen verwendet, um der Karte möglichst viele Informationen
direkt entnehmen zu können (z. B. rote, grüne oder blaue Punkte, s. Legendenblatt im Kartenteil).
Zusätzlich zu den Farben und Signaturen wurden die Kartierungseinheiten mit einer kombinierten
Kennung aus Formationsbuchstabe und laufender Nummer der Einheit versehen, um eine schnelle
und eindeutige Zuordnung zu gewährleisten und bei einer Reihe von Kartierungseinheiten auf wei-
tere Signaturen verzichten zu können, so insbesondere bei geographischen Vikarianten und kom-
plexen Einheiten (letztere sind entweder durch eine Kombination aus verschiedenen Symbolen oder
durch verschiedenfarbige „v“ gekennzeichnet). Einzelnen Kartierungseinheiten ist ein zusätzlicher
Kleinbuchstabe zur weiteren Untergliederung angefügt, wodurch besondere Ausbildungen innerhalb
einer Einheit gekennzeichnet werden (z. B. t = mit Tanne).
Kleinflächige Vorkommen von besonderen Pflanzenarten, Vegetationstypen und Kartierungsein-
heiten werden (namentlich im Osten) durch spezifische Symbole dargestellt (rechte Spalte des
Legendenblattes): Rote/blaue Symbole = zusätzliche, nicht in der Legende enthaltene Arten und
Kartierungseinheiten; schwarze Symbole = kleinflächige Vorkommen von Kartierungseinheiten der
Gesamtlegende.
Zur besseren Orientierung wurden in die topographische Karte neben den Küstenlinien geographi-
sche Informationen wie Gewässernetz, größere Städte, ausgewählte Höhenpunkte sowie Staatsgren-
zen (weiß gestrichelt) aufgenommen. Diese entstammen der tschechischen Weltkarte 1 : 2,5 Mio.,
wobei deren Inhalt stark vereinfacht wurde. Die Grenzen der Kartierungseinheiten in den Basiskar-
ten der einzelnen Länder Europas wurden jedoch aus Genauigkeitsgründen und wegen der besseren
Orientierung in die detaillierten topographischen Originalkarten eingezeichnet. Der Original-Blatt-
schnitt wurde später mit Hilfe der digitalen Daten verändert und von ursprünglich 16 auf 9 Blätter
optimiert.
Auf dem Legendenblatt im Kartenteil sind die in der Karte vorkommenden Farben und Signaturen
den Kartierungseinheiten entsprechend ihrer Reihenfolge in der Gesamtlegende zugeordnet. Die
Spalte mit den Buchstaben und Ziffern gibt die Gliederung der Legende wieder. Die anschließenden
Bezeichnungen entsprechen denen des Legendenbandes. Hinter den Namen sind in Klammern die
Nummern der dazugehörigen Kartierungseinheiten aufgelistet. Da nicht alle Kartierungseinheiten
mit eigenen Signaturen dargestellt werden konnten, sind bestimmte Ausbildungen und Komplexe

64
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.3

innerhalb einer Gruppe von Kartierungseinheiten durch einheitliche Signaturen gekennzeichnet:


blaue Punkte stehen für feuchte Ausbildungen bzw. Komplexe mit Mooren, grüne Punkte für kraut-,
arten- oder hochstaudenreiche Ausbildungen bzw. solche mit immergrünem Unterwuchs, rote Punk-
te für thermophile Ausbildungen bzw. solche auf flachgründigen Kalksteinböden, unregelmäßige
dunkle Punkte auf gelbem Grund für Ausbildungen auf Sandböden, „v“ für Komplexe.

Übersichtskarte der natürlichen Vegetation Europas im Maßstab 1 : 10 Mio.


Die Übersichtskarte 1 : 10 Mio. stellt die verkleinerte und generalisierte Fassung der Vegetations-
karte Europas 1 : 2,5 Mio. dar. Sie liefert einen Überblick über die Gesamtverbreitung der Hauptfor-
mationen und ihrer Untergruppen. Mit ihrem Maßstab schlägt sie gleichzeitig eine Brücke zur
Nutzung der Europakarte als Klassifikationssystem im Weltmaßstab (vgl. OLSON et al. 2001,
SIMONS 2003). Zur besseren Vergleichbarkeit wurden auf der Übersichtskarte Farben und Buch-
staben für die Formationen entsprechend der Basiskarte (1 : 2,5 Mio.) beibehalten. Die weitere
Untergliederung der Formationen richtet sich nach der Gesamtlegende, ohne diese identisch zu
übernehmen. Auch die Überschriften wurden zusammengefaßt und gegenüber der Gesamtlegende
gekürzt. Es werden maximal zwei Höhenstufen durch abgestufte Grundfarben unterschieden und mit
den Zusatzbuchstaben „a“ und „b“ gekennzeichnet. Die einzelnen, in den Einheiten jeweils zu-
sammengefaßten Kartierungseinheiten sind hinter der Bezeichnung der Gruppen in Klammern
aufgeführt. Die topographische Grundlage ist eine Verkleinerung und Vereinfachung der topogra-
phischen Karte 1 : 2,5 Mio.

Literatur
BOHN 1992, 1995a, 1995b; BRAUN-BLANQUET 1964; DIERSCHKE 1994; DU RIETZ 1930; ELLEN-
BERG & MUELLER-DOMBOIS 1967; ISA„ENKO & LAVRENKO (Ed.) 1979; KARAMYŠEVA, NEUHÄUS-
LOVÁ & JURKOVSKAJA 1995; NEUHÄUSL (Red.) 1980, 1987, 1990; NEUHÄUSL et al. 1990; NIKLFELD
1973; OLSON et al. 2001; OZENDA et al. 1979; SCAMONI et al. 1977; SCHMITHÜSEN & HEGNER
1976; SIMONS 2003 (im Druck); TRAUTMANN & BOHN 1980; TÜXEN 1956.

65
2.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

2 Grundlagen der Vegetationsgliederung Europas


2.1 Physisch-geographische Gliederung Europas
Jerzy Kondracki & Heinz Schlüter

Begrenzung, Fläche und Lage Europas


Europa ist Teil des großen Kontinentalblocks Eurasien, der am Ende des Tertiärs seine endgültige
Gestalt erhielt. Entscheidend für die heutige, sehr ausgeprägte Differenzierung Europas ist seine
geographische Lage sowie seine paläogeographische Entwicklung; beides hat großen Einfluß auf die
biogeographischen Verhältnisse.
Eindeutig begrenzt ist unser Kontinent nur an drei Seiten: im Westen durch den Atlantischen Ozean,
im Norden durch das Europäische Nordmeer (Norwegische See) und die Barentssee bzw. das Nord-
polarmeer sowie im Süden durch Mittelmeer und Schwarzes Meer. Im Osten wurde konventionell
– vor allem nach paläogeographischen, strukturellen und klimatischen Gesichtspunkten – die Ostab-
dachung des Ural als Grenze zu Asien festgelegt, die sich nach Süden am Uralfluß und am Westufer
des Kaspischen Meeres fortsetzt. Der Große Kaukasus wird heute allgemein zu Europa gerechnet,
jedoch bezieht man aus politischen Gründen Georgien, Armenien und Aserbaidschan ebenfalls mit
ein, obwohl Transkaukasien mit dem Kleinen Kaukasus und dem Armenischen Hochland eigentlich
geographisch schon zu Vorderasien gehört (vgl. Karte 1).
Die Fläche Europas umfaßt ca. 10 Millionen km², wovon etwa 0,74 Mio. auf genetisch mit dem
Festland verbundene Inseln entfallen, von denen Großbritannien (224 000 km²), Irland (84 000 km²),
Sizilien (26 000 km²) und Sardinien (24 000 km²) sowie die isolierte, genetisch unabhängige
Vulkaninsel Island (103 000 km²) die größten sind. Unter den Halbinseln sind die Skandinavische
(824 000 km²), die Iberische (587 000 km²), die Apennin- (149 000 km²) und die Balkanhalbinsel
hervorzuheben. Alle Inseln und Halbinseln zusammen nehmen gut ein Drittel der Gesamtfläche
Europas ein. Seine reich gegliederte Küste hat eine Gesamtlänge von 37 200 km.
Von Süd nach Nord erstreckt sich das Festland zwischen 36/ und 71/ nördl. Breite über 35 Breiten-
grade (. 3 900 km), mit den Inseln über ca. 48 Breitengrade (. 5 300 km), von West nach Ost über
etwa 78/ geographischer Länge (. 5 000 km). Der nördlichste Punkt Europas liegt auf den arkti-
schen Inselgruppen von Svalbard und Franz-Josef-Land bei 82/, auf dem Festland am Nordkap bei
71/ 16‘ nördl. Breite. Am weitesten nach Süden reicht im Südwesten mit 35/ 58‘ nördl. Breite das
Kap Marroqui in Spanien, jedoch liegt die Mittelmeerinsel Kreta um über einen Grad südlicher. Der
südwestlichste Punkt befindet sich bei 9/ 27‘ westl. Länge am Kap da Roca in Portugal, aber die
Insel Irland reicht noch einen Grad weiter nach Westen. (Island bleibt hierbei als isolierte nördlich-
ste Atlantikinsel unberücksichtigt.) Als östlichster Punkt Europas ist die Mündung des Flusses
Bajdarata in die Karasee bei 68/ 14‘ östl. Länge anzusehen.

Geologie, Orographie und Böden


Die paläogeographische Entwicklung Europas, insbesondere die tektonischen Prozesse im Tertiär
und die mehrmalige Vergletscherung im Quartär, haben zu seiner heutigen Oberflächengestalt als

66
Karte der natürlichen Vegetation Europas 2.1

der wichtigsten Grundlage für die physisch-geographische Raumgliederung geführt.


Der präkambrische Sockel ist der älteste Bestandteil des europäischen Festlands, der als Baltischer
Schild (Fennoskandien) im nördlichen und als Ukrainische Masse im südöstlichen Europa oberfläch-
lich ansteht. Dazwischen werden im osteuropäischen Tiefland diese ältesten Gesteine von paläo-
zoischen und mesozoischen Schichten überlagert. Dieses Paläo-Europa ist durch eine Störungszone
von Meso- und Neo-Europa getrennt. Meso-Europa ist – ähnlich wie der Ural – gegen Ende des
Paläozoikums während der varistischen (herzynischen) Gebirgsfaltungen entstanden. Diese Struktu-
ren wurden im Mesozoikum eingeebnet und durch eine Serie mariner und festländischer Sedimente
überdeckt.
Neo-Europa begann sich im Mesozoikum herauszubilden und wurde endgültig im Tertiär geformt,
als die Faltungsstrukturen der Hochgebirge (Sierra Nevada, Pyrenäen, Alpen, Apenninen, Dinari-
sches und Balkangebirge, Pindos, Karpaten und auch der Kaukasus) emporwuchsen. Durch vertikale
Bewegungen wurden dann das Mittelmeer und intramontane Becken abgesenkt sowie horizontal
gefaltete Gesteinsmassen gehoben.
Die mehrmaligen quartären Vergletscherungen stellen – abgesehen von der bis in die Gegenwart
wirkenden Erosion – die letzte Phase des Reliefbildungsprozesses dar. Die Zentren der Verglet-
scherung lagen in Fennoskandien, auf den Britischen Inseln und in den Alpen (s. Karte 4). Von
Norden drangen die gewaltigen Gletscher weit in die ost-, mittel- und westeuropäischen Ebenen vor
und erreichten den Harz, die Sudeten und sogar die Westkarpaten. Im letzten Glazial wurden die
Ostsee und das Festland bis Jütland, unteres Elbe- und Odertal, mittleres Weichsel- und Memeltal
sowie das Dünatal vom Inlandeis bedeckt.
In dem kalten periglazialen Klima außerhalb des vergletscherten Gebietes herrschte Dauerfrostbo-
den, und auf den peripheren Tundren und Kältesteppen wurde besonders im Winter ausgewehtes
Staubmaterial als vielfach mächtige Lößdecke abgelagert. Am Ende der letzten Vergletscherung
sind in dem noch waldfreien Gebiet glazifluviatile und fluviatile Sande durch den Wind zu Dünen
aufgeweht worden, die erst zu Beginn des Holozäns vom Wald erobert wurden.
In Fennoskandien und den anderen Vergletscherungszentren wird die heutige Landoberfläche von den
durch das Eis freigelegten alten Gesteinen gebildet, während in den anschließenden peripheren
Gebieten rund um die Ostsee Abtragungsprodukte wie Geschiebelehm (Moränen) sowie glazifluviatile
und glazilimnische Sedimente (Sand, Kies, Ton) akkumuliert wurden. Diese Ablagerungen können
zuweilen einige hundert Meter mächtig sein und Erhebungen bis zu 300 m über dem Meeresspiegel
bilden.
Das Abschmelzen der Gletscher durch die Klimaerwärmung hat eine allgemeine Hebung des
Meeresspiegels, eine Überflutung niedriger Festlandsbereiche, die Entstehung der Ost- und Nordsee
sowie die Abtrennung der Britischen Inseln vom Festland verursacht. Dieser Transgression wirkt die
isostatische Hebung der früher durch die mächtigen Gletscher belasteten Gebiete (insbesondere
Fennoskandien) entgegen, die heute noch andauert. Die Hebung hat ein Zurückweichen besonders
der nördlichen Ostsee zur Folge, während gegenläufig an ihren südwestlichen Ufern sowie an den
südlichen Küsten der Nordsee eine Absenkung des Landes mit weiterer Transgression stattfindet.

67
2.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Die Orographie Europas ist recht vielgestaltig: Es überwiegt das Tiefland, das die breite Osthälfte
des Kontinents völlig beherrscht, so daß Europas mittlere Höhe über dem Meeresspiegel nur 340 m
beträgt (Asien 960 m!). Andererseits wird die Südhälfte vom Bergland bestimmt, und es treten sehr
markante Gebirgsketten hervor: die Alpen (Mont Blanc 4807 m), die Pyrenäen (Pico de Aneto
3404 m), der Apennin (Corno Grande 2914 m), das Balkangebirge (Botev 2376 m), der Karpaten-
bogen (Hohe Tatra 2655 m) und der Große Kaukasus mit sieben Gipfeln höher als 5000 m (Elbrus
5642 m). Westlich und nördlich der Alpen erstrecken sich – meist von Hügelland begleitete –
Mittelgebirge: im Westen das Französische Zentralmassiv (1886 m) mit den Cevennen (1699 m),
der Jura (1718 m), nordöstlich folgen Vogesen (1424 m) und Schwarzwald (1493 m), Bayerischer
und Böhmerwald (1457 m) sowie die herzynischen Mittelgebirge, von denen der Harz (1142 m) sich
am weitesten in das Norddeutsche Tiefland vorschiebt, während der Kamm des Erzgebirges
(1244 m) zu den östlich anschließenden Sudeten (1603 m) überleitet. Dem südmitteleuropäischen
Bergland steht in Skandinavien das Hochland von Norwegen (2470 m) sowie als Nordostgrenze des
europäischen Festlands der Ural (1894 m) gegenüber.
Die Differenzierung des Klimas und die Entwicklung der Pflanzendecke bei mannigfaltigem Unter-
grund und orographischer Vielfalt haben zu zonalen Bodentypen geführt, die ein Abbild der Zonali-
tät der Naturerscheinungen, der Erdgeschichte und der früheren geomorphologischen Prozesse
darstellen. Für die arktische Zone sind arktische Frostschutt- und Tundra(gley)böden (Gelic Rego-
sols, Gelic Histosols), für die boreale Zone sind Podsolböden (Podzols, Podzoluvisols), Gleypodsole
und Moorböden (Histosols) kennzeichnend; in der temperaten Zone dominieren Braunerden
(Cambisols) und Parabraunerden (Luvisols), auf basenarmen Substraten von Podsolböden begleitet,
in den östlichen Waldsteppen- und Steppengebieten Graue Waldböden (Luvisols) und Schwarzerden
(Chernozems), und der warmhumide Süden der Kolchis wird durch Gelb- und Roterden (Acrisols)
charakterisiert; Zimtfarbene, rotbraune und rote Böden (Calcic Cambisols, Chromic Luvisols) kenn-
zeichnen mediterrane Hartlaubwälder und -gebüsche. So wie bei Klima und Vegetation sind im
Gebirge auch bei den Böden Höhenstufen ausgeprägt.
Während das Klima für die zonale Differenzierung der Vegetation und der Bodenbildung ent-
scheidend ist, sind die Bodentypen in ihrer unterschiedlichen Qualität vor allem im Hinblick auf
ihren Wasserhaushalt, ihre Trophie und Textur von besonderer Bedeutung für die regionale Vegeta-
tionsgliederung und -mosaikbildung und damit auch für die landschaftsökologische Naturraumkenn-
zeichnung.

Physisch-geographische Gliederung
Naturlandschaften werden von einem Komplex natürlicher Faktoren geprägt, auf die der Mensch in
unterschiedlichem Maße verändernd eingewirkt hat. Am stabilsten ist die Orographie mit ihren
lithologischen Gegebenheiten, am labilsten und am stärksten durch Landnutzung verändert die
Vegetation, so daß ihre natürliche Zusammensetzung, Struktur und räumliche Gliederung nur als
potentielle natürliche Vegetation dargestellt werden kann. Sie korrespondiert – als integrales
landschaftsökologisches Hauptmerkmal – mit der naturräumlichen Gliederung, der die natürlichen

68
Karte der natürlichen Vegetation Europas 2.1

Landschaftskomponenten zu Grunde gelegt werden.


Entscheidende Bedeutung für eine physisch-geographische Regionalisierung haben einerseits die
horizontale Differenzierung des Klimas und der Gesteins- und Bodeneigenschaften, andrerseits deren
vertikale Abfolge vom Tiefland (planar) über das Hügelland (kollin) und Bergland (montan) bis zum
Hochgebirge (alpin und nival); darauf basiert insbesondere die räumliche Differenzierung der natürli-
chen Vegetation. Wie jede Systematik erfordern auch Raumgliederungen einen klaren hierarchischen
Aufbau nach den (in diesem Fall maßstabsabhängigen) Abstraktionsstufen: Erdteil (Kontinent),
Großraum, Region und Provinz sowie die durch ihre Mosaikstruktur gekennzeichneten Naturraumka-
tegorien Makro-, Meso- und Mikrochore. Für unsere kleinmaßstäbige Betrachtung Europas benötigen
wir jedoch nur die nach ihrem physisch-geographischen Gesamtcharakter ausgeschiedenen höchsten
hierarchischen Raumeinheiten: Großraum, Region und Provinz (vgl. Karte 1).
Nach einer Konvention der Internationalen Föderation für Dokumentation (FID 1971) wird von
einer physisch-geographischen Gliederung Europas in 9 Großräume („Megaregionen“) ausgegan-
gen. Es erscheint jedoch übersichtlicher, zunächst der Gliederung eine Vierteilung nach den Him-
melsrichtungen zu Grunde zu legen; so erhält man vier Subkontinente, denen 9 Großräume zu-
geordnet werden:
Nordeuropa
1. Fennoskandien, Island, arktische Inseln
West- und Mitteleuropa
2. Britische Inseln und Frankreich
3. Nördliches Mitteleuropa
4. Alpenländer
5. Karpatenländer
Südeuropa
6. Mittelmeerisches Südeuropa
Osteuropa
7. Kaukasus und Krim
8. Osteuropäisches Tiefland
9. Uralgebiet

Die Großräume Europas


Nordeuropa (ca. 1,5 Mio. km²) ist vom Festlandsrumpf des Kontinents durch Meere, Meerengen,
Buchten und Seen abgetrennt: Nordsee, Skagerrak, Kattegat, Ostsee mit Finnischem Meerbusen,
Ladoga- und Onegasee, Weißes Meer und Barentssee. Innerhalb dieser Abgrenzung sind zwei große
strukturelle Einheiten zu unterscheiden, die jedoch eng miteinander verschmolzen sind: Der präkam-
brische Schild Fennoskandiens und die frühpaläozoische (kaledonische) Faltung des Skandinavi-
schen Gebirges. Ferner gehören zu Nordeuropa die arktischen Inseln Nowaja Semlja, Franz-Josef-
Land, Svalbard, Bäreninsel, Jan Mayen und Island, das jedoch nicht kontinentalen, sondern
ozeanisch-vulkanischen Ursprungs ist.
Als Kerngebiet der quartären Vergletscherungen ist Nordeuropa durch ein glaziales Abtragungs-
relief gekennzeichnet mit von Seen oder Mooren erfüllten Senken sowie mit tief in das Land

69
2.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

eingeschnittenen Fjorden an der Westseite der Skandinavischen Halbinsel. Der südliche Gebirgszug
weist Höhen bis über 2000 m Meereshöhe (Galdhøpiggen 2469 m) und ausgedehnte Gletscher
(Jostedalsbreen, ca. 1 000 km²) auf.
Der warme atlantische Golfstrom hat einen ausgleichenden Einfluß auf das Klima Nordeuropas:
Maritime Luft bewirkt feuchte, weniger strenge Winter, kühle Sommer und über das ganze Jahr
verteilte Niederschläge. Dieser ozeanische Einfluß ist jedoch wegen des Skandinavischen Gebirgs-
zuges, der sich fast 2 000 km von Südwest nach Nordost erstreckt, auf den West- und Südteil der
Halbinsel beschränkt, während der Nordostteil mit Finnland und Karelien ein mehr kontinentales
Klima mit sehr kalten Wintern aufweist (mittlere Januartemperaturen -8 bis -16 °C).
Nordeuropa gliedert sich – von Nord nach Süd – in folgende vier phytogeographische Zonen:
arktische Polarwüste und Tundra, borealer Birken- und Nadelwald (Taiga), hemiborealer Laub-
Nadelmischwald und ganz im Süden und Südwesten nemoraler Laubwald.
Nordeuropa ist folgendermaßen gegliedert:
1 FENNOSKANDIEN, ISLAND, ARKTISCHE INSELN 1
11 Island
12 Insel Jan Mayen
13 Färöer Inseln
14 Skandinavische Halbinsel mit Küsteninseln
15 Finnisch-Karelische Masse
16 Halbinsel Kola
17 Svalbard (Spitzbergen) und Bäreninsel
18 Franz-Josef-Land
19 Nowaja Semlja

West- und Mitteleuropa (ca. 2,25 Mio km²) umfaßt den schmaleren Westteil des eurasischen
Festlands mit den Britischen Inseln und weist einen komplizierten geologischen Bau auf – vor allem
durch die Gebirgsbildungen der kaledonischen, varistischen und alpidischen Faltung; diese Strukturen
sind durch Verwerfungen, Hebungen und Absenkungen zerstückelt. In einer Einsenkung zwischen
Nord- und Westeuropa entstanden Nord- und Ostsee sowie die von tertiären und quartären Ablagerun-
gen bedeckte Mitteleuropäische Tiefebene.
Aus den Faltungen gingen Mittelgebirge hervor: auf den Britischen Inseln das Schottische Bergland
(1343 m) sowie das Bergland in Cornwall und Wales (1085 m), das seine westliche Fortsetzung in
Irland findet. Auf dem Festland zieht sich eine Mittelgebirgsschwelle von Frankreich über Deutschland
bis nach Polen: Ein Bogen erstreckt sich in Frankreich von der Bretagne bis zum Zentralmassiv (Puy
de Sancy 1886 m), ein zweiter von dort nach Nordosten. Die Fortsetzung in nordöstlicher Richtung
bilden die Ardennen (694 m) und das Rheinische Schiefergebirge (841 m), ferner die Horstgebirge
Vogesen (1424 m), Schwarzwald (1493 m) und Harz (1142 m). Eine besondere Einheit stellt die
Böhmische Masse mit ihren markanten Kammgebirgen dar: Bayerischer und Böhmerwald (1457 m),
Thüringer Wald (982 m), Erzgebirge (1244 m) und die Sudeten mit dem Riesengebirge (1603 m).

1
Die weitere physisch-geographische Untergliederung Nordeuropas findet sich in der Gesamtübersicht in Ka-
pitel 5.2 sowie in Karte 1.

70
Karte der natürlichen Vegetation Europas 2.1

Die Gebirgsauffaltungen waren vielfach mit der Bildung von intramontanen Becken verbunden, die
wie die Bördelandschaften als kontinental getönte Trockengebiete eine klimatische sowie eine
pflanzen- und vegetationsgeographische Sonderstellung einnehmen, z. B. das Thüringer Trias-
Becken (Jahresniederschlag <500 mm; Artern: 444 mm!) mit der sich nach Osten anschließenden
Magdeburger Börde (Schwarzerde!) oder das Prager Becken.
Das dritte orographische Element Mitteleuropas bilden – von äußeren und inneren Senken begleitet
– die Hochgebirgsketten: Alpen und Karpaten. Die Alpen werden in zwei Abschnitte geteilt: Die
West- und Zentralalpen sind höher und kompakter mit mehreren Gipfeln über 4000 m (Mont Blanc
4807 m), während die Ostalpen keine Viertausender aufweisen (Großglockner 3797 m). Das alpine
Relief ist stark durch die pleistozäne Vergletscherung geprägt; Gletschervorstöße weit ins Alpenvor-
land haben zur Entstehung mächtiger Moränenwälle und großer Seen (Bodensee, Genfer und
Gardasee, Lago Maggiore u. a.) geführt. Die Alpen setzen sich nach Nordosten in den Karpaten fort,
die nur im West- und Südostteil 2500 m geringfügig überschreiten (Hohe Tatra 2655 m, Fagarascher
Gebirge 2543 m). Vom Karpatenbogen mehr als halb umschlossen ist das Pannonische Becken. Die
Flüsse Save und Untere Donau begrenzen Mitteleuropa im Südosten, indem sie den pannonischen
und karpatischen Raum von der Balkanhalbinsel trennen.
Das Mitteleuropäische Tiefland ist hauptsächlich aus pleistozänen Sedimenten aufgebaut: glazigene
End- und Grundmoränen sowie glazifluviatile und fluviatile Ablagerungen, die nur an wenigen
Stellen 200 und nur ausnahmsweise 300 m übersteigen. Da sich das pleistozäne Tiefland weiter nach
Osten fortsetzt, ist die von Nordwest nach Südost durch Ostpolen, die westliche Ukraine und das
östliche Rumänien verlaufende Ostgrenze Mitteleuropas vor allem klimatisch und biogeographisch
begründet.
Mitteleuropa liegt zwischen dem 43. und 58. Breitengrad und gehört zu der relativ warmen ge-
mäßigten Zone mit sommergrünen Laubwäldern. Wegen der stark differenzierten Orographie und
der Schmalheit des Rumpfes zwischen zwei Meeren ist jedoch eine klimageographische Zonierung
nicht durchgehend ausgeprägt, doch gibt es beachtliche klimatische Differenzierungen. So sind das
Pannonische Becken, das rumänische Donau-Tiefland und das östliche Vorland der Karpaten durch
relative Trockenheit und z. T. Waldsteppen als zonale Vegetation charakterisiert. Dagegen herrscht
nördlich der Alpen und Karpaten ein mäßig warmes und feuchtes subozeanisches Klima, jedoch
nimmt nach Osten neben dem Rückgang der Niederschläge mit steigenden Jahresamplituden der
Temperatur die Kontinentalität stetig zu. In allen Gebirgen sind die Höhenstufen sowohl klimatisch
durch die gravierende Zunahme der Niederschläge und die Abnahme der Temperaturen im Jahres-
mittel sowie durch die Vegetationsabfolge deutlich ausgeprägt.
Der Großraum West- und Mitteleuropa wird in folgende physisch-geographische Regionen und
Provinzen gegliedert:
2 BRITISCHE INSELN UND FRANKREICH
21 Irland
22 Großbritannien und benachbarte Inseln
23a Atlantisches Frankreich
23b Zentrales und Südliches Frankreich

71
2.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

3 NÖRDLICHES MITTELEUROPA
31 Mitteleuropäisches Tiefland
32 Herzynisches Mitteleuropa (Mittelgebirge und Stufenländer)
33 Böhmisches Massiv und umgebende Gebirge
34 Polnische Platten

4 ALPENLÄNDER
41 Jura-Gebirge
42 Nördliches Alpenvorland
43 Alpen
44 Oberitalienisches Tiefland

5 KARPATENLÄNDER
51 Westkarpaten und äußere Vorländer
52 Ostkarpaten und äußere Vorländer
53 Südkarpaten und äußere Vorländer
54 Transsilvanische Becken und Gebirge
55 Pannonisches Becken
56 Untere Donauebene

Südeuropa (ca. 1,25 Mio. km²) umfaßt die drei großen mittelmeerischen Halbinseln mit den
benachbarten Inseln, stellt also kein zusammenhängendes Festlandgebiet dar. Die Gestalt der Halb-
inseln ist eng mit dem Verlauf der jungen, in der alpidischen Orogenese geformten Gebirgsketten
verbunden. Die kompakte Iberische Halbinsel ist im Norden durch die Pyrenäen (Pico de Aneto
3404 m) und das Kantabrische Gebirge begrenzt, im Südosten durch die Bätische Kordillere mit der
Sierra Nevada (Mulhacén 3478 m), die sich auf den Balearen fortsetzt. Die Inseln Korsika und
Sardinien sind dagegen Überreste des versunkenen tyrrhenischen Massivs. Die Hochgebirgskette des
Apennin (Corno Grande 2914 m) bildet die orographische Längsachse der gleichnamigen Halbinsel
und setzt sich auf Sizilien fort. Das Dinarische Gebirge (Prokletije 2693 m) und der Balkan (Botev
2376 m) umrahmen ältere thrakisch-mazedonische Massive, die den Kern der Balkanhalbinsel bil-
den (Musala im Rilagebirge 2925 m, Olymp 2911 m, Pindos mit Smolikas 2637 m, Nkiona 2510 m).
Ihr Südteil ist tektonisch stark in Halbinseln wie Peloponnes und Chalkidike sowie die Ägäischen
Inseln zerstückelt.
Eine Besonderheit Südeuropas innerhalb des Kontinents ist seine seismische Labilität mit noch
heute aktiven Vulkanen: dem Ätna (3340 m) auf Sizilien, der Äolischen Insel Stromboli (926 m)
und dem Vesuv (1277 m) auf der Apenninhalbinsel als einzigem noch tätigen Vulkan auf dem
europäischen Festland.
Die Lage Südeuropas im meridionalen Klimagürtel und sein mediterraner Klimatyp sorgen für
warme und trockene Sommer sowie feuchte und fast frostfreie Winter in den Tieflagen. Diesem
Klimatyp gehören große Teile aller drei Halbinseln und die angrenzenden Meere mit ihren Inseln an,
auf den Halbinseln herrscht er wegen der dominierenden Gebirge jedoch nur an den Küsten; im
Inneren nimmt die Kontinentalität vor allem auf der Iberischen und Balkan-Halbinsel zu.
Da das Abflußregime, die Bodentypen und die Vegetation eng mit dem Klima zusammenhängen,
weicht das Mittelmeergebiet insgesamt stark von West- und Mitteleuropa ab. Das Mittelmeerische

72
Karte der natürlichen Vegetation Europas 2.1

Südeuropa wird in folgende Regionen unterteilt:


6 MITTELMEERISCHES SÜDEUROPA
61 Iberische Halbinsel mit Balearen
62 Zentrales Mittelmeergebiet
63 Apenninhalbinsel
64 Balkanhalbinsel und benachbarte Inseln
65 Balkan

Osteuropa (ca. 5 Mio. km²) ist durch seine orographische Monotonie und Großräumigkeit sehr
markant vom übrigen Europa unterschieden. Die Ursache liegt in der ziemlich ebenen Lagerung der
Sedimentgesteine auf dem präkambrischen Fundament, das in Fennoskandien und in der Ukrai-
nischen Masse oberflächlich ansteht; östlich davon bis zum Ural erstrecken sich Becken mit paläo-
und mesozoischen Schichten. Besonderheiten in der geologischen Struktur Osteuropas stellen der
devonische Timanrücken im Nordosten, die Kursk-Anhöhen mit kristallinem Untergrund am Oberen
Don und die varistische Faltungszone im Dnjepr-Donez-Gebiet dar. Die östliche Umrahmung des
Osteuropäischen Tieflandes bildet die Uralkette, seine Südgrenze die nördliche Schwarzmeerküste,
das Krimgebirge und der Große Kaukasus.
Das Krimgebirge (Roman-Kosch 1545 m) ist asymmetrisch gebaut mit einem Steilabfall nach Süden
zum Schwarzen Meer, an dessen Küste – durch den Schutz vor Kaltluft im Winter – auf der Krim
eine „Riviera“ mit beinahe mediterranem Klima entstanden ist. Weiter östlich zieht sich die gewal-
tige Kette des Großen Kaukasus mit mehreren erloschenen Vulkanen höher als 5000 m (Elbrus
5642 m) bis zum Kaspischen Meer hin. Im Osten erstreckt sich in Nord-Süd-Richtung der Ural in
einer Länge von ca. 2500 km. Im Nordteil erreicht er die größte Höhe (Narodnaja 1894 m), im mitt-
leren Teil ist er wesentlich niedriger, um dann im Südteil wieder auf Höhen bis 1640 m anzusteigen.
Im Süden sind in das Osteuropäische Tiefland einige Höhenrücken und Plateaus eingelagert: woly-
nisch-podolische Platte (Kamula 474 m), Dnjepr-, Donez-, Mittelrussische und Wolga-Platte sowie
die Jergeni-Hügel im Süden. Zwischen ihnen und weiter südlich erstrecken sich Tiefebenen: Trans-
dnjepr-, Oka-, Don- und Schwarzmeer-Niederung sowie Kaspische Senke. Jedoch auch weiter nörd-
lich gibt es ausgedehnte Niederungen, z. B. Polesje, sowie flache Erhebungen wie den Westrussi-
schen Landrücken, die Waldaihöhe, die Mittelrussische Platte und den Nordrussischen Landrücken.
Das Relief des nördlichen Teils von Osteuropa ist – wie das Mitteleuropäische Tiefland – glazigenen
Ursprungs. Die weiteste Ausdehnung nach Süden hatte die sogenannte Dnjepr-Vergletscherung,
welche die Polesje und die Dnjepr-Niederung bis zum heutigen Jekaterinoslaw und die Oka-Don-
Niederung bis Kalatsch am Don bedeckte. Das letzte sogenannte Waldai-Glazial hat die kuppige
Seenlandschaft etwa bis zur Linie Vilnius, Witebsk und den Waldaihöhen (343 m) und weiter
nordöstlich bis Archangelsk am Weißen Meer geschaffen.
Im Südteil Osteuropas liegen auf den Anhöhen periglaziale Lößdecken, in der Nordkaspischen
Senke dagegen salzhaltige Sand- und Tonablagerungen der pleistozänen Transgressionen des Kaspi-
schen Meeres.
Die ziemlich ebene, sich über ca. 25/ geographischer Breite erstreckende riesige Landoberfläche
Osteuropas ist durch eine deutlich ausgeprägte geographische Zonalität ausgezeichnet. Die in

73
2.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

östlicher Richtung zunehmende Kontinentalität bedingt trockene Gebiete im Süden und kalte im
Norden. Aus dem Südwest-Nordost-Verlauf der Zonengrenzen resultiert die Verengung der Laub-
mischwaldzone nach Osten und ihr Ausklingen östlich des Ural.
Bei der physisch-geographischen Gliederung Osteuropas waren sowohl klimatische, edaphische und
vegetationskundliche als auch geomorphologische Kriterien zu berücksichtigen. In der Dezimal-
klassifikation stellt sich diese Einteilung wie folgt dar:
7 KAUKASUS UND KRIM
71 Halbinsel Krim
72 Vorkaukasus-Ebenen
73 Großer Kaukasus
74 Kolchis (Rioni)-Tiefebene (gehört zu Vorderasien)
75 Kura-Tiefebene (gehört zu Vorderasien)
76 Kleiner Kaukasus (gehört zu Vorderasien)

8 OSTEUROPÄISCHES TIEFLAND
81-82 Nordrussisches Tiefland
83 Mittelrussisches Tiefland
84 Ostbaltisches und Belarussisches Tiefland
85-86 Südrussisches Tiefland

9 URALGEBIET
91 Paj-Choj und Vaiga…
92 Polar Ural
93 Nördlicher Ural
94 Mittlerer Ural
95 Südlicher Ural

74
Karte der natürlichen Vegetation Europas 2.2

2.2 Klimatische Gliederung Europas


Jerzy Kondracki, Udo Bohn (nach WALTER et al. 1975)

Aus der geographischen Lage, der Verteilung der Landmassen und dem Relief resultiert die Klima-
gliederung Europas (vgl. Karte 2). Von Nord nach Süd sind fünf thermische Hauptzonen zu unter-
scheiden: arktisch, boreal, temperat, submeridional und meridional (vgl. Karte 3, beigelegt). Sie
korrespondieren mit der Hauptabfolge der zonalen Vegetation: arktische Tundra, boreale Nadelwäl-
der (Taiga), temperate mesophytische und thermophile sommergrüne Laubwälder bzw. Steppen und
Wüsten in Osteuropa, mediterrane immergrüne Hartlaubwälder und Gebüsche.
Geographische Breite und regionale Differenzierung der Oberflächengestalt wirken vor allem über
die Strahlungsbilanz auf das Klima ein, jedoch wird dessen Charakter auch – in den Klimazonen
recht unterschiedlich – von der atmosphärischen Zirkulation beeinflußt: Der Norden Europas ist
durch die westliche Strömung und den Golfstrom wärmer als es den Breitengraden entspräche; es
können aber auch sehr kalte arktische Luftmassen eindringen. Im gemäßigten Gürtel bewirkt diese
westliche Zirkulation einen gewissen Temperaturausgleich mit relativ milden Wintern und ver-
gleichsweise kühlen Sommern. Zuweilen werden aber auch trockene kontinentale oder kalte
arktische Luftmassen wirksam, so daß eine große Unbeständigkeit des Wetters charakteristisch ist
und die Jahresabläufe recht unterschiedlich ausfallen. Auch wird die atmosphärische Zirkulation
ständig durch die in mehrphasigem Rhythmus wechselnde Energiezufuhr von der Sonne (11-jährige,
35-jährige und längere Schwankungen zwischen kalt-feucht und warm-trocken) beeinflußt. Das
mediterrane Gebiet erfährt im Sommer durch den Antizyklon eine Stabilisierung als Hochdruckge-
biet mit warmer und trockener Witterung, während im Winter die vom Westen eindringenden
Zyklone reichlich Niederschläge bringen; gelegentlich kann sich diese Zirkulation auch umkehren.
Die ozeanischen Luftmassen werden vom Golfstrom erwärmt, der sich als warme subtropisch-
nordatlantische Meeresströmung auf West- und Nordeuropa – trotz allmählicher Abschwächung –
bis hin zur Kola-Halbinsel günstig auswirkt: Er bestimmt einen wesentlichen Charakterzug des
europäischen Klimas und mildert selbst noch im Hohen Norden die langen arktischen Winter, so daß
sogar der Hafen von Murmansk nördlich des Polarkreises auch in strengen Wintern eisfrei bleibt.
Im östlichen Europa bewirkt die asiatische Antizyklone im Winter den Zustrom kalter und trockener
Luftmassen, und so verstärken sich die kontinentalen Klimamerkmale zunehmend von West- nach
Osteuropa:
1. Zunahme der Jahresamplitude zwischen den mittleren Monatstemperaturen;
2. Verstärkung des Sommermaximums der Niederschläge.
Dagegen sind im ozeanischen Klima am Westrand Europas die Niederschläge in allen Monaten fast
gleich, und die Jahresamplitude der monatlichen Temperaturmittelwerte ist gering, so daß die
Winter recht mild und frostfrei, die Sommer jedoch ziemlich kühl sind.
Die atmosphärischen Niederschläge sind im Westteil des gemäßigten Klimagürtels am höchsten,
vermindern sich jedoch von West nach Ost mit zunehmender Kontinentalität: So beträgt die mittlere

75
2.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Jahressumme in Valentia (SW-Irland) 1416 mm (mit Wintermaximum), in London 612 mm, in


Warschau jedoch nur 550 mm oder in Woronesch 521 mm (beide mit Sommermaximum), und im
arktischen Norden sind sie noch geringer, z. B. in Murmansk 477 mm. Im mediterranen Klimagebiet
sind die Niederschläge sehr differenziert: gering in Palma auf Mallorca mit 498 mm oder in Athen
mit nur 407 mm, dagegen in von der Westströmung beeinflußten Gebieten viel höher – bei ausge-
prägtem Wintermaximum: Genua 1258 mm, Rijeka 1593 mm.
Die Jahresniederschläge erhöhen sich mit zunehmender Meereshöhe: in den Alpen übersteigen sie
2000 mm, in anderen Gebirgen sogar 4000 mm (Dinarisches und Skandinavisches Gebirge, Wales);
dagegen erniedrigt sich das Jahresmittel der Temperatur kontinuierlich mit der Höhe über dem
Meeresspiegel.
Die klimatische Nord-Süd-Zonierung ist im Ostteil Europas am deutlichsten ausgeprägt, da er einen
zusammenhängenden, weitgehend ebenen, weder durch Gebirge noch durch Meere zerstückelten
Festlandsblock darstellt. Im Hinblick auf die Temperatur- und Feuchtebilanz werden dort folgende
vegetationsbezogene Hauptzonen unterschieden:
1. arktische Tundrenzone;
2. boreale Birken- und Nadelwaldzone (Taiga);
3. temperate Nadel-Laubwald- und Laubwaldzone;
4. submeridional-kontinentale, periodisch trockene Steppenzone;
5. submeridional-aride, ständig trockene Wüstenzone.

Zwischen diesen fünf Zonen gibt es Übergangsbereiche: subarktische Waldtundra, hemiboreale


Laub-Nadelwälder, subkontinentale Waldsteppe und semiaride Wüstensteppe. Im Westteil Europas
sind – wegen der ausgleichenden ozeanischen Einflüsse und der horizontalen und vertikalen
Gliederung der Landfläche – die Klimazonen nicht so klar ausgeprägt.
Die horizontale und vertikale Differenzierung der Klimafaktoren und die von ihnen abhängige
Vegetation sind von entscheidender Bedeutung für die physisch-geographische Gliederung des
Kontinents.

Ökologische Klimagliederung Europas


Die Zuordnung der Kartierungseinheiten und Formationen der Vegetationskarte Europas zu Klima-
typen richtet sich überwiegend nach dem Klimadiagramm-Weltatlas von WALTER & LIETH (1967).
Die einzelnen Klimadaten (Jahresniederschläge, Jahres- und Monatsmitteltemperaturen) für die
Kartierungseinheiten wurden vorwiegend den dort veröffentlichten Klimadiagrammen, z. T. auch
anderen Publikationen entnommen.
Eine vereinfachte „ökologische Klimagliederung der Kontinente“ wurde 1975 von WALTER, HAR-
NICKELL & MÜLLER-DOMBOIS herausgebracht. Die entsprechende Darstellung für Europa ist in
Karte 2 wiedergegeben.

76
Karte der natürlichen Vegetation Europas 2.2

Erläuterungen zur Klimakarte (nach WALTER et al. 1975):


In der Karte dargestellt ist die flächenmäßige Verbreitung der einzelnen Klimahaupttypen I-IX, d. h.
das Regionalklima auf großen Flächen mit mehr oder weniger einheitlichem Relief (meist Tief-,
Hügel- und unteres Bergland). Die Gebirgsklimate wurden dagegen einheitlich dargestellt (X), ohne
Gliederung in Höhenstufen und ohne Zuordnung zu den Hauptklimazonen. Übergangszonen
zwischen den einzelnen Klimatypen sind durch Kombination der entsprechenden römischen Zahlen
gekennzeichnet (s. u.). Auch innerhalb der Gebiete der einzelnen Klimatypen bestehen Klimagefälle
(Temperaturen, Niederschläge) von West nach Ost und von Nord nach Süd. Abweichungen von der
Norm sind durch Zusatzbuchstaben (a, oc, co, fr, r) gekennzeichnet.
Nachfolgend werden die in Karte 2 dargestellten und für Europa relevanten Klimatypen und -zonen
bzw. -regionen kurz hinsichtlich ihrer natürlichen Vegetation und Klimaeigenschaften charakteri-
siert.

Tab. 1: Klimazonen Europas und ihre klimatischen Charakteristika.

Klimatyp – Zonale Hauptvegetation Klimatische Charakteristika


III Subtropische Trockenzone der Wüsten – Extreme Tagesschwankungen der Temperatur, Nachtfröste sind
Wüstenvegetation selten;
Jahresniederschläge < 200 mm
IV Typisches Mediterranklima – Winterregen und lange Dürreperiode im Sommer; nicht ganz
Mediterrane Halblaubvegetation frostfrei, aber keine ausgesprochen kalte Jahreszeit
V Warmtemperiertes Klima – Hohe Feuchtigkeit namentlich im Sommer;
Sommergrüne Breitlaubwälder mit immergrü- fast fehlende Winterkälte, nur gelegentlich Fröste
nem Unterwuchs
VI Typisches gemäßigtes Klima – Relativ kurze, nicht sehr kalte Winter; warme, zuweilen heiße
Sommergrüne mesophytische Breitlaubwälder Sommer; ± gleichmäßige Niederschläge (im ozeanischen Gebiet
mit milden Wintern und kühlen Sommern)
VII Arides gemäßigtes Klima der kontinentalen Ge- Große Temperaturgegensätze zwischen Sommer und Winter; ge-
biete – ringe Niederschläge
mit drei Ariditätsstufen:

VII Semiarides Steppenklima – Sommertrockenzeit ohne Dürre


Echte Steppen

VIIa Arides Halbwüstenklima – Ausgesprochene Dürrezeit im Sommer, kurze humide Jahreszeit


Wüstensteppe und winterkalte Wüste

VII (rIII) Wüstenklima mit kaltem Winter – Ganzjährige Dürre, kalte Winter wie bei VII
winterkalte Wüste
VIII Kaltgemäßigte oder boreale Klimazone – Kühle, feuchte Sommer; sehr kalte Winter mit über halbjähriger
Boreale Nadelwälder, im ozeanischen Bereich Dauer
Birkenwälder
IX Arktische Klimazone – Geringe, gleichmäßig über das Jahr verteilte Niederschläge; kur-
Tundren, Polarwüsten ze, feuchte und kühle Sommer; lange, sehr kalte Winternacht
X Gebirgsklimate Sie weisen meist Besonderheiten auf, die für die Klimazonen, aus
(in Klammern Klimazone, die am Gebirgsfuß denen sich die Gebirge erheben, bezeichnend sind
herrscht) –
Jeweils regionaltypische Höhenstufengliede-
rung der Vegetation

Die Typen sind durch gleitende Übergänge miteinander verbunden, die durch entsprechende
Kombination der römischen Zahlen gekennzeichnet werden, z.B. V-VI, V(IV). Die erste Zahl gibt
den jeweils vorherrschenden Typ an.

77
2.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas

VI-VII bedeutet Zwischenstellung zwischen VI und VII


V (IV) entspricht einem warmtemperierten Klima (V), aber mit vorwiegenden Winterregen (wie bei IV).
VIII-IX = subarktische Zone (für die Abgrenzung der Zonen IX und VIII ist die Dauer der Vegetationszeit mit Tages-
mittel über 10 °C maßgebend. Ihre Dauer beträgt an der N-Grenze der Zone VIII etwa 30 Tage, an der S-
Grenze etwa 120 Tage).
VIII-VI = hemiboreale Zone
VI-VII = gemäßigt aride, subkontinentale Waldsteppenzone
VI-IV = temperat-submediterrane Zone
IV-VI = submediterane Zone
IV-III = thermomediterran-aride Zone

Die Übergangszonen sind weiß (ohne Signatur) und nur mit römischen Zahlen dargestellt. Bedeutung der Zusatz-Symbole:
a = arid; oc = ozeanisch; co = kontinental; fr = Fröste häufig.

Karte 2: Klimatische Gliederung Europas (nach WALTER et al. 1975, verändert).


Erläuterungen zur Legende siehe Tab. 1 und oben.

78
Karte der natürlichen Vegetation Europas 2.3

2.3 Pflanzengeographische Gliederung Europas


Eckehart J. Jäger unter Mitarbeit von Erik Welk

Anliegen, Grundlagen und Probleme


Die Gliederung der Erde in Florenreiche, Florenregionen und Florenprovinzen hat das Ziel, Gebiete
mit möglichst einheitlicher Florenausstattung abzugrenzen. Zu diesem Zweck wurde auch die
vorliegende Gliederung Europas (MEUSEL & JÄGER 1992b; s. Karte 3 im Anhang) entworfen. Sie
hat sich zur Charakterisierung von Pflanzenarealen inzwischen vielfach bewährt.
Im Unterschied zur Vegetationskarte werden einer floristischen Gliederung Pflanzenarealgrenzen,
Florengefälle und Florenkontrast zugrundegelegt, besonders von Höheren Pflanzen, da die Areale
der meisten Niederen Pflanzen noch unzureichend bekannt sind.
Mit dem F l o r e n k o n t r a s t wird der Unterschied im Artenbestand zweier Gebiete beschrieben
(evtl. auch im Bestand höherer taxonomischer Einheiten, also Gattungen und Familien) und damit
der Rang der pflanzengeographischen Grenzen. Für die Berechnung des Florenkontrastes zweier
Gebiete A und B werden gewöhnlich die Zahl a der nur im Gebiet A vorkommenden Arten, die Zahl
b der nur im Gebiet B vorkommenden Arten und die Zahl c der beiden Gebieten gemeinsamen
Arten verwendet. Das Ergebnis wird stark von der Gesamtartenzahl der verglichenen Floren
beeinflußt. Deshalb wurden verschiedene Formeln vorgeschlagen, z. B. die nach Jaccard:
100 c oder die nach Soerensen: 200 c, die beide die Ähnlichkeit in Prozent angeben (andere
a+b-c a+b
Vorschläge vgl. bei BALGOOY 1971).
Mit dem F l o r e n g e f ä l l e wird die Dichte der in einer Richtung und auf eine bestimmte Distanz
beobachteten Arealgrenzen beschrieben, d. h. der Florenkontrast pro Strecke, z. B. die Zahl der in
Ostfrankreich ausklingenden atlantischen Elemente und die der neu auftretenden subatlantisch-
subkontinentalen Pflanzenarten. Mit dem Florengefälle werden Lage und Schärfe der pflanzen-
geographischen Grenzen ermittelt.
Im Maßstab einzelner Kontinente ist zu erwarten, daß die floristische Gliederung der Großglie-
derung der Vegetation weitgehend entspricht. Im Weltmaßstab dagegen können wegen der Isolation
durch die wechselnde Meer-Land-Verteilung große floristische Unterschiede auch zwischen Gebie-
ten auftreten, die durch konvergente Evolution ähnliche Vegetationsformationen aufweisen.
Eine objektive Gliederung, die die Verbreitungsgebiete aller Arten berücksichtigt, ist heute selbst
für Europa auf Grund der Datenlage noch nicht möglich. Im australasiatischen Inselgebiet (Malesien
der Pflanzengeographen) konnte BALGOOY (1971) durch Berechnung des Florenkontrastes zwischen
den einzelnen Inseln eine abgestufte Gliederung erarbeiten. Auf dem Festland wäre eine sinnvolle
Grenzziehung nur dann möglich, wenn vollständige Florenlisten für alle Teilgebiete vorlägen, die
gesamte Flora des Gebietes also in genügend feinem Raster kartiert wäre. Für Europa sind die in
12 Bänden vorliegenden Karten des Atlas Florae Europaeae zwar eine unschätzbare Hilfe, an den
Grenzen zu den ost- und südosteuropäischen Staaten nimmt jedoch die Fundortdichte so rasch ab,
daß ein numerischer Vergleich aller Rasterquadrate nicht sinnvoll ist. Bisher ist eine solche Glie-

79
2.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

derung, bei der der Florenbestand jedes Rasterquadrates mit dem jedes anderen verglichen wird, nur
mit den Karten des ostdeutschen Florenatlas (BENKERT et al. 1996) mit Erfolg durchgeführt worden
(KORSCH 1999). Auch dabei gibt es noch viele offene Probleme (optimale Zahl der auszugliedern-
den Gebiete; Behandlung unterschiedlicher Artenzahlen in den Teilgebieten; mosaikartige Durch-
dringung ähnlicher Rasterquadrate, die eine klare Grenzziehung verhindert).
Der in Karte 3 dargestellten Gliederung nach MEUSEL & JÄGER (1992b) liegen hauptsächlich häufig
wiederkehrende A r e a l g r e n z e n zugrunde. Außer dem Vergleich von Hunderten von Arealkarten
wurden auch alle Gliederungsvorschläge früherer Autoren (z. B. auch solche in Florenwerken)
berücksichtigt. Die Grenzen wurden immer wieder geprüft und z. T. (auch in der vorliegenden,
etwas vereinfachten Fassung) geringfügig korrigiert.
Für die Iberische Halbinsel hatten beispielsweise RIVAS-MARTÍNEZ (1987), RIVAS-MARTÍNEZ et al. (1977) und BOLÓS (1985)
neue Gliederungen vorgelegt, für das temperate Rußland ALEKSANDROVA & JURKOVSKAJA (1989), für Skandinavien AHTI
et al. (1968, Zonen und Sektoren), für den Kaukasus MENICKIJ (1991), für die Arktis ALEKSANDROVA (1980), für die an
Europa anschließenden Gebiete in Afrika, dem Orient und Mittelasien LÉONARD (1988), WHITE (1993) und WHITE &
LÉONARD (1991), für das ganze boreal-temperate Eurasien CHOCHRJAKOV (1989) und VOLKOVA (1997).
Neuere florengeographische Gliederungen kleinerer Gebiete gibt es z. B. für Nordost-Italien (POLDINI 1991), Südostrußland
(BUCHALO 1989), Südspanien (SANCHEZ-GOMEZ et al. 1994), die Krim und Gebiete östlich der Straße von Kertsch (DIDUCH
et al. 1990) sowie für Belgien-Nordostfrankreich und die Niederlande in den Floren von LAMBINON et al. (1992) bzw.
MEIJDEN (1990). Dabei wurde in unterschiedlichem Maße auch die Vegetationsdecke zur Gliederung herangezogen.

Bei allen f l o r i s t i s c h e n R a u m g l i e d e r u n g e n gibt es methodische Probleme. Jeder Pflan-


zengeograph findet in seinem engeren Untersuchungsgebiet floristische Grenzen und Einflüsse aus
unterschiedlichen Richtungen. Es ist also nicht verwunderlich, wenn fast überall von einem inter-
essanten Übergangsgebiet gesprochen wird. Die floristischen Grenzen haben aber je nach dem
Florenkontrast unterschiedliches Gewicht, und sie sind in Abhängigkeit vom Florengefälle unter-
schiedlich scharf. Bei steilem Gradienten der physisch-geographischen Faktoren sind vielfach
eindeutige Grenzen erkennbar. Die florengeographische Grenze könnte z. B. am Alpen-Südrand
nicht um 5 km verschoben werden. In ausgedehnten Tieflandsbereichen, wie in der Sarmatischen
Provinz, sind die Arealgrenzen dagegen allmählich gestaffelt, und bei der Untergliederung ist die
Grenzziehung bis zum gewissen Grad willkürlich.
Schon aus dem unterschiedlichen Florenkontrast ergibt sich eine H i e r a r c h i e d e r F l o r e n -
g e b i e t e . Bei der Abgrenzung der Phytochoren (Florengebiete) höheren Ranges (Florenreiche,
Florenregionen) wird außerdem großer Wert auf den systematischen Rang der charakteristischen
Sippen gelegt. So werden für die Abgrenzung von Florenreichen mehrere endemische Familien, für
Regionen mehrere endemische Gattungen gefordert, während Florenprovinzen wenigstens durch
einige endemische Arten gekennzeichnet sein sollen.
Manche Floren-Gliederungen Afrikas beispielsweise beruhen nur auf der Ausweisung von Endemi-
tenzentren und dazwischenliegenden Übergangsgebieten (IVERSEN 1991, WHITE 1993). Die Glie-
derung der Erde durch TACHTADðJAN (1978) berücksichtigt ebenfalls vor allem Endemiten,
unabhängig von ihrer Arealweite. Die Grenzen der Gebiete werden deshalb willkürlich im wesentli-
chen nach der Vegetation gezogen. Mit Endemitenarealen wäre das endemitenarme Mittel- und

80
Karte der natürlichen Vegetation Europas 2.3

Nordeuropa trotz deutlicher floristischer Unterschiede nicht zufriedenstellend zu gliedern.


Der Wert der Sippen für eine Gebietsabgrenzung wird aber auch bei eingeschleppten Arten, bei
Kleinarten und bei den „azonalen“ Wasserpflanzen diskutiert, und auch über die Bewertung domi-
nanter, häufiger Arten gegenüber seltenen, in der Vegetation untergeordneten gibt es unterschiedli-
che Meinungen. Während bei Florengebietsgliederungen im Weltmaßstab verschleppte Sippen
gewöhnlich ausgeschlossen werden, haben wir die fest eingebürgerten Arten für Europa mit ein-
bezogen, da sie wegen der schnellen anthropogenen Ausfüllung ihrer potentiellen Areale die
ökogeographischen Grenzen besonders gut erkennen lassen. Auch die Wasser- und Sumpfpflanzen
zeigen im zonalen und ozeanisch-kontinentalen Gefälle durchaus deutliche Grenzen. An den
Arealgrenzen dominanter Arten machen auch manche „Begleiter“ halt. Eine unterschiedliche
Bewertung von dominanten und seltenen Arten beeinflußt daher das Ergebnis nicht wesentlich.
Wenn die Arealgrenzen von Kleinarten gut bekannt sind, können auch sie bei der Gebietsgliederung
in Mittel- und Nordeuropa mit berücksichtigt werden. Diese jung besiedelten Gebiete können sonst
oft nur durch die Artenkombination charakterisiert werden. Für die temperaten und borealen Floren
Europas ist der durch die Vereisungen im Quartär verminderte Sippenreichtum charakteristisch, der
zum Erfolg apomiktischer und anthropogener Taxa geführt hat (Potentilla, Rosa, Rubus, Alchemilla,
Taraxacum, Hieracium bzw. Aster und Oenothera, SCHOLZ 1991).
Stellenweise kann die Grenze eines höherrangigen Florengebietes weniger markant sein als die der
untergeordneten Einheiten. Zieht man z. B. die Südgrenze des Holarktischen Florenreiches mitten
durch die Sahara – und der Wechsel von holarktisch-extratropischen zu sudanisch-subtropischen
Sippen spricht sehr für ein solches Verfahren (WHITE 1993) –, so ist das Florengefälle dort viel
weniger steil als etwa am Südabfall des Atlasgebirges, der die Südgrenze der Mediterranen Region
bildet, also eines Florengebietes mit um eine Stufe niedrigerem Rang.
Im allgemeinen bezieht sich die Florengliederung auf die planare und kolline Stufe und eine im
entsprechenden Gebiet einheitliche Höhenstufenabfolge der Gebirge. In ausgedehnten Hochländern,
z. B. Zentralasiens, ist das jedoch nicht möglich. Die Alpen, Karpaten und der Kaukasus haben so
viele eigene Arten, daß sie als (zonenübergreifende) Unterregionen abgegrenzt werden. Die Unter-
gliederung der Alpen fällt in den verschiedenen Höhenstufen unterschiedlich aus, besonders
einheitlich ist die montane Stufe ausgebildet (HÜBL & NIKLFELD 1973).
Alle Florengebietsgrenzen sind dynamisch, weil die Pflanzenverbreitung von säkularen Klima-
schwankungen beeinflußt wird. Besonders das Ansteigen der Wintertemperaturen und der Nieder-
schläge in den nördlicheren Breiten bewirkt gegenwärtig eine starke Zunahme der Ozeanität. Bei
einem Ansteigen der mittleren Januartemperaturen um 3 °C und der Sommertemperaturen um 1 °C
würden z. B. die Britischen Inseln ganz aus dem potentiellen Areal von Tilia cordata herausfallen,
während ein Ansteigen des Juli-Mittels um 3 °C und des Januar-Mittels um 1 °C eine Erweiterung
des Areals der Winterlinde bis nach Irland zur Folge hätte. Ähnlich mußten sich die mittelalterlichen
Klimaoptima (500-600 und 1000-1200 n. Chr.) und die „Kleine Eiszeit“ (1550-1700, 1820-1860)
mit vergleichbaren Temperaturänderungen auswirken (CRAWFORD 2000). Auch die damit verbunde-
ne unterschiedliche Auswaschung und Vernässung der Böden sowie die Folgen für die Ausdehnung

81
2.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

des Permafrostes beeinflussen die Arealgrenzen und die natürliche Vegetationsverteilung wesent-
lich.
Im Zusammenhang mit der Karte der natürlichen Vegetation Europas ist die pflanzengeographische
Gliederung eine wichtige Grundlage für die geographische Differenzierung der natürlichen Vegetati-
on aller Formationen und für die Kennzeichnung von Verbreitung und Schwerpunktvorkommen der
einzelnen Kartierungseinheiten (vgl. Glossar der arealgeographischen Begriffe). Eine direkte
Übereinstimmung der Floren- mit den Vegetationsgrenzen ist allerdings meist nicht gegeben, u. a.
weil die pflanzengeographische Gliederung auf dem Gesamtspektrum der vorkommenden Pflanzen-
arten (natürliche und anthropogene Flora) beruht.

Florenzonen und regionale Gliederung


In die vorliegende Gliederung (Karte 3) wurden auch die Florenzonen einbezogen (Eintragung am
linken Kartenrand), die zusammen mit den pflanzengeographischen Ozeanitäts- und Höhenstufen
eine kurze und vergleichbare Beschreibung der Pflanzenareale ermöglichen. Die Florenzonen ent-
sprechen insofern nicht den Vegetationsgebieten, als bei ihrer Abgrenzung das ozeanisch-kontinen-
tale Gefälle unberücksichtigt blieb, das die markante peripher-zentrale Gliederung der Vegetation
innerhalb der Zonen bedingt.
Die arktische Zone umfaßt die Polarwüsten und arktischen Tundren Europas. Die Südgrenze dieser
Zone fällt in Fennoskandien und Rußland mit der nördlichen Baumgrenze zusammen. Sie ist charak-
terisiert durch zirkumpolar verbreitete Arten wie Poa arctica, Luzula confusa, Cerastium regelii,
Draba corymbosa, ferner durch das Fehlen von borealen Pflanzenelementen wie Salix myrtilloides,
Linnaea borealis, Ledum palustre, Carex globularis und C. chordorrhiza.
Die boreale Zone beinhaltet zwar vorwiegend die Taigagebiete (Nadelwaldgebiete), aber in den
hochozeanischen Bereichen, z. B. in Island, auf den Färöer Inseln und in Westnorwegen, auch Bir-
kenwaldgebiete und waldfreie Bereiche, in denen boreale Stauden und Zwergsträucher wie Calypso
bulbosa, Listera cordata, Rubus arcticus, Empetrum hermaphroditum, Cornus suecica vorkommen.
In der temperaten Zone reicht die Formation des sommergrünen Breitlaubwaldes vom Atlantik bis
zum Ural, dort wird sie aber im Norden bereits stark von Taigaelementen, im Süden von Steppen-
Inseln durchsetzt. Östlich des Urals werden zur temperaten Zone Kleinlaub-Waldsteppen mit Birke,
Espe und Kiefer gestellt. Dafür sprechen Areale von Steppenwaldpflanzen, die auch in Zentral- und
Osteuropa vorwiegend temperat verbreitet sind (Dracocephalum ruyschiana, Crepis praemorsa,
Hypochaeris maculata, Tragopogon pratensis s. l.). Die Südgrenze der temperaten Zone markieren
in ganz Eurasien z. B. Calamagrostis arundinacea, Carex vaginata, C. limosa, C. lasiocarpa und
Calla palustris.
Sehr stark äußert sich das Ozeanitätsgefälle in den südlichen Zonen. Große Teile der subozea-
nischen Gebiete der submeridionalen Zone werden in Europa von mediterraner Hartlaubwaldvegeta-
tion eingenommen (Katalonisch-provenzalische, Ligurisch-latische und Zirkumadriatische Provinz),
während in den winterkälteren und sommerfeuchteren Teilen der Zentralsubmediterranen (Apennin,
Balkanhalbinsel) und in der Ostsubmediterranen Provinzgruppe (Nordanatolien und Krim bis

82
Karte der natürlichen Vegetation Europas 2.3

Kaukasus) artenreiche sommergrüne Laubwälder vorherrschen, die in den kontinentalen, trockene-


ren Sektoren der Zone allmählich von Wald-Steppenkomplexen und – im mittel- und ostpontischen
Gebiet – von Steppen abgelöst werden. Die Südgrenze der Zone wird in diesen unterschiedlichen
Gebieten durch Areale z. B. von Artemisia absinthium, Eleocharis acicularis oder Carex riparia
nachgezeichnet.
Die Südgrenze der meridionalen Zone ist zugleich die Grenze des Holarktischen Florenreiches. Sie
wird von vielen Sippen höheren Ranges bestimmt (Betulaceae, Fagaceae, Salicaceae, Platanaceae,
Ranunculaceae, Paeoniaceae, Brassicaceae, Rosaceae, Aceraceae, Primulaceae, Juncaceae). Unter
den Artarealen gibt es für diese Grenze nur wenige, die die große Spanne des Ozeanitäts-/Humidi-
tätsgefälles überwinden und die so unterschiedlichen Vegetationsgebiete am Südrand der Holarktis
verbinden. Das sind vor allem Elemente der „azonalen“ Vegetation, nämlich Sumpf-, Wasser- und
Felspflanzen, die von den Unterschieden des Niederschlags weniger beeinflußt werden, zumal wenn
sie salztolerant sind (Equisetum arvense, Alisma plantago-aquatica, Poa pratensis agg., Juniperus
communis, Cystopteris fragilis), daneben auch synanthrope Areale (Plantago major, Gattung Car-
duus, Descurainia sophia). In Westeurasien zeichnen beispielsweise Bromus tectorum, Poa bulbosa
sowie die Gattungen Colchicum und Helianthemum die Südgrenze der meridionalen Zone nach. Die
charakteristischen Elemente dieser Zone klingen nach Norden gewöhnlich erst in der submeridiona-
len Zone aus (Cistus, Daphne oleoides-Gruppe, Arbutus u. a.).

Florenregionen Europas
Europa hat Anteil an 5 Florenregionen (in Karte 3 nicht eingetragen, vgl. MEUSEL & JÄGER 1992b).
Die Zirkumarktische und die Zirkumboreale Florenregion sind wegen der jungen Ausbreitungs-
möglichkeiten zirkumpolar, d. h. auch auf Nordamerika ausgedehnt. Ihre Grenzen entsprechen den
gleichnamigen Florenzonen-Grenzen.
Ganz auf den europäischen Kontinent beschränkt ist die Mitteleuropäische Region mit der Atlanti-
schen, Subatlantischen, Zentraleuropäischen und Sarmatischen Florenprovinz. Sie umfaßt zu-
sammen mit den West-, Zentral- und Ostsubmediterranen Provinzen das europäische Sommerlaub-
waldgebiet. Für die Mitteleuropäische Region ist die Durchmischung einer relativ artenarmen
Laubwaldflora mit zahlreichen Elementen mediterraner Herkunft charakteristisch. In der Atlanti-
schen Provinz könnten wahrscheinlich laurophylle Gehölze und ozeanische Nadelbäume dominie-
ren, wenn diese Sippen nicht infolge der spättertiär-quartären Abkühlung und Aridisierung erloschen
wären (JÄGER 1969: 406 f.). Ein Zeichen dafür ist das gute Gedeihen und die Verwilderung fremd-
ländischer laurophyller Gehölze in diesem Gebiet (z. B. Rhododendron ponticum).
Im Südosten hat Europa Anteil an der Südsibirisch-pontisch-pannonischen Region mit vielen
relativ jungen, für die Westseite Eurasiens charakteristischen Steppenpflanzen-Sippen, deren
Herkunft in den Küstengebieten des alten Mittelmeeres (Tethys) zu suchen ist (Arten von Stipa,
Festuca, Koeleria, Agropyron s. str., Astragalus, Onosma, Salvia, Artemisia usw.).
Im äußersten Südosten ist in der Karte die größtenteils (außerhalb Europas) in der meridionalen
Zone liegende Orientalisch-turanische Region angeschnitten (Zentralanatolische, Armenische,

83
2.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Syrische, Araxische, Hyrkanische, Iranische und Südturanische Provinz, submeridional die Aralo-
kaspische Provinz). Sie ist reich an geophytischen Verwandtschaftskreisen (Muscari, Tulipa), Dorn-
polster-Sippen (Acantholimon), Distelverwandten (Centaurea, Cousinia) und hapaxanthen Xerophy-
ten (Verbascum).
Die Makaronesisch-mediterrane Region reicht außerhalb Europas noch in die nordwestafrika-
nischen Gebirge und an der Südküste des Mittelmeeres bis Ägypten, weiter in die westlichen
Randgebiete Kleinasiens und Vorderasiens (Israel, Libanon, Westsyrien, mediterrane Randbereiche
der Türkei). Sie ist durch Elemente der immergrünen Hartlaubwald- und Relikte der Lorbeerwald-
vegetation charakterisiert (Quercus ilex, Q. coccifera, Q. suber, Olea europaea, Ceratonia siliqua,
Laurus nobilis, Prunus laurocerasus, P. lusitanica, Laurus azorica u. a.). Viele dieser Elemente
reichen noch in die Submediterrane Unterregion (z. B. Pistacia, Punica, Arbutus, Cistus, Rhamnus
alaternus, Buxus, Laurus, Prunus laurocerasus, Rhododendron ponticum), die gleichzeitig in ihren
zentralen und östlichen Provinzen (besonders im Bergland) die reichsten Refugialgebiete des som-
mergrünen Breitlaubwaldes enthält (Kaukasus, Nordanatolien, Balkan, Illyrien und Südostalpen).
Großflächig herrschen hier thermophile Wälder aus Quercus pubescens, Q. pyrenaica, Q. faginea,
Q. cerris, Q. frainetto und Q. polycarpa, Carpinus orientalis sowie Ostrya carpinifolia-Fraxinus
ornus- und Pinus nigra-Wälder. Von manchen Autoren wurde diese Unterregion deshalb mit der
Mitteleuropäischen Region verbunden (ausführliche Diskussion: MEUSEL et al. 1965a: 48-49). Sie
enthält aber in den wintermilden Küstengebieten auch noch immergrüne Vegetation, und die
meisten Gattungen haben mediterrane Wurzeln. Auch die atlantischen Inseln (Kanaren, Madeira und
Azoren), die nie mit dem Festland verbunden waren, sind vorwiegend von Gattungen aus dem
Mediterrangebiet besiedelt worden. Sie werden deshalb als eigene, durch viele Lorbeerwaldrelikte
gekennzeichnete Makaronesische Unterregion an die Mediterranregion angeschlossen.

Beispiele für die Untergliederung der Florenregionen


Die Florenregionen werden weiter in Florenprovinzen und Florenbezirke untergliedert (vgl.
Karte 3). In einigen Fällen werden mehrere Provinzen zu Unterregionen (Submediterrane, Alpische,
Karpatische, Kaukasische Unterregion) oder Provinzgruppen (West-, Zentral- und Ostmediterrane
bzw. West-, Zentral- und Ostsubmediterrane Provinzgruppe) zusammengefaßt. Die Grenzen aller
dieser Gebiete können in diesem Rahmen nicht begründet werden. Man vergleiche dazu die Ein-
führung in MEUSEL et al. (1965a) und MEUSEL & JÄGER (1992a), zur Diskussion einzelner Gebiete
die regelmäßigen Berichte zur Areal- und Florenkunde in „Fortschritte der Botanik“ bzw. „Progress
in Botany“ (JÄGER 1969-1995).
Als Beispiele sollen nur die 4 Provinzen der Mitteleuropäischen Region angeführt werden.
Die Ostgrenze der Atlantischen Provinz (vgl. ROISIN 1969) markieren viele Bewohner oligotropher
Böden und Gewässer, z. B. Genista anglica, Ulex europaeus, Eleocharis multicaulis, Wahlenbergia
hederacea, Deschampsia setacea, Baldellia ranunculoides und etwa 2 Dutzend weitere Arten, aber
nicht alle, die DUPONT (1962) aufführt, denn darunter sind auch Hochgebirgspflanzen und westliche
Ausgliederungen kontinentaler Verwandtschaftskreise (ausführliche Diskussion: JÄGER 1968:

84
Karte der natürlichen Vegetation Europas 2.3

289 ff.). An derselben Grenze machen nach Westen anspruchsvollere, oft an Sommerregen und
Winterkälte angepaßte Wald- und Xerothermrasen-Elemente halt (Carex montana, Campanula
cervicaria, Melica nutans, Calamagrostis arundinacea, Tanacetum corymbosum, Aster amellus
usw.). Keine einzige von all diesen Arealgrenzen entspricht aber der Provinzgrenze völlig. Das gilt
auch für die im folgenden genannten Grenzen. So ist es kein Wunder, daß die Grenzen der Atlanti-
schen Provinz, einer der am frühesten ausgegliederten Florenprovinzen, schon mehrmals hin- und
hergeschoben worden sind.
Die Ostgrenze der Subatlantischen Provinz ist sowohl durch das Ausklingen ozeanischer Areale,
z. B. Hypericum pulchrum, Helleborus foetidus, Ilex aquifolium, Digitalis purpurea, Potentilla
sterilis, Dryopteris affinis, als auch durch das Einsetzen kontinentaler verbreiteter Arten gekenn-
zeichnet (Carex pilosa, Hepatica nobilis, Fragaria viridis, Scabiosa canescens, Hieracium cymosum
u. a.). Charakteristisch für die Provinz ist also vor allem die Kombination atlantisch-subatlantischer
und östlicher, in der Atlantischen Provinz fehlender Elemente, während als Endemiten nur wenige
Vertreter apomiktischer Gattungen oder Taxa fraglichen Artranges genannt werden können (Rubus
fasciculatus, R. vestitus, R. rudis, R. langei, Oenanthe conioides).
Die Ostgrenze der Zentraleuropäischen Provinz, die etwa der -4 °C Januar-Isotherme entspricht,
ist durch die östliche Verbreitungsgrenze mehrerer Gehölze und ihrer Begleiter charakterisiert
(Fagus sylvatica, Taxus baccata, Quercus petraea, Acer pseudoplatanus, Tilia platyphyllos, Melica
uniflora), während östliche Arten der Laubwaldflora hier ihre Westgrenze erreichen (Carex pedifor-
mis, Euonymus verrucosa, Ranunculus cassubicus, Geum aleppicum). Diese Grenze entspricht auch
der Grenze vikariierender Sippenpaare, die hier bei der postglazialen Wiederbesiedelung von Süden
und Osten aufeinander trafen (Carlina vulgaris/C. biebersteinii, Helictotrichon pratense/H. schellia-
num, Seseli libanotis/S. intermedium, Heracleum sphondylium subsp. sphondylium/H. s. subsp.
sibiricum). Weitgehend auf die Zentraleuropäische Provinz beschränkt sind z. B. Corydalis pumila,
Gagea pratensis, Carex brizoides, C. umbrosa und Hierochloë australis.
Die östlich davon noch vorkommenden Bäume des sommergrünen Breitlaubwaldes Quercus robur,
Alnus glutinosa, Ulmus glabra, Acer platanoides, Tilia cordata und Sträucher wie Corylus avellana
reichen durch die Sarmatische Provinz gemeinsam bis zum Ural, der eine scharfe Grenze gegen
Sibirien bildet. Nur die Winterlinde hat jenseits des Gebirges noch einige Vorposten und kehrt im
Altaigebiet zusammen mit einigen Kräutern (Asarum europaeum, Carex sylvatica, Gagea lutea,
Dryopteris filix-mas, Circaea lutetiana) in „subnemoralen“, in der Baumschicht von Nadelbäumen
dominierten Wäldern wieder. Schon im Nordosten der Sarmatischen Provinz gelangen sibirische
Nadelbäume (Abies sibirica, Pinus sibirica, Larix sibirica) und ihre asiatischen Begleiter (z. B.
Cacalia hastata), im Südosten Steppenelemente (Phlomis tuberosa, Serratula gmelinii) in den
Wäldern zur Vorherrschaft. Eine große Zahl europäischer Arten spricht aber für einen Zusammen-
halt der Sarmatischen Provinz auch im Nordosten (Calluna vulgaris, Deschampsia flexuosa, Daphne
mezereum, Nardus stricta, Carex nigra, Anthoxanthum odoratum, Milium effusum u. a.).
Die Untergliederung der ausgedehnten Sarmatischen Provinz in 4 Unterprovinzen entspricht dem
(allerdings sehr gleichmäßigen) floristischen West-Ost- und Nord-Süd-Gefälle. Bis in die Westsar-

85
2.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

matischen Unterprovinzen reichen von Westen her z. B. Fraxinus excelsior, Hepatica nobilis,
Galium schultesii, Carex remota, C. panicea, Danthonia decumbens, Briza media, Cynosurus
cristatus und Arrhenatherum elatius, bis in die Südwestsarmatische Carpinus betulus und An-
thericum ramosum. In die Nordsarmatischen Unterprovinzen dringen von Norden Moor- und Taiga-
Elemente ein (Carex loliacea, C. chordorrhiza, C. rhynchophysa, Corallorhiza trifida, Conioseli-
num tataricum, Betula humilis, Alnus incana u. a.), während die Südsarmatischen mit Gratiola
officinalis, Salvia nemorosa, Scorzonera hispanica, S. purpurea, Tragopogon dubius, Ulmus minor,
Salix fragilis, Carex pilosa und Juncus atratus Arten beherbergen, die auch in Zentraleuropa die
südlichen Unterprovinzen kennzeichnen.
Die Grenze zwischen den nord- und südtemperaten Gebieten setzt sich nach Westen am Nordrand
der Mittelgebirge und Hügelländer (am Südrand der Baltischen, Flämischen und Britischen Unter-
provinzen) durch Zentraleuropa und die Subatlantische Provinz fort und verläuft über Belgien und
Nordfrankreich zum Atlantik. Bis hierher reichen von Süden viele Pflanzen aus dem Mediterran-
gebiet, z. B. Cornus mas, Thesium bavarum, Ophrys sphegodes, von Norden z. B. Empetrum nigrum
und Thymus serpyllum. Mit dieser Linie werden in Zentraleuropa die südlichen Unterprovinzen
(Herzynische und Polonische Unterprovinz) gegen die Baltische Unterprovinz abgegrenzt.
Die Herzynische Unterprovinz kann weiter in 4 Bezirksgruppen gegliedert werden: die Franko-
bajuwarische, die Bohemo-morawische, die Sudetische und die Saxo-thuringische. Innerhalb der
letzteren sei der Saale-Unstrut-Bezirk als Beispiel eines Florenbezirks genannt, den schon DRUDE
(1902) durch viele wärmeliebende Elemente (Helianthemum apenninum, H. oelandicum subsp.
incanum, Globularia punctata) charakterisiert hat. Ein weiteres Beispiel ist der Südbritische Bezirk
innerhalb der Atlantischen Provinz, auf den innerhalb der Britischen Inseln Tilia cordata, Campanu-
la trachelium, Carpinus betulus, Aceras anthropophorum und Himantoglossum hircinum beschränkt
sind.

86
Karte der natürlichen Vegetation Europas 3

3 Spätglaziale und holozäne Vegetationsgeschichte Europas


Gerhard Lang, Kamil Rybní…ek & Eliška Rybní…ková

Einleitung
Für die Entwicklung der heutigen europäischen Pflanzendecke sind vor allem die Ereignisse seit
dem Ende des Tertiärs maßgebend: Mit dem Beginn des Quartärs machten sich zunehmend starke
klimatische Schwankungen in Form zahlreicher Kaltzeiten (Glaziale) und dazwischen einge-
schobener Warmzeiten (Interglaziale) bemerkbar, offenbar als Folge periodischer Änderungen der
Erdbahnelemente. Der vielfache Klimawechsel führte zu fortlaufenden Veränderungen der Pflan-
zenareale, wobei es insbesondere in der europäischen Gehölzflora zu einer allmählichen Artenver-
armung kam.
Von entscheidender Bedeutung für die heutige Vegetation ist ihre Entwicklung in den letzten
15 000 Jahren1, also in jenem Zeitraum, der das zu Ende gehende letzte Glazial (Spätglazial:
15 000–10 000 BP) und das anschließende Holozän (Postglazial: 10 000 BP–Gegenwart) umfaßt
(vgl. Tab. 2). In diesen Zeitabschnitten bildete sich allmählich, von einem weitgehend waldfreien
Europa während des letzten Hochglazials (Pleniglazial) ausgehend (Karte 4), die heutige, großen-
teils von Wäldern beherrschte „natürliche Vegetation“ heraus. Ihre Entwicklung wurde, wie schon
in den vorangegangenen Interglazialen, durch natürliche Änderungen des Klimas gesteuert, ins-
besondere solche der Temperatur, die in Verbindung mit der Bodenentwicklung zu mehr oder
weniger raschen Pflanzenwanderungen führten.
An der Ausdifferenzierung der heutigen „realen Vegetation“ ist aber im Verlauf des Holozäns in
hohem Maße ein zweiter Faktor beteiligt, der in der Vegetationsentwicklung der Interglaziale noch
keine Rolle spielte, nämlich der vom Beginn des Neolithikums an immer stärker werdende Einfluß
des siedelnden Menschen. Die seßhafte Lebensweise des Menschen, die sich im Großen gesehen
von etwa 10 000 bis 5 000 BP vom Nahen Osten über Südosteuropa nach Nordwest-, Nord- und
Nordosteuropa ausbreitete, hatte die teilweise beträchtliche Umgestaltung und Verdrängung der
Wälder und damit den Wechsel von der „Naturlandschaft“ zur „Kulturlandschaft“ zur Folge. Mit
diesen anthropogenen Eingriffen waren mesoklimatische Änderungen, die Umwandlung von
Waldböden in landwirtschaftliche Böden, Wechsel im Wasserhaushalt, Erosionserscheinungen und
anderes mehr verbunden. Sie führten zu sekundären Pflanzenwanderungen, zu Verschiebungen der
horizontalen und vertikalen Vegetationszonen, zur Bildung neuer landwirtschaftlicher und syn-
anthroper Ökosysteme, zur Steppen- und Wüstenbildung (Desertifikation) wie auch zu stärkerer
Vermoorung (Paludifikation) mancher Landschaften.

1
Alle mit BP gekennzeichneten Altersangaben beziehen sich auf konventionelle Radiokarbonjahre vor heute (BP
= Before Present), also auf unkalibrierte 14C-Daten. Gegenüber Kalenderjahren, die in Jahren n. Chr. oder AD
(AD = Anno Domini) und Jahren v. Chr. oder BC (BC = Before Christ) angegeben werden, sind die unkalibrier-
ten 14C-Daten im mittleren und frühen Holozän rund 500–1000 Jahre zu jung (vgl. Tab. 2).

87
3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Tab. 2: Übersicht über die chronologische Gliederung des Spätglazials und Holozäns. Altersangaben in Kalen-
derjahren bzw. kalibrierten Radiokarbonjahren (AD = n. Chr./BC = v. Chr.) und unkalibrierten (konven-
tionellen) Radiokarbonjahren (BP).

Kalenderjahre Radiokarbonjahre Chronozonen


(cal 14C) (uncal 14C)
1950 AD 0 BP ------------------------------
950 AD 1 000 BP
Subatlantikum
50 BC 2 000 BP
800 BC 2 500 BP ------------------------------
1300 BC 3 000 BP
Subboreal Holozän
2550 BC 4 000 BP (Postglazial)
3800 BC 5 000 BP ------------------------------
4900 BC 6 000 BP
Atlantikum
6000 BC 7 000 BP
7050 BC 8 000 BP ------------------------------
Boreal
7850 BC 9 000 BP ------------------------------
Präboreal
9150 BC 10 000 BP --------------------------------------------------------------
Jüngere Dryas
11 000 BP ------------------------------
Alleröd + Ältere Dryas
12 000 BP ------------------------------
Bölling + Ältere Dryas Spätglazial
13 000 BP ------------------------------
14 000 BP Älteste Dryas
15 000 BP --------------------------------------------------------------
Pleniglazial

Die spätglaziale und holozäne Vegetationsgeschichte Europas ist im Einzelnen so vielfältig, daß der
Kontinent nicht als Ganzes behandelt, sondern in einzelne Regionen aufgeteilt werden muß. Dazu
bietet sich als Grundlage die großräumige heutige natürliche Vegetationsgliederung an (Karte 5):
Einerseits sind dies die von Nord nach Süd aufeinanderfolgenden Gürtel der arktisch-subarktischen
Tundrenzone (A), der borealen Nadelwaldzone (B), der temperaten (nemoralen) sommergrünen
Laubwaldzone (T), der mediterranen Hartlaubzone (M) und der pontisch-kaspischen Steppen- und
Halbwüstenzone (P), andererseits innerhalb der drei großen Waldzonen die Unterteilung von West
nach Ost entsprechend der abnehmenden Ozeanität bzw. zunehmenden Kontinentalität. Dazu
kommt im äußersten Südosten die Kolchis- und Kaukasus-Region (K). Natürlich sind auch die
meisten dieser Regionen in sich nicht einheitlich, sondern hinsichtlich Relief (Tieflagen und
Gebirge) und Ausgangsgestein (Kalk und Silikat) gegliedert, jeweils mit Auswirkungen auf die
vegetationsgeschichtliche Entwicklung. Darauf wird im Text, wo immer möglich, Bezug genom-
men. Dagegen kann, wegen des beschränkten Umfangs, auf die azonale Vegetation nicht eingegan-
gen werden. Bei der Reihenfolge der Regionen beginnen wir im Süden und Südosten, folgen also im
Grunde der spätglazial-holozänen Hauptausbreitung der Gehölze von Süd bzw. Südost nach Nord
bzw. Nordwest sowie dem mehr oder weniger ähnlich gerichteten Vordringen seßhafter Bauernkul-
turen nach Europa.

88
Karte der natürlichen Vegetation Europas 3

Karte 4: Vegetation Europas um 20 000 BP (letzteiszeitliche maximale Eisausdehnung). Die Position einzelner
isolierter Waldinseln ist z. T. noch hypothetisch. Nach ANDERSEN & BORNS (1994) und LANG (1994),
verändert.

89
3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

A A A

Bb
Ba
Bc

Tb Ta

Td
Tc
P

Tg Th
Tf
K
P
Ma Te
Mb

Mc
1000 km

A Arktische Zone T Temperate Zone P Pontisch-Kaspische Zone


B Boreale Zone Ta Hemiboreale Region M Mediterrane Zone
Tb Atlantische Region
Ba Boreoatlantische Region Tc Mitteleuropäische Region Ma Westmediterrane Region
Bb Fennoskandische Region Td Osteuropäische Region Mb Zentralmediterrane Region
Bc Boreorussische Region Te Balkanische Region Mc Ostmediterrane Region
Tf Pyrenäen-Region
Tg Alpen-Region
Th Karpaten-Region
K Kolchis- und Kaukasus-
Region

Karte 5: Vegetationsgeschichtliche Zonen und Regionen (Grenzen gegenüber LANG 1994 teilweise leicht abgeän-
dert).

90
Karte der natürlichen Vegetation Europas 3

Als wichtige Quellen für die nachfolgende Übersicht standen die Arbeiten von BERGLUND, BIRKS, RALSKA-JASIEWICZOWA
& WRIGHT (1996), GLIEMEROTH (1995), HUNTLEY (1988, 1990), HUNTLEY & BIRKS (1983) und LANG (1994) zur Verfü-
gung, für Osteuropa die bereits ältere Monographie von NEJSTADT (1957) und der neuere Überblick von KHOTINSKIJ (1984).
Einen umfassenden Überblick über die „Quartäre Vegetationsgeschichte Europas“ liefert LANG (1994), worin sich auch ein
kurzer Abriß der vegetationsgeschichtlichen Methoden und der Forschungsgeschichte findet. Aus Platzgründen kann deshalb
unter Hinweis auf dieses Werk eine kleine Auswahl an älteren Literaturhinweisen genügen. Für die einzelnen Regionen wird
jeweils eine Auswahl der wichtigsten Untersuchungen genannt. Die archäologischen Angaben stützen sich auf die zu-
sammenfassenden Darstellungen von LICHARDUS & LICHARDUS-ITTEN (1985), BREUNIG (1987) und HÖNEISEN (1990).

Mediterrane Zone (M)


Die Grundzüge der letztglazialen und holozänen Vegetationsgeschichte des Mittelmeerraums
unterscheiden sich von denen der nördlicheren Teile Europas vor allem durch die Anwesenheit
immergrüner Gehölze schon vom Tertiär an, durch die Überdauerung vieler sommergrüner Gehölze
in Glazialrefugien während der pleistozänen Kaltzeiten und durch den intensiven und langdauernden
menschlichen Einfluß auf die Vegetation während des Holozäns in Verbindung mit einer hoch-
entwickelten Landwirtschaft. Drei Regionen können unterschieden werden, nämlich die westliche,
die zentrale und die östliche Region.

Westmediterrane Region (Ma)


Die Region umfaßt den größeren Teil der Iberischen Halbinsel sowie die Südküste Frankreichs,
somit ein Gebiet vielgestaltiger Relief-, Klima- und Vegetationsgliederung, aus dem bisher erst
relativ wenige vegetationsgeschichtliche Informationen vorliegen.
Im älteren Spätglazial waren Artemisia-Steppen mit zerstreuten Pinus-Vorkommen verbreitet. Im
jüngeren Spätglazial und zu Beginn des Holozäns breiteten sich sommergrüne Quercus-Wälder aus,
in höheren Lagen mit Betula. Corylus blieb stets von untergeordneter Bedeutung. Sowohl sommer-
grüne als auch immergrüne Quercus-Arten konnten die pleistozänen Kaltzeiten vermutlich in
Glazialrefugien in dieser Region überdauern. Immergrüne Quercus und andere immergrüne Gehölze
waren im küstennahen Süden und Südwesten bereits im Spätglazial vorhanden, in anderen Gebieten
seit etwa 8 000 BP. Die Ausbreitung der immergrünen Arten nach Norden ins Inland dürfte durch
menschlichen Einfluß in Form von Beweidung, Feuer und Bodenerosion stark gefördert worden
sein. Für die endemische Abies pinsapo muß ein Glazialrefugium im südspanischen Gebirge
angenommen werden. Fagus sylvatica und Abies alba breiteten sich in Südfrankreich und den
Pyrenäen in der ersten Hälfte des Holozäns von Ost nach West aus.
Die ältesten, auf etwa 7 500 BP datierten neolithischen Kulturen sind in Südspanien und Süd-
frankreich nachgewiesen. Aber auch in anderen Gebieten sind von dieser Zeit an Einflüsse der
Beweidung auf die Vegetation erkennbar. In den Gebirgsplateaus Portugals und Spaniens ist nach
pollenanalytischen Daten intensiver Anbau von Getreide und Olea ab etwa 3 000 BP vorhanden,
verbunden mit starken Landschaftsveränderungen, wie zum Beispiel der Ausbreitung von Erica
arborea als Folge zunehmender Weidewirtschaft.

91
3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Einzelheiten können u. a. den Arbeiten von FLORSCHÜTZ & MENÉNDEZ AMOR (1962), MENÉNDEZ AMOR & FLORSCHÜTZ
(1964), FLORSCHÜTZ et al. (1971), JANSSEN & WOLDRINGH (1981), PONS (1980), PONS & REILLE (1988), VAN DER KNAAP
(1990), VAN DER KNAAP & VAN LEEUWEN (1991) entnommen werden.

Zentralmediterrane Region (Mb)


Die Region umfaßt Korsika, Sardinien und Sizilien, den größeren Teil der Apenninen-Halbinsel
sowie den schmalen Ostrand der Adria. Sie weist, ähnlich wie die vorige, ein sehr vielgestaltiges
Relief auf (mit Gipfeln bis 3270 m auf Sizilien und 2710 m auf Korsika) mit entsprechender Klima-
und Vegetationsstufung. Lokale Vergletscherungen in den Kaltzeiten hatten kaum direkten Einfluß
auf die Vegetationsgeschichte.
Das ältere Spätglazial war zunächst noch durch weitgehende Waldlosigkeit gekennzeichnet. Die
vorherrschenden Artemisia-Steppen dürften aber, vor allem in den als Glazialrefugien anzusehenden
südlichsten Teilen der Apenninen-Halbinsel, von kleinen und kleinsten Baum-Populationen som-
mergrüner Laubgehölze und Abies durchsetzt gewesen sein. Im jüngeren Spätglazial war eine
Parkvegetation vorhanden, hauptsächlich mit sommergrünen Quercus-Arten und anderen laubwer-
fenden Gehölzen (Ulmus, Tilia, Fagus, Carpinus, Corylus), aber auch mit verschiedenen Pinus-
Arten und vereinzelt Abies.
Im Holozän herrschten anfangs in tieferen Lagen sommergrüne Quercus-Mischwälder vor, in
Berglagen Fagus-Abies-Wälder. Erst in der zweiten Hälfte des Holozäns begann immergrüne
Vegetation allmählich die sommergrünen Eichenwälder zu ersetzen, offensichtlich in Verbindung
mit lokaler Beweidung durch Haustiere vorgeschichtlicher Menschen sowie mit Rodung durch
Feuer und fortschreitender Bodenerosion. In Süditalien wird der Beginn des Neolithikums von den
Archäologen auf etwa 7 500 BP (6 300 BC) angesetzt, die Anfänge des Getreidebaus in größerem
Ausmaß auf etwa 6 500 BP. Die extensive Entwaldung und der intensive Ackerbau sind mit etwa
3 000 BP jedoch merklich jünger. Inseln wie Korsika weisen in mancher Hinsicht eigenständige
vegetationsgeschichtliche Züge auf: Pinus nigra subsp. laricio war hier lokal seit mindestens
12 000 BP vorherrschend, Erica arborea bereits seit der ersten Hälfte des Holozäns. Mit der Periode
des Römischen Reiches waren besonders in der zentralmediterranen Region große Vegetationsver-
änderungen verbunden, indem sekundär zahlreiche neue Pflanzengesellschaften entstanden.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten sei u. a. auf die Arbeiten von BEUG (1961, 1964, 1975), BONATTI (1970), GRÜGER (1977),
SCHNEIDER (1985) und JAHNS (1990) verwiesen. Die Vegetationsgeschichte von Korsika wurde beschrieben von REILLE
(1975).

Ostmediterrane Region (Mc)


Hierzu gehört der Südteil der Balkan-Halbinsel und der ägäische Inselbereich. Den großen Höhen-
unterschieden in der Region (Olymp 2911 m) entsprechen sehr vielfältige Klima- und Vegetations-
verhältnisse. Die lokalen Gebirgsvergletscherungen während der pleistozänen Kaltzeiten hatten
kaum Einfluß auf die Vegetationsentwicklung.
Im älteren Spätglazial waren zunächst Steppen mit Artemisia, Ephedra u. a. vorherrschend, die
– wahrscheinlich vor allem in mittleren Höhenlagen – von kleinen, isolierten Baumpopulationen

92
Karte der natürlichen Vegetation Europas 3

durchsetzt waren. In der Region werden die Glazialrefugien vieler europäischer Gehölze vermutet,
u. a. von Abies, Acer, Carpinus betulus, Ostrya, Fagus, Fraxinus, Ulmus, Tilia, Corylus, Olea,
Quercus (sommer- und immergrüne Arten). Danach breiteten sich sommergrüne Laubwälder
(laubwerfende Quercus-Arten, Ulmus, Tilia, Ostrya) aus, lokal auch Nadelwälder mit Pinus. In
höheren Lagen entstanden vereinzelt Wälder mit Fagus und Abies. In der ersten Hälfte des Holozäns
bedeckten Laubmischwälder die Region bis in die Hochlagen, teils mit vorherrschender Quercus,
teils mit Fagus. Nach etwa 6 500 BP gesellte sich Ostrya/Carpinus orientalis hinzu.
Die tieferen Lagen der Region mit sommergrünen Eichenmischwäldern wurden vom Menschen
bereits sehr früh besiedelt: Erste Weide-Kulturen (Ziegen, Schafe) breiteten sich bereits zwischen
10 000 und 9 000 BP aus. Erster Getreidebau wurde von Archäologen für den Zeitraum zwischen
9 000 und 8 000 BP nachgewiesen. Nach palynologischen Daten kann der Beginn intensiven Acker-
baus und von Fruchtkulturen (Getreide, Olea, Vitis, Juglans, Castanea), verknüpft mit extensiven
Abholzungen, auf etwa 3 000 BP angesetzt werden, was ungefähr der Hellenischen Periode ent-
spricht. Rodungen, Beweidung und Feuer mit nachfolgender Bodenerosion begünstigten die sekun-
däre Ausbreitung immergrüner Gehölze (Quercus ilex, Pistacia etc.). In Kalkgebieten führte die
starke Bodenabtragung zu Karstbildungen. Im Gefolge sekundärer Wanderungen zahlreicher Pflan-
zen kam es zur Bildung natürlich wirkender xerischer Pflanzengesellschaften und zu Verschiebun-
gen in der vertikalen Vegetationsstufung. Nur einige wenige Gebirgsräume konnten ihren natürli-
chen Vegetationscharakter beibehalten.
Ein vegetationsgeschichtlicher Überblick über die Region stammt von VAN ZEIST & BOTTEMA (1982) und BOTTEMA (1982).
Über kleinere Teilgebiete informiert u. a. BOTTEMA (1974, 1979, 1980), ATHANASIADIS (1975), TURNER & GREIG (1975 .

Temperate Zone (T)


Die sommergrünen Laubwaldgebiete West-, Mittel- und Osteuropas und die darin enthaltenen Ge-
birge bilden die temperate Zone. Allgemein gesehen ist die Vegetationsentwicklung dieser Räume
durch die Abfolge von waldloser Vegetation zu Betula-Pinus-Wäldern im Spätglazial und frühen
Holozän und anschließender Ausbreitung sommergrüner Breitlaubmischwälder, teilweise unter
Beteiligung verschiedener Nadelhölzer, gekennzeichnet. In den nicht vergletscherten periglazialen
Gebieten außerhalb der großen Eisdecken blieben die Böden und die Pflanzendecke während des
ganzen Pleistozäns erhalten, wenn auch in vielfach wechselnder Ausprägung. In den in den Glazia-
len eisbedeckten Gebieten dagegen startete die Entwicklung mehrfach mit Initialphasen auf zunächst
vegetationslosen Rohböden. Die menschliche Besiedlung der Region, mit Rückgang der Bewaldung
und Änderung der Vegetation als Folge, begann spätestens um etwa 7 500 BP von Südosten her und
erreichte erst im Mittelalter einen Abschluß. Unter Einbeziehung der durch besondere Vegetations-
abfolgen ausgezeichneten Gebirgsregionen können acht Regionen unterschieden werden.

Balkanische Region (Te)


Die Region umfaßt die in der temperaten Zone gelegenen Gebirgsräume der Balkan-Halbinsel
(Dinariden, Rhodopen etc.) sowie das danubische Tiefland, also einen beträchtlichen Teil Südost-
europas. Teilweise waren hier während des letzten Glazials lokale Vergletscherungen vorhanden.

93
3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Zusammen mit der ostmediterranen Region (Mc) gehört die Region zu den vegetationsgeschichtlich
besonders wichtigen Gebieten mit Glazialrefugien vieler europäischer Gehölze, u. a. von Abies alba,
Acer, Carpinus betulus, Fagus, Fraxinus excelsior, Ostrya, Tilia, Ulmus, sommergrünen Quercus-
Arten. Trotz der Bedeutung dieser Region liegen – mit Ausnahme von Bulgarien – erst wenige
vegetationsgeschichtliche Untersuchungen vor.
Im Spätglazial waren die Berglagen mit offener Steppenvegetation bedeckt, die von Pinus-Bestän-
den aus den Untergattungen Diploxylon (P. sylvestris, P. nigra, P. heldreichii u. a.) und Haploxylon
(P. peuce) durchsetzt waren. Bestände der als glaziale Überdauerer bereits oben erwähnten sommer-
grünen Laubgehölze gab es wahrscheinlich in tieferen Lagen. Im Holozän ist die Vegetations-
entwicklung vor allem durch die starke Ausbreitung von Quercus-Mischwäldern mit Carpinus,
Ostrya, Ulmus und Tilia gekennzeichnet. Im mittleren Holozän erreichten diese Wälder größere
Meereshöhen als heute. Die Massenausbreitung von Abies erfolgte zwischen 6 000 und 4 000 BP,
diejenige von Fagus offenbar erst später, nach 4 000 BP.
In der Region breiteten sich Ackerbau-Kulturen, ähnlich wie in der ostmediterranen Region, sehr
früh aus. Archäologische Funde neolithischer Besiedlung reichen bis etwa 7 500 BP zurück. Nach
3 500 BP wurden ausgedehnte Berggebiete durch die unter griechischem Einfluß sich ausbreitende
Schafhaltung entwaldet. Dies führte zu Bodenerosion, Verkarstung und sekundärer Ausbreitung
vieler Pflanzen.
Grundsätzliche Informationen können den Arbeiten von BOðILOVA & TONKOV (1990), FILIPOVITCH (1976, 1987) entnommen
werden.

Mitteleuropäische Region (Tc)


Die Region besteht aus Tiefebenen im Norden und am südlichen Alpenrand sowie aus zahlreichen
Mittelgebirgen (Harz bis 1142 m, Riesengebirge bis 1602 m, Erzgebirge bis 1244 m, Bayerisch-
Böhmischer Wald bis 1456 m, Schwarzwald bis 1493 m, Vogesen bis 1426 m, Französisches
Zentralmassiv bis 1886 m, Nord-Apennin bis 2165 m). Die Hochgebirge der Pyrenäen (Tf), der
Alpen (Tg) und der Karpaten (Th) werden als eigene Regionen gesondert besprochen. Der Nordrand
der Mitteleuropäischen Region war während des letzten Glazials von den Ausläufern des nordischen
Inlandeises bedeckt, und aus dem Alpenraum reichte die Eisdecke weit ins Vorland hinaus. Die
höheren Mittelgebirge wiesen lokale Vergletscherungen auf. In allen diesen eisbedeckten Gebieten
schmolzen die Gletscher schon im älteren Spätglazial ab. Der größere Teil der Region blieb jedoch
unvereist. In diesen periglazialen Gebieten – vor allem auch in denen, die im vorletzten, größten
Glazial eisfrei geblieben waren – sind dementsprechend alte Böden vorhanden, die über sehr lange
Zeit hinweg eine Pflanzendecke trugen.
Die Wiederbewaldung der von offenen Steppentundren besetzten Landschaften erfolgte in tieferen
Lagen bereits im Spätglazial: im Süden um 12 500 BP im Bölling, im Norden etwas später im
Alleröd. Im Nordwesten und Westen stand sie zunächst unter der Vorherrschaft von Betula, im
Südwesten, Südosten und Osten war Pinus (sylvestris) stark beteiligt. In der ersten Hälfte des
Holozäns war die Entwicklung, bis zum Boreal, vor allem im Westen durch die Massenausbreitung

94
Karte der natürlichen Vegetation Europas 3

von Corylus gekennzeichnet, anschließend im Atlantikum durch die Ausbreitung von Quercus,
Ulmus, Tilia und anderen sommergrünen Gehölzen. Von der zweiten Hälfte des Holozäns an
breitete sich von Südosten nach Nordwesten und Norden fortschreitend Fagus aus, im Südosten und
Osten auf Kosten von Picea, im Westen auf Kosten der Quercus-Mischwälder. Im Süden wurde
Fagus von Abies alba begleitet und zeitweise mengenmäßig übertroffen. Im Holozän drang auch
Picea abies allmählich von Ost nach West in die Mittelgebirge nördlich der Alpen vor, ohne daß es
dort jedoch zu so starker Ausbreitung wie in den Hochkarpaten, am Alpenrand und im Alpeninneren
kam. Die geschilderte Entwicklung wird seit FIRBAS (1949) als „mitteleuropäische Grundfolge“
bezeichnet. Entsprechend der beträchtlichen räumlichen Ausdehnung der Region ist diese Abfolge
von waldloser Vegetation ÷ Betula/Pinus ÷ Corylus/Quercetum mixtum ÷ Fagus bzw. Fagus/
Abies im Einzelnen je nach geographischer Lage und Höhenstufe etwas unterschiedlich.
Erste inselartig verteilte Waldrodungen in den Lößgebieten der Altsiedlungslandschaften kenn-
zeichnen den Beginn des Neolithikums in den Tieflagen, im Südosten und im Zentrum um 7 000 BP,
im Norden um 5 000 BP. Über die Bronzezeit und Eisenzeit hinweg bis zum Mittelalter verstärkten
sich diese Eingriffe dort nachhaltig. In den jungbesiedelten Mittelgebirgen reichen die Anfänge der
Landwirtschaft dagegen oft nur bis ins Mittelalter zurück. Großflächige Rodungen, Weidewirtschaft
und Ackerbau lösten häufig sekundäre Pflanzenwanderungen aus, veränderten natürliche Grenzen
der Vegetationsstufen und führten im Flachland zur Bildung von Xerotherm-Gesellschaften, in
höheren Lagen zur Ausbreitung offener Feuchtvegetation. Die Entstehung von Wiesen, Weiden und
anderen Ersatzgesellschaften der Kulturlandschaft geht auf diese Vorgänge zurück.
Unter den vegetationsgeschichtlichen Übersichten bildet das Werk von FIRBAS (1949, 1952) über Mitteleuropa nördlich der
Alpen immer noch eine wichtige Quelle. Dänemark wird von IVERSEN (1973) behandelt. Von Einzelarbeiten mit wichtigen
Standard-Pollendiagrammen sei hier nur BERGLUND, BIRKS, RALSKA-JASIEWICZOWA & WRIGHT (1996) erwähnt.

Atlantische Region (Tb)


Die Region umfaßt den Großteil der Britischen Inseln sowie den küstennahen Streifen des europäi-
schen Festlandes, der vom südwestlichen Norwegen bis zum Norden Portugals reicht. Auch in
diesen Bereichen handelt es sich teils um Gebirge, teils um Tiefländer, die nicht nur in ihrer
heutigen Vegetation, sondern auch in ihrer vegetationsgeschichtlichen Entwicklung Unterschiede
aufweisen.
Die höheren Gebiete Schottlands und Nordenglands lagen ebenso wie die von Wales und Irland
während des letzten Glazials unter einer zusammenhängenden Eisdecke, die bis zum Ende des
Spätglazials bereits auf eine relativ kleine Restfläche abgeschmolzen war. Die eisfrei gewordenen
Gebiete wurden im Spätglazial von einer offenen Pioniervegetation besiedelt, die mit Salix herba-
cea, Betula nana, Juniperus u. a. den Charakter einer Zwergstrauch-Tundra besaß. Während des
Alleröds dürften vereinzelt auch Baumbirken-Bestände vorhanden gewesen sein. Erst im Präboreal
wurden aber Betula und Pinus sylvestris die vorherrschenden Holzarten. Corylus breitete sich ab
9 000 BP aus, Quercus und Ulmus erschienen während des Atlantikums und bildeten zerstreut
vorkommende Quercus-Mischwälder. Während des Atlantikums breitete sich auch Alnus rasch aus.
Gleichzeitig begann jedoch auch ein allmählicher Rückgang der Bewaldung mit Versumpfungs-

95
3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

erscheinungen und der Bildung von Deckenmooren (blanket bogs). Der Beginn stärkerer mensch-
licher Eingriffe in die Vegetation dürfte in den Zeitraum zwischen der ersten neolithischen Besied-
lung um 5 000 BP und der Intensivierung in der Bronzezeit, ab 3 500 BP, fallen. Insbesondere die
Beweidung durch Vieh und Schafe begünstigte die Bildung der Deckenmoore und löste die Ent-
stehung von Heiden und Grasflächen aus.
In den Tieflagen Englands, Irlands und des atlantischen Festlandsstreifens verlief die Vegetations-
entwicklung im Spätglazial und frühen Holozän zunächst sehr ähnlich. Im Boreal und Atlantikum
herrschten Quercus-Mischwälder vor, und auch Alnus breitete sich rasch aus. Eine charakteristische
Erscheinung der Vegetationsgeschichte dieser Region ist der sogenannte „Ulmus-Abfall“ um etwa
5 000 BP. Fagus erreichte die Region erst spät, zwischen 3 000 und 1 000 BP, konnte aber nicht zu
einer bedeutsameren Rolle in der Vegetation gelangen. In Irland, Nordengland und Schottland fehlt
Fagus von Natur aus ganz.
Anthropogene Veränderungen und Umwandlungen von Vegetation und Flora begannen in diesem
Teil Europas im Verlauf des Neolithikums von etwa 5 000 BP an. Die landwirtschaftliche Tätigkeit
der frühen Siedler bestand hauptsächlich aus Ackerbau und Beweidung. Für die früheste Besiedlung
war der sogenannte Landnam-Typ in Gestalt zerstreuter lokaler Rodungsflächen innerhalb der
Waldlandschaft charakteristisch. Von der Bronzezeit an begannen ausgedehntere Abholzungen, mit
einem Maximum in der Römerzeit und im Mittelalter.
Nähere Informationen können vor allem den zusammenfassenden Darstellungen von GODWIN (1975), PENNINGTON (1969)
und IVERSEN (1973) sowie der Arbeit von TURNER (1965) entnommen werden.

Osteuropäische Region (Td)


Die Region umfaßt den Westen der Ukraine, das südliche Weißrußland und Teile von Zentral-
rußland, insgesamt tiefgelegene, flache oder leicht hügelige Landschaften. Während des letzten
Glazials blieb der größte Teil des Gebietes eisfrei. HUNTLEY & BIRKS (1983) vermuten in der
Region Glazialrefugien von Acer, Ulmus, Tilia und vielleicht auch Corylus.
Im älteren Spätglazial waren Steppen verbreitet, die im Alleröd durch Pinus-Betula-Wälder ersetzt
wurden. Im frühen Holozän breiteten sich zerstreut Laubhölzer wie Quercus, Acer, Tilia, Ulmus,
Carpinus in den weiterhin von Pinus beherrschten Wäldern aus. Im mittleren Holozän nahmen vor
allem im Westen Quercus-Mischwälder mit Corylus zu. Gleichzeitig begann auch die Ausbreitung
von Alnus, und von Nordosten her drang Picea vor. Dagegen erreichten Fagus und Abies die Region
nicht.
Obwohl archäologische Daten den Beginn des Neolithikums bereits um etwa 6 000 BP belegen,
geben ukrainische und russische Pollendiagramme bisher fast keine Hinweise auf frühe landwirt-
schaftliche Kulturen. Die bisher ältesten pollenanalytischen Anzeichen für Ackerbau (Getreide,
Centaurea cyanus) stammen aus dem Zeitraum 2 500 bis 2 000 BP. In Kulikovo Pole südlich
Moskau ist Fagopyrum um 900 BP nachgewiesen (KHOTINSKIJ unpubl.). Weißrußland und die
nordwestliche Ukraine wurden von Jäger- und Fischerpopulationen besiedelt, die die Naturland-
schaft wenig veränderten. Infolge der wiederholten Einfälle kriegerischer Nomadenvölker aus Asien

96
Karte der natürlichen Vegetation Europas 3

wurde die Kontinuität der Ackerbau-Kulturen immer wieder unterbrochen. Ähnlich wie in der
Pontischen Zone (P) ist deshalb Siedlungsdiskontinuität sehr charakteristisch.
Hinsichtlich ausführlicherer Information sei auf KHOTINSKIJ (1984), ARTJUŠENKO, PAŠKEVIC, PARIŠKURA & KAREVA (1973),
ARTJUŠENKO, ARAP & BEZUS‘KO (1982), BEZUS‘KO, ILVES & KAJUTKINA (1980), BEZUS‘KO, KAJUTKINA, KOVALJUCH &
ARTJUŠENKO (1985) verwiesen.

Hemiboreale Region (Ta)


Zu dieser Region rechnet man den Übergangsbereich von der borealen zur temperaten Zone, näm-
lich Südskandinavien, die baltischen Staaten und den äußersten Südwesten Finnlands, ferner das
nördliche Weißrußland und einen nach Osten auslaufenden Keil in Mittelrußland. Große Teile der
Region befanden sich im letzten Glazial unter der Decke des Inlandeises. Bis zum Ende des Spät-
glazials war jedoch das ganze Gebiet bereits eisfrei.
Vom Beginn des Holozäns an waren Pinus sylvestris und Betula sect. Albae die vorherrschenden
Gehölze. Picea abies drang von den im Osten gelegenen Glazialrefugien aus allmählich nach
Westen vor und erreichte das Baltikum erst um etwa 5 000 BP, Südschweden um 2 000 BP. Einige
sommergrüne Breitlaubgehölze – wie Corylus, Quercus, Tilia, Ulmus – wanderten im frühen Holo-
zän von Süden her in die Region ein und gelangten vor allem im Atlantikum neben den Nadel-
hölzern zu größerer Bedeutung. Carpinus drang erst nach 5 000 BP ins Baltikum vor.
Obwohl die Region spätestens seit der Bronzezeit mehr oder weniger kontinuierlich besiedelt war,
hielten sich die Vegetationseingriffe der Jäger- und Fischerbevölkerung in Grenzen. Erste Spuren
von Rodungen und Ackerbau sind in südschwedischen Pollendiagrammen zwischen 4 000 und
3 500 BP erkennbar, in baltischen dagegen erst wesentlich später, um 1 000 BP. Nach archäologi-
schen Befunden geht der Ackerbau dort jedoch bis in den Zeitraum zwischen 3 800 und 3 000 BP
zurück, dürfte aber angesichts der fehlenden Widerspiegelung im Pollenniederschlag nur von
geringer Bedeutung gewesen sein. Die großen, mit starkem Bewaldungsrückgang verbundenen
landschaftlichen Veränderungen begannen erst im Mittelalter.
Als wichtige Informationsquellen seien vor allem die Arbeiten von BERGLUND (1991) und KHOTINSKIJ (1984) genannt.

Karpaten-Region (Th)
Der größte Teil der Region blieb während der pleistozänen Kaltzeiten unvereist. Nur die höchsten
Berge (Hohe Tatra bis 2663 m, Südkarpaten bis 2544 m) waren während des letzten Glazials von
lokalen Gletschern bedeckt, die jedoch bereits im frühen Spätglazial abschmolzen. Dem stark
gegliederten Relief entsprechend sind auch die Klima-, Boden- und Vegetationsverhältnisse sehr
vielfältig. In den Tieflagen der Westkarpaten bestanden offenbar Glazialrefugien der Nadelhölzer
Larix, Pinus cembra und Picea. Ob auch Laubhölzer (wie Acer, Corylus, Fagus, Fraxinus, Tilia,
Ulmus) – etwa in den Südkarpaten – dort das letzte Glazial überdauerten, bedarf noch weiterer
Prüfung.
In der spätglazialen Vegetation war in der ganzen Region Pinus das dominierende Gehölz. Be-
sondere Verhältnisse herrschten in den innermontanen Becken der Westkarpaten. Hier gab es offene

97
3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Wälder mit Pinus cembra, P. sylvestris und vielleicht auch P. mugo, Larix decidua, Picea abies und
Juniperus. Nach etwa 4 000 BP ersetzten Fagus-Mischwälder mit Abies und Picea die Pinus-Picea-
Bestände der mittelmontanen Lagen. Nur in der hochmontanen Stufe, vor allem der Hohen Tatra
und ihren Ausläufern, blieb Picea bestimmend. In den Süd- und Ostkarpaten entwickelten sich in
den tieferen Lagen schon im Präboreal und Boreal Quercus-Mischwälder mit Ulmus, Tilia und
Corylus, in den Westkarpaten dagegen erst etwas später, im Atlantikum. Carpinus drang im Verlauf
des frühen und mittleren Holozäns vom Südosten der Karpaten aus nach Nordwesten vor.
Die Tieflagen der Karpaten und ihrer Ausläufer wurden schon um 7 000 BP von neolithischen
Siedlern bewohnt. Die landwirtschaftliche Nutzung reicht über die Bronzezeit bis in die historischen
Perioden; ein stärkerer Rückgang der Bewaldung im Gefolge umfangreicherer Rodungen erfolgte
aber vor allem im Mittelalter und in der Wallachischen Kolonisierungsphase im 16. und 17. Jahr-
hundert. Die Wallachische Haustierwirtschaft, mit Sommerweiden in den Bergen, prägte in hohem
Maße die heutige Landschaft und Vegetation und führte vielerorts zu einer anthropogenen Absen-
kung der alpinen Waldgrenze.
Nähere Informationen finden sich u. a. in KOPEROWA (1962, 1970), KRIPPEL (1963, 1986).

Alpen-Region (Tg)
Die Alpen waren im letzten Glazial, ebenso wie in den vorhergehenden Kaltzeiten, von einer
mächtigen Eisschicht bedeckt. Nicht vergletschert waren nur der Südwesten und der äußerste Osten
des Gebirges sowie einige Nunatak-Gebiete (eisfreie Flächen innerhalb vergletscherter Bereiche) am
Nord- und Südrand. Im Verlauf des Spätglazials schmolzen die Gletschermassen bis weit ins
Alpeninnere ab. Heute sind nur noch wenige Gletscher zurückgeblieben. Beträchtliche Höhenunter-
schiede und stark wechselnde geologische Verhältnisse bedingen die große ökologische Vielfalt der
Region.
Im nordöstlichen, östlichen und südöstlichen Umfeld des Alpenrandes konnte Picea abies mögli-
cherweise an lokalklimatisch günstigen Stellen die letzte Eiszeit überdauern. Im jüngeren Spät-
glazial herrschten in den tieferen Lagen Pinus sylvestris, P. cembra, Larix und Juniperus vor, in den
höheren Lagen offene Pionier- und Rasenvegetation. In der anschließenden holozänen Vegetations-
entwicklung gab es Unterschiede zwischen den Randalpen und den Zentralalpen. Picea abies
wanderte in die Zentralalpen von Osten bzw. Südosten her ein, im wesentlichen zwischen 11 000
und 5 000 BP, ohne jedoch die französischen Südwestalpen zu erreichen. Die Waldgrenze, die von
Pinus cembra-Larix-Juniperus-Wäldern gebildet wurde, dürfte im Atlantikum maximal 200 m höher
als heute gelegen haben. An der Waldgrenze spielte ab etwa 5 000 BP auch Alnus alnobetula viel-
fach eine bedeutende Rolle. In den Randalpen und deren unmittelbarem Vorland kam es in den
tieferen Lagen im Boreal und Atlantikum zu einer Massenausbreitung von Corylus. Anschließend
entwickelten sich sommergrüne Quercus-Mischwälder, in die von Südosten her, etwa von 6 000 BP
an, Carpinus einwanderte. Zwischen 7 000 und 5 000 BP entwickelten sich Mischwälder mit Fagus,
Abies und teilweise auch Picea.

98
Karte der natürlichen Vegetation Europas 3

Die tieferen Lagen der Alpen und ihres Vorlandes wurden vom neolithischen Menschen von etwa
7 000 BP an besiedelt. Größere Beweidungseinflüsse im Gebirge lassen sich bis zur Römerzeit
zurückverfolgen. In dieser Periode nahm in den breiten Alpentälern und Becken die zuvor nur lokale
Entwaldung größeres Ausmaß an und erreichte im Mittelalter den gegenwärtigen Stand. Der
anthropogene Bewaldungsrückgang und die Weidewirtschaft ermöglichten der alpinen Flora se-
kundäre Ausbreitung und führten zu einer generellen Absenkung der Waldgrenze.
Ein Überblick über die Vegetationsgeschichte der Alpen liegt von KRAL (1979) vor. Zahlreiche Informationen sind u. a.
enthalten in BORTENSCHLAGER (1970), BURGA & PERRET 1998, WEGMÜLLER (1977), WELTEN (1982) und in den von
FRENZEL (1972) und LANG (1985) herausgegebenen Symposiumsbänden.

Pyrenäen-Region (Tf)
Das im Südwesten Europas gelegene Hochgebirge weist Gipfel bis über 3400 m auf. Ähnlich wie in
den Alpen und Karpaten bedingen die großen Höhenunterschiede vielfältige Klima- und Vegetations-
verhältnisse, die sich auch in der Vegetationsgeschichte widerspiegeln. Die letztglaziale Verglet-
scherung schmolz bereits im frühen Spätglazial rasch ab.
Schon im älteren Spätglazial wurde in tieferen (300–1100 m) und mittleren Lagen (1100–1800 m)
die zunächst vorherrschende Steppe von Pinus-Betula-Wäldern abgelöst. Sommergrüne Quercus-
Mischwälder mit Corylus und Ulmus, jedoch erst später auch mit Tilia, breiteten sich schon zu
Beginn des Holozäns aus. Zwischen 8 000 und 5 000 BP drang Abies von Ost nach West vor, gefolgt
von Fagus zwischen 4 500 und 4 000 BP. Es entstanden Fagus-Abies-Mischwälder. Die für die
Karpaten und Alpen charakteristische Picea erreichte die Pyrenäen nicht. In Hochlagen (über
1800–2000 m) blieb deshalb Pinus das ganze Holozän über vorherrschend, wobei es vermutlich zu
nicht unbeträchtlichen Schwankungen der alpinen Waldgrenze kam. Quercus-Mischwälder dürften
wohl nur im mittleren Holozän in größere Höhen als heute vorgedrungen sein.
Weidewirtschaft ist im Gebirge seit etwa 4 000 BP nachgewiesen, ohne daß sich jedoch vor dem
Mittelalter ein größerer Bewaldungsrückgang abzeichnet. In Tieflagen und im Vorland konnten die
ältesten Spuren von Ackerbau auf etwa 5 000 BP datiert werden; in mittleren Gebirgslagen stammen
sie dagegen erst aus dem Mittelalter.
Nähere Informationen finden sich u. a. in MONTSERRAT MARTI (1992).

Kolchis- und Kaukasus-Region (K)


Die Region umfaßt vier Unterregionen mit unterschiedlichem Landschaftscharakter, die hier jedoch
zusammengefaßt behandelt und auch in Karte 5 nicht weiter aufgeschlüsselt werden, nämlich den
Großen Kaukasus, den Kleinen Kaukasus, die dazwischen liegende Hochebene im Osten mit dem
Flußtal der Kura, sowie die Kolchis im Westen. Die Gebirgsregionen waren während der kältesten
Abschnitte des Pleistozäns vergletschert. Heute dagegen sind nur noch in den höchsten Lagen des
Großen Kaukasus kleine lokale Gletscher vorhanden. Die beträchtlichen Höhenunterschiede (Elbrus
5633 m), vielfältige geologische Verhältnisse und die Lage im Schnittpunkt mehrerer pflanzen-
geographischer Gebiete Eurasiens beeinflussten die vegetationsgeschichtliche Entwicklung und
damit auch den heutigen Zustand. Die Einwanderung und Ausbreitung sowie der Austausch von

99
3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Pflanzensippen von und nach anderen Regionen Europas konnte im Quartär wegen verschiedener
Barrieren und mangelnder geeigneter Wanderwege stets nur in beschränktem Umfang stattfinden,
zum Beispiel über die Krim, aber auch über das nördliche Anatolien. Die gegenwärtige Flora und
Vegetation zeichnet sich deshalb stark durch eigenständige pflanzengeographische Züge aus. Der
Kaukasus bildet insgesamt ein wichtiges Rückzugs- und Entwicklungszentrum und besitzt innerhalb
Europas den höchsten Anteil an endemischen Pflanzensippen.
Der Große Kaukasus hatte während des ganzen Holozäns den Charakter eines Waldgebirges. Nach
dem Rückgang der Gebirgsvergletscherung entwickelten sich zunächst subalpine und alpine Tundra-
Gesellschaften, die in mittleren Höhenlagen schon im frühen Holozän von Pinus (kochiana)-Betula-
Salix-Gehölzen abgelöst wurden. Die heute ausgedehnten Fagus (sylvatica subsp. orientalis)-, Abies
(nordmanniana)- und Picea (orientalis)-Wälder entstanden im mittleren Holozän.
Im Gegensatz zum Großen Kaukasus war der Kleine Kaukasus während des Holozäns offenbar
weitgehend waldlos und von krautreichen xerophytischen Steppen und Waldsteppen besetzt. Nur
kleine Bereiche waren bewaldet und durchliefen eine Entwicklung ähnlich derjenigen des Großen
Kaukasus.
In den periglazialen Gebieten zwischen den beiden Hauptgebirgszügen, einschließlich des Flußtales
der Kura, konnten für das letzte Glazial Wälder und Waldsteppen nachgewiesen werden. Offenbar
gab es dort zerstreute Reliktvorkommen von sommergrünen Breitlaubgehölzen, die sich dann vom
frühen Holozän an ausbreiteten und im mittleren Holozän u. a. mit Quercus, Castanea, Ulmus,
Carpinus, Acer, Fagus, Pterocarya, Juglans zur Vorherrschaft gelangten, auch unter Beteiligung
von Picea. In dieser Zeit entstanden im Überschwemmungsbereich der Täler ausgedehnte Auenwäl-
der.
In der Kolchis sind eigenständige Züge der Vegetationsentwicklung erkennbar. Im Spätglazial waren
Pinus (kochiana) und Alnus (barbata) vorherrschend, und auch thermophile Bäume waren vorhan-
den. Vom frühen Holozän an entstanden am Fuße der Gebirge Wälder mit Fagus, Castanea,
Quercus, Pterocarya, Picea und weiteren kaukasischen Gehölzen, an Naß-Standorten und in den
Überschwemmungsauen des Tieflandes Bestände mit Alnus (barbata). Für die Vegetationsent-
wicklung der Kolchis ist die stete starke Beteiligung von Farnen recht bezeichnend.
In der Kolchis, in den östlichen Kaukasus-Tiefländern und in Armenien ist sehr früher, wahr-
scheinlich von Mesopotamien her sich ausbreitender Ackerbau nachgewiesen. Mehrfach drangen
Nachbarvölker ein oder durchquerten die kaukasischen Länder. Die großen Gebirgszüge wurden von
Jägern und Hirten bewohnt. Besondere Bedeutung erlangte der Kaukasus als metallurgisches
Zentrum. Die heutigen stark entwaldeten, von Landwirtschaft und Gartenkultur gekennzeichneten
Landschaften entstanden hauptsächlich während der frühen feudalistischen Perioden der trans-
kaukasischen Geschichte, zwischen dem 3. und 9. Jahrhundert n.Chr.
Die vorliegende Übersicht gründet sich vor allem auf die Arbeiten von GOGI„AJŠVILI (1973), KVAVADZE & RUCHADZE
(1989), MARGALIADZE (1973), NEJSTADT (1957), SEREBRJANNYJ & MALJASOVA (1981) und SLUKA (1973).

100
Karte der natürlichen Vegetation Europas 3

Pontisch-kaspische Zone (P)


Die pontisch-kaspische Zone Europas bildet den westlichen Ausläufer des ausgedehnten eurasiati-
schen Waldsteppen-, Steppen- und Halbwüstengürtels. Charakteristisch für das flache, während des
Quartärs unvereist gebliebene Tiefland sind mächtige äolische Quartärablagerungen (Löß mit
Schwarzerdeböden und Sande) und Schwemmsedimente.
Aus der Zone liegen bisher erst wenige pollenanalytische Untersuchungen vor, so daß auf eine
Gliederung in Regionen verzichtet werden muß. Zweifellos stellt das Gebiet einen floristisch
inzwischen veränderten Rest des während der Glaziale in Europa weit verbreiteten Kältesteppen-
und Artemisia-Halbwüstenbereiches dar. Die Vegetationsentwicklung in dieser Zone ist über das
ganze Holozän hinweg durch die Vorherrschaft von Steppengesellschaften mit Artemisia, Poaceen
und Chenopodiaceen ausgezeichnet. Die Nichtbaumpollen-Werte (NBP-Werte) liegen stets zwi-
schen 70 und 90 % der Gesamtpollen. Pollen von sommergrüner Quercus und von Tilia sind
vereinzelt ab 6 000 BP nachgewiesen, jedoch ebenso wie Pollen von Pinus und Betula mit so
geringen Werten, daß ihr Vorkommen im Gebiet fraglich erscheint. Die Hypothese über glaziale
Refugien sommergrüner Breitlaubgehölze in Flußtälern der südlichen Ukraine und Rußlands ließ
sich bis jetzt nicht bestätigen. Im äußersten südwestlichen Randbereich der Zone (Ost-Rumänien
und Ost-Bulgarien) ist im mittleren Holozän ein vorübergehendes Vordringen von Waldsteppe in
den Steppenbereich erkennbar, mit Vorkommen von sommergrünen Quercus, Ulmus, Tilia, Carpi-
nus und Corylus.
In vorlandwirtschaftlicher Zeit bestand die Bevölkerung des altbesiedelten Gebietes im Süden der
Ukraine und Rußlands aus Jägern und Fischern, die entlang der Flüsse lebten und das Grasland nicht
beeinflußten. Erste Hinweise auf Ackerbau finden sich an der bulgarischen Schwarzmeerküste seit
etwa 7 000 BP, im oberen Don-Gebiet seit etwa 4 000 BP. Die Umwandlung von Steppe in Acker-
land erreichte zunächst aber nur begrenzten Umfang, zumal während der wiederholten Einfälle
asiatischer Nomadenvölker die landwirtschaftliche Aktivität immer wieder ganz unterbrochen
wurde. Erst im Mittelalter kam es zu großflächiger ackerbaulicher Nutzung der Steppe, in den
letzten Jahrzehnten der ehemaligen Sowjetunion schließlich zu deren nahezu vollständiger Aus-
löschung.
Aus den Steppengebieten stehen bisher lediglich die pollenanalytischen Untersuchungen von FILIPOVA (1985) und KHOTINS-
KIJ (1984 u. unpubl.) zur Verfügung. Geeignete pollenanalytische Daten zur Vegetationsgeschichte der Halbwüstengebiete
waren uns nicht zugänglich.

Boreale Zone (B)


Die Zone umfaßt den europäischen Teil des zirkumpolaren borealen, überwiegend durch Nadelwäl-
der gekennzeichneten Gürtels, der sich im Norden der Nordhalbkugel quer durch den eurasiatischen
und amerikanischen Kontinent hindurch erstreckt. Der größte Teil des europäischen Gebietes lag
während der pleistozänen Kaltzeiten unter der riesigen zusammenhängenden Decke des nordischen
Inlandeises und schmolz in den Warmzeiten jeweils bis auf kleine Reste im skandinavischen
Gebirge und auf Island zusammen. Oberflächenformen, Böden und Pflanzendecke sind durch diese
Ereignisse stark geprägt und damit auch die spätglaziale und holozäne Vegetationsentwicklung.

101
3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Während des ganzen Holozäns sind mit Ausnahme des hochozeanischen Bereiches im Westen
Betula und Pinus sylvestris die vorherrschenden Gehölze, ferner als weitere wichtige Holzart
borealer Nadelwälder (Taiga) Picea abies, jedoch mit starker zeitlicher Verzögerung von Ost nach
West. Gegenüber der temperaten Zone ist das Ausmaß menschlicher Eingriffe in die Vegetation
wesentlich geringer. So ist, vom Süden abgesehen, Ackerbau verhältnismäßig unbedeutend.
Boreorussische Region (Bc)
Die Region besteht aus dem größten Teil Nordrußlands östlich des Ladoga-Sees und südlich der
Kola-Halbinsel. Der Westen war im letzten Glazial vom Inlandeis bedeckt, wurde aber schon im
Spätglazial eisfrei. Der Osten der Region blieb unvergletschert.
Im Spätglazial und Holozän waren die vorherrschenden Gehölze Betula, Pinus sylvestris und
– zunächst aber nur im Osten – auch Picea abies (z. T. wahrscheinlich P. obovata). Picea besaß
vermutlich in den unvereisten Gebieten im westlichen Vorland des Ural wichtige Glazialrefugien,
von denen aus der Nadelbaum sich im Verlauf des Holozäns über nahezu ganz Fennoskandien
hinweg ausbreitete. Sommergrüne Breitlaubgehölze (Corylus, Tilia, Ulmus, teilweise auch Quercus)
traten, wenn überhaupt, nur während des Atlantikums vereinzelt in den südlichen Gebieten der
Region in Erscheinung. Im Bereich der heutigen Waldtundra, im nördlichen Grenzbereich, war die
polare Waldgrenze während des mittleren Holozäns offenbar vorübergehend nach Norden ver-
schoben. Nach 5 000 BP wurde dann dort aber, als Folge der allmählichen Südverlagerung der
Waldgrenze, die Beteiligung von Betula sect. Nanae (Zwergbirken) und Alnus sect. Alnobetula
(A. fruticosa, Grünerle) wieder größer.
Menschliche Eingriffe in die Vegetation sind bis in die jüngste Zeit kaum nachweisbar, dürften also
nur geringes Ausmaß erreicht haben. Pollenanalytische Hinweise auf lokale Rodungen sind frü-
hestens vom Mittelalter an zu erkennen, solche auf Ackerbau fehlen ganz. Mindestens seit der
Bronzezeit bildeten Jagd, Fischfang und Weidewirtschaft die Lebensgrundlage der lokalen Bevölke-
rung.
Die Übersicht stützt sich vor allem auf die Arbeiten von JELINA (1981) und KHOTINSKIJ (1984).

Fennoskandische Region (Bb)


Die Region umfaßt den Hauptteil Fennoskandiens unter Einbeziehung des skandinavischen Gebir-
ges, jedoch unter Ausschluß des Südens und eines schmalen Küstenstreifens im Westen und Norden.
Die gesamte Region war während des letzten Glazials vom Inlandeis bedeckt. Erst im frühen
Holozän, zwischen 9 000 und 8 000 BP, waren die gewaltigen Eismassen bis auf lokale Gebirgsglet-
scher, etwa im Umfang der heutigen, zurückgegangen. Das Abschmelzen hatte in Nordeuropa
vielfach wechselnde Küstenlinien zur Folge, mit Auswirkungen auf die Vegetationsentwicklung.
Nach dem Abschmelzen wanderten Pinus sylvestris und Betula rasch in die eisfrei gewordenen
Räume ein und bildeten Nadelwälder des Taiga-Typs. Ähnlich wie in der boreorussischen Region
war in kühleren Abschnitten des Spätglazials und des Holozäns Betula, in wärmeren Pinus stärker
vertreten. Picea breitete sich von ihren im Osten gelegenen Glazialrefugien nach Westen und
Südwesten aus: Ostkarelien wurde etwa um 7 500 BP erreicht, Zentralnorwegen dagegen erst um

102
Karte der natürlichen Vegetation Europas 3

1 000 BP. Sommergrüne Breitlaubgehölze (Corylus, Ulmus) drangen nur während des Atlantikums
vorübergehend in die südlichsten Teile der Region vor. Alnus-Arten wanderten zwischen 8 000 und
7 000 BP ein. In den höheren Lagen des skandinavischen Gebirges wurde die zunächst vorhandene
Gebirgstundra von Betula pubescens (s. l.)-Gehölzen abgelöst. Ähnlich wie die polare war auch die
alpine Waldgrenze Schwankungen unterworfen: Am Ende des Boreals und im Atlantikum dürfte sie
etwa 150–200 m höher als heute gelegen haben.
Menschliche Besiedlung und Landwirtschaft waren nach archäologischen Funden in den südlichen
Gebieten von ungefähr 3 500 BP, also von der Bronzezeit an, vorhanden. Rodungen, Beweidung und
Heuwiesen blieben von lokal begrenztem Umfang und veränderten den Waldcharakter der Land-
schaft nicht grundsätzlich. Zerstreute Hinweise auf Ackerbau finden sich erst vom Mittelalter an und
danach.
An wichtigen Arbeiten seien u. a. erwähnt: HAFSTEN (1985), HICKS (1985), HYVÄRINEN (1985), JELINA (1981), MOE (1970),
SEGERSTRÖM (1990), VASARI (1962), VUORELA (1970, 1975).

Boreoatlantische Region (Ba)


Die Region setzt sich zusammen aus dem nördlichen Schottland einschließlich der Äußeren Hebri-
den, ferner der norwegischen Küste, den Inseln im Nordatlantik und Island. Alle diese Gebiete
waren im letzten Glazial eisbedeckt, wurden aber bis zum Beginn des Holozäns eisfrei, mit Aus-
nahme von Island, wo ausgedehnte Gletscher bis zur Gegenwart erhalten blieben.
Die holozäne Vegetationsentwicklung der Region ist insgesamt stark durch Betula geprägt. Im
größeren Teil Schottlands und auf den nordatlantischen Inseln kam es im Holozän offenbar nicht zur
Bewaldung, sondern offene Strauch-Tundren mit Betula nana, Juniperus und Calluna blieben
vorherrschend. Vereinzelt konnten vom Boreal an aber auch Bäume wie Pinus sylvestris und
Quercus einwandern, ebenso auch Corylus. An der norwegischen Küste war die Entwicklung von
etwa 12 000 BP an von Betula pubescens (s. l.) beherrscht. Pinus sylvestris dürfte dort, wenn
überhaupt, nur vereinzelt aufgetreten sein. Auch auf Island waren die eisfreien Flächen von offener
Tundra und Strauch-Tundra besiedelt, und erst im Atlantikum breiteten sich, vor allem im Süden der
Insel, Taiga-artige Baumbirkengehölze aus. Diese gingen jedoch vom Subboreal an, vor allem nach
der Wikinger-Besiedlung um etwa 1 100 BP, infolge von Holzschlag, Feuer und Beweidung wieder
stark zurück.
Die menschlichen Siedler führten in Teilen der Region (norwegische Küste, Shetland- und Färöer-
Inseln) die Schafzucht ein und förderten damit die Entwicklung von Grasland und Heide. Der
anthropogene Einfluß auf die Vegetation blieb aber in dem sehr spät besiedelten Gebiet gegenüber
anderen Bereichen Europas recht gering.
Nähere Einzelheiten können u. a. den Arbeiten von EINARSSON (1961), GLAWION (1985) entnommen werden.

103
3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Arktische Zone (A)


Die Zone umfaßt den nördlichsten Teil Fennoskandiens und Rußlands sowie die arktischen Inseln
im Eismeer. Die im letzten Glazial im Westen vorhandene Eisbedeckung war schon um etwa
13 000 BP abgeschmolzen.
Im Spätglazial dürfte sich auf den eisfrei gewordenen Böden zunächst Frostschutt-Tundra, später
Flechten-Moos-Tundra und danach offene Zwergstrauch- und offene Birken-Tundra ausgebreitet
haben. Im Festlandsbereich war im Boreal Birken-Waldtundra vorhanden, die im nachfolgenden
Atlantikum, zwischen 7 000 und 5 000 BP, durch Taiga mit vorherrschender Picea abies ersetzt
wurde. In dieser war auch Pinus sylvestris und im Osten Pinus sibirica vertreten. Die meisten der
heute vorhandenen subarktischen Moore entstanden in dieser Periode. Nach 4 000 BP wurde die
Taiga wieder nach Süden zurückgedrängt, und Strauch- und Birken-Waldtundra breitete sich wieder
aus. Die heutigen Vegetationstypen haben sich ungefähr bis zum Ende des Subboreals um 2 500 BP
herausgebildet.
Dauersiedlungen gab es in der Region bis in die jüngste Vergangenheit nicht. Nachhaltige Eingriffe
in die Vegetation, hauptsächlich in Form mechanischer Schädigungen, erfolgten erst vor kurzem im
Zusammenhang mit geologischen Prospektionen, Bergbau u. a.
Aufschluß über die Vegetationsentwicklung geben u. a. die Arbeiten von BOLICHOVSKAJA, BOLICHOVSKIJ & KLIMANOV
(1988), HYVÄRINEN (1970), NIKIFOROVA (1980).

Schlußfolgerungen
Die heutige Verbreitung der natürlichen Pflanzengesellschaften und ihre Zonierung, wie sie die
Vegetationskarte Europas zeigt, muß als Ergebnis einer langen, äußerst wechselvoll abgelaufenen
Entwicklung gesehen werden. Auslösende und steuernde Faktoren waren im Verlauf des Holozäns
nicht nur ständige Veränderungen in den Umweltverhältnissen, sondern in immer stärker werden-
dem Ausmaß auch menschliche Eingriffe. In Europa dürfte es heute kaum noch Gebiete geben, die
von menschlicher Aktivität ganz verschont geblieben sind. Selbst die höchsten Berggipfel und die
arktische Tundra sind davon nicht ausgenommen, und sei es auch nur indirekt durch Luftverschmut-
zung oder andere Emissionen.
Selbstverständlich stellt die heutige Vegetation kein stationäres Endstadium der geschilderten
Entwicklung dar, vielmehr läuft dieser dynamische, sowohl durch natürliche als auch durch mensch-
liche Eingriffe ausgelöste Prozeß auch in der Zukunft weiter. Die Vegetationskarte Europas kann
deshalb als Ausgangspunkt für die Verfolgung kommender Veränderungen dienen.

Dank
Die Autoren sind für Informationen, die das Gebiet der ehemaligen UdSSR betreffen, besonders
Dr. G.A. Jelina (Petrozavodsk) und Dr. N. Khotinskij (Moskau) zu Dank verpflichtet.

104
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation A

4 Die natürlichen Vegetationsformationen Europas und ihre Untergliederung


A Polarwüsten und subnival-nivale Vegetation der Hochgebirge
Paul Heiselmayer, mit Beiträgen von Arve Elvebakk (Kapitel A.1) & Giorgi Nachucrišvili (Kauka-
sus)

Charakterisierung und typologische Abgrenzung; geographische Verbreitung


Unter diesem Formationsbegriff werden einerseits die nördlichen polaren Gebiete mit äußerst spär-
licher Vegetation, andrerseits die offenen Vegetationstypen der höchsten Lagen der Hochgebirge
zusammengefaßt. Die zonale Vegetation der polaren Gebiete gliedert sich in die arktischen Polar-
wüsten der Tieflagen (Kartierungseinheiten A1, A2) und der Gebirge oberhalb 400-600 m (A3). Die
Höhenstufen der Hochgebirge weiter südlich sind differenzierter und gliedern sich in eine subnivale
Stufe unterhalb der klimatischen Schneegrenze und eine nivale Stufe oberhalb derselben. Die kli-
matische Schneegrenze liegt in den skandinavischen Gebirgen zwischen 1200 und 1800 m, in den
Alpen zwischen 2800 und 3000 m und im Kaukasus zwischen 2900 und 3100 m.
Neben den zonalen Pflanzengesellschaften mit hohem Anteil an Moosen und Flechten werden hier
auch substratbedingte Gemeinschaften wie Fels- und Schuttfluren sowie schneeliebende Gesell-
schaften einbezogen. Die in der Arktis nach Süden anschließenden Vegetationstypen der Tundra mit
teilweise geschlossener Vegetationsdecke und die in den Hochgebirgen unterhalb angrenzende
alpine Rasenstufe gehören zur Formation B.
Die Hauptverbreitung der Formation A liegt in den polaren Gebieten und den Hochgebirgen
(Karte 6). Die polaren Kältewüsten (A1 bis A3) kommen rund um die Barentssee vor: neben dem
Franz-Josef-Land vor allem im Ostteil von Svalbard und im nördlichen Teil von Nowaja Semlja.
Montane Polarwüsten (A3) finden sich auf Nowaja Semlja und Svalbard.
Die subnivale und nivale Vegetation der borealen Gebirge (A4) ist im Hochland von Island (im
Kartenmaßstab nicht darstellbar) und vor allem im Skandinavischen Gebirge (Skanden) gut ausge-
bildet. In den temperaten und submeridionalen Gebirgen zeigen insbesondere die Alpen weit ge-
streute Vorkommen dieser Formation (A5); im Kaukasus kommt diese Höhenstufe (A6) größerflä-
chig nur im Großen Kaukasus vor, in den anderen Hochgebirgen wird die nivale Stufe nur punktuell
erreicht (z. B. Pico de Aneto in den Pyrenäen) und ist daher in der Karte nicht dargestellt.

Bestandesstruktur und Physiognomie


Sowohl in den arktischen Polarwüsten als auch in den borealen und temperat-submeridionalen
Hochgebirgen zeigt diese Formation prinzipiell den Charakter eines offenen Vegetationstyps mit
zahlreichen Flechten und Moosen.
Die Krautschicht erreicht in den Polarwüsten nur geringe Deckung und ist sehr artenarm, in den süd-
lichen Hochgebirgen jedoch meist artenreicher. Es dominieren hier vor allem kleinwüchsige hemi-
kryptophytische Horstgräser und kleine Polsterpflanzen. In den Polarwüsten fehlen demgegenüber
Polsterpflanzen und die Horstgräser erreichen in den Hochgebirgen höhere Artenzahlen und stärke-
ren Aufwuchs. Hemikryptophyten mit oberirdischen und unterirdischen Ausläufern treten regel-

105
Formation A Karte der natürlichen Vegetation Europas

mäßig auf, Spaliersträucher können innerhalb dieser Formation dagegen nur in den Schneetälchen
der Hochgebirge (insbesondere in den Alpen) Fuß fassen. Die Bodenschicht ist in den Polarwüsten
vor allem durch das zahlreiche Auftreten von Krustenflechten und Lebermoosen charakterisiert,
während in den südlichen Hochgebirgen auch Strauchflechten und Laubmoose hinzukommen.

Floristische Zusammensetzung (Artengefüge)


Die Phanerogamenflora ist sehr artenarm: etwa 100 Arten im Polargebiet (auf Franz-Josef-Land
kommen z. B. nach ALEKSANDROVA (1988) nur 57 Gefäßpflanzenarten vor), kaum mehr in der
Nivalstufe der Alpen; bei Einbeziehung des Kaukasus erhöht sich jedoch die Artenzahl auf über 300
(NACHUCRIŠVILI 1999). Bestimmte Gattungen treten in allen Gebieten auf: u. a. Draba, Papaver,
Ranunculus, Saxifraga, Cerastium, von den Monokotylen hauptsächlich Poaceae und Luzula. In den
Polarwüsten fehlt jedoch die Gattung Carex.
Die Isolation der Hochgebirge führte neben der Bildung zahlreicher Endemiten auch zur stärkeren
Differenzierung der Artenareale. Die Artengarnitur des Kaukasus weist zwar einige Beziehungen zu
den Alpen (Trisetum spicatum, Gnaphalium supinum, Saxifraga moschata u. a.), aber kaum zu den
polaren Regionen auf, dafür jedoch zu den asiatischen Hochgebirgen. Die Beziehung der Alpen zur
Arktis ist hingegen – bedingt durch die Eiszeiten – in Form von arktisch-alpinen Arten wesentlich
stärker (z. B. Oxyria digyna, Saxifraga oppositifolia, Ranunculus glacialis). Häufig kommt es dabei
zu vikariierenden Sippen (z. B. Cardamine bellidifolia subsp. bellidifolia – C. bellidifolia subsp.
alpina). Viele Arten der polaren Gebiete haben demgegenüber eine zirkumpolare Verbreitung.
Kryptogamen überwiegen deutlich sowohl was Artenzahl als auch was Biomasse betrifft. Innerhalb
der Bryophyten gibt es zahlreiche kennzeichnende Arten bei den Lebermoosen aus den Gattungen
Cephaloziella, Anthelia und bei den Laubmoosen (Gymnomitrion, Cratoneuron). Flechten sind am
zahlreichsten und gehören in der Arktis wie in der nivalen Stufe der Hochgebirge denselben Gattun-
gen an: Cetraria, Cladonia, Stereocaulon, Umbilicaria. Besonders verbreitet sind terrikole (Toninia,
Collema, Ochrolechia, Pertusaria) und saxikole Krustenflechten (Lecidea, Rhizocarpon). Einzellige
Algen sind als „Kryoplankton“ ebenfalls vertreten.

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Die Formation ist in soziologischer Hinsicht heteromorph und besteht aus einem Mosaik von Gesell-
schaften auf unterschiedlichen Standorten (Fels, Schutt, Schneeböden). Neben einigen von Phanero-
gamen dominierten Gesellschaften sind Gemeinschaften mit vorherrschend Kryptogamen, insbe-
sondere Flechten, ein wesentlicher Teil des Mosaiks. Besonders in der arktischen Zone sind fast
ausschließlich solche Gesellschaften vertreten. Da geschlossene Rasendecken in der subnivalen und
nivalen Stufe der Hochgebirge fehlen, sind dort schneeliebende Vegetationstypen mit Schutt- und
Felsgesellschaften mosaikartig verzahnt. Dabei zeigen die einzelnen Gebirge und auch die Polar-
gebiete spezifische Kombinationen von Vegetationstypen (Tab. 3).
In den skandinavischen Hochgebirgen und den Alpen setzt sich das Vegetationsmosaik aus Schutt-
gesellschaften der Ordnungen Androsacetalia alpinae (auf Silikatgestein) und Thlaspietalia rotundi-

106
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation A

folii (auf Karbonatgestein), aus Felsspaltengesellschaften der Ordnungen Androsacetalia vandellii


bzw. A. multiflorae (auf Silikatgestein) und Potentilletalia caulescentis (auf Karbonatgestein) sowie
aus Schneetälchengesellschaften der Ordnung Salicetalia herbaceae (auf Silikat- und Karbonat-
gestein) zusammen.

Tab. 3: Syntaxa der Formation A in den einzelnen Zonen und Gebirgen nach ELVEBAKK 1994 (Polarwüsten),
DIERSSEN 1996 (Skandinavisches Gebirge) und ELLENBERG 1996 (Alpen).
Polarwüste Skandinavisches Gebirge Alpen Kaukasus
Schneeböden Kalk Drepanoclado-Poion alpi- Saxifrago-Ranunculion Arabidion caeruleae ?
nae, Luzulion nivalis nivalis, Luzulion nivalis
Silikat Polytrichion norvegici Salicion herbaceae Salicion herbaceae Salicetea
herbaceae
Schuttfluren Kalk Papaverion dahliani Arenarion norvegicae Thlaspion rotundifolii ?

Silikat ? Saxifrago stellaris-Oxyrion Androsacion alpinae ?


digynae (= Luzulion arcua-
tae)
Felsstandorte Kalk Caricion nardinae Potentilletalia caulescentis Potentilletalia caulescentis ?
bzw. exponier-
te Rücken Silikat Luzulion arcuatae Androsacetalia multiflorae Androsacion vandellii ?

Im Kaukasus treten in der nivalen Stufe Kleinstgesellschaften („Nanozönosen“) auf, deren genauer
Gesellschaftsanschluß noch nicht geklärt ist. Sie setzen sich aus schneeliebenden Gesellschaften
(wahrscheinlich bei den Salicetea herbaceae Br.-Bl. 1948 einzustufen) und einer für den Kaukasus
eigenständigen Schuttvegetation mit mehreren endemischen Arten in unterschiedlicher Kombination
zusammen (vgl. NACHUCRIŠVILI 1999).

Makroklimatische Gegebenheiten, Standortbedingungen


Die Polarwüsten beschränken sich in Europa auf die arktische Klimazone IX (vgl. Karte 2). Gut aus-
geprägt ist die polare Kältewüste nur in den kontinentaleren Bereichen der Inseln um die Barentssee.
Die mittlere Jahrestemperatur beträgt zwischen -10 und -8 °C (Abb. 4). Während der Vegetations-
zeit werden zwar Temperaturwerte bis über 5 °C erreicht, doch die mittlere Julitemperatur (wärm-
ster Monat) bleibt auf Franz-Josef-Land unter 2 °C. Die mittleren jährlichen Niederschlagssummen
mit einem deutlichen Niederschlagsmaximum im Sommer liegen auf diesen arktischen Inseln zwi-
schen 100 und 125 mm (bis 300 mm) und reichen im Winter gerade zur Ausbildung einer dünnen
Schneedecke (0 bis 40 cm), die bei den dort herrschenden tiefen Temperaturen (teilweise unter
-40 °C) kaum einen Schutz gegen den Bodenfrost bietet.
Die Hochgebirge mit nivaler Höhenstufe gehören zu den Gebieten mit Gebirgsklimaten (X) inner-
halb der borealen (VIII, Skandinavisches Gebirge) und temperaten Klimazone (VI, Alpen, Kauka-
sus). In den Alpen liegen die mittleren Jahrestemperaturen in der nivalen Stufe zwischen -7 und
-4 °C und die mittleren Jahresniederschläge zwischen 1300 und 2800 mm.
Sowohl in der Arktis als auch in der Nivalstufe der Hochgebirge sind die niedrigen Temperaturen
und die Kürze der Vegetationszeit ein entscheidender ökologischer Faktor. Obwohl es in den Polar-
wüsten in der Vegetationszeit keinen Tag-Nacht-Wechsel gibt, bleiben die Temperaturen dort auch
im Sommer niedrig; in den Hochgebirgen sind die täglichen Temperaturschwankungen dagegen

107
Formation A Karte der natürlichen Vegetation Europas

wesentlich stärker und die Jahresmitteltemperatur liegt höher. Die geringe winterliche Schneebe-
deckung in den Polarregionen begünstigt die Ausbildung von Permafrost, der im Sommer höchstens
bis in 40 cm Tiefe auftaut (ALEKSANDROVA 1988), sowie von Polygonböden und weiteren Perigla-
zialerscheinungen. In den Hochgebirgen der temperaten Zone sind Permafrostbereiche dagegen
selten (FURRER 1970). Die Böden sind meist skelettreiche Rohböden mit je nach Gestein unter-
schiedlichem pH-Wert.

Abb. 4: Klimadiagramme von Bukhta Tikhaya auf Franz-Josef-Land (A1), Finse in der Hardangervidda (A4),
Zugspitze im Wettersteingebirge, Sonnblick in den Hohen Tauern (A6) (nach WALTER & LIETH 1967).

Rolle im Landschaftsgefüge
Die Polarwüsten sind in den meisten Gebieten zwischen Meeresküsten und Gletschern, die z. T. bis
ans Meer reichen, eingebettet und generell durch sehr spärliche Vegetationsbedeckung gekenn-
zeichnet. In den Hochgebirgen dominieren meist steile Gipfel- und Gratlagen im Verbund mit
Gletschern. Unterhalb der Felswände sind häufig ausgedehnte Schutthalden ausgebildet.

Erhaltungszustand, Landnutzung; Naturschutz


Die Polarwüsten, die über lange Zeiträume von menschlichen Veränderungen kaum betroffen waren
(in vielen älteren geographischen Werken als Ödland bezeichnet), wurden erst in jüngster Zeit Ziel
destruktiver menschlicher Aktivitäten, z. B. Bergbau, Ölförderung, Kernwaffenversuche. Von eini-
gen Ausnahmen abgesehen ist der Erhaltungszustand noch immer gut. Der Ostteil von Svalbard und
die Inselgruppe Franz-Josef-Land sind als Totalreservate geschützt. Im Norden und Süden von

108
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation A

Spitzbergen existieren Nationalparke. Darüber hinaus wurden für Nowaja Semlja Schutzgebiete vor-
geschlagen (CAFF 1994, 1996). Wegen ihrer Besonderheit und Empfindlichkeit sollten die Polar-
wüsten von weiterer Erschließung ausgenommen werden. Gleiches gilt für das Hochgebirge, wo
gerade der Wintersport in den Alpen zunehmend bis in die Nivalstufe vordringt.

Gliederung in Untereinheiten
Die Lage in verschiedenen Klimazonen sowie die unterschiedlichen ökologischen und floristischen
Gegebenheiten begründen die Gliederung in 2 typologische Haupteinheiten:
A.1 Arktische Polarwüsten
A.2 Subnival-nivale Vegetation der Hochgebirge in der borealen und nemoralen Zone.
Ihre Charakteristika und weitere Untergliederung werden nachfolgend dargestellt.

A.1 Arktische Polarwüsten (A. Elvebakk)


Die Bezeichnung „Polarwüsten“ weist auf eine Physiognomie hin, die – entsprechend den geringen
Niederschlägen – große Ähnlichkeit zu echten Wüsten hat. Gemeinsam ist beiden „Wüstentypen“
eine sehr kurze Vegetationsperiode: in den Polarwüsten bedingt durch niedrige Sommertempera-
turen und geringmächtig auftauende Böden über Permafrost, in den echten Wüsten durch geringe,
episodisch verteilte Niederschläge und starke Verdunstung bei hohen Temperaturen im Sommer.
Abgesehen von kleinflächigen und stark kontinental getönten Standorten kommt dem Wasserdefizit
als ökologisch limitierendem Faktor in den Polarwüsten eine weitaus geringere Bedeutung zu als der
niedrigen Temperatur. Ökologisch besonders bedeutsam ist die durch starke Kryoturbation hervor-
gerufene extreme Instabilität der oberen Bodenhorizonte, die zur Ausbildung von Polygonböden,
Frostmusterböden und durch Frostverwitterung entstandene Geröllansammlung führt. Der Durch-
wurzelungsgrad des Bodens durch Blütenpflanzen ist gering.
Die Polarwüsten bedecken die östlichen und nördlichen Teile Svalbards sowie die gletscherfreien
Bereiche der Inseln um die Barentssee (Franz-Josef-Land, Viktoria-Inseln sowie die nördlichen
Regionen und die Gebirgslagen von Nowaja Semlja).
Der Deckungsgrad der offenen Vegetation beträgt normalerweise weniger als 1 %, kann aber örtlich
10-20 % erreichen. Nasse, stabile Standorte können eine dünne, geschlossene Bryophytendecke
aufweisen. Echte Moore mit Torfsubstrat sind nicht vorhanden. Abgesehen vom seltenen Auftreten
der Gattung Salix fehlen verholzende Arten ebenso wie Cyperaceen.
Entscheidend für die Struktur und Zusammensetzung der Vegetation ist die Kürze der Vegetations-
periode. Wenn diese eine kritische Zeitspanne unterschreitet, entstehen vegetationsfreie oder nur mit
entfernt stehenden Einzelpflanzen weniger Arten bewachsene Flächen. Große Gebiete in den
unwirtlichsten Teilen der Polarwüsten erscheinen daher völlig vegetationsfrei.
Die Vegetation besteht aus einer mehr oder weniger bodenbedeckenden Kryptogamenschicht mit
vereinzelten rosettenbildenden Kräutern und Gräsern. Eine echte Zweischichtigkeit ist aufgrund der
lockeren Individuenverteilung der höheren Pflanzen nicht gegeben. Niederliegende Zwergsträucher

109
Formation A Karte der natürlichen Vegetation Europas

(Spaliersträucher) fehlen in den Gebieten der Polarwüsten weitgehend. Nur die am und im Boden
kriechende Salix polaris tritt vereinzelt auf, außerhalb von Svalbard auch Salix arctica. An Polster-
pflanzen ist nur Silene acaulis sporadisch anzutreffen.
Die Anzahl der Gefäßpflanzenarten ist gering, normalerweise weniger als 50 (oft nur 15 bis 20). Die
bedeutendsten Vertreter gehören zu den weitverbreiteten arktischen Arten der Gattungen Saxifraga,
Cerastium, Draba, Papaver, Poa, Phippsia und Luzula. Charakteristische Arten sind Saxifraga
oppositifolia, S. cespitosa, S. hyperborea, Cerastium nigrescens subsp. arcticum, C. regelii, Draba
pauciflora, D. corymbosa, Papaver dahlianum (in Rußland als P. polare bezeichnet), Poa arctica,
Phippsia algida und Luzula confusa. Unter den Kryptogamen sind weit verbreitete Bryophyten wie
Tomentypnum nitens, Aulacomnium palustre, Orthothecium chryseon, Sanionia uncinata, Drepan-
ocladus cossonii, Bryum- und Pohlia-Arten häufig, neben Flechten wie Ochrolechia frigida, Lecidea
ementiens, Flavocetraria nivalis und Cetrariella delisei. Es gibt keine Art, die völlig auf das Gebiet
der arktischen Polarwüsten beschränkt ist; einzig Ranunculus sabinii ist in Europa nur vom Franz-
Josef-Land bekannt (SAFRONOVA 1987), im benachbarten Grönland ebenfalls in Polarwüsten
verbreitet (BAY 1992), dringt aber auch in den nördlichen Teil der Tundra auf der Halbinsel Taimyr
ein (TOLMACHEV 1971).
Typisch für die russische Arktis ist eine stärkere Dominanz von Flechten und Moosen im Vergleich
zu anderen Polargebieten. Decken aus Krustenflechten (Pertusaria octomela, P. glomerata, Ochro-
lechia frigida, Collema ceraniscum) und Lebermoosen (Cephaloziella arctica, Tritomaria scitula,
Lophozia spp., Scapania spp.) werden als wichtige Charakteristika vom Franz-Josef-Land be-
schrieben (ALEKSANDROVA 1988), dort bedingt durch das schwach saure und stärker verfestigte
Substrat mit einer stabileren Oberfläche. Dagegen treten in anderen arktischen Bereichen Kalk-
gesteine und leicht verwitterbare Sedimente mit einer nicht so dichten Vegetation auf.
Arktische Polarwüsten entwickeln sich im allgemeinen in Gebieten mit einer durchschnittlichen
Juli-Temperatur von weniger als 2 °C, weswegen die Lebensbedingungen durch extremen Wärme-
mangel gekennzeichnet sind (meteorologische Daten aus europäischen Polarwüsten sind spärlich).
Die jährliche Niederschlagsmenge wird im allgemeinen auf weniger als 200 mm geschätzt (vgl.
Abb. 4). Der Sommer ist rauh, mit außerordentlich veränderlichem Wetter, oft mit Nebel, ziemlich
starker Bewölkung und häufigen Niederschlägen, die meistens in Form von Schnee fallen. Das fla-
che bis leicht hügelige Relief begünstigt die Ausbildung einer nur dünnen Schneedecke mit kleine-
ren Schneeverwehungen. Schneegefegte Gebiete sind bei grobkörnigem Bodensubstrat nahezu vege-
tationsfrei, bei mittleren Korngrößen durch Arten wie Phippsia algida oder Cerastium regelii
charakterisiert und bei schluffigem Boden (relativ gute Bodenbildung) von Bryophyten besiedelt.
Skelettreiche Böden haben sehr geringe Stickstoff-Vorräte, obgleich N-fixierende Cyanobakterien
zuweilen auf den Felsen schwarze Krusten bilden. Basische Böden verfügen über einen sehr
geringen Anteil an pflanzenverfügbarem Phosphor. Arktische Polarwüsten weisen meist neutrale bis
basische Böden auf, nur in einigen Gebieten ist saures Substrat vorhanden. Obwohl in Europa bisher
wenig erforscht, scheinen grundsätzliche Unterschiede zwischen der Vegetation der beiden Sub-
strate zu bestehen. Abgesehen von der Gattung Luzula wachsen alle oben erwähnten Arten in

110
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation A

Gebieten mit Karbonatgestein. Für saure Standorte sind Arten wie Cardamine nymanii, Raco-
mitrium lanuginosum, Andreaea spp. und Solorina crocea typisch. In der Arktis haben karbonathal-
tige Substrate in der Regel eine geringere Vegetationsbedeckung als saure und erscheinen deshalb
bei großflächigem Vorkommen nahezu vegetationslos.
In Ostsvalbard kommen in einigen Gebieten Vegetationsbestände mit abweichender Physiognomie
vor (A2). Dieses gilt in besonderem Maße für Edgeøya, wo in den östlichen Inselteilen, und hier vor
allem im hügeligen Inland sowie auf den Plateauflächen in 100 bis 300 m Höhe, eine ausgeprägte
Bryophytenschicht entwickelt ist. Dieses abweichende Erscheinungsbild kann einerseits durch das
Relief und die feintexturierten, karbonatreichen Böden, andererseits durch Nährstoffeinträge seitens
der hier schon seit langem weidenden Rentierherden erklärt werden. Obwohl diese Gebiete im
wärmeren Teil der arktischen Polarwüstenzone liegen, steigen die mittleren Juli-Temperaturen hier
nicht über 3 °C, jedoch dürfte die Niederschlagsmenge mit 600-1000 mm wesentlich höher als in
anderen Polargebieten sein (HAGEN et al. 1993). Charakterarten der benachbarten arktischen Tundra
wie Dryas octopetala und Carex spp. fehlen. Moos-Tundren entstehen in Hanglagen und in Gebie-
ten ohne Stauwasser. Ähnliche Vegetationstypen sind auf Vogelfelsen zu finden.
Auf Gebirgsplateaus bei Sassendalen in Spitzbergen kommen vergleichbare Vegetationstypen in
größeren Höhen vor. Sie tragen eine üppigere Vegetation als entsprechende Standorte in vergleich-
baren Höhenlagen auf Spitzbergen. Wahrscheinlich sind die Standortverhältnisse ähnlich denen auf
Edgeøya: eine hügelige Landschaft mit feinstrukturiertem, karbonathaltigem Triasgestein und mit
einer großen Rentierpopulation. Die Langzeiteffekte solcher relativ großen stationären Rentierher-
den sind nur wenig untersucht, könnten jedoch von größerer Bedeutung sein als bisher angenom-
men. Diese Gebiete sind sehr wenig erforscht, es kann ihnen jedoch eine Zwischenstellung zwischen
den arktischen Polarwüsten und der nordarktischen Tundra zugeschrieben werden. Ausgedehnte
Moosteppiche mit den weitverbreiteten Bryophyten Sanionia uncinata und Orthothecium chryseon
können auch auf verfestigten, wenig entwässerten und nicht ganzjährig von Schnee bedeckten Flä-
chen auftreten, ohne daß es zu Torfbildung kommt. Auf Felsoberflächen bilden sich saxicole
Pflanzengemeinschaften mit zahlreichen Arten der Gattungen Rhizocarpon, Porpidia, Lecidea s. l.,
Umbilicaria und anderen. Usnea sphacelata ist ebenfalls typisch und von pflanzengeographischem
Interesse, da die Art der einzige Vertreter einer Gattung mit subantarktischer Verbreitung ist.
Die floristischen und ökologischen Unterschiede zwischen den Polarwüsten der Tieflagen (A1, A2)
und denen der Gebirge (A3) sind kaum bekannt. Auch in der einschlägigen botanischen Literatur
werden sie nicht deutlich herausgearbeitet. Trotzdem ist es sinnvoll, die Einheiten in der Karte
getrennt darzustellen. Die erste Einheit (A1) beschreibt den zonalen Vegetationstyp, die dritte (A3)
hingegen den vereinzelt auftretenden Gebirgstyp innerhalb der Zone der arktischen Tundra mit
Niederschlägen bis 800 mm. Auf Svalbard und Nowaja Semlja ist die Polarwüste der Gebirge
gewöhnlich in Höhen zwischen 400-600 m oder höher angesiedelt. Großen Anteil haben sediment-
bedeckte Gebirgsplateaus. Besonders auf Svalbard findet sich eine typische Abfolge von der
Tieflandtundra über Hänge mit Schutthalden zum oben anschließenden Plateau mit Polarwüsten-
vegetation. Das ebene Relief der Gebirgsplateaus ähnelt in vieler Hinsicht dem Erscheinungsbild der

111
Formation A Karte der natürlichen Vegetation Europas

weiter nördlich vorkommenden Polarwüsten der Tieflagen. Die Polarwüsten der Gebirge treten
jedoch nur in Gebieten mit signifikant höheren Niederschlägen und höheren Schneedecken auf.
Wegen der höheren Feuchtigkeit mit stärkerer Nebelbildung findet man hier einen größeren Anteil
von Schneetälchen als weiter nördlich.
Die Grenze zwischen Polarwüste und Tundra ist oft nicht klar auszumachen. An exponierten Stellen
wirkt die Landschaft der benachbarten nordarktischen Tundra oftmals ebenso öd wie die der
Polarwüste. Bei genauerer Betrachtung treten aber in diesen Gebieten typische Tundra-Indikatoren
wie Dryas octopetala, Salix-Arten, Carex-Arten und Silene acaulis auf.

A.2 Subnival-nivale Vegetation der Hochgebirge in der borealen und nemoralen Zone
Die subnivale und nivale Vegetation beschränkt sich in den skandinavischen Gebirgen (A4) auf zwei
größere Gebiete: eines zwischen Mo i Rana und dem Lyngen Fjord und ein zweites in Südnorwegen
zwischen Hardangervidda und Sunndal. Eine Lücke besteht in Mittelnorwegen und Mittelschweden.
Die Hauptverbreitung in der temperaten Zone liegt in den Alpen (A5): in den Westalpen reichen die
Gipfel meistens weit über 4000 m, insbesondere im Berner Oberland, in den Gebirgen zwischen
Wallis und Aostatal, im Mont-Blanc-Gebiet (4807 m), Vanoise und Gran Paradiso, Mt. Pelvoux und
den Alpi Cozi; in den Ostalpen ist die nivale Stufe hauptsächlich entlang des Alpenhauptkammes
(Hohe Tauern, Zillertaler Alpen, Ötztaler Alpen, Bernina, Silvretta) und in den Südalpen (Dolo-
miten, Adamello, Ortlergebiet) ausgebildet. Weitere größere Gebiete mit subnival-nivaler Vegeta-
tion sind im Großen Kaukasus (A6) zu finden.
Innerhalb der Höhenstufen der Gebirge nimmt dieser Vegetationstyp die höchsten Lagen ein. Unter-
halb der klimatischen Schneegrenze (2800-3000 m in den Alpen) ist die subnivale Stufe durch noch
anzutreffende Rasenfragmente mit Polsterpflanzen gekennzeichnet (Domäne des Luzuletum alpino-
pilosae Br.-Bl. in Br.-Bl. et Jenny 1926 = Luzuletum spadiceae Rübel 1911). Nach oben hin reicht
die Vegetation über die eigentliche nivale Stufe (Polsterpflanzenstufe mit Kryptogamen: Sieversio-
Oxyrietum Friedel 1956, Androsacetum alpinae in ca. 3400 m Höhe) bis zur oberen nivalen Stufe
(Kryptogamenstufe) und zur Höhengrenze der pflanzlichen Besiedelung.
Die ökologischen Bedingungen sind für das Wachstum der Pflanzen extrem ungünstig. In den borea-
len Gebirgen sind die sommerlichen Tagestemperaturen niedriger als in den Hochgebirgen der ne-
moralen Zone. Hier können sie auf über 10 °C ansteigen und so günstigere Wachstumsbedingungen
schaffen, denn die Erwärmung der Blätter fördert die Photosynthese. Am Hohen Nebelkogel in den
Ötztaler Alpen wurden von MOSER (1973) Julimittelwerte von knapp über 0 °C in 2 m Höhe
gemessen, während das Julimittel der Blattemperatur von Ranunculus glacialis hier sonnseitig über
10 °C betrug. Die Photosyntheseleistung kann durch Bildung von Ökotypen in den kalten Klimaten
effektiver sein als in südlichen Gebirgen (z. B. bei Oxyria digyna nach CRAWFORD 1989). Es tritt
dabei schon bei niedrigen Temperaturen und geringer Strahlungsintensität eine positive Photosyn-
thesebilanz auf.
Die Evolution der Hochgebirgspflanzen führte nicht nur zu physiologischen und biochemischen,
sondern auch zu morphologischen Anpassungen, so daß sie insbesondere das bescheidene Wärme-

112
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation A

potential besser nutzen und zu starke Wasserverluste und Strahlungsbelastungen vermeiden können.
Als typische Lebensformen sind dabei Polsterpflanzen (z. B. Saxifraga exarata, S. scleropoda, Sile-
ne acaulis, Androsace helvetica), Rosettenpflanzen (z. B. Veronica aphylla, V. minuta) und Aus-
läuferpflanzen (Geum reptans) begünstigt. Bei höherer Strahlungsintensität in südlicheren Hoch-
gebirgen kommt es zur Ausbildung von sukkulenten Arten und solchen mit dichtem Haarkleid (z. B.
Aetheopappus caucasicus, Tripleurospermum caucasicum, Berardia subacaulis).
In allen Gebieten können auch im Sommer Kälteeinbrüche mit Schneefall und Frost auftreten, die
besondere Anforderungen an die Überlebensstrategien der Pflanzen stellen. Ranunculus glacialis als
höchststeigende Blütenpflanze der Alpen (bis über 4100 m am Finsteraarhorn in der Schweiz)
verlegt nach MOSER (1973) bei längerer Schneebedeckung seine Biomasse in unterirdische Organe
und kann dabei junge Knospen wieder abbauen, während ältere Knospen verharren und auf eine
günstige Periode zum Austreiben warten. Dabei werden Blütenknospen schon ein bis zwei Jahre
vorher angelegt. In den borealen Gebirgen kann sich diese vegetative Phase auf mehrere Jahre
verlängern, und der Witterungsverlauf eines Jahres entscheidet über die Entwicklung im Folgejahr.
Die Kälteresistenz bei Ranunculus glacialis ist gering (-6 °C), daher ist ein geschützter Standort
(z. B. Mulden) von großer Bedeutung, wo selbst sommerliche Schneebedeckung als Schutz wirken
kann.

Die subnival-nivale Vegetation des Kaukasus (G. Nachucrišvili)


Die subnival-nivale Höhenstufe ist in der Hauptachse des Großen Kaukasus zwischen 2900-3000 m
und 3500-3700 m gut ausgebildet, nur unvollständig dagegen im Kleinen Kaukasus (NACHUCRIŠVILI
1995, 1999). Klimameßstationen sind kaum vorhanden, einzig im Gebiet des Kazbek auf 3656 m
(Jahresdurchschnittstemperatur: -6 °C, Januarmittel: -15 °C, Mittelwerte der wärmsten Monate
Juli/August unter 10 °C, absolutes Minimum -42 °C, absolutes Maximum 16 °C, jährliches Nieder-
schlagsmittel: 1074 mm, mittlere jährliche Windgeschwindigkeit: 6,4 m/s). Große tägliche Luft-
temperaturschwankungen (zwischen -7 und 20 °C in den bodennahen Luftschichten) sowie starke
Sonneneinstrahlung mit hohem UV-Anteil und Bodenerwärmung bis 60 °C ergeben extreme
klimatische Bedingungen. Dazu kommen als weitere bedeutsame Standortfaktoren die starke Ero-
sionsgefährdung in Grat- und Hanglagen (gefördert durch Wechselfröste) und das geringe Nährstoff-
potential des Substrates.
Die Gesteine sind sehr vielgestaltig: im Großen Kaukasus überwiegen silikatische Gesteine (Grani-
te, Schiefer, Tonschiefer); daneben treten an vielen Stellen – auch im Kleinen Kaukasus – Gesteine
vulkanischen Ursprungs an die Oberfläche (Andesite, Andesit-Basalte etc.); Kalkgestein ist nicht
häufig, aber durch das Auftreten zahlreicher lokaler Endemiten gekennzeichnet. Mannigfaltig ist
auch die Pflanzenwelt auf Tonschiefer.
Die Anzahl der Gefäßpflanzen beträgt ca. 140 Arten, wobei Sippen mit regionaler oder kleinasia-
tisch-kaukasischer Verbreitung überwiegen. Charakteristisch sind monotypische Gattungsendemiten
im Großen Kaukasus (Pseudovesicaria, Symphyoloma, Pseudobetckea) und taxonomisch isolierte
Arten mit vorderasiatisch-kaukasischer Verbreitung (die monotypische Gattung Vavilovia und

113
Formation A Karte der natürlichen Vegetation Europas

oligotypische Gattungen wie Colutoecarpus, Didymophysa, Eunomia). In allen Teilen des Kaukasus
sind endemische und asiatische Sippen vertreten (NACHUCRIŠVILI 1995):
Endemiten des Kaukasus: Pseudovesicaria digitata, Lamium tomentosum, Veronica minuta, Scrophularia minima,
Anthemis iberica, Tephroseris karjaginii, Senecio sosnoskyi, Tripleurospermum caucasicum, Cerastium polymor-
phum; nur im westlichen Zentralkaukasus: Cerastium undulatifolium, Minuartia colchica, Saxifraga scleropoda; nur
im östlichen Kaukasus: Cerastium kasbek, Minuartia ruprechtiana, Chaerophyllum humile; nur im östlichen Teil
des Ostkaukasus (Dagestan): Ranunculus arachnoideus, R. brachylobus, Trifolium raddaenum, Veronica bogosen-
sis.
Arktisch-alpine Arten: Trisetum spicatum, Saxifraga flagellaris, Gnaphalium supinum.
Arten eurasiatischer Hochgebirge: Oxyria digyna, Saxifraga exarata, S. moschata, Potentilla gelida, Erigeron
uniflorus.
Kaukasisch-vorderasiatische Arten des Großen Kaukasus: Colutoecarpus vesicaria, Alopecurus dasyanthus,
Ranunculus brachylobus, Murbeckiella huetii, Saxifraga cartilaginea, S. sibirica, Alchemilla sericea, Trifolium
polyphyllum, Jurinella subacaulis und andere.
Charakteristische Arten des subnivalen Gürtels im Kleinen Kaukasus: Cerastium pseudokasbek, Astragalus vavi-
lovii, Vavilovia formosa, Coluteocarpus vesicaria, Physoptychis caspica, Astragalus gezeldarensis, Campanula ar-
mena, Anchonium elichrisifolium.

Die offene Vegetation mit geringer Deckung beschränkt sich auf Geröll- und Felsstandorte, wobei
dort Flechten und Moose hohen Anteil haben. Arten der alpinen Matten und Wiesen können im
unteren Teil der subnivalen Stufe (2900-3300 m) an der Vegetation beteiligt sein und bilden hier
eigene Gesellschaften: Alpine Matten mit Campanula biebersteiniana, Taraxacum stevenii, Astra-
galus supinus, Potentilla gelida, Pedicularis armena, Poa alpina; niedrigwüchsige Rasen mit
Festuca airoides, Kobresia capilliformis, Carex tristis, Bistorta carnea und Bunt-Schwingelrasen
mit Festuca varia und weiteren Arten.
Die Vegetation setzt sich aus einem Mosaik von wenigartigen Kleinstgesellschaften (Nanozönosen)
zusammen, welches durch das Relief, das Substrat aber auch durch dominierende Lebensformen
(z. B. Horstpflanzen) mit entsprechendem Einfluß auf die Etablierung anderer Arten geprägt ist
(NACHUCRIŠVILI 1999).

Literatur 1
ALEKSANDROVA 1988; CONSERVATION OF ARTIC FLORA AND FAUNA (CAFF) 1994, 1996; DIERSSEN
1996; ELLENBERG 1996; ELVEBAKK 1994; NACHUCRIŠVILI 1995, 1999.

1
Die am Ende der Kapitel aufgeführte Literatur listet Übersichtswerke zur betreffenden Formation auf. Die
vollständigen Zitate sind ebenso wie die im Text angegebenen Werke im Literaturverzeichnis am Ende des
Erläuterungsbandes zusammengestellt.

114
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B

B Arktische Tundren und alpine Vegetation


Paul Heiselmayer, mit Beiträgen von Arve Elvebakk, Sara A. Gribova, Sergei S. Cholod (Kapitel
B.1), Heinrich Wagner (B.2) & Dato Bedošvili (B.2/Kaukasus)

Charakterisierung und typologische Abgrenzung; geographische Verbreitung


Die Formation B umfaßt die Zwergstrauch- und Rasenvegetation jenseits der Waldgrenze sowohl im
hohen Norden (Arktis) als auch in den borealen, nemoralen und mediterranen Hochgebirgen. Als
Tundra wird die zonale waldfreie Vegetation innerhalb der arktischen Zone sowie der benachbarten
nordborealen Gebirge bezeichnet.
Nach Norden und in den Gebirgshochlagen werden diese Vegetationstypen von der Formation A
abgelöst: arktische Polarwüsten im Norden bzw. subnivale Vegetation der Hochgebirge; nach Süden
und nach unten bilden Nadel- und Laubholz-Lichtwälder bzw. die subalpine Vegetation der Forma-
tion C eine markante Begrenzung.
Die Hauptverbreitung der Formation B liegt in den küstennahen Tieflagen und Bergländern des
nördlichsten Europa und in den Hochgebirgen Europas (ausgenommen die südmediterranen; vgl.
Karte 6).

Bestandesstruktur und Physiognomie; floristische Zusammensetzung


Tundren und alpine Vegetation sind in der Regel geschlossen oder lückig ausgebildete zweischichti-
ge Zwergstrauchformationen oder einschichtige Rasen, deren Pflanzendecke deutlich dichter als die
der Polarwüsten und der subnival-nivalen Stufe der Hochgebirge ist. Die Moosschicht ist in der
Tundra üppiger entwickelt als in der alpinen Vegetation. Gräser, Grasartige und Kräuter sind meist
sommergrün, während die Zwergsträucher und Sträucher der südlichen Gebirge häufig immergrüne
Arten aufweisen (z. B. Empetrum spp., Vaccinium vitis-idaea, Arctostaphylos alpinus, Loiseleuria
procumbens, Rhododendron spp.). Bäume fehlen in dieser Formation ganz, Sträucher kommen nur
in der südlichen Unterzone bzw. in der untersten Höhenstufe vor. Wesentlich für die Bestandes-
struktur und Artenzusammensetzung ist die Geländemorphologie, die häufig zur Bildung von
Vegetationsmosaiken führt.
Während die Tundrenvegetation und die alpine Vegetation der Skanden meist aus zirkumpolaren
oder amphiatlantischen Arten zusammengesetzt sind, dominieren in den Gebirgen der nemoralen
und mediterranen Zone europäische Gebirgsarten und Endemiten.

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Bedingt durch das floristische Gefälle und den klimatischen Gradienten von Norden nach Süden
sowie durch die disjunkte Lage der Gebirge existiert eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Gesell-
schaften. Einzig auf Klassenebene lassen sich Beziehungen zwischen Tundren und alpiner Vegetati-
on herstellen (Auszug, Klassen nach MUCINA 1997):

115
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas

Europa insgesamt: Tundren und alpine Vegetation


Felsvegetation: Asplenietea trichomanis (Br.-Bl. in Meier et Br.-Bl. 1934) Oberd.
1977
Schuttvegetation: Thlaspietea rotundifolii Br.-Bl. 1948
Zwergstrauchvegetation: Loiseleurio-Vaccinietea Eggler ex Schubert 1960
Rasen: Carici rupestris-Kobresietea bellardii Ohba 1974,
Juncetea trifidi Hada… 1946 (= Caricetea curvulae Br.-Bl. 1948)
Schneetälchen: Salicetea herbaceae Br.-Bl. 1948
Hochstauden: Mulgedio-Aconitetea Hada… et Klika in Klika 1948 (= Betulo-Ade-
nostyletea Br.-Bl. et R. Tx.1943)
Quellfluren: Montio-Cardaminetea Br.-Bl. et R. Tx. ex Klika 1948
Niedermoore: Scheuchzerio-Caricetea fuscae R. Tx. 1937
zusätzlich in Hochgebirgen Mittel- und Südeuropas:
Rasen: Elyno-Seslerietea Br.-Bl. 1948 (= Seslerietea albicantis Oberd. 1978
corr. Oberd. 1990, Festuco-Seslerietea Barbéro et Bonin 1969)
zusätzlich in mediterranen Hochgebirgen (Spanien):
Rasen: Festucetea indigestae Rivas Goday et Rivas-Martínez in Rivas Go-
day et Mayor 1966

Makroklimatische Gegebenheiten, Standortbedingungen


Die Formation B ist besonders durch niedrige Jahresmitteltemperaturen und winterlichen Schnee-
schutz charakterisiert. Tundrengebiete heben sich durch lange dunkle Winter und sommerliche
Dauereinstrahlung von den südlichen Gebirgen ab. Der insgesamt niedrigere Sonnenstand zeitigt
jedoch auch zur Mittagszeit keine allzu hohen Temperaturen. Im Gegensatz dazu ist die Sonnenein-
strahlung und mittlere Tageserwärmung in den südlicheren Breiten wesentlich höher. Das Überdau-
ern der Vegetation während des Winters wird in großen Teilen durch eine geschlossene Schnee-
decke gewährleistet. An windexponierten, schneefreien Stellen (sogenannten Windkanten) dominie-
ren jedoch extrem winterharte Spezialisten. Im ozeanischen Bereich ist die Schneedecke im all-
gemeinen höher und verbleibt länger als in den kontinentalen Bereichen, wo es aufgrund der
dünneren Schneedecke zu anhaltendem Bodenfrost kommt, weshalb dort Permafrostböden weit
verbreitet sind.
Bewegtes Relief (Wechsel von Rücken, Kuppen und Mulden) hat kleinräumig wechselnde Stand-
ortbedingungen zur Folge. Mulden und Rinnen sind in der Regel feuchter, haben eine höhere und
längere Schneebedeckung und auch tiefergründige Böden, während Rippen und Kuppen – generell
trockener – eine geringe bis weitgehend fehlende winterliche Schneebedeckung und flachgründige
Böden aufweisen.

Rolle im Landschaftsgefüge, Erhaltungszustand, Landnutzung; Naturschutz


Traditionell wurden die alpinen Bereiche schon seit frühgeschichtlicher Zeit als Sommerweide und
für die Milchwirtschaft genutzt. Schafe, Ziegen und Rinder, in den nordeuropäischen Tundren auch
Rentiere, sind die wichtigsten Weidetiere. In den Alpen sind Rinder häufiger vertreten als in anderen
Gebirgen.

116
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B

Der Naturschutz hat in den Hochgebirgen die längste Tradition. Hier wurden die ersten National-
parke Europas (Schweiz, Skandinavien) eingerichtet. Heute stehen weite Teile der Landschaft
oberhalb der Waldgrenze unter Schutz (z. B. Nationalparke, Naturschutzgebiete), und die Almwirt-
schaft ist rückläufig.
Während in den arktischen Tundren der Wintersport allenfalls lokal eine Beeinträchtigung von
Landschaft und Vegetation mit sich bringt, sind in den mittel- und südeuropäischen Gebirgen hierfür
massive Erschließungen erfolgt (Lifte, Pisten) mit starker Beeinträchtigung der alpinen Vegetation
und ihrer Standorte (Bodenverdichtung, Erosion, Zerstörung).

Gliederung in Untereinheiten
Die beiden Hauptuntergruppen: Arktische Tundren und Alpine Vegetation unterscheiden sich
klimatisch, physiognomisch und in der floristischen Zusammensetzung.
B.1 Arktische Tundren
Hier werden Vegetationseinheiten mit vorwiegend Zwerg- und Spaliersträuchern (Betula nana,
Cassiope tetragona, Salix polaris, S. herbacea u. a.) sowie hohem Moos- und Flechtenanteil zusam-
mengefaßt. Endemiten sind kaum vertreten.
B.2 Alpine Vegetation
Hier dominieren Rasen und Matten verschiedener Ausbildung. Endemiten sind zahlreich und oft auf
einzelne Gebirge oder Bergmassive beschränkt.

B.1 Arktische Tundren


Arve Elvebakk, mit Beiträgen von Sara A. Gribova & Sergei S. Cholod

Charakterisierung und typologische Abgrenzung


Unter arktischen Tundren werden die waldfreien Vegetationstypen der arktischen Zone außerhalb
der arktischen Polarwüsten verstanden. Ferner zählt die unmittelbar angrenzende Gebirgsvegetation
des Polar Ural sowie die von Island dazu. Die Vegetation oberhalb der Waldgrenze in den Skandina-
vischen Gebirgen wird bei B.2 behandelt, da hier enge floristische Beziehungen zu den mittel-
europäischen Hochgebirgen bestehen.
Die alpine Vegetation weiter südlich gelegener Gebiete wird von verschiedenen Autoren teilweise als alpine Tundra oder
Gebirgstundra bezeichnet, soll hier aber aufgrund der größeren Vielfalt an Wuchsformen und der unterschiedlichen
Artenzusammensetzung von den Tundren begrifflich getrennt werden. Für die echten Tundren wird deshalb im folgenden der
Begriff „arktische Tundren“ verwendet.
Die Gebirgsvegetation der nordborealen Zone ähnelt der benachbarten arktischen Tundra und wird deshalb auch als
oroarktisch bezeichnet. Sie weist einen fließenden Übergang zur eigentlichen alpinen Vegetation auf, namentlich in den nord-
süd ausgerichteten Gebirgsketten Skandinaviens und im Ural.

Geographische Verbreitung
In Westeuropa ist die arktische Tundra in Teilen Islands, in einem schmalen Streifen des nördlich-
sten Teils des Festlandes Norwegens, auf der norwegischen Insel Jan Mayen und der Inselgruppe
Svalbard sowie auf der isolierten Bäreninsel (Bjørnøya) verbreitet. In Rußland nimmt sie einen

117
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas

Streifen entlang der Nordküste der Halbinsel Kola ein und bildet einen deutlich breiteren Gürtel
weiter nach Osten. Sie umfaßt den mittleren und südlichen Teil von Nowaja Semlja, die Inseln
Kolguev und Vajga… sowie einige kleinere Inseln vor dem russischen Festland. Im Polar sowie
Nördlichen Ural reichen die Gebirgstundren relativ weit nach Süden.
Die Gebiete in Westeuropa, auf Nowaja Semlja und im Polar Ural zeichnen sich durch ein stark
bewegtes Relief aus, während im übrigen Rußland eine ebene oder hügelige Geländeoberfläche
vorherrscht.

Floristische Zusammensetzung; Bestandesstruktur und Physiognomie


Die Flora der Tundra gilt als artenarm. In den nördlichen Gebieten der arktischen Tundra erreicht
die Anzahl der Gefäßpflanzen gerade die der benachbarten arktischen Polarwüsten (60 Arten), im
Südteil der Tundren-Zone steigt die Artenzahl auf 250-300 an (REBRISTAJA 1977). Werden jedoch
alle systematischen Gruppen einbezogen, so liegt die Artenzahl deutlich höher. Auf Svalbard mit
nur zwei Unterzonen der arktischen Tundra (der nord- und mittelarktischen Tundra) repräsentieren
die 173 Gefäßpflanzenarten etwas weniger als 10 % der dort insgesamt bekannten Pflanzenwelt,
während Moose (373 Arten), Flechten (593 Arten) und Pilze (624 Arten) deutlich artenreicher
vertreten sind (vgl. ELVEBAKK & PRESTRUD 1996).
Infolge eines ausgeprägten standortbedingten Gesellschaftsmosaiks nimmt die Artenvielfalt bei stei-
gender Reliefenergie zu. Dies kann mit einer im Vergleich zu der südlich anschließenden Waldzone
ungleichmäßigeren Schneeverteilung erklärt werden. Ein windexponierter Rücken kann nahezu das
ganze Jahr schneefrei sein und hat daher keine Art mit der unmittelbar benachbarten schneegefüllten
Mulde gemeinsam, die oft nur wenige Wochen schneefrei ist.
Unter den Gefäßpflanzen dominieren ausdauernde Kräuter (Polsterpflanzen, Rosettenpflanzen, Grä-
ser, breitblättrige Stauden). Nach Süden nehmen Zwergsträucher an Anzahl und Deckung zu, in den
südlichsten Gebieten dringen vermehrt Sträucher in die Bestände ein. Die Sträucher und die Mehr-
zahl der Zwergsträucher sind oligotraphent und fähig, auf sauren und ausgelaugten Böden (Sand,
torfige Böden), oft unterstützt von Mykorrhiza, zu wachsen. In den westlichen Gebieten kommen
viele amphiatlantische Arten vor (z. B. Carex nardina, Cassiope hypnoides und Campanula
uniflora) ebenso einige überwiegend amerikanische Arten (z. B. Minuartia rossii und Festuca
baffinensis). Im Ostteil treten sibirische Arten auf. Andere Arten haben eine asiatisch-nordamerika-
nische Verbreitung (z. B. Geum glaciale, Tephroseris atropurpurea und Hierochloe pauciflora).
Entlang des Nord-Süd-Gradienten wechseln die Arealtypen der Arten von hocharktischen Arten, die
in den südlichen Teilen der Arktis fehlen, zu vorherrschend borealen Arten, die nur wenig in die
Arktis vordringen. Endemiten sind sehr selten und meist auf das Niveau einer Unterart beschränkt,
wofür Apomixie und Polyploidisierung/Hybridisierung die Ursachen sind (YURTSEV 1994).

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Synsystematische Untersuchungen der arktischen Vegetation liegen insbesondere von HOFMANN
(1968), PHILIPPI (1973), HADA„ (1989), ELVEBAKK (1994) und MÖLLER (2000) für Svalbard vor.

118
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B

ELVEBAKK (1994) schlägt vor, die erfaßten Einheiten in 17 Verbände zu gliedern; einige davon sind
nur als provisorisch zu betrachten. Dennoch ist Svalbard das am besten untersuchte Gebiet der
Arktis, und mehrere dieser Verbände sind auch in anderen arktischen Gebieten vertreten. Auf
neutralen und basischen Böden treten entlang eines Gradienten von windexponierten Rücken zu
Schneetälchen die Verbände Caricion nardinae Nordhagen 1935 (= Kobresio-Dryadion Nordhagen
1936), Luzulion nivalis Nordhagen 1936 und Drepanoclado-Poion alpinae Hada… 1946 (= Saxifra-
go-Ranunculion nivalis (Nordhagen 1943) Dierßen 1984) auf. Auf saurem Substrat werden diese
Lebensräume vom Luzulion arcuatae Elvebakk 1985 all. prov. und möglicherweise auch vom Poly-
trichion norvegici Gjærevoll 1949 eingenommen. Tundra-Moore sind zum Eriophorion scheuchzeri
Hada… 1939 (= Caricion fuscae Koch 1926) zu stellen, neutrale bis basische zum Ranunculo
hyperborei-Drepanocladion revolventis Philippi 1973 all. prov. und Quellfluren zum Cardamino
nymannii-Saxifragion foliolosae Hada… 1989. Die Vegetation der Rasen auf „Vogelfelsen“ ist dem
Cerastio-Saxifragion cernuae Hartmann 1980 zuzuordnen.
Gesellschaften der arktischen Strauch-Tundra und der entsprechenden Gebirgstundra gehören zum
Phyllodoco-Vaccinion myrtilli Nordhagen 1936, Nardo-Caricion bigelowii Nordhagen 1943,
Cassiopo-Salicion herbaceae Nordhagen 1936 (oder auch Salicion herbaceae Braun-Blanquet in
Br.-Bl. & Jenny1926) und Loiseleurio-Diapension (Braun-Blanquet et al. 1939) Daniels 1982 (siehe
auch FREMSTAD 1997).

Makroklimatische Gegebenheiten, Standortbedingungen


Die Durchschnittstemperatur des wärmsten Monats (Juli) schwankt zwischen 2-3 °C im Norden und
10-11 °C im Süden (vgl. Abb. 5). Die jährlichen Niederschlagsmengen liegen zwischen 170 und
500 mm. Permafrostböden findet man mit Ausnahme der südlichsten Teile überall. Die Mächtigkeit
der Permafrostschicht schwankt zwischen 50 und 400 m. Die Auftauschicht variiert von nur 20 cm
in der Moos-Tundra bis zu 1 m in gut entwässerten Böden und erreicht 2-3 m in den südlichsten
Regionen. Permafrost und Wechselfröste führen zur Ausbildung von Frostrissen im Boden, zu
Solifluktion, Kryoturbation und damit verbundenen Aufwölbungen der Bodenoberfläche, wodurch
ein Nano- und Mikrorelief entsteht.
In den nördlichen Teilen der Arktis ist der humose Bodenhorizont, abgesehen von nassen Bereichen,
nur sehr spärlich und geringmächtig entwickelt. Deshalb stehen die Pflanzen in engem Kontakt zum
unverwitterten Ausgangsgestein, das im chemischen und physikalischen Aufbau sehr unterschied-
lich sein kann. Die enge Verbindung zwischen Pflanzen und Substrat ist zusätzlich durch die starke
Kryoturbation bedingt, welche sich häufig in einem Frostmuster(Polygon)boden äußert. Dieses
Bodenmosaik erhöht auch die botanische Vielfalt. In den arktischen Tundren besteht ebenfalls ein
grundsätzlicher Unterschied zwischen der Zusammensetzung der Pflanzendecke auf sauren, neutra-
len und alkalischen Böden.
In den südlichsten Gebieten der Arktis erreichen die pflanzliche Biomasseproduktion und der Aus-
laugungsprozeß im Boden höchste Werte. Das Substrat ist hier mit dickeren Torfschichten und
podsolierten Böden den benachbarten borealen Gebieten angenähert.

119
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas

Abb. 5: Klimadiagramme der Tundrenzone (nach WALTER & LIETH 1967): Grimstadir (Island, Gebirgstundra,
B35), Gjesvär (Nordnorwegen, ozeanische Strauch-Tundra, B18), Kanin Nos (Halbinsel Kanin, Rußland,
kontinentale Strauch-Tundra, B21), Varneka Buchta (Insel Vaiga…, Rußland, mittelarktische Tundra, B2).

Erhaltungszustand, Landnutzung, Ersatzgesellschaften; Naturschutz


Die Situation der geschützten Gebiete in der Arktis wurde in einem Bericht des CAFF (Conservation
of Arctic Flora and Fauna), dem Programm zur Erhaltung der arktischen Flora und Fauna (CAFF
1994), dokumentiert. Der nordwestlichste Teil von Island mit arktischer Strauch-Tundra und auch
Teile des Binnenlandes mit Gebirgsvegetation sind geschützt, ebenso ein großer Teil von Svalbard.
Die mittelarktische Tundrenzone mit den zentralen Teilen der arktischen Tundra, wo eine große
Anzahl von seltenen Gefäßpflanzen auftritt, ist auf weite Strecken ungeschützt, wobei hier der
menschliche Einfluß besonders groß ist. Versuche zur Verbesserung dieser Situation wurden
unternommen, scheiterten aber bisher an zahlreichen Interessenkonflikten.
Auf Nowaja Semlja steht kein Gebiet unter Schutz. Es ist unklar, welchen Einfluß hier die militäri-
sche Nutzung und Atomtests auf die Vegetation haben. Im allgemeinen ist die russische Tundra
kaum geschützt, auch nicht die küstennahe Tundrenvegetation der Halbinsel Kola, die Ähnlichkeit
mit der im benachbarten Norwegen hat. Einige Gebiete mit arktischer Gebirgstundra auf der
Halbinsel Kola haben einen Schutzstatus, sie werden aber teilweise durch Immissionen aus benach-
barten Industriegebieten beeinträchtigt. Ansonsten stehen nur die Insel Vajga… und die westliche
Halbinsel der Pe…ora-Bucht unter Schutz. Weite Gebiete des europäischen Rußland sind allerdings
kaum bzw. nur sehr lokal von menschlichen Einflüssen betroffen; dabei ist es schwierig, gefährdete
Gebiete zu lokalisieren. Im Rahmen des CAFF-Programms wurde bereits 1996 die Schaffung eines
Netzwerkes geschützter Gebiete auf der Basis von Biodiversität und Schutz von Ökosystemen
diskutiert (CAFF 1996).

120
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B

Gliederung in Untereinheiten
Die zonale Tundrenvegetation wird in vier Untergruppen gegliedert (vgl. Karte 6 und Übersichts-
karte 1 : 10 Mio.): nordarktische, mittelarktische und südarktische Tundren sowie Strauch-Tundren,
die an die nordborealen bzw. subarktischen Lichtwälder im Süden angrenzen. Diese Unterzonen
unterscheiden sich klimatisch und in der Wuchsform der verholzenden Pflanzen. Entlang dem
Temperaturgradienten werden die arktischen Tundren in 2 °C-Schritten in vier Unterformationen
gegliedert; sie decken die Spanne von 2(3) °C bis 10(11) °C Durchschnittstemperatur im wärmsten
Monat ab.
Die südlichen, zur alpinen Vegetation überleitenden Höhenformen werden als eigene Formations-
einheit „Gebirgstundren und lockere Gebirgsvegetation“ zusammengefaßt. Die arktischen Moore
sind als azonale Vegetation der Formation S zugeordnet.

B.1.1 Nordarktische Tundren


Nordarktische Tundren (Kartierungseinheit B1) sind in den Küstenregionen von Spitzbergen und in
geschützten Lagen der östlichen Svalbard-Inseln verbreitet. Auf Nowaja Semlja ist die nordarktische
Tundra im mittleren Teil entlang der Küste und im Südteil sowohl im Küstenbereich als auch im
zentralen Hügelland ausgebildet. Sie grenzen im Norden an die Polarwüsten oder die Küsten der
kalten Meere. Im Süden bleiben sie auf die ungeschützten kalten Küstenstreifen beschränkt.
Die nordarktischen Tundren sind durch eine lückige Vegetation gekennzeichnet. Auf frischen oder
mäßig feuchten Standorten erreicht die Bodenbedeckung 20-50 %, auf Rücken ist sie im allgemei-
nen geringer, auf nassen Standorten höher.
Die Vegetation wird auf kleinen Erhebungen von Dryas octopetala-Gesellschaften gebildet, beglei-
tet von Arten wie Carex rupestris, C. nardina und C. misandra, die in den arktischen Polarwüsten
fehlen. Doch den größten Teil der Landschaft bedeckt eine Vegetation, die Beziehungen zu der von
Schneetälchen hat und auf mäßig feuchten Standorten wächst. Die Vegetationsperiode beginnt hier
normalerweise um den 1. Juli. Kennzeichnende Arten sind Salix polaris und Saxifraga oppositifolia,
ferner die Flechte Cetrariella delisei. Auf neutralen Böden ist Luzula arctica eine gute Kennart
(trotz relativ geringer Individuenzahl), während auf sauren Böden Luzula confusa dominiert. Eine
weitere typische Gesellschaft der nordarktischen Tundra sind Poa alpina-Schneetälchen, deren
Standorte erst nach dem 15. Juli schneefrei werden. Poa alpina dominiert auf neutralem bis alka-
lischem Substrat.
In feuchten Senken entwickelt sich eine Deschampsia alpina-Gesellschaft. Das Klima ist zu kalt für
Torfbildung; aber es treten Mischbestände von moorspezifischen Moosen auf wie Drepanocladus
cossonii und Drepanocladus badium sowie Moose feuchter Standorte wie Encalypta alpina und
Scorpidium turgescens zusammen mit Deschampsia alpina. Diese Gesellschaft wird als Tundra-
Moor bezeichnet, das für die nordarktische Tundrenzone sehr charakteristisch ist (ELVEBAKK 1994),
und den normalen torfbildenden Mooren weiter südlich entspricht.
In Hanglagen kommt häufig eine torfproduzierende Gesellschaft vor, die von Tomentypnum nitens
dominiert wird. Die isolierende Torfschicht und das kalte Klima führen zur Bildung einer nur sehr

121
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas

dünnen Auftauschicht (20-30 cm). Die Torfbildung ist hier eine Folge des Permafrosts, da die Torf-
schichten sich ohne anaerobe Wassersättigung auflagern. Man spricht bei dieser Gesellschaft von
Moos-Tundra anstelle von Moor. Die bestentwickelten Moos-Tundren finden sich in den nordarkti-
schen Tundren von Svalbard und Nowaja Semlja. Vogelfelsen sind in Meereis-freien Gebieten der
Arktis (Einfluß des Golfstromes) weit verbreitet. In anderen Regionen der Arktis verhindert das
regelmäßige Auftreten von Meereis das Vorkommen von großen Seevogel-Populationen, daher sind
Vogelrastplätze hier sehr viel seltener.
Die durchschnittliche Juli-Temperatur in Gebieten mit nordarktischer Tundra beträgt 2 bis 4 °C und
Permafrostböden sind hier weit verbreitet. Im Süden der nordarktischen Tundra bewirkt das wärme-
re Klima eine tiefere Auftauschicht des Bodens. Hier gewinnen Gefäßpflanzen auf vergleichbaren
Standorten gegenüber den Moosen an Bedeutung. Einen ähnlichen Effekt hat das Auftreten von
Kleinnagern in diesen Gebieten.

B.1.2 Mittelarktische Tundren


Mittelarktische Tundren (B2-B4) sind im zentralen Bereich Svalbards, auf Jan Mayen, der Bären-
insel (Bjørnøya) und im südlichen Teil von Nowaja Semlja sowie auf der Insel Vajga… verbreitet.
Dort bewegt sich die mittlere Juli-Temperatur im Bereich zwischen 4 und 6 °C, in den kontinentalen
Gebieten liegt sie etwas höher. Die Vegetationsdecke ist mehr oder weniger geschlossen, abgesehen
von steilen Hängen, exponierten Rücken, breit überschwemmten Flußbetten und rezenten Moränen
aus der Kleinen Eiszeit. Solche vegetationsfreien Flächen nehmen in der Landschaft großen Raum
ein.
Für mittelarktische Tundren sind zirkumpolare Cassiope tetragona-Tundren als zonale Vegetation
und gut entwickelte Torfmoore kennzeichnend. Cassiope tetragona weist zwischen der Halbinsel
Kola und dem äußersten Norden des Ural eine Verbreitungslücke auf und wird auf Nowaja Semlja
auf frischen bis mäßig feuchten Standorten durch eine charakteristische zonale Vegetation mit
Carex arctisibirica ersetzt. Diese scheint eine nahe Verwandte oder vielleicht eine Unterart von
C. bigelowii zu sein und ist auf Svalbard nur von einem einzigen Fundort bekannt. Die Carex
arctisibirica-Gesellschaft auf Nowaja Semlja wird zusätzlich charakterisiert durch Salix-Arten (vor
allem Salix polaris, S. nummularia, S. reticulata), durch östliche Arten wie Myosotis asiatica und
Parrya nudicaulis und Leguminosen wie Hedysarum alpinum, Oxytropis campestris subsp. sordida
und Astragalus alpinus. Die Familie der Fabaceae fehlt in der westeuropäischen Arktis fast ganz,
ausgenommen in der arktischen Strauch-Tundra im äußersten Norden von Island und des norwegi-
schen Festlandes.
Betula nana, Empetrum hermaphroditum und Vaccinium uliginosum subsp. microphyllum sind
seltene, nur örtliche Begleiter der Cassiope-Gesellschaften. Zusätzlich nimmt (gegenüber den
nordarktischen Tundren) die Artenzahl in allen Lebensräumen zu. Auf Kalksteinrücken wachsen der
Endemit für Svalbard und Nowaja Semlja Pedicularis dasyantha sowie zahlreiche Seggen-Arten.
Auf saurem Substrat ist Hierochloe alpina kennzeichnend. Schneetälchen besitzen einen deutlichen
Anteil südlicher Arten wie Trisetum spicatum, Minuartia biflora, Ranunculus pygmaeus und

122
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B

Taraxacum arcticum. Auf kalkhaltigen Böden ist Salix reticulata häufig. In Mooren wachsen viele
Seggenarten (Carex saxatilis, C. parallela, C. marina subsp. pseudolagopina, C. arctisibirica) sowie
Ranunculus villarsii, R. pallasii und R. spitzbergensis. Auf Schutthängen kommen zahlreiche
Potentilla-Arten und Polemonium boreale vor.
Auf den westlich gelegenen ozeanischen Inseln Jan Mayen und Bjørnøya fehlen viele charakteristi-
sche Arten (z. B. Cassiope tetragona, Dryas octopetala, Carex rupestris). Andere Arten werden
teilweise oder ganz ersetzt (Salix polaris durch S. herbacea, Luzula confusa durch L. arcuata).
Hinzu kommen einige südliche Elemente wie Cerastium cerastoides, Ranunculus glacialis und
Rhodiola rosea. Dicke Moospolster mit Racomitrium lanuginosum, R. ericoides und Sanionia
uncinata sind besonders für die junge quartäre Vulkaninsel Jan Mayen mit ihren vielen Lavaströmen
und grobkörnigen Böden charakteristisch.
Diese Gebiete haben eine lange, aber kühle Wachstumsperiode. Mit mittleren Juli-Temperaturen
von ca. 4,5 °C und einer ähnlichen oder gar etwas höheren mittleren August-Temperatur weisen sie
eine bezeichnende Verwandtschaft zu stark ozeanisch geprägten Gebieten auf. Mit über 2 °C ist die
mittlere September-Temperatur für die Arktis verhältnismäßig hoch. Zahlreiche Nebeltage bewirken
eine humidere Situation, als es die durchschnittlichen Jahresniederschlagsmengen von 400-600 mm
erkennen lassen. Auf Jan Mayen wird diese Wirkung durch die starke Wasserdurchlässigkeit der
grobkörnigen Böden aufgehoben. Jahreszeitlich feuchte Schneetälchen sind hier durch das dunkle
Moos Arctoa anderssonii gekennzeichnet, das offensichtlich an diese wechselnden Verhältnisse
angepaßt ist.
Die drei Kartierungseinheiten (B2, B3, B4) spiegeln den durch die Lage bedingten unterschiedlichen
Grad der Ozeanität bzw. Kontinentalität und die entsprechenden pflanzengeographischen Unter-
schiede wider.

B.1.3 Südarktische Tundren


Südarktische Tundren sind von der Insel Kolguev und dem benachbarten Festland bis zu den Vor-
bergen des Polar Ural großflächig verbreitet. Auch ein kleiner Abschnitt der Südküste Jan Mayens
kann zur südarktischen Tundra gezählt werden (B5). Diese junge Vulkaninsel besitzt eine verarmte
Flora, doch in den klimatisch begünstigten Gebieten größere Vorkommen von Empetrum her-
maphroditum, die hier auch reife Früchte hervorbringt (LID 1964), – ein wichtiges Kriterium für
diese Zuordnung. Schneetälchen mit Sibbaldia procumbens und mehreren Taraxacum-Arten
erinnern an die Vegetation der entsprechenden Unterformation im benachbarten Grönland und
kennzeichnen die Eigenständigkeit der Insel.
Typisch für die südarktischen Tundren des europäischen Nordens ist das Vorherrschen von Zwerg-
strauchgesellschaften. Sie sind artenarm und einförmig, die Artensättigung ist niedriger als in den
nördlicheren Tundren. So findet man z. B. in verschiedenen Varianten der osteuropäischen Zwerg-
birken-Tundren 45-75 Arten (17-43 Gefäßpflanzen, 9-18 Moose, 10-22 Flechten, KATENIN 1972).
Eine hohe Stetigkeit erreichen aber nur 15-20 Arten.
Die wichtigsten, bestandsbildenden Elemente der südarktischen Tundren sind erikoide Zwergsträu-

123
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas

cher (Vaccinium uliginosum subsp. microphyllum, V. vitis-idaea subsp. minus, Empetrum herm-
aphroditum) und hypoarktische Sträucher (Betula nana, Salix phylicifolia, S. lanata, S. hastata,
S. glauca) in zwergstrauchartiger Wuchsform. Diese hier niedrigwüchsigen Sträucher wie Betula
nana bleiben auf kleine Geländeeintiefungen begrenzt, im Gegensatz zur südlicheren Strauch-
Tundra, wo sie auch auf Erhebungen wachsen.
Charakteristische krautige Pflanzen sind Astragalus alpinus, Carex arctisibirica, Petasites frigidus,
Rubus chamaemorus, Saussurea alpina und Valeriana capitata. Prostrate Zwergsträucher sind
weniger verbreitet als im Norden, während höherwüchsige Sträucher (> 40 cm) in der südlich
angrenzenden Zone besser entwickelt sind.
Die Lebensformentypen verteilen sich mosaikartig entsprechend dem „kleinhügeligen“ Nanorelief:
Auf Erhebungen wachsen die oben genannten ericoiden Zwergsträucher, an Moosen Hylocomium
splendens, Pleurozium schreberi, Dicranum elongatum, D. angustum und an Flechten Cladina ran-
giferina, C. mitis; in den Vertiefungen kommen vorwiegend hygrophile Moose wie Sphagnum gir-
gensohnii, Aulacomnium turgidum, A. palustre, Polytrichum alpinum vor. Zwischen den einzelnen
Erhebungen können Gräser, Seggen (z. B. Carex arctisibirica), Kräuter und auch Flechten (Flavoce-
traria nivalis, F. cucullata, Cladina mitis, C. rangiferina, Cladonia macroceras, C. amaurocraea
u. a.) gedeihen.
Der Anteil an arktischen und arktisch-alpinen Arten ist im Süden im Vergleich zu mittelarktischen
und vor allem nordarktischen Tundren deutlich niedriger. Unter den arktisch-alpinen Geoelementen
sind besonders hervorzuheben: die amphiatlantische Betula nana und die europäisch-westsibirische
Salix phylicifolia agg. In den voruralischen südarktischen Tundren spielen sibirische Arten wie
Calamagrostis holmii, Salix pulchra, Tephroseris atropurpurea und Oxytropis campestris subsp.
sordida eine gewisse Rolle.
Das Klima der südarktischen Tundren ist gegenüber dem der nördlicheren durch höhere Tempera-
tursummen, eine vergleichsweise längere frostfreie Periode, durch Temperaturmittel im wärmsten
Monat von 6(7) bis 8(9) °C und relativ höhere Jahresniederschläge (350-600 mm), die mehrheitlich
im Winter fallen, gekennzeichnet. Die mittlere Höhe der Schneedecke beträgt 60-70 cm, maximal
1-1,5 m bei mehr oder weniger gleichmäßiger Verteilung.
Südarktische Tundren kommen in der Zone der annähernd geschlossenen Verbreitung von Perma-
frostböden vor. Die saisonale Auftautiefe beträgt je nach Textur auf sandig-lehmigen Böden 60 bis
100 cm und auf lehmig-sandigen bis sandigen Böden 90-150 cm. Auf schwach bis mittellehmigen
Substraten treten schwach podsolige gleyartige Böden, auf sandigen Substraten podsolige „Pod-
bury“-Böden auf (IGNATENKO 1979).
Auf Jan Mayen gehören südexponierte moosreiche Zwergstrauch-Tundren (B5) zu den südarkti-
schen Ausbildungen. Im Süd- und Westteil Islands treten ozeanisch getönte, eher azonale Moos-
„Tundren“ (B6) großflächig auf. In Rußland (Pe…ora-Gebiet und Insel Kolguev) sind Kraut-Moos-
Tundren (B7) ausgebildet, wobei der Komplex mit Mooren und Weidensträuchern die feuchteren
Bereiche (B8) charakterisiert. Im Pe…ora-Gebiet treten solche Abfolgen auch bei der Spalierstrauch-
Flechten-Tundra auf (B9, B10). Eine besondere Stellung nimmt die Halbinsel Jugor ein. Neben

124
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B

Kraut-Moos-Tundren (B11, B12) sind niedrigwüchsige Weiden-Tundren (B13) und Moos-Flechten-


Tundren mit Dryas octopetala ausgebildet (B14). Ein hygrophile Ausbildung der Kraut-Moos-
Tundren (B15) mit Sphagnum russowii und Rubus chamaemorus tritt auf der Halbinsel Jugor und
westlich der Pe…ora-Bucht auf.

B.1.4 Arktische Strauch-Tundren


Die arktischen Strauch-Tundren bilden in Rußland einen zusammenhängenden Gürtel nördlich der
nordborealen Wälder und subarktischen Lichtwälder mit dem Kerngebiet zwischen 67/ und
68/ nördl. Breite. Sie weiten sich sowohl nord- als auch südwärts im Gebiet des westlichen Uralvor-
landes aus. Im südlichen Teil der Bol’šezemel’skaja Tundra, wo im Luv des Uralrückens Jahres-
niederschläge von 500-600 mm erreicht werden (maximale Menge im osteuropäischen Gebiet der
Tundren-Zone), sind die arktischen Strauch-Tundren besonders gut entwickelt. Sie setzen sich im
Nordteil der Kola-Halbinsel nach Westen fort und erreichen im nördlichen Norwegen (Finnmark)
bei ca. 71/ nördl. Breite die Nordgrenze ihrer Verbreitung. Strauch-Tundren kommen ferner in den
nördlichsten Küstenbereichen Islands vor. In diesen ozeanischen Regionen überwiegt Empetrum
hermaphroditum, während Betula nana zurücktritt. Salix-Sträucher sind sehr verbreitet, bleiben aber
vielfach auf feuchte, oft nur lokal ausgebildete Muldenlagen beschränkt. Die häufigsten Arten sind
Salix lapponum, S. glauca, S. lanata und S. phylicifolia.
Nördliche Vorposten der borealen Vegetation in geschützten Tälern von Flußläufen in der nördlichen Finnmark bestehen aus
Betula pubescens-Wäldern und Ufergebüschen mit Salix myrsinifolia. Auch in Rußland begleiten Wälder die Flußläufe, die
vom Süden her wärmeres Wasser zuführen und örtlich die Bildung von Permafrostboden verhindern. Boreale Arten wie
Cornus suecica und Nardus stricta sind in den norwegischen Strauch-Tundren verbreitet, letztere Art besonders auf
beweideten Standorten, die sonst vorwiegend Vaccinium myrtillus tragen. Auf Island sind große Gebiete überweidet und von
rezenten vulkanischen Ascheniederschlägen und starker Erosion betroffen. Die Vegetation dieser Gebiete hat eine abwei-
chende Physiognomie mit Arten wie Armeria maritima, Thymus praecox subsp. arcticus, Galium normanii und Kobresia
myosuroides.

Die arktischen Strauch-Tundren werden durch Gesellschaften mit gut entwickelter Strauchschicht
von Betula nana (Deckung 60-70 %, Höhe 50-100 cm) repräsentiert. Bedeutend ist die Beimischung
einer oder mehrerer Salix-Arten (Salix phylicifolia, S. lanata, S. lapponum, S. hastata, S. glauca).
Meistens sind zwei Schichten ausgebildet: die höhere (70-100 cm) mit Betula nana, Salix phylicifo-
lia, S. lanata und S. lapponum und die untere (50-70 cm) vorwiegend mit Salix glauca. Die Tempe-
ratursummen reichen jedoch noch nicht für das Wachstum von Bäumen aus.
Die Krautschicht ist gut entwickelt (durchschnittliche Deckung 30-35 %, Höhe 10-15 cm) und
besteht vorwiegend aus Zwergsträuchern (Vaccinium vitis-idaea, V. uliginosum subsp. microphyl-
lum, Empetrum hermaphroditum, Ledum palustre). Kennzeichnend ist die regelmäßige Beimischung
borealer Arten: Carex globularis, Geranium sylvaticum, Vaccinium myrtillus, Solidago virgaurea.
In der Moosschicht spielt Pleurozium schreberi die wichtigste Rolle.
Auch in der arktischen Strauch-Tundra kommt regelmäßig und mosaikartig eingestreut Schneetäl-
chenvegetation vor. Schneetälchen oligotropher Standorte werden durch Salix herbacea, Gnaphali-
um supinum, Cassiope hypnoides und Veronica alpina gekennzeichnet. Auf mesotrophen Schneetäl-
chenstandorten stellen sich Hochstauden und Stauden wie Epilobium angustifolium, Angelica

125
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas

archangelica, Geranium sylvaticum und Alchemilla spp. ein. Windexponierte Rücken tragen eine
arktisch-alpine Gesellschaft (Loiseleurio-Diapension (Br.-Bl. et al. 1939) Daniëls 1982) mit den
kennzeichnenden Arten Diapensia lapponica, Loiseleuria procumbens, Juncus trifidus und Arcto-
staphylos alpinus. Diese natürliche Begleitvegetation fehlt in den südlich angrenzenden borealen
Wäldern. Ombrotrophe Moore mit vorherrschenden Sphagnum-Arten gehören ebenfalls zum Vege-
tationsinventar.
Strauch-Tundren entwickeln sich in Gebieten mit inselartiger Verbreitung von Permafrostböden, die
30-40 % des Areals dieses Tundrentyps einnehmen. In diesem Gürtel geht das saisonale Auftauen
sandig-lehmiger Böden 2-3 m und von sandigen Böden 3-5 m in die Tiefe. Hierbei entwickelt sich
ein bultiges Nano- und Mikrorelief. Es überwiegen schwach podsolige Gleyböden („Podbury“)
sowie podsolartige und podsolige Al-Fe-Humusböden (IGNATENKO 1979).
Die Gliederung der Strauch-Tundren beruht auf dem klimatischen Gradienten ozeanisch-kontinental
und dem edaphischen von frischen zu nassen Standorten bzw. entsprechenden Komplexen. Die Viel-
zahl der Kartierungseinheiten in Rußland ist durch unterschiedliche Artenverbindungen und Kom-
plexbildungen (namentlich mit Mooren) bedingt. Ozeanisch geprägte Tundren sind auf Island zu
finden (B16). In Finnmark und auf der Halbinsel Kola treten entweder flechtenreiche Tundren mit
Calluna vulgaris (B17) oder zwergstrauchreiche Tundren (B18) auf. In küstenferneren Lagen der
Kola-Halbinsel sind Zwergbirken-Tundren mit Cornus suecica ausgebildet (B19), während der Ty-
pus mit Strauchweiden und Trientalis europaea bis zur Halbinsel Jugor reicht (B20). Unterschiedli-
che Strauch-Tundren-Komplexe mit Weiden-Tundren und Palsamooren (B23) bzw. mit Seggen- und
Braunmooren (B24) treten zwischen Kanin und der Pe…ora-Bucht auf. Bis in den Polar Ural reichen
die Zwergbirken-Tundren mit Strauchweiden (B25, B26, B27) bzw. im Komplex mit Palsamooren
(B28). Die voruralischen Zwergbirken- und Weiden-Tundren unterscheiden sich von den oben
beschriebenen Einheiten insbesondere durch Arten mit östlicher Verbreitung wie Tephroseris
atropurpurea und Eritrichium villosum. So entsprechen die Zwergbirken-Tundren im Komplex mit
Palsamooren (B29, B32, B33) in Aufbau und Struktur den westlicheren Einheiten B21, B27 und
B28. Ein ähnliches Paar von Kartierungseinheiten mit unterschiedlicher West-Ost-Verbreitung bil-
den die Weiden-Zwergbirken-Tundren von B22 und die voruralische Einheit B30. Im Gegensatz zu
B33 zeichnen sich B31 und B32 durch das Vorkommen von zahlreichen arktisch-alpinen Arten aus.

B.1.5 Gebirgstundren und lockere Gebirgsvegetation


Neben der zonalen Gliederung in nord-, mittel- und südarktische Tundren sowie arktische Strauch-
Tundren gibt es im arktischen Bergland und den nach Süden anschließenden borealen Gebirgen
auch Gebirgstundren, die enge Beziehungen zur Vegetation im südlichsten Teil der Arktis aufwei-
sen. Diese Gebirgstundren sind in drei unterschiedlichen geographischen Räumen mit fließenden
Übergängen zwischen arktischen Tundren und borealer Gebirgsvegetation kartiert: auf Island, auf
der Halbinsel Kola sowie im Polar und Nördlichen Ural.
Auf Island ist eine tundrenähnliche Gebirgsvegetation (B34, B35) großflächig von der Nordküste
(oberhalb 300 m) bis in die Gletscherregionen verbreitet. Die Standorte werden von vulkanischen

126
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B

Ablagerungen geprägt. Weite Teile von Zentralisland haben jedoch nur eine sehr fragmentarische
Vegetationsbedeckung, insbesondere bei Verwitterung zu grusig-sandigen Böden, die rasch durch
Regen und Wind erodiert werden (B35). Die gute Mineralversorgung der Böden mit einer schwach
sauren bis neutralen Reaktion erklärt das Zusammentreffen „neutrophiler“ bzw. „basiphiler“ Arten
(z. B. Silene acaulis, Dryas octopetala und Saxifraga oppositifolia) mit Säurezeigern wie Luzula
spicata, Salix herbacea und Alchemilla alpina. Etwas ungewöhnlich, aber für Island außerordentlich
charakteristisch, ist das häufige Vorkommen von Armeria maritima, Thymus praecox subsp. arcti-
cus, Cardaminopsis petraea und die starke Beteiligung der Racomitrium-Arten (vgl. B34). Im West-
teil der Halbinsel Kola ist die Gebirgstundra (B36) oberhalb der nordborealen Birken-Lichtwälder
(C2) sowie lichten Fichten- und Kiefernwälder (D2, D42, D44) ausgebildet.
Gebirgstundren der Halbinsel Kola sind durch eine hohe Diversität der Pflanzendecke und eine
relativ reiche Artengarnitur gekennzeichnet. Es herrschen Zwergstrauch-Flechten-Tundren vor.
Innerhalb der Gebirgstundren kann man 2 Höhenstufen unterscheiden. Die untere Höhenstufe reicht
bis 700 m und ist vorwiegend durch Arten hypoarktischer Verbreitung repräsentiert. Es handelt sich
um Zwergstrauch-, Zwergstrauch-Flechten- und Strauch-Tundren (Betula nana, Salix glauca,
S. lanata). In den höherliegenden Gebirgstundren (700-900 m) findet man neben Zwergsträuchern
und Flechten, die für die niedrigere Stufe typisch sind, zusätzlich arktisch-alpine Arten (Salix
herbacea, Carex bigelowii, Cassiope hypnoides). Noch höher (über 900 m) ist der Anteil an Blü-
tenpflanzen sehr gering. Sporenpflanzen (Moose und Flechten) spielen hier die Hauptrolle. Nicht
selten haben sich in flachen Gipfellagen Kraut-Moos- und Zwergstrauch-Moosgesellschaften (vor-
herrschend mit Dicranum fuscescens) entwickelt, die einen Deckungsgrad von 60-70 % erreichen.
Auf Hangterrassen und Sätteln haben sich in Vertiefungen kleinflächige Moore gebildet: Laubmoos-
reiche Typen mit Calliergon sarmentosum, Hypnum sp., Warnstorfia fluitans und oft mit bei-
gemischten Zwergsträuchern und Kräutern.
Die Gebirgstundren des Paj-Choj, Polar und Nördlichen Ural werden durch drei Kartierungsein-
heiten repräsentiert: Flechten-Hochgebirgsvegetation (B37), Zwergstrauch-Moos-Flechten-Gebirg-
stundren (B38) und Kraut-Moos-Gebirgstundren (B39). Die Flechten-Tundren auf Gesteinsschutt in
der obersten Höhenstufe (B37) sind ihrer Typologie nach den arktischen Polarwüsten der Gebirge
nahe verwandt. In ihrer Zusammensetzung spielen Krustenflechten eine wichtige Rolle. An Stellen
mit überwiegend flachgründigen Böden herrschen Strauchflechten vor. An Moosen finden sich
häufig Racomitrium lanuginosum, R. microcarpon, Andreaea rupestris und Tetralophozia setifor-
mis, an Blütenpflanzen Ranunculus pygmaeus, Oxygraphis glacialis, Geum glaciale, Cardamine
bellidifolia. Die Deckung der Flechten und Moose schwankt zwischen 30 und 60 %, die der Ge-
fäßpflanzen übersteigt 5 % nicht. Alle Gesellschaften weisen auf extreme Klimabedingungen mit
sehr kurzer Vegetationsperiode und ungünstigem Feuchtigkeitsregime hin.
Es fehlen gut entwickelte Böden, nur zwischen Steinblöcken und in Felsspalten findet sich etwas
Feinboden. Flechten-Tundren nehmen die höchsten Lagen im Nordteil des Ural ein: im Polar Ural
Höhen zwischen 700 und 1895 m; im Nordural sind sie nur inselartig in Gipfellagen zwischen 1100
und 1200 m vorhanden.

127
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas

In den Zwergstrauch-Moos-Flechten-Gebirgstundren (B38) bedecken Moose und Flechten 20-80 %


der Fläche. Unter den Zwergsträuchern herrschen Dryas octopetala, Arctostaphylos alpinus, Empe-
trum hermaphroditum, Vaccinium uliginosum, V. vitis-idaea, Loiseleuria procumbens, Ledum pa-
lustre, Phyllodoce caerulea vor.
Diese Gebirgstundren können weiter untergliedert werden in die eigentlichen Flechten-Tundren (mit
einem geringen Anteil an Moosen, Zwergsträuchern und Kräutern) und in die Zwergstrauch-Moos-
Tundren. Flechten-Tundren werden überwiegend durch Arctostaphylos-Cladonia-Tundren re-
präsentiert, Zwergstrauch-Moos-Tundren durch Dryas- und Racomitrium-reiche Typen.
Gebirgstundren sind im Polar Ural in Höhen von 300-900 m unterhalb der Einheit B37 verbreitet.
Sie nehmen Kammlagen, Vorsprünge von Gebirgsterrassen und schwach geneigte Hänge ein.
Typisch sind skelettreiche, flachgründige und nährstoffarme Böden. Eingestreut finden sich Schot-
terflächen, die vegetationslos oder mit Moosen bewachsen sind.
In den Kraut-Moos-Gebirgstundren (B39) mit einem Deckungsgrad von 30-70 % herrschen folgende
Moose vor: Rhytidium rugosum, Polytrichum alpinum, Racomitrium lanuginosum, Hylocomium
splendens, Pleurozium schreberi, Aulacomnium turgidum. Flechten sind weniger häufig (Cladonia
amaurocraea, Cetraria islandica, Thamnolia vermicularis). Die Strauchschicht ist nur schwach
entwickelt und wird von Betula nana, Salix lanata, S. arbuscula, S. glauca, S. arctica gebildet,
deren Deckung kaum 10 %, selten 20 % übersteigt. In der Krautschicht (Deckung 30-70 %) spielen
Zwergsträucher nur eine geringe Rolle. Es herrschen Kräuter wie Hedysarum arcticum, Pedicularis
oederi, Oxytropis campestris subsp. sordida, Bistorta vivipara, B. officinalis, Valeriana capitata,
Saxifraga hirculus, S. hieraciifolia, Lloydia serotina, Hieracium alpinum, Rumex arifolius, Pa-
chypleurum alpinum sowie Carex bigelowii vor.
Kraut-Moos-Tundren nehmen ebene Gebirgsterrassen in Höhenlagen von 900-1200 m ein. Es handelt
sich um Gebirgstundra-Böden, die örtlich naß und vertorft sind. Diese Tundren sind vorwiegend im
Südteil des Polar Ural und im Nördlichen Ural verbreitet (nach GOR„AKOVSKIJ 1975).
Außerdem wurde diese Einheit innerhalb der arktischen Zone in niedrigeren Berglagen des Paj-
Choj, östlich der Pe…ora-Bucht und auf der Kanin-Halbinsel kartiert.

B.2 Alpine Vegetation (Alpine Rasen, Spalier-, Zwergstrauch- und Strauchvegetation, Fels-
und Schuttfluren) in der borealen, nemoralen und mediterranen Zone
Paul Heiselmayer, mit Beiträgen von Heinrich Wagner & Dato Bedošvili

Charakterisierung und typologische Abgrenzung


Als alpine Vegetation wird die Formation der alpinen Stufe außerhalb der Arktis bezeichnet. Ihre
Verbreitung beschränkt sich auf die Hochgebirge Skandinaviens, die Pyrenäen, Alpen und Karpaten,
ferner die Hochgebirge Spaniens, des Apennins, des Balkans und des Kaukasus (vgl. Karte 6: B5).
Nicht einbezogen sind die waldfreien Hochlagen Islands und des Ural, die wegen ihres Übergangs-
charakters der Formation B.1.5 (Gebirgstundren und lockere Gebirgsvegetation) zugeordnet wurden.
Neben den zonalen alpinen Rasen sind in den Kartierungseinheiten auch die edaphisch bedingten

128
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B

alpinen Schutt- und Felsgesellschaften sowie die Pflanzengesellschaften der Schneetälchen, Wind-
kanten, Quellfluren und Niedermoore enthalten. Alle diese Lebensräume liegen oberhalb der
Waldgrenze. Nicht einbezogen ist dagegen die alpische zonale Zwergstrauchformation mit Rhodo-
dendron ferrugineum und R. hirsutum. Diese ist infolge der anthropozoogenen Depression der
klimatischen Waldgrenze (Almengebiet) größtenteils in der subalpinen Stufe angesiedelt und besitzt
dementsprechend sehr viele floristische Beziehungen zu den Wäldern und Gebüschen dieser Stufe.
Die entsprechenden Vegetationstypen werden bei der Formation C behandelt.
Nach unten grenzt die Formation B einerseits an die subalpinen Wälder (hauptsächlich Nadelwälder
oder sommergrüne Breitlaubwälder), andererseits an die mit diesen meist gemeinsam auftretenden
Strauch-, Zwergstrauch- und Hochstaudengesellschaften (Formation C). Als obere Grenze wird der
Bereich der Auflösung der geschlossenen Rasendecke mit Ausbildung einer offenen Vegetation bei
gleichzeitigem Eindringen von Polsterpflanzen definiert (Grenze zur subnivalen und nivalen Stufe
– Formation A).
Bei der Gliederung und Abgrenzung der zonalen Vegetation in der alpinen Stufe gibt es unter-
schiedliche Auffassungen. Wie eingangs erwähnt, werden die Zwergsträucher (Rhododendron
ferrugineum und R. hirsutum) in den Alpen unterschiedlichen Höhenstufen zugeordnet. Während
einige Autoren (OZENDA 1988, WAGNER 1970) die Artengarnitur dieses „Zwergstrauchgürtels“ in
Beziehung zu den an der Waldgrenze stockenden Wäldern setzen und daher in den Alpen zur
subalpinen Stufe rechnen, betrachten andere Autoren (z. B. SCHRÖTER 1926) die eigentliche
Waldgrenze als Trennlinie zwischen subalpiner und alpiner Stufe. Bei dieser Definition wird die
Zwergstrauchformation als untere alpine Stufe ausgewiesen. In den Skandinavischen Gebirgen zählt
die Zwergstrauchvegetation mit Betula nana ebenfalls zur unteren alpinen Stufe.
Die Höhenlage der alpinen Stufe schwankt je nach geographischer Breite und nach Lage am Rande
oder im Inneren eines Hochgebirges. Sie ist in Skandinavien etwa zwischen (800)1200 und 1700 m,
in den Nordalpen und Karpaten zwischen (1900)2000 und 2500(2700) m, in den Inner- und Südal-
pen zwischen (2200)2300 und 2800(3000) m, in den Pyrenäen zwischen 2400 und 3200 m und im
Kaukasus zwischen (2400)2500 und 3000(3100) m anzusetzen. Eine grobe Übersicht der einzelnen
Höhenstufen mit ihrer zonalen Vegetation vermittelt Tab. 4.

Geographische Verbreitung
Das Hauptverbreitungsgebiet der Formation B.2 liegt in den Hochgebirgen Europas oberhalb der
Waldgrenze. Von den Gebirgen Schottlands und den Skandinavischen Gebirgen erstreckt sich das
Vorkommen bis zu den südeuropäischen Hochgebirgen und dem Kaukasus, soweit diese nicht durch
Winterregenklimate geprägt sind (wie die Gebirge im südlichen Griechenland, in Süditalien und
Sizilien, z. T. in Südspanien). Die Vorkommen der Formation sind ziemlich weit über Europa
gestreut; größere geschlossene Einheiten finden sich vor allem in den Skanden, den Alpen, den
Pyrenäen und dem Kaukasus.

129
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas

Tab. 4: Höhenverbreitung der alpinen Vegetation in den Hochgebirgen Europas (Formation B.2).

Apennin,
Alpen, Karpaten,
Skanden Dinariden, Balkan, Kaukasus
Pyrenäen
Spanien
Obergrenze 1700 m 2500–3200 m 2500–3400 3000–3100 m
hochalpin Rasenfragmente Rasenfragmente Rasenfragmente Alpine Matten
Kalk Rasen Rasen Rasen Rasen
(Kobresio-Dryadion) (Seslerion albicantis, (Seslerietalia albicantis, (Carici rupestris-Kobresietea
Caricion ferrugineae; Seslerietalia tenuifoliae, bellardii, Kobresietalia
Carici rupestris- Onobrychido-Seslerietalia, capilliformis)
Kobresietea bellardii) Daphno-Festucetalia) Rasen mit Geum speciosum
(bis niederalpin)
mittelalpin

Silikat Rasen Rasen Rasen Alpine Matten


(Nardo-Caricion (Festucion variae, (Ranunculo-Nardion, (Salicetea herbaceae,
bigelowii, Juncion Caricion curvulae; Seslerietalia comosae, Sibbaldion semiglabrae)
trifidi, Phyllodoco- Loiseleurio- Trifolietalia parnassii, Rasen
Vaccinion myrtilli, Vaccinion) Festucetea indigestae in (Juncetea trifidi, Festucetalia
Loiseleurio-Arctosta- Spanien) woronowii, Carex tristis-
phylion) Rasen)

Rasen, Rasen, Nardus-Rasen,


niederalpin Zwergsträucher mit Zwergsträucher mit Sträucher, z. T. mit Pinus Gebüsche mit Rhododendron
Betula nana Rhododendron-Arten mugo caucasicum

Untergrenze 1200 m 1900–2300 m 1800–2300 m 2400–2500 m

Bestandesstruktur und Physiognomie


Die bezeichnende Vegetation in der alpinen Stufe sind mehr oder weniger geschlossene Rasenge-
sellschaften mit dominierenden Gräsern und Cyperaceen. An Chamaephyten sind fast ausschließlich
Spaliersträucher vertreten, in Pioniergesellschaften und im Kontaktbereich zur subnivalen Stufe
treten Polsterpflanzen hinzu. In den tieferen Lagen nahe der Grenze zur subalpinen Stufe können
stellenweise auch aufrechte Zwergsträucher in die Rasenbestände eindringen; diese Bestände zeigen
dann eine deutliche Schichtung. Eine ausgeprägte Moosschicht ist außerhalb der Nieder- und Quell-
moore nur in Langschneebereichen (Schneeböden, Schneetälchen) zu finden.
Die dominanten Lebensformen sind Hemikryptophyten und Chamaephyten (hier insbesondere Spa-
liersträucher und Zwergsträucher). Andere Lebensformentypen sind selten. Therophyten beschrän-
ken sich hauptsächlich auf die Gattungen Melampyrum und Euphrasia. Recht bezeichnend ist in den
alpischen Vegetationstypen das zahlreiche Auftreten von wintergrünen Arten in den Rasengesell-
schaften und das von immergrünen in den Zwerg- und Spalierstrauchgemeinschaften. In den
Skanden wirft Betula nana als häufigster Zwergstrauch die Blätter im Winter ab. Während Zwerg-
sträucher bzw. Spaliersträucher im Apennin und Dinarischen Gebirge zurücktreten, sind sie in den
Gebirgen des Balkan (außerhalb der Dinarischen Alpen, einschließlich der griechischen Gebirge)
auf Karbonatgestein in einzelnen Gesellschaften recht häufig (z. B. Salix retusa, S. reticulata).
Die kurze sommerliche Vegetationszeit führt auch zu einer Verkürzung der einzelnen saisonal
bedingten phänologischen Phasen. Die Frühjahrspflanzen sind nach dem Abtauen des Schnees schon
ziemlich weit entwickelt. Soldanella-Arten können in den Alpen bereits bei einer geringen Schnee-
bedeckung (2-3 cm) zu blühen beginnen. Weitere Frühjahrsblüher sind u. a. Primula, Crocus und
Pulsatilla. Im Frühsommer beginnen Asteraceen (Compositen) mit ihrer Blüte, während Euphrasia

130
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B

schon den Spätsommer anzeigt. In der Regel beginnen die krautigen Pflanzen nach den ersten
stärkeren Frösten (in den Alpen Ende August - Anfang September) einzuziehen. In der alpinen Stufe
(insbesondere in der oberen alpinen Stufe) kann es infolge der ungünstigen klimatischen Bedingun-
gen (Kürze der Vegetationszeit) auch zu einer Dehnung der phänologischen Phasen kommen, so daß
die Blüte erst im 2. Jahr erfolgt (z. B. Ranunculus glacialis).

Floristische Zusammensetzung (Artengefüge)


Infolge der Isolation der einzelnen Gebirge und der Ausbildung von Endemiten sind keine für alle
Gebirge gültigen Kennarten vorhanden. Als gemeinsame Gattungen mit vielen alpinen Arten können
u. a. folgende gelten: Androsace, Astragalus, Draba, Festuca, Gentiana, Pedicularis, Phyteuma,
Potentilla, Primula, Saxifraga, Veronica. Innerhalb der Gesamtflora sind die Familien der Cypera-
ceae und der Brassicaceae überrepräsentiert, ebenso sind vier Fünftel der europäischen Primulaceae
Hochgebirgspflanzen. Neben den Arten der zonalen Vegetation sind eine große Zahl von Spe-
zialisten mit teilweise spezifischer Wuchsform vertreten (Felsspaltenpflanzen: Chasmophyten).
Neben der Sippendifferenzierung durch die Gebirge und deren Isolation (Höhenstufe, Waldbe-
deckung) wurde dieser Vorgang auch durch die Eiszeiten verstärkt. Dadurch konnte es innerhalb
eines Gebirges zur Häufung von Endemiten in bestimmten Gebieten kommen. In den Alpen wären
als besonders endemitenreich die in der letzten Eiszeit unvergletschert gebliebenen Nordost-,
Südost- und Seealpen zu nennen. Größere Zusammenhänge sind durch die floristischen Beziehun-
gen zu anderen Gebirgen immer wieder gegeben. So gibt es Florenbeziehungen zwischen den Alpen
und dem arktischen Raum (alpisch-arktische Elemente), aber auch mit dem Himalaja und dem Altai
(alpisch-altaische und alpisch-arktisch-altaische Elemente). Innerhalb dieser Beziehungen nehmen
die Alpen eine zentrale Stellung ein, während in den entfernteren Gebirgen (Kaukasus, Pyrenäen,
Sierra Nevada) andere Endemiten auftreten.

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Die Formationsgruppe ist in floristisch-soziologischer Hinsicht außerordentlich heteromorph. Neben
den zonalen Vegetationseinheiten der alpinen Rasen treten auch azonale (chionophobe, chionophile,
Schutt- und Felsvegetation) auf, so daß hier verschiedene Klassen zusammengefaßt werden müssen.
Erschwerend wirkt dabei noch – bedingt durch den hohen Anteil an Endemiten – die sehr große
Anzahl von Vegetationseinheiten, die diesen Lebensraum besiedelt. Dazu kommt die große Aus-
dehnung und Entfernung der Gebirge von den Skanden im Norden bis zur Sierra Nevada in Süd-
westen bzw. den Rhodopen und dem Kaukasus im Südosten, die – zusammen mit unterschiedlichen
Auffassungen der Autoren – zu einer sehr heterogenen Terminologie geführt haben. Gut vergleich-
bar sind die schneeliebenden Gesellschaften der Klasse Salicetea herbaceae Br.-Bl. 1948, welche
sich in die Ordnungen Arabidetalia caeruleae Rübel ex Br.-Bl. 1949 (Kalkschneeböden) und
Salicetalia herbaceae Br.-Bl. in Br.-Bl. et Jenny 1926 (Silikatschneeböden) gliedern läßt. In Mittel-
und Südeuropa treten nur das Arabidion caeruleae Br.-Bl. in Br.-Bl. et Jenny 1926 und das Salicion
herbaceae Br.-Bl. in Br.-Bl. et Jenny 1926 auf, während in Skandinavien ein Cassiopo-Salicion
herbaceae Nordhagen 1936 und ein Saxifrago-Ranunculion nivalis (Nordhagen 1943) Dierßen 1984

131
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas

hinzukommen. Die Schuttgesellschaften der Klasse Thlaspietea rotundifolii Br.-Bl. 1948 und die
Felsspaltengesellschaften der Klasse Asplenietea trichomanis (Br.-Bl. in Meier et Br.-Bl. 1934)
Oberdorfer 1977 zeigen in Europa eine meist bis zu den Ordnungen einheitliche Gliederung. Von
Norden nach Süden (insbesondere nach Südosten) ist eine zunehmende Zahl von Verbänden
festzustellen (vgl. Tab. 4 und 6-8).
Die alpinen Rasen in den Alpen sind nach der klassischen Gliederung einerseits als Kalkrasen der
Klasse Seslerietea albicantis Oberdorfer 1978 corr. Oberdorfer 1990 und andererseits als azidophile
Rasen der Klasse Juncetea trifidi Hada… in Klika et Hada… 1944 (= Caricetea curvulae Br.-Bl. 1948)
vertreten. Die Zahl der Verbände und Assoziationen dieser Rasen erreicht in Südosteuropa (ins-
besondere im Balkan) einen Höhepunkt, wo allein schon durch die Vielfalt der Sesleria-Arten eine
hohe Diversität besteht. Die Kalkrasen werden hier der Klasse Elyno-Seslerietea Br.-Bl. 1948
zugeordnet, die azidophilen Rasen der Klasse Juncetea trifidi. Im Apennin (Abruzzen) gehören die
hier typischen Sesleria-Rasen zur Ordnung der Seslerietalia tenuifoliae Horvat 1930.
In den Skanden und den Alpen kommt insbesondere auf Kalk-Silikat-Mischgestein noch die Klasse
Carici rupestris-Kobresietea bellardii Ohba 1974 hinzu. Dieser Klasse lassen sich im Kaukasus die
Kobresia spp.- und Carex tristis-Rasen zuordnen, die mit Festuca woronowii gehören dagegen zu
den Juncetea trifidi (vgl. Tab. 4). Innerhalb dieser Rasen gibt es eine West-Ost-Differenzierung.
Arten der subalpinen sommergrünen Rasen dringen im westlichen Kaukasus in die alpinen Rasen
ein, während im östlichen vor allem Steppenelemente auftreten.

Makroklimatische Gegebenheiten
Die einzelnen Gebirge liegen in unterschiedlichen Klimazonen. Als grundlegende Gliederung kann
hier die Einteilung in Zonobiome (ZB) nach WALTER & BRECKLE (1999) herangezogen werden (vgl.
Karte 2):

Tab. 5: Beteiligte Zonobiome und zugehörige Gebirge.

Zonobiom- Name des Zonobioms (ZB) Verbreitung der Zonobiome (ZB)


Nummer
arido-humides (mediterranes) ZB mit Mittel- und Südspanische Gebirge, Pyrenäen, Korsika , Mittel-
IV
Winterregen und Sommerdürre und Südapennin, Süddinariden, Südbalkan
Warmtemperiertes (ozeanisches), humides Kantabrisches Gebirge (z. T.), Westkaukasus
V
ZB
nemorales ZB, typisch gemäßigt mit kurzer Alpen, Karpaten, Nordbalkan, nördliche Teile der Dinariden
VI
Frostperiode
kontinentales ZB, arid-gemäßigt mit kalten Ostbalkan (z. T.), Ostkaukasus
VII
Wintern und trocken-warmen Sommern
boreales ZB, kalt gemäßigt mit kühlen Schottische Gebirge (z. T.), Skanden
VIII
Sommern und kalten Wintern
IX arktisches ZB nördlichster Teil der Skanden

Die höchsten Teile dieser Gebirge erstrecken sich über die Waldgrenze hinaus und besitzen eine
alpine Höhenstufe.

132
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B

Innerhalb der nemoralen Zone ist ein Gradient von ozeanisch im Westen bis subkontinental im
Osten gegeben. Die meisten Gebirge weisen auf engem Raum zusätzlich Kontinentalitätsgefälle auf,
die einerseits auf dem Luv-Lee-Effekt beruhen (z. B. Kantabrisches Gebirge mit Staulagen auf der
Nordseite, Pyrenäen), andererseits auf der Abschirmung der zentralen intramontanen Landschaften
durch die umgebenden Gebirgszüge (z. B. inneralpine Trockentäler der Alpen mit den umgebenden
Gebirgsstöcken oder innere Teilgebiete der Skanden wie die Umgebung des Gudbrandsdalen oder
des Rondanegebirges). Ähnliche Verhältnisse sind im Inneren des Kaukasus zu finden, wobei hier
die extreme Differenzierung zwischen West- und Ostseite (Kolchische und Kaspische Region)
verstärkend wirkt. Die alpine Vegetation der Gebirgszüge im Zonobiom IV zeigt oft schon enge
Beziehungen zur Formation N (Oroxerophytische Vegetation). Dies trifft besonders für die Sierra
Nevada und die Mittelgriechischen Gebirge zu (B49, B54, B55).

Standortbedingungen
Besonders prägend für die alpine Höhenstufe der Gebirge der borealen und temperaten Zone sind
kurze Vegetationszeiten und lange Schneebedeckung. Ein Höhenanstieg um 100 m führt zu einer
Verkürzung der Vegetationszeit um 6-7 Tage. So wird von SCHRÖTER (1926) für die Schweizer Alpen
für 2000 m eine theoretische Vegetationszeit von ca. 5 Monaten, für 3000 m von 2 Monaten an einem
südexponierten Hang angegeben; Nordhänge haben eine um 6-8 Wochen kürzere Vegetationszeit. Da
in den meisten Gebirgen je nach Höhenlage erst Ende Mai bzw. Anfang Juni der Schnee wegschmilzt
und schon Ende August bis Anfang September mit den ersten stärkeren Frösten (auch während des
Tages) und Schneefällen zu rechnen ist, wird dann die Phytomasseproduktion stark eingeschränkt, und
der Großteil der Pflanzen zieht im September die oberirdischen Organe ein. So bleiben als produktive
Vegetationszeit maximal 4 Monate. Im Sommer bewirkt die starke Einstrahlung während des Tages
eine sehr rasche Erwärmung des Bodens, wodurch ein günstiges Mikroklima entsteht, was aber bei
geneigten und südexponierten Hängen und südlicheren Breitengraden zu Überhitzungen und Aus-
trocknungen führen kann. In der Nacht hingegen kann die starke Ausstrahlung auch im Sommer zu
Morgenfrösten führen. Ökologisch wirksam ist überdies der erhöhte UV-Anteil an der Globalstrahlung
mit steigender Meereshöhe.
Die Schneedecke ist sowohl in der Mächtigkeit als auch in ihrer Dauer sehr unterschiedlich. Theore-
tisch steigt die Dauer der Schneebedeckung mit der Meereshöhe, doch wirkt sich hier besonders stark
die modifizierende Wirkung des Geländes aus, die sich neben der Differenzierung in wärmere
Südhänge und kühlere Nordhänge vor allem auch in windexponierten Kuppen und Rücken (Grate) und
windgeschützten Mulden und Rinnen manifestiert: jene sind äußerst windexponiert und auch im
Winter häufig schneefrei, diese windgeschützt und im Winter meist hoch mit Schnee bedeckt und
dadurch auch im Sommer feuchter. Dies führt zur Ausbildung von windexponierten „Windkanten“ mit
einer winterlichen Schneebedeckung von oft nur einem Monat (Frosttrocknis!) und geschützten, lange
mit Schnee bedeckten Schneetälchen, die oft weniger als 8 Wochen schneefrei sind. Ferner wirken
auch Luv-Lee-Effekte (einschließlich Schneewächten und Lawinen) auf die
Vegetationsdifferenzierung. Niederschläge sind im Gebirge kaum ein begrenzender Faktor, allein im
Winterregengebiet kann es zu sommerlichen Wasserstreßerscheinungen kommen.

133
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas

Abb. 6: Klimadiagramme von Gebirgsstationen im Bereich der alpinen Vegetation (nach WALTER & LIETH
1967): Norwegen (Sikkilsdalsseter, B42), Schweiz (St. Bernhard, B43, Säntis, B44), Polen (Schnee-
koppe, C17), Bulgarien (Sitniakowo, B54/C39).

Neben der Ausbildung des Reliefs ist auch die Windwirkung von entscheidender Bedeutung und
muß oft in Kombination mit anderen Faktoren betrachtet werden (z. B. „Windkanten“). Mit zuneh-
mender Höhe geht oft eine Steigerung der Windgeschwindigkeit einher, die besonders in Gratlagen
zu extremen Werten führen kann. Winterliche Schneeverfrachtungen, aber auch Bodenanrisse
können die Folge sein. Daneben führen in vergletscherten Gebieten örtlich auftretende Gletscher-
winde zu ungünstigen Produktionsbedingungen und einer Differenzierung der Vegetation in deren
Einflußbereich. Im Winter kann neben verstärktem Auftreten von Frosttrocknis ein mit Schneefracht
beladener Wind zur Erscheinung des Schneeschliffes führen. In der oberen alpinen und der nivalen
Stufe prägen häufige Wechselfröste den Standort, so daß Solifluktionserscheinungen dort verstärkt
auftreten und eine geschlossene Rasendecke verhindern.
Eine deutliche Gliederung der Vegetation bedingt das Grundgestein. Hieraus ergibt sich eine
Differenzierung in azidophile Serien auf silikatischem und in calciphile auf karbonatischem bzw.
dolomitischem Grundgestein. Ausbildungen auf Mischgesteinen (z. B. Kalkphyllite) werden wegen
günstigerer Nährstoffversorgung und trotz bestimmter floristischer Eigenständigkeiten zur calciphi-
len bzw. basiphilen Vegetation gestellt.
Infolge der ungünstigen klimatischen Verhältnisse verläuft der Prozeß der Bodenbildung meist sehr
langsam, so daß flachgründige Böden überwiegen. Als Hauptbodentypen treten auf saurem, silikati-
schem Gestein alpine Ranker und auf basischem (Kalk, Dolomit) alpine Rendzinen mit starkem

134
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B

Trend zur Protorendzina auf. Auf stark dolomitisiertem Grundgestein kommt es häufig zur Entkal-
kung der obersten Bodenschichten mit der Folge einer oberflächlichen Versauerung. In den Schnee-
tälchen sind alpine Pseudogleye die vorherrschenden Bodentypen.

Rolle im Landschaftsgefüge; Ersatzgesellschaften


In der alpinen Höhenstufe der temperaten und borealen Gebirge überwiegt als zonale Vegetation die
Rasenformation. Die Morphologie des Geländes ist hier ein entscheidender Faktor für die Aus-
prägung der zonalen Vegetationsdecke. Neben schneereichen und schneearmen Standorten wirken
vor allem Felsen und Hangschutt stark differenzierend. All dies führt – im Verein mit azonalen
Nieder- und Quellmooren – zu einem oft sehr komplexen Vegetationsgefüge.
Naturgemäß wird die Vegetation der alpinen Stufe seit langer Zeit (in den Alpen seit dem Neolithi-
kum) durch den Menschen genutzt. Durch die traditionelle Sommerweide (Almwirtschaft) mit Rin-
dern, Schafen und Ziegen hat sich die Vegetation verändert und es haben sich besonders in den
mittel- und südeuropäischen Gebirgen Ersatzgesellschaften entwickelt: Nardus-reiche Magerweiden
und Crepis-reiche Fettweiden sowie überdüngte Lägerfluren mit Rumex-Arten herrschen nun in der
Landschaft vor. Man begann bereits im Neolithikum die Weideflächen zu vergrößern, insbesondere
durch Waldweide und Rodung der obersten Waldbereiche. Dadurch hat sich der Zwergstrauchgürtel
verbreitert und in tiefere Lagen ausgedehnt und die Waldgrenze wurde künstlich erniedrigt. Flo-
ristisch und strukturell zählt dieser Teil mit dominierenden Zwergsträuchern zur subalpinen Stufe
(Formation C). In jüngster Zeit hat sich die alpine Höhenstufe vor allem in den Alpen durch den
Wintertourismus stark verändert. Es wurden Bauten mitten in der alpinen Zone errichtet und
zahlreiche Lifttrassen und Skipisten angelegt. In Wintersportzentren wurden so einerseits die
natürliche Vegetation zerstört, zum anderen Skipistenflächen planiert und durch Neuansaat begrünt,
was zu stark abweichenden Ersatzgesellschaften führte.

Gliederung in Untereinheiten
Die alpine Vegetation ist schon aufgrund ihrer disjunkten Verbreitung und ihrer Vorkommen in
verschiedenen Klimaten sehr mannigfaltig. Zusätzlich besteht jede Kartierungseinheit aus einem
bunten Mosaik verschiedenster Pflanzengesellschaften. Eine Typisierung läßt sich daher nur an
Hand der geographischen Verbreitung und des Arteninventares bzw. der Gesteinsunterlage durch-
führen.
Folgende geographisch-typologischen Gruppen werden in der Europakarte unterschieden:
– Schottische und skandinavische, ozeanisch bis kontinental geprägte Rasen- und Zwerg-
strauchvegetation überwiegend auf Silikatgestein;
– Alpische, karpatische und pyrenäische Vegetation auf Karbonat- und Silkatgestein;
– Iberische, apenninische, illyrisch-dinarische und balkanische Vegetation auf Karbonat- und
Silikatgestein;
– Kaukasische Vegetation auf Karbonat- und Silikatgestein.

135
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas

Jede dieser geographisch-typologischen Gruppen ist nicht nur durch unterschiedliche Pflanzenge-
sellschaften geprägt, sondern auch durch eine größere Zahl endemischer Arten, so daß sich hier auch
die pflanzengeographische Diversität widerspiegelt.
Die Untergliederung der Einheiten innerhalb einer Gruppe erfolgt entweder nach der Gesteins-
unterlage (Karbonat- bzw. Silikatgestein) oder nach der Humidität bzw. Kontinentalität.

Schottische und skandinavische, ozeanisch bis kontinental geprägte Rasen- und Zwergstrauch-
vegetation überwiegend auf Silikatgestein (B40-B42)

Diese Einheiten sind im schottischen Hochland, im Skandinavischen Gebirge und in Nordskandina-


vien bis zu den inneren Gebirgen der Halbinsel Kola verbreitet. Während sich die schneeschutzbe-
dürftige Zwergstrauchvegetation (B40) auf die ozeanisch geprägten westskandinavischen Gebirge
und den Westteil des schottischen Hochlandes konzentriert, ist die Einheit B42 mit nordeuropäi-
schen Zwergsträuchern typisch für die kontinentaleren Gebiete mit geringem Schneeschutz. Infolge
anthropogener Verschiebung der Waldgrenze sind Zwergstrauchheiden heute auch im Bereich
ehemaliger Lichtwälder ausgebildet. Die Wind- und Grasheiden (B41) sind auf windexponierte
Standorte und höhere Lagen beschränkt. Die ökologische Gliederung und geographische Verteilung
der Pflanzengesellschaften zeigt Tab. 6.

Tab. 6: Gliederung und Verteilung der alpinen Gesellschaften in Schottland und Skandinavien.

Schottland Skandinavien
Zwergstrauch- Silikat Phyllodoco-Vaccinion myrtilli Phyllodoco-Vaccinion myrtilli
gesellschaften
Rasen Kalk Festuca ovina-Gesellschaften Kobresio-Dryadion (Caricion nardinae)
Silikat Nardus stricta-Carex bigelowii-Gesell- Caricetalia curvulae
schaften Nardo-Caricion bigelowii
Carex bigelowii-Polytrichum alpinum-
Gesellschaften
Windheiden Kalk Caricion nardinae, Elynion bellardii
Silikat Juncus trifidus-Racomitrium lanuginosum- Loiseleurio-Arctostaphylion (Loiseleurio-
Gesellschaften Diapension)
Schneeböden Kalk Saxifrago-Ranunculion nivalis
Silikat Salicetalia herbaceae Cassiopo-Salicion herbaceae
Felsfluren Kalk Cystopteridion fragilis
Silikat Androsacion vandellii
Schuttfluren Kalk Thlaspietalia rotundifolii, Arenarion norvegicae
Silikat Androsacetalia alpinae, Saxifrago stellaris-
Oxyrion digynae

Die wichtigsten Zwergsträucher sind Vaccinium-Arten, Phyllodoce caerulea (im ozeanischen


Bereich auch Cornus suecica) und Betula nana. Auf windexponierten Standorten tritt Vaccinium
myrtillus zurück und Spaliersträucher wie Loiseleuria procumbens, Arctostaphylos alpinus und
Diapensia lapponica nehmen deren Stelle ein, unter den Kryptogamen dominieren Flechtenarten.
Schneeschutz und Windexponiertheit als Funktionen des Reliefs sind die strukturprägenden Fakto-
ren und bedingen die Ausbildung von Vegetationsmosaiken; dabei können schon geringe Höhen-
unterschiede zwischen Mulden und Kuppen entscheidend sein. Als wichtigste Bodentypen treten bei

136
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B

ausreichendem Schneeschutz Podsole, bei Windexposition Braunerden und Ranker auf. Basiphile
Gesellschaften sind seltener und durch Dryas-Heiden gekennzeichnet. In den höheren Lagen des
Skandischen Hauptkammes dominieren Gesellschaften mit Carex rupestris und Kobresia myosuroi-
des.
Die skandinavischen Rasengesellschaften zeigen ebenfalls eine Reliefdifferenzierung: Geschützte
Mulden werden von Nardus-Rasen (oft mit Cassiope hypnoides) eingenommen, auf windexponier-
ten Kuppen dominiert Festuca ovina. Da die ozeanischen Gebiete westlich des Hauptkammes
wesentlich schneereicher sind, überwiegen hier (vor allem in Küstennähe) Rasen mit Nardus stricta
und Carex bigelowii, während Festuca ovina-Rasen im kontinentaleren Bereich dominieren.

Alpische, karpatische und pyrenäische alpine Vegetation auf Karbonat- und Silikatgestein
(B43-B48)
Diese Einheiten kommen hauptsächlich in den mitteleuropäischen Gebirgen vor mit Hauptver-
breitung in den Alpen (B43, B44) und Pyrenäen (B48). Im Karpatenbogen beschränken sie sich auf
die höchsten Gipfellagen wie Hohe Tatra (B45), Rodna-Gebirge (B46), Ostkarpaten, und auf die
Südkarpaten (B46, B47) mit F|g|raÕului-, Bucegi-, Lotrului- und Retezatului-Gebirge. Kleinflächig
treten solche alpinen Gesellschaften, in die subalpine Stufe hineinreichend, auch in Gipfellagen
niedrigerer Gebirge auf (Riesengebirge, Babia Gora, Fatra u. a. – in der Karte nicht darstellbar).

Tab. 7: Gliederung und Verteilung der alpinen Gesellschaften in den Pyrenäen, Alpen, Sudeten und Karpaten.

Pyrenäen Alpen Sudeten, Karpaten

Rasen Kalk Seslerietalia coeruleae Seslerion albicantis Festucetalia versicoloris


Caricion ferrugineae Seslerion tatrae
Festucion tatrae

Silikat Festucion eskiae Festucion variae Nardion strictae


Festucion supinae Caricion curvulae Caricion curvulae
Nardion strictae

Windheiden Kalk Oxytropido-Elynion Oxytropido-Elynion Oxytropido-Kobresietalia

Silikat Loiseleurio-Vaccinion Loiseleurio-Vaccinion Loiseleurio-Vaccinion

Schneeböden Kalk Arabidion caeruleae Arabidion caeruleae Arabidion caeruleae

Silikat Salicion herbaceae Salicion herbaceae Salicion herbaceae

Felsfluren Kalk Potentilletalia caulescentis Potentilletalia caulescentis Potentilletalia caulescentis

Silikat Androsacetalia vandellii Androsacetalia vandellii Androsacetalia vandellii

Schuttfluren Kalk Thlaspietalia rotundifolii Thlaspietalia rotundifolii Thlaspietalia rotundifolii

Silikat Androsacetalia alpinae Drabetalia hoppeanae Androsacetalia alpinae


Androsacetalia alpinae

Die weite geographische Streuung und die Isolation der einzelnen Gebirgsstöcke im Karpatenbogen
führte zu floristischer Differenzierung und zur Entstehung von Endemiten. In allen Gebirgen treten
unterschiedliche Gesteine (Kalk- und Silikatgestein) differenzierend hinzu. In den Pyrenäen stehen
überwiegend Silikatgesteine an (B48) und auch in den Westkarpaten wurden Karbonat- und Silikat-
standorte in einer Kartierungseinheit zusammengefaßt (B45). Aufgrund großflächiger Vorkommen
beider Substrate ließen sie sich in den Alpen (B43, B44) sowie in den Ost- und Südkarpaten (B46,

137
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas

B47) kartierungsmäßig trennen. Gemeinsam ist allen drei Gebirgen das Auftreten des Caricetum
curvulae auf Silikat- und des Seslerio-Caricetum sempervirentis auf Kalkstandorten in der zonalen
Vegetation (vgl. Tab. 7). Die Artenkombinationen variieren jedoch in den einzelnen Gebirgen.
Gegenüber den skandinavischen Gebirgen ist die Sommertemperatur wesentlich höher, so daß die
Produktivität auch für Carex curvula ausreichend ist. Die Böden der zonalen Vegetation sind
entweder Ranker, Braunerden oder Rendzinen.

Iberische, apenninische, illyrisch-dinarische und balkanische alpine Vegetation auf Karbonat-


und Silikatgestein (B49-B55)
Diese Einheiten sind sehr disjunkt in Südeuropa verbreitet. Neben den Gebirgen Zentral- und Süd-
spaniens sowie dem Apennin sind hier vor allem die Gebirge der Balkanhalbinsel zusammengefaßt
(vgl. Tab. 8). Allen gemeinsam ist die Lage im Grenzbereich zwischen gemäßigtem Klima (Zonobi-
om VI) und dem mediterranen Winterregengebiet (Zonobiom IV). Besonders in Spanien und
Südosteuropa sind diese Vegetationseinheiten reich an Endemiten.
In Spanien tragen die höchsten Erhebungen der Sierra de Gredos und der Sierra de Guadarrama
Silikat-Rasen mit Festuca indigesta, Hieracium myriadenum und Jasione crispa (B49) sowie Fels-
und Schuttfluren mit endemischen Arten. In der Sierra Nevada treten neben Fels- und Schuttfluren
Rasen mit Festuca clementei und Erigeron frigidus auf (B50).

Tab. 8: Gliederung und Verteilung der alpinen Gesellschaften in Spanien, im Apennin, den Dinariden und auf
dem Balkan.

Spanien Apennin Dinariden Balkan (Ost-Süd)

Rasen Kalk Seslerietalia Seslerietalia tenuifoliae Seslerion tenuifoliae Onobrychido-


albicantis Seslerion apenninae Oxytropidion dinaricae Seslerietalia
(= S. coeruleae) Festucion pungentis Daphno-Festucetalia
Edraianthion nivei

Silikat Festucetalia Ranunculo-Nardion Seslerietalia comosae Seslerietalia comosae


indigestae Jasionion orbiculatae Trifolietalia parnassii

Schneeböden Kalk Arabidion caeruleae Arabidion caeruleae

Silikat Salicion herbaceae Salicion herbaceae

Felsfluren Kalk Potentilletalia Potentilletalia Potentilletalia Potentilletalia


caulescentis caulescentis caulescentis caulescentis

Silikat Androsacetalia Androsacetalia vandellii Androsacetalia Androsacetalia


vandellii vandellii vandellii

Schuttfluren Kalk Thlaspietalia Thlaspietalia rotundifolii Thlaspietalia Thlaspietalia


rotundifolii rotundifolii rotundifolii

Silikat Androsacetalia Androsacetalia alpinae Androsacetalia alpinae Androsacetalia alpinae


alpinae

Im Apennin hat die alpine Vegetation auf Silikatgesteinen enge Beziehungen zu jener der Alpen
(B51), während die zentral- und südapenninische Karbonatvegetation (B52) Arten wie Sesleria
tenuifolia (= S. apennina) enthält, die auch im nordwestlichen Dinarischen Gebirge (B53) vertreten
sind, wo sie kleinräumig zahlreiche Gipfel besiedeln. Etwas andere Vegetationstypen beherbergen
die zentral- und südbalkanischen Gebirge. Auf silikatischem Untergrund (B54) weisen Carex
curvula und Juncus trifidus noch auf Beziehungen zu den Alpen hin, bilden aber mit den Arten des

138
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B

zentralen und südlichen Balkan (Sesleria comosa, Festuca riloensis, F. valida u. a.) eigene Gemein-
schaften. Ihr Vorkommen ist auf Gipfellagen der Gebirge von Bosnien-Herzegowina, Jugoslawien,
Albanien, Mazedonien, Bulgarien und Griechenland beschränkt. Die Vegetation auf Karbonat-
gestein (B55) ist vor allem durch Rasen mit endemischen Festuca-Arten, Kobresia myosuroides und
endemischen Sesleria-Arten ausgezeichnet. Größere Vorkommen liegen in Jugoslawien (Prokletije-
Gebirge), Albanien, Mazedonien (Šar Planina), Bulgarien (Pirin-Gebirge), Griechenland (Grammos,
Pindos, Olymp).

Kaukasische alpine Vegetation auf Karbonat- und Silikatgestein ( D. Bedošvili)


Die alpine Vegetation des Kaukasus setzt sich aus vier Haupttypen zusammen: alpine Rasen,
teppichartige Matten und ovale oder langgestreckte niedrige Gebüsche aus Rhododendron caucasi-
cum sowie Gesteinsschutt-Vegetation. Der alpine Gürtel erstreckt sich zwischen (2400)2500 und
3000(3100) m ü. NN.
Alpine Rasen sind im Kaukasus weit verbreitet und kommen in allen Teilen des Gebirges vor. Die
wichtigsten bestandsbildenden Arten sind Gräser und Seggen: Festuca woronowii, Nardus stricta,
Festuca airoides (= F. supina), F. djimilensis, Carex tristis, Kobresia capilliformis, K. persica und
Sesleria anatolica, ferner Geranium gymnocaulon.
Die alpinen Matten bestehen vorwiegend aus niedrigwüchsigen Dikotylen mit bodenaufliegenden
Blattrosetten: Campanula biebersteiniana, Carum caucasicum, Gnaphalium supinum, Pedicularis
crassirostris, P. armena, Sibbaldia semiglabra, Taraxacum stevenii (= T. crepidiforme), Veronica
gentianoides und einigen Gräsern (Poa alpina, Phleum alpinum, Festuca airoides). Ihr Standort ist
lange schneebedeckt und die Vegetationsperiode entsprechend kurz.
Die Rhododendron caucasicum-Gebüsche kommen in leeseitigen Hangmulden vor, die im Winter
mit tiefem Schnee bedeckt sind und als letzte schneefrei werden.
Schutthalden werden hauptsächlich von Hochstauden besiedelt: Heracleum calcareum, Campanula
schistosa, Athyrium distentifolium, Anthemis sosnowskyana u. a.

Struktur und floristische Zusammensetzung


Festuca woronowii-Rasen haben innerhalb der alpinen Vegetation die größte Höhenamplitude: sie
sind von der oberen Zone des subalpinen Gürtels (ab 2000 m) bis in die subnivale Stufe in 3250 m
Höhe verbreitet, der oberen Grenze einer geschlossenen Vegetationsdecke. Optimale Standorte der
Festuca woronowii-Gesellschaften sind steile Süd- und Osthänge (Neigung über 30/) zwischen 2500
und 2900 m, in trockeneren Gebieten kommen sie auch auf Nordhängen vor.
Diese Gesellschaften bilden ein unregelmäßiges Mikrorelief, wobei die Grashorste 30-40 cm hoch sind und manchmal einen
Durchmesser bis 50 cm erreichen. Sie stehen oft nur 20-40 cm voneinander entfernt. Totes organisches Material, das in den
Horsten verbleibt, bestimmt die Physiognomie dieser Festuca-Rasen.

In der oberen Stufe des alpinen Gürtels dominieren horstbildende Gräser und Seggen (Festuca
ovina, Carex tristis, C. huetiana etc.), in der unteren Zone sind Gräser und Kräuter subalpiner
Gesellschaften beigemischt (Stachys macrantha, Geranium platypetalum, Calamagrostis arundina-

139
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas

cea, Helictotrichon pubescens etc.).


Rasen mit Festuca djimilensis als dominierender Art besiedeln im Westkaukasus die obere sub-
alpine Stufe und den unteren alpinen Gürtel bis in eine Höhe von 2700 m (KIMERIDZE 1987). Rasen
mit Woronowia speciosa und Carex pontica haben dieselbe Höhenverbreitung auf Kalkstandorten.
Geranium gymnocaulon-Gesellschaften haben ihre optimale Verbreitung zwischen 2500-2900 m.
Sie sind – vor allem in West- und Ostexposition – an 25-35/ steile Hänge mit sehr steinigen Böden
gebunden (KOLAKOVSKIJ 1935; DOLUCHANOV et al. 1946).
Borstgrasrasen (Nardus stricta) wachsen bevorzugt an nordexponierten, bis 25/ geneigten Hängen,
hauptsächlich unterhalb 2800 m. Sie treten oft im Komplex mit Rhododendron caucasicum-Ge-
büschen auf. Floristisch setzen sie sich aus folgenden Arten zusammen: Deschampsia flexuosa,
Carex medwedewii, Luzula spp., Alchemilla spp., Carum caucasicum, Sibbaldia parviflora. Die
niedrigen und langgestreckten Gebüsche aus Rhododendron caucasicum bilden eigene Zönosen und
enthalten obendrein Zwergsträucher: Vaccinium myrtillus, V. vitis-idaea und Empetrum hermaphro-
ditum.
Kobresia-Gesellschaften kommen hauptsächlich in der oberen Zone der alpinen Stufe vor. Im
westlichen Kaukasus reichen Gesellschaften mit dominierender Kobresia schoenoides höher als jene
mit herrschender Kobresia capilliformis. Ihre obere Verbreitungsgrenze liegt bei 3200 m. Etwa
dieselbe Höhenverbreitung haben Carex tristis-Rasen.

Tab. 9: Höhen- und Expositionsverbreitung der alpinen Pflanzengesellschaften im Kaukasus.

Nordexposition Südexposition

3000 m Alpine Matten Alpine Rasen 3200 m


Rasen mit Festuca woronowii
hochalpin schneeliebende Matten mit Sibbaldia
Rasen mit Carex tristis
semiglabra, Campanula biebersteiniana u. a.
Rasen mit Kobresia spp.

2700 m Nardus-Rasen Rasen mit Festuca woronowii 2900 m


Rasen mit Festuca djimilensis *
Rhododendron causasicum-Gebüsche,
Rasen mit Festuca valesiaca **
mittel- bis Vaccinium-Gesellschaften
niederalpin Nardus-Rasen
Rasen mit Geum speciosum,
Carex pontica
Gebüsche
2400 m 2600 m

Fett: Rasen auf Kalk * ausschließlich im westlichen Großen Kaukasus (B56)


** ausschließlich im südlichen Kleinen Kaukasus (B59)

Alpine Matten haben ihren Schwerpunkt auf schneereichen Standorten. Diese feuchtigkeitslieben-
den Gesellschaften treten bevorzugt in Hohlformen wie Sättel von Höhenzügen und Gletschermul-
den auf. Im Kleinen Kaukasus, wo keine Spuren von Vereisung vorliegen, entwickelten sie sich in
Geländeeintiefungen. Alpine Matten kommen vor allem in der oberen alpinen Stufe vor und sind
zwischen 2800-3100 m optimal entwickelt. Anders als die alpinen Rasen bestehen die Matten aus
ausdauernden Dikotyledonen, unter denen Halbrosetten- und Rosettenpflanzen überwiegen. Typi-

140
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B

sche Matten kommen auf gutentwickelten Böden vor, die fast vollständig (zu 70-80 %) mit Vegeta-
tion bedeckt sind. Die restliche Bodenoberfläche ist meist mit Moosen bewachsen.
Wiesensteppen, die für den alpinen Gürtel des südlichen Kaukasus charakteristisch sind, reichen nur
bis in die untere alpine Stufe.
Rhododendron caucasicum-Gebüsche sind im Großen Kaukasus sowie im Norden und teilweise
auch Nordwesten des Kleinen Kaukasus weit verbreitet. Sie überziehen die steilen Nordhänge, wo
die hohe winterliche Schneedecke auch einzeln stehende Büsche vor dem Erfrieren schützt.
Rhododendron caucasicum- und Vaccinium-Gesellschaften sind sowohl für die alpine als auch für
die subalpine Stufe charakteristisch. Im südlichen Teil ihrer Verbreitung (im nördlichen Armenien)
kommen sie jedoch hauptsächlich auf entwaldeten Flächen der subalpinen Stufe und in der unteren
alpinen Stufe bis 2720 m vor (MAGAK’JAN 1953).

Böden
Die Böden des alpinen Gürtels sind dunkelbraun bis schwarz und durch einen hohen Humusanteil
(über 10-12 %) gekennzeichnet, sie haben mittlere oder geringe Mächtigkeit (im Durchschnitt
20-40 cm), und sind schwach sauer (pH 6-6,5), haben gute Stickstoffversorgung, einen durchschnitt-
lichen Kaliumwert und wenig Phosphor. In der Regel sind sie skelettreich und von einer dichten
Grasnarbe bewachsen. Unter den Rhododendron caucasicum-Gebüschen entwickeln sich eher saure
Böden (pH 5-5,5) mit Rohhumusauflage.

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Die synsystematische Einordnung der alpinen Vegetation des Kaukasus ist ziemlich schwierig, da
sie nicht ausreichend vegetationskundlich untersucht ist. Nach ihrer floristischen Zusammensetzung
gehören die meisten Gesellschaften der windbeeinflußten Standorte (Kobresia spp. und Carex tristis
als dominante Arten) zur Klasse der Carici rupestris-Kobresietea bellardii Ohba 1974. Dies wird
durch das Vorkommen einer Reihe holarktischer Arten untermauert.
Bemerkenswert sind die Festuca woronowii-Gesellschaften wegen ihrer großen Variabilität. Die
alpinen Ausbildungen weisen Ähnlichkeiten zu alpischen Festuca varia-Gesellschaften auf; daher
könnten sie in die Klasse Juncetea trifidi Hada… in Klika et Hada… 1944 gestellt werden. Unter den
trockenen Bedingungen des Kleinen Kaukasus sind diese Gesellschaften mit Steppenelementen
angereichert.
Am eindeutigsten ist die Beziehung der kaukasischen Matten zur Klasse der Salicetea herbaceae
Br.-Bl. 1948. Offenbar können die Gesellschaften mit Geranium gymnocaulon im westlichen
Kaukasus und die Gesellschaften mit Bellardiochloa polychroa im nördlichen Kleinen Kaukasus,
deren Vorkommen mit einer beachtlichen Schneebedeckung einhergehen, ebenfalls in diese Klasse
gestellt werden, ebenso die alpinen schneeliebenden Gesellschaften mit Nardus stricta, die reich an
Elementen der Matten sind. Die kaukasischen Gebüsch- und Zwergstrauchgesellschaften, die reich
an arktisch-alpinen Arten sind, gehören zweifellos in die Klasse der Loiseleurio-Vaccinietea Eggler
ex Schubert 1960.

141
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas

Ein anderes Bild ergibt sich bei den Steinschuttfluren, deren floristische Zusammensetzung einzig-
artig ist, so daß keine gemeinsamen diagnostisch wichtigen Arten aus der Klasse Thlaspietea
rotundifolii Br.-Bl. 1948 gefunden werden können.

Gliederung in Kartierungseinheiten
Die höchsten jährlichen Niederschläge (2000-2500 mm) fallen im westlichen Großen Kaukasus. Für
diesen Teil des Kaukasus sind niedrige krautreiche Rasen mit dominierendem Geranium gymnocau-
lon typisch (B56). Als weiterer mesophiler Rasentyp treten hier Festuca djimilensis-Gesellschaften
auf, die in den anderen Teilen des Kaukasus durch xerophile Festuca woronowii-Rasen ersetzt
werden.
Im Westkaukasus spielen außerdem kalkhaltige Böden eine wichtige Rolle. Auf diesen kommen
endemische Gesellschaften mit Geum speciosum und Carex pontica vor. Während in der subalpinen
Stufe kolchische Reliktarten hervortreten, überwiegen in der alpinen kaukasische und kleinasiati-
sche Arten (u. a. Trifolium polyphyllum, Ranunculus brachylobus, R. helenae, Paracolpodium
colchicum).
In der alpinen Stufe des östlichen Großen Kaukasus (B57) sind Kobresia-Gesellschaften (Kobresia
capilliformis, teilweise K. schoenoides, K. persica) weit verbreitet, die zur zentralasiatischen
Kobresia-Vegetation (GROSSGEJM 1948) überleiten. Daneben sind Carex tristis-Rasen mit hoher
Stetigkeit vertreten, die stellenweise – speziell im nördlichen Teil des Kleinen Kaukasus – die
Gattung Kobresia vollkommen ersetzen und eine monodominante Zönose bilden.
Weit verbreitet sind Kobresia- und Carex tristis-Rasen auch im Kleinen Kaukasus (B58). Typische
Standorte sind flache Bergrücken, Plateaus und Bergkuppen mit feuchteren Böden, die aber im
Sommer austrocknenden Winden und im Winter dem Frost unterliegen. Weiterhin spielen Matten
mit Carum caucasicum, Campanula tridentata und Gentiana pontica im Wechsel mit Rhododen-
dron caucasicum-Gebüschen eine wichtige Rolle.
Der ausgeprägt kontinentale Klimaeinfluß des iranisch-kleinasiatischen Hochlandes macht sich im
südöstlichen Kleinen Kaukasus (B59) bemerkbar. Hier betragen die durchschnittlichen jährlichen
Niederschläge weniger als 1000 mm. In dieser Region fehlen Matten mit Nardus stricta und
Rhododendron caucasicum-Gebüsche, die in den anderen Teilen des Kaukasus weit verbreitet sind.
Dafür beherrschen Wiesensteppen mit Festuca valesiaca, Sesleria phleoides, Thymus kotschyanus
u. a. die südexponierten Hänge bis zu den höchsten Erhebungen.

Literatur
CONSERVATION OF ARCTIC FLORA AND FAUNA (CAFF) 1994, 1996; DOLUCHANOV, SACHOKIA &
CHARADZE 1946; ELVEBAKK 1994; ELVEBAKK & PRESTRUD (Ed.) 1996; FREMSTAD 1997; GOR„A-
KOVSKIJ 1975; HADA„ 1989; HOFMANN 1968; IGNATENKO 1979; KATENIN 1972; KOLAKOVSKIJ
1935; LID 1964; MAGAK’JAN 1953; MÖLLER 2000; MUCINA 1997; NACHUCRIŠVILI 1999; OZENDA
1988; PHILIPPI 1973; REBRISTAJA 1977; SCHRÖTER 1926; WAGNER 1970; WALTER & BRECKLE
1999; WALTER & LIETH 1967; YURTSEV 1994.

142
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation C

C Subarktische, boreale und nemoral-montane Lichtwälder sowie subalpine und


oromediterrane Vegetation
Paul Heiselmayer, Heinrich Wagner, mit Beiträgen von Sara A. Gribova (C.1), Odd Vevle (C.2) &
Nugzar Zazanašvili (C.3/Kaukasus)

Charakterisierung und typologische Abgrenzung; geographische Verbreitung


Diese Formation stellt sowohl im hohen Norden als auch in den borealen, nemoralen und mediterra-
nen Gebirgen die äußersten Vorposten aufrechter und mehr oder weniger geschlossener Gehölzvege-
tation dar. Während im subarktisch-nordborealen Raum Birken, besonders Betula pubescens subsp.
czerepanovii, und teilweise Picea obovata dominieren, treten in den mittel- und südeuropäischen
Gebirgen (Pyrenäen, Alpen, Karparten) Pinus cembra und Larix decidua bzw. die beiden Kleinarten
von Pinus mugo agg. (P. uncinata und P. mugo) bestimmend in diesen Lichtwäldern auf. In den
Alpen kommen Strauchgesellschaften mit Rhododendron spp., Salix spp., Alnus alnobetula hinzu.
In den südeuropäischen Gebirgen von Spanien bis zum Balkan treten je nach Gebiet Pinus uncinata
(Pyrenäen, SW-Alpen), P. mugo (Apennin, Balkan), P. sylvestris (Zentralspanien), P. peuce
(Balkan) oder Juniperus communis subsp. alpina bestandsbildend auf. Der Kaukasus besitzt eigene
Baum- und Straucharten in der subalpinen Stufe, insbesondere Betula litwinowii, Acer trautvetteri,
Rhododendron caucasicum und Quercus macranthera.
Im Norden besteht ein gleitender Übergang zu den südarktischen und Strauch-Tundren sowie zu den
Gebirgstundren (Unterformation B.1), in den Alpen und den anderen Gebirgen der nemoralen Zone
werden die subalpine Strauch- und Zwergstrauchvegetation dazu gezählt, die nach oben anschlie-
ßende alpine Stufe wird dagegen von verschiedenen baum- und strauchfreien alpinen Vegetations-
typen (Unterformation B.2) eingenommen. Für die Abgrenzung der Lichtwälder gegen die arkti-
schen Tundren ist das Vorkommen einer – wenn auch sehr lichten und niedrigwüchsigen – Baum-
schicht kennzeichnend. Die Trennung von den nordborealen Nadel(misch)wäldern (Formation D)
ist dagegen wegen fließender Übergänge recht schwierig.
Die Hauptvorkommen der Formation C liegen am nördlichen Rand der borealen Zone (auch als
subarktische Unterzone bezeichnet), in den Skandinavischen Gebirgen, in Island und in der sub-
alpinen Stufe der südlichen Hochgebirge (Pyrenäen, Alpen, Karpaten, Balkanische Gebirge,
Kaukasus) (vgl. Karte 6). Besonders großflächig ausgebildet und fast geschlossen ist das Ver-
breitungsgebiet von den Skandinavischen Gebirgen über die Halbinsel Kola bis zum Polar Ural. In
den übrigen Mittel- und Hochgebirgen – außerhalb der Pyrenäen, Alpen und des Kaukasus – sind
die Vorkommen eher kleinflächig und isoliert.

Bestandesstruktur und Physiognomie


Lichtwälder weisen eine drei- bis vierschichtige Struktur auf. Neben der meist lockeren Baum-
schicht ist oft eine Strauchschicht vorhanden, die Krautschicht ist häufig zwergstrauchreich und
kann nochmals gestuft sein, und die Bodenschicht setzt sich aus Moosen und Flechten zusammen.
Neben sommergrünen Baum- und Straucharten bauen vor allem Koniferen sowie etliche immer-
grüne Sträucher und Zwergsträucher (namentlich Ericaceae), deren Anteil sich nach Süden ver-

143
Formation C Karte der natürlichen Vegetation Europas

größert, die Bestände auf. In der Krautschicht kommen neben Zwergsträuchern – insbesondere bei
ausreichender Feuchtigkeit – oft auch Schaftpflanzen vor. Lichtwälder sind wie der Name sagt meist
lockerwüchsig, weshalb ausreichend Licht zu den Sträuchern und Zwergsträuchern im Unterwuchs
gelangt, so daß auch hier die Mehrzahl der Arten als heliophil gelten kann. Allerdings können in der
Formation auch ziemlich dichte und schattige Wälder vertreten sein wie z. B. geschlossene Zirben-
wälder in den Alpen.

Floristische Zusammensetzung (Artengefüge)


Floristisch zeigt die Formation eine Reihe von Gemeinsamkeiten. Boreale Florenelemente sind
innerhalb Europas weit verbreitet und können in fast allen Teilen des Areals vorkommen (z. B.
Vaccinium myrtillus, V. uliginosum, Arctostaphylos uva-ursi, Empetrum nigrum, Trientalis euro-
paea u. a.). Während die Formation in den nördlichen Gebirgen recht einheitlich ausgebildet ist,
wird die floristische Differenzierung nach Süden immer größer, und es treten neben Endemiten auch
andere Florenelemente (z. B. oromediterrane oder kolchische) hinzu.

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Die soziologische Stellung der Vegetationseinheiten innerhalb der Formation ist recht unterschied-
lich, allen gemeinsam ist jedoch das Auftreten von Pflanzengesellschaften der Klasse Vaccinio-
Piceetea Br.-Bl. 1939. In der Gruppe der subalpinen und oromediterranen Vegetation (Untergruppe
C.2 der Formation) lassen sich namentlich in der natürlichen Begleitvegetation neben der vorher
genannten noch mehrere andere Klassen unterscheiden: Betulo-Adenostyletea Br.-Bl. et Tx. 1943,
Loiseleurio-Vaccinietea Eggler ex Schubert 1960, Junipero sabinae-Pinetea Rivas-Martínez 1964,
Erico-Pinetea Horvat 1959 und – je nach pflanzensoziologischer Auffassung – auch Seslerietea
albicantis Oberdorfer 1978 corr. Oberdorfer 1990.

Makroklimatische Gegebenheiten
Ein Teil der Formation gehört zur borealen Klimazone und nimmt dort die nördlichsten bzw.
höchsten Bereiche nahe der Waldgrenze ein. Die Jahresmitteltemperatur liegt dort zwischen -1 und
2 °C, die mittleren jährlichen Niederschläge betragen zwischen 400 mm und 2000 mm und die
Vegetationszeit ist relativ kurz. In der südlichen temperaten Zone sind in der subalpinen Stufe der
Gebirge ähnliche klimatische Bedingungen zu finden. In den meridionalen Gebirgen steigt die
Jahresmitteltemperatur an (Spanien bis 9 °C, Apennin bis 5 °C); hier kommt jedoch neben den
winterlichen kalten Temperaturen die sommerliche kurze Niederschlagsdepression als klimatische
Besonderheit hinzu. Als wesentlicher klimatisch differenzierender Faktor innerhalb der Formation
ist jedoch die sich von Westen nach Osten verstärkende Kontinentalität zu sehen. Neben der
hygrischen Kontinentalität (innerhalb der Gebirge mit Sommerregenmaxima als „Trockentäler“
ausgeprägt) wirkt sich auch die thermische Kontinentalität mit großen Temperaturschwankungen
auf die Zusammensetzung der Vegetation aus. So liegt das mittlere Januarminimum in den ozea-
nischen Gebieten (Island, Westnorwegen) bei -5 °C bis 2 °C, im kontinentalen Bereich (norwegi-
scher und finnischer Teil von Lappland, Rußland) meist unter -10 °C. Die vorherrschenden Baum-

144
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation C

arten müssen deshalb vor allem in kontinentaleren Gebieten eine ausgeprägte Frostresistenz auf-
weisen.

Standortbedingungen
Für die gesamte Formation gibt es nur wenige gleichbleibende edaphische Standortbedingungen. Als
Böden treten – besonders unter Nadelwäldern – Podsole auf. Das Geländerelief bewirkt starke
Differenzierungen zwischen felsigen Kuppen und feuchten, oft vermoorten Mulden.

Rolle im Landschaftsgefüge
Lichtwälder formen in allen Regionen die klimabedingte Waldgrenze, einerseits zur Tundra hin,
andrerseits zur alpinen Vegetation. Im subarktischen Tiefland bilden sie die zonale Vegetation, in
den Gebirgen den Höhengürtel im Übergang von den Nadelwäldern zu den offenen Matten und
Rasen.

Erhaltungszustand, Landnutzung, Ersatzgesellschaften; Naturschutz


Lichtwälder sind in der borealen Zone meist gut erhalten. In den südlichen Gebirgen wurden sie vor
allem durch die Nutzung für die Almwirtschaft stark dezimiert. Hier treten als Ersatzgesellschaften
verschiedene Zwergstrauchgesellschaften, Rasen, Hochstauden- und Lägerfluren auf.

Gliederung in Untereinheiten
Die Formation C wird in drei Unterformationen unterteilt:
C.1 Ostboreale Lichtwälder (Betula pubescens subsp. czerepanovii, Picea obovata, Pinus sylve-
stris)
Verbreitung von der Halbinsel Kola bis zum Ural. Nach Osten, in Richtung Ural, erhöht sich der
Anteil von Picea obovata, Larix sibirica und Abies sibirica. Im Unterwuchs sind neben Vaccinium-
Arten meist Betula nana und Ledum palustre vorhanden.
C.2 Westboreale und nemoral-montane Birkenwälder (Betula pubescens s. l.), z. T. mit Kiefern-
wäldern (Pinus sylvestris)
Es handelt sich um fast reine Birkenwälder mit Hauptverbreitung im ozeanisch beeinflußten
Bereich. In Skandinavien dringt auch die Kiefer ein. In den kontinentaleren Gebieten sind die
Wälder flechtenreich, im ozeanischen Westen hingegen farn- und hochstaudenreich. Im südlichen
Skandinavien treten im Komplex der Birken- und Birken-Kiefernwäldern auch nemorale sommer-
grüne Baumarten auf.
C.3 Subalpine und oromediterrane Vegetation (Wälder, Krummholzgebüsche und Zwergstrauch-
Gesellschaften im Komplex mit Rasen und Hochstaudenfluren)
Diese Wälder und Gebüsche sind in den Hochgebirgen Mittel-, Süd- und Südosteuropas (insbesondere
Pyrenäen, Alpen und Kaukasus) verbreitet und bilden dort den obersten Wald- bzw. Gehölzgürtel. Die
wichtigsten Nadelbäume und -sträucher sind Larix decidua, Pinus cembra, P. mugo, P. uncinata, P.
sylvestris und Juniperus communis, außerdem spielen sommergrüne Laubgehölze (Betula spp., Salix
spp., Sorbus spp., Acer spp., Rhododendron spp.) und Zwergsträucher eine wichtige Rolle.

145
Formation C Karte der natürlichen Vegetation Europas

C.1 Ostboreale Lichtwälder (Betula pubescens subsp. czerepanovii, Picea obovata, Pinus
sylvestris) (C1-C6)
Paul Heiselmayer, Heinrich Wagner nach Unterlagen von Sara A. Gribova

Charakterisierung und typologische Abgrenzung


In dieser Gruppe werden ostboreale Licht- und Krummholzwälder zusammengefaßt, die den
nördlichsten Randstreifen der Waldvegetation in der planaren Stufe und den obersten Waldgürtel in
den Gebirgen der borealen Zone bilden (GRIBOVA et al. 1980). Sie sind der Struktur und Physio-
gnomie nach eigenständige lichte Wälder, die sich im osteuropäischen Teil ihres Areals meistens
aus den beiden Baumarten Betula pubescens subsp. czerepanovii und Picea obovata zusammenset-
zen. Picea obovata, eine osteuropäisch-sibirische boreale Baumart, baut die Nadelwälder im
Nordosten des russischen Tieflandes und in der Montanstufe des Ural auf. Betula pubescens subsp.
czerepanovii, eine atlantisch-subatlantisch-subarktische Baumart, bildet dagegen Licht- und
Krummholzwälder in den stärker ozeanisch getönten Gebieten Nordeuropas (Island, Skandinavien,
Halbinsel Kola, Gebiet westlich der Pe…ora). In der ostborealen Region dringen Larix sibirica-
Lichtwälder von Sibirien aus als kleinflächige isolierte Bestände auf sandigen Böden innerhalb der
Einheit bis zum linken Pe…ora-Ufer vor (in der Karte mit Symbolen dargestellt).

Geographische Verbreitung
Das Areal der ostborealen Lichtwälder reicht von der Halbinsel Kola und Nordkarelien entlang des
nördlichen Polarkreises bis zum Polar Ural. Das zusammenhängende Verbreitungsgebiet wird durch
die vermoorte Tiefebene im Südteil der Halbinsel Kanin unterbrochen. Im Bergland bilden Licht-
wälder den oberen Waldgürtel, so auf dem Timanrücken und im Nördlichen und Polar Ural. Die
Höhenverbreitung der ostborealen Lichtwälder reicht vom Meeresspiegel bis 500 m, im Nördlichen
Ural auch höher (bis 900 m).

Bestandesstruktur und Physiognomie


Charakteristisch für Lichtwälder ist ein sehr lockerer Baumbestand (Kronenschluß 10-30%) mit
truppweiser Verteilung der Stämme und niedrigem Baumwuchs (4-6 m, maximal 12 m). Neben den
sommergrünen Birken bauen Nadelbäume, meist Fichte (Picea obovata), im Ural und Uralvorland
auch Sibirische Lärche (Larix sibirica) und Sibirische Tanne (Abies sibirica), die Bestände auf.
Lichtwälder sind 3-4schichtig mit Baum-, Strauch-, Zwergstrauch- oder zwergstrauchreicher
Krautschicht und von Moosen und Flechten beherrschter Moosschicht.

Floristische Zusammensetzung (Artengefüge)


Boreale und subarktische Arten sind etwa gleichstark vertreten. Unter den borealen Arten spielen
neben der Fichte Zwergsträucher (Vaccinium-Arten, Ledum palustre u. a.), Seggen und Süßgräser
(Carex globularis, Deschampsia flexuosa) sowie Moose (Pleurozium schreberi, Polytrichum
commune) die Hauptrolle. Von den subarktischen Arten herrschen Betula pubescens subsp. czere-
panovii, B. nana, Empetrum hermaphroditum und Rubus chamaemorus vor. Im Spektrum der

146
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation C

geographischen Florenelemente haben zirkumpolare Arten (Vaccinium spp., Arctostaphylos spp.,


Rubus chamaemorus) und eurasiatische Arten (Equisetum sylvaticum, Picea obovata, Betula nana,
Ledum palustre, Trientalis europaea, Carex globularis) hohen Anteil. Von Osten dringen sibirische
Elemente (Larix sibirica, Abies sibirica, Calamagrostis holmii u. a.) ein.

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Die ostborealen Lichtwälder sind in Soziationen gegliedert, die sich teilweise den in Mitteleuropa
geläufigen Verbänden zuordnen lassen. Allen gemeinsam ist die Zugehörigkeit zur Klasse Vaccinio-
Piceetea und zur Ordnung Cladonio-Vaccinietalia. Folgende Gesellschaften lassen sich der Assozia-
tion Empetro-Betuletum pubescentis (Verband Phyllodoco-Vaccinion) zuordnen: Betula pubescens
subsp. czerepanovii-Empetrum hermaphroditum-Cladina sp.-Cladonia sp.-Ges., Betuletum empetro-
so-myrtillosum, Betuletum hylocomioso-cladinosum, Betuletum cladinosum, Betuletum herbosum
(C1, C2, C3). Die Bestände mit Picea obovata müssen möglicherweise in einen eigenen Verband
(innerhalb der Vaccinio-Piceetalia?) gestellt werden. Dazu zählen die Gesellschaften mit Picea
obovata, Betula nana, Ledum palustre, Carex globularis und Vaccinium-Arten (C4, C5) sowie jene
mit Picea obovata, Abies sibirica, Vaccinium myrtillus und westsibirischen Arten (C6).

Syntaxonomische Übersicht der ostborealen Lichtwälder (C.1) (mit Zuordnung der Kartierungseinheiten)
Vaccinio-Piceetea Br.-Bl. 1939
Cladonio-Vaccinietalia Kielland-Lund 1967
Phyllodoco-Vaccinion Nordhagen 1936
Empetro-Betuletum pubescentis Nordhagen 1943 – (C1, C2, C3)
Vaccinio-Piceetalia Br.-Bl. 1939
Piceion obovatae all. prov.
Picea obovata-Betula nana-Ledum palustre-Gesellschaft – (C4)
Picea obovata-Betula nana-Carex globularis-Gesellschaft – (C5)
Picea obovata-Abies sibirica-Vaccinium myrtillis-Gesellschaft – (C6)

Makroklimatische Gegebenheiten
Subarktische Lichtwälder sind an mäßig kaltes und ausreichend feuchtes Klima gebunden, das durch
den Wechsel von atlantischen Zyklonen und arktischen Antizyklonen geprägt ist. Im Winter
beeinflussen oft relativ warme und feuchte Luftmassen das Klima, im Sommer dringen häufig
arktische kühle und trockene Luftmassen ein. Die mittleren Jahresniederschläge variieren zwischen
700 mm auf der Halbinsel Kola und 500-550 mm östlich der Pe…ora. Die Jahresmitteltemperatur
beträgt auf der Halbinsel Kola -1 bis -2 °C, im Norden der russischen Tiefebene -2 bis -4 °C, das
Januarmittel liegt zwischen -10 bis -12 °C und -14 bis -17 °C, das Julimittel zwischen 9-12 °C und
11-12,5 °C (vgl. Abb. 7). Permafrost fehlt entweder (Kolahalbinsel) oder kommt nur inselartig vor
(Lichtwälder sind an Gebiete ohne Permafrost oder mit einer saisonalen Auftautiefe von einigen
Metern gebunden).

147
Formation C Karte der natürlichen Vegetation Europas

Kola (7m) - 0,7° 356 Oksino - 4,4° 366 Ust-Sylma (27m) -2,6° 401
35-24 (Pustosersk) (13m) 38-15
30-17

61 43 69

-17,0 -22,4 -21,8


-39,4 -42,8 -51,1

222 239

Abb. 7: Klimadiagramme (nach WALTER & LIETH 1967) der Orte Kola (Halbinsel Kola – D44/C1), Oksino
(Pe…ora-Unterlauf – C4/C5/B25) und Ust-Sylma (Pe…ora-Niederung – D3/C5).

Standortbedingungen
Geomorphologisch ist das Verbreitungsgebiet der ostborealen Lichtwälder heterogen. Auf der
Halbinsel Kola überwiegt die plateauartige Rumpffläche des nordischen Schildes (150-300 m) mit
steinigen, flachgründigen Böden; im Norden der russischen Tiefebene herrschen hügelige oder
erhöhte glaziale (ehemalige) Meeresebenen mit sandig-lehmigen oder lehmig-sandigen Quartär-
ablagerungen über dem Silikatgrundgebirge vor. Hier entwickelten sich Eisen-Humus-Podsole,
podsolige Gleyböden (IGNATENKO 1979) und stellenweise Moorböden. Kryogene Bodenprozesse
haben ein ausgeprägtes Mikrorelief geformt. Die Böden sind stark (pH 4,3) bis mäßig sauer, örtlich
auch neutral. Ihr Humusgehalt erreicht bis zu 95 %.

Rolle im Landschaftsgefüge
Die ostborealen Lichtwälder gehören zur Zone der Waldtundra und stehen im Kontakt mit nordbo-
realen Birken-Fichtenwäldern. Im Südteil des Verbreitungsgebietes besiedeln sie Hänge, Rücken
und Plateaus; im Bereich der arktischen Strauch-Tundren (Untergruppe B.1.4 der Formation B)
bilden die Lichtwälder an begünstigten Standorten (Flußterrassen, Südhänge) isolierte Bestände
meist auf sandigen Böden. Durch das wellige Relief der Landschaft sind sie häufig mit subarkti-
schen Palsamooren verzahnt, welche dort die nassen Niederungen einnehmen, während die Licht-
wälder die trockeneren Randbereiche besiedeln. Das nördlichste Vorkommen von Fichten-Licht-
wäldern in Europa liegt im Massiv More Yu (67° 50' nördl. Breite). Nach Süden zu bleiben die
ostborealen Lichtwälder auf extremere Standorte bzw. höhere Lagen beschränkt, wo sie den
Übergang von den Nadelmischwäldern zu den Gebirgstundren bilden.

Erhaltungszustand, Landnutzung, Ersatzgesellschaften; Naturschutz


Durch Abholzung und intensive Beweidung mit Rentieren sind weite Bereiche der ostborealen
Lichtwälder in Wiesen und Gebüschgesellschaften umgewandelt worden. Außerdem wirkt sich die
Deposition von Luftschadstoffen besonders negativ auf die Bestände an Waldgrenzstandorten aus.
Auf der Kolahalbinsel und im Ural existieren Schutzgebiete mit repräsentativen Beständen der
ostborealen Lichtwälder.

148
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation C

Gliederung in Untereinheiten
Die nordosteuropäischen Lichtwälder lassen sich in 3 typologische Untereinheiten gliedern:
– Die Birkenwälder der Halbinsel Kola (C1, C2) sind durch das Auftreten von Zwergsträuchern
(Empetrum hermaphroditum, Vaccinium spp., Calluna vulgaris, Cornus suecica) gekennzeichnet
und stocken auf sandigen Böden. Die Bestände der Kartierungseinheit C2 besiedeln mehr die
zentralen, höher gelegenen Flächen. In ihnen kommt Picea obovata regelmäßig vor, und Carex
globularis ist für sie kennzeichnend. In der Einheit C1 ist Picea obovata nur stellenweise
beigemischt und in der Krautschicht kommt Loiseleuria procumbens hinzu.
– In den östlich gelegenen Lichtwäldern (C3, C4, C5) ist neben der Birke regelmäßig Picea
obovata mit wechselndem Anteil vorhanden; sie dominiert in den Einheiten C4 und C5. C5 stellt
einen Waldtundrenkomplex mit Palsamooren dar. Auch der Standort des Waldes ist hier wesent-
lich feuchter als in den anderen Einheiten.
– In den am und im Ural gelegenen Lichtwäldern (C6) treten in der Baumschicht verstärkt westsi-
birische Florenelemente (Abies sibirica, Larix sibirica) auf, und Hochstaudenfluren gehören zum
Vegetationskomplex.

C.2 Westboreale und nemoral-montane Birkenwälder, z. T. mit Kiefernwäldern (Betula


pubescens s. l., Pinus sylvestris) (C7-C16)
Paul Heiselmayer nach Unterlagen von Odd Vevle, mit Beiträgen von Udo Bohn

Charakterisierung und typologische Abgrenzung


Diese Gruppe enthält von Birken (Betula pubescens s. l.) beherrschte Gehölzformationen, die in den
ozeanisch geprägten Gebirgen Nordwest- und Westeuropas südlich der arktischen Tundrenzone und
unterhalb der baumfreien alpinen Höhenstufe (Formation B) vorkommen. Sie bestehen aus Birken-
buschwäldern, Birkenwäldern und Komplexen aus vorherrschenden Birkenwäldern mit eingespreng-
ten Kiefernwäldern. Im allgemeinen werden aufgrund des natürlichen Standortmosaiks und des
kleinen Maßstabes niederalpine Zwergstrauchheiden, subalpine Weidengebüsche und Hochstauden-
fluren sowie (ombro-)minerotrophe Moore in die Kartierungseinheiten einbezogen.
Die zonale Vegetation besteht in den meisten Gebieten aus Birken (Betula pubescens subsp. pubes-
cens und subsp. czerepanovii)-wäldern, gebietsweise im Komplex mit Kiefern (Pinus sylvestris)-
wäldern, örtlich mit Beimischung von Sorbus aucuparia, Populus tremula oder Alnus incana.
Zusätzlich kommen in Standorts- und Vegetations-Komplexen der hemiboreal und nemoral gepräg-
ten west- und südwestnorwegischen Fjordlandschaft anspruchsvollere und wärmebedürftigere
Laubbäume und Sträucher (wie Alnus glutinosa, Fraxinus excelsior, Ulmus glabra, Quercus robur,
Prunus padus und Corylus avellana,) hinzu.

Geographische Verbreitung
Das Areal der westborealen und nemoral-montanen Birkenwälder erstreckt sich vom nordwestlichen
Fennoskandien bis nach Südnorwegen, und von Island bis zu den Britischen Inseln und Südwest-

149
Formation C Karte der natürlichen Vegetation Europas

irland mit Verbreitungsschwerpunkt in den Gebirgen Skandinaviens sowie in Island. Die Höhen-
amplitude reicht von 0 bis 1000 m, wobei die obere Grenze von Norden nach Süden ansteigt:
Finnmark, Nordnorwegen etwa 250-300 m, Island 400 m, Südnorwegen, Schweden bis 1000 m. An
der stark ozeanisch beeinflußten Westküste Norwegens und in Island erstrecken sich die Birkenwäl-
der bis die Tieflagen an der Küste.

Bestandesstruktur und Physiognomie


Die westborealen und nemoral-montanen Birkenwälder sind als lückige Buschwälder, Lichtwälder
oder geschlossene Waldbestände ausgebildet. Zusätzlich kommen sie in Komplexen mit Kiefernwäl-
dern, Weidengebüschen, Zwergstrauchheiden, Hochstaudenfluren und Mooren sowie – in klimatisch
wärmeren Gebieten – mit nemoralen Laubbäumen und Sträuchern vor. Physiognomisch hervor-
tretende Wuchsformen sind niedrige bis mittelhohe Bäume (2-12 m), Sträucher und Zwergsträucher.
Die Feldschicht besteht neben Zwergsträuchern aus Kräutern und Gräsern, z. T. auch Hochstauden,
sowie Moosen und Flechten.

Floristische Zusammensetzung (Artengefüge)


Die Baumschicht ist meist artenarm und wird von Birken (Betula pubescens subsp. pubescens und
subsp. czerepanovii) beherrscht, denen stellenweise Ubiquisten wie Sorbus aucuparia, Populus
tremula, Prunus padus beigemischt sind. Verbreitete Straucharten sind Betula nana, Juniperus
communis subsp. alpina, Salix phylicifolia, S. glauca, S. lapponum, S. lanata, S. myrsinifolia,
S. borealis. Die Zwergstrauchschicht besteht aus Vaccinium myrtillus, V. vitis-idaea, V. uliginosum,
Calluna vulgaris, Empetrum hermaphroditum, E. nigrum, Arctostaphylos uva-ursi, A. alpinus,
Cornus suecica. Typische Arten der Krautschicht sind Geranium sylvaticum, Rubus saxatilis,
Ranunculus acris, Solidago virgaurea, Linnaea borealis, Equisetum pratense, Melampyrum syl-
vaticum, Alchemilla spp., Oxalis acetosella, Trientalis europaea, Pyrola minor, Agrostis capillaris,
Anthoxanthum odoratum, Deschampsia flexuosa, Poa nemoralis, Festuca rubra, Carex vaginata,
Luzula sylvatica, örtlich Melica nutans, Viola riviniana, Paris quadrifolia und die Farne Gymnocar-
pium dryopteris, Dryopteris expansa, Phegopteris connectilis, Blechnum spicant. In der Moos-
schicht sind zahlreiche Moosarten (u. a. Hylocomium splendens, Pleurozium schreberi, Dicranum
scoparium, D. fuscescens, Rhytidiadelphus loreus, R. triquetrus, Polytrichum formosum, P. commu-
ne, P. juniperinum, Barbilophozia barbata, Plagiothecium undulatum, Sphagnum spp.) sowie
verschiedene Flechtengattungen (u. a. Peltigera aphthosa, Cetraria spp., Cladina spp., Cladonia
spp., Nephroma arcticum) vertreten.
Im atlantischen Bereich (Britische Inseln, Westnorwegen) kommen Laubbäume und Sträucher der
temperaten Zone (Alnus glutinosa, Fraxinus excelsior, Ulmus glabra, Acer pseudoplatanus, Quercus
petraea, Q. robur, Ilex aquifolium, Corylus avellana) hinzu. Zusätzlich treten nemorale Kräuter
(Galium odoratum, Primula acaulis u. a.) sowie europäisch-ozeanische (Blechnum spicant, Luzula
sylvatica, Oreopteris limbosperma) und atlantisch verbreitete Arten (Narthecium ossifragum) auf, in
der Moosschicht sind dies Hymenophyllum wilsonii, Anastrepta orcadensis, Mylia taylorii. Wegen der
quartären Vereisungen ist die Flora arm an Gebietsendemiten, so daß eurasiatische Arten überwiegen.

150
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation C

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Die Untergruppe C.2 mit westborealen und nemoral-montanen Lichtwäldern ist recht vielgestaltig:
Neben mehr oder weniger geschlossenen Birkenwald-Formationen kommen Birken-Buschwälder
und Vegetationskomplexe mit anderen Waldgesellschaften vor. Diese Bestände wurden pflanzenso-
ziologisch von verschiedenen Bearbeitern untersucht und syntaxonomisch unterschiedlich klassifi-
ziert, so von NORDHAGEN 1943, AUNE 1973, KIELLAND-LUND 1967, 1973, 1981, 1994, STEINDÓRS-
SON 1974, HÄMET-AHTI 1963, GLAWION 1985, DIERSSEN 1996, RODWELL 1991a. Die westborealen
Birkenwälder auf Island und in Skandinavien werden allgemein in die Klasse Vaccinio-Piceetea
gestellt. Birken- und Kiefernwälder nährstoffarmer saurer Standorte gehören nach KIELLAND-LUND
(1967) zur Ordnung Cladonio-Vaccinietalia. Innerhalb dieser Ordnung lassen sich die armen,
zwergstrauchreichen Birkenlichtwälder dem Verband Phyllodoco-Vaccinion mit den Gesellschaften
Empetro-Betuletum und Cladonio-Betuletum zuordnen. Unter den in Komplexeinheiten einge-
streuten Kiefernwäldern auf nährstoffarmen, flachgründigen Standorten ist für die ozeanischen
Gebiete Norwegens das Bazzanio-Pinetum besonders charakteristisch, daneben treten weitere
Pineten als Komplex-Gesellschaften auf. Die Birkenwälder auf nährstoffreicheren Böden werden
der Ordnung Vaccinio-Piceetalia angeschlossen. Hierzu zählen das Corno-Betuletum der (hyper)-
ozeanischen Fjordgebiete ebenso wie das weiter verbreitete Geranio-Betuletum. Die westnorwegi-
schen Fjordkomplexe (C14, C15) mit ihren nemoralen Laubmischwäldern (Fagetalia p.p., Querco-
Fagetea Br.-Bl. et Vlieger in Vlieger 1937) vermitteln zur Formation F, ebenso die azidophilen
anglo-irischen Birkenwälder mit Ilex aquifolium (C16).

Syntaxonomische Übersicht der Vegetationseinheiten von C.2 (mit Zuordnung der Kartierungseinheiten)
Vaccinio-Piceetea Br.-Bl. 1939
Cladonio-Vaccinietalia Kielland-Lund 1967
Phyllodoco-Vaccinion Nordhagen 1936 (einschl. Cladonio-Pinion Kielland-Lund 1986)
Cladonio-Betuletum (Nordh. 1943) K.-Lund 1973 – (C10, C11)
Empetro-Betuletum Nordh. 1943 – (C 8, C9, C10, C11)
Bazzanio-Pinetum K.-Lund 1981 – (C12, C13, C14)
Vaccinio-Piceetalia Br.-Bl. 1939 (Piceetalia excelsae Paw»owski in Paw»owski et al. 1928)
Vaccinio-Piceion Br.-Bl. 1939 (Piceion excelsae Paw»owski in Paw»owski et al. 1928)
Corno-Betuletum Aune 1973 – (C9, C12, C13, C14)
Geranio-Betuletum Nordh. (1928) 1943 korr. Dierßen 1982 (Syn.: Melico-Betuletum Aune 1973) –
(C7) Island, (C9, C12, C13, C15) Skandinavien
Zum Quercion roboris s. l. vermittelt:
Quercus petraea-Betula pubescens-Oxalis acetosella com. Rodwell 1991 – (C16)

Makroklimatische Gegebenheiten
Die Einheiten auf Island und in Skandinavien sind überwiegend der borealen Klima- und Florenzone
zuzuordnen, die der Britischen Inseln und Irlands der nördlichen temperaten Zone. Alle sind stark
ozeanisch beeinflußt. Eine makroklimatische Differenzierung ist durch thermische- und hygrische
Gradienten von Nord nach Süd und von hyper- nach subozeanisch/subkontinental gegeben. Die
ausgeprägt ozeanischen Gebiete (Island, Westteil Irlands und der Britischen Inseln, Westküste
Norwegens) sind durch hohe Niederschläge mit Wintermaximum, milde Winter und kühle Sommer

151
Formation C Karte der natürlichen Vegetation Europas

sowie durch eine ausreichende winterliche Schneebedeckung gekennzeichnet. Die kontinentaleren


Gebiete auf den Ostseiten der Inseln und östlich des Skanden-Hauptkammes erhalten geringe
Niederschläge mit Sommermaximum und sind durch kältere Winter und wärmere Sommer gekenn-
zeichnet (Abb. 8). Die mittleren Jahrestemperaturen schwanken im ozeanischen Bereich zwischen
2 und 6 °C, in den kontinentaleren Gebieten zwischen -3 und 2 °C. Der Mittelwert des kältesten
Monats liegt im ozeanischen Bereich zwischen -3 und 1 °C, im kontinentalen zwischen -16 und
-10 °C. Für den wärmsten Monat werden im ozeanischen Bereich 9-15 °C angegeben, im kontinen-
talen Bereich 10-14 °C. Die mittleren Jahresniederschläge liegen im ozeanischen Bereich zwischen
700 und 2400 mm, im kontinentalen zwischen 200 und 1200 mm.
Innerhalb der Birkenwälder gibt es auch eine Höhendifferenzierung, die in der Bestandesstruktur
und Artenzusammensetzung zum Ausdruck kommt. In der subalpinen Stufe prägt die verkürzte
Vegetationszeit und die Länge der Schneebedeckung den Standort. Die (alpine und nordboreale)
Baumgrenze der Birke in Skandinavien ist nach TRETER (1984) mit der +10 °C-Isotherme für den
wärmsten Monat korreliert.

Abb. 8: Klimadiagramme (nach WALTER & LIETH 1967) der Orte Reykjavik (Island, C7), Tromsø (Nordnorwe-
gen, C9), Dalwhinnie (Schottland, B42/E4), Josendal (Südwestnorwegen, C13).

Standortbedingungen
Neben den klimatischen Faktoren wirkt das Grundgestein (meistens Silikate mit mehr oder weniger
hohem Calcium-Gehalt) differenzierend auf die Ausbildung dieser Lichtwälder. Das Relief mit der
Abfolge Kuppe – Hang – Mulde bewirkt durch unterschiedliche Bodengründigkeit und -feuchtigkeit
die Ausbildung verschiedener Trophiestufen der Birkenwaldgesellschaften (z. B. Cladonio-Betule-
tum > Empetro-Betuletum > Vaccinio myrtilli-Betuletum > Geranio-Betuletum). Zunehmende
Bodentiefe und Feuchtigkeit sind dabei mit ansteigendem Nährstoffgehalt korreliert. Die vorherr-

152
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation C

schenden Bodentypen sind Podsole mit Rohhumusauflage (Empetro-Betuletum), podsolige Brauner-


den (Corno-Betuletum) und basenreiche Mull-Braunerden bis Hanggleye (Geranio-Betuletum).

Rolle im Landschaftsgefüge
Birkenwälder bilden die oberste Waldhöhenstufe im Gebirge, bekleiden dort Hänge und Kuppen
und treten mit Zwergstrauchtundren bzw. mit alpinen Zwergstrauchheiden und Rasen in Kontakt. Im
Nordosten Skandinaviens sind waldfreie Palsa- und Aapamoore in die Birkenwaldgebiete einge-
streut. In den tieferen Lagen treten inselartig Kiefern- und Fichtenwälder auf. In Nordwestnorwegen
und auf Island kommen Braunseggenmoore im Komplex mit Birkenwäldern vor. Im Bereich der
Fjorde Westnorwegens treten nemorale Laubwälder und boreale Kiefernwälder als Komplex-
einheiten auf. In Küstennähe stehen die Birkenwälder, wie auch teilweise in England und Irland, mit
atlantischen Zwergstrauch-Heiden und/oder mit Hoch- und Deckenmooren im Kontakt. In Skandi-
navien grenzen nach Osten boreale Kiefern- und Fichtenwälder an.

Erhaltungszustand, Landnutzung, Ersatzgesellschaften; Naturschutz


Birkenwälder sind in großen Teilen Skandinaviens kaum gefährdet und in einigen Nationalparks
geschützt. In einigen Gebieten, namentlich in Lappland, wurden sie durch Rentierweide und
Holznutzung aufgelichtet, dezimiert und zurückgedrängt. Eine forstliche Nutzung erfolgt vorwie-
gend in Westnorwegen, wo durch den Anbau fremdländischer Nadelbäume auch die Krautschicht
erheblich beeinträchtigt wird. Innerhalb der Birkenwaldstufe ist stellenweise landwirtschaftlich
genutztes Grünland – insbesondere Wiesen und Weiden – verbreitet. In Island sind die Birkenwälder
durch Weidenutzung und Bodenerosion großflächig vernichtet worden und nur noch an wenigen
Stellen erhalten geblieben (vgl. GLAWION 1985). Nur ein Drittel der Aufforstungen erfolgte hier mit
einheimischen Birken. Entsprechend schlecht ist der Erhaltungszustand in Irland und auf den
Britischen Inseln, wo die ursprünglichen Birkenwälder fast vollständig in Bergheiden umgewandelt
wurden. Aufforstungen erfolgen auch hier überwiegend mit exotischen Kiefern und Fichten.

Gliederung in Untereinheiten
Die floristisch-soziologische Differenzierung der Kartierungseinheiten beruht auf Unterschieden in
den Standortbedingungen und im Klima. Einige Kartierungseinheiten sind durch spezielle Physio-
gnomie und pflanzengeographische Besonderheiten gekennzeichnet. Wegen des kleinen Maßstabes
wurden die Einheiten der norwegischen Fjordlandschaften mit hoher Reliefenergie als Komplexe
ausgeschieden. Nach der Standortbeschaffenheit und Artenzusammensetzung lassen sich die
Kartierungseinheiten in drei Gruppen gliedern:
1) Niedrigwüchsige Birken-Buschwälder auf flachgründigen Böden (C8, C11)
Diese Buschwälder stocken auf unreifen, flachgründigen und teils trockenen Böden. Der Unter-
wuchs ist zwergstrauch- und teils flechtenreich (C11).
2) Höherwüchsige, mehr oder weniger kräuter-, gras- oder hochstaudenreiche Birkenwälder (C7,
C9, C10)

153
Formation C Karte der natürlichen Vegetation Europas

Diese Birkenwälder auf frischen, relativ basenreichen Böden sind entweder reich an Kräutern und
Gräsern (C7, Island) oder örtlich hochstauden- und farnreich (C9, C10).
3) Vegetationskomplexe aus Birken- und Kiefernwäldern und z. T. nemoralen Laubmischwäldern
(C12-C16)
Dazu zählen in erster Linie die Wälder ozeanischer Prägung entlang der westnorwegischen Küste.
Die west- und südwestnorwegischen Vegetationskomplexe enthalten auch Arten der nemoralen
Laubwälder (C13, C15), wogegen in den nordwestnorwegischen Birkenwäldern kaum nemorale
Arten vorkommen (C12, C14). Die anglo-irischen Birkenwälder (C16) heben sich durch atlantisch-
subatlantische Gehölze wie Ilex aquifolium, Taxus baccata, Salix atrocinerea und Lonicera pericly-
menum sowie Erica cinerea und E. tetralix von den übrigen Einheiten ab.

C.3 Subalpine und oromediterrane Vegetation (Lichtwälder, Krummholzgebüsche und


Zwergstrauchgesellschaften im Komplex mit Rasen und Hochstaudenfluren) (C 17-C 47)
Paul Heiselmayer, mit einem Beitrag von Nugzar Zazanašvili (Kaukasus)

Charakterisierung und typologische Abgrenzung


In dieser Formationsuntergruppe werden Vegetationseinheiten der subalpinen und oromediterranen
Stufe von Hochgebirgen in der südtemperaten und submeridionalen bis meridionalen Zone Europas
zusammengefaßt. Die zonale Vegetation besteht in den meisten Gebieten aus Nadelholz-Licht-
wäldern und -gebüschen mit vorherrschenden Kiefern und Lärchen sowie Wacholder, im Kaukasus
dagegen vorwiegend aus Birken, Ahorn und Eichen. Daneben treten Krummholz-Strauchformatio-
nen mit dominierender Latsche, Grünerle oder in manchen Gebirgen auch Wacholder auf. Teils
immergrüne Zwergsträucher der Gattungen Rhododendron und Daphne sind in der Regel dem
Krummholz beigemengt oder vorgelagert, kommen aber auch außerhalb des Areals von Pinus mugo
im Südosten (Griechenland) und im Kaukasus vor. Mit einbezogen sind auch die „alpinen“ Zwerg-
strauchgesellschaften mit den Gattungen Vaccinium, Empetrum und Arctostaphylos, obwohl ihre
Bestände zum Teil oberhalb der aktuellen Waldgrenze liegen. Sie weisen in ihrer floristischen
Zusammensetzung enge Beziehungen zur Waldstufe auf und haben sich durch menschlichen Einfluß
stark auf Kosten des Waldes ausgebreitet. Die subalpine Stufe kann nach dieser Definition in drei
Unterstufen geteilt werden: Im oberen Teil dominieren baumfreie Strauch- und Zwergstrauchgesell-
schaften (meist mit Pinus mugo und/oder Rhododendron-Arten), im mittleren Bereich herrschen
Larix- und Pinus-reiche Wälder (Larix decidua, Pinus cembra, Pinus uncinata) und in der untersten
Stufe gebietsweise (z. B. Alpen, Karpaten) subalpine Fichtenwälder („Piceetum subalpinum“) mit
unscharfem Übergang zu den montanen Fichtenwäldern.
Die hier auftretenden Wälder bilden gleichzeitig auch die klimatische (obere) Waldgrenze gegen die
alpine Vegetation (mit Rasen-, Spalier-, Zwergstrauchvegetation: Formation B). Unterhalb dieser
subalpinen Formation schließen sich hochmontane Fichten-, Tannen- und Kiefernwälder der
Formation D oder Laubwälder der Formation F an.
Die Höhenlage schwankt in den herzynischen Gebirgen und den nördlichen Randalpen zwischen
(1400)1500 und 1900(2000) m, steigt in den Zentral- und Südalpen auf (1600)1700 bis 2200(2400) m

154
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation C

an und erreicht in den Gebirgen des südlichen Balkans und des Kaukasus bis zu 2400 m ü. NN.
Neben klimatischen und florengeschichtlichen Faktoren wirken sich insbesondere Gesteinsunter-
schiede (z. B. zwischen Kalk- und Silikatgestein) differenzierend auf die Gestalt der Vegetations-
decke und die Gliederung der Kartierungseinheiten aus.

Geographische Verbreitung
Eine subalpine bzw. oromediterrane Vegetation ist in allen Gebirgen verbreitet, die über die
Waldgrenze aufragen: Herzynische Gebirge, Karpaten, Zentralmassiv, Alpen, Dinarisches Gebirge,
Balkan, Rhodopen, Kantabrisches Gebirge, Pyrenäen, zentral- und südspanische Gebirge (ein-
schließlich Sierra da Estrêla), Korsika, Apennin, griechische Gebirge, Kaukasus. In den südlichen,
submediterran-mediterranen Regionen reichen nur einzelne Gebirge bis in diese Höhenstufe, daher
ist das Areal dieser Formationen dort stark aufgelöst und verinselt.

Bestandesstruktur und Physiognomie


Die Untergruppe C.3 hat wegen der weiten Verbreitung eine sehr heteromorphe Struktur: Neben
Waldformationen (Pinus cembra-, P. uncinata-, P. sylvestris-, Fagus-, Acer-, Betula-, Sorbus-
Gesellschaften) sind vor allem Gebüschgesellschaften (Pinus mugo, Juniperus communis, Alnus
alnobetula), Zwergstrauchgesellschaften (Ericaceae) und Hochstaudenfluren vertreten. In der
Baumschicht dominieren in den mittel- und südeuropäischen Gebirgen Nadelhölzer, im Kaukasus
sommergrüne Laubbäume. In der Strauchschicht herrscht die Legföhre (Pinus mugo) vor, bei
ausreichender Feuchtigkeit tritt die sommergrüne Grünerle (Alnus alnobetula) vermehrt auf. Als
bestandsbildende Chamaephyten kommen Ericaceen, insbesondere Rhododendron- und Vaccinium-
Arten vor, die häufig einen dichten Teppich bilden, der von krautigen Pflanzen kaum durchdrungen
werden kann. In den südlichen Gebirgen (Spanien, Balkan) treten meist Wacholder (Juniperus
communis subsp. alpina) und Daphne oleoides als dominante immergrüne Arten auf. Ähnlich wie
in der alpinen Stufe sind die meisten Zwergsträucher immergrün. Besonders augenfällig ist dies bei
den Rhododendron-Arten, die in den Alpen und benachbarten Gebieten relativ kleinblättrig sind
(Rhododendron hirsutum, R. ferrugineum, R. myrtifolium), während im Kaukasus Rhododendron
caucasicum wesentlich größere Blätter hat. Als weiteres physiognomisches Strukturelement ist das
häufige Vorkommen von Hochstauden in schattigen und sickerfeuchten Senken und Hangmulden zu
nennen. An Hemikryptophyten treten sonst vor allem Gräser, Seggen und Simsen in den Gehölz-
beständen auf. Eine Moosschicht ist meist deutlich ausgebildet.

Floristische Zusammensetzung (Artengefüge)


Die subalpine bzw. oromediterrane Stufe weist in allen Gebirgen floristisch eine deutliche Sonder-
stellung auf, die wie bei der alpinen Stufe vor allem durch Isolierung und Lage an der Waldgrenze
verursacht ist. Die floristische Eigenständigkeit der einzelnen Gebirge nimmt von Norden nach
Süden zu und ist in den zentral- und südspanischen, zentralbalkanischen und griechischen Gebirgen
sowie im Kaukasus am stärksten entwickelt. Im Kaukasus bewirken die anders gearteten angrenzen-
den Floren- und Klimagebiete eine verstärkte Differenzierung. Wenn auch die Zahl der Endemiten

155
Formation C Karte der natürlichen Vegetation Europas

nicht so groß ist wie in der alpinen Stufe, so hat die subalpine und oromediterrane Vegetation doch
ihren eigenen Charakter. Als spezifische, mehreren Gebirgen gemeinsame Gattungen sind zu
nennen: Pinus mit P. cembra (Alpen, Tatra, Karpaten), P. uncinata (Pyrenäen, West- und Zen-
tralalpen), P. mugo (herzynische Gebirge, Zentral- und Ostalpen, Karpaten, balkanische Gebirge,
Apennin), P. sylvestris (Spanien, Balkan), Pinus peuce (Zentralbalkan bei Formation D) und
P. kochiana (Kaukasus). Die Gattung Sorbus ist ebenfalls häufig vertreten: S. aucuparia, ins-
besondere subsp. glabrata, S. aria, S. mougeotii, S. chamaemespilus. Letztere kommt u. a. in den
Pyrenäen, Alpen, Nordapennin und in den Dinariden vor. In der gesamten Formation spielen
Ericaceen eine wichtige Rolle: Als typische boreal-temperate eurasiatische Arten sind Vaccinium
myrtillus und V. vitis-idaea zu nennen, ferner die zirkumboreale V. uliginosum. Rhododendron-
Arten haben ein kleineres Areal: R. ferrugineum in den Pyrenäen, den Alpen, im nördlichsten
Apennin und einer Exklave im Dinarischen Gebirge; R. hirsutum in den Zentral- und Ostalpen unter
Ausschluß der silikatischen Inneralpen sowie in den NW-Dinariden; R. myrtifolium in den Karpaten
und den zentralbalkanischen Gebirgen; R. caucasium im Kaukasus, als kolchisches Element
R. ungernii. Bruckenthalia spiculifolia kommt nur in den Südkarpaten und den balkanischen
Gebirgen vor. Eine weitere markante Gattung ist Daphne: in den südeuropäischen Gebirgen
(Spanien, südlicher Apennin, balkanische und griechische Gebirge) tritt der xeromorph gebaute
Zwergstrauch Daphne oleoides auf. Eigenständig sind die subalpinen Krummholz- und Lichtwälder
des Kaukasus mit endemischen Baumarten wie Acer trautvetteri, Betula litwinowii, B. megrelica,
B. medwediewii, Quercus pontica und Q. macranthera.

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Die Gesellschaften dieser Teilformation werden verschiedenen Klassen zugeordnet. Die Klasse
Vaccinio-Piceetea (Vaccinio-Piceetalia) beinhaltet in den Alpen auf saurem Substrat die Lärchen-
Zirbenwälder (Piceion abietis), die Hakenkiefernwälder (Pinion uncinatae) und die Latschengebü-
sche (Pinion mugi) ohne Erica carnea. Die alpischen Alpenrosengebüsche werden von einigen
Autoren zu den Vaccinio-Piceetea (Rhododendro-Vaccinietalia) gestellt, von anderen (GRABHERR
& MUCINA 1993) zu den Loiseleurio-Vaccinietea.
Im Verbreitungsgebiet von Erica carnea werden die Wälder auf Kalkstein und Dolomit (Zirbenwäl-
der, Hakenkiefernwälder) sowie die Latschengebüsche der Klasse Erico-Pinetea (Erico-Pinetalia,
Erico-Pinion) zugeordnet, die Alpenrosengebüsche auf Kalkstein entweder dem Erico-Pinion oder
nach GRABHERR & MUCINA (1993) den Seslerietea albicantis.
In den Gebirgen Südeuropas, insbesondere in Spanien, aber auch auf dem südlichen Balkan, treten
Wald- und Strauchgesellschaften mit verschiedenen Juniperus-Arten auf, die zur Klasse Pino-
Juniperetea gestellt werden. Während die Waldgesellschaften der Ordnung Pino-Juniperetalia
zuzuordnen sind, werden die Gebüsche zu den Juniperetalia hemisphaericae oder Vaccinio
microphylli-Juniperetalia nanae (Juniperion nanae) gestellt. Im südlichen Balkan und im Apennin
ist in der Strauchformation die Gattung Juniperus mit J. communis subsp. hemisphaerica und subsp.
nana vertreten, sehr häufig vergesellschaftet mit Daphne oleoides und verholzten Leguminosen

156
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation C

(Chamaecytisus spinescens im Apennin, C. eriocarpus und C. polytrichus auf dem Balkan). In den
griechischen Gebirgen kann Juniperus foetidissima in diese Bestände eindringen. Aus dem Apennin
ist ein Daphno oleoides-Juniperetum bekannt. Die in der Formation C.3 auftretenden Hochstauden-
und Hochgrasfluren sind der Klasse Betulo-Adenostyletea mit ihren verschiedenen Ordnungen
zuzurechnen.
Etwas andere Formen der Krummholz- und Lichtwälder sind an den Waldgrenzen im Kaukasus
ausgebildet. Hier sind zahlreiche laubabwerfende Baumarten vergesellschaftet. Diese Wälder
dürften vorwiegend der Klasse Betulo-Adenostyletea zuzuordnen sein. Während Fagus sylvatica
subsp. orientalis im Westkaukasus in Beständen mit Acer trautvetteri und Betula litwinowii zu
finden ist, fehlt sie im Ost- und Südkaukasus. Im Unterwuchs sind auch Immergrüne wie Rhododen-
dron caucasicum vorhanden.

Syntaxonomische Übersicht der Vegetationseinheiten von C.3


Vaccinio-Piceetea in Br.-Bl. et al. 1939
Vaccinio-Piceetalia Br.-Bl. 1939 (Piceetalia abietis Paw». in Paw». et al. 1928)
Piceion abietis Paw». in Paw». et al. 1928 (inkl. azidophile Pinus mugo-Gebüschgesellschaften)
Pinion uncinatae Rivas-Martínez & Costa 1998
Pinion mugi Gams 1936
Loiseleurio-Vaccinietea Eggler ex Schubert 1960
Rhododendro-Vaccinietalia Br.-Bl. in Br.-Bl. et Jenny 1926
Rhododendro-Vaccinion J. Br.-Bl. ex G. et J. Br.-Bl. 1931
Loiseleurio-Vaccinion Br.-Bl. in Br.-Bl. et Jenny 1926
(Vaccinio microphylli-Juniperetalia nanae Rivas-Martínez & Costa 1998)
Juniperion nanae Br.-Bl. in Br.-Bl. et al. 1939
Pino-Juniperetea Rivas-Martínez 1965
Pino-Juniperetalia Rivas-Martínez 1965
Pino ibericae-Juniperion sabinae Rivas Goday ex Rivas Goday & Borja corr. Rivas-Martínez & J.A. Molina
in Rivaz-Martínez et al. 1999
Juniperetalia hemisphaericae Rivas-Martínez & J.A. Molina in Rivas-Martínez et al. 1999
Genisto vericoloris-Juniperetum hemisphaerici Quézel 1953 corr. Rivas-Martínez et al. 1999
Cytision oromediterranei Tüxen in Tüxen & Oberdorfer 1958 corr. Rivas-Martínez 1987
Erico-Pinetea Horvat 1959, z. T. Seslerietea albicantis Oberd. 1978 corr. Oberd. 1990
Erico-Pinetalia Horvat 1959, z. T. Rhododendro hirsuti-Ericetalia carneae Grabherr et al. 1993
Erico-Pinion sylvestris Br.-Bl. in Br.-Bl. et al. 1939
Erico-Pinion mugo Leibundgut 1948
Betulo-Adenostyletea Br.-Bl. et Tx. 1943 (Mulgedio-Aconitetea Hadac et Klika 1944)
Adenostyletalia G. et J. Br.-Bl. 1931
Adenostylion alliaria Br.-Bl. 1926
Alnion viridis Aichinger 1933
Calamagrostietalia villosae Paw»owski et al. 1928
Calamagrostion villosae Paw»owski et al. 1928
Rumicetalia alpini Mucina in Karner et Mucina 1993
Rumicion alpini Rübel ex Klika in Klika et Hadac 1944

Makroklimatische Gegebenheiten
Die Einheiten mit subalpiner und oromediterraner Vegetation (Unterformation C.3) liegen im
Bereich der Gebirgsklimate X; sie erstrecken sich wie die der alpinen Stufe (Unterformation B.2)
über mehrere Klimazonen und können den entsprechenden Klimatypen IV, V, VI, VII zugeordnet
werden (vgl. Karte 2). Die Vegetationseinheiten bilden die Waldgrenze, die in der Regel makrokli-

157
Formation C Karte der natürlichen Vegetation Europas

matisch bedingt ist: für Baumwachstum zu kurze Vegetationszeit und/oder zu tiefe Temperaturen
während der Vegetationsperiode. Die Kontinentalität nimmt in den Gebirgen vom Rand zur Mitte
hin zu. Dies führt in den Alpen zur Ausbildung von „Inneralpischen Trockentälern“. In den stärker
ozeanisch getönten Randbereichen liegt die Waldgrenze niedriger als in den kontinentaleren
Zentralbereichen, was mit der Höhe der durchschnittlichen Massenerhebung korreliert ist. Nach
REHDER (1965) ist die Waldgrenze in den kontinentalen Gebieten der Alpen bei einer Jahresmittel-
temperatur zwischen -1 und 0 °C anzusetzen, in den ozeanischen Randgebieten zwischen 0 und
1 °C. Das Klima der temperaten Zone zeitigt in den Gebirgen Mitteleuropas meist ausreichende
Niederschläge (800-3000 mm). In den Gebirgen der submeridionalen und meridionalen Zone
(Zentral- und Südspanien, Süditalien, südlicher Balkan und Griechenland) ist die Niederschlags-
menge dagegen insgesamt geringer (500-1500 mm) und ihre saisonale Verteilung wegen der
sommertrockenen Klimate ungünstig (Abb. 9). Die Jahresmitteltemperatur liegt in der subalpinen
Stufe der Alpen und Karpaten zwischen 0 und 4 °C, in den südlichen Gebirgen dagegen zwischen
4 und 10 °C. Für diese ist auch eine höhere Sommerwärme (Mitteltemperatur des wärmsten Monats
bis 15 °C) typisch.

Abb. 9: Klimadiagramme (nach WALTER & LIETH 1967) der Orte Prinz-Heinrich-Baude (Riesengebirge, C17),
Vent (Ötztaler Alpen, C19), Sitniakowo (Piringebirge, Bulgarien, C39), Serra da Estrêla (Portugal, C29),
Prados de Cuenca (Serrania de Cuenca, Ostspanien, C29).

158
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation C

Standortbedingungen
Wie in der alpinen Stufe prägen kurze Vegetationszeit und lange Schneebedeckung den Standort.
Alle Gewächse, die aus der winterlichen Schneedecke ragen, sind den tiefen Wintertemperaturen
ausgesetzt, was eine große Frosthärte voraussetzt. Wie Untersuchungen an Pinus cembra aus den
inneren Ostalpen zeigen (SCHWARZ 1968, 1970), werden dort im Winter Temperaturminima bis
unter -40 °C erreicht. Zu Erfrierungen bei juvenilen Bäumen kann es nur dann kommen, wenn diese
nach einigen Jahren mit ausreichender Schneebedeckung plötzlich einem schneearmen Winter
ausgesetzt sind, da sie noch nicht ausreichend an den ungeschützten winterlichen Luftraum adaptiert
sind.
Außer dem Großklima wirkt das Relief sehr standortprägend. Muldenlagen haben einerseits längere
Schneebedeckung und andererseits höhere Bodenfeuchtigkeit, was die Ausbildung von Hoch-
staudenfluren und Weidengebüschen (Salix waldsteiniana) begünstigt. Windexponiertere Oberhang-
und Kuppenlagen bleiben den frost- und windharten Arten vorbehalten.
In den Lichtwäldern und Strauchformationen der subalpinen Stufe ist außerdem das Grundgestein
standortbestimmend und differenziert in Kalk- und Silikattypen. Verbreitete Böden der Strauch- und
Zwergstrauchformationen sind Ranker bzw. Rendzinen und Protorendzinen, bisweilen auch Brau-
nerden; unter Nadelwäldern treten auf Silikatgesteinen in der Regel Podsole auf. Die sommergrünen
Lichtwälder im Kaukasus stocken meist auf Braunerden, seltener auf Rendzinen oder Rankern.

Rolle im Landschaftsgefüge
In der subalpinen Höhenstufe der mittel- und südeuropäischen Gebirge überwiegen als zonale
Vegetation Wald-, Strauch- und Zwergstrauchgesellschaften. Sie bilden den Übergang von den
montanen Laub- und Nadelwäldern zur alpinen Stufe und repräsentieren die obere Waldgrenze.
Durch das bewegte Relief und die unterschiedliche Exposition kommt es zur Ausbildung von
schneearmen und schneereichen Standorten. Große Schneeanhäufungen auf den Leeseiten der Berge
können inselartige waldfreie Lebensräume inmitten der subalpinen Wälder verursachen (z. B. im
Riesengebirge). Des weiteren sind Quell- und Niedermoore wesentliche Bestandteile der subalpinen
und alpinen Höhenstufe. Hochstaudenfluren und Grünerlengebüsche sind wegen der größeren
Bodenfeuchte häufiger auf silikatischem Untergrund als auf Kalk oder Dolomit anzutreffen.

Erhaltungszustand, Landnutzung, Ersatzgesellschaften; Naturschutz


Neben der alpinen Stufe bildet der Waldgrenzgürtel das traditionelle Almweidegebiet im Hoch-
gebirge. In diesem Übergangsbereich, der sowohl Futter für Weidetiere als auch Holz für Hütten und
Herd bereitstellte, wurde schon seit langer Zeit (am Dachstein in den Ostalpen seit der Eisenzeit,
KRAL 1971) die Waldgrenze zugunsten von Zwergstrauchheiden und Weideflächen nach unten
verschoben. Auf intensiv beweideten Flächen entstanden Borstgrasrasen (Nardion strictae Br.-Bl.
in Br.-Bl. et Jenny 1926) und alpine Milchkrautweiden (Poion alpinae Oberdorfer 1950). Während
die traditionelle Beweidung in den Alpen hauptsächlich mit Schafen, Ziegen (extensiv) und Rindern
(intensiv) erfolgte, fand in den übrigen Gebirgen Europas vor allem Beweidung mit Schafen und

159
Formation C Karte der natürlichen Vegetation Europas

Ziegen statt. Brennholzgewinnung durch die Bevölkerung spielte in den mitteleuropäischen Gebir-
gen keine so große Rolle, hat aber in den südeuropäischen Gebirgen, insbesondere im Kaukasus,
eine lange Tradition.
In den letzten Jahrzehnten führte der Bau von Liften und Skipisten in den Wintersportzentren zu
weiterer Veränderung der subalpinen Landschaft, vielfach unter Beeinträchtigung der Lichtwälder,
die dann ihre Schutzfunktion gegen Lawinen nicht mehr erfüllen können. Die auch in der Naturland-
schaft immer wieder auftretenden Lawinen dringen in der Regel tief in das Waldgebiet ein und
schaffen bis in die Montanstufe waldfreie Rinnen, sogenannte Lawinenbahnen, in denen Hoch-
staudenfluren und Gebüsche die natürliche Vegetation bilden. Nicht gering ist auch der Einfluß des
Sommertourismus. Trittschäden an Vegetation und Boden heilen hier nur äußerst langsam aus.
Repräsentative naturnahe Vegetationskomplexe und -abfolgen der subalpinen Stufe sind in zahlrei-
chen Nationalparks und Naturschutzgebieten in den Gebirgen Europas vertreten und unter ± stren-
gen Schutz gestellt.

Gliederung in Untereinheiten
In der Legende wurde keine weitere Gruppierung der Kartierungseinheiten vorgenommen. Wie in
der alpinen wirkt auch in der subalpinen Stufe die Disjunktion der Gebirge, die unterschiedliche
Vegetationsgeschichte und der Einfluß verschiedener Klimate differenzierend auf die Vegetation.
Aufgrund ihrer Artengarnitur und der gebietsspezifischen Kombination von Pflanzengesellschaften
wurden die KE nachfolgend zu geographischen Gruppen zusammengefaßt:

1) Bergahorn-Buchenwälder und Ebereschen-Gehölze des Zentralmassivs und der Cevennen (C18)


In der subalpinen Stufe des Zentralmassivs (Auvergne) und der Cevennen fehlen Nadelhölzer
weitgehend und es herrschen sommergrüne Laubwälder (Aceri-Fagetum) und Sorbus spp.-Gehölze
vor, die Komplexe mit Hochgras- und Hochstaudenfluren, Zwergstrauchheiden und Borstgrasrasen
bilden. Besondere Arten sind Sorbus mougeotii, Genista pilosa und Cicerbita plumieri. Ähnliche
Ausbildungen kommen kleinflächig auch in den Hochlagen der Vogesen und des Schwarzwaldes
vor.

2) Herzynische, westkarpatische, alpische und pyrenäische Kiefernwälder und Latschengebüsche


(C17, C19-C24)
Für diese Gebirge sind subalpine Nadelwälder (Pinus cembra, Larix decidua, Pinus uncinata) und
Latschengebüsche (Pinus mugo) im Verbund mit Alpenrosengebüschen (Rhododendron
ferrugineum, R. hirsutum) und anderen Zwergstrauchgesellschaften charakteristisch. Dabei bestehen
deutliche Unterschiede in der Artenzusammensetzung zwischen Beständen auf Silikat- und Karbo-
natgesteinen. Zentrale und am weitesten verbreitete Einheit ist C19 mit den Lärchen-Zirbenwäldern
(Larici-Cembretum) der kontinentaleren Innenalpen, die vorwiegend auf Silikatgesteinen stocken.
Diese bilden vielfach Komplexe mit Latschen (Pinus mugo)- oder Grünerlen (Alnus alnobetula)-
Gebüschen und Hochstaudenfluren. Zwergsträucher mit Alpenrose und Heidelbeere sind hier immer
vorhanden und bilden einen schmalen Gürtel oberhalb der Lärchen-Zirbenwälder. Muldenlagen

160
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation C

werden auf nährstoffreichen Standorten in der Regel von Hochstaudenfluren eingenommen. Eine
weitere Gliederung dieser Einheit ist durch das Grundgestein (Silikat – Kalk) gegeben. In den
stärker ozeanisch getönten Randalpen spielen Alpenrosen-Latschengebüsche vorwiegend auf
Karbonatgesteinen (C20) und – in den Westalpen – Pinus uncinata-Wälder auf Silikat- und Karbo-
natgesteinen (C21, C22) die Hauptrolle. Sie charakterisieren die subalpine Stufe oberhalb des meist
nur schmal ausgebildeten oder ganz fehlenden Fichtenwaldgürtels. In den Ostalpen stocken Pinus
mugo-Bestände besonders auf edaphisch trockenen Standorten (auf Kalken, Dolomiten, Quarziten,
Gneisen). In den Westalpen wird die Latsche auf entsprechenden Standorten von der aufrechten
Hakenkiefer (Pinus uncinata) abgelöst.
Die Pyrenäen haben Ähnlichkeit mit den Westalpen: Pinus uncinata ist hier die bestandesbildende
Baumart. Im Unterwuchs sind auf Silikatgestein u. a. Rhododendron ferrugineum und Juniperus
communis subsp. alpina zu finden (C23), auf Karbonatgestein Juniperus communis subsp. hemi-
sphaerica, Arctostaphylos uva-ursi und Pulsatilla alpina subsp. font-queri (C24).
In der subalpinen Stufe der Sudeten und Nordwest-Karpaten (C17) ist Pinus mugo mit Vaccinium
myrtillus vergesellschaftet. Diese Latschengebüsche bilden je nach Substrat und Geländesituation
entweder mit Hochstaudengesellschaften (Adenostylion), Hochgrasfluren (Calamagrostion) oder
Magerrasen (Nardion strictae), oft mit borealen Elementen, einen Komplex. In den West-Karpaten
gibt es auch Ausbildungen auf Kalkstein, in der Hohen Tatra Wälder mit Pinus cembra und Larix
decidua.

3) Orokantabrische Gebüschgesellschaften mit Juniperus communis subsp. alpina, Cotoneaster


integerrimus und Daphne laureola (C25, C26)
Das Kantabrische Gebirge bildet die Fortsetzung der Pyrenäen nach Westen, grenzt aber im Norden
an den Atlantik und ist daher den regenbringenden Nordwestwinden unmittelbar ausgesetzt, was zu
einer starken Luv-Lee-Differenzierung führt. Die subalpine Stufe weist hier keine Wälder auf.
Oberhalb der Waldgrenze (Birkenwälder, Buchenwälder) sind Gebüsch- und Zwergstrauchformatio-
nen ausgebildet, in denen sowohl über Kalkstein, als auch über Silikatgesteinen Juniperus communis
subsp. alpina, Cotoneaster integerrimus und Vaccinium myrtillus wesentliche Bestandteile dar-
stellen. Auf Silikatuntergrund sind Vaccinium uliginosum subsp. microphyllum und Calluna vulgaris
wichtige differenzierende Arten (C25). Über Karbonatgestein treten Daphne laureola var. canta-
brica und Arctostaphylos uva-ursi auf (C26), im kontinentaleren Bereich gesellt sich auch Juniperus
sabina dazu.

4) Iberische oromediterrane Kiefernwälder und Wacholdergebüsche (Pinus sylvestris, P. uncinata,


Juniperus communis subsp. alpina) (C27-C34)
Im Bereich der zentralen und südlichen Iberischen Halbinsel liegen die Hochgebirge und ihre
Gipfellagen ziemlich isoliert voneinander, so daß sich kaum eine einheitliche Vegetation ausgebildet
hat. Klimagradienten von ozeanisch (Westen und Norden) nach kontinental (Zentralteil und Osten)
sowie von Nord nach Süd (bei zunehmender Ausprägung der sommerlichen Trockenheit) führen zu
einer weiteren Differenzierung der Vegetation in den einzelnen Gebirgen. Die ziemlich isolierte

161
Formation C Karte der natürlichen Vegetation Europas

Sierra Nevada im Süden der Halbinsel enthält z. B. zahlreiche Endemiten. Die oromediterranen
Einheiten der Iberischen Halbinsel lassen sich in solche mit Kiefernwäldern (Pinus sylvestris var.
iberica und var. nevadensis) auf Silikat- und Karbonatgesteinen (C27-C30) und in solche mit
Ginster-Wacholder-Gebüschen auf Silikatgesteinen (C31-C34) gliedern. Die weitere Unterteilung
in Kartierungseinheiten erfolgt mit Hilfe geographischer Differentialarten.

5) Apenninische, illyrisch-dinarische, südkarpatische und balkanische Strauch- und Zwergstrauch-


formationen (C35-C39)
Die Eigenständigkeit der Balkanhalbinsel wird durch die Verbindung von Pinus mugo mit süd- und
südosteuropäischen Arten (u. a. Daphne oleoides, D. blagayana, Bruckenthalia spiculifolia,
Rhododendron myrtifolium) dokumentiert. Vom mittleren Apennin nach Süden (besonders in den
Abruzzen, C36) ist diese Untereinheit ebenfalls – wenn auch nur kleinflächig – vertreten. In den
westlichen Dinariden kommt in der Zwergstrauchschicht noch Rhododendron hirsutum (C37) vor,
in den Ost- und Südkarpaten sowie balkanischen Gebirgen Rhododendron myrtifolium und Brucken-
thalia spiculifolia (C38). Pinus mugo wird in den griechischen Ausbildungen der balkanisch-
mazedonischen Krummholzgebüsche (C39) durch Ginster-Arten ersetzt (Genista depressa, Chamae-
cytisus polytrichus, C. eriocarpus).

6) Griechische immergrüne Strauchformationen (C40)


Eine eigene Kartierungseinheit bilden die mediterran beeinflußten griechischen subalpinen immer-
grünen Gebüsche (C40). In der Baumschicht kommt hier stellenweise Juniperus foetidissima vor, in
der Strauchschicht neben Juniperus communis subsp. alpina andere immergrüne Sträucher wie
Buxus sempervirens und Daphne oleoides.

7) Kaukasische Krummholz- und Lichtwälder (C41-C47) (N. Zazanašvili)


Die subalpine Vegetation des Kaukasus ist in der Regel zwischen 1800 (2000) und 2400 (2700) m
angesiedelt und weist eine große Formenvielfalt auf, die durch vegetationsgeschichtliche und
ökologische, insbesondere klimatische Gradienten bestimmt werden. Der Einfluß feuchter
atlantisch-mediterraner Luftmassen und die von diesen abhängigen jährlichen Niederschläge
nehmen im Großen Kaukasus von West nach Ost und im Kleinen Kaukasus von Nordwest nach
Südost ab. Dabei werden mesophile Elemente wie Krummholzwälder, Acer trautvetteri-Wälder,
Rhododendron caucasicum-Gebüsche, Hochstaudenfluren und Rasen mehr und mehr durch mesoxe-
rophile und xerophile Phytozönosen ersetzt. Hierzu zählen z. B. Quercus macranthera-Wälder,
Wiesensteppen und Gebirgssteppen, die in der Vegetation des armenischen Hochlandes und im
südlichen Teil des Kleinen Kaukasus (C46, C47) vorherrschen. Im letztgenannten Gebiet erstrecken
sich typisch subalpine Formationen 200-300 m höher als in den vorgenannten. Die jährlichen
Niederschläge variieren zwischen 2000 mm und mehr im Südwesten (C42, teilweise C41, C45) und
550-650 mm im Osten und Südosten (Teilgebiete von C46, C47, C43). Die durchschnittliche
Jahrestemperatur liegt zwischen 1 und 4 °C in Abhängigkeit von Exposition und Höhenlage.
Neben dem Klima ist das Vorkommen von Kalksteinen der wichtigste Geofaktor für die Differenzie-

162
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation C

rung der subalpinen Pflanzengesellschaften1. Auf solchen Standorten ist ein hoher Anteil an ende-
mischen Arten zu beobachten. In den Felsschutt-Biotopen der Kalkgebirge des Südwest-Kaukasus
(C42) erreicht der Endemismus 84 % des Artenbestandes (SOCHADZE 1982). Hier sind tschernosem-
artige Böden und lokal-endemische Gesellschaften wie Corylus colchica-Gebüsche, Rasen mit
Woronowia speciosa und Carex pontica sowie Hochstaudenfluren mit Heracleum aconitifolium,
Ligusticum arafoe etc. entwickelt (KOLAKOVSKIJ 1961).
Die historische Entwicklung der kaukasischen Flora und Vegetation war entscheidend für die
Ausbildung der rezenten Pflanzengesellschaften in der subalpinen Stufe. Dieser Einfluß macht sich
besonders im westlichen Teil des Großen und Kleinen Kaukasus bemerkbar, wo eine Reihe von
gesellschaftsaufbauenden Arten zur kolchischen Relikt-Flora zählen: z. B. Quercus pontica (C42,
C45), Betula megrelica (C42), B. medwediewii, Rhododendron ungernii (C45). Im zentralen und
südlichen Teil des Kleinen Kaukasus nimmt dagegen die Zahl der Arten asiatischen bzw. iranischen
Ursprungs zu. Dies wird durch die anthropogene Zerstörung der Klimax-Wälder mit Quercus
macranthera (TACHTADðJAN 1941b) noch begünstigt.
Die Höhenzonierung der subalpinen Formationen weist regionale Unterschiede auf, die durch
Unterschiede in der Bodenfeuchtigkeit bedingt sind. In Gebieten mit hohen Niederschlägen (Großer
Kaukasus, westlicher Kleiner Kaukasus) ist die oberste Stufe (über 2000 m) durch Birken-Krumm-
holzwälder, Rhododendron caucasicum-Gebüsche und alpine Rasen gekennzeichnet, die untere
Stufe durch Fagus sylvatica subsp. orientalis, Acer trautvetteri-Krummholzwälder, Hochstauden-
fluren und gebietsweise durch Kiefernwälder. In trockenen Gebieten (zentraler und südlicher
Kleiner Kaukasus) fehlen aufgrund der geringen Schneedecke die oben genannten Wälder, Gebüsch-
gesellschaften und Hochstaudenfluren und die oberste Stufe besteht ausschließlich aus alpinen
Rasen, die untere Stufe (unter 2200 m) aus Gebirgssteppen und Wäldern mit xerophilen Baumarten
(Acer hyrcanum, Pyrus zangezura etc.). Wiesensteppen, montane Xerophytenvegetation und
Eichenwälder können hier in beiden Höhenstufen auftreten.
Birken-Krummholzwälder (Betula litwinowii) und Eichenwälder (Quercus macranthera) sind die
am weitesten verbreiteten subalpinen Waldgesellschaften; ihre Verbreitungsgebiete überlappen sich
jedoch nur im Ost-Kaukasus. Die Eichenwälder fehlen nämlich in den niederschlagsreichen westli-
chen Regionen und die Birkenwälder in den trockenen südlichen Gebieten (C47). Für Birken-
Krummholzwälder, die meist auf steilen, nordexponierten Hängen vorkommen, ist eine Baumarten-
zusammensetzung aus Betula litwinowii, Sorbus aucuparia, Acer trautvetteri, Populus tremula und
Salix caprea typisch. Ihre Regeneration erfolgt meist vegetativ. Mesophile Varianten der Quercus
macranthera-Wälder kommen im Kleinen Kaukasus bevorzugt auf nordexponierten Hängen vor und
nehmen in der Ausdehnung von Nordwesten nach Südosten ab bis sie ganz ausfallen (MACHATADZE
1957). Xerophile Eichenwälder im Wechsel mit Wiesensteppen, Steppen und Wacholdergebüschen
sind für dieses Gebiet typischer. Ihnen fehlt gewöhnlich eine Strauchschicht und natürliche Regene-

1
Karbonatgesteine sind im Großen Kaukasus nicht sehr verbreitet, es dominieren Schiefer und Sandsteine des
Jura; im Kleinen Kaukasus herrschen quartäre Vulkanite vor.

163
Formation C Karte der natürlichen Vegetation Europas

ration findet kaum statt.


Gebüschgesellschaften mit Rhododendron caucasicum und niedrigem Wacholder sind weit ver-
breitet. Die Rhododendron-Gebüsche besiedeln zerstreut Schatthänge und Hangmulden, in denen
sich der Schnee länger anhäuft und liegen bleibt, wodurch die immergrünen Sträucher vor starken
Frösten geschützt sind. Wacholder-Gebüsche, hauptsächlich aus Juniperus communis subsp. hemi-
sphaerica, ferner aus J. sabina und J. communis subsp. oblonga, kommen in allen Gebieten vor und
sind eng an Fels- und Hangschuttstandorte gebunden.
Hochstaudengesellschaften treten oft in Krummholz- und Ahornwäldern sowie in Waldlichtungen
auf. Außerhalb von Wäldern finden sich Hochstaudenfluren auf schattigen Hängen und an Bach-
ufern. Hochstauden wie Aconitum variegatum subsp. nasutum, Cephalaria gigantea, Silene multifi-
da, Symphytum asperum und Anthriscus nemorosa sind im Kaukasus am weitesten verbreitet
(GAGNIDZE 1974). Wie die Felsvegetation weist die subalpine Hochstaudenvegetation einen hohen
Anteil an Endemiten auf, namentlich was die Gattungen Delphinium, Heracleum und Senecio
betrifft.
Bromus variegatus- und Agrostis planifolia-Rasen sind im subalpinen Gürtel des Kaukasus ebenfalls
weit verbreitet. Sie kommen bevorzugt an Hangfüßen, auf Schuttfächern, Kolluvien und Flußter-
rassen vor. Für steile Hänge sind Festuca woronowii-Gesellschaften charakteristisch.
Typische subalpine mesophile Rasen setzen sich hauptsächlich aus folgenden Kräutern zusammen:
Stachys macrantha, Geranium ibericum, Anemone fasciculata, Trollius ranunculinus, Inula grandi-
flora, den Gräsern Calamagrostis arundinacea, Helictotrichon pubescens, Poa iberica und Legumi-
nosen wie Trifolium canescens, T. trichocephalum etc. Dominante Arten des feuchten Grünlands
sind u. a. Deschampsia cespitosa, teilweise bultenbildend, Agrostis stolonifera agg., Alopecurus
arundinaceus und Carex dacica. Moorvegetation mit Seggen (Carex acuta, C. acutiformis, C. cespi-
tosa, C. vesicaria, C. atherodes, C. lasiocarpa) und Torfmoosen ist nur kleinflächig ausgebildet.
Hemixerophile und xerophile Grünlandgesellschaften werden durch Wiesensteppen und Steppen
repräsentiert. Wiesensteppen sind im subalpinen Gürtel auf trockene Lagen beschränkt und typisch
für die subkontinentalen Gebiete (C43, C46, C47). Es lassen sich 3 Typen von Wiesensteppen
unterscheiden: Gras-, Seggen- und Kräutersteppen. In allen drei Typen sind regelmäßig Festuca
ovina oder F. valesiaca, Koeleria macrantha und Phleum phleoides vertreten. In den verschiedenen
Ausbildungen kommen Arten wie Bromus riparius, Carex humilis, C. buschiorum, Thymus nummu-
larius, T. collinus, Alchemilla sericata zur Dominanz.
Steppengesellschaften konzentrieren sich im djavakheti-armenischen Hochland und im südlichen
Kleinen Kaukasus auf den unteren Teil der subalpinen Stufe (unterhalb 2100-2200 m) (C46, C47).
In Trockengebieten kommen Grassteppen-Arten zusammen mit dornigen Astragalus-Arten (Astra-
galus aureus etc.) vor und formen an steinigen Standorten eine Art Dornpolstersteppe.

164
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation C

Die kaukasischen subalpinen Gesellschaften lassen sich folgenden pflanzensoziologischen Klassen


zuordnen:

Tab. 10: Zuordnung der kaukasischen subalpinen Vegetation zu pflanzensoziologischen Klassen.


Birken-Krummholzwälder und Ahornwälder mit Hochstauden- Betulo-Adenostyletea Br.-Bl. et Tx. 1943
fluren Querco-Fagetea Br.-Bl. et Vlieger in Vlieger 1937

Rhododendron caucasicum-Gebüsche ? Vaccinio-Piceetea Br.-Bl. et al. 1939

Alpine mesophile Rasen auf kalkfreien Böden Junceta trifidi Hadac et Klika 1944
Festucetalia woronowii Tzepkova 1987

Alpine Rasen mit Geum speciosum und Carex pontica Elyno-Seslerietea Br.-Bl. 1948

Naßwiesen Molinio-Arrhenatheretea Tx. 1937


Molinietalia Koch 1926

Moorvegetation Scheuchzerio-Caricetea fuscae (Nordh. 1936) Tx. 1937

Wiesensteppen und Steppen Festuco-Brometea Br.-Bl. et Tx. 1943

Die subalpine Vegetation unterliegt überall starken anthropogenen Eingriffen wie Beweidung, Mahd,
Holznutzung und Tourismus. Borstgrasrasen (Nardus stricta), die sich im Bereich ehemaliger
Birkenwälder entwickelt haben, sind die am weitesten verbreiteten Sekundärgesellschaften. Kurzra-
siges Grünland mit Elementen alpiner Matten (z. B. Sibbaldia parviflora, Chamaesciadium acaule,
Carum caucasicum, Alchemilla caucasica) stellt in ebenen Lagen das letzte Stadium der Degradati-
on durch Beweidung dar. In den trockeneren Gebieten, die ursprünglich mit Kiefern- und Eichen-
wäldern bewachsen waren, sind sekundäre Wiesensteppen und Steppen weit verbreitet.
Waldweide und Brennholznutzung durch die Bevölkerung sind die Ursachen für den enormen
Rückgang der subalpinen Wälder. Gleichzeitig wurde die Baumgrenze um etwa 200 m (lokal
300-400 m) gegenüber der natürlichen (potentiellen) Obergrenze der Krummholzwälder erniedrigt.
Einschränkung der Beweidung und Wiederherstellung subalpiner Wälder sind daher dringend
erforderlich. Andererseits müssen die Restbestände der subalpinen Wälder rasch und möglichst
vollständig unter Schutz gestellt werden.

Literatur
DIERSSEN 1996; ELLENBERG 1996, GAGNIDZE 1974; GRABHERR & MUCINA (Hrsg.)1993; GRIBOVA
1980; HORVAT, GLAVA„ & ELLENBERG 1974, IGNATENKO 1979; KIELLAND-LUND 1994; KOLA-
KOVSKIJ 1961; KRAL 1971; MACHATADZE 1957; NACHUCRIŠVILI 1999; NORDHAGEN 1936; OZENDA
1988; REHDER 1965; ROUSSAKOVA 2000; SCHMIDT 2003; SCHWARZ 1968, 1970; SOCHADZE 1982;
TACHTADðJAN 1941b; TRETER 1984; WALTER 1974; WALTER & BRECKLE 1999.

165
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas

D Mesophytische und hygromesophytische Nadel- und Laub-Nadelwälder


Vladislav I. Vasilevi… & Udo Bohn, mit Beiträgen von Kurt Zukrigl & Heinrich Wagner

Charakterisierung und typologische Abgrenzung; geographische Verbreitung


Die Formation umfaßt Nadel- und Laub-Nadelwälder auf trockenen bis nassen, basenarmen bis
basenreichen Böden in der borealen bis zur nemoralen Zone sowie in den Gebirgen der temperaten
und submeridionalen Zone (Karte 7).
Die Voraussetzungen für das Auftreten natürlicher Nadelwälder in Europa sind klimatischer und
edaphischer Art. Die sklerenchymreichen Nadeln der Koniferen überdauern – außer bei der Lärche
– mehrere Jahre. Sie stehen sofort zur Verfügung, sobald die Witterungsbedingungen die Photosyn-
these ermöglichen, und können auch wärmere Perioden innerhalb der kalten Jahreszeit zur Assimila-
tion nutzen. Nadelhölzer haben daher einen Konkurrenzvorteil gegenüber Laubgehölzen bei kurzer
Vegetationsperiode, also im Norden und in den Hochlagen der Gebirge.
Nadelhölzer – Picea abies, Pinus sylvestris, Larix decidua und insbesondere die nordosteuropäisch-
sibirischen Arten Picea obovata, Larix sibirica, Abies sibirica und Pinus sibirica – treten ferner um
so stärker hervor, je kontinentaler das Klima unter sonst vergleichbaren Bedingungen ist. Schärfere
Winterfröste, größere Spätfrostgefahr, stärkere Einstrahlung infolge geringer Bewölkung, der rasche
Übergang der Jahreszeiten und die zeitweilig größere Trockenheit wirken hier offenbar fördernd
zusammen. Die Begünstigung kann aber auch nur indirekt sein, indem diese Faktoren für Schädlin-
ge, die sonst die Nadelbäume befallen würden, ungünstig sind (ELLENBERG 1996).
Jedoch gilt diese Regel nicht für alle Nadelbäume und Gebiete: So bevorzugt die Weißtanne (Abies
alba) – anders als die Sibirische Tanne (Abies sibirica) – nicht kontinentales Klima, dringt aber
immerhin in den Alpen weiter ins kontinentale Innere vor als die Buche. Abies nordmanniana und
Picea orientalis sind im Kaukasusgebiet auf die westlichen, stärker ozeanisch beeinflußten Teile
beschränkt. Ebenso hat die Gattung Taxus ein ausgesprochen ozeanisch-subozeanisches Areal.
Je basenärmer der Boden ist, um so größer ist bei gleichem Klima die Rolle der Koniferen,
namentlich von Fichte und Kiefer. Das gilt besonders bei zusätzlich nassen Böden, z. B. am Rand
von Hochmooren, wo Fichte und Kiefer, wenn auch kümmerlich, so doch fast konkurrenzlos selbst
in ozeanischen Gebieten wachsen. Staunässe begünstigt ferner die wurzelaktive Tanne gegenüber
Laubbäumen.
Kiefern (Pinus sylvestris, P. mugo agg., P. kochiana) haben auf trockenen (flachgründigen, sandi-
gen oder schotterigen) Böden einen Konkurrenzvorteil gegenüber Fichten und Tannen.
Alle genannten Standorteigenschaften hemmen durchweg die Humuszersetzung und fördern die
Rohhumusbildung, was ebenfalls von Nadelbäumen besser ertragen wird als von Laubbäumen.
Boreale Nadelwälder (Karte 7: D1-D7, D10, D11) bilden zusammen mit den sie ersetzenden
kleinblättrigen Laubwäldern aus Birken (Betula spp.) und Zitterpappel (Populus tremula) einen
breiten Gürtel im nördlichen Teil der Waldzone. Sie grenzen im Norden an Tundren bzw. an einen
schmalen Gürtel von Birken-Lichtwäldern (Formationen B, C), im Süden an sommergrüne Laubwäl-

166
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D

der (Formation F).


Boreale und hemiboreale Wälder nehmen den größten Teil Fennoskandiens ein. In Osteuropa sind
Nadelwälder mehr oder weniger zusammenhängend von 52/ bis 69/ nördl. Breite im Westteil und
von 52/ bis 66/ nördl. Breite im Ostteil verbreitet. Sie setzen sich – in geänderter Baumarten-
kombination – jenseits des Uralgebirges in breiter Front nach Sibirien fort. Auf Sandböden und
flachgründigen Kalksteinböden dringen Kiefernwälder in den Tieflagen Mittel- und Osteuropas nach
Süden bis in die Waldsteppen- und Steppenzone vor (Karte 7: D12a).
In den höheren Gebirgen der nemoralen Zone – sofern dort nicht ausgeprägt ozeanisches Klima
herrscht (Pyrenäen, Alpen, herzynische Gebirge, Karpaten, Balkan und Kaukasus) – bilden Nadel-
wälder den oberen Waldgürtel. Sie werden nach oben von Lichtwäldern, Krummholzgebüschen,
Zwergstrauchgesellschaften und alpinen Rasen (Formationen B, C) abgelöst. Nach unten gehen sie
gewöhnlich mit zunehmendem Laubbaumanteil über Laub-Nadel- in Laubwälder über, oder sie
steigen im klimatisch kontinentalen Inneren der Gebirge (z. B. Alpen) bis in die Täler hinab.
In den Alpen nimmt der Fichtenwaldgürtel etwa die Höhenstufe zwischen (1300)1500 und 1700
(2000) m ein. Tannenwälder liegen in der Regel darunter, nur in den Westalpen und Pyrenäen
erreichen sie die hochmontane (vielfach „subalpin“ genannte) Stufe. Nach oben schließen hier
Latschengebüsche und Lärchen-Zirbenwälder an. In den Karpaten bilden natürliche Fichtenwälder
einen teils großflächig zusammenhängenden Gürtel, der je nach Region zwischen (920)1100 und
1470(1600) m liegt. In den Hochgebirgen der Balkanhalbinsel kommen höhenzonale Fichten- und
Kiefernwälder nur mehr inselartig vor und erreichen hier ihre Südgrenze in Europa.
Im Westteil des Kaukasus sind Tannen-Fichtenwälder in Meereshöhen von 1100(1500) bis
2000(2200) m verbreitet; sie bilden dort den oberen montanen Waldgürtel.
Zu den hemiborealen Laub-Nadelwäldern rechnen wir einerseits Gesellschaften mit gemischter
Baumschicht, andererseits solche Gebiete, wo Nadel- und Laubwälder entsprechend den Standorts-
gegebenheiten im räumlichen Wechsel vorkommen.
Die europäischen hemiborealen Laub-Nadelwälder nehmen das Übergangsgebiet zwischen den
borealen Nadelwäldern (der Taiga) und den nemoralen Laubwäldern ein, gehören aber noch zur
temperaten Zone. Ihr Verbreitungsgebiet reicht von Südskandinavien über das Ostbaltische und
Mittelrussische Tiefland bis zum Mittleren und Südlichen Ural (Karte 7: D8a, b). In den europäi-
schen Gebirgen kommen entsprechende Mischwälder im Übergangsbereich zwischen Laub- und
Nadelwäldern vor.

Bestandesstruktur, Physiognomie und floristische Zusammensetzung


Die Verbreitung der Nadelwald-Formation über verschiedene Klimagebiete von der polaren Wald-
grenze bis in die Gebirge der Mittelmeerländer und vom westlichen Mitteleuropa bis in den ausge-
sprochen kontinentalen Osten hat selbstverständlich erhebliche Unterschiede in der Artenzusam-
mensetzung und Struktur der Wälder zur Folge. Allen Einheiten gemeinsam ist aber eine relativ
artenarme, oft sogar nahezu einartige Baumschicht, in der Koniferen dominieren, allen voran Picea
abies, gegen Nordosten und Osten abgelöst von Picea obovata und deren Hybriden mit Picea abies.

167
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas

Übergangsformen dieser beiden Arten nehmen ein ausgedehntes Gebiet zwischen dem Nordwesten
der russischen Tiefebene und dem voruralischen Gebiet ein.
Auf sandigen, sehr trockenen oder auch oligotrophen nassen Böden (z. B. am Rande von Mooren)
herrschen Kiefern, besonders Pinus sylvestris. Im Ural- und Voruralgebiet sind in den Fichtenwäl-
dern zusätzlich sibirische Nadelbaumarten (Abies sibirica, Pinus sibirica und Larix sibirica)
vertreten, aber im europäischen Rußland dominieren diese Arten in der Baumschicht nur selten
(Karte 7: D4-D7, D8b). Von den russischen Autoren werden die von Fichten (Picea abies, P. obo-
vata), Sibirischer Tanne (Abies sibirica) und Sibirischer Zirbe (Pinus sibirica) beherrschten Nadel-
wälder als „dunkle Taiga“, die von Waldkiefer (Pinus sylvestris) und Lärchen (Larix sibirica) domi-
nierten wegen des lichteren Aufbaus als „helle Taiga“ bezeichnet. Im südlichen Teil der borealen
und in der hemiborealen Zone mischen sich die Nadelbäume zunehmend mit Laubbaumarten wie
Quercus robur, Tilia cordata, Ulmus glabra und Acer platanoides, in den mitteleuropäischen
Gebirgen mit Fagus sylvatica, Acer pseudoplatanus und Ulmus glabra. Im westlichen Teil des
Großen und Kleinen Kaukasus werden die montanen Tannen- und Fichtenwälder von Abies nord-
manniana und Picea orientalis gebildet, in den Alpen, Karpaten und in den herzynischen Gebirgen
von Picea abies und Abies alba. Auf dem Balkan ist in den Gebirgsnadelwäldern ebenfalls Picea
abies – z. T. in Verbindung mit Abies alba – tonangebend. Bei den Gebirgs-Kiefernwäldern herr-
schen auf dem Balkan Pinus peuce und P. sylvestris, im Kaukasus P. kochiana vor.
Im ganzen Verbreitungsgebiet können Pionier-Baumarten wie Sorbus aucuparia, Betula pubescens
s. l., Betula pendula, Populus tremula, Alnus incana ebenso wie Larix- und Pinus-Arten in bestimm-
ten Entwicklungsstadien der Nadelwälder stärker hervortreten, insbesondere nach Brand, Windwurf
und Kahlschlag.
Die Baumschicht neigt meist zu eher gleichförmigem Aufbau ohne ausgeprägte Schichtung, sofern
diese sich nicht aus einem unterschiedlichen Standortsmosaik ergibt. In der borealen Zone erreichen
die Bäume einen Kronenschluß von 70-80 % und 20-25 m Höhe; in den mitteleuropäischen Gebir-
gen können sie noch bedeutend wüchsiger sein. Gegen die arktische und alpine Waldgrenze hin
kommt es oft zur Auflockerung der Bestände und zur Bildung ausgeprägter Gehölzgruppen (Rotten),
die bei Fichten auch vegetativ durch Bewurzelung am Boden aufliegender Äste entstehen können.
Eine Strauchschicht ist in der Regel nur schwach ausgebildet (meist weniger als 10 % deckend)
und artenarm. Neben der Verjüngung der Baumarten sind im borealen Tiefland Juniperus commu-
nis, Betula nana, Rosa majalis, R. acicularis, Lonicera pallasii (beide im Ostteil), Rubus idaeus und
Frangula alnus, in den Gebirgen vor allem Lonicera nigra, L. caerulea, Rosa pendulina, Juniperus
communis, für feuchtere Standorte Frangula alnus und Salix aurita beispielhaft zu nennen.
Besonders vielgestaltig ist die Feld- bzw. Krautschicht in den einzelnen Nadelwaldtypen; hier
können kaum Gemeinsamkeiten für alle Kartierungseinheiten gefunden werden. Allgemein herr-
schen holarktische und eurasiatische Arten vor. Im borealen Bereich wie in den Gebirgen differen-
zieren sich artenreichere, krautreiche Ausbildungen auf nährstoff- und basenreichen Standorten,
etwa mit Melica nutans, Convallaria majalis, Hepatica nobilis, Paris quadrifolia, Geranium sylvati-
cum u. a., von den von Azidophyten, besonders Zwergsträuchern, dominierten der basenarmen,

168
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D

sauren Standorte, die auch in den Gebirgen häufig vorkommen. Vaccinium myrtillus, V. vitis-idaea,
Deschampsia flexuosa, Luzula pilosa, Melampyrum pratense, Maianthemum bifolium, Solidago
virgaurea, Rubus saxatilis und Oxalis acetosella gehören zu den verbreitetsten, Empetrum herm-
aphroditum, E. nigrum, Cornus suecica, Listera cordata, Melampyrum sylvaticum, Linnaea borea-
lis, Trientalis europaea, Pyrola rotundifolia, P. minor, Goodyera repens, Lycopodium annotinum,
Huperzia selago zu den besonders typischen Arten der Formation. Auch Farne (Athyrium filix-
femina, Gymnocarpium dryopteris, Dryopteris expansa, D. carthusiana, D. dilatata, Phegopteris
connectilis), Schachtelhalme (Equisetum pratense, E. sylvaticum) sowie Hochstauden auf feucht-
reicheren Böden (etwa Adenostyles alliariae, Aconitum spp., Cicerbita alpina, Cirsium heterophyl-
lum u. a.) können gebietsweise eine größere Rolle spielen.
Auf anmoorigen und Moorstandorten wird die Feldschicht von Moorpflanzen – Zwergsträuchern,
Wollgräsern und Seggen – dominiert wie Vaccinium uliginosum, V. oxycoccus, Ledum palustre,
Chamaedaphne calyculata, Rubus chamaemorus, Eriophorum vaginatum, Carex globularis.
Für zentraleuropäische Gebirgsnadelwälder sind vor allem folgende Arten der Krautschicht kenn-
zeichnend: Homogyne alpina, Luzula sylvatica, Calamagrostis villosa, Athyrium distentifolium,
Luzula luzulina, Blechnum spicant, Oroepteris limbosperma, Melampyrum sylvaticum, teilweise (im
Südosten) Soldanella hungarica, neben den weit verbreiteten Säurezeigern und zahlreichen schon
oben genannten Arten wie Listera cordata, Lycopodium annotinum, Huperzia selago, Oxalis
acetosella, Athyrium filix-femina, Gymnocarpium dryopteris u. a.
Charakteristisch ist für die meisten Einheiten eine gut ausgebildete Moosschicht, besonders in den
sauren und ärmeren Ausbildungen wie Hylocomium splendens, Pleurozium schreberi, Polytrichum
formosum, Dicranum scoparium, D. polysetum, auf feucht-sauren Standorten mit Sphagnum
angustifolium, S. girgensohnii, Polytrichum commune, P. strictum u. a. Auf trockenen Böden treten
vielfach Flechten, besonders Cladina-, Cladonia- und Cetraria-Arten, stärker in Erscheinung oder
kommen zur Dominanz.

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Bisher gibt es kein umfassendes, allgemein akzeptiertes und befriedigendes System für die synsyste-
matische Gliederung und Zuordnung der Nadelwälder Europas. Zum einen weichen die Konzepte
für die borealen Nadelwälder und für die nemoral-submediterranen Gebirgsnadelwälder voneinander
ab, zum anderen sind viele Nadelwaldgesellschaften Nord- und Osteuropas noch nicht nach der
Braun-Blanquet-Methode erfaßt, bearbeitet und mit den nordwest- und mitteleuropäischen Gesell-
schaften verglichen worden, so daß Gemeinsamkeiten und Unterschiede nicht klar herausgearbeitet
werden können.
Das gilt sowohl für die schwedischen, finnischen und baltischen Einheiten, in besonderem Maße
aber für die russischen und kaukasischen Waldgesellschaften. Für die meisten davon gibt es weder
veröffentlichte Vegetationstabellen noch brauchbare wissenschaftliche Namen. Noch weitgehend
ungelöst ist ferner die Benennung und synsystematische Einordnung der hemiborealen Laub- und
Nadelmischwälder. Für andere Gebiete wie die Karpaten und die Balkanhalbinsel existieren

169
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas

wiederum so viele Gebiets-Assoziationen, die sich nur schwer in ein gemeinsames System ein-
gliedern lassen. Aber selbst für die gut bearbeiteten Alpen gibt es kein abgestimmtes übergreifendes
System. (Am umfassendsten und konsequentesten ist das von MAYER 1984 vorgelegte, insbesondere
für die Alpen). Insofern läßt sich hier nur ein grober, unvollständiger Überblick mit Schwerpunkt
auf dem mitteleuropäisch-skandinavischen System und deren Haupteinheiten geben.
Ein Hauptproblem bei der systematischen Einordnung der Nadelwaldgesellschaften in das Braun-
Blanquet-System stellen allgemein die basiphilen und meso- bis eutraphenten Ausbildungen der
Nadelwälder – sowohl bei Tannen- und Fichtenwäldern als auch bei Kiefernwäldern – dar, da hier
die azidophilen Klassen- und Ordnungskennarten vielfach sehr stark zugunsten von Querco-
Fagetea- und Fagetalia-Arten zurücktreten. Allerdings gibt es hierfür auch brauchbare Lösungs-
ansätze, indem die dominierenden Baumarten zunächst das hauptgliedernde und verbindende
Element darstellen (entsprechend wie bei den Laubwäldern). Insofern plädieren auch wir dafür, die
krautreichen basiphilen Fichten-Tannenmischwälder, in denen von Natur aus die Nadelbäume
vorherrschen, synsystematisch den Nadelwäldern (Vaccinio-Piceetea) zuzuordnen.
In der nachfolgenden Übersicht haben wir uns im wesentlichen an OBERDORFER (2001) gehalten,
der versucht hat, auch die borealen Syntaxa zu integrieren. Ergänzt haben wir die Übersicht für den
borealen bis hemiborealen Bereich nach KIELLAND-LUND (1981), DIERSSEN (1996) und BJØRNDA-
LEN (1980a, 1980b), für das mittel- und südosteuropäische Gebiet nach EWALD (1997), ELLENBERG
& KLÖTZLI (1972), ZUKRIGL (1973) und BORHIDI (1971).
Die Liste umfaßt nur die wichtigsten Nadelwald-Assoziationen der Formation D, keine Zwerg-
strauch-, Gebüsch- oder Waldgesellschaften der Formationen B, C oder T, die ebenfalls in die
Klasse der Vaccinio-Piceetea gehören.
Das grundlegende und durchgehende Gliederungsprinzip für die Nadelwald-Gesellschaften – wie es
auch in der Vegetationskarte Europas zur Anwendung kam – ist zunächst
1) die Trennung nach den dominierenden Hauptbaumarten – Tanne, Fichte, Kiefer,
2) die Gliederung innerhalb jeder Gruppe nach Trophie- bzw. Aziditäts- und Feuchtestufen der
Standorte – von stark sauer nach basisch, von arm nach reich, von trocken bzw. frisch nach naß
– mit Hilfe entsprechender Zeigerarten,
3) sodann die Gliederung in Höhenstufen bzw. klimatische Unterzonen (z. B. nord-, mittel-, süd-
und hemiboreal) und
4) die Differenzierung in geographische Ausbildungen (Gebietsassoziationen, Rassen) in den
Richtungen Nord-Süd und West-Ost (nach zunehmender Wärme bzw. Kontinentalität des
Klimas) aufgrund geographischer Kenn- und Trennarten.
(Die beiden letzten Gesichtspunkte – 3 und 4 – kommen in der Übersicht allerdings kaum zum
Ausdruck).

170
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D

Syntaxonomische Übersicht über die Nadelwälder Europas


Vaccinio-Piceetea Br.-Bl. in Br.-Bl. et al. 1939
Boreale Nadelwälder und Zwergstrauchgebüsche
Cladonio-Vaccinietalia Kielland-Lund 1967
Phyllodoco-Vaccinion Nordhagen 1936
Boreale subalpin-alpine oligotraphente Zwergstrauchheiden und lichte Kiefernwälder
Cladonio (stellaris)-Pinetum (Cajander 1921) Kielland-Lund 1967
Boreale subkontinentale Flechten-Kiefernwälder
Barbilophozio (lycopodioides)-Pinetum (lapponicae) Br.-Bl. et al. 1939 em. Kielland-Lund 1967
Moos-Zwergstrauch-Kiefernwälder
Bazzanio-Pinetum Kielland-Lund 1981
Atlantische Moos-Zwergstrauch-Kiefernwälder
Dicrano-Pinion (Libbert 1933) Matuszkiewicz 1962 em. Oberdorfer 1979
Bodensaure Moos-Kiefernwälder und Moorwälder
Dicrano-Pinenion Seibert in Oberdorfer 1992
Bodensaure Kiefernwälder und Birkenwälder
Vaccinio vitis-idaeae-Pinetum Cajander 1921
Preiselbeer-Kiefernwälder
Empetro nigri-Pinetum (Libbert et Sissingh 1939) Wojterski 1964
Krähenbeer-Kiefernwälder (Küstendünen)
Leucobryo-Pinetum Matuszkiewicz (1962) 1973
Weißmoos-Kiefernwälder
Piceo-Vaccinienion uliginosi Seibert in Oberdorfer 1992
Kiefern-Moor- und -Bruchwälder
Oxycocco quadripetali-Pinetum sylvestris Kielland-Lund 1981
Boreale Kiefern-Moorwälder
Vaccinio uliginosi-Pinetum sylvestris De Kleist 1929 em. Matuszkiewicz 1962
(= Ledo-Pinetum sylvestris Tüxen 1955)
Waldkiefern-Moorwälder
Piceetalia Paw»owski in Paw»owski et al. 1928
(= Vaccinio-Piceetalia Br.-Bl. 1939 em. Kielland-Lund 1967)
Linnaeo-Piceion Br.-Bl. et Siss. in Br.-Bl. et al. 1939 corr. Oberdorfer 1979
Nordeuropäische Fichtenwälder
Eu-Piceetum abietis (Cajander 1921) Kielland-Lund 1962
(= Linnaeo-Piceetum (Cajander 1921) Kielland-Lund 1962 em. Dierßen 1996)
Moos- und farnreiche Rohhumus-Fichtenwälder kühl-humider Gebiete
Rubo chamaemori-Piceetum Kielland-Lund 1962
Boreale Fichten-Bruchwälder
Melico nutantis-Piceetum (Cajander 1921) Kielland-Lund 1962
Kraut- und hochstaudenreiche Fichtenwälder auf basenreichen Böden
Piceion abietis Paw»owski in Paw»owski et al. 1928
Montane Fichten-Tannen- und Fichtenwälder der südlichen (nemoralen und submediterranen) Gebirge
Vaccinio-Abietenion Oberdorfer 1962
Zwergstrauchreiche Fichten-Tannenwälder
Vaccinio-Abietetum Oberdorfer 1957
Preiselbeer-Fichten-Tannenwälder
Luzulo-Abietetum Oberdorfer 1957
Hainsimsen-Fichten-Tannenwälder
Calamagrostio villosae-Abietetum Ellenberg et Klötzli 1972
Reitgras-Fichten-Tannenwälder
Vaccinio-Piceenion Oberdorfer 1957 (= Eu-Vaccinio-Piceion Oberdorfer 1957)
Zwergstrauchreiche Fichtenwälder
Calamagrostio villosae-Piceetum (Tx. 1937) Hartmann 1953 ex Schlüter 1969
Reitgras-Fichtenwälder
Homogyno-Piceetum Zukrigl 1973
Alpenlattich-Fichtenwälder

171
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas

Hieracio rotundati-Piceetum (Zlatnik 1935) Paw». et Br.-Bl. 1939 em. Borhidi 1957
Frische Habichtskraut-Fichtenwälder der Ost- und Südkarpaten auf Silikatstandorten
Bazzanio-Piceetum (Schmid et Gaisberg 1936) Br.-Bl. et Sissingh in Br.-Bl. et al. 1939
Torfmoosreiche Peitschenmoos-Fichtenwälder
Sphagno acutifolii-Piceetum abietis (Tüxen 1937) Hartmann 1953
Torfmoos-Fichtenwälder
Adenostylo-Piceion Borhidi 1969 (= Athyrio-Piceetalia Hada… 1962)
Athyrio distentifolii-Piceetum Hartmann 1959
Alpenfrauenfarn-Fichtenwälder
Adenostylo alliariae-Piceetum Zukrigl 1973
Alpendost-Fichtenwälder auf Silikatstandorten
Chrysanthemo rotundifolii-Piceetum Krajina 1933 em. Borhidi 1957
Farn- und hochstaudenreiche Fichtenwälder der Ost- und Südkarpaten
Adenostylo glabrae-Piceetum (Wraber 1960) Mayer 1969
Alpendost-Fichtenwälder auf Kalkstandorten
Galio rotundifolii-Abietenion Oberdorfer 1962
Krautreiche Fichten- und Tannenmischwälder basenreicher Standorte
Galio rotundifolii-Abietetum Wraber 1955 ex 1959
Labkraut-Tannenwälder
Pyrolo-Abietetum Oberdorfer ex Stoffl. 1955
Wintergrün-Tannenwälder
Adenostylo glabrae-Abietetum Mayer et Hofmann 1969
Alpendost-Fichten-Tannenwälder auf Karbonatstandorten
Pulsatillo-Pinetea (E. Schmid 1936) Oberdorfer in Oberdorfer et al. 1967
Pulsatillo-Pinetalia Oberdorfer apud Th. Müller 1966
Cytiso ruthenici-Pinion Krausch 1962
(Boreal-) subkontinentale Kiefern-Steppenwälder
Pyrolo-Pinetum E. Schmid 1936
Wintergrün-Waldkiefern-Steppenwälder
Peucedano-Pinetum Matuszkiewicz (1962) 1973
Subkontintale Haarstrang-Kiefernwälder
Melico nutantis-Pinetum Marker 1969
(einschl. Seslerio-Pinetum, Convallario-Pinetum Bjørndalen 1980)
Hemiboreale kraut- und grasreiche Kiefernwälder auf flachgründigen Kalkstandorten

Makroklimatische Gegebenheiten
Das Klima der Nadelwaldregionen ist durch eine kurze und kühle Vegetationsperiode, durch schnee-
reiche und langandauernde Winter und besonders durch das Überwiegen der Niederschläge über die
Verdunstung gekennzeichnet. Diese Humidität führte zur teilweisen Vernässung und Vermoorung
der Standorte.
Boreale Nadelwälder nehmen Gebiete ein, die durch Juli-Isothermen zwischen 14 und 18 °C be-
grenzt sind. Nördlich der Juli-Isotherme von 10 °C wachsen keine Bäume mehr (PARMUZIN 1985).
Für große Teile des Verbreitungsgebietes borealer Nadelwälder ist eine hohe Luftfeuchtigkeit
kennzeichnend. Die Strahlungsbilanz beträgt 20-35 kcal/cm²/Jahr, und die Summe der Jahres-
Sonneneinstrahlung entspricht 80-94 kcal/cm² (PROTOPOV 1975).
Mit der Zunahme der Kontinentalität und der Verkürzung der Vegetationsperiode erhöht sich die
Beteiligung der Nadelholzarten (ELLENBERG 1996), da beide Faktoren zur Verminderung der Kon-
kurrenzkraft der Laubholzarten beitragen.
In Gebieten mit kurzem und kühlem Sommer besitzen Nadelwälder eine bedeutend höhere Produkti-
vität als Laubwälder, da immergrüne Gehölze für die Photosynthese auch die kühle Vorfrühlings-

172
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D

und Spätherbstperiode nutzen können und eine niedrigere Atmungsintensität haben (DYLIS et al.
1964).
In den mittel- und südeuropäischen Gebirgen besiedeln Fichtenwälder vorwiegend die hochmontane
(oft auch subalpin genannte) Stufe, die je nach geographischer Lage, Exposition und Substrat
zwischen (900)1100-1400 (herzynische Gebirge) und (1200)1500-1600(2300) m (Alpen, süd-
europäische Gebirge) liegt. In abflußlosen Mulden (Kälteseen) können sie aber auch wesentlich
tiefer auftreten, ebenso in den kontinentalen Innenalpen. OBERDORFER (1957) stellte eine Ver-
inselung und Verarmung der fichtenreichen Nadelwälder gegen den atlantischen Westen fest.
In den Zentralalpen ist eine ausgeprägte Zonierung erkennbar: In den kontinentalsten Tälern mit
Niederschlägen um 600 mm und relativ hohen Sommertemperaturen (z. B. Wallis, Engadin, Vinsch-
gau) bleibt selbst die Fichte zurück und macht Kiefern (Pinus sylvestris, P. uncinata, P. cembra)
Platz. Mit abnehmender Kontinentalität herrscht die Fichte unangefochten bis in die Täler, im
Übergangsgebiet zu den ozeanischen Randalpen (Zwischenalpen) vergesellschaftet sie sich mit der
Tanne und nach außen zunehmend auch mit der Buche (MAYER 1974).
Tannenmischwälder liegen in der Regel unterhalb der Fichtenwälder in der montanen Stufe und
können bei geeigneten Substrat- und Klimabedingungen bis in die kolline Stufe hinabreichen. In den
Westalpen, Pyrenäen und südosteuropäischen Gebirgen (Albanien) erreichen sie auch die hochmon-
tane Stufe.
Wegen der weiten Spanne der klimatischen Bedingungen für Nadelwälder in den Gebirgen können
keine allgemeingültigen Klimadaten angegeben werden.

Standortbedingungen, ökologische Gliederung


Die klimatischen Bedingungen in der borealen Zone verursachen eine Auslaugung des Bodens und
dessen Podsolierung. Al-Fe-Podsole mit stark saurer Bodenreaktion und niedrigem Basengehalt sind
hier für die Nadelwälder typisch. In Wäldern mit gut entwickelter Krautschicht und mit Beimi-
schung von Laubholzarten in der Baumschicht sind die Böden etwas nährstoffreicher; sie entspre-
chen podsoligen Braunerden bzw. Fahlerden (Dystric Cambisols, Eutric Podzoluvisols), auf Karbo-
natgesteinen auch Rendzinen (Rendzic Leptosols) oder basenreichen Braunerden (Eutric Cambi-
sols).
Der Gesamtmenge an organischer Substanz nach unterscheiden sich Nadelwälder nicht wesentlich
von borealen Laubwäldern. RODIN & BAZILEVI„ (1965) führen für Nadelwälder 50-350 t/ha und für
Laubwälder 150-300 t/ha an, wobei die grünen Assimilationsorgane (Blätter der Baum- und
Straucharten sowie die Kraut- und Moosschicht) in Laubwäldern mit 1,5-3 % der gesamten Biomas-
se durchschnittlich zweimal geringer ist als in Nadelwäldern.
Fichtenwälder bilden die Klimaxgesellschaften auf relativ frischen bis feuchten und basenreicheren
Böden; auf basenarmen und trockenen, sandigen bis kiesigen Böden sowie auf flachgründigen Fels-
standorten herrscht Pinus sylvestris vor. Holzeinschlag und Waldbrände begünstigen die Ausbrei-
tung der Kiefer an ursprünglich von der Fichte eingenommenen Standorten. Kiefernwälder stellen
hier Ersatzgesellschaften dar.
Im russischen Tiefland sind Laub-Nadelwälder an Hänge und Flußtäler und an reichere und gut
drainierte Böden gebunden. Auf Karbonatböden sind Laubholzarten und ihre krautigen Begleiter
noch stärker vertreten oder gar vorherrschend.

173
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas

Grundwassernahe Standorte mit beginnender Torfbildung haben eine Moosschicht mit Polytrichum
commune, Sphagnum girgensohnii und – in geringerem Maße – mit Sphagnum angustifolium und
S. fallax. Auf Sickerwasserböden findet man Wälder mit gut entwickelter Krautschicht, in der
Equisetum sylvaticum, Filipendula ulmaria, Caltha palustris, Calamagrostis canescens und Phrag-
mites australis häufig vertreten sind.
In den mittel- und südeuropäischen Gebirgen kommen Nadel- und Nadel-Laubwälder bei geeig-
netem Klima auf allen möglichen Substraten vor. Typische Podsole treten hier in den Nadelwäldern
nur auf armen Gesteinen auf. Ansonsten sind Semipodsole, Braunerden, Braunlehme, Ranker und
Rendzinen zu finden, die aber in der Regel einen sauren Auflagehumus unterschiedlicher Mächtig-
keit aufweisen. In klimatischen Grenzlagen der Nadelwaldverbreitung (Zwischenalpen) entscheiden
die Substrate über die Verteilung der Waldgesellschaften: Arme, saure, trockene wie auch feuchte,
kalte Böden tragen Nadelwälder, basenreiche, wärmere, besser durchlüftete Böden Nadel-Laubwäl-
der mit Buche (MAYER & ZUKRIGL 1975).

Erhaltungszustand, Landnutzung, Ersatzgesellschaften; Naturschutz


Das Gebiet der borealen Nadelwälder und der hemiborealen Laub-Nadelwälder wird in weiten
Teilen schon seit langem intensiv land- und forstwirtschaftlich genutzt.
Vor Beginn der menschlichen Nutzung herrschten Nadelwälder in der borealen Zone überall vor,
mit Ausnahme von Hochmooren und in den Flußauen, wo überdies Laubwälder und Gebüsche zur
natürlichen Vegetation gehören. Waldbrände, Holzeinschlag und Rodungen führten schrittweise zu
einer erheblichen Reduzierung der Nadelwaldflächen. Auf Kahlschlägen breiteten sich Birken
(Betula pendula, B. pubescens) und Espen (Populus tremula) aus. Dies führte zur Entstehung von
sekundären, kleinblättrigen Laubwäldern, die sich von den primären Nadelwäldern durch ein
günstigeres Lichtregime und durch eine basenreichere Laubstreu unterscheiden. Dementsprechend
sind die sekundären Laubwälder durch eine üppigere Krautschicht mit bedeutendem Anteil an
Saum- und Wiesenpflanzen gekennzeichnet. Die Moosschicht ist dagegen in diesen Wäldern viel
schwächer entwickelt, da das Mooswachstum durch die Laubstreu, eine geschlossene Krautschicht
und eine höhere und dichtere Strauchschicht gehemmt wird.
Wenn die spontane Fichtenverjüngung erhalten bleibt und eine ausreichende Samenzufuhr gewähr-
leistet ist, kommt es zu einem relativ schnellen Umbau der Pionier-Laubwälder zu Fichtenwäldern.
In jüngster Zeit entstehen jedoch großflächige Kahlschläge oder Brandflächen, auf denen der Fich-
tenjungwuchs vollkommen vernichtet und in großem Umfang auch die Bodendecke einschließlich
des Humus-Horizonts entfernt wurde. Da unter solchen Bedingungen Fichtenkeimlinge auf großer
Fläche vollkommen fehlen, ist hier eine Fichtenwaldregeneration äußerst erschwert und sehr
ungewiß.
Auf aufgelassenen Äckern und Wiesen entstehen oft Grauerlenwälder (Alnus incana) mit eigen-
ständiger Krautschicht, da die Erle den Boden mit Stickstoff anreichert.
In den mittel-, süd- und südosteuropäischen Gebirgen spielten in der Nadelwaldstufe von alters her
Holznutzung und Waldweide eine bedeutende Rolle. Große Flächen in den Hang- und Tallagen
wurden für die Anlage von Wiesen und Weiden gerodet und tragen heute Grünland- oder Zwerg-
strauchgesellschaften. In manchen Gegenden entstanden auch das Landschaftsbild prägende und für
die Erholung attraktive Lärchenwiesen. Auf aufgelassenen landwirtschaftlichen Flächen wird die

174
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D

Wiederbewaldung oft von Grauerle (Alnus incana), in Hochlagen auch von Grünerle (Alnus alnobe-
tula = A. viridis) eingeleitet.
Die Kahlschlagwirtschaft hat im Verein mit erhöhtem Wildverbiß die Tanne in großem Ausmaß
dezimiert und zurückgedrängt, so daß ihr natürlicher Anteil am Waldaufbau heute oft nur noch
angenähert aus historischen Quellen und Pollenanalysen zu ermitteln ist.
In neuerer Zeit wurden durch Forststraßen sowie Skiabfahrten und Seilbahntrassen für den Touris-
mus erhebliche Schneisen in die Wälder geschlagen, die sich negativ auf den Wasserhaushalt und
die Hangstabilität auswirken.
Montane bis subalpine Wälder haben eine wichtige Funktion beim Schutz gegen Bodenerosion,
Lawinen und Steinschlag, sorgen für einen ausgeglichenen Wasserhaushalt und sind von existentiel-
ler Bedeutung für Siedlungen und Verkehr im Gebirge. Neben der alpinen und subalpinen Stufe
weist die Nadelwaldstufe hier – in Bannwäldern und an unzugänglichen Stellen – noch die meisten
Reste vom Menschen wenig beeinflußter Natur auf. Diese haben große Bedeutung für den Natur-
schutz, insbesondere als Lebensraum für seltene und bedrohte Tierarten (Rauhfußhühner, Braunbär,
Luchs, Wildkatze, Spechte) sowie für den Erhalt der regional bereits stark bedrohten Tanne.

Gliederung in Untereinheiten
Innerhalb der Nadel- und Laub-Nadelwälder erfolgt zunächst eine Aufteilung in die vorwiegend
zonal (und etageal) verbreiteten Fichten- und Tannenwälder, die sogenannte „Dunkle Taiga“ (D.1
bis D.4 in der Gesamtlegende bzw. D1 bis D9 in der Übersichtskarte), und in die auf den extremeren
Standorten (nährstoffarme Sand- und Moorböden sowie flachgründige Felsstandorte) weit ver-
breiteten, lichteren Kiefernwälder, die sogenannte „Helle Taiga“ der Russen (D.5 und D.6 in der
Gesamtlegende bzw. D10 bis D12 in der Übersichtskarte).
Die Fichten- und Tannenwälder werden von Norden nach Süden in mehrere parallel verlaufende
Zonen und Unterzonen gegliedert: nord-, mittel- und südboreale Nadelwälder, hemiboreale Laub-
Nadelwälder sowie nemorale Gebirgsnadelwälder.
Bei den borealen Nadelwäldern erfolgte eine weitere Unterteilung in Westboreale Fichtenwälder
(D.1) und Ostboreale Kiefern-Fichten- und Tannen-Fichtenwälder mit vorherrschend sibirischen
Baumarten (D.2). Die Kiefernwälder sind ebenfalls zonal untergliedert und von Nord nach Süd
angeordnet. Sie lassen sich aber wegen der Artenarmut und einheitlicheren Ausbildung weniger
deutlich zonal differenzieren und reichen auf nährstoffarmen und trockenen Standorten viel weiter
in die nemorale Zone nach Süden. Sie sind in drei zonale Untergruppen gegliedert: Die nordbo-
realen, die mittel- und süd- bis hemiborealen und die nemoralen Kiefernwälder, wobei die beiden
letzten Untergruppen nochmals in zwei Höhenstufen unterschieden werden.

D.1 Westboreale Fichtenwälder (Picea abies, P. obovata, Picea abies x P. obovata), z. T. mit
Pinus sylvestris, örtlich mit Birken- (Betula pubescens s. l., B. pendula), Erlen- (Alnus
incana) oder Mischwäldern
Die westborealen Nadelwälder nehmen einen breiten Gürtel im Norden der europäischen Waldzone
ein; weiter nach Norden gehen sie in die Tundrenzone (B) über. Im europäischen Teil Rußlands sind
sie durch einen schmalen Gürtel von Lichtwäldern (C.1, Waldtundra) von den Tundren getrennt, in
den Skandinavischen Gebirgen schließen nach oben und nach Norden Birkenwälder (C.2, Betula

175
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas

pubescens subsp. czerepanovii) an. Im Süden grenzen sie an die hemiborealen Laub-Nadelwälder
(D.3) der nordtemperaten Zone.
Klimatisch wird das Gebiet der westborealen Nadelwälder durch die Juli-Isothermen zwischen 14
und 18 °C begrenzt; die mittlere Jahrestemperatur reicht von -3 bis 6 °C. Die Bodenentwicklung ist
durch mehr oder weniger starke Podsolierung gekennzeichnet, auf grundwassernahen Standorten
durch Torfbildung und Vergleyung. Bewaldete und waldfreie Moore haben in der borealen Zone
einen hohen Flächenanteil (vielfach 30-40 %).
In den Waldbeständen dominieren Picea abies im Westen und die vorwiegend sibirische P. obovata
sowie die Hybride der beiden Baumarten im Nordosten des Areals.
Die Gliederung in die drei Unterzonen nord-, mittel- und südboreal ist in erster Linie klimatisch
bedingt, doch ihre Abgrenzung beruht vor allem auf floristischen, vegetationskundlichen und ökolo-
gischen Merkmalen (unterschiedliche Pflanzengesellschaften und Gesellschaftskomplexe sowie
Bestandesstrukturen). Die Grenzen zwischen den Unterzonen sind jedoch unscharf und fließend;
auch gibt es zwischen den fennoskandischen und russischen Wissenschaftlern unterschiedliche
Auffassungen bei ihrer Charakterisierung und Abgrenzung, was vermutlich zu einer stärkeren
Südverschiebung der Unterzonen in Rußland führte und die Harmonisierung zwischen West und Ost
(Fennoskandien und Rußland) erschwerte.
AHTI et al. (1968) kommen in ihrer vergleichenden Betrachtung der fennoskandischen und der russischen zonalen Gliederung
der borealen Vegetation zu dem Schluß, daß in der Nordtaiga der Russen die nord- und mittelboreale Zone Fennoskandiens
zusammengefaßt sei, daß die Mitteltaiga der südborealen Zone und die Südtaiga in etwa der hemiborealen Zone der
Skandinavier entspräche. Wie weit dies tatsächlich zutrifft, konnte bisher nicht geklärt werden und bedarf der genaueren
Analyse der jeweils zugrundeliegenden Merkmale. Wir haben uns bei der zonalen Zuordnung der Kartierungseinheiten an die
Vorgaben der beiden Schulen gehalten.
Ein weiterer augenfälliger Unterschied zwischen den Kartierungseinheiten von Schweden und Finnland gegenüber jenen
Rußlands besteht darin, daß von den russischen Autoren mehr und kleinerflächige Komplexeinheiten kartiert wurden,
während in Finnland und Schweden – außer den Moor-Einheiten – großflächige Einheiten, entsprechend der regional
dominierenden Waldvegetation, vorherrschen. Es handelt sich bei den Einheiten jedoch stets um Vegetationskomplexe aus
Wäldern auf trockenen und feuchten Mineralböden, Anmoor- und Moorböden sowie kleinflächigen offenen Mooren und
Seen.

Die Ostgrenze der westborealen Nadelwälder wird durch die vollständige Ablösung der europäi-
schen Fichte (Picea abies) durch sibirische Baumarten (Picea obovata, Abies sibirica, Larix sibirica
und Pinus sibirica) gekennzeichnet. Ihre West-Ost-Differenzierung nach zunehmender Kontinentali-
tät des Klimas (vgl. Abb. 9 in AHTI et al. 1968) kommt nur teilweise in den Kartierungseinheiten
zum Ausdruck. Das lokale Auftreten sibirischer Baumarten (z. B. Larix sibirica) und Einheiten
innerhalb der westborealen Fichtenwälder ist in der Vegetationskarte 1 : 2,5 Mio. z. T. durch farbige
Aufsignaturen dargestellt.

D.1.1 Nordboreale Ausbildungen


Geographische Verbreitung
Die nordborealen Fichtenwälder formen einen nach Osten breiter werdenden Gürtel zwischen 60/
und 69/ nördl. Breite. Sie bedecken größere Flächen im nördlichen Fennoskandien, auf der Halb-

176
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D

insel Kola, in Nord-Karelien und im Nordrussischen Tiefland und reichen bis an den Südwestfuß
des Polar Ural. Als Übergang zu den südarktischen Tundren schließt sich im europäischen Rußland
ein schmaler Gürtel ostborealer Lichtwälder mit Picea obovata (C.1) an.

Klima, Standortbedingungen
Niedrige Sommertemperaturen und ein bedeutender Wasserüberschuß führten zur Vernässung und
zu großräumiger Entwicklung von Gley-Podsol- und Torfböden, die für die nordborealen Wälder
besonders typisch sind.
Permafrostbedingungen östlich des Flusses Mezen haben die Bodenvernässung dort verstärkt. Die
Wurzelsysteme der Bäume können unter diesen Bedingungen nur eine dünne Schicht des Oberbo-
dens ausnützen, was zur Bildung von lichten Beständen führte. Trockene Ausbildungen sind an gut
drainierte und besser durchwärmte Standorte gebunden: vor allem glaziale Ablagerungen wie Oser,
Drumlins und Endmoränen-Rücken, im Osten insbesondere Erhöhungen in den Zwischenstrom-
gebieten.

Bestandesstruktur, floristische Zusammensetzung


Die nordborealen Fichtenwälder zeichnen sich durch niedrigen Wuchs, geringen Kronenschluß und
durch eine niedrige Holzproduktion aus. Die mittlere Höhe der Fichte in reifen Beständen beträgt
nur 15-17 m. Allgemein findet man eine recht starke Beimengung von Birke (namentlich Betula
pubescens subsp. czerepanovii), wohl durch die lichte Baumschicht bedingt. Wegen ihrer geringen
Produktivität (Bonität IV-V), kommt der Fichte nur eine geringe forstwirtschaftliche Bedeutung zu.
Unter den besonderen Standortbedingungen treten auch auf unvermoorten Standorten in der zwerg-
strauchreichen Feldschicht Arten auf, die in südlicheren Gebieten nur an Moore oder anmoorige
Wälder gebunden sind (z. B. Ledum palustre, Betula nana, Vaccinium uliginosum, Rubus chamae-
morus).
Es gibt nur wenige spezifische Arten für die nordboreale Unterzone, vor allem solche mit Hauptver-
breitung in der Tundrenzone: Loiseleuria procumbens, Phyllodoce caerulea und unter den Flechten
Nephroma arcticum. Im Westen spielt Calluna vulgaris in der Zwergstrauchschicht eine größere
Rolle. Eine Strauchschicht ist in den nordborealen Fichtenwäldern meist nicht entwickelt, jedoch
kommen auf trockenen Standorten vereinzelt Sorbus aucuparia, Juniperus communis und Rosa
acicularis (sibirische Art, reicht nach Westen bis Finnland) vor, in vernäßten Wäldern besteht die
Strauchschicht aus Betula nana, Salix lapponum und S. phylicifolia.
An die Stelle natürlicher Fichtenwälder treten nach Waldbränden und Kahlschlag Birkenwälder als
Pioniervegetation.

Kartierungseinheiten
Die nordboreale Fichtenwaldzone umfaßt drei Kartierungseinheiten (D1 bis D3). Am weitesten
verbreitet ist die Einheit D1: vom Ostabfall der Skandinavischen Gebirge bis ins Nordrussische
Tiefland mit Schwerpunkt in Fennoskandien. Ihre Baumschicht wird im Westen (Skandinavien) von
Picea abies und im Osten (ab Lappland und Finnland) von Picea obovata und P. abies x P. obovata
dominiert. Gekennzeichnet ist die Einheit durch hohen Zwergstrauchanteil, Moosreichtum und
regelmäßigen Wechsel mit feuchten bis anmoorigen Kiefern- und Fichtenwäldern sowie Aapamooren.

177
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas

Die entsprechende Einheit vorwiegend trockener Standorte stellt D2 dar. Sie ist hauptsächlich in
Nordrußland (von der Kola-Halbinsel bis zum Ural) verbreitet, und ihre Baumschicht besteht aus
den ostborealen Fichten (Picea obovata, P. abies x P. obovata). Im Unterwuchs herrschen Zwerg-
sträucher (Vaccinium myrtillus, Empetrum hermaphroditum), Moose und Flechten (Cladina-Arten)
vor. Kennzeichnend sind oligotraphente Moorpflanzen (Ledum palustre, Vaccinium uliginosum), die
borealen Arten Rubus arcticus und Cornus suecica sowie örtlich Bodenfeuchtezeiger (Equisetum
sylvaticum, Carex globularis).
In der gut entwickelten Moosschicht herrschen Hylocomium splendens und Pleurozium schreberi,
ferner Dicranum scoparium, D. fuscescens und Polytrichum commune. Eine bedeutende Rolle
spielen Flechten, besonders Cladina rangiferina, C. stellaris und C. mitis sowie Nephroma arcti-
cum. Analoge Waldgesellschaften sind in Nordfinnland und Nordschweden weit verbreitet. Ausbil-
dungen mit Geranium sylvaticum und Gymnocarpium dryopteris sind selten und an nährstoffrei-
chere Böden gebunden. Sie finden sich in Nordfinnland, auf der Halbinsel Kola und in Nordkare-
lien. Im Nordteil kommen auf flachgründig-felsigen Standorten Flechten-Kiefernwälder mit vorherr-
schenden Strauchflechten (Cladina arbuscula, C. rangiferina, C. stellaris) vor.
Die Einheit D3 kennzeichnet überwiegend stark vernäßte und vermoorte Standorte mit Torfmoos-
Birken-Fichtenwäldern und starker Beteiligung von Polytrichum commune, Sphagnum girgensohnii,
S. angustifolium und S. russowii sowie Ledum palustre und Carex globularis. Solche Waldtypen
sind bis in die südliche Taiga verbreitet, weisen im Norden jedoch bestimmte Besonderheiten auf.
Die Einheit erstreckt sich von Karelien bis zum Ural mit deutlichem Schwerpunkt in Nordost-
Rußland. In der Baumschicht kommt neben Picea obovata mit hohem Anteil Betula pubescens –
meist in der Unterart B. pubescens subsp. czerepanovii – vor. Auf Sickerwasserböden mit besserer
Nährstoffversorgung findet man Schachtelhalm-Torfmoos-Fichtenwälder mit vorherrschendem
Equisetum sylvaticum. Gegenüber den südlicheren Ausbildungen enthalten sie viel Rubus chamae-
morus sowie Cornus suecica. Für die nordboreale Unterzone sind ferner Zwergbirken-Torfmoos-
Fichtenwälder mit dominierender Betula nana sowie Salix lapponum und S. phylicifolia in der
Strauchschicht kennzeichnend, wo sie bedeutende Flächen einnehmen.

D.1.2 Mittelboreale Ausbildungen


Geographische Verbreitung
Die mittelborealen Fichtenwälder erstrecken sich in einem unterbrochenen, sich nach Osten ver-
breiternden Gürtel zwischen 58,5/ und 67/ nördl. Breite von der skandinavischen Halbinsel über
Südfinnland und Südkarelien bis ins westliche Uralvorland. Die mittelborealen Fichtenwälder
nehmen im Vergleich zu den nord- und südborealen Fichtenwäldern die größte Fläche ein mit
Schwerpunkt im Nordrussischen Tiefland.

Klima, Standortbedingungen
Für mittelboreale Wälder sind mäßig warme und feuchte Sommer sowie kalte, schneereiche Winter
charakteristisch. Die mittlere Taiga weist im Sommer zwar einen Feuchteüberschuß auf, der
Grundwasserspiegel sinkt jedoch tiefer ab als im Norden, und die Bodenvernässung ist wesentlich
geringer. Die mittelborealen Fichtenwälder sind vorwiegend an ebene, mit glazialen und fluviogla-
zialen Ablagerungen bedeckte Zwischenstrom-Platten gebunden. Auf diesen Substraten haben sich

178
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D

vor allem podsolige, z. T. auch vernäßte Böden entwickelt.

Bestandesstruktur, floristische Zusammensetzung


Die mittelborealen Fichtenwälder repräsentieren die typische boreale Waldvegetation. Sie zeichnen
sich durch eine gut entwickelte, meist einartige Baumschicht aus Picea abies, P. abies x P. obovata
oder/und P. obovata mit einem Kronenschluß von 70-80 % und einer Bonität von II-IV aus; die
mittlere Höhe ausgewachsener Fichten beträgt 18-20 m. Eine Strauchschicht fehlt oder ist nur
schwach entwickelt. Am häufigsten sind – wie in den nordborealen Wäldern – Juniperus communis
und Sorbus aucuparia. Im Westteil der Unterzone kommen als Unterwuchs zusätzlich Rosa majalis,
im Osten jenseits von St. Petersburg die eurosibirischen Sträucher Rosa acicularis und Lonicera
pallasii vor. In der zwergstrauchreichen Krautschicht fehlen sowohl subarktische als auch nemorale
Arten; dementsprechend sind die mittelborealen Wälder floristisch am ärmsten.

Kartierungseinheiten
Die mittelborealen Fichtenwälder umfassen drei komplexe Kartierungseinheiten (D4 bis D6), bei
denen im Westen Picea abies und im Osten Picea obovata sowie die Hybriden der beiden Arten den
Waldbestand bilden.
D4 ist die am weitesten und großflächigsten verbreitete Einheit. Sie reicht von Süd- und West-
Skandinavien über Finnland bis zum westlichen Uralvorland und repräsentiert überwiegend trockene
Standorte unterschiedlicher Trophie.
Die Einheit D5 kommt vorwiegend auf feuchten bis nassen, z. T. moorigen Standorten vor und
wurde ausschließlich im Nordrussischen Tiefland – mit Schwerpunkt im Ostteil – kartiert. Ent-
sprechend bildet hier die östliche Fichtenart den Waldbestand.
D6 repräsentiert einen Vegetationskomplex aus Fichtenwäldern trockener und feuchter bis nasser
bzw. mooriger Standorte. Ihre Verbreitung ist ebenfalls auf Nordrußland – und zwar den westlichen
und mittleren Teil des Tieflandes – beschränkt. Entsprechend kommen hier je nach Lage sowohl
westliche und als auch östliche Fichtenarten zur Dominanz.
Auf den trockeneren Standorten – gut drainierte Hügel und Plateaus – sind Heidelbeer-Fichtenwäl-
der die vorherrschende und für die mittlere Taiga kennzeichnende Waldgesellschaft. Ihr Kronen-
schluß erreicht 70-80 %. In der Baumschicht dominiert die Fichte (im Westen Picea abies, im Osten
P. obovata), als Mischbaumarten treten Birke, Kiefer und Espe auf. Die Waldverjüngung erfolgt
vorwiegend über die Fichte. Im Unterwuchs ist Sorbus aucuparia regelmäßig vertreten, seltener
Juniperus communis und andere Sträucher.
In der zwergstrauchreichen Krautschicht (Deckung 30-40 %) dominiert die Heidelbeere (Vaccinium
myrtillus), beigesellt sind als weitere stete Arten: Vaccinium vitis-idaea, Deschampsia flexuosa,
Luzula pilosa, Linnaea borealis, Maianthemum bifolium, Trientalis europaea. Neben Vaccinium
myrtillus können auch Melampyrum pratense, Rubus saxatilis und Gymnocarpium dryopteris
gehäuft auftreten.
Die mittlere Deckung der Moosschicht beträgt etwa 50 %. Neben Pleurozium schreberi kommen
regelmäßig Hylocomium splendens, Dicranum scoparium und D. polysetum vor. Heidelbeer-
Fichtenwälder wachsen vorwiegend auf lehmig-sandigen, mehr oder weniger stark podsolierten
Böden (Eisen-Humus-Podsole). Auf trockeneren und ärmeren Böden kommen kleinflächig

179
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas

Preiselbeer-Fichtenwälder vor, in denen Vaccinium vitis-idaea dominiert. Auf reicheren und


feuchteren, aber gut drainierten Böden wachsen farnreiche Ausbildungen mit viel Gymnocarpium
dryopteris und Oxalis acetosella sowie Calamagrostis arundinacea, Rubus saxatilis und Solidago
virgaurea.
In nassen Mulden und an den Rändern von Hochmooren finden sich Fichtenwälder mit reichlich
Torfmoosen (Sphagnum girgensohnii, seltener S. angustifolium, S. russowii) und Polytrichum
commune neben Carex globularis und Zwergsträuchern. Ihre Böden haben oft eine 20-30 cm
mächtige Torfschicht. Auf sickerfeuchten und basenreichen Böden haben sich Schachtelhalm-
Torfmoos-Fichtenwälder mit viel Equisetum sylvaticum entwickelt. Weitere typische Arten sind
Dryopteris carthusiana, Oxalis acetosella, Solidago virgaurea und Viola palustris.
Die mittelborealen Wälder haben erhebliche wirtschaftliche Bedeutung und wurden deshalb vieler-
orts großflächig abgeholzt und durch sekundäre Birken- und Espenwälder oder Grünland ersetzt.

D.1.3 Südboreale Ausbildungen


Geographische Verbreitung
Die südborealen Fichtenwälder erstrecken sich von Süd- und Westskandinavien über Südfinnland
bis in das Mittelrussische Tiefland, wo sie die größte Flächenausdehnung erreichen und in die ost-
borealen Nadelwälder übergehen (vgl. D3 in der Übersichtskarte). In Fennoskandien dehnt sich das
Areal von 59/ bis 64/ nördl. Breite, in Rußland von 57/ bis 60/ nördl. Breite.

Klima, Standortbedingungen
Die südboreale Unterzone hebt sich von der mittelborealen durch milderes Klima mit längerer
Vegetationsperiode ab, welche das Wachstum der Wälder begünstigt und nicht zu großräumiger
Vernässung führt. Die Böden sind hier im allgemeinen nur schwach podsolig. Fast das ganze Gebiet
war während der letzten Eiszeit vergletschert und weist daher ein bewegtes und gut gegliedertes
glaziales Akkumulationsrelief auf.

Bestandesstruktur, floristische Zusammensetzung


Die Bestände südborealer Nadelwälder werden im Westen von Picea abies und in Rußland von
dieser und ihren Übergangsformen zu Picea obovata aufgebaut, wobei regelmäßig Betula pendula,
B. pubescens und/oder Populus tremula mit geringem Anteil beigemischt sind. Die Fichte hat hier
überwiegend Bonität II.
Der Gehölz-Unterwuchs ist in den meisten Fällen sehr locker. Neben der weit verbreiteten Sorbus
aucuparia findet man hier auch die nemoralen Sträucher Corylus avellana, Lonicera xylosteum und
Daphne mezereum. In der Feldschicht überwiegen Kräuter gegenüber Zwergsträuchern.
Im Bereich der südlichen Taiga verlaufen die nördlichen Arealgrenzen etlicher nemoraler Laub-
baumarten: Tilia cordata, Acer platanoides, Ulmus glabra, Quercus robur. Diese Arten kommen in
wärmebegünstigten Lagen und auf nährstoffreichen Böden im Unterstand von Fichtenwäldern vor,
desgleichen anspruchsvolle nemorale Kräuter wie Anemone nemorosa, Asarum europaeum, Galium
odoratum, Lamium galeobdolon, Stellaria holostea, Pulmonaria obscura, Hepatica nobilis u. a. Die
Moosschicht ist im Unterschied zu den mittelborealen Wäldern lückiger, und auch hier dominieren
Pleurozium schreberi und Hylocomium splendens, dazu kommt Rhytidiadelphus triquetrus.

180
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D

Auf nährstoffarmen, kühlen und vernäßten Böden fehlen jedoch die südlichen (nemoralen) Floren-
elemente; die Wälder weisen hier geringere Wuchsleistungen auf und unterscheiden sich nur wenig
von den mittelborealen moosreichen Nadelwäldern.
In der südborealen Zone sind die ökologischen und floristischen Unterschiede zwischen den west-
lichen und östlichen Gebieten deutlicher als in der mittleren und nördlichen Taiga, was vermutlich
mit dem stärker ausgeprägten Ozeanitätsgefälle des Klimas von West nach Ost zusammenhängt. Im
Osten fallen verschiedene nemorale Strauch- und Krautarten aus, und es kommen dafür uralisch-
sibirische Arten wie Actaea erythrocarpa, Crepis sibirica, Clematis alpina subsp. sibirica, Cacalia
hastata, Lactuca sibirica, Delphinium elatum und Diplazium sibiricum hinzu.

Erhaltungszustand, Ersatzgesellschaften
Naturnahe Bestände südborealer Fichtenwälder sind nur auf verhältnismäßig kleinen Flächen
erhalten; sie wurden vielfach durch Grünland, Äcker und Siedlungen verdrängt. Nach Kahlschlag
kommen als Pionierholzarten oft Birke und Espe auf, so daß im Mittelrussischen Tiefland Birken-
und Espenwälder größere Flächen einnehmen. In den westlichen Gebieten werden die Fichtenwälder
öfters durch Alnus incana-Bestände ersetzt.

Kartierungseinheiten
Die südborealen Fichtenwälder gliedern sich in zwei Kartierungseinheiten: die in Südnorwegen und
Südfinnland verbreitete Einheit D7 mit vorherrschend moos- und zwergstrauchreichen Fichtenwäl-
dern ohne anspruchsvolle nemorale Krautarten und die von Westnorwegen bis Mittelrußland
verbreitete Einheit D8 mit anspruchsvolleren Oxalis- und Melica nutans-Fichtenwäldern, öfters mit
nemoralen Baum-, Strauch- und Krautarten (z. B. Tilia cordata, Corylus avellana, Hepatica
nobilis). Der Oxalis-Fichtenwald bildet das ökophysiologische Optimum der Fichte. Der Kronen-
schluß erreicht hier 70-80 %, die Bonität I. Auch hier sind der Fichte regelmäßig Betula pendula,
seltener Populus tremula oder Pinus sylvestris beigesellt, auf reicheren Standorten Tilia cordata,
Acer platanoides und Ulmus glabra. Der Gehölzunterwuchs ist in den meisten Fällen relativ gut
entwickelt (Deckung nicht selten 10-20 %). In der Krautschicht herrscht Oxalis acetosella vor
(Deckung bis 90 %). Mit hoher Stetigkeit kommen ferner Vaccinium myrtillus, Calamagrostis
arundinacea, Dryopteris carthusiana, Rubus saxatilis, Solidago virgaurea, Maianthemum bifolium
und Trientalis europaea vor. Die Moosschicht ist meist lückig ausgebildet (Deckung meist unter
20 %). Häufige Moose sind Pleurozium schreberi und Hylocomium splendens, seltener Rhyti-
diadelphus triquetrus und Dicranum scoparium.
In der südborealen Zone finden sich häufig farnreiche Fichtenwälder. Auf mittleren Standorten
dominieren Dryopteris carthusiana und D. dilatata, an reicheren und feuchteren Stellen Athyrium
filix-femina, oft vergesellschaftet mit Crepis paludosa, Circaea alpina, Stellaria nemorum, Chrysos-
plenium alternifolium, Geranium sylvaticum, Rhytidiadelphus triquetrus und Plagiomnium medium.
In der Süd-Taiga gibt es auch regelmäßig Fichtenwälder mit anspruchsvollen nemoralen Sträuchern
und Kräutern: Corylus avellana, Lonicera xylosteum, Daphne mezereum, Stellaria holostea, Asarum
europaeum, Hepatica nobilis, Pulmonaria obscura, Viola mirabilis, Galium odoratum, Aegopodium
podagraria, Ranunculus cassubicus, Lathyrus vernus, Mercurialis perennis.

181
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas

D.2 Ostboreale Kiefern-Fichten- (Picea obovata, Pinus sibirica) und Tannen-Fichtenwälder


(Picea obovata, Abies sibirica), z. T. mit Betula pubescens s. l., Larix sibirica
Die Baumschicht der ostborealen Nadelwälder setzt sich aus sibirischen Nadelbaumarten zu-
sammen, die über das Uralgebirge hinweg unterschiedlich weit in dessen westliches Vorland
ausstrahlen. Am weitesten nach Westen (bis nach Karelien und Nordfinnland) reicht Picea obovata,
ihr folgen Larix sibirica und Abies sibirica, am wenigsten weit ins Vorland geht Pinus sibirica (vgl.
JALAS & SUOMINEN 1988, Karten 159, 162, 151, 176). Auch in der Strauch- und Krautschicht
kommen neben weitverbreiteten borealen Arten etliche uralisch-sibirische Arten vor.
Die westliche Grenze dieser Wälder verläuft entlang dem Pe…ora-Oberlauf, überschreitet den
Vy…egda-Fluß oberhalb der Stadt Syktyvkar und geht weiter entlang und etwas jenseits des Vetluga-
Flusses bis nahe an die Wolga bei Kazan. Die Südgrenze verläuft nördlich der Wolga und Kama bis
Perm und dann nördlich des Flusses „usovaja durch den Mittleren Ural.
Die ostborealen Nadelwälder gliedern sich ebenfalls in nord-, mittel- und südboreale planar-kolline
Ausbildungen sowie in submontan-montane uralische Einheiten.

D.2.1 Planar-kolline Ausbildungen


2.1.1 Nordboreale Ausbildung
Die nordborealen hygrophilen Kiefern-Fichten-Wälder (D9) kommen am Westfuß des Nördlichen
Ural entlang des Pe…ora-Flusses vor. Sie sind vorwiegend an lehmig-sandige Gley-Podsole und Torf-
Podsol-Gleyböden gebunden.
Ihr Baumbestand ist licht (Kronenschluß 40-60 %) mit vorherrschender Picea obovota, regel-
mäßiger Beimischung von Birke (Betula pubescens s. l.) und geringem Anteil von Pinus sibirica
(gelegentlich 10-20 %). Der lockere und artenarme Gehölz-Unterwuchs besteht aus Sorbus aucupa-
ria subsp. sibirica, Juniperus communis und Rosa acicularis, örtlich auch mit Betula nana und der
sibirischen Alnus fruticosa.
In der Krautschicht herrschen Zwergsträucher vor: Vaccinium myrtillus, V. uliginosum, Ledum
palustre, Chamaedaphne calyculata und Empetrum nigrum, ferner sind Equisetum sylvaticum,
Carex globularis und Rubus chamaemorus häufig. In der Krautschicht spielen sibirische Arten keine
besondere Rolle. Die Moosschicht besteht aus Polytrichum commune, Sphagnum angustifolium,
S. russowii und anderen Torfmoosen.

2.1.2 Mittelboreale Ausbildungen


Das Verbreitungsgebiet der mittelborealen voruralischen Nadelwälder (D10, D11) liegt im Bereich
der Oberläufe von Pe…ora, Vy…egda und Kama. Sie siedeln auf Wasserscheiden und in nassen
Niederungen im schwach hügeligen Uralvorland und sind an typische Podsole und Gley-Podsole
gebunden.
Ihre Baumschicht besteht vorwiegend aus Picea obovata und Abies sibirica, auf feuchten Standorten
mit Pinus sibirica und Larix sibirica. Im Unterwuchs finden sich neben weit verbreiteten Arten wie
Sorbus aucuparia und Juniperus communis auch sibirische Elemente wie Sorbus aucuparia subsp.
sibirica, Rosa acicularis, Lonicera pallasii.
Fichtenwälder mit Vaccinium myrtillus, Linnaea borealis, Maianthemum bifolium, Vaccinium vitis-
idaea, Luzula pilosa, Orthilia secunda stellen die vorherrschende Ausbildung (D10) dar. Ihre Kraut-

182
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D

und Moosschicht entsprechen weitgehend jenen der nordeuropäischen mittelborealen Wälder. Die
feuchten Ausbildungen (D11) enthalten in der Kraut- und Moosschicht zahlreiche Feuchte- und
Nässezeiger: Calamagrostis langsdorffii, Equisetum palustre, E. sylvaticum, Filipendula ulmaria
und Moorpflanzen.

2.1.3 Südboreale Ausbildung


Die südborealen voruralischen Tannen-Fichtenwälder (D12) schließen an vorige nach Süden an und
reichen am weitesten nach Westen in das Mittelrussische Tiefland. Sie sind an podsolige, lehmig-
sandige und lehmige Böden gebunden.
Die Baumschicht wird von Picea obovata mit starker Beteiligung von Abies sibirica gebildet. Die
Strauchschicht ist artenreich und gut entwickelt. Sie enthält nemorale Arten wie Tilia cordata,
Lonicera xylosteum und Viburnum opulus (diese differenzieren die Süd-Taiga von der Mittel-Taiga),
ferner Frangula alnus, Rosa acicularis und R. majalis.
Die Krautschicht hat eine hohe Deckung und ist artenreich. Sie besteht aus typischen Arten borealer
Wälder (Oxalis acetosella, Vaccinium myrtillus, Maianthemum bifolium, Trientalis europaea,
Linnaea borealis, Dryopteris carthusiana, Gymnocarpium dryopteris) sowie aus nemoralen Elemen-
ten (Dryopteris filix-mas, Aegopodium podagraria, Lathyrus vernus, Asarum europaeum, Pulmona-
ria obscura, Stellaria holostea). Für diese ostborealen Wälder sind ferner uralisch-sibirische
Hochstauden charakteristisch (Cacalia hastata, Bupleurum longifolium subsp. aureum, Crepis
sibirica, Delphinium elatum).

D.2.2 (Submontan-)montane (uralische) Ausbildungen


Die uralischen Kiefern-Fichten- und Fichten-Tannenwälder (D13, D14) kommen vorwiegend am
westlichen, niederschlagsreicheren Abfall des Ural vor. Im Nordural erstrecken sie sich bis an den
Fuß der Berge. Die obere Grenze ihrer Verbreitung liegt bei etwa 1000 m.
Die montanen Nadelwälder des Nördlichen und Mittleren Ural unterscheiden sich von den planar-
kollinen Ausbildungen durch höhere Abundanz der Sibirischen Arve und Tanne sowie durch höhe-
ren Anteil an Kräutern und farnreichen Ausbildungen.
Im Nördlichen Ural herrscht die Fichte in den Nadelwäldern deutlich vor. Fichtenwälder mit einer
geschlossenen Moosschicht aus Pleurozium schreberi und Hylocomium splendens sind hier weit
verbreitet (D13). Die lockere Baumschicht hat Bonität IV, seltener V. Die Deckung der Strauch-
schicht ist gering, und sie setzt sich aus einzelnen Exemplaren von Sorbus aucuparia subsp. sibirica,
Juniperus communis und Rosa acicularis zusammen. In der Krautschicht dominiert vielfach
Vaccinium myrtillus, daneben sind Deschampsia flexuosa, Lycopodium annotinum, Linnaea
borealis, Empetrum nigrum und Vaccinium vitis-idaea ziemlich regelmäßig vertreten.
Auf reicheren Böden herrscht die Sibirische Tanne (Abies sibirica) in der Baumschicht vor. Für die
Krautschicht sind dann Oxalis acetosella, Gymnocarpium dryopteris, Dryopteris dilatata, Aconitum
lycoctonum subsp. lycoctonum und das sibirische Geranium albiflorum charakteristisch.
Auf flachgründigen Böden an steilen Hängen und in Kammlagen dominiert oft die Sibirische Arve
(Pinus sibirica) in der Baumschicht. Hier treten Flechten (Cladina stellaris, C. arbuscula, Peltigera
aphthosa) verstärkt auf, spielen aber eine geringere Rolle im Verhältnis zu den Moosen. Die
Preiselbeere herrscht dann meist in der Krautschicht vor, und Empetrum nigrum und Vaccinium

183
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas

uliginosum sind regelmäßig vorhanden. In lichten Beständen kommen Arten der Gebirgs-Tundren
(Phyllodoce caerulea, Arctostaphylos alpinus) vor.
Die Fichten-Tannenwälder des Mittleren Ural (D14) treten ebenfalls vorwiegend auf der West-
Abdachung und in Kammlagen auf. Die Baumbestände haben meist Bonität III. In der Krautschicht
dominiert Oxalis acetosella, in der gut entwickelten Moosschicht Pleurozium schreberi und
Hylocomium splendens. Im Unterschied zu den nördlichen Wäldern tritt hier ferner Rhytidiadelphus
triquetrus auf. Die Krautschicht setzt sich aus weit verbreiteten Arten borealer Wälder (Mai-
anthemum bifolium, Trientalis europaea, Goodyera repens, Viola selkirkii) und nemoralen Krautar-
ten (Asarum europaeum, Stellaria holostea, Viola mirabilis, Aegopodium podagraria) zusammen.
Auf feuchten Böden sind Farne (Dryopteris dilatata, Athyrium filix-femina) und sibirische Hoch-
stauden (Aconitum lycoctonum subsp. lycoctonum, Cacalia hastata, Crepis sibirica) stärker ver-
treten. Am östlichen Abhang des Ural verringert sich der Anteil der Sibirischen Tanne in den
Wäldern, und die Sibirische Lärche (Larix sibirica) nimmt zu, die Strauchschicht wird hier arten-
ärmer, und der Anteil an nemoralen Krautarten geht zurück.

D.3 Hemiboreale Fichten- (Picea abies, P. abies x P. obovata, P. obovata) und Tannen-
Fichtenwälder (Picea obovata, P. abies x P. obovata, Abies sibirica) mit Laubbaumarten
(Quercus robur, Tilia cordata, Ulmus glabra, Acer platanoides u. a.)
Die hemiborealen Laub-Nadelmischwälder nehmen eine Übergangsstellung zwischen den südbo-
realen Nadelwäldern und den nemoralen Laubwäldern ein. In diesen Waldgesellschaften sind in der
Baumschicht boreale Nadel- und nemorale Laubbaumarten gemischt, oder es sind Vegetationskom-
plexe, die sich aus borealen Nadelwäldern und nemoralen Laubwäldern zusammensetzen. Im
Hügelland nehmen die Laubwälder gewöhnlich die flachen Rücken und oberen Hänge, die Nadel-
wälder die Unterhänge und Tallagen ein (PORFIR'EV 1950).
Die hemiborealen Laub-Nadelwälder bilden einen durchgehenden, aber unterschiedlich breiten
Gürtel von Südskandinavien über das Ostbaltische und Mittelrussische Tiefland bis zum Mittleren
und Südlichen Ural (s. Karte 7: D8a,b). An der breitesten Stelle in Westrußland erstreckt er sich
über 650 km in Nord-Süd-Richtung.
Das Klima der hemiborealen Zone wird charakterisiert durch relativ milde Winter, die die Existenz
nemoraler Laubbaumarten ermöglichen, und durch das Fehlen einer ausgeprägten Trockenperiode
im Sommer, was wiederum Grundbedingung für gutes Gedeihen der borealen Nadelbaumarten ist.
Hemiboreale Wälder wachsen sowohl auf schwach podsoligen Fahlerden und Braunerden wie auf
Kalkstein-Verwitterungsböden (Humuskarbonatböden bzw. Rendzinen).
Gekennzeichnet sind die hemiborealen Laub-Nadelwälder durch eine unterschiedlich starke Be-
teiligung von nemoralen Baum-, Strauch- und Krautarten in Kombination mit borealen Baum-,
Strauch-, Zwergstrauch- und Krautarten in den verschiedenen Schichten. Nadelbäume herrschen
jedoch im allgemeinen in der oberen Baumschicht vor, weshalb diese Wälder in der Europakarte der
Nadelwaldformation D zugeordnet wurden.
Im Hinblick auf die Zugehörigkeit zu Florenzonen werden die hemiborealen Laub-Nadelwälder
jedoch nicht zuletzt aufgrund ihrer floristischen Zusammensetzung und der starken Beteiligung
nemoraler Elemente zur temperaten Zone gerechnet (vgl. Karte 3).
Die hemiborealen Laub-Nadelwälder gliedern sich wie die borealen Nadelwälder in Höhenstufen,

184
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D

wobei die planar-kollinen Ausbildungen entsprechend der allgemeinen Geländesituation bei weitem
überwiegen.
Montane Ausbildungen kommen nur im Mittleren und Südlichen Ural vor. Wie bei den borealen
Nadelwäldern werden auch in dieser Gruppe westliche Ausbildungen mit dominierender Picea abies
(D15-D19) und östliche, voruralisch-uralische Ausbildungen mit vorherrschend sibirischen Nadel-
baumarten (Picea obovata, Abies sibirica) sowie Beteiligung anderer uralisch-sibirischer Floren-
elemente (D20-D23) unterschieden.
Die Charakteristika und Besonderheiten bzw. Unterschiede der einzelnen Gruppen und Kartierungs-
einheiten werden nachfolgend kurz erläutert:

D.3.1 Planar-kolline, z. T. submontane Ausbildungen


Drei Einheiten (D15-D17) sind im Südteil Fennoskandiens mit Schwerpunkt in Südschweden
verbreitet, zwei Einheiten (D18, D19) vom Baltikum bis etwa zur Wolga bei N. Novgorod und
westlich Kazan und die restlichen zwei (D20, D21) von der Wolga und Vetluga bis zum Ural. Sie
weisen einerseits ein floristisch-strukturelles Nord-Süd-Gefälle, andererseits eine ausgeprägte West-
Ost-Differenzierung auf.
Die südskandinavischen hemiborealen Wälder (D15-D17) stellen in erster Linie Vegetationskom-
plexe verschiedener Waldtypen in Abhängigkeit von den unterschiedlichen Standortgegebenheiten
dar. Sie umfassen mit wechselnden Anteilen reine Nadelwälder (vorwiegend aus Fichte, auf felsigen
Standorten auch Kiefer), reine Laubwälder (meist bodensauer mit dominierender Eiche), Laub-
Nadelmischwälder mit unterständigen nemoralen Laubbäumen und Sträuchern (meist Quercus
robur, Corylus avellana) sowie mehr oder weniger offene Hochmoore und Moorwälder. Auf
geeigneten Standorten sind kleinflächig auch Edellaubmischwälder eingestreut. Leitgesellschaften
dieser drei Einheiten sind – je nach Bodentrophie – moos- und zwergstrauchreiche bzw. krautreiche
Fichtenwälder mit eingestreuten, vorwiegend unterständigen sommergrünen Laubbäumen (Quercus
robur, Tilia cordata, Fraxinus excelsior, Acer platanoides, Ulmus glabra). Die hauptsächlich in
Südschweden verbreitete Einheit D16 repräsentiert hierbei den Vegetationskomplex mit den an-
spruchsvollsten und krautreichsten Laubbaum-Fichtenwäldern, während D17 die nährstoff- und
artenärmste Ausbildung darstellt. D15 nimmt eine Zwischenstellung ein mit stärkerer Beteiligung
azidophiler Eichenwälder.
Neben dem normalen Artenbestand südborealer Nadelwälder (z. B. Vaccinium myrtillus, Trientalis
europaea, Linnaea borealis, Maianthemum bifolium, Melampyrum pratense, M. sylvaticum, Oxalis
acetosella, Geranium sylvaticum, Convallaria majalis) spielen anspruchsvollere Laubmischwald-
arten mit temperater Hauptverbreitung in den krautreichen Fichtenwäldern (Melico-Piceetum) eine
bedeutende und kennzeichnende Rolle. Außer den weit nach Norden verbreiteten Arten Melica
nutans, Milium effusum, Paris quadrifolia und Actaea spicata sind dies vor allem Anemone nemoro-
sa, Hepatica nobilis, Lathyrus vernus, Carex digitata, Dryopteris filix-mas, Galium odoratum,
Polygonatum multiflorum, Ranunculus ficaria, Scrophularia nodosa und Viola riviniana. Die meist
schwach entwickelte Strauchschicht enthält ebenfalls zahlreiche nemorale Arten wie Corylus
avellana, Daphne mezereum, Lonicera xylosteum, Sambucus racemosa und Viburnum opulus, auf
feuchten Standorten auch Prunus padus.
In Norwegen besiedeln diese Wälder (D15) einen schmalen Streifen entlang der Südküste sowie

185
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas

kleine Flächen an den Fjorden der Westküste. In Südschweden liegt ihre Nordgrenze (D16) etwas
nördlich von Stockholm, übereinstimmend mit der Nordgrenze von Eiche und Esche. Im südwestli-
chen Finnland nehmen sie einen schmalen Streifen längs der Südküste und die vorgelagerten Inseln
einschließlich Åland ein (D16).
In dieser Zone sind regelmäßig Edellaubbäume in den krautreichen Fichtenwäldern (Melico-
Piceetum) beigemischt, die vor allem auf basenreichen Standorten an südexponierten Hängen (extra-
zonale Standorte) wachsen. Die reinen Laubmischwälder haben eine breite Standortamplitude von
Eichentrockenwäldern über frische Edellaubholzwälder bis zu feuchten Erlen-Eschenwäldern. Die
Hauptbaumarten dieser Wälder sind Stieleiche (Quercus robur), Winterlinde (Tilia cordata), Spitz-
ahorn (Acer platanoides), Esche (Fraxinus excelsior), Bergulme (Ulmus glabra), Espe (Populus
tremula) sowie Grau- und Schwarzerle (Alnus incana, A. glutinosa).
Im Westen und Norden Estlands kommen als Sonderform Alvar-Fichtenmischwälder vor (D18).
Alvare sind waldfreie Kalksteinplateaus, die großenteils nur von einer dünnen Boden- oder Humus-
schicht bedeckt sind und bei denen vielerorts der bloße Fels zutage tritt. Extrem flachgründige
Böden, geringe Niederschläge und eine ausgeprägte Trockenperiode im Sommer sind limitierende
Faktoren für den Wald. Bei den Böden unter Wald handelt es sich um Rendzinen und Braunerden
mit hohem Humusgehalt und neutraler bis mäßig saurer Bodenreaktion.
In den nördlichen, hemiborealen Alvarwäldern herrschen Nadelbaumarten vor, meistens Fichte und
Kiefer; Eiche und Esche sind stellenweise beigemischt. Die Baumschicht ist aufgelichtet, die
Baumhöhe beträgt 15-20 m, und die Bonität liegt niedrig (IV oder V). In der Strauchschicht domi-
nieren Juniperus communis oder Corylus avellana; Ribes alpinum, Lonicera xylosteum, Cotoneaster
integerrimus, Sorbus aucuparia, Daphne mezereum und Rhamnus cathartica sind außerdem
ziemlich regelmäßig vertreten.
Die Krautschicht ist durch xerophytische Heidewaldarten (Arctostaphylos uva-ursi, Antennaria
dioica, Sedum acre, Thymus serpyllum) und eine Reihe von Trockenrasen- bzw. Wiesensteppen-
pflanzen (Filipendula vulgaris, Asperula tinctoria, Brachypodium pinnatum, Sesleria caerulea,
Carex flacca) gekennzeichnet. Waldarten (Hepatica nobilis, Anemone nemorosa, Mercurialis
perennis, Convallaria majalis, Calamagrostis arundinacea, Rubus saxatilis) sind dagegen selten.
Die heutigen Alvarwälder sind durch Holznutzung, Brände und Beweidung stark beeinträchtigt, so
daß es schwierig ist, ihre ursprüngliche Gestalt festzustellen. Der natürliche Vegetationskomplex
enthält auf extremeren Fels- und Karststandorten mit Sicherheit auch natürliche Trockenrasen,
thermophile Saumgesellschaften und xerophytische Gebüsche.
Die baltisch-nordwestsarmatischen Laub-Fichtenmischwälder (D19) erstrecken sich als breites Band
von der Ostsee bis zur Mittleren Wolga. In den Baltischen Staaten und in Westrußland hat es seine
größte Nord-Süd-Ausdehnung. Die Fichte beherrscht hier in der Regel die geschlossene Baum-
schicht; Stieleiche, Winterlinde, Spitzahorn und Esche sind regelmäßig in der zweiten Baumschicht
oder im Unterwuchs vertreten. Eine Strauchschicht ist bei aufgelichtetem Baumbestand gut ent-
wickelt. Sie enthält häufig Corylus avellana, im Westen zusätzlich Euonymus europaea, Ribes
alpinum und Cornus sanguinea, im Osten vor allem Euonymus verrucosa und Malus sylvestris. In
der Baum- und Strauchschicht können alle oben erwähnten Arten in unterschiedlicher Kombination
und Menge vorkommen.

186
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D

In der meist gut entwickelten Krautschicht bestimmen entweder „boreale“ Arten (Vaccinium
myrtillus, Oxalis acetosella, Maianthemum bifolium, Trientalis europaea) oder nemorale Stauden
(Aegopodium podagraria, Lamium galeobdolon, Pulmonaria obscura, Carex pilosa, Asarum
europaeum, Hepatica nobilis, Galium odoratum, Lathyrus vernus, Mercurialis perennis, Stellaria
holostea, Ranunculus cassubicus, R. ficaria, Dryopteris filix-mas) den Aspekt.
Einige europäische Laubwaldarten (z. B. Circaea lutetiana, Allium ursinum) kommen nur in den
westlichen Ausbildungen vor. In den Nadel-Laubwäldern entlang der Ostsee sind überdies stärker
ozeanisch verbreitete Arten wie Hedera helix, Taxus baccata und Polystichum aculeatum vertreten.
Feuchte Ausbildungen enthalten Athyrium filix-femina, Equisetum sylvaticum und Urtica dioica.
Die Moosschicht ist gewöhnlich schwach entwickelt, bei einer Deckung von 10-20 %, selten bis
50 %. Häufige Moosarten sind: Pleurozium schreberi, Hylocomium splendens, Dicranum scopari-
um, D. polysetum, Rhytidiadelphus triquetrus, Brachythecium starkei, Plagiomnium affine, Rhizo-
mnium punctatum, Climacium dendroides.
Fichtenwälder mit Edellaubbäumen im Unterwuchs (Piceeta composita Sukatchev 1931) kommen
in der südborealen Zone vor allem auf steilen Hängen von Flußtälern und von Hügeln in ver-
schiedenen Expositionen vor, was auf bessere Dränage und nährstoffreichere Böden an diesen
Standorten zurückzuführen ist. In der hemiborealen Zone sind diese Wälder dagegen auch in ebenen
Lagen verbreitet. Die Edellaubbäume befinden sich hier an ihrer nördlichen Verbreitungsgrenze; sie
werden durch starke Winterfröste geschädigt und erreichen nur schwer die obere Baumschicht.
Im Norden der hemiborealen Zone hat die Abholzung der Laub-Nadelwälder einen Umbau in
Fichtenwälder zur Folge, im Süden dagegen kommen dann in der Baumschicht die Laubbäume
(Eiche, Linde) zur Vorherrschaft, da sich die Fichte hier schlecht verjüngt. Der Anteil der Linde
nimmt dabei nach Osten zu. Die hemiborealen Laub-Fichtenwälder besiedelten die fruchtbarsten
Böden und wurden deshalb größtenteils in landwirtschaftliche Nutzflächen umgewandelt.
Die voruralischen Edellaubholz-Tannen-Fichtenwälder (D20, D21) sind großflächig zwischen
Wolga, Kama und dem Mittleren Ural verbreitet. Sie sind an schwach podsolige Fahlerden (Podzo-
luvisols) gebunden.
Zusammensetzung und Struktur dieser Wälder unterscheiden sich deutlich von den westlichen Laub-
Nadel-Wäldern. Im Osten fällt beispielsweise Fraxinus excelsior aus, und die Eiche spielt eine
geringere Rolle. Picea obovata und Abies sibirica herrschen nahezu überall in der oberen Baum-
schicht. Die Edellaubbaumarten kommen fast nur in der zweiten Baumschicht und im Unterwuchs
vor. Zum Ural hin erhöht sich die Abundanz der Tanne, die Eiche fällt nahezu vollständig aus, und
der Spitzahorn wird seltener. Die Edellaubbaumarten haben zwar meist nur geringen Anteil an der
Baumschicht, sie bilden aber oft einen geschlossenen Unterwuchs. Tilia cordata spielt dabei die
Hauptrolle. Die Hasel (Corylus avellana) kann im südlichen Teil des Areals dieser Wälder ebenfalls
hohe Deckung erreichen. Die Winterlinde vermag sich nach Holzeinschlag üppig zu entfalten und
bildet dann oft sekundäre Lindenwälder.
In der Krautschicht ist Oxalis acetosella stark vertreten, während die borealen Zwergsträucher
nahezu vollständig fehlen. Nemorale Krautarten sind stark beteiligt und sehr charakteristisch:
Milium effusum, Paris quadrifolia, Lathyrus vernus, Asarum europaeum, Galium odoratum,
Aegopodium podagraria, Dryopteris filix-mas u. a. Nach Osten fallen jedoch einige europäische
nemorale Krautarten aus (z. B. Carex pilosa, Mercurialis perennis). Farne (Dryopteris austriaca,

187
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas

D. carthusiana, D. filix-mas, Athyrium filix-femina, Diplazium sibiricum) spielen in den vorura-


lischen hemiborealen Tannen-Fichtenwäldern ebenfalls eine wichtige Rolle. Positiv sind diese
Wälder durch das Auftreten uralisch-sibirischer Hochstauden (u. a. Cacalia hastata, Bupleurum
longifolium subsp. aureum) und Geophyten (Anemone altaica) gekennzeichnet.
Die beiden Einheiten D20 und D21 folgen in Nord-Süd-Richtung aufeinander und unterscheiden
sich demzufolge vor allem durch einen höheren Anteil nemoraler Baum-, Strauch- und Krautarten
in D21.

D.3.2 Montane Ausbildungen


Die hemiborealen Laub-Nadelwälder des Mittleren und Südlichen Ural (D22, D23) schließen im
Osten direkt an die voruralischen hemiborealen Wälder an. Sie bedecken die Westabdachung des
Ural in Höhenlagen zwischen 350 und 800 (1000) m. In ihnen herrscht Abies sibirica in der Baum-
schicht, und die Laubbaumarten kommen nur im Unterstand, z. T. nur in der Strauchschicht vor. In
der Krautschicht spielen nemorale Laubwaldpflanzen eine bedeutende Rolle, namentlich Galium
odoratum, Pulmonaria obscura, Asarum europaeum, Lathyrus vernus, Aegopodium podagraria und
Stellaria holostea. Farne wie Dryopteris dilatata, D. filix-mas, Phegopteris connectilis, Gymnocar-
pium dryopteris, Athyrium filix-femina und Diplazium sibiricum gedeihen üppig in alten geschlosse-
nen Wäldern. Charakteristisch für den Ural sind ferner Ausbildungen mit uralisch-sibirischen
Hochstauden (Aconitum lycoctonum subsp. lycoctonum, Senecio nemorensis agg., Cacalia hastata,
Crepis sibirica, Cicerbita uralensis). In der Moosschicht dieser Wälder sind Rhytidiadelphus
triquetrus, Rhodobryum roseum und Mnium spinosum vertreten.
Die Einheit D22 nimmt dabei die höheren Lagen im Mittel- und Südural ein. Nemorale Baumarten,
vorwiegend Tilia cordata, kommen wegen der Klimaungunst nur in der Strauchschicht vor.
Die Einheit D23 ist dagegen mehr im westlichen Vorland des Süd-Ural verbreitet und enthält
mehrere Edellaubbaumarten in der zweiten Baumschicht. Außerdem scheinen hier uralische und
europäisch-sibirische Strauch- und Krautarten stärker vertreten zu sein.

D.4 Montane bis hochmontane, z. T. submontane Tannen- (Abies alba, A. nordmanniana)


und Fichtenwälder (Picea abies, P. omorika, P. orientalis) in der nemoralen Zone
Geographische Verbreitung
In der nemoralen Zone Europas, in der von Natur aus sommergrüne Laubwälder vorherrschen, sind
reine Nadelwälder aus Tannen und Fichten vorwiegend in den Montan- und Hochmontanstufen der
Mittel- und Hochgebirge anzutreffen. Der Nadelwaldanteil in den Gebirgen nimmt dabei mit steigen-
der Kontinentalität des Klimas – also nach Osten und zum Gebirgsinneren hin – sowie auf basen-
ärmeren Böden zu. Natürliche Tannen- und Fichtenwälder kommen in Europa in folgenden tempera-
ten bis submeridionalen Gebirgen (von West nach Ost) vor und sind in der Vegetationskarte zumeist
als eigene Einheiten ausgewiesen: Pyrenäen (nur Abies alba), Alpen, Französischer und Schweizer
Jura, Schwarzwald, Herzynische Mittelgebirge (Harz, Thüringer Wald, Erzgebirge, Böhmerwald,
Sudeten), Polnisches Mittelgebirge, Karpaten, Dinarisches Gebirge, Zentralbalkanische Gebirge,
Rhodopen, Balkan, Großer und Kleiner Kaukasus (vgl. D9 in Karte 7). (Der Südural gehört zwar zur
temperaten Zone, wurde aber wegen seiner floristischen Eigenständigkeit und engen Verbindung zur
ostborealen Vegetation den hemiborealen Laub- und Nadelmischwäldern zugeordnet.)

188
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D

Fichten-Tannen-, Tannen-Fichten- oder reine Fichtenwälder bilden in den höheren Mittelgebirgen


vielfach den obersten Waldgürtel, wobei die Bedeutung der Fichte (Picea abies) nach Osten hin
zunimmt. Im subozeanischen Bereich (Pyrenäen, Schweizer Jura, Schwarzwald, Westalpen) und im
Südteil des Areals dominiert dagegen die Weißtanne (Abies alba). In den Hochgebirgen (Alpen,
Hohe Tatra, Balkanische Gebirge, Kaukasus) schieben sie sich in der Regel zwischen die montanen
Buchen- und Buchenmischwälder und die subalpinen Nadelwälder oder Krummholzgebüsche.
Die Höhenverbreitung liegt vorwiegend oberhalb 1000 m bis maximal 2100 m ü. NN, reicht
gelegentlich aber auch tiefer (ca. 700 m, vereinzelt auch darunter).

Klima, Standortbedingungen
Die Höhenstufe der Gebirgsnadelwälder ist durch kühles, niederschlagsreiches Klima – je nach
Gebiet zwischen 700 und 2000 bis maximal 3200 mm Niederschlag – mit verhältnismäßig langen,
schneereichen Wintern gekennzeichnet. Die Jahresmitteltemperaturen haben eine breite Amplitude
und liegen je nach Gebiet und Höhenlage zwischen 1 und 12 °C, meist jedoch unter 5 °C. Die
mittleren Januartemperaturen liegen überwiegend zwischen -1 und -7 °C, in den Hochgebirgen
teilweise noch darunter (in den Zentralalpen bis -12 °C). Im wärmsten Monat (Juli) betragen die
Temperaturmittel 12-19 °C, örtlich gehen sie bis 22 °C.
Die Böden sind vorwiegend aus Silikatgesteinen hervorgegangen, in etlichen Gebieten jedoch auch
aus Karbonatgesteinen, so daß Basengehalt und pH-Wert ein breites Spektrum aufweisen. Die
Bodentrophie liegt überwiegend im Bereich oligo- bis mesotroph. Die Humusform ist in den
meisten Fällen – infolge des kühlen, niederschlagsreichen Klimas und der schwer zersetzlichen
Nadelstreu – Moder bis Rohhumus, auch über Kalkstein. Bei den Bodentypen handelt es sich je
nach Ausgangsgestein um Podsole, Gley-Podsole, podsolige bis basenreiche Braunerden, Para-
braunerden, Ranker und (Tangel-)Rendzinen.

Bestandesstruktur, floristische Zusammensetzung


Bestandsbildende Nadelbaumarten sind im westlichen und mittleren Teil Europas Weißtanne (Abies
alba) und Fichte (Picea abies), denen in den unteren Lagen Laubbäume (Fagus sylvatica, Acer
pseudoplatanus) und in den höheren Lagen gebietsweise Lärche (Larix decidua) oder/und Zirbe
(Pinus cembra) beigemischt sein können. Weißtanne und Fichte bilden je nach Gebiet und Standort
entweder Reinbestände oder Mischbestände mit unterschiedlichem Mischungsanteil. In den Balkan-
gebirgen treten örtlich als waldbildende Koniferen ferner die Serbische Fichte (Picea omorika) und
– an der Südgrenze mesophiler Nadelwälder – die König-Boris-Tanne (Abies borisii-regis) auf. Im
Kaukasus sind Weißtanne und Fichte durch vikariierende Koniferen, nämlich die Nordmanns-Tanne
(Abies nordmanniana) und die Orient-Fichte (Picea orientalis) vertreten, deren Areal sich noch
weiter nach Westen in die anatolischen Gebirge südlich des Schwarzen Meeres erstreckt.
Bis auf die Fichte (Picea abies) kommen alle anderen Nadelbaumarten nicht in den borealen Nadelwäldern Europas vor.
Vikariierende boreale Baumarten zur Fichte, Tanne, Lärche und Zirbe treten erst im Nordosten und Osten Europas mit Picea
obovata, Abies sibirica, Larix sibirica und Pinus sibirica auf.

Neben zahlreichen mit den borealen Nadelwäldern gemeinsamen Arten in der Strauch-, Zwerg-
strauch-, Kraut- und Moosschicht beherbergen die nemoralen Gebirgsnadelwälder eine ganze Reihe
eigener temperater und submeridionaler Gebirgspflanzen, die in den borealen Gebieten und im
osteuropäischen Tiefland fehlen. Dazu gehören unter den Bäumen und Sträuchern:

189
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas

Fagus sylvatica s. l., Acer pseudoplatanus, A. heldreichii, A. trautvetteri (K), Lonicera nigra,
L. caerulea, Rosa pendulina; unter den Kräutern: Adenostyles alliariae, A. glabra, Aruncus dioicus
(+K), Astrantia major, A. maxima (K), Calamagrostis villosa, Galium rotundifolium (+K), Gentiana
asclepiadea (+K), Homogyne alpina, Luzula luzulina, L. luzuloides, L. nivea, L. sylvatica, Petasites
albus (+K), Prenanthes purpurea (+K), Saxifraga rotundifolia (+K), Soldanella alpina, S. hungari-
ca, Veronica urticifolia (K = nur Kaukasus, +K = einschließlich Kaukasus).

Gliederung in Kartierungseinheiten
Die Hauptuntergliederung erfolgte nach den dominierenden Baumarten in Untergruppen: D.4.1 mit
vorherrschender Tanne (Abies alba, A. borisii-regis, A. nordmanniana) (D24-D33) und D.4.2 mit
bestandsbildender Fichte (Picea abies, P. omorika, P. orientalis) (D34-D41). Die einzelnen Kartie-
rungseinheiten sind dann nochmals geographisch und standörtlich aufgrund spezifischer Arten-
kombinationen differenziert.

D.4.1 Montane, z. T. submontane oder hochmontane Tannen- und Tannenmischwälder


(Abies alba, A. borisii-regis, A. nordmanniana, Picea abies, P. orientalis)
Das Areal der Weißtanne (Abies alba) ist auf Mitteleuropa und die südlich angrenzenden Gebiete
(Pyrenäen, Zentralmassiv, Apennin, Balkanhalbinsel, Karpaten) beschränkt. Im Unterschied zu
anderen Nadelbäumen ist die Tanne eng mit dem Verbreitungsgebiet der Buche im Bergland
verbunden und bildet dort mit ihr Mischbestände. In der Höhenstufung der Wälder vermittelt die
Tanne oft zwischen Buchen- und Fichtenwäldern. Auch im Hinblick auf den Kontinentalitätsgrad
des Klimas nimmt die Tanne eine Mittelstellung zwischen Buche und Fichte ein. Reine Tannenwäl-
der sind deshalb relativ selten anzutreffen, namentlich in klimatisch kontinentaleren Gebieten wie
den Innenalpen.
Laubholzfreie bodensaure Tannenwälder sind recht arm an Frühlingsblühern und anderen Buchen-
waldpflanzen, dagegen reich an azidophilen Zwergsträuchern und Moosen. Das Artengefüge
bodensaurer Tannenwälder ist dem der entsprechenden Fichtenwälder oft sehr ähnlich. Krautreiche
Ausbildungen auf basenreichen Böden weisen dagegen zusätzlich viele Fagetalia-Arten auf.
Die azidophilen Fichten-Tannenwälder unterscheiden sich wegen ihrer relativen Artenarmut in
den einzelnen Teilgebieten der nemoralen Zone nur wenig. Tanne und Fichte dominieren mit
wechselnden Anteilen, wobei Picea mit ansteigender Meereshöhe in der Regel zunimmt. Pinus
sylvestris, Fagus sylvatica, in tieferen Lagen teilweise Quercus robur, und die Pionierarten Sorbus
aucuparia, Populus tremula und Betula pendula spielen eine untergeordnete Rolle, sofern sie nicht
durch forstliche Eingriffe gefördert wurden. In der Strauchschicht, soweit überhaupt vorhanden,
überwiegt der Jungwuchs der Baumarten, dazu kommen gelegentlich Sambucus racemosa, Rubus
idaeus, R. fruticosus agg. und Lonicera nigra. Vaccinium myrtillus, V. vitis-idaea, Deschampsia
flexuosa, Luzula luzuloides, L. sylvatica, Maianthemum bifolium, Oxalis acetosella, Hieracium
murorum und verschiedene azidophile Moose (Polytrichum formosum, Dicranum scoparium,
Pleurozium schreberi, Bazzania trilobata u. a.) sind die charakteristischen Elemente des Unter-
wuchses. Die Artengarnitur hat hauptsächlich „borealen“ Charakter, aber einige Arten (Galium
saxatile, Luzula luzuloides, L. luzulina, Homogyne alpina, Calamagrostis villosa) mit unterschiedli-
cher Verbreitung differenzieren die nemoralen Gebirgsnadelwälder gegen die borealen Wälder
Skandinaviens und Nordosteuropas.

190
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D

Die Waldbestände stocken auf verschiedensten basenarmen Grundgesteinen von Granit über meta-
morphe Schiefer bis zu Sandstein und Konglomeraten. Sie besiedeln je nach Gebiet die montane bis
hochmontane, nur selten die submontane bis kolline Höhenstufe.
Der mitteleuropäische azidophile Fichten-Tannenwald (D24) differenziert sich im Schwarzwald, wo
er die größte Flächenausdehnung hat, durch einige atlantisch-subatlantische Arten: Galium saxatile,
Ilex aquifolium, Digitalis purpurea, die in den östlichen herzynischen Mittelgebirgen – bis auf
Galium saxatile – fehlen; dafür tritt dort die montane Calamagrostis villosa hinzu. In Tschechien,
Polen, Slowenien und Bosnien-Herzegowina kommt die Einheit nur kleinflächig vor und ist in der
Karte meist nicht dargestellt; lediglich in Tschechien und Kroatien sind kleine Vorkommen kartiert.
Die illyrische Rasse zeichnet sich besonders durch Hieracium rotundatum aus. In Polen werden eine
sudetische (mit Galium saxatile) und eine karpatische Rasse (mit Luzula luzulina, Soldanella
hungarica, S. carpatica) unterschieden.
Eine ähnliche, aber besser nährstoffversorgte und artenreichere Gesellschaft wird für kolline bis sub-
montane Lagen des südpolnischen Hügellandes und Mittelgebirges (Lysa Gora bis 600 m ü. NN) an-
gegeben (D25). Als regionale Differentialarten werden Rubus hirtus, R. pedemontanus und Cruciata
glabra genannt; ferner sind Querco-Fagetea-Arten wie Carex digitata, Dryopteris filix-mas,
Lamium galeobdolon und Viola reichenbachiana stärker beteiligt. Die submontane Ausbildung
enthält überdies Luzula luzuloides und Gentiana asclepiadea.
Wesentlich vielfältiger gegliedert sind die artenreicheren Tannenmischwälder auf mesotrophen
Böden. Die südostmitteleuropäische Ausbildung der tieferen bis mittleren Lagen (D26) kommt in
einem Streifen am Nordrand der Alpen und zerstreut im Südosten der Alpen (Slowenien, Kroatien)
sowie in Tschechien vor. Sie besiedelt überwiegend schwerere, z. T. wechselfeuchte Böden über
Flysch, Molasse, Tonschiefern und Sandsteinen. Diese Böden sagen der wurzelaktiven Tanne beson-
ders zu, die daher in naturnahen Beständen oft vorherrscht mit unterschiedlichen Mischungsanteilen
von Fichte und Buche, wobei die Buche aber nicht ihre maximale Konkurrenzkraft entfalten kann.
Untergeordnet können auch Acer pseudoplatanus, Fraxinus excelsior und Ulmus glabra beteiligt
sein. In der Strauchschicht ist vor allem Lonicera nigra neben Rubus-Arten charakteristisch. In der
Krautschicht finden sich Säurezeiger, besonders bezeichnend die anspruchsvolleren Galium rotundi-
folium und Oxalis acetosella, neben weit verbreiteten Buchenwaldarten (z. B. Prenanthes purpurea,
Sanicula europaea), verschiedenen Farnen und Feuchte- bis Nässezeigern wie Equisetum syl-
vaticum, Crepis paludosa und Chaerophyllum hirsutum.
Die entsprechende, vorwiegend hochmontan verbreitete Kartierungseinheit D28 kommt flächig am
Nordrand der Alpen von Bayern bis in die Schweiz vor, ist aber von der vorigen nicht immer
eindeutig zu trennen. Auf Silikatbergen des Alpenostrandes bildet sie eine schmale Höhenstufe in
etwa 1200 bis 1400 m ü. NN zwischen dem Fichten-Tannen-Buchenwald und dem darüberliegenden
subalpinen Fichtenwald. Charakteristisch ist wiederum ein Miteinander von Elementen der Fageta-
lia und der Piceetalia, wobei letztere höhenstufenbedingt etwas stärker hervortreten. Homogyne
alpina, Huperzia selago, Luzula sylvatica u. a. differenzieren gegenüber den tieferen Lagen. Die
Einheit enthält auch hochstaudenreiche und feuchte Ausbildungen u. a. mit Adenostyles alliariae,
Equisetum sylvaticum, Stellaria nemorum. Geographische Ausbildungen werden u. a. durch Solda-
nella hungarica subsp. major am Ostrand der Zentralalpen und Veronica urticifolia im Westen der
Ostalpen gekennzeichnet.

191
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas

Die Tanne hat in den Westalpen eine weitere ökologische Amplitude, da sie sich bei ihrer post-
glazialen Einwanderung dort schon vor der Fichte etablierte und daher nicht wie in den Ostalpen in
Fichtenwälder einwandern mußte, wodurch sie einseitig auf Schattenfestigkeit selektioniert wurde
(MAYER et al. 1977). In den südlichen Westalpen, wo die Fichte selten ist oder ganz fehlt, ist in den
Außenketten (Chartreuse, Vercors) eine eigene hochmontane Tannenstufe oberhalb der Buchenstufe
entwickelt, auf die ein schmaler Streifen aus „subalpinem“ Fichtenwald oder Pinus uncinata folgt
(Mt. Ventoux). Stellenweise – auch im Tessin und in den Ligurischen Alpen – bildet dort ein
hochmontaner („subalpiner“) Rhododendron-Tannenwald (mit Rhododendron ferrugineum) sogar
die obere Waldgrenze.
MAYER (1984) unterschied bei den montanen und hochmontanen Fichten-Tannenwäldern der Alpen
drei Gesellschaftsgruppen: Bodensaure Silikatgesellschaften mit Luzula luzuloides, intermediäre mit
Oxalis acetosella bzw. Galium rotundifolium und Karbonatgesellschaften mit Adenostyles glabra,
Valeriana tripteris, Mercurialis perennis, Carex alba, C. digitata und Cirsium erisithales.
Die zwischenalpinen Fichten-Tannenwälder (D29), die besonders im Osten und Süden die eigentli-
chen Zentralalpen in einem fast zusammenhängenden Gürtel umfassen, sind durch gemäßigt
kontinentales Klima bedingt. Ihr natürlicher Waldaufbau ist wegen der weitgehenden Zurückdrän-
gung der Tanne durch den Menschen jedoch kaum mehr erkennbar. Heute herrschen hier Fichten-
und Fichten-Lärchenforste bei weitem vor.
Auch in dieser Einheit sind nach Trophie und Feuchte differenziert recht unterschiedliche Waldge-
sellschaften enthalten: Luzulo-Abietetum, Galio- bzw. Asperulo-Abietetum und auch seltenere
karbonatische Ausbildungen wie das Adenostylo glabrae-Abietetum und das Carici albae-Abietetum
sind hier zusammengefaßt. In den Westalpen nimmt allgemein die Bedeutung der Tanne gegenüber
der Fichte zu. Die südalpische Ausbildung ist durch Luzula nivea, Calamintha grandiflora, Labur-
num alpinum und Melampyrum italicum charakterisiert.
In den montanen Tannenmischwäldern der Westkarpaten (D27) dominiert die Tanne unangefochten
und verjüngt sich auch gut, und die Fichte ist hier nicht überall beteiligt. In Polen ist jedoch die
Ursprünglichkeit dieser Gesellschaft umstritten. Möglicherweise handelt es sich zum größten Teil
um forstlich bedingte Ersatzgesellschaften, die durch andauernde Begünstigung der Tanne aus
Tannen-Buchenwäldern entstanden sind. Sie besiedeln eine breite Spanne von sauren bis zu kalkrei-
chen Böden, dementsprechend finden sich dort auch Vaccinium myrtillus und andere Azidophyten
neben anspruchsvolleren Querco-Fagetea-Arten. Geographische Differentialart für diese Einheit ist
Cardamine glanduligera (= Dentaria glandulosa).
Die hochmontanen Tannenwälder der inneren Täler der Pyrenäen (D30) unterscheiden sich von den
bisher beschriebenen vor allem durch das Fehlen der Fichte; lediglich Fagus sylvatica und Sorbus
aucuparia kommen als Begleitbaumarten vor. Geographische Trennarten sind Saxifraga umbrosa
sowie Ilex aquifolium und Teucrium scorodonia als atlantische Florenelemente. Goodyera repens
wird als namengebend für die Assoziation (Goodyero repentis-Abietetum albae) hervorgehoben. Die
Gesellschaft kommt vorwiegend auf podsoligen Braunerden über Graniten in Nordexposition vor.
In Südalbanien werden die Tannenwälder auf Kalkgestein in 1200-1600 m Höhe fast ausschließlich
von Abies borisii-regis (einer Zwischenform zwischen Abies alba und A. cephalonica) gebildet
(D31). Nur an einigen Stellen sind Fagus sylvatica (im Nordosten), Pinus nigra oder Fraxinus ornus
(im Süden) beigemengt. Mit Abies borisii-regis, dem albanisch endemischen Hypericum haplophyl-

192
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D

loides, der basiphilen Strauch- und Krautschicht (Sorbus graeca, Daphne mezereum, Sesleria
coerulans, Brachypodium pinnatum, Galium lucidum agg.) und xerothermen Eichenwäldern als
Kontaktgesellschaften unterscheidet sich diese Einheit deutlich von den mitteleuropäischen.
Besonders stark weicht die Artengarnitur der kaukasischen Tannenwälder von den mitteleuropäi-
schen ab. Hier werden zwei vorwiegend hochmontane Einheiten unterschieden: Westkaukasische
Tannen-, Fichten-Tannen- und Buchen-Tannenwälder mit immergrünem Unterwuchs (Rhododen-
dron ponticum, Prunus laurocerasus, Ilex colchica) (D32) und eine weiter östlich verbreitete Einheit
ohne immergrünen Unterwuchs (D33). In beiden Fällen besteht die Baumschicht aus Abies
nordmanniana, Picea orientalis und Fagus sylvatica subsp. orientalis, und diese Nadelmischwälder
wechseln häufig mit Orientbuchenwäldern ab. Buchen-Tannen-, Fichten-Tannen- und reine Tannen-
wälder herrschen vor, reine Fichten- und Buchen-Fichtenwälder sind dagegen selten.
Die wenigen noch erhaltenen natürlichen Bestände sind ungleichaltrig und zeigen außerordentliche
Wuchsleistungen. Die obere Baumschicht ist vielfach 45-50 m hoch. Fichte und Tanne erreichen ein
maximales Alter von 450-500 Jahren und Höhen bis 67 m, die Buche 50-52 m, bei Stammdurch-
messern bis 2 m.
Die Tannenmischwälder mit immergrünem Unterwuchs (D32) sind nur im niederschlagsreichen
westlichen Kaukasus in Höhen zwischen 950-2100 m verbreitet, wo die mittleren Jahresnieder-
schläge 1300 mm übersteigen. Typisch für diese Wälder sind immergrüne hemiprostrate Sträucher
(Rhododendron ponticum, R. ungernii, Prunus laurocerasus, Ilex colchica). An sommergrünen
Sträuchern sind Rhododendron luteum, Vaccinium arctostaphylos und Viburnum orientale vertreten,
jedoch weniger häufig als in Buchenwäldern. Rubus-Arten (R. caucasicus, R. platyphyllos u. a.)
bilden stellenweise dichte Bestände.
Unter der immergrünen Strauchschicht ist die Krautschicht lückig und artenarm. Nadelwaldarten
sind hier nur wenig vertreten und es herrschen europäisch-kaukasische Arten vor. Typisch sind
Festuca drymeja (stellenweise dominierend), Galium odoratum, G. rotundifolium, Sanicula euro-
paea, Circaea lutetiana. Spezifisch kaukasische Pflanzen sind: Vicia crocea, Pachyphragma
macrophyllum, Trachystemon orientalis, Paris incompleta, Paeonia wittmanniana.
Die kaukasischen Tannenmischwälder ohne immergrünen Unterwuchs (D33) lösen den vorher-
gehenden Waldtyp in weniger humiden Gebieten ab, denn nach Osten gehen die Jahresniederschläge
zurück und die Kontinentalität nimmt zu (DOLUCHANOV 1989). Das Areal der Nadelwälder ohne
immergrünen Unterwuchs gliedert sich in isolierte Teilbereiche: Einer liegt auf der Nordseite des
Großen Kaukasus, der andere in Transkaukasien östlich der Wasserscheide zwischen Schwarzem
und Kaspischem Meer. Sie bilden die Fortsetzung der weiter westlich gelegenen Nadelwälder mit
immergrünem Unterwuchs. Wie diese nehmen sie die obere Hälfte des Waldgürtels zwischen 850
bzw. 1000 und 2000 m ein.
Reine Tannenwälder sind hier häufiger vertreten. Außer Fagus sylvatica subsp. orientalis kommen
kaum andere Laubbaumarten als Beimischung vor. Sommergrüne Sträucher (Rhododendron luteum,
Sambucus nigra, Corylus avellana, Lonicera caucasica) sind ebenfalls selten, Rubus-Arten dagegen
weit verbreitet, besonders in Buchen-Tannenwäldern.
In der Krautschicht herrscht auf relativ trockenen und sonnigen Hängen Festuca drymeja vor, und
Vicia crocea ist häufig. Auf frischen Böden sind krautige Pflanzen nemoraler Laubwälder (Galium
odoratum, Sanicula europaea, Viola reichenbachiana, Circaea lutetiana, Cardamine bulbifera,

193
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas

Geranium robertianum) weit verbreitet. Auf feuchten Standorten spielen Rubus-Arten und Farne
(Athyrium filix-femina, Dryopteris filix-mas, D. affinis, Matteuccia struthiopteris, in höheren Lagen
auch Athyrium distentifolium und Oreopteris limbosperma) eine wichtige Rolle. In der oberen
Nadelwaldzone (1800-2100 m) ist die Krautschicht mit hochmontanen Pflanzen angereichert. Neben
weit verbreiteten Arten wie Calamagrostis arundinacea, Polygonatum verticillatum, Calamintha
grandiflora, Valeriana alliariifolia, Aruncus dioicus und Actaea spicata treten hier auch etliche kau-
kasische Arten (Gentiana schistocalyx, Gadellia lactiflora, Adenostyles platyphylloides, A. macro-
phylla, Senecio propinquus, Cicerbita deltoidea, C. prenanthoides) auf.
Die Krautschicht von reinen Fichtenwäldern (Picea orientalis) unterscheidet sich deutlich von der
in Tannen- und Buchen-Tannenwäldern. Es kommen hier häufiger Nadelwaldarten wie Gymnocar-
pium dryopteris, Dryopteris carthusiana, Huperzia selago, Lycopodium annotinum, Orthilia
secunda, Pyrola media, Moneses uniflora, Listera cordata und Goodyera repens vor. Letztere Art
ist für Fichtenwälder besonders kennzeichnend. Die Moosschicht setzt sich aus den weit verbreiteten
Arten Hylocomium splendens, Rhytidiadelphus triquetrus, Pleurozium schreberi, Dicranum scopari-
um, Eurhynchium striatum und Ptilium crista-castrensis zusammen.

D.4.2 Hochmontane, z. T. montane Fichtenwälder und -mischwälder (Picea abies,


P. omorika, Sorbus aucuparia, Abies alba)
Das natürliche Areal der Fichte (Picea abies) geht nicht so weit nach Westen und Süden wie das von
Tanne und Buche. Die moderne Forstwirtschaft hat sie aber auch in den stärker ozeanisch getönten
Gebieten Mitteleuropas, im nördlichen Alpenvorland, im Schweizer Mittelland, im Bergland
westlich des Rheins und sogar in vielen Tieflandrevieren zur häufigsten Nutzholzart gemacht. Im
Nordosten des mitteleuropäischen Tieflandes dürfte die Niederschlagsarmut entscheidend areal-
begrenzend mitgewirkt haben, denn die Fichte meidet in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet allzu
trockene Standorte und leidet dort als Flachwurzler in Trockenjahren mehr als andere Baumarten.
In den übrigen Teilen Mitteleuropas, mit Ausnahme einiger Trockeninseln, ist aber das Klima für
die Fichte feucht genug. Hier spielen zunehmende Ozeanität, die geringe Winterkälte und die lange
Vegetationszeit eine wichtige begrenzende Rolle. Diese Faktoren begünstigen die Laubbäume, zum
Teil auch indirekt, indem sie Schädlingen der Fichte förderlich sind. Wo Buche und Tanne mit im
Spiele sind, die als Jungpflanzen mehr Schatten ertragen, haben sie die Fichte vollends auf die
relativ kältesten und kontinentalsten Lagen oder auf Böden zurückgedrängt, die ihnen aus anderen
Gründen nicht zusagen: z. B. sehr nährstoffarme staufeuchte bis nasse und kalte Böden oder sehr
flachgründige und kalte Blockhalden- und Felsstandorte.
Natürliche Fichtenwälder finden wir in Mitteleuropa unter recht unterschiedlichen Bedingungen als
höhenzonale oder extrazonale Vegetation auf Gesteinen aller Art: in der hochmontanen bis unteren
subalpinen Stufe der Karpaten und Alpen (mit Ausnahme der klimatisch relativ ozeanischen
nordwestlichen und submediterranen südlichen Randketten), der herzynischen Mittelgebirge östlich
der Linie Harz-Bayerischer Wald, in der montanen Stufe der inneren Alpentäler, deren Klima für
Buche und Tanne zu kontinental ist (ELLENBERG 1996), ferner in den höheren Gebirgen der Balkan-
Halbinsel, hier namentlich im Dinarischen Gebirge und den Rhodopen.
In den meisten natürlichen Picea abies-Wäldern sind folgende azidophile Arten regelmäßig ver-
treten: Vaccinium myrtillus, V. vitis-idaea, Lycopodium annotinum, Melampyrum sylvaticum,
Deschampsia flexuosa, Oxalis acetosella, Hylocomium splendens, Pleurozium schreberi, Polytri-

194
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D

chum formosum, Dicranum scoparium. Weitere kennzeichnende aber weniger stete Arten der
Gebirgsfichtenwälder sind Lonicera caerulea, Linnaea borealis, Listera cordata, Trientalis euro-
paea, Calamagrostis villosa, Homogyne alpina, Corallorhiza trifida, Moneses uniflora, Orthilia
secunda, Pyrola minor, P. rotundifolia und Huperzia selago. Aber die Verbreitung dieser Arten ist
nicht auf Fichtenwälder begrenzt. Unter Klimabedingungen, die mehr oder weniger nur die Fichte
zulassen (Höhenlage, Kontinentalität), finden sich natürliche Fichtenwälder auch auf karbonatischen
Substraten, die nur wenige der genannten Arten, dafür aber viele Fagetalia-Arten und Kalkzeiger
(z. B. Adenostyles glabra, Calamagrostis varia) enthalten.
Ähnlich wie die borealen Fichtenwälder besiedeln somit auch die nemoralen Gebirgs-Fichtenwälder
ein breites Spektrum an Gesteinen und Böden – von oligo- bis eutroph – und weisen entsprechend
vielfältige Ausbildungen bzw. Gesellschaften auf, die sich auch in den Kartierungseinheiten
widerspiegeln. Die von Fichte (Picea abies, in einem Fall P. omorika) dominierten Vegetationsein-
heiten (D34-D41) sind im wesentlichen nach (pflanzen-)geographischen Gesichtspunkten zu-
sammengefaßt und differenziert worden.
Die Höhenverbreitung liegt überwiegend zwischen 900 und 2000 m ü. NN. In der Baumschicht sind
neben der herrschenden Fichte des öfteren auch andere Nadelbäume vertreten (je nach Gebiet,
Höhenlage und Situation Abies alba, Larix decidua, Pinus sylvestris, Pinus cembra oder P. peuce),
in wenigen Fällen auch Buche (Fagus sylvatica). Als Strauchunterwuchs kommen unregelmäßig
und zerstreut Sorbus aucuparia (meist subsp. glabrata), Lonicera nigra, L. caerulea, L. xylosteum
und Rosa pendulina vor. Die Feldschicht ist, neben einigen durchgehenden Arten, stark nach
Bodentrophie, Feuchtigkeit, Exposition, Höhenlage und Regionalflora differenziert.
Calamagrostis villosa-Fichtenwälder (D34) stellen die hochmontane Leitgesellschaft in den herzyni-
schen Mittelgebirgen (Harz, Thüringer Wald – hier auf Blatt 5 nicht gesondert ausgewiesen, Erzge-
birge, Böhmerwald, Sudeten) dar, mit entsprechender geograpischer Differenzierung (SCHLÜTER
1969). Diese Fichtenwälder wachsen zwischen 900 m (in manchen Fällen bis 630 m nach unten) und
maximal 1500 m. Sie besiedeln durchweg saure bis stark saure und nährstoffarme Böden von
Podsolrankern über Eisen-Humus-Podsole bis zu Gley-Podsolen und Moorböden, vorwiegend über
Graniten und Gneisen. Mit den Fichtenwäldern der Alpen haben sie viele Arten gemeinsam (z. B.
Homogyne alpina, Calamagrostis villosa, Lycopodium annotinum, Blechnum spicant, Listera
cordata, Luzula sylvatica), unterscheiden sich aber von ihnen durch das Fehlen der Lärche und Arve
und weiterer alpischer Arten. Calamagrostis villosa ist stärker vertreten als in den Alpen und bildet
oft dicht verfilzte Bestände, ferner sind Trientalis europaea, Galium saxatile und Soldanella
montana als geographisch differenzierende Arten zu nennen. Fagus sylvatica und Abies alba
kommen nur untergeordnet und mit verminderter Vitalität vor, namentlich in den tiefer gelegenen
Ausbildungen. Diese Waldgesellschaft ist besonders von Luftschadstoffen und Bodenversauerung
betroffen und namentlich im Erzgebirge bereits großflächig abgestorben.
Typisch für die Einheit sind wechselfeuchte und ständig vernäßte Standorte sowie zahlreiche ein-
gestreute Hochmoore mit Spirken und Latschen sowie Fichten-Moorwäldern. Sie sind als Unterein-
heit D34a gekennzeichnet. In Verbindung mit offenen Blockhalden kommen öfters Karpatenbirken-
Fichten-Blockwälder vor (STÖCKER 1967).
Natürliche klimabedingte Fichtenwälder sind in den A l p e n in der hochmontanen (häufig auch
subalpin genannten) Waldstufe oberhalb der Fichten-Tannen-Buchen-Stufe und unterhalb des sub-

195
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas

alpinen Lärchen-Zirben- bzw. Latschen (Pinus mugo)-Gürtels sowie in der ganzen montanen Stufe
der kontinentalen Innenalpen weit verbreitet (D35). Lediglich in den kontinentalsten Trockentälern
(z. B. Wallis, Vinschgau) treten sie zugunsten von Kieferntrockenwäldern zurück. Seltener sind sie
auch in den Südalpen und fehlen in den Südwestalpen völlig. Die Kartierungseinheit entspricht
weitgehend dem ehemaligen, weit gefaßten Piceetum subalpinum Braun-Blanquets. Als Klima-
Richtwerte für die hochmontanen Fichtenwälder können eine mittlere Jahrestemperatur unter 5 °C
und 5-7 Monate mit einer mittleren Temperatur unter 0 °C gelten.
Charakteristisch für die Fichtenwaldstufe der Alpen ist das häufige Auftreten der Lärche (Larix
decidua), die als Pionierbaumart zu werten ist und im Zuge der Bestandesentwicklung allmählich
verdrängt wird. Durch die Kahlschlagwirtschaft sind ihre Anteile um ein Vielfaches erhöht worden
(MAYER et al. 1977). Typisch für die alpischen Fichtenwälder sind auch Lonicera nigra, Rosa
pendulina und Clematis alpina. Am unteren Rand der Fichtenstufe kann – besonders auf basenrei-
chen Substraten – Acer pseudoplatanus eine gewisse Rolle als Mischbaumart spielen.
In dieser Kartierungseinheit sind drei standörtlich und dem Artenbestand nach recht verschiedene
Gesellschaften zusammengefaßt (typisiert aus den österreichischen Ostalpen):
a) die typischen bodensauren Fichtenwälder (Homogyno-Piceetum Zukrigl 1973 u. a.) auf Silikatbö-
den oder auch entkalkten Kalksteinbraunlehmen mit mehr oder weniger rein azidophiler Arten-
garnitur (Homogyne alpina, Vaccinium myrtillus, V. vitis-idaea, Calamagrostis villosa, De-
schampsia flexuosa, Lycopodium annotinum, Moneses uniflora, Luzula luzulina, L. sylvatica,
Melampyrum pratense, Gymnocarpium dryopteris, Dryopteris dilatata, D. expansa, Blechnum
spicant, Rhytidiadelphus triquetrus, Hylocomium splendens, Pleurozium schreberi, Barbilopho-
zia lycopodioides, Polytrichum formosum, Sphagnum girgensohnii u. a.).
b) Hochstauden-Fichtenwälder (Adenostylo alliariae-Piceetum Zukrigl 1973) auf feuchteren,
basenreicheren Silikat- oder Kalkböden. Es dominieren Hochstauden, besonders Adenostyles
alliariae, Chaerophyllum hirsutum, Rumex arifolius, in Verbindung mit Saxifraga rotundifolia,
Viola biflora, Stellaria nemorum, während Azidophyten eine untergeordnete Rolle spielen.
Häufig sind ferner Oxalis acetosella, Luzula sylvatica, L. luzulina, Dryopteris dilatata, D. expan-
sa und Barbilophozia lycopodioides.
c) Karbonat-Fichtenwälder (Adenostylo glabrae-Piceetum M. Wraber ex Zukrigl 1973) auf Kalk-
und Dolomitschuttböden, meist Rendzinen und Mischböden mit Braunlehmmaterial. Hier treten
Azidophyten stark zurück, lediglich Oxalis acetosella, Melampyrum sylvaticum, Luzula luzulina,
L. sylvatica, Vaccinium myrtillus, Homogyne alpina, Lycopodium annotinum, Huperzia selago
und wenige Moose kommen ziemlich regelmäßig vor. Kennzeichnend sind aber Kalkzeiger wie
Adenostyles glabra, Valeriana tripteris, Calamagrostis varia, Carex alba, Polystichum lonchitis,
Sesleria albicans, Cirsium erisithales, unter den Moosen Ctenidium molluscum und Tortella
tortuosa sowie etliche Fagetalia-Arten, z. B. Lonicera alpigena, L. nigra, Daphne mezereum,
Mercurialis perennis, Veronica urticifolia, Primula elatior, Cardamine enneaphyllos und
Helleborus niger (die beiden letzten ostalpisch-dinarisch), Lamium galeobdolon agg. Meist sind
auch alpine Rasenarten vorhanden wie Campanula scheuchzeri, Soldanella alpina, Aster belli-
diastrum u. a. Substratbedingt tritt diese Gesellschaft vor allem in den Randalpen auf.
In der Schweiz haben ELLENBERG & KLÖTZLI (1972) und in Savoyen BARTOLI (1966) und GENSAC
(1967) ebenfalls 3 bzw. 4 Assoziationen unterschieden, die hauptsächlich durch Wasserhaushalt

196
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D

oder Trophie und Exposition differenziert sind, wobei in letzterem Gebiet bodentrockene Einheiten
mit Vaccinium vitis-idaea, Arctostaphylos uva-ursi und Carex humilis eine größere Rolle spielen.
Häufig kommen Verzahnungen der Fichtenwälder mit Pinus mugo-Gebüschen auf trockeneren und
flachgründigeren, z. T. blockschuttreichen Standorten über Kalk, und mit Alnus alnobetula auf
feuchteren und besonders silikatischen Standorten vor.
Die westkarpatischen Fichtenwälder (D36), die sich in Ausbildungen auf Silikat- (Plagiothecio-
Piceetum tatricum) und auf Kalkgesteinen (Polysticho-Piceetum) gliedern, sind den Alpen-Fichten-
wäldern sehr ähnlich. Die beiden durch das Substrat differenzierten Assoziationen sind klimabe-
dingte Dauergesellschaften in der hochmontanen Stufe der Westkarpaten, jedoch in der Karte nicht
getrennt darstellbar. In beiden Gesellschaften herrscht die Fichte in der Baumschicht mit geringer
Beimischung von Sorbus aucuparia und Pinus cembra (nur in den höheren Lagen der Hohen Tatra).
Die Krautschicht setzt sich vor allem aus Azidophyten zusammen: Vaccinium myrtillus, Dryopteris
dilatata, Luzula sylvatica, Homogyne alpina und Deschampsia flexuosa. Die Moosschicht ist jeweils
gut entwickelt. Differentialarten der Fichtenwälder auf Karbonatböden sind u. a. Polystichum
lonchitis, Valeriana tripteris, Carex digitata, Cardamine glanduligera, Clematis alpina, Gentiana
asclepiadea, Soldanella carpatica, S. hungarica.
Die ost- und südkarpatischen hochmontanen Fichtenwälder (D37) nehmen in der Ukraine und in
Rumänien Gebirgshochlagen zwischen 1200 und 1600 m ein. Sie bilden in den Ostkarpaten eine
nahezu geschlossene Höhenstufe auf sauren silikatischen Böden (z. T. Eisenhumuspodsole), kom-
men aber auch auf Kalksteinen und Tangelrendzinen vor. Neben der dominierenden Fichte ist in den
unteren Lagen zerstreut auch Abies alba und Fagus sylvatica enthalten. Hier können überdies Acer
pseudoplatanus, A. platanoides und Ulmus glabra beigemischt sein. An der Grenze zur subalpinen
Stufe ist die Fichte nur noch schwachwüchsig und bildet Mischbestände mit Pinus cembra, P. mugo,
Alnus alnobetula und Juniperus communis subsp. alpina. Neben den verbreiteten und meist vorherr-
schenden Azidophyten wie Vaccinium myrtillus, Lycopodium annotinum, Huperzia selago, Luzula
sylvatica, Oxalis acetosella, Homogyne alpina, Melampyrum sylvaticum, Calamagrostis villosa,
C. arundinacea, Dryopteris dilatata, Hylocomium splendens, Pleurozium schreberi, Dicranum
scoparium und einigen anspruchsvolleren Arten (Lonicera nigra, Prenanthes purpurea, Valeriana
tripteris, Doronicum austriacum u. a.) sind etliche karpatische Arten kennzeichnend und geogra-
phisch differenzierend wie Campanula abietina, Soldanella hungarica subsp. major, Hieracium
rotundatum, Euphorbia carniolica, Leucanthemum waldsteinii, Rumex alpestris, Adenostyles
alliariae subsp. alliariae, Telekia speciosa, Petasites kablikianus, Symphytum cordatum.
Die montanen Fichtenwälder der westlichen und zentralen Balkanhalbinsel (D38) unterscheiden sich
von den mitteleuropäischen durch südosteuropäisch-illyrische Arten im Westen und durch balka-
nische und südosteuropäische Differentialarten im Ostteil. Der Anteil „borealer“ Arten nimmt von
West nach Ost ab. Teils bilden diese Fichtenwälder eine klimatische Höhenstufe, oft aber besiedeln
sie klimatisch kühle extrazonale Standorte (z. B. Inversionslagen) in 1000-1500 m Meereshöhe. Die
Niederschläge nehmen von über 2000 mm im Westen auf rund 1000 mm im Osten ab. Die Böden
reichen von Rendzinen und Rankern über podsolige Braunerden bis zu Podsolen.
Gewöhnlich handelt es sich um reine Fichtenwälder, oft mit Beimischung von Abies alba, seltener
mit Acer pseudoplatanus und Fagus sylvatica. In der lockeren Strauchschicht sind für den Ostteil
Daphne blagayana und Salix silesiaca neben Rosa pendulina und Daphne mezereum bezeichnend.

197
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas

Neben den vorherrschend azidophilen Arten (Galium rotundifolium, Blechnum spicant, Luzula
luzuloides, L. sylvatica, Homogyne sylvestris, Lycopodium annotinum, Moneses uniflora) kommen
auch relativ basiphile wie Cardamine trifolia, Carex alba, Primula veris subsp. columnae, Sanicula
europaea, Carex pilosa und Saxifraga rotundifolia vor, und in bestimmten Ausbildungen auch
hygrophile und Moorpflanzen. Diese Fichtenwälder zeigen eine deutliche geographische Variabilität
und lassen sich entsprechend – von West nach Ost – in mehrere geographische Rassen gliedern
(s. Datenblatt).
Die Einheit D39 umfaßt die im selben Gebiet nach oben anschließenden hochmontan/subalpinen
Fichtenwälder. Sie weisen eine ähnliche Artenzusammensetzung und geographische Gliederung auf,
enthalten aber mehr subalpine Arten. Von der vorigen Einheit unterscheiden sie sich u. a. durch eine
stärkere Beteiligung von Vaccinio-Piceetalia-Arten und das Zurücktreten von Laubwaldpflanzen.
Die dinarischen Picea omorika-Wälder (D40) stellen relikt-endemische Waldgesellschaften dar mit
einer sehr beschränkten Verbreitung im Grenzgebiet zwischen Bosnien und Serbien entlang der
Drina (Tara-Gebirge). In mitteleuropäischen Gärten, wo sie wegen ihres schlanken Wuchses sehr
beliebt ist, gibt es sicher schon mehr Exemplare dieser reliktischen Fichtenart als an den natürlichen
Fundorten. Picea omorika bildet in Verbindung mit anderen Baumarten (namentlich Pinus nigra,
P. sylvestris, Picea abies) eigenständige Waldgesellschaften verschiedener Ausformung an steilen
Kalkfelshängen, auf Schutthalden, in Schluchten und ähnlichen Extremstandorten, wo sie Kälte und
periodische Trockenheit gut erträgt. Sie kommt vorwiegend in Meereshöhen zwischen 1000 und
1300 m, bei Jahresniederschlägen von 1000-1300 mm vor. Die Böden sind mehrheitlich Rendzinen
bis flachgründige Karbonat-Braunerden, z. T. auch Ranker bis saure Braunerden (auf Serpentin).
Picea omorika ist gegenüber den anderen gebietsheimischen Baumarten auf Normalstandorten nicht
sehr konkurrenzkräftig, vermag sich aber auf Kalkschutthalden und offenen Waldschlag- oder
Brandflächen sehr gut zu vermehren.
In der meist gut entwickelten Strauch- und Krautschicht teilen sich die zahlenmäßig bescheidenen
Vaccinio-Piceetea- und sonstigen azidophilen Arten den Platz mit anspruchsvolleren Fagetalia-
Arten. Kennzeichnend ist die Anwesenheit zahlreicher illyrischer und südosteuropäischer Arten:
Daphne blagayana, Hieracium rotundatum, Aremonia agrimonoides, Festuca drymeja, Epimedium
alpinum, Cardamine trifolia sowie balkanischer Arten, u. a. Doronicum columnae, Dianthus
petraeus, Athamantha turbith subsp. haynaldii, Edraianthus graminifolius, Sesleria rigida.
Die rhodopischen Fichtenwälder (D41) haben ihren Verbreitungsschwerpunkt in Bulgarien mit
Ausläufern in Nordostgriechenland, wo Picea abies ihre südliche Arealgrenze in Europa errreicht.
Sie kommen in Höhen von 1300-2100 m vorwiegend auf sauren Granitböden vor. In der von Fichte
dominierten Baumschicht können zusätzlich – je nach Höhenlage – Pinus peuce, P. sylvestris, Acer
heldreichii, A. pseudoplatanus, Abies alba, Fagus sylvatica und Sorbus aucuparia subsp. fenenkiana
vertreten sein. An der oberen Verbreitungsgrenze finden sich Pinus mugo (Rila- und Pirin-Gebirge)
und Juniperus communis subsp. alpina (Vitosa, Stara Planina) in der Strauchschicht. Die Kraut-
schicht setzt sich hauptsächlich aus weit verbreiteten Zwergsträuchern (Vaccinium myrtillus) und
Gräsern/Simsen (Calamagrostis arundinacea, Deschampsia flexuosa, Luzula sylvatica) zusammen.
Geographische Trennarten für den Balkan sind u. a. Campanula abietina, Aremonia agrimonoides
und Geranium macrorrhizum.

198
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D

D.5 Boreale und hemiboreale Kiefernwälder (Pinus sylvestris), z. T. mit Betula pubescens
s. l., Picea abies, P. obovata
In Europa nehmen Kiefernwälder ein weites Areal und teilweise große Flächen ein (vgl. Karte 7:
D10-D12). Vor allem in Fennoskandien und im osteuropäischen Tiefland spielen sie eine bedeuten-
de Rolle. Ihre Hauptverbreitung liegt in der borealen und nördlichen temperaten Zone. Sie reichen
mit inselartigen Vorposten bis nach Nordschottland, ins ostmitteleuropäische Tiefland und in die
südosteuropäische Waldsteppen- und Steppen-Zone.
Die Waldkiefer (Pinus sylvestris) hat eine weite ökologische Amplitude: Sie wächst auf sehr nähr-
stoffarmen und stark sauren bis hin zu kalkreichen Böden, auf sehr flachgründigen und trockenen
Standorten bis in den nassen und sauerstoffarmen Moorbereich, auf Sand, Fels und Torf, von den
Tieflagen bis in die montane Stufe. Die häufigsten Bodentypen sind Podsole, Ranker, Rendzinen,
Gley-Podsole und Anmoor-Gleye sowie Moorböden.
Die Kiefer ist zwar sehr streßtolerant (gegen Nährstoffarmut, Trockenheit, Nässe, Feuer), zugleich
aber sehr lichtbedürftig und deshalb auf mittleren Standorten konkurrenzschwach. Sie wird daher in
der borealen und hemiborealen Zone auf nährstoffreicheren und weniger extremen Standorten von
der Fichte verdrängt.
Kiefernsämlinge wachsen besonders gut und zahlreich auf Mineralböden, denen eine dichte Moos-
Flechten-Decke und eine mächtige Streuschicht fehlt. Solche Bedingungen sind am häufigsten nach
Waldbrand oder nach Wald-Rodung gegeben. Auch unter einer dichten Baumschicht verjüngt sich
die Kiefer praktisch nicht. Gelegentliche Waldbrände tragen somit zur Verbreitung und Erhaltung
der Kiefernwälder bei.
Natürliche Kiefernwälder mit vorherrschender Pinus sylvestris sind mehr oder weniger azonale
Waldgesellschaften, die sich allerdings aufgrund der Zusammensetzung der Bodenvegetation sowohl
edaphisch als auch zonal und regional gliedern lassen. Sie weisen – entsprechend den Fichtenwäl-
dern – eine Nord-Süd- und West-Ost-Differenzierung auf, die jedoch aufgrund der relativen Arten-
armut nicht so deutlich ausgeprägt ist. Am augenfälligsten ist die floristisch-strukturelle Gliederung
in standortbedingte Ausbildungsformen. Je nach Bodenbeschaffenheit und Regionalklima werden
in der borealen und hemiborealen sowie nordtemperaten Zone Flechten-Kiefernwälder (Cladonio-
Pinetum), Preiselbeer-Kiefernwälder (Vaccinio vitis-idaeo-Pinetum), Moos-Zwergstrauch-Kiefern-
wälder (Barbilophozio-Pinetum, Dicrano-Pinetum), Moor-Kiefernwälder (Oxycocco-Pinetum,
Vaccinio uliginosi-Pinetum) und Perlgras-Kiefernwälder (Melico nutantis-Pinetum, Seslerio-
Pinetum ) bzw. Steppen-Kiefernwälder (Serratulo-Pinetum, Peucedano-Pinetum) unterschieden.
Die Gliederung der borealen bis hemiborealen und nemoralen Kiefernwälder (D42-D60) in der
Legende und Vegetationskarte ist zunächst zonal von Nord nach Süd ausgerichtet: In die 3 Haupt-
gruppen nordboreal, mittel- und süd- bis hemiboreal sowie hemiboreal und nemoral, in zweiter Linie
nach Höhenstufen, wobei die planar-kollinen Ausbildungen überwiegen. Montane Ausbildungen
wurden nur in Schottland (D50) und im Mittel- bis Südural (D51, D58-D60) ausgewiesen. Innerhalb
der zonalen Gruppierungen sind die Kartierungseinheiten nochmals regional und standörtlich
differenziert und von West nach Ost angeordnet.

199
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas

D.5.1 Nordboreale Kiefernwälder


Die nordborealen Kiefernwälder umfassen 3 Kartierungseinheiten (D42-D44), die von Mittel-
Skandinavien über Karelien bis zum Fuß des Nordural verbreitet sind. Sie liegen vollständig im
Gürtel der nordborealen Fichtenwälder. In Rußland und Finnland sind diese Wälder hauptsächlich
im Tief- und Hügelland verbreitet, in Skandinavien erstrecken sie sich bis in Höhen zwischen 700
und 1000 m ü. NN.
Bei den nordborealen Kiefernwäldern lassen sich im trockenen Flügel (D42) zwei Hauptaus-
bildungen unterscheiden: Flechten-Kiefernwälder (Cladonio-Pinetum) und Moos-Zwergstrauch-
Kiefernwälder (Barbilophozio-Pinetum).
Diese beiden Typen unterscheiden sich sowohl nach ihrer Lage im Relief als auch hinsichtlich der
Struktur und Artengarnitur in der Feldschicht. Flechten-Kiefernwälder sind vorwiegend an konvexe
Reliefformen und trockene Standorte – Hügelkuppen, Moränenkämme, Oberhänge, erhöhte Flußufer
– gebunden. Moosreiche Kiefernwälder nehmen dagegen frischere, aber gut drainierte Standorte ein:
Mittel- und Unterhänge, Mulden und Plateaus. Die Böden sind in beiden Fällen oligotrophe Eisen-
Humus-Podsole.
In der nordborealen Zone bedecken überdies Flechten-Moos-Kiefernwälder, in denen die
Kryptogamen-Schicht sich aus räumlich wechselnden Flechten- und Moospartien zusammensetzt,
große Flächen. Grünmoosflecken kommen in Flechten-Kiefernwäldern dort vor, wo der Boden
durch dichten Kiefern-Unterwuchs beschattet wird, und Flechtenbestände finden sich in Grünmoos-
Kiefernwäldern bevorzugt auf kleinen Waldlichtungen. Solche Flecken haben gewöhnlich einen
Durchmesser von 1-10 m. Flechten-Grünmoos-Kiefernwälder können aber auch ein stabiles klein-
teiliges Mosaik von Moosen und Flechten aufweisen (Flecken im Schnitt 0,2-0,5 m breit); sie
werden dann als „Tüpfelchen“-Flechten-Grünmoos-Kiefernwälder (NI„ENKO 1960) bezeichnet.
Bei vorherrschender Kiefer hat die Baumschicht einen Kronenschluß von 30-60 % und Höhen von
8-12 m sowie Bonität IV-V. Zum Teil sind Picea abies, Picea obovata (bis 10 %), Betula pu-
bescens, in östlichen Gebieten auch Larix sibirica beigemischt. Im Unterwuchs wachsen vereinzelt
Juniperus communis und Sorbus aucuparia. Die nordborealen Kiefernwälder sind durch stete
Beteiligung von Zwergsträuchern der Waldmoore (Vaccinium uliginosum, Ledum palustre) sowie
hohe Deckung von Empetrum hermaphroditum gekennzeichnet. In der Feldschicht treten außerdem
Vaccinium vitis-idaea, Calluna vulgaris, Arctostaphylos uva-ursi, A. alpinus, Deschampsia flexuosa
und Linnaea borealis – teils in größerer Menge – auf. Mit hoher Stetigkeit und Deckung sind
außerdem Flechten und Moose vertreten: u. a. Cetraria nivalis, Nephroma arcticum, Stereocaulon
alpinum, S. paschale, Dicranum fuscescens, D. bergeri, D. polysetum, D. undulatum. In den
Flechten-Kiefernwäldern herrschen Strauchflechten vor (u. a. Cladina stellaris, C. mitis, C. rangife-
rina, C. arbuscula, Cladonia gracilis), in den Grünmoos-Kiefernwäldern dominiert Pleurozium
schreberi. Nach Waldbränden, die die Vegetation der Feldschicht vernichten, breiten sich häufig
Polytrichum piliferum, P. juniperinum und Becher-Flechten (Cladonia gracilis, C. crispata, C.
cornuta, C. macroceras u. a.) aus, in der Zwergstrauchschicht dominiert dann vielfach Calluna
vulgaris (Deckung bis 80 %). Das Heidekrautstadium kann 30-50 Jahre dauern, bis Strauchflechten
ihre Positionen in der Bodenschicht zurückerobern und die Rolle der übrigen Zwergsträucher wieder
steigt. Die subatlantische Art Calluna vulgaris kommt in nordborealen Kiefernwäldern allerdings
nur auf der Halbinsel Kola und weiter nach Westen vor. Im Endstadium der von Waldbränden

200
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D

beeinflußten Flechten-Kiefernwälder herrscht gewöhnlich Cladina stellaris vor.


Hygrophile Kiefernwälder (D43) bedecken inselartig verstreut große Flächen in der Nord-Taiga. Sie
sind besonders in den sandigen Zwischenstromgebieten des Nordrussischen Tieflandes verbreitet,
oft am Rande von Seen und Mooren. Bei den Böden handelt es sich um oligotrophe Anmoorgleye
und Moorböden. Die Baumschicht dieser Moor-Kiefernwälder ist sehr licht (Deckung 30-40 %) und
niederwüchsig (6-10 m). In der Feldschicht herrschen Zwergsträucher (Vaccinium uliginosum,
Ledum palustre, Betula nana, Chamaedaphne calyculata) und krautige Moorpflanzen (Carex
globularis, Eriophorum vaginatum, Rubus chamaemorus) vor. In der geschlossenen Moosschicht
sind Torfmoose (Sphagnum magellanicum, S. capillifolium, S. russowii, S. warnstorfii, S. angustifo-
lium) tonangebend.
Die vor allem in Karelien und auf der Halbinsel Kola großflächig verbreitete Einheit D44 stellt
demgegenüber einen Vegetationskomplex aus Flechten- und Torfmoos-Zwergstrauch-Kiefernwäl-
dern sowie hygrophilen Fichtenwäldern und Aapamooren dar.

D.5.2 Mittel- und süd- bis hemiboreale Kiefernwälder


5.2.1 Planar-kolline Ausbildungen
Die Kiefernwälder der mittel- und südborealen Unterzonen sind einander in der Artengarnitur sehr
ähnlich und wurden deswegen zu einer Gruppe zusammengefaßt. Die Nährstoffarmut der Böden
schließt das Vorkommen vieler Krautarten aus und bedingt damit ihre Homogenität. Der Prei-
selbeer-Kiefernwald (Vaccinio vitis-idaeo-Pinetum) (D45) stellt die häufigste und am weitesten
verbreitete Kiefernwaldgesellschaft in diesem Gebiet dar. In der lichten Baumschicht (Kronenschluß
50-60 %) herrscht Pinus sylvestris mit Bonitätsklasse IV und Stammhöhen von 18-20 m. Als
Beimischung können Fichten (Picea abies, im Osten P. obovata) und Birken (Betula pubescens,
B. pendula), östlich der Nord-Dvina auch Larix sibirica auftreten. Als Strauch-Unterwuchs kommen
neben den Nadelbäumen vereinzelt Sorbus aucuparia und Juniperus communis vor. In der Zwerg-
strauchschicht ist Vaccinium vitis-idaea vorherrschend, und neben V. myrtillus findet sich häufig
Calluna vulgaris (sie fehlt jedoch im Nordosten im Pe…ora-Becken), in Fennoskandien auch
Empetrum hermaphroditum. Kennzeichnende Arten sind ferner Diphasiastrum complanatum,
Goodyera repens und Pyrola chlorantha. Außer den Dominanten kommen regelmäßig Deschampsia
flexuosa, Linnaea borealis, Melampyrum pratense, Solidago virgaurea, Luzula pilosa, Hieracium
umbellatum und Antennaria dioica vor. Charakteristische und häufige Moose sind Dicranum
fuscescens, D. scoparium, D. polysetum, Pleurozium schreberi und Hylocomium splendens, ferner
etliche Flechtenarten.
Neben dem Vaccinio-Pinetum gibt es unter den mittel- und südborealen Kiefernwäldern auch Flech-
ten- und Flechten-Grünmoos-Kiefernwälder; allerdings sind diese nicht so großflächig verbreitet wie
in der nordborealen Zone.
Die Einheit D46 ist nur in Südskandinavien (Norwegen, Schweden) und Südfinnland in der südbo-
realen Unterzone verbreitet und nimmt dort relativ kleine Flächen ein. Sie repräsentiert einen Vege-
tationskomplex aus Preiselbeer-Kiefernwäldern, Flechten-Kiefernwäldern und Kiefern- sowie Fich-
ten-Moorwäldern (Oxycocco-Pinetum, Chamaemoro-Piceetum). Zu den Gefäßpflanzen und Krypto-
gamen trockener Standorte gesellen sich hier Moorpflanzen, darunter Zwergsträucher (Vaccinium
oxycoccus, Andromeda polifolia), Stauden (Rubus chamaemorus) und Moose (Sphagnum fuscum,

201
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas

S. capillifolium, S. rubellum). Örtlich kommen auch anspruchsvollere Fichtenwälder, Edellaub-


holzwälder und waldfreie Hochmoore vor.
Einheit D47 repräsentiert hygrophile Kiefernwälder (Oxycocco-Pinetum, Vaccinio uliginosi-Pine-
tum), die inselartig verteilt zwischen Westfinnland, dem Baltikum und dem Ural vorwiegend von der
mittelborealen bis in die hemiboreale Unterzone verbreitet sind. Standörtlich handelt es sich um
oligotrophe Gley-Podsole, Anmoor-Gleye und Moorböden. In der lichten Baumschicht sind der
dominierenden Waldkiefer Fichten (Picea abies, im Osten P. obovota) und Moorbirken (Betula
pubescens) beigemischt. Die zwergstrauchreiche Feldschicht setzt sich vorwiegend aus Moor-
pflanzen und Feuchtigkeitszeigern zusammen: Ledum palustre, Vaccinium uliginosum, Chamae-
daphne calyculata, Andromeda polifolia, Eriophorum vaginatum, Carex lasiocarpa, C. globularis,
Equisetum sylvaticum. Torfmoose bilden eine zusammenhängende Schicht mit Sphagnum angustifo-
lium und S. magellanicum als häufigste und steteste Arten. Seltener und mit niedrigerer Deckung
finden sich Sphagnum fallax, S. capillifolium, S. russowii und S. fuscum. Auf Bulten – in Torfmoos-
Kiefernwäldern in der Regel am Fuße der Baumstämme – wachsen Pleurozium schreberi, Dicranum
polysetum, Aulacomnium palustre und Polytrichum strictum.
Typische Torfmoos-Kiefernwälder sind an Moorränder, flache Eintiefungen von Verebnungen,
Flußterrassen und sonstige konkave Reliefformen mit hoch anstehendem Grundwasser gebunden.
Wo bewegtes Grundwasser ansteht, kommt es zur Ausbildung mesotraphenter Fieberklee-Torfmoos-
Kiefernwälder. Diese Waldgesellschaft ist selten und nimmt nur kleine Flächen an Fluß-Oberläufen,
an Moorrändern und in Gelände-Mulden ein. An oligo- bis mesotraphenten hygrophilen Arten
kommen hier Menyanthes trifoliata, Potentilla palustre, Equisetum fluviatile, E. palustre, Calama-
grostis canescens, Lysimachia thyrsiflora und Phragmites australis vor.
Bei Einheit D48 handelt es sich um einen Vegetationskomplex aus zwergstrauch-, moos- und
flechtenreichen Kiefern- und Fichten-Kiefernwäldern auf trockenen bis feuchten und vermoorten
Standorten sowie mit kleinflächigen Mooren unterschiedlicher Typen und Ausbildungen (Hoch-,
Aapa-, Übergangs- und Braunmoore). Die Komplexeinheit ist inselartig, teils größerflächig,
zwischen Süd-Karelien, dem Baltikum und dem Uralvorland verbreitet mit Schwerpunkt in der süd-
und hemiborealen Unterzone. Die Artenzusammensetzung entspricht jener der Einheiten D47 und
D45.
Die Einheit D49 hat ihren Verbreitungsschwerpunkt in der hemiborealen Zone von der baltischen
Ostseeküste bis zum Uralvorland. Sie kommt auf trockenen und basenarmen Sandstandorten
inselartig verteilt inmitten hemiborealer krautreicher Laub-Fichtenmischwälder (D19, D20) sowie
südborealer Fichtenwälder (D8, D12) vor. Entsprechend der südlichen Lage und laubholzreichen
Kontaktvegetation ist der herrschenden Kiefer (Pinus sylvestris) hier vielfach die Stieleiche (Quer-
cus robur) in der Baumschicht oder im Unterwuchs beigesellt. In der östlichen voruralischen
Ausbildung kommt vereinzelt Larix sibirica hinzu. Die lockere Krautschicht enthält neben Zwerg-
sträuchern (Vaccinium vitis-idaea, Calluna vulgaris, Vaccinium myrtillus) zahlreiche Gräser und
Kräuter, darunter etliche xerophytische (Sandsteppen-) Arten: Festuca ovina, Carex ericetorum,
Polygonatum odoratum, Koeleria glauca, Dianthus arenarius, Pulsatilla patens, Veronica spicata,
Thymus serpyllum, Peucedanum oreoselinum. In der lockeren Strauchschicht tritt als kennzeich-
nende subkontinentale, nordsarmatische Art Chamaecytisus ruthenicus auf.

202
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D

5.2.2 Montane Ausbildungen


Montane boreale Kiefernwälder kommen nur im äußersten Westen (Schottland) und im äußersten
Osten Europas (Ural) vor. Im schottischen Hochland sind natürliche bodensaure, zwergstrauchreiche
Kiefernwälder (D50) weit verbreitet. Es handelt sich um mehr oder weniger geschlossene, bis 18 m
hohe Kiefernbestände auf Podsolen oder Anmoor-Podsolen in Höhenlagen bis 600 m ü. NN. Im
Unterstand wachsen gelegentlich Betula pendula, B. pubescens, Sorbus aucuparia und/oder Junipe-
rus communis. Die Zwergstrauch- und Krautschicht bilden Calluna vulgaris, Vaccinium myrtillus,
V. vitis-idaea, Empetrum nigrum und Deschampsia flexuosa. In der Moosschicht herrschen Hyloco-
mium splendens, Pleurozium schreberi, Dicranum scoparium, Plagiothecium undulatum, Rhyti-
diadelphus loreus und Ptilium crista-castrensis. Diese Kiefernwälder unterscheiden sich nur wenig
von den nord- und osteuropäischen borealen Kiefernwäldern, in denen z. B. Rhytidiadelphus loreus,
Listera cordata und Moneses uniflora fehlen.
Die mittel- und süduralischen krautreichen Kiefernwälder (D51) haben viele gemeinsame Züge mit
den süd- und hemiborealen Kiefernwäldern des osteuropäischen Tief- und Hügellandes. Sie sind
inselartig im unteren Teil des montanen Waldgürtels in Höhen von 300-600 m ü. NN verbreitet. Die
Baumschicht besteht aus Pinus sylvestris mit Beimischung von Larix sibirica, Betula pendula und
einzelnen Exemplaren von Picea obovata und Abies sibirica. 100-120jährige Bestände sind 22-25
m hoch. Im Unterwuchs kommen boreale und nemorale Gehölze vor: Rosa acicularis, Sorbus
aucuparia, Daphne mezereum, Lonicera xylosteum, Prunus padus, Viburnum opulus, Chamaecyti-
sus ruthenicus. Die Krautschicht (Deckung 60-80 %) ist artenreich mit zahlreichen nemoralen,
uralisch-sibirischen und xerophilen Arten, u. a. Calamagrostis arundinacea, Brachypodium pinna-
tum, Polygonatum odoratum, Melica nutans, Lathyrus vernus, Pulmonaria dacica, Stachys officina-
lis, Pulsatilla patens subsp. flavescens, Trifolium lupinaster, Aconitum lycoctonum subsp. lycocto-
num, Bupleurum longifolium subsp. aureum. Im südlichen Arealteil dringen Waldsteppen-Elemente
in die Kiefernwälder ein (u. a. Caragana frutex, Dracocephalum ruyschiana).

D.5.3 Hemiboreale und nemorale Kiefernwälder, z. T. mit Laubbäumen


5.3.1 Planare (bis submontane) Ausbildungen
Die hemiborealen und insbesondere nemoralen Kiefernwälder Europas sind entsprechend ihrer
weiten Standortsamplitude sehr vielgestaltig und unterscheiden sich von den typisch borealen
Kiefernwäldern vor allem durch einen mehr oder weniger gut entwickelten Unterwuchs aus nemora-
len Laubgehölzen. Sie repräsentieren Übergangstypen zwischen den borealen und nemoralen
Wäldern bzw. Waldsteppen. In der Regel haben sie keine spezifischen (Kenn-)Arten; ihre Artengar-
nitur stellt oft eine bunte Mischung von Arten verschiedener Vegetationsformationen dar, kann aber
auch – insbesondere auf sehr basenarmen und auf Moor-Standorten – derjenigen borealer Kiefern-
wälder sehr ähnlich sein.
Im südlichen Teil von Norwegen und Schweden (auf den Inseln Öland und Gotland) gibt es stellen-
weise Kiefernwälder auf Karbonatgesteinen (D52, D53). Aufgrund der Flachgründigkeit und Trok-
kenheit der Böden entwickelt sich nur eine lichte, meist niedrige Baumschicht aus Pinus sylvestris.
Im Unterstand kommen vor allem trockenheitsresistente und teils wärmebedürftige Baum- und
Straucharten vor: neben Betula pendula, B. pubescens, Populus tremula, Sorbus aucuparia gebiets-
spezifische Sorbus-Arten (S. intermedia, S. hybrida, S. rupicola, S. meinichii, S. subpinnata, S. nor-

203
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas

vegica), Juniperus communis und Straucharten des Berberidion (u. a. Berberis vulgaris, Cotoneaster
integerrimus, C. niger, Rhamnus cathartica).
Typisch für diese Wälder ist ein Gemisch von Kiefernwaldarten (Arctostaphylos uva-ursi, Vaccini-
um myrtillus, V. vitis-idaea, Rubus saxatilis, Melampyrum pratense), Arten nemoraler, namentlich
thermophiler Laubwälder (Hepatica nobilis, Melica nutans, Carex digitata, Anemone nemorosa,
Epipactis atrorubens, Vincetoxicum hirundinaria, Polygonatum odoratum, Convallaria majalis,
Campanula persicifolia) sowie von xerophytischen Pflanzen lichter Wälder, Trockenrasen und
Wiesensteppen (Festuca ovina, Sesleria caerulea, Calamagrostis varia, Carex ericetorum, An-
thericum ramosum, Thymus serpyllum, Melica ciliata, Geranium sanguineum u. a.). In der Moos-
schicht sind neben Hylocomium splendens und Pleurozium schreberi basiphile Moose (Ctenidium
molluscum, Rhytidium rugosum) und Flechten vertreten. Bei den Böden handelt es sich meist um
flachgründige Rendzinen (pH 6,5-8,0) mit geringer Wasserkapazität.
Die in Gotland und Öland verbreitete Einheit D53 ist an extremere Boden- und kontinentalere
Klimabedingungen gebunden und weist von Natur aus waldfreie Standorte und dementsprechend
viel mehr xerophytische Trockenrasen- und Waldsteppenelemente auf (insbesondere Sesleria
caerulea, Calamagrostis varia, Anthericum ramosum, Melica ciliata, Thymus serpyllum, Viola
rupestris).
Die südskandinavisch-ostmitteleuropäischen zwergstrauch- und flechtenreichen Kiefernwälder
(D54) sind in Südschweden, Ostdeutschland und im westlichen und südlichen Teil Polens verbreitet.
In der geschlossenen Baumschicht (60-70 % Kronenschluß) dominiert die Kiefer absolut. Eine
Beimischung von Quercus robur in der Baumschicht und/oder im Unterwuchs ist charakteristisch
für diese Wälder. Andere Baumarten (Betula pendula, Picea abies) sind örtlich stammweise
eingestreut. Die Strauchschicht ist spärlich entwickelt und enthält Juniperus communis, Sorbus
aucuparia und Frangula alnus. In der Krautschicht herrschen azidophile Zwergsträucher und Gräser
(Vaccinium vitis-idaea, V. myrtillus, Calluna vulgaris, Deschampsia flexuosa). Auch Melampyrum
sylvaticum, M. pratense, Luzula pilosa, Chimaphila umbellata, Pyrola chlorantha, Festuca ovina
und Carex digitata sind häufig vertreten. Für die Hauptgesellschaft, das Leucobryo-Pinetum, sind
die Moose Leucobryum glaucum, Hypnum cupressiforme und Scleropodium purum diagnostisch
wichtig. Ferner kommen Pleurozium schreberi, Dicranum polysetum, D. scoparium und Hylocomi-
um splendens regelmäßig vor. Die Standorte sind arme Sandböden in Sander-Gebieten, auf perigla-
zialen Flächen und Hochterrassen der Flußtäler; typologisch gehören die Böden zu den Podsol-
Regosolen, Eisen-Humus-Podsolen und Gley-Podsolen.
Die osteuropäischen psammophytischen Kiefernwälder (D55) sind von Nordostpolen bis zur
Mittelwolga und östlich davon bis zur Kama verbreitet. In Polen und Weißrußland gehören sie
vorwiegend zur Assoziation Peucedano-Pinetum Matuszkiewicz (1962) 1973. In den osteuropäi-
schen Ausbildungen fehlen einige diagnostisch wichtige Arten, die in Polen eine hohe Stetigkeit
aufweisen, wie Peucedanum oreoselinum, Anthericum ramosum, Dianthus carthusianorum. In
Rußland spielen dagegen subkontinentale und kontinentale Waldsteppen-Arten wie Veronica
spicata, Koeleria glauca, Dianthus arenarius, D. borbasii, Centaurea marschalliana eine wichtige
Rolle. Die Kiefer ist Hauptbaumart, die Fichte tritt in den nördlichen und feuchteren Ausbildungen
hinzu, im Unterstand wachsen örtlich Tilia cordata und Quercus robur. In der Strauchschicht sind
Juniperus communis, Sorbus aucuparia, Frangula alnus und vereinzelt Chamaecytisus ruthenicus

204
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D

kennzeichnend. In der Krautschicht kommen neben azidophilen Zwergsträuchern (Vaccinium myr-


tillus, V. vitis-idaea, Calluna vulgaris) trockenheitsresistene Kräuter und Gräser vor: Pulsatilla
patens, Convallaria majalis, Veronica spicata, Peucedanum oreoselinum, Polygonatum odoratum,
Festuca ovina, Calamagrostis arundinacea, Koeleria glauca. Die Kryptogamenschicht aus Laub-
moosen (Pleurozium schreberi, Dicranum polysetum) und Strauchflechten ist relativ gut entwickelt.
Die Wälder wachsen vorwiegend auf sauren und grobkörnigen Sandböden (Sander, Terrassen,
Dünen). In flachen Senken kommen örtlich wechselfeuchte und feuchte Ausbildungen vor.
Einheit D 56 stellt einen reliefbedingten Vegetationskomplex aus xerophytischen und Zwergstrauch-
Kiefernwäldern mit feuchten Ausbildungen und Mooren dar.
Die südosteuropäischen xerophytischen Kiefern- und Eichen-Kiefernwälder (D57) sind vorwiegend
im Waldsteppengebiet der Ukraine und Rußlands zwischen Dnjepr und Wolga verbreitet. Sie sind
an Kalkstandorte längs mehrerer Flüsse mit sommertrockenem, kontinentalem Klima gebunden und
haben räumlich engen Kontakt zu Steppengesellschaften. Die Strauch- und Krautschicht der licht-
durchlässigen Kiefernbestände weist dementsprechend etliche Steppenarten auf: Prunus fruticosa,
Chamaecytisus ruthenicus, Koeleria macrantha, Festuca valesiaca, Pulsatilla patens, Filipendula
vulgaris, Carex supina, Stipa pennata. In der Baumschicht dominiert Pinus sylvestris, in der unteren
Baumschicht oder im Unterwuchs kommen Quercus robur und Tilia cordata vor. In der Kraut-
schicht fehlen boreale Arten weitgehend, und die Moosschicht ist ebenfalls sehr schwach entwickelt.
Diese Wälder kommen auf kalkhaltigen Sedimenten höhergelegener Terrassen von größeren Flüssen
und Strömen (Mittlere Wolga, Sura, Moksa, Voroneñ, Don, Donez, Dnjepr, Desna, Sejm) vor.

5.3.2 Montane (uralische) Ausbildungen


Kiefernwälder mit Pinus sylvestris und Larix sibirica sind im Mittel- und Südural vor allem auf der
kontinentaleren Ostabdachung verbreitet.
Hemiboreale krautreiche Kiefernwälder mit Larix sibirica und Tilia cordata (D58) kommen auf
niederschlagsarmen westlichen und östlichen Hängen des Ural in Höhen von 400-750 m vor. In der
Baumschicht herrscht Pinus sylvestris, begleitet von Larix sibirica und Tilia cordata im Unterstand.
In 200 Jahre alten Beständen erreicht die Kiefer Wuchshöhen bis 26 m. In der lockeren Strauch-
schicht sind boreale und vor allem nemorale Gehölze vertreten: Rosa acicularis, Sorbus aucuparia,
Daphne mezereum, Prunus padus, Lonicera xylosteum und Viburnum opulus. Die nahezu ge-
schlossene Krautschicht setzt sich aus Gräsern und Kräutern zusammen, darunter viele nemorale
Arten: neben vorherrschenden Calamagrostis arundinacea und Pteridium aquilinum u. a. Aegopodi-
um podagraria, Melica nutans, Lathyrus vernus, Pulmonaria dacica, Stachys officinalis, Asarum
europaeum und Viola mirabilis. Bezeichnend ist das Auftreten von Saum- und Waldsteppenarten
wie Pulsatilla patens subsp. flavescens, Dracocephalum ruyschiana, Origanum vulgare und Galium
verum insbesondere im südlichen Arealteil.
Die süduralischen Kiefernwälder mit Chamaecytisus ruthenicus und Seseli libanotis (D59) sind
südlicher verbreitet als die vorhergehende Einheit und weisen einen höheren Anteil an Wiesenstep-
penarten auf. Sie kommen auf Plateaus und in Hanglagen von 400-650 m ü. NN vor, wo die Jahres-
niederschläge nicht über 500 mm steigen. Die Baumschicht ist ähnlich der vorigen Ausbildung
zusammengesetzt, die Winterlinde fehlt aber vollständig. Der Strauchunterwuchs ist locker und wird
von Chamaecytisus ruthenicus, Sorbus aucuparia und Rosa acicularis gebildet. In der dichten

205
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas

Krautschicht herrschen Calamagrostis arundinacea, Dactylis glomerata, Melica nutans, Rubus


saxatilis, Fragaria vesca, Galium boreale und Solidago virgaurea. Kennzeichnend sind uralisch-
sibirische Arten wie Trifolium lupinaster, Geranium pseudosibiricum, Bupleurum longifolium subsp.
aureum und Waldsteppenarten wie Seseli libanotis, Filipendula vulgaris, Dracocephalum ruyschia-
na. In durch Waldbrände und Holzeinschlag aufgelichteten Beständen breiten sich Chamaecytisus
ruthenicus, Calamagrostis arundinacea und C. epigejos aus.
Noch stärker mit xerophilen Gehölzen und Steppenpflanzen durchsetzt sind die süduralischen
Kiefernwälder der Einheit D60, die sich auf Südhänge der östlichen Uralabdachung konzentrieren.
Sie nehmen die montane Waldstufe zwischen 650-800 m ü. NN ein und wachsen hier vorwiegend
auf flachgründigen und teils steilen Südhängen. In der Baumschicht herrscht wiederum Pinus
sylvestris mit Beimischung von Betula pendula und Larix sibirica. Unter einem relativ lichten
Baumschirm wachsen Steppensträucher wie Prunus fruticosa, Spiraea crenata, Caragana frutex
und Cotoneaster niger. Die Krautschicht ist ebenfalls reich an Gräsern lichter, trockener Wälder
(Calamagrostis epigejos, Brachypodium pinnatum) und an Steppenpflanzen (Festuca valesiaca,
Phleum phleoides, Koeleria macrantha, Helictotrichon desertorum, Veronica spicata, Dracocepha-
lum ruyschiana, Pulsatilla patens, Dendranthema zawadskii, Centaurea sibirica, Artemisia latifolia,
A. sericea, A. armeniaca, Aster alpinus). Nadelwaldarten sind nur in bestimmten Ausbildungen
dieser Wälder vertreten, u. a. durch Vaccinium vitis-idaea, Orthilia secunda, Pyrola minor, P. rotun-
difolia, Moneses uniflora.

D.6 Montane bis hochmontane (subalpine) Kiefernwälder (Pinus peuce, P. sylvestris,


P. kochiana) in der nemoralen Zone
Die Gruppe umfaßt 4 Kartierungseinheiten (D61-D64) mit montanen bis subalpinen Kiefernwäldern
auf frischen bis mäßig trockenen Standorten in den Hochgebirgen der zentralen Balkanhalbinsel und
im Kaukasus. Diese Kiefernwälder schieben sich als mehr oder weniger höhenzonale Vegetation im
submediterranen Bereich zwischen die montanen Buchen- bzw. Tannen-Fichtenwälder und die
subalpinen Krummholzgebüsche. Vorherrschende Baumarten sind die balkan-endemische Pinus
peuce (ein mit Pinus strobus verwandtes Tertiärrelikt) in den Einheiten D61 und D62, die weitver-
breitete Waldkiefer (Pinus sylvestris) in Einheit D63 und die kaukasisch-euxinische Pinus kochiana
(eine Pinus sylvestris nahestehende Kiefernart) in Einheit D64.
Die zentralbalkanischen Molika-Kiefernwälder (D61) sind inselartig in den Hochgebirgen von
Montenegro, Kosovo, Albanien, Mazedonien und Bulgarien (hier hauptsächlich im Rila- und Pirin-
Gebirge) verbreitet. Sie nehmen die Höhenstufe zwischen den montanen Buchen- bzw. Tannen-
Fichtenwäldern und den subalpinen Krummholzgebüschen mit Pinus mugo und Sorbus aucuparia
(C39) ein. Nach unten schließen gebietsweise auch Pinus heldreichii-, Pinus nigra- oder P. sylvest-
ris-Wälder an. Die auf der Balkanhalbinsel endemische Molika-Kiefer (Pinus peuce) hat ihr
Optimum in Höhenlagen zwischen 1500 und 2000 m ü. NN. Sie besiedelt hier vorzugsweise frische,
mittelgründige Silikatstandorte, kommt aber auch auf Karbonatgesteinen bestandsbildend vor. Am
Südrand des natürlichen Fichtenareals ist sie der Fichte (Picea abies) wegen größerer Resistenz
gegen Sommertrockenheit und infolge erheblicher Wuchsleistung bei niedrigen Temperaturen
überlegen. Sie ist in dieser Höhenstufe sehr vital und verjüngungsfreudig und damit auch gegenüber
der Buche (Fagus sylvatica s. l.) und Weißtanne (Abies alba) im Vorteil. Im Kontaktbereich zu den
angrenzenden Laub- und Nadelwäldern sind deren Hauptbaumarten jeweils einzelstammweise in

206
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D

den Pinus peuce-Wäldern enthalten, an der oberen Grenze dementsprechend auch Latschen (Pinus
mugo) und andere subalpine Gehölze.
Kennzeichnend für diese endemische Waldgesellschaft ist ihre floristische Zusammensetzung aus
weitverbreiteten azidophilen Nadelwaldarten (u. a. Vaccinium myrtillus, V. uliginosum, Galium
rotundifolium, Deschampsia flexuosa), die aber nur geringen Anteil haben, aus Fagetalia- und
Querco-Fagetea-Arten (u. a. Anemone nemorosa, Viola reichenbachiana, Euphorbia amygdaloides,
Aremonia agrimonoides, Daphne mezereum, Dryopteris filix-mas, Poa nemoralis, Brachypodium
sylvaticum, Symphytum tuberosum, Lamium galeobdolon), Gebirgspflanzen (Gentiana asclepiadea,
G. lutea, G. punctata, Homogyne alpina, Polystichum lonchitis, Veronica urticifolia, Veratrum
album) und balkanischen Florenelementen bzw. Endemiten (z. B. Rhododendron myrtifolium,
Sorbus aucuparia subsp. fenenkiana (in Bulgarien), Wulfenia carinthiaca, Bruckenthalia spiculifo-
lia, Digitalis viridiflora, Potentilla aurea subsp. chrysocraspeda, P. montenegrina, Melampyrum
doerfleri, M. scardicum, Dianthus pancicii, Sesleria wettsteinii, Knautia macedonica, K. midzoren-
sis). Aufgrund der Isolierung der einzelnen balkanischen Hochgebirge gibt es verschiedene geogra-
phische Ausbildungen bzw. Gebietsassoziationen mit eigenen geographischen, vielfach regional-
endemischen Trennarten.
Ein besonderes floristisches Gepräge haben jene Molika-Kiefernwälder (D62), die kleinflächig sehr
steile, felsige, trockene Hänge im Grenzgebiet von Nordalbanien, Montenegro und Kosovo auf
Serpentin besiedeln. Ihre Höhenamplitude beträgt 1700-2200 m ü. NN. Es handelt sich um lichte
Bestände ü. NN aus Pinus peuce mit beigemischter P. heldreichii und einzelnen Fagus sylvatica mit
spärlicher Strauchschicht aus Genista hassertiana, Daphne oleoides, D. blagayana, Sorbus aria und
Rhamnus saxatilis. In der Krautschicht sind Basen- und Säurezeiger sowie Serpentin-Spezialisten
vergesellschaftet wie Erica carnea, Vaccinium myrtillus, Globularia cordifolia, Festucopsis
serpentini, Sesleria coerulans, Minuartia baldaccii, Thymus boissieri, Narthecium scardicum,
Lilium albanicum und Alyssum bertolonii subsp. scutarinum. Wegen ihrer Seltenheit und Einzig-
artigkeit aufgrund zahlreicher Lokalendemiten sollten die Bestände streng geschützt werden.
Die balkanischen Kiefernwälder (Pinus sylvestris) mit Bruckenthalia spiculifolia und Hypericum
cerastoides (D63) sind hauptsächlich in Bulgarien (Rhodopen) und Griechenland in Höhen zwi-
schen 1000 und 2000 m auf sauren Gebirgs-Braunerden und Rankern verbreitet. Sie gedeihen in
einem submediterranen Hochlagenklima mit schneereichen Wintern und kurzer Trockenperiode im
Sommer und besiedeln die Höhenstufe zwischen montanen Buchenwäldern und hochmontan-
subalpinen Fichtenwäldern (D41) bzw. subalpinem Krummholzgebüsch (C39). Es handelt sich um
geschlossene, wenig geschichtete Waldkiefernwälder, die möglicherweise z. T. auf Brände zu-
rückgehen (HORVAT, GLAVA„ & ELLENBERG 1974), daher vermutlich die ziemlich gleichaltrige
Baumschicht und geringe bis fehlende Strauchschicht. Der dominierenden Pinus sylvestris können
– je nach Situation und Höhenlage – Pinus peuce, Picea abies, Abies alba, Fagus sylvatica s. l.,
Pinus nigra oder Quercus dalechampii beigemischt sein. In den Rhodopen herrschen monodominan-
te Gesellschaften vor. Mischwälder mit Pinus nigra kommen in den Rhodopen und im Pirin vor,
Mischwälder mit Buche in Pirin, Rila und Rhodopen, seltener in Osogovo oder Stara Planina
(BONDEV 1991). Die diagnostisch wichtigsten Arten der Krautschicht – vorwiegend Azidophyten –
sind Vaccinium myrtillus, V. vitis-idaea, Bruckenthalia spiculifolia, Dechampsia flexuosa, Hyperi-
cum cerastoides, Digitalis viridiflora, Hieracium murorum und Pteridium aquilinum.

207
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas

In den entsprechenden Gebirgskiefernwäldern des Kaukasus (D64) bildet Pinus kochiana die
Baumschicht. Die Waldbestände reichen von Busch- und Lichtwäldern bis hin zu hochstämmigen
(20-40 m), geschlossenen Wäldern. Sie kommen in klimatisch und geologisch unterschiedlichen
Gebieten des Großen und Kleinen Kaukasus vor, von den Vorgebirgen (600 m) bis in die Hoch-
gebirgsregion (bis maximal 2500 m).
Die Pinus kochiana-Wälder bilden im Kaukasus keinen durchgehenden Höhengürtel, sondern sind
inselartig verteilt und nehmen jeweils extremere (trockenere, flachgründigere und steilere) Standorte
ein als die höhenzonalen Tannen-Fichten- und Buchenwälder. Ihre Hauptverbreitung liegt zwischen
der hochmontanen und subalpinen Stufe. Im kontinentaleren östlichen Großen Kaukasus schließen
nach unten Dornpolstervegetation (N5) und Gebirgssteppen (M11), nach oben Krummholz- und
Lichtwälder mit Betula litwinowii, B. raddeana und Acer trautvetteri (C43) an.
Die kaukasischen Kiefernwälder repräsentieren einerseits ursprüngliche Gesellschaften, andererseits
sekundäre Wälder an Stelle von zerstörten Fichtenwäldern (Picea orientalis) oder hochmontanen
Laubwäldern. Klimax-Kiefernwälder stocken auf Hängen mit mehr oder weniger tiefgründigen
Böden vorwiegend dort, wo Fichte, Tanne und Buche aus klimatischen oder historischen Gründen
fehlen. Im Übergangsbereich zu anderen Waldgesellschaften (nach unten und oben) sind in der
Regel andere Baumarten beigemischt, die eine niedrigere Unterschicht bilden: in den unteren Lagen
sind es vor allem Eichen (im Nordkaukasus Quercus petraea und stellenweise Tilia cordata, im
östlichen Transkaukasus Quercus iberica und Q. macranthera); in der oberen Waldstufe gesellt sich
zur Kiefer meistens Betula litwinowii, im Nordkaukasus, auch B. raddeana, und regelmäßig Sorbus
aucuparia, in Transkaukasien oberhalb 1600 m stellenweise Quercus macranthera.
Entsprechend der weiten Spanne lokalklimatischer und geologischer Bedingungen sowie der unter-
schiedlichen Kontaktvegetation ist auch die Zusammensetzung des Unterwuchses der kaukasischen
Kiefernwälder außerordentlich vielgestaltig. Neben typischen Arten der kaukasischen Flora (Rhodo-
dendron caucasicum, R. luteum, Daphne pontica, Ribes biebersteinii) spielen gebietsweise, be-
sonders im westlichen Nordkaukasus, auch „boreale“ Arten (Vaccinium myrtillus, V. vitis-idaea,
Linnaea borealis, Pyrola spp., Lycopodium spp.), unter den Moosen Hylocomium splendens, Dicra-
num scoparium, Pleurozium schreberi, Rhytidiadelphus triquetrus, eine wichtige Rolle. Auf Kalk-
standorten einzelner Gebirgsstöcke enthält der Unterwuchs zudem lokalendemische Arten.

Literatur
AHTI, HÄMET-AHTI & JALAS 1968; ALBERTSON 1950; BORHIDI 1971; BJØRENDALEN 1980a, 1980b;
DIERSSEN 1996; ELLENBERG 1996; ELLENBERG & KLÖTZLI 1972; EWALD 1997; HORVAT, GLAVA„
& ELLENBERG 1974; JAHN 1977; KIELLAND-LUND 1967, 1981; MARKER 1969; MATUSZKIEWICZ, W.
1984; MATUSZKIEWICZ W., A. & J.M. 1995; MAYER 1963, 1974, 1984; MAYER & ZUKRIGL 1975;
NACHUCRIŠVILI 1999; NEUHÄUSLOVÁ 2001b; NEUHÄUSLOVÁ et al. 1998; OBERDORFER 1992
(Hrsg.), 2001; OZENDA 1988; PETTERSSON 1958; SCHLÜTER 1969; SCHMIDT 2002; STÖCKER 1967;
WAGNER 1989; WALLNÖFER 1993a; WALTER 1974; ZUKRIGL 1973.

208
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation E

E Atlantische Zwergstrauchheiden
John R. Cross

Charakterisierung und typologische Abgrenzung; geographische Verbreitung


Heiden werden durch die Dominanz von Zwergsträuchern aus der Familie der Ericaceen und/oder
Ginsterarten charakterisiert, denen häufig Gräser, Moose und Flechten beigemischt sind. Sie kom-
men in der Regel auf durchlässigen, oligotrophen und sauren Substraten, lokal aber auch auf reiche-
ren oder weniger durchlässigen Böden vor. Im Normalfall fehlen Bäume und echte Sträucher, oder
diese treten nur in windgeformten Zwergformen auf. In vielen Gebieten kommen Heiden als Sekun-
därgesellschaften vor, die durch bestimmte Nutzungsformen (Beweidung, Brand und z. T. Plaggen),
vor allem als Schafweide und in Großbritannien auch für die Jagd auf Moorschneehühner entstanden
sind. Aufgrund intensiverer landwirtschaftlicher Nutzung und infolge von Aufforstungen gehen die-
se Heiden jedoch rapide zurück. Eine echte Klimaxvegetation bilden Heiden an exponierten Küsten,
auf Gebirgskämmen und Berggipfeln, wo starker Wind, Salzeintrag, niedrige Temperaturen, Was-
sermangel und flachgründige Felsstandorte oder die Kombination mehrerer dieser Faktoren ein
Baumwachstum verhindern.
Klimaxheiden erstrecken sich von Südisland (dort aus Maßstabsgründen nicht dargestellt) und
Nordnorwegen (ca. 70/ nördl. Breite) bis nach Nordwestspanien und Nordportugal (ca. 42/ nördl.
Breite) (s. Karte 8). Sie sind jedoch auf den atlantischen Küstenstreifen Europas beschränkt und
dehnen sich ostwärts nur bis zur Südwestküste Schwedens (ca. 12/ östl. Länge) aus. Sekundärheiden
können auch weiter im Inland vorkommen, und Gesellschaften, die von Calluna- und Erica-Arten
dominiert werden, lassen sich nach Osten bis in die Nordwesttürkei nachweisen.

Bestandesstruktur und Physiognomie


Normalerweise bilden atlantische Zwergstrauchheiden ein Mosaik von Gesellschaften, die sich in
ihrer Artenzusammensetzung, Wuchshöhe, Struktur und Farbe voneinander unterscheiden. Ihre
Entstehung geht auf Unterschiede in der Bodentiefe, im Nährstoffgehalt, der Bodenfeuchte und
Exposition gegen Wind, Sonne und – an der Küste – Salzgischteinwirkung zurück. Die Zwergsträu-
cher treten meist als windgeformte Flecken oder Gruppen auf, die kaum 50 cm hoch werden und oft
sogar nur wenige Zentimeter Höhe erreichen. Zahlreiche Zwergsträucher sind immergrün und
besitzen gegenüber anderen Gefäßpflanzen einen Standortvorteil durch ihre Endomykorrhiza. Sie
bilden ein Mosaik mit Gräsern, Kräutern, Moosen, Flechten sowie vegetationsfreien Felsen oder
offenem Sand. Örtlich, an geschützten Standorten und insbesondere in den südlich verbreiteten
Einheiten, können Zwergsträucher eine Höhe von 1 m und mehr erreichen und Baumarten hier 2 bis
3 m hoch werden. Gräser und Kräuter bilden entweder eigene Synusien zwischen den Zwergsträu-
chern oder sie wachsen zwischen oder unter ihnen. In stärker exponierten Lagen können ihre Blüten-
stände die Zwergsträucher überragen. Moose und Flechten sind ein fester Bestandteil dieser Heiden
und bilden unter Zwergsträuchern und krautigen Pflanzen unauffällige Gemeinschaften. In Extrem-
fällen treten die Kryptogamen jedoch auch aspektbildend auf.

209
Formation E Karte der natürlichen Vegetation Europas

Floristische Zusammensetzung (Artengefüge)


Arten aus der Familie der Ericaceen sind die Hauptbestandteile der Zwergstrauchheiden. Calluna
vulgaris ist die steteste Art und hat eine weite Nord-Süd-Verbreitung von Island bis zur Iberischen
Halbinsel. Auch Erica cinerea weist eine weite Nord-Süd-Amplitude auf, ist aber an die stärker
ozeanischen Bereiche gebunden und fehlt bereits im Gebiet der östlichen Nordsee. An feuchteren
Standorten ist Erica tetralix häufig. Weiter im Süden spielen noch andere Erica-Arten wie E. va-
gans, E. ciliaris, E. scoparia und E. arborea eine wichtige Rolle. Daboecia cantabrica ist auf der
Iberischen Halbinsel eine kennzeichnende Art und kommt vereinzelt auch in Westirland vor.
Vaccinium- und Empetrum-Arten sind charakteristische Elemente der boreoatlantischen Heiden,
doch nimmt ihre Bedeutung nach Süden in dem Maße ab, wie Ginsterbüsche – namentlich Ulex
gallii, U. europaeus, Genista anglica und Cytisus scoparius – als Gesellschaftsbestandteile zuneh-
men. Auf der Iberischen Halbinsel spielen submediterrane Sträucher wie Cistus salviifolius und
Daphne gnidium eine wichtige Rolle. Juniperus communis-Gebüsche sind oft typisch für skandina-
vische Heiden und können dort eine Deckung von 10 bis 40 % erreichen, örtlich aber auch fast reine
Bestände bilden.
Gräser sind durch Deschampsia flexuosa und Nardus stricta insbesondere in den nördlichen und
montanen Regionen repräsentiert. Festuca rubra, F. ovina und Danthonia decumbens kommen fast
überall vor, werden aber nach Süden häufiger. Dactylis glomerata ist hauptsächlich im Westen und
Süden verbreitet. Carex binervis ist in Großbritannien und Irland eine typische Heidepflanze, und
Carex arenaria ist ein charakteristischer Bestandteil von Dünenheiden. Aus Grünlandgesellschaften
treten mehrere Kräuter auf, z. B. Potentilla erecta, Galium saxatile, Viola riviniana, Plantago
lanceolata, Scilla verna und Thymus praecox und in Küstengebieten etliche maritime Arten wie
Plantago maritima, Armeria maritima und Silene uniflora subsp. uniflora. Küsten-Heiden sind
charakterisiert durch salzgischtertragende/-beeinflußte Felssimsvegetation und durch nitrophile
Vegetation im Bereich von Vogelkolonien. Unter den Moosen spielt Racomitrium lanuginosum in
den borealen und montanen Gesellschaften der nordatlantischen Heiden eine besondere Rolle. Hier
wird es häufig von Cladonia-Arten und anderen Flechten begleitet oder – auf trockenen Standorten
– durch diese ersetzt. Flechten spielen außerdem in Heiden auf festgelegtem Dünensand eine
wichtige Rolle.

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Die pflanzensoziologische Einordnung der Heiden ist schwierig und noch nicht zufriedenstellend
gelöst. GÉHU (1975) und RIVAS-MARTÍNEZ (1979) haben die wichtigsten Klassifizierungssysteme
verschiedener Autoren zusammengefaßt. Die Hauptprobleme liegen erstens in der Vielzahl der
vorgeschlagenen Systeme, die nicht nur für verschiedene geographische Regionen, sondern auch
innerhalb eines Landes existieren. Zweitens handelt es sich oft um Sekundärheiden, die in der
Literatur nicht immer klar unterschieden sind. Drittens weisen diese Gesellschaften oft einen
kleinflächigen Wechsel und eine mosaikartige Struktur auf, so daß verschiedene Assoziationen oder
Subassoziationen häufig dicht nebeneinander vorkommen; dadurch entstehen vor allem bei der

210
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation E

kartographischen Darstellung Probleme. Dies gilt z. B. für die Kartierungseinheiten E11 und E12 in
Nordwestfrankreich. Die beiden Typen liegen eng beieinander, besiedeln aber unterschiedliche
Standorte in Bezug auf Bodentyp und Exposition.
Die atlantischen Zwergstrauchheiden gehören zur Klasse Calluno-Ulicetea Braun-Blanquet et
Tüxen ex Klika et Hada… 1944. Neben den „eigentlichen“ Heiden werden die Borstgrasrasen
(Nardetalia strictae Oberdorfer ex Preising 1949) zu dieser Klasse gerechnet. Hier werden nur die
zwei anderen Ordnungen mit den wichtigsten Verbänden und Assoziationen aufgeführt:
a) Die Vaccinio-Genistetalia Schubert 1960 haben ihr Verbreitungszentrum an der Nordsee und
erstrecken sich von dort nordwärts entlang der boreoatlantischen Küsten und westwärts über
Schottland bis in das britische und irische Bergland. Es werden zwei Verbände unterschieden:
1) Das Calluno-Empetrion boreale MacVean 1964 schließt die borealen und die irisch-britischen
montanen Heiden (Kartierungseinheiten E1-E5) ein. Dieser Verband setzt sich aus den
folgenden Assoziationen bzw. Gesellschaften zusammen: Rhacomitrium lanuginosum-Empe-
trum hermaphroditum-Gesellschaft (PÅHLSSON 1994); Rhacomitrio-Callunetum MacVean et
Ratcliffe 1962; Vaccinio-Callunetum MacVean et Ratcliffe 1962; Arctostaphylo uvae-ursi-
Callunetum Tüxen et Preising 1949. Die Einheiten von RODWELL (1991b): H13 bis H15, H17
bis H22 gehören hierher. Auch die folgenden von PÅHLSSON (1994) beschriebenen Gesell-
schaften fallen unter diesen Verband: 5.1.1.1, 5.1.1.2, 5.1.1.5, 5.1.2.1.
2) Das Calluno-Genistion Tüxen 1937 umfaßt die Assoziationen der Küsten-Heiden von Irland,
Großbritannien, der Bretagne und der kontinentalen Nordseeküsten (E6-E10). Im einzelnen
sind z. B. das Calluno-Genistetum empetrosum Tüxen 1937 (E10) und Calluno-Scilletum
vernae Malloch 1971 (E6) zu nennen. Der Verband schließt die folgenden Einheiten von
RODWELL (1991b): H5 bis H8, H10 sowie die Gesellschaften 5.1.1.3. und 5.1.1.4 bei PÅHLS-
SON (1994) ein.
b) In der Ordnung Ulicetalia minoris Quantin 1935 werden die Zwergstrauchheiden von der Ibe-
rischen Halbinsel nordwärts bis in die Bretagne sowie zur Küste Westenglands und Irlands
zusammengefaßt (E11-E14). Im Norden überlappen sie sich mit den Vaccinio-Genistetalia
Schubert 1960. Es lassen sich zwei Verbände unterscheiden:
1) Der Verband Ulicion minoris Malcuit 1929 beinhaltet folgende Assoziationen: Ulici humilis-
Ericetum cinereae Vanden Berghen 1958, J.-M. et J. Géhu 1973 (E11, E12); Ulici maritimi-
Ericetum cinereae J.-M. et J. Géhu 1973 (E12); Ulici maritimi-Ericetum vagantis J.-M. et
J. Géhu 1973 (E13); Sileno maritimae-Ulicetum humilis Rivas-Martínez 1979 (E14).
2) Das Dactylo-Ulicion maritimi J.-M. Géhu 1973 mit der Assoziation Dactylo-Sarothamnetum
maritimi Géhu 1963 (E12).

Makroklimatische Gegebenheiten
Zwergstrauchheiden kommen von Südisland und Nordnorwegen (Loppa: Mittel des kältesten
Monats -2 °C, Mittel des wärmsten Monats 11 °C) bis zum Nordwesten der Iberischen Halbinsel

211
Formation E Karte der natürlichen Vegetation Europas

(Santiago: Mittel des kältesten Monats 7 °C, Mittel des wärmsten Monats 19 °C) vor. Sie erstrecken
sich somit über mehrere Klimazonen (V bis VIII) und über zwei Hauptwaldzonen (boreal und
temperat), nämlich die Zone der mesophytischen und hygromesophytischen Nadel- und Laub-
Nadelwälder (Formation D) und die Zone der mesophytischen sommergrünen Laubwälder und
Nadel-Laubwälder (Formation F). Die gemeinsamen Merkmale sind starke Ozeanität, Fehlen
strenger Fröste, regelmäßige Niederschläge von ca. 700 mm in Südschweden bis über 1400 mm an
den Atlantikküsten Großbritanniens, Irlands und Spaniens, keine oder nur begrenzte Wasserdefizite
im Sommer und – insbesondere in den nördlichen Gebieten – ständige starke Winde. Miteinander
kombiniert begünstigen diese Charakteristika das Wachstum von Ericaceen und Ginsterarten und
hemmen die Entwicklung von Bäumen und Sträuchern.
Im überwiegenden Teil ihres Verbreitungsgebietes sind die natürlichen atlantischen Zwergstrauch-
heiden an Küsten gebunden, doch kommen sie in Irland, Großbritannien und Skandinavien auch in
größeren Höhen oberhalb der Waldgrenze vor. Hier führt das feuchte, kühle (aber nicht übermäßig
kalte), wolkenreiche und häufig extrem windige Klima auf gut durchlässigen Böden an Hängen zur
Ausbildung von Heiden. Entsprechende Lagen werden unter trockeneren, kontinentaleren Bedingun-
gen von alpinen Rasen besiedelt. In den schottischen Gebirgen, wo die Heidevegetation in die
Tundren und alpine Vegetation übergeht (Formation B), wechseln bestimmte Heidegesellschaften
mit Schneetälchenvegetation ab. Auf den stark ozeanisch getönten Färöer Inseln, wo von Natur aus
keine Bäume und Sträucher vorkommen, haben Rasengesellschaften wegen der nährstoffreicheren
Böden einen hohen Anteil am Vegetationskomplex.

Standortbedingungen
Küsten-Heiden bleiben meist auf einen sehr schmalen Gürtel beschränkt, der selten 1 km Breite
überschreitet und häufig sehr viel schmaler ist. Hier hemmen Wind und bis zu einem gewissen Grad
auch Salzspray das Wachstum von Bäumen und großen Sträuchern. Unterschiedlich starke Expositi-
on gegen Wind, Gischt und Sonne bewirkt beträchtliche physiognomische Abwandlungen der
Gesellschaften. Montane Heiden treten meist über 300 m Meereshöhe auf und erstrecken sich in den
schottischen Gebirgen bis zu einer Höhe von 1400 m. Ausgangsgesteine für die Bodenbildung sind
normalerweise basenarme Sandsteine, Schiefer, Gneise oder Granite sowie festliegende äolische
Sande, die einen geringen Kalziumkarbonatgehalt aufweisen. Lokal kommen Heiden auch auf
basenreicheren Gesteinen vor, wie die Gesellschaften über Serpentingestein in der Bretagne und
Cornwall (E13), aber auch diese besitzen einen niedrigen Kalziumgehalt. Für die Küsten-Heiden ist
die Gischt ein wichtiger Mineralstofflieferant. In Abhängigkeit von der Ausrichtung und Entfernung
zum Meer beeinflussen unterschiedliche Konzentrationen von Natrium, Chlorid und anderen Ionen
die Artenzusammensetzung.
Bei den meist gut durchlässigen Böden handelt es sich um Podsole, Ranker, trockene Torfe oder
örtlich Braunerden mit Rohhumusdecken. Der pH-Wert liegt meist zwischen 4,5 und 5,5, kann
örtlich aber bis auf 7 ansteigen. Ist der Abfluß des Wassers erschwert, werden die Heiden in den
Bergen durch Deckenmoore (Unterformation S.1 Ombotrophe Moore) oder an den Küsten durch

212
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation E

Kleinseggengesellschaften (Unterformation S.3 Minerotrophe Moore) ersetzt. Die sogenannten


„Feucht-Heiden“ mit Erica tetralix, die auf geringmächtigen, staunassen Torfen in Großbritannien
und Irland vorkommen, stellen einen Übergang zu den Deckenmooren dar, sind aber mit hoher
Wahrscheinlichkeit eine anthropogene Gesellschaft. Nach Aufgabe der Beweidung und des Bren-
nens würden sie sich vermutlich zu Gebüschen aus Betula pubescens, Salix aurita und S. atro-
cinerea entwickeln.

Rolle im Landschaftsgefüge
Obwohl die Küsten-Heiden auf ein schmales Band beschränkt sind, stellen sie auffällige und kenn-
zeichnende Elemente der Küsten dar und erscheinen oft ausgedehnter, als sie in Wirklichkeit sind.
Sie sind besonders eindrucksvoll, wenn die Heidearten oder Ginsterbüsche blühen und die Land-
schaft eine violette oder gelbe Färbung annimmt, die einen beeindruckenden Kontrast zu den Felsen,
dem Meer und dem Himmel bildet.
Küsten-Felsheiden stehen seewärts meist im Kontakt zu Felssims- und Felsspaltengesellschaften der
Crithmo-Staticetea Br.-Bl. in Br.-Bl. et al. 1952 und des Crithmo-Armerion maritimae Géhu 1968.
An flacheren Küsten bildet eine Vielzahl von Gesellschaften der Sanddünen und Salzmarschen
(Formation P) die Kontaktvegetation. Landeinwärts schließen sich an die Zwergstrauchheiden
verschiedene Gebüsch- und Waldgesellschaften an, deren Ausprägung sich mit dem Breitengrad und
dem Bodentyp ändert. Im Norden treten z. B. Komplexe aus Birken- und Kiefernwäldern auf (z. B.
C2, D50), und die mittleren und südlichen atlantischen Heiden werden von verschiedenen Eichen-
oder Eichenmischwäldern (z. B. F2, F7, F8, F31, F32) begleitet. Im Norden und in den Hochlagen
gehen sie in Tundren- oder tundraartige Vegetation (Formation B) über, und an ihrer südlichen
Grenze treffen sie auf mediterrane Hartlaubwälder (Formation J).
Die montanen Heiden sind – besonders in Schottland – viel ausgedehnter als die Küsten-Heiden und
bilden weite offene Räume, in denen das Muster aus Vegetationseinheiten und deren Farben
zusammen mit dem Wechsel von Licht und Schatten zum einzigartigen Charakter des britischen und
irischen Berglandes beiträgt. Wie die Küsten-Heiden sind sie besonders auffällig, wenn Calluna
vulgaris und Erica cinerea blühen.

Erhaltungszustand, Landnutzung, Ersatzgesellschaften; Naturschutz


Der Umfang der Heidelandschaften hat in den letzten Jahren beträchtlich abgenommen. Dies gilt
besonders für die Sekundärheiden, bei denen die traditionelle landwirtschaftliche Nutzung aufge-
geben wurde und an deren Stelle sich durch Sukzession Gebüsche oder Wälder entwickelt haben,
oder deren Flächen mit Nadelbäumen aufgeforstet wurden. Auch Gebiete mit Klimaxheiden – ins-
besondere mit montanen Heiden – sind teilweise aufgeforstet worden. Die natürlichen Küsten-
Heiden haben jedoch stärker unter der Intensivierung der Landwirtschaft (z. B. Landgewinnung,
Ackerbau), steigendem Erholungsdruck und Flächenverbrauch durch Bebauung gelitten. Freizeitnut-
zung stellt ebenfalls eine Bedrohung in montanen Gebieten dar, insbesondere der Skisport in Schott-
land. Häufig leidet die Vegetation dieser Einheiten auch an Überweidung. Bei Nährstoffeintrag

213
Formation E Karte der natürlichen Vegetation Europas

nimmt der Anteil der Gräser und Grasartigen in den Zwergstrauchheiden zu, bis hin zu deren Domi-
nanz. Einige Pflanzengesellschaften und Arten sind durch die vorgenannten Faktoren bedroht. Die
Gebirgs- und Küsten-Heiden abgelegener und unzugänglicher Gebiete sind dagegen relativ sicher.
Kleine Teile der Küsten-Heiden und größere Teile der montanen Heiden in Großbritannien und
Irland sind in Naturschutzgebieten und Nationalparks gesichert. In den skandinavischen Ländern
sind Schutzgebiete geplant, für andere Länder lagen keine entsprechenden Informationen vor.

Gliederung in Untereinheiten
Die atlantischen Zwergstrauchheiden wurden in 4 Gruppen unterteilt: (1) die boreoatlantischen
Küsten- und Gebirgs-Heiden, (2) die nordwesteuropäischen Küsten-Heiden, (3) die westeuropäi-
schen Küsten-Heiden und (4) die südwesteuropäischen Küsten-Heiden. Diese recht willkürlich
erscheinende Einteilung basiert im wesentlichen auf dem Temperaturgradienten, der sich auf das
Vorkommen oder Fehlen bestimmter Arten auswirkt. Es sind jedoch keine scharfen Grenzen
vorhanden, sondern eher eine allmähliche Änderung in der Abundanz der Arten (vgl. Tab. 11).

Tab. 11: Floristische Gliederung der atlantischen Zwergstrauchheiden (Formation E).

Nr. der Kartierungseinheit E1 E2 E3 E4 E5 E6 E7 E8 E9 E10 E11 E12 E13 E14


Lage in Europa boreoatlantisch nordwestlich westlich sw
Zwergsträucher und Sträucher:
Calluna vulgaris d d d d d d d d d d d d x .
Vaccinium vitis-idaea x x x x x . x d x . . . . .
Vaccinium myrtillus x . . d d . x x x . . . . .
Empetrum nigrum . . x x x . x x d d . . . .
Vaccinium uliginosum d d d x . . x . . . . . . .
Juniperus communis (+ subsp. alpina) x x . x x . . x . . . . . .
Arctostaphylos uva-ursi x . . x . . . x x . . . . .
Empetrum hermaphroditum d d d x x . x . . . . . . .
Arctostaphylos alpinus x x x x . . . . . . . . . .
Loiseleuria procumbens . x x x . . . . . . . . . .
Rubus chamaemorus . x . x . . . . . . . . . .
Cornus suecica . x . . . . . . . . . . . .
Salix glauca . x . . . . . . . . . . . .
Salix lapponum . x . . . . . . . . . . . .
Betula nana . x . . . . . . . . . . . .
Erica cinerea d . . . x d x . d . d d d d
Erica tetralix x . . . . x x x x x . . d .
Betula pubescens . . x . . . x . . . . . . .
Pinus sylvestris . . x . . . x . . . . . . .
Salix repens subsp. dunensis . . . . . x . . x x . . . .
Genista pilosa . . . . . . . . d . . . .
Genista anglica . . . . . . . . . d . . x .
Genista tinctoria . . . . . . . . . (x) . . . .
Ulex gallii subsp. gallii f. humilis . . . . . . . . . . d [x] d d
Ulex europaeus subsp. latebracteatus . . . . . . . . . . . d d d
Erica vagans . . . . . . . . . . . . d d
Cytisus scoparius subsp. maritimus . . . . . . . . . . . d . .
Rosa pimpinellifolia . . . . . . . . . . [x] x . .
Erica ciliaris . . . . . . . . . . . . [x] .
Daboetia cantabrica . . . . . . . . . . (x) . . .
Daphne gnidium . . . . . . . . . . . . . x
Genista hispanica subsp. occidentalis . . . . . . . . . . . . . x
Smilax aspera . . . . . . . . . . . . . x
Kräuter:
Festuca ovina . x . . x d . x . x d x x .
Danthonia decumbens x . x . . x x x x x x x x .
Potentilla erecta x . . . x x . x . x x x x .
Agrostis capillaris x . . . . x . d . (x) (x) . . .

214
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation E

Nr. der Kartierungseinheit E1 E2 E3 E4 E5 E6 E7 E8 E9 E10 E11 E12 E13 E14


Lage in Europa boreoatlantisch nordwestlich westlich sw
Anthoxanthum odoratum x . . . . x . . . . x x . .
Festuca rubra x . . . . x . . . . x x . x
Deschampsia flexuosa x x x x x x . x . x . . . .
Galium saxatile x . . x x . x d x . . . . .
Carex pilulifera x . x . . . x x x x . . . .
Nardus stricta x . . . x . x . x x . . . .
Carex binervis x . . . x . . . x . . . . .
Juncus squarrosus x . . . . . . . (x) . . . . .
Eriophorum vaginatum . x x . . . x . . . . . . .
Dactylorhiza maculata . . x . . . x . x . . . . .
Pteridium aquilinum . . x . . . x . x . . . . .
Festuca vivipara x . . . . . . . . . . . . .
Luzula congesta x . . . . . . . . . . . . .
Carex bigelowii . x . x x . . . . . . . . .
Juncus trifidus . x . . . . . . . . . . . .
Calamagrostis lapponica . x . . . . . . . . . . . .
Diphasiastrum alpinum . . . . x . . . . . . . . .
Alchemilla alpina . . . (x) . . . . . . . . . .
Carex nigra . . . . . x . x . . . . . .
Polygala vulgaris . . . . . . x . x . . . . .
Carex ovalis . . . . . . x . x . . . . .
Veronica officinalis . . . . . . x . x . . . . .
Narthecium ossifragum . . . . . . x . (x) . . . . .
Achillea millefolium . . . . . . . x . . . . . .
Campanula rotundifolia . . . . . . . x . . . . . .
Carex panicea . . . . . . . x . . . . . .
Luzula campestris . . . . . . . x . . . . . .
Trichophorum cespitosum . . . . . . . x . . . . . .
Eriophorum angustifolium . . . . . . . x . . . . . .
Carex arenaria . . . . . . . . d d . . . .
Polypodium vulgare . . . . . . . . . x . . . .
Pyrola rotundifolia . . . . . . . . . x . . . .
Lotus corniculatus . . . . . x . . . x x x x (x)
Scilla verna . . . . . x . . . . (x) x x (x)
Holcus lanatus . . . . . x . . . . x x . .
Thymus praecox . . . . . x . . . . x x . .
Hypochaeris radicata . . . . . x . . . . x x . .
Succisa pratensis . . . . . x . x . . . . x .
Polygala serpyllifolia . . . . . . x . x . . . x .
Molinia caerulea . . . . . . . x . x . . x .
Plantago maritima . . . . . x . . . . x . . .
Plantago lanceolata . . . . . x . . . . x . . .
Dactylis glomerata . . . . . . . . . . x x x x
Daucus carota subsp. gummifer . . . . . . . . . . (x) x x x
Anthyllis vulneraria s. l. . . . . . . . . . . x x . x
Brachypodium pinnatum . . . . . . . . . . x x . x
Silene vulgaris . . . . . . . . . . . x . x
Armeria maritima . . . . . . . . . . x x . .
Viola riviniana . . . . . . . . . . x . x .
Carex flacca . . . . . . . . . . x . x .
Sanguisorba minor . . . . . . . . . . x . . .
Rubia peregrina . . . . . . . . . . . [x] . .
Schoenus nigricans . . . . . . . . . . . . d .
Agrostis vinealis . . . . . . . . . . . . x .
Anagallis tenella . . . . . . . . . . . . x .
Carex hostiana . . . . . . . . . . . . x .
Carex pulicaris . . . . . . . . . . . . x .
Serratula tinctoria . . . . . . . . . . . . x x
Lithodora diffusa . . . . . . . . . . . . . x
Koeleria macrantha . . . . . . . . . . . . . x
Moose und Flechten:
Racomitrium lanuginosum d d d d d . x . x . . . . .
Pleurozium schreberi x x . x x x x d . d . . . .
Dicranum scoparium x . . x x x . d . d x . . .
Hypnum cupressiforme x . . . d x . x . x x . x .
Ptilidium ciliare x x . . . . . x . . . . . .
Cladina portentosa x . . x x . . . . x . . . .
Rhytidiadelphus loreus . . x x x . x . x . . . . .

215
Formation E Karte der natürlichen Vegetation Europas

Nr. der Kartierungseinheit E1 E2 E3 E4 E5 E6 E7 E8 E9 E10 E11 E12 E13 E14


Lage in Europa boreoatlantisch nordwestlich westlich sw
Plagiothecium undulatum . . x x x . x . x . . . . .
Bazzania trilobata . . x . . . x . x . . . . .
Hypnum jutlandicum . . x . . . x . x . . . . .
Cladonia spp. . . x . . . . x . . . . . .
Hylocomium splendens . . . x x x . . . . . . . .
Cladonia impexa . . . (x) (x) . . . . x . . . .
Cladina arbuscula . . . d x . . . . x . . . .
Cetraria aculeata . . . x . . . . . x . . . .
Cladonia furcata x . . . . . . . . . . . . .
Leucobryum glaucum x . . . . . . . . . . . . .
Dicranum polysetum x . . . . . . . . . . . . .
Cladina mitis . x . . . . . . . . . . . .
Cladina stellaris . x . . . . . . . . . . . .
Nephroma arcticum . x . . . . . . . . . . . .
Ochrolechia frigida . x . . . . . . . . . . . .
Sphaerophorus globosus . x . . . . . . . . . . . .
Barbilophozia floerkei . x . . . . . . . . . . . .
Dicranum fuscescens . x . . . . . . . . . . . .
Cladonia uncialis . . . x x . . . . . . . . .
Sphagnum spp. . . x . . . . . . . . . . .
Cetraria islandica . . . x . . . . . . . . . .
Polytrichum alpinum . . . . x . . . . . . . . .
Herbertus aduncus . . . . x . . . . . . . . .
Pleurozia purpurea . . . . x . . . . . . . . .
Scleropodium purum . . . . . . . . x x . . . .
Cladonia chlorophaea . . . . . . . . . x . . . .
Platismatia glauca . . . . . . . . . x . . . .
Campylium stellatum . . . . . . . . . . . . x .
Riccardia multifida . . . . . . . . . . . . x .
Riccardia chamedryfolia . . . . . . . . . . . . x .

Untergruppen: Erläuterungen:
1-5: Boreoatlantische Küsten- und Gebirgsheiden d = kodominant
6-10: Nordwesteuropäische Küsten-Heiden x = regelmäßig vorkommend (in Datenblatt enthalten)
11-13: Westeuropäische Küsten-Heiden (x) = örtlich vorkommend (nur in bestimmten Ausbildungen)
14: Südwesteuropäische Küsten-Heiden [x] = vereinzelt vorkommend

Die boreoatlantischen Heiden umfassen Küsten-Heiden von Island, den Färöer Inseln und West-
norwegen (E1, E2, E3) sowie die montanen Heiden von Großbritannien und Irland (E4, E5).
Charakteristisch für sie sind neben Calluna vulgaris boreale Arten wie Empetrum hermaphroditum,
Arctostaphylos alpinus, Vaccinium uliginosum und der Moos- und Flechtenreichtum. Vaccinium
vitis-idea, V. myrtillus, Deschampsia flexuosa, Nardus stricta und das Laubmoos Racomitrium
lanuginosum bilden ebenfalls wichtige Elemente. Im stark ozeanischen Klima der Färöer Inseln
beherrscht Erica cinerea zusammen mit nordischen Elementen die Vegetation im Komplex mit
Magerrasen und Racomitrium-Heiden (E1). Die boreoatlantischen Heiden der nördlichsten Einheit
(E2) besitzen ein tundraähnliches Aussehen mit Zwergstrauchdecken aus Empetrum hermaphrodi-
tum und Loiseleuria procumbens und einer lückigen Schicht aus Flechten und Moosen. Ein Teil der
Bestände wird von vereinzelten Betula nana-, Salix lapponum- und S. glauca-Sträuchern sowie
einer Schicht aus Ericaceen-Zwergsträuchern und Flechten aufgebaut. Die atlantischen Zwerg-
strauchheiden oberhalb der Waldgrenze auf Silikatgesteinen (E4, E5) sind weitgehend auf Großbri-
tannien und Irland beschränkt. Sie zeigen einen ausgeprägten Gradienten vom regenreicheren und
milderen Westen mit reichlich Racomitrium lanuginosum und Hypnum cupressiforme, begleitet von
ozeanischen Arten wie Blechnum spicant, Hypericum pulchrum und Carex binervis, hin zum
trockeneren und kälteren Osten, wo Flechten häufig dominant sind.

216
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation E

Die nordwesteuropäischen Küsten-Heiden erstrecken sich von Nordfriesland und Südwest-


schweden am Rand der Nordsee nordwärts entlang der Südwestküste Norwegens und westwärts
entlang der schottischen Küste. In diesen Heiden nimmt die Bedeutung nördlicher Elemente wie
Empetrum hermaphroditum und bestimmter Moose wie Racomitrium lanuginosum, Rhytidiadelphus
loreus sowie Flechten ab, während Krautarten wie Thymus praecox, Lotus corniculatus sowie Erica
cinerea und E. tetralix häufiger werden. Es ist sowohl ein Nord-Süd-Gradient, als auch ein West-
Ost-Gradient erkennbar. Dies wird besonders an den schottischen Küsten-Heiden deutlich, in denen
Erica tetralix an der Westküste, Empetrum nigrum und Flechten an der Ostküste häufig sind. E6
stellt die westlichste Einheit dar, für die Erica cinerea und Scilla verna in Verbindung mit Gräsern
und Kräutern kennzeichnend sind. Ähnliche Gesellschaften mit der ozeanischen Erica cinerea, doch
auch mit nördlichen Elementen, treten in Südwestnorwegen auf und differenzieren E7 und E9 von
den übrigen skandinavischen Einheiten. E8 ist eine entsprechende Gesellschaft an der südwest-
schwedischen Küste, in der Vaccinium myrtillus und V. vitis-idaea zusammen mit Erica tetralix auf
feuchteren Standorten vorkommen. Ebenso wie Empetrum nigrum nimmt diese Art ostwärts ab.
Küsten-Heiden auf entkalkten Dünensanden (E9, E10) sind durch Carex arenaria und Salix repens
subsp. dunensis klar gekennzeichnet. Im Süden Norwegens enthalten diese Dünenheiden noch Erica
cinerea und Juncus squarrosus. Ähnliche Bestände kommen zerstreut an der Nord- und Ostküste
Schottlands vor, doch haben Zwergstrauchheiden auf Dünensanden ihren Schwerpunkt in Dänemark
und auf den Nordfriesischen Inseln (E10). Erica cinerea fehlt dort, dafür werden Genista-Arten
(Genista pilosa, G. anglica, G. tinctoria) südwärts häufiger.
In den westeuropäischen Küsten-Heiden fehlen nördliche Elemente fast ganz, und südliche bzw.
ausgesprochen ozeanische Arten spielen eine zunehmend wichtige Rolle: neben Erica cinerea
insbesondere Ulex gallii, U. europaeus, und Erica vagans. E12 ist eine gut kenntliche Einheit Nord-
westfrankreichs, für die Cytisus scoparius subsp. maritimus und Ulex europaeus subsp. latebractea-
tus charakteristisch sind. Ulex gallii subsp. gallii f. humilis erreicht seine nördliche Verbreitungs-
grenze in Südschottland und ist u. a. eine diagnostisch wichtige Art der Einheit E11. Diese Einheit
stellt die vorherrschende Küsten-Heidegesellschaft in England (hauptsächlich an der Westküste),
Wales und Irland dar und reicht bis Nordwestfrankreich. Hier kommt Ulex gallii subsp. gallii
zusammen mit Calluna vulgaris, Erica cinerea, Scilla verna und Magerrasen aus Festuca rubra,
F. ovina und Danthonia decumbens vor. Ulex-Arten sind ferner charakteristische Bestandteile der
räumlich eng begrenzten Erica vagans-Heiden mit Schoenus nigricans auf Serpentin in der Bretagne
und im äußersten Südwesten Englands (E13).
Die südwesteuropäischen Küsten-Heiden von Nordspanien und Nordportugal werden durch Arten
mit ausgesprochen südlicher Verbreitung wie Daphne gnidium und Lithodora diffusa charakterisiert,
die hier zusammen mit Ulex europaeus, U. gallii subsp. gallii, Erica cinerea und E. vagans vor-
kommen (E14).

217
Formation E Karte der natürlichen Vegetation Europas

Boreoatlantische Küsten- und Gebirgs-Heiden: E1-E5


Nordwesteuropäische Küsten-Heiden: E6-E10
Westeuropäische Küsten-Heiden: E11-E13
Südwesteuropäische Küsten-Heiden: E14

Karte 8: Verbreitung der Formation E: Untergruppen und Kartierungseinheiten der atlantischen Zwergstrauch-
heiden (E1-E14).

Literatur
BARENDREGT 1982; BIRSE & ROBERTSON 1976; BRIDGEWATER 1970; GÉHU, J.-M. (Ed.) 1975;
GIMINGHAM 1969; MALLOCH 1971; PÅHLSSON (Ed.) 1994; RIVAS-MARTÍNEZ 1979; RODWELL (Ed.)
1991b; URQUHART & GIMINGHAM 1979; WHITE J. & DOYLE 1982.

218
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F

F Mesophytische sommergrüne Laubwälder und Nadel-Laubwälder


W»adys»aw Matuszkiewicz

Charakterisierung und typologische Abgrenzung


Unter diesem Formationsbegriff werden die meisten periodisch laubabwerfenden, winterkahlen
Waldgesellschaften zusammengefaßt, welche in mehr oder weniger ozeanisch getönten Gebieten der
temperaten Zone auf terrestrischen Böden zonal vorkommen und ausschließlich oder doch vorwie-
gend von wenigen Laubholzarten aufgebaut werden.
Nicht einbezogen sind einerseits die wärmeliebenden, meist von verschiedenen sommergrünen Ei-
chenarten beherrschten artenreichen Laubwälder der warm-temperaten und submediterranen Zone
(Formation G), zum anderen auch nicht die azonalen, grund- oder stauwasserbeeinflußten Gesell-
schaften der Bruch-, Sumpf- und Auenwälder (Formationen T und U). Zu den genannten Gruppen
der sommergrünen Laubwaldgesellschaften gibt es gleitende Übergänge, ebenso zu den Formationen
der Nadelwälder (Formationen D8, D9, D12, K1 in der Übersichtskarte 1 : 10 Mio.) – hier allerdings
nur im Grenzbereich ihrer horizontalen und vertikalen Verbreitung –, ferner zur Formation der
Waldsteppen L.
Für die Kennzeichnung und Abgrenzung der Fornation F gegenüber der Nadelwald-Formation D
waren floristisch-strukturelle und physiognomische Merkmale maßgebend: Die typologische Grenz-
linie fällt nämlich mit dem Umschlag zugunsten der Nadelwaldelemente im Gesellschaftsgefüge der
naturnahen Bestände zusammen.
Die Formation F in unserer Auffassung läßt sich mit keiner Einheit der bekannten Formations-
systeme genau identifizieren. Sie entspricht weitgehend dem Begriff der europäischen nemoralen
großblättrigen Laubwälder mancher russischen Autoren.

Geographische Verbreitung
Das Hauptverbreitungsgebiet der in der Formation F zusammengefaßten mesophytischen sommer-
grünen Laubwälder erstreckt sich in Westeuropa von Nordportugal, Nordspanien, Westfrankreich,
Irland und Großbritannien über Mitteleuropa bis Süd-Skandinavien, Litauen, das südliche Weißruß-
land, die Ukraine und Rußland als schmaler Streifen bis zum südlichen Ural. In diesem Raum sind
die sommergrünen Laubwälder, außer den höheren Lagen in den Gebirgen, als zonaler Vegetations-
typ zu betrachten (vgl. Karte 9). Gegen Nordosten vermittelt eine recht breite Mischwaldzone (D8a
der Übersichtskarte 1 : 10 Mio.) den Übergang zu den borealen Nadelwäldern; in diesem Raum sind
die Gesellschaften vom reinen Laubwaldtypus auf geeigneten Standorten noch vielfach vertreten.
Die Südgrenze der Formation F verläuft von Nordportugal über Nordspanien, Korsika, Sizilien,
Mittelgriechenland, die nördliche Türkei und das Kaukasusgebiet. Hier greifen Vertreter dieser
Formation, namentlich Buchenwälder und Eichen-Hainbuchenwälder, noch weit in das Areal der
thermophilen Eichenwälder der submediterranen Zone und der Waldsteppenzone ein, und zwar
entweder extrazonal in lokalklimatisch begünstigten Lagen, etwa an Nordhängen, oder auf grund-
wasserbeeinflußten, auenartigen Standorten der Talsohlen (so in Mittelitalien und auf dem Balkan),

219
Formation F Karte der natürlichen Vegetation Europas

oder aber als markanter montaner Vegetationsgürtel in nordspanischen, süditalienischen und südbal-
kanischen Gebirgen (auf dem Ätna z. B. stellenweise in Höhen von 1200-2100 m ü. NN).

Bestandesstruktur und Physiognomie


Die vorherrschende und aspektbestimmende Wuchsform dieser Gesellschaften ist die der tropophy-
tischen, periodisch kahlen Kronenbäume mit ausgeprägten Jahresringen im Holz, gut ausgebildeter,
z. T. dicker Borke und mittelgroßen, meso- bis hygromorphen, alljährlich neugebildeten Blättern.
Die Erneuerungsknospen werden durch dicht geschlossene Schuppenhüllen geschützt. Die obligate
herbstliche Laubverfärbung und der Laubfall lassen sich zwar als Anpassung an die Frosttrockenheit
deuten, sind aber entwicklungsgeschichtlich erblich fixiert und deshalb artspezifisch. Den stets
dominierenden Laubbäumen können sich gebietsweise Nadelbäume mit wechselndem Anteil zuge-
sellen.
Der 20-30(-40) Meter hohe Baumbestand kann ein- oder zweischichtig, ausnahmsweise auch drei-
schichtig sein; dann wird die meist lockere oberste Baumschicht von Nadelhölzern gebildet. Die
Strauchschicht ist je nach Kronenschluß unterschiedlich entwickelt und kann unter einem dicht-
geschlossenen Kronendach so gut wie ganz fehlen. Die Struktur der Baum- und Strauchschicht ist
in den meisten real bestehenden Wäldern Europas anthropogen beeinflußt und stark von der
Nutzungs- und Bewirtschaftungsform abhängig.
Die Krautschicht ist meistens gut entwickelt und nur auf nährstoffärmeren Standorten recht spärlich.
Sie setzt sich zum überwiegenden Teil aus hemikryptophytischen Kräutern und Gräsern zusammen.
Chamaephyten, und zwar meist Zwergsträucher, spielen nur im ökologischen Grenzbereich zu den
Nadelwäldern eine nennenswerte Rolle; Therophyten kommen praktisch kaum vor. Bezeichnend ist
dagegen der nicht unbedeutende Anteil der Geophyten, welche besonders in basen- und nährstoffrei-
chen Ausbildungen der Gesellschaften reichlich vorkommen und vor der Laubentfaltung im Früh-
jahr den Aspekt der Krautschicht entscheidend bestimmen können. Eine Moosschicht ist in den
meisten Fällen kaum entwickelt – abgesehen von gewissen meist bodensauren Ausbildungen, in
welchen Moose und z. T. auch Strauchflechten eine bedeutende Rolle spielen.
Für die Formation der mesophytischen sommergrünen Laubwälder ist deren jahreszeitlicher Rhyth-
mus und die regelmäßige Abfolge bestimmter Saisonaspekte sehr bezeichnend: Es handelt sich um
zeitliche Synusien, welche die wechselnden Standort-, namentlich Lichtbedingungen vollständiger
ausnutzen. Im allgemeinen kann man vier physiognomisch markante Hauptphasen unterscheiden:
a) die Geophyten-Phase im Vor- und Erstfrühling;
b) die Hemikryptophyten-Phase im Sommer nach der im Vollfrühling abgeschlossenen Laubent-
faltung;
c) die farbenfreudige Phase der frühherbstlichen Laubverfärbung;
d) die Ruhe-Phase des winterkahlen Baumbestandes im Spätherbst und Winter.
Die geläufige Vorstellung der vier Jahreszeiten geht wohl auf den alljährlichen Wechsel der genann-
ten Phänophasen des europäischen Laubwaldes zurück.
Immergrüne Gehölze (außer den gebietsweise beigemischten Koniferen) kommen in der Baum-

220
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F

schicht gar nicht und in der Strauchschicht nur in wintermilden ozeanischen Gebieten vor. In der
Bodenflora sind dagegen zahlreiche wintergrüne oder halbwintergrüne Stauden und Gräser vertreten
und genießen den Schutz der rechtzeitig einsetzenden Schneedecke. Sie können im Winter unter
Umständen, so bei Tauwetter, bis zu einem gewissen Grad auch assimilieren.

Floristische Zusammensetzung (Artengefüge)


In floristischer Hinsicht sind die hier behandelten Wälder – verglichen mit ihren ostasiatischen und
atlantisch-nordamerikanischen Vikarianten – auffallend artenarm, insbesondere in bezug auf die
Baumschicht. Als bestandesbildende Laubbaumarten kommen eigentlich nur sieben in Frage: Rot-
buche und Orientbuche (Fagus sylvatica s. l.), Hainbuche (Carpinus betulus), beide Eichen-Arten:
Stiel- und Traubeneiche (Quercus robur, Q. petraea); im Westteil und lokal ferner die Esche (Fra-
xinus excelsior), im östlichen Teil der nemoralen Zone Europas außerdem die Winterlinde (Tilia
cordata). Andere Arten, so die Ulmen (Ulmus glabra, U. minor), Spitz- und Bergahorn (Acer
platanoides, A. pseudoplatanus), sowie die Sommerlinde (Tilia platyphyllos), sind meist nur einzeln
beigemischt und können höchstens gebietsweise und meist nur standortsbedingt eine größere Rolle
spielen. Die leichtsamigen, kleinblättrigen Holzarten wie Birken (Betula pendula, B. pubescens),
Espe (Populus tremula), Salweide (Salix caprea) u. a. sind meist nur in frühen Sukzessionsstadien
als Vorwaldarten von Bedeutung. Regional können sich auch Nadelhölzer am Aufbau des Baum-
bestandes in wechselndem Maße beteiligen, so insbesondere die Weißtanne (Abies alba) und die
Fichte (Picea abies) in der montanen Stufe der mitteleuropäischen Gebirge, ferner die Kiefer (Pinus
sylvestris) namentlich auf bodensauren Standorten im östlichen Tiefland.
Von den genannten Hauptbaumarten ist nur die Stieleiche im gesamten Areal der Formation ver-
treten, wenn auch ihre Rolle in den einzelnen Gebieten sehr unterschiedlich sein kann. Die anderen
Baumarten haben begrenzte Areale und lassen eine Staffelung entsprechend dem Ozeanitätsgefälle
erkennen. Im mittleren Gürtel der nemoralen Zone erreicht die Rotbuche nach Osten kaum das
Gebiet zwischen Warthe und Weichsel, die Traubeneiche überschreitet nur wenig die Bug-Dnjestr-
Linie, die Hainbuche fehlt ganz im Westen und endet im Osten praktisch am Dnjepr, kommt jedoch
auf der Krim und im Kaukasus wieder vor, und die Esche fehlt im transwolgischen Raum. Die Rolle
der Winterlinde nimmt dagegen ostwärts zu.
Den Grundstock der Flora der nemoralen Laubwälder bilden die europäischen bzw. europäisch-
westsibirischen Arten der temperaten Zone mit ozeanisch-subozeanischer Verbreitungstendenz. Es
sind vorwiegend mesophile, meso-bis eutraphente Schattenpflanzen. Historisch-genetisch lassen sie
sich größtenteils vom holarktisch-tertiären Entwicklungsstamm der pliozänen Flora ableiten und
bilden hier die mitteleuropäische genetische Gruppe.
Eine Sonderstellung nehmen die sommergrünen Laubwälder ein, in welchen die Orientbuche (Fagus
sylvatica subsp. orientalis und verwandte Formen) sowie die Orienthainbuche (Carpinus orientalis)
als geographisch vikariierende Arten ihre west- und mitteleuropäischen Verwandten ersetzen. Auch
sind hier die Gattungen Quercus und Acer durch mehrere im Westen nicht vorkommende Arten ver-
treten. Diese Wälder sind besonders für die kaukasische Region charakteristisch, kommen aber – in

221
Formation F Karte der natürlichen Vegetation Europas

verarmter Form – auch noch auf der Krim und im Istranca-Gebirge im bulgarisch-türkischen Grenz-
gebiet vor. Sie sind außerordentlich artenreich und durch einige z. T. immergrüne Arten, die als
Relikte der arktotertiären Flora gedeutet werden (Rhododendron ponticum, Prunus laurocerasus,
Daphne pontica, ferner Zelkova carpinifolia, Parrotia persica, Acer hyrcanum u. a.), ausgezeichnet.
Mit großblättrigen Wuchsformen, zahlreichen immergrünen Gewächsen im Unterwuchs und mehre-
ren Lianen vermitteln diese überaus üppigen Wälder zu den warmtemperierten oder gar subtropi-
schen Regenwäldern (vgl. Formation H).

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Die physiognomisch aufgefaßte Formation ist in floristisch-soziologischer Hinsicht recht heterogen.
Sie fällt durchaus nicht – wie es oft angenommen wird – mit der Klasse der Querco-Fagetea Br.-Bl.
et Vlieger in Vlieger 1937 oder gar mit der Ordnung der Fagetalia sylvaticae Paw»owski et al. 1928
zusammen. Sie umfaßt von der genannten Ordnung lediglich die Gesellschaften der Fagion- und
Carpinion-Verbände. Darüber hinaus gehören noch die artenarmen azidophilen Eichenwälder, z. T.
mit Birke, Buche und/oder Kiefer, dazu. Sie werden entweder als Bestandteil der Ordnung Querce-
talia roboris Tx. 1931 als Vertreter einer eigenen Klasse (Quercetea roboris Br.-Bl. et Tx. 1943)
aufgefaßt oder neuerdings von einigen Autoren ebenfalls zur Klasse der Querco-Fagetea gestellt –
eine Auffassung, welche jedoch noch umstritten ist. Ohne näher auf die syntaxonomischen Streit-
fragen einzugehen läßt sich jedoch feststellen, daß der Umfang unserer Formation F weitgehend mit
dem folgender Syntaxa identisch ist: Quercetalia roboris, Carpinion betuli, Quercion roboris-Tilion
cordatae, Luzulo-Fagion, Fagion sylvaticae und Rhododendro pontici-Fagetalia orientalis.

Makroklimatische Gegebenheiten
Die mesophytischen sommergrünen Laubwälder sind großräumig an bestimmte standortsökologi-
sche, namentlich makroklimatische Bedingungen gebunden. Ihr Verbreitungsgebiet korrespondiert
mit dem der Klima-Typen V und VI nach WALTER et al. (1975). Es herrscht ein gemäßigtes Klima
mit ausgeprägtem, aber nicht zu langem Winter und anhaltend positiver Bilanz der Niederschläge,
die übrigens ziemlich gleichmäßig über das ganze Jahr, meist mit Maximum im Sommer, verteilt
sind. Im einzelnen wechseln die Klimaverhältnisse innerhalb der nemoralen Zone recht deutlich,
und zwar sowohl in bezug auf die Temperaturen wie auf die Niederschläge. Für die regionale
Gliederung der Laubwälder ist vor allem das Ozeanitäts-/Kontinentalitätsgefälle ausschlaggebend.
Von der atlantischen Küste landeinwärts wechseln dementsprechend im europäischen Tief- und
Hügelland, grob aufgefaßt, folgende Gesellschaftstypen:
a) Eschen-Stieleichenwälder,
b) Buchen- und Eichen-Buchenwälder,
c) Eichen-Hainbuchenwälder (beide Quercus-Arten, z. T. mit Buche),
d) buchenfreie Eichen-Hainbuchenwälder,
e) lindenreiche Stieleichen-Hainbuchenwälder,
f) spitzahornreiche Linden-Stieleichenwälder,
g) edellaubholzreiche Lindenmischwälder.

222
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F

Gegen Osten und Nordosten gesellen sich im Tiefland Kiefer und Fichte als Nebenholzart dazu.
Klimatisch bedingt dürften auch die Arealgrenzen der Laubwälder in Europa sein: Im Norden gegen
die Nadelwaldzone wohl infolge von Spätfrösten und zu kurzer Vegetationsperiode, im Südosten
gegen die Waldsteppen und Steppen durch ungünstige Wasserbilanz während des heißen Sommers.
Im ozeanisch beeinflußten Süden ist die Grenze gegen die wärmebedürftigen und zunehmend
wintergrünen Formationen in erster Linie durch den Temperaturfaktor und die Sommertrockenheit
bestimmt.
Klimatisch bedingt ist auch die vertikale Verbreitung der sommergrünen Laubwälder. In der eigent-
lichen nemoralen Zone, d. h. in West- und Mitteleuropa, reichen sie vom Tiefland bis in die monta-
ne Stufe und werden dort allmählich durch Nadelmisch- und Nadelwälder abgelöst. In Südeuropa
verschiebt sich der Gürtel der entsprechenden Laubwaldformation nach Süden zunehmend hinauf
ins Gebirge, zuletzt bis in die hochmontane Stufe. In mehreren südeuropäischen Gebirgen wird die
obere Waldgrenze folglich durch sommergrüne Laubwälder gebildet.

Standortbedingungen
In bezug auf Substrat- und Bodenverhältnisse haben die europäischen Laubwälder eine auffallend
breite ökologische Amplitude. Besonders im westlichen Arealteil nehmen sie im Tief- und Hügel-
land fast alle für den Wald geeigneten Standorte ein; gemieden werden lediglich die dauernd oder
doch periodisch nassen Böden, auf welchen sie durch hygrophile, gleichfalls sommergrüne Sumpf-,
Bruch- und Auenwälder abgelöst werden. Der mesophile Laubwald kommt somit auf flach- oder
tiefgründigen, grob- bis feinkörnigen, nährstoffarmen bis ausgesprochen reichen, stark sauren bis
schwach alkalischen, trockenen bis mäßig feuchten Böden vor. Je nach den Standortbedingungen
sind allerdings floristisch-soziologisch sehr unterschiedliche Gesellschaften ausgebildet, welche sich
auch in ihrer Produktionsleistung und in der wirtschaftlichen Eignung stark unterscheiden. Mit
zunehmender Kontinentalität des Klimas wird im östlichen Mitteleuropa und weiter gegen Osten die
ökologische Amplitude der Laubwälder wesentlich eingeengt, indem dieselben auf nährstoffärme-
ren, vorwiegend sandigen Standorten immer mehr durch anspruchslosere Nadelwälder verdrängt
werden. Der reine Laubwald ist in solchen Gebieten enger an leistungsstärkere Böden gebunden.
Für die mesophilen sommergrünen Laubwälder gilt in ihrem gesamten europäischen Areal die
Braunerde als der eigentliche charakteristische Bodentyp. Das stimmt für die mittleren, typischen
Ausbildungen insofern, als die entsprechenden Vegetations- und Bodentypen als zonale Erscheinun-
gen in ihrer Entwicklung letzten Endes durch den gleichen Klimafaktor gesteuert und geprägt wer-
den. Neben den eigentlichen Braunerden sind Parabraunerden und Pseudogleye ebenfalls sehr häu-
fig; für die vom Typus abweichenden ökologischen Randausbildungen sind auch andere Bodentypen
recht charakteristisch. So sind alle „feuchten“ Ausbildungen mit Gley- und Pseudogley-Böden eng
verbunden, und für die azidophilen oligo/mesotraphenten Wälder sind in verschiedenem Grade
podsolierte Böden typisch. Andererseits spielen auch Rendzinen und Terra fusca als Laubwaldstand-
orte gebietsweise eine größere Rolle.

223
Formation F Karte der natürlichen Vegetation Europas

Wie der Bodentyp, so variiert auch die Humusform in weiten Grenzen. Ist der Mull-Humus für alle
artenreichen Laubwälder charakteristisch, so gibt es bei den typologischen Randausbildungen oder
in degradierten Beständen öfters Moder- und selbst Rohhumus-Formen.

Rolle im Landschaftsgefüge; Erhaltungszustand, Landnutzung, Ersatzgesellschaften


In den meisten Gebieten der nemoralen Zone Europas sind die mesophytischen Laubwälder der
eigentliche klimazonale Vegetationstyp. Für das westeuropäische Tief- und Hügelland gilt das bis
auf die feuchten und nassen Standorte der Auen, Sümpfe und Moore. Im Osten ist das Vegetations-
gefüge komplizierter, indem alle nährstoffarmen, vorwiegend sandigen Standorte von Natur aus von
Misch- oder gar Nadelwäldern eingenommen werden. In Polen fällt dem Laubwald potentiell aller-
dings noch mehr als die Hälfte der gesamten Landfläche zu.
In der heutigen Landschaft beträgt der tatsächliche Flächenanteil der Laubwälder oft nur wenige
Prozente. In den seit langem dicht besiedelten und intensiv bewirtschafteten Landschaften Europas
hat man nämlich ihre Standorte längst für die Landwirtschaft erschlossen, so daß die ursprünglichen
Laubwälder auf wenige Restbestände reduziert worden sind. Die wichtigsten und verbreitetsten Er-
satzgesellschaften sind die der Äcker (Stellarietea mediae Tx. et al. ex von Rochow 1951 u. a.), aber
auch frische bis mäßig trockene Wiesen und Dauerweiden (Molinio-Arrhenatheretea Tx. 1937). Die
erhaltengebliebenen Waldungen haben überdies infolge seit Jahrhunderten andauernder anthropoge-
ner Nutzung eine starke Änderung erfahren, zumal die forstlich genutzten Flächen vielfach mit
standortfremden Nadelhölzern oder mit anderen, meist eingeführten Nutzholzarten aufgeforstet
wurden. Immerhin gibt es, über das ganze Verbreitungsgebiet zerstreut, durchaus auch naturnahe
Bestände, welche eine ziemlich genaue Vorstellung von der potentiellen natürlichen Laubwaldvege-
tation Europas in ihrer regionalen und standörtlichen Variationsbreite ermöglichen. Durch die
moderne pflanzensoziologische und waldkundliche Forschung und insbesondere durch die in den
meisten Ländern durchgeführte groß- und mittelmaßstäbige Vegetationskartierung sind auch die
dynamischen Beziehungen der natürlichen Waldgesellschaften zu ihren Ersatzgesellschaften und
zum Standort weitgehend geklärt worden.

Gliederung in typologische Untereinheiten


Bei dem ausgedehnten Areal und der weiten standortökologischen Amplitude der mesophytischen
sommergrünen Laubwälder und Nadel-Laubwälder verwundert es nicht, daß die Formation auch
typologisch reich gegliedert ist. Es werden 172 Kartierungseinheiten unterschieden, die zu 7 Unter-
formationen zusammengefaßt sind. Diese Gruppen sind vorwiegend floristisch-physiognomisch
nach der natürlichen Kombination der dominierenden Baumarten gefaßt und teils standortsökolo-
gisch, teils vegetationsgeographisch charakterisiert. Es sind:
F.1 Die artenarmen azidophilen und oligo- bis mesotraphenten Eichen- und Eichenmischwälder
mit dominierenden Eichen-Arten, mit Schwerpunkt der Verbreitung im atlantisch-subatlanti-
schen Raum, aber mit Ausläufern bis nach Osteuropa und ins östliche Südeuropa (26 Ein-
heiten)

224
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F

F.2 Die eu-atlantischen, meso- bis eutraphenten, artenreichen Eichen-Eschenmischwälder West-


europas (7 Einheiten).
F.3 Die meso- bis eutraphenten, meist artenreichen Eichen-Hainbuchenmischwälder mit zonalen
Hauptvorkommen im östlichen Mitteleuropa und subkontinentaler Verbreitungstendenz
(36 Einheiten)
F.4 Die meso- bis eutraphenten artenreichen Linden-Stieleichenwälder des gemäßigt kontinenta-
len Osteuropa (5 Einheiten).
F.5 Die Buchen- und Buchenmischwälder des ozeanisch beeinflußten West- und Mitteleuropa und
der montanen Stufe der west-, mittel- und südeuropäischen Gebirge (86 Einheiten).
F.6 Die artenreichen montanen Orientbuchenwälder und Hainbuchen-Orientbuchenwälder der
euxinisch-kaukasischen Region mit teilweise immergrünem Unterwuchs (6 Einheiten).
F.7 Die artenreichen submontan-montanen Hainbuchen-Eichenmischwälder der kaukasischen
Region (6 Einheiten).
Die Hälfte aller unterschiedenen Kartierungseinheiten bilden die Rotbuchenwälder; diese Gruppe ist
also besonders fein gegliedert. Das liegt zum einen daran, daß die Buchenwälder seit langem vegeta-
tionskundlich bevorzugt untersucht wurden, so daß ihre standörtliche und geographische Variabilität
besser bekannt ist als die der übrigen Laubwaldtypen, zum anderen ist dies auf die enorme ökologi-
sche Bandbreite der Buchenwälder hinsichtlich Trophie (oligo- bis eutroph) und Klimabedingungen
(West-Ost-, Nord-Süd- und Höhenstufenverbreitung) zurückzuführen.
Die weitere Untergliederung der Unterformationen folgt in fast allen Gruppen dem etagealen Prin-
zip: Es werden meist planar-kolline, kollin-submontane und z. T. montan(-hochmontane) Ausbil-
dungen unterschieden. In der am stärksten differenzierten Gruppe, bei den Rotbuchenwäldern,
werden allerdings zuerst die artenarmen oligo-mesotraphenten Gesellschaften den artenreichen eu-
traphenten als Hauptgruppen gegenübergestellt und anschließend diese beiden Gruppen nach dem
etagealen Prinzip weiter untergliedert.

225
Formation F.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

F.1 Artenarme azidophile Eichen- und Eichenmischwälder (Quercus robur,


Q. petraea, Q. pyrenaica, Pinus sylvestris, Betula pendula, B. pubescens,
B. pubescens subsp. celtiberica, Castanea sativa)
John R. Cross & Jens Pallas, mit Beiträgen von Udo Bohn

Charakterisierung und typologische Abgrenzung; geographische Verbreitung (J. Cross,


J. Pallas)
Charakteristisch für bodensaure Eichen- und Eichenmischwälder ist die Vorherrschaft von Eichen,
zumeist Quercus robur und Q. petraea in der Baumschicht, sowie ein dominantes Auftreten von
Azidophyten im Unterwuchs, und zwar von Arten mitteleuropäischer oder eurasisch temperater
Verbreitung. Strauch- und Krautschicht sind meist gut entwickelt, jedoch relativ artenarm im
Vergleich zu Laubwäldern basenreicherer Standorte oder klimatisch günstigerer Gebiete.
Das Areal dieser Eichenwälder erstreckt sich in der temperaten Zone Europas von der Atlantikküste
bis ins westliche Rußland (Karte 9). An seiner Südgrenze schließt es teilweise auch montane Gebiete
der submeridionalen Zone ein. Das Gesamtverbreitungsgebiet gleicht einem stark zerteilten spitz-
winkligen Dreieck, dessen Basis sich entlang der Atlantikküste von Nordportugal (ca. 41/ N) über
Irland bis nach Schottland (ca. 58/ N) erstreckt. Die Spitze des Dreiecks liegt nordöstlich von Kiew
(ca. 53/ N, 34/ O), mit isolierten Vorposten bis nahe an die Wolga bei Kasan. Die nördliche Grenze
verläuft über Schottland, Südskandinavien, Litauen und Weißrußland, die südliche über Nordportu-
gal, Nordspanien, Südfrankreich, Oberitalien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Rumänien, die
Ukraine und Südrußland. Südliche Ausläufer dieser Wälder reichen bis in die submeridionale Zone.
Die Standorte weisen in der Regel durchlässige oder aber wechselfeuchte, nährstoffarme, saure, oft
sandige, z. T. flachgründige bis felsige Böden auf.
Im natürlichen Verbreitungsgebiet der Buche – insbesondere in der Subatlantischen und Zentral-
europäischen Provinz – werden die bodensauren Eichenwälder unter dem Konkurrenzdruck der
Buche auf wechselfeuchte Böden oder auf sehr flachgründige Hangstandorte, die für ein Überleben
der Buchenkeimlinge zu trocken sind, zurückgedrängt. Die Beurteilung der Natürlichkeit der
bodensauren Eichenwälder ist teilweise spekulativ, denn vielerorts begünstigte die Nieder- und
Mittelwaldwirtschaft der Vergangenheit die Eiche. Die Mehrheit der naturnahen Bestände ist daher
relativ kleinflächig und zerstreut verbreitet. Großflächige Vorkommen liegen vor allem außerhalb
des Buchenareals: in Westkantabrien und Galicien, Südwestfrankreich, Irland und Großbritannien,
Polen, Weißrußland und der Nordukraine.
Das Areal der bodensauren Eichenmischwälder ist nicht so ausgedehnt wie das der sommergrünen Breitlaubwälder insgesamt,
denn es sind weitere arealbegrenzende Faktoren wirksam:
– In der montanen Stufe Mitteleuropas und der submeridionalen Zone herrschen Buchenwälder vor.
– Im Norden und Nordosten des Areals ist die Konkurrenz der Nadelwälder (Formation D) der begrenzende Faktor. Auf
bodensauren, nährstoffärmeren Standorten ist die Laubwaldformation im Osten Nadelbäumen eher unterlegen als auf
reicheren Standorten (vgl. MONK 1966, zitiert in JÄGER 1969: 401). Daher dürften reine Laubwälder hier nur noch auf
basenreicheren Standorten anzutreffen sein.
– Im Osten lassen edaphische und klimatische Faktoren (relative Niederschlagsarmut, wärmere Sommer, nährstoffreichere
Böden) die Entwicklung bodensaurer Standorte nicht mehr zu. Daher verläuft die Ostgrenze der bodensauren Laubwälder
weiter westlich als die Grenze der Laubwaldformation insgesamt.

226
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.1

– In der temperaten Zone bevorzugen bodensaure Eichenmischwälder die planare bis kolline Höhenstufe. In der submeridio-
nalen Zone dagegen, an der Südgrenze des Areals, sind sie meist an die submontan-montane Höhenstufe gebunden. Ihre
charakteristische Artenverbindung verändert sich nach Süden schrittweise, und es gelangen schließlich thermophile
submediterrane Eichenwälder zur Vorherrschaft (Formation G).

Bestandesstruktur und Physiognomie (J. Cross)


Die natürliche Struktur dieser Wälder ist oft nicht eindeutig feststellbar, da sich jahrhundertelange
Beeinträchtigungen durch den Menschen und seine Weidetiere noch heute deutlich auswirken.
Naturnahe Bestände können fünf bis sechs Schichten aufweisen, nämlich erste und zweite Baum-
schicht, Strauchschicht, Zwergstrauchschicht, Krautschicht und Moosschicht. In manchen Beständen
sind jedoch nur drei Schichten ausgebildet.
Die Baumschicht erreicht in der Regel 60-90 % Deckung sowie eine Höhe von 15-25 (35) m. Die
Bestandeshöhe kann auf sehr flachgründigen, trockenen Böden oder in windexponierten Lagen sogar
unter 5 m bleiben, auf tiefgründigen Böden dagegen über 30 m betragen. Die Baumschicht wird von
säuretoleranten Eichen (Quercus robur, Q. petraea) dominiert. Pionierholzarten wie Birken (Betula
pendula, B. pubescens) spielen besonders im Westen in der Regenerationsphase auf verschiedenen
Standorten eine wichtige Rolle, bleiben aber vor allem auf wechselfeuchten Standorten auch bis ins
höhere Bestandesalter in der Baumschicht vertreten. Im Osten können Kiefer und örtlich auch Fichte
mit der Eiche die Baumschicht bilden. Deckung und Vitalität der Strauchschicht sind abhängig von
der Dichte der Baumschicht sowie von Nährstoffgehalt, Wasserversorgung und Luftfeuchtigkeit des
Standorts. Ericaceen- oder Ginster-Arten (letztere besonders in südlicheren Gebieten) bilden vielfach
eine Zwergstrauchschicht. In den nordtemperaten Gebieten Europas verleiht die dort häufige
Zwergstrauchdominanz den Wäldern ein boreales Gepräge. Die Krautschicht wird gewöhnlich von
Hemikryptophyten, namentlich von Gräsern, Hainsimsen und Seggen aufgebaut. Geophyten sind
allgemein selten, Farne spielen jedoch in der Regel – namentlich im atlantischen und subatlantischen
Bereich – eine wichtige Rolle. Pteridium aquilinum kann gebietsweise saisonal eine zusätzliche
Schicht bilden. Bei dichtem Bestand verdrängt die Art nahezu alle anderen Krautarten. Deckung und
Artenzahl der Moosschicht variieren ebenfalls beträchtlich. Sie erreicht besonders im hochozea-
nischen Westen, wo epiphytische Gesellschaften ein auffälliges Merkmal der Wälder sind, hohe
Deckungsgrade. Kryptogamenreiche Gesellschaften kommen jedoch auch auf dem nordwesteuropäi-
schen Festland auf armen und trockenen Waldgrenzstandorten vor, wo Strauch- und Krautschicht
wegen der Konkurrenz der Baumschicht nur schlecht entwickelt sind.

Floristische Zusammensetzung (Artengefüge) (J. Pallas)


Die bodensauren Eichenmischwälder Europas haben eine von Eichen dominierte Baumschicht mit
einem Unterwuchs, in dem azidophytische Arten vorherrschen. Arten der temperaten Mitteleuropäi-
schen Florenregion haben den größten Anteil an der Artenzusammensetzung. Im Norden und Osten
des Areals nimmt der Anteil eurasisch temperater und eurasisch borealer Sippen zu. In den südtem-
peraten Territorien Europas sind zahlreiche submediterrane Arten am Gesellschaftsaufbau beteiligt,
im Südwesten des Areals sogar einige mediterrane Arten (vgl. Tab. 12).

227
Formation F.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Weit verbreitete Baumarten sind neben den beiden mitteleuropäischen Eichenarten (Quercus robur
und Q. petraea) die häufig beigemischte Buche (Fagus sylvatica) sowie die eurasisch verbreiteten
Arten Betula pendula und Populus tremula. Zu den häufigsten Sträuchern zählen die eurasischen
Sippen Sorbus aucuparia, Frangula alnus (auf den Britischen Inseln kaum in bodensauren Eichen-
wäldern vorhanden) und Juniperus communis sowie – als Elemente der mitteleuropäischen Flora –
Corylus avellana und in geringer Menge Crataegus monogyna. Häufige und weit verbreitete Arten
der Krautschicht (s. Tab. 12) sind die Azidophyten Melampyrum pratense, Pteridium aquilinum,
Solidago virgaurea, Agrostis capillaris, Anthoxanthum odoratum, Calluna vulgaris, Deschampsia
flexuosa, Molinia caerulea, Holcus mollis, Veronica officinalis, Carex pilulifera, Viola riviniana,
Potentilla erecta, Lathyrus linifolius und Danthonia decumbens. Die meisten azidophytischen
Moose sind zirkumpolar verbreitet. Die häufigsten Arten sind Polytrichum formosum, Dicranum
scoparium, Hypnum cupressiforme, Leucobryum glaucum, Pleurozium schreberi und Scleropodium
purum (Fehlstellen in iberischen Kartierungseinheiten dürften durch unvollständige oder fehlende
Erfassung der Kryptogamen in den Vegetationsaufnahmen verursacht sein).
Vertreter der submeridionalen Zone (für Europa sind dies Arten der Submediterranen Unterregion,
und – mit weit geringerer Bedeutung – auch der Pontisch-Südsibirischen Florenregion) sind vorwie-
gend in südtemperaten, insbesondere aber in submediterranen Kartierungseinheiten anzutreffen. Zu
den kennzeichnenden Arten gehören Castanea sativa, Sorbus torminalis, Pyrus pyraster, Hieracium
sabaudum und Festuca heterophylla. In den nordtemperaten Territorien Europas fehlen im Westen
die submediterranen Arten den bodensauren Eichenwäldern fast vollständig, im Osten werden sie
dagegen zahlreicher, wohl aufgrund der ausgeprägteren Sommerwärme.
Die auffälligste floristische Trennlinie verläuft zwischen der Subatlantischen und der Zentraleuro-
päischen Provinz. In der Atlantischen Provinz sind a t l a n t i s c h e Arten wie Erica cinerea, Hya-
cinthoides non-scripta und Ceratocapnos claviculata sowie atlantisch-subatlantische Arten zahlreich
in den Wäldern vertreten. In der Subatlantischen Provinz sind noch viele a t l a n t i s c h - s u b -
a t l a n t i s c h e Arten anzutreffen, beispielsweise Teucrium scorodonia, Hypericum pulchrum,
Blechnum spicant, Luzula sylvatica, Galium saxatile, Lonicera periclymenum und Hedera helix.
Lianen scheinen – innerhalb der bodensauren Eichenwälder – in den atlantischen Territorien die
größte Vitalität zu entfalten (Lonicera periclymenum, Hedera helix). In den südatlantischen Eichen-
wäldern treten zusätzlich die mediterran-atlantischen Arten Tamus communis und Rubia peregrina
auf.
Der weitaus überwiegende Teil der a t l a n t i s c h e n Arten (AT 8.1., 8.1.S in Tab. 12) gehört zu den t h e r m i s c h
o z e a n i s c h e n Westseitenarten (vgl. JÄGER 1968). Es verwundert daher nicht, daß die Bedeutung dieser Arten in den
Kartierungseinheiten in Richtung ihres klimatischen Optimums im Südwesten Eurasiens ständig zunimmt.
Ulex europaeus, Leitart des Arealtyps 8.1. (lusit-atl), ist eine typische thermisch atlantische Art. Sie zeigt eine südatlantische
Verbreitungstendenz, die auch andere Arten mit ähnlichen Ansprüchen auszeichnet. Die Arten dieser Gruppe erreichen häufig
nicht das nordwesteuropäische Festland.
Auch einige a t l a n t i s c h - s u b a t l a n t i s c h e Arten (AT 8.2., 8.5., 8(1).6.) erscheinen in den nordtemperat-euozeanischen
Bezirken Europas in bodensauren Eichenwäldern nur auf den Britischen Inseln und fehlen auf dem Festland.
Einige a t l a n t i s c h e Arten besiedeln nur die Südatlantische Unterprovinz und teilweise mit Vorposten die Territorien der
Meridio-Atlantischen Provinzgruppe: Pyrus cordata, Pseudarrhenatherum longifolium, Daboecia cantabrica, Potentilla
montana u. a. Diese Arten werden unter dem hier neu etablierten Pseudarrhenatherum longifolium-Arealtyp (8.1a. nordlusit-

228
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.1

südatl, vgl. MEUSEL et al. 1965b, K 44d) in der Tabelle zusammengefaßt. Die iberischen bodensauren Eichenwälder innerhalb
des 8.1a.-Areals erfahren noch eine Steigerung ihres südatlantischen Charakters. Sie beherbergen neben weiteren süd-
atlantischen Arten zusätzlich eine Reihe von Endemiten (Omphalodes nitida, Crepis lampsanoides, Aquilegia vulgaris subsp.
dichroa), die ebenfalls dem AT 8.1a. zuzurechnen sind. Die größte Anzahl an atlantischen Arten weist schließlich die
nordwestiberische F14 auf.
Eine andere Gruppe von Arten bewohnt ebenso Teile der Südatlantischen Unterprovinz, aber in Iberien und südwärts davon
nicht nur atlantische Gebiete, sondern auch das weniger ozeanische Landesinnere und zeichnet sich zusätzlich durch eine
Präferenz der montanen Höhenstufe aus. Im Gegensatz zum AT 8.1a. liegt der größte Teil des Areals dieser Arten in der
s u b m e r i d i o n a l e n Zone. Als Leitarten dieses Verbreitungstyps können Quercus pyrenaica und Arenaria montana gelten
(JALAS & SUOMINEN (1976, 1983) Karte 305 und 688). Ihr Areal entspricht dem westlichen Ausschnitt des westsubmediterra-
nen Arealtyps 5.6. Ihr Arealtyp wird daher hier als Quercus pyrenaica-Arealtyp 5.6a. zusätzlich etabliert: (westmed)-
westsubmed//mo-(südatl). Bei ausschließlichen Gebirgspflanzen ist auch 6.1a. möglich. Wiederum bewohnen einige Arten nur
Segmente dieses 5.6a.-Areals, häufig handelt es sich auch hierbei um iberische Endemiten.
Weitere s u b m e d i t e r r a n - o z e a n i s c h e Arten wie Luzula forsteri, Euphorbia amygdaloides, E. dulcis und Polystichum
setiferum sind gleichfalls auf die südatlantischen Einheiten konzentriert, können aber in die Zentral- (F17, F21) und die
Ostsubmediterrane Provinzgruppe übergreifen. Ein häufiger Arealtyp ist 5.7.
M e d i t e r r a n e Arten (ATG 1.) sind innerhalb der hier betrachteten Kartierungseinheiten nur im Südwesten in den
südatlantischen Territorien vertreten, insbesondere in den planar-kollinen Einheiten. Hierzu gehören beispielsweise Quercus
suber, Pinus pinaster, Erica arborea, Arbutus unedo, Tamus communis, Rubia peregrina, Ruscus aculeatus, Asphodelus albus,
Hypericum androsaemum und Asplenium onopteris. Den größten relativen Anteil dieser Arten enthält wiederum F14, es
folgen F7 und F15. Häufig ist der mediterran-atlantische Arealtyp 1.10., das heißt es handelt sich auch hier um ausgesprochen
thermisch ozeanische Arten.
Dagegen finden sich in der Tabelle nur wenige Gefäßpflanzenarten, die im Norden der Atlantischen Provinz in bodensauren
Eichenwäldern ebenso gut oder noch besser gedeihen als im Süden und in der Meridio-Atlantischen Provinzgruppe. Hierzu
kann man Galium saxatile, Blechnum spicant, Luzula sylvatica, Oreopteris limbosperma, Dryopteris aemula, eventuell auch
Ilex aquifolium und Erica tetralix zählen. Viele dieser Arten sind im Osten der Subatlantischen Provinz Gebirgspflanzen.
Man kann daneben die meisten Vertreter der Mnium hornum-Moosgruppe als nordtemperat-atlantisch-subatlantisch betrach-
ten. Auf besonders armen Standorten sind ferner rohhumusbewohnende Moose wie Lophocolea heterophylla, Plagiothecium
laetum und Aulacomnium androgynum in den nordwestlichen Territorien der bodensauren Eichenwälder bezeichnend.
Die bodensauren Eichenwälder in Westirland und, in geringerem Ausmaß, in Westbritannien sind besonders erwähnenswert.
H y g r i s c h h y p e r o z e a n i s c h e , austrocknungsempfindliche Kryptogamen treten dort in einer Artenfülle auf, wie sie in
bodensauren Eichenwäldern sonst nicht wieder anzutreffen ist. Im Blechno-Quercetum petraeae bei KELLY (1981) beträgt die
mittlere Artenzahl (mAZ) 57,6. Phanerogamen haben etwa 34 % Anteil an der mAZ, Kryptogamen dagegen 66 %. Die Einheit
F1 repräsentiert, analog zur extrem thermisch hyperozeanischen Einheit F14 in Iberien, eine extrem hygrisch hyperozeanische
Einheit innerhalb der hier behandelten Eichenwälder. Charakteristisch sind Farne wie Hymenophyllum tunbrigense, H.
wilsonii und Dryopteris aemula, weiter verbreitete ozeanische Bryophyten wie Lepidozia reptans und viele extrem atlantische
Bryophyten wie Dicranum scottianum, aber insbesondere auch Lebermoose der Gruppe um Adelanthus decipiens. Diese Arten
kommen auch in Lorbeerwäldern der Macaronesischen Unterregion (azor-canar-mad) vor.
Alle für die atlantischen und subatlantischen Einheiten charakteristischen ozeanischen Artengruppen fehlen den bodensauren
Eichenwäldern in den beiden östlichen Provinzen der Mitteleuropäischen Florenregion. Die dortigen Kartierungseinheiten
zeichnen sich vielmehr durch eine Zunahme b o r e a l e r und e u r a s i s c h t e m p e r a t e r Sippen aus, die bereits in den
westlichen nordtemperaten Territorien einsetzt. Vertreter dieser Artengruppe sind Pinus sylvestris, Picea abies, Vaccinium
myrtillus, Luzula pilosa, Maianthemum bifolium, Vaccinium vitis-idaea, Trientalis europaea, Rubus saxatilis, Pyrola
rotundifolia, Calamagrostis arundinacea und Orthilia secunda. Vielfach sind dies Nadelwaldelemente k o n t i n e n t a l e r
Arealtypen (AT 10.3., 10.8., 11.3.). Der osteuropäische Charakter wird zusätzlich deutlich durch eine Reihe von Arten des
sommergrünen Breitlaubwaldes, die die Atlantische Provinz nicht erobert haben. Die Arten des s u b k o n t i n e n t a l e n
Asarum-Typs 8.11. mit Verbreitungsschwerpunkt im Osten der Mitteleuropäischen Region meiden das Ulex-Areal 8.1.; auch
die Arten mit den subkontinentalen 8.13.- und 8.14.-Arealtypen sind hier anzuschließen (vgl. Tab. 12, p. 5). Hierher gehören
Acer platanoides, Euonymus verrucosa, Campanula persicifolia, Carex montana, Peucedanum oreoselinum, Potentilla alba

229
Formation F.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

und zahlreiche weitere. Diese Artengruppen spielen auch in der im Osten der Zentralsubmediterranen Provinzgruppe
gelegenen illyrischen F21 eine bedeutende Rolle, und die ebenfalls zentralsubmediterrane insubrische F17 zeichnet sich durch
das Nebeneinander von ozeanischen und subkontinentalen Arten aus. Unter den Kryptogamen differenziert die Artengruppe
um Dicranum polysetum die osteuropäischen Einheiten.
Neben den bereits erwähnten allgemein verbreiteten submediterranen Arten zeichnen sich die zentraleuropäischen und
sarmatischen Kartierungseinheiten, insbesondere aber die südzentraleuropäische F20 und die illyrische F21 durch die
Beteiligung charakteristischer ostsubmediterraner Arten mit Arealerweiterungen ins östliche Mitteleuropa aus: Genista tinc-
toria, Cytisus nigricans, Genista germanica und weitere. Doch können einige Vertreter des kontinentalen AT 5.9. wie
Vincetoxicum hirundinaria oder Tanacetum corymbosum weit nach Westen übergreifen, insbesondere in xerotherme
Ausbildungen der F17 oder in die xerotherme subatlantische F18.
Die besondere pflanzengeographische Bedeutung der s u b m e r i d i o n a l e n Zone wird durch die Verbreitung der Eichen-
arten in den bodensauren Eichenwäldern unterstrichen. In den nordtemperaten Territorien des Areals sind Quercus robur und
Q. petraea die bestandsbildenden Arten. In den südtemperaten bis submediterranen Territorien treten weitere Eichenarten in
den bodensauren Eichenwäldern auf, beispielsweise Q. pyrenaica, Q. canariensis und Q. suber auf der Iberischen Halbinsel
oder Q. dalechampii, Q. polycarpa, Q. cerris und Q. frainetto in Südosteuropa.
Eine Sonderstellung nimmt die illyrische F21 am südöstlichen Arealrand der bodensauren Eichenmischwälder Europas ein.
Sie ist durch zahlreiche e u - s u b m e d i t e r r a n e Arten charakterisiert, die klimatisch begünstigte Gebiete mit besonderer
Eignung für anspruchsvolle sommergrüne Breitlaubwälder in der Zentral- und Ostsubmediterraneis bewohnen (häufig sind AT
5.4. und 5.5.): Quercus cerris, Q. frainetto, Q. dalechampii, Q. polycarpa, Tilia tomentosa, Acer tataricum, Fraxinus ornus,
Hieracium racemosum, Potentilla micrantha, Epimedium alpinum, Chamaecytisus hirsutus, Lathyrus venetus, Silene
viridiflora und weitere. Viele dieser Arten treten in nur geringer Menge oder Stetigkeit auf, doch im Überblick ist F21 durch
das Neben- und Miteinander der anspruchsvollen submediterran-nemoralen Elemente klar gegen die südtemperate F20
differenziert.
Kartierungseinheiten auf stark wechselfeuchten Standorten (F3, F9, F22) sind durch das gehäufte Auftreten von nässetoleran-
ten Arten gekennzeichnet, beispielsweise durch Molinia caerulea, Deschampsia cespitosa, Agrostis stolonifera, Carex nigra
und Lysimachia vulgaris. Für westliche Einheiten sind Myrica gale, Erica tetralix, Narthecium ossifragum und Sphagnum-
Arten bezeichnend, für zentraleuropäisch-sarmatische Molinia arundinacea und Carex brizoides.
Oreophyten differenzieren schließlich die montanen Kartierungseinheiten. Hierbei spielen westsubmediterrane Gebirgs-
pflanzen besonders in F25 eine Rolle, während die zentralsubmediterrane F17 durch alpine Elemente ausgezeichnet ist
(namentlich Luzula nivea und Phyteuma betonicifolium).

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa) (J. Pallas)


Die Ordnung der azidophilen Eichenwälder, Quercetalia roboris Tüxen 1931, wird heute je nach
Auffassung in die Klasse Querco-Fagetea oder, wie ursprünglich, in eine eigenständige Klasse
Quercetea robori-petraeae Braun-Blanquet et Tüxen 1943 gestellt.
Die Ursache für die unterschiedliche Sichtweise liegt in der geographischen Ausgangssituation der Autoren, denn die Ordnung
Quercetalia enthält, wie auch Tabelle 12 zeigt, in den südtemperaten und submeridional/montanen Territorien Europas
wesentlich höhere Anteile an anspruchsvolleren Laubwaldarten als beispielsweise im nordwesteuropäischen temperaten
Tiefland.

Die Quercetalia roboris Tüxen 1931 beinhalten pflanzengeographisch heterogene Verbände, die
gleichsam nur durch die Vorherrschaft von Säurezeigern und durch die Vorherrschaft azidotoleranter
Eichen gekennzeichnet sind. Die Kombination beider Merkmale ist das eigentliche Charakteristikum
der Ordnung.
Gegen die atlantischen Einheiten, die in den extrem ozeanischen Gebieten (Irland, Nordwestiberien)
mit zahlreichen charakteristischen Arten ausgestattet sind, nehmen sich bereits die subatlantischen
Einheiten wie Marginalsyntaxa aus und bleiben ohne eigene Kennarten. Die Grenze zwischen Sub-

230
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.1

atlantischer und Zentraleuropäischer Provinz tritt dagegen wiederum durch den Ausfall der atlan-
tisch-subatlantischen Arten recht deutlich in Erscheinung. Doch wirken die zentraleuropäischen
Einheiten gegen die sarmatischen mit ihrem markanten Anteil an eurasischen oder zirkumborealen
Nadelwaldarten, eurasisch temperaten und osteuropäischen Arten sowie ihren besseren Trophie-
verhältnissen wiederum nur wie Marginalsyntaxa.
Im Prinzip sind nur die Eichenwälder der beiden Mannigfaltigkeitszentren (atl + submed) durch Azi-
dophyten europäischer Verbreitung floristisch positiv charakterisiert. Unter gesamteuropäischem
Aspekt ergeben sich daher synsystematische Probleme aus dem klimabedingten Rückgang der
atlantischen und atlantisch-subatlantischen Arten nach Osten. Zusätzlich ist der größere Arten-
reichtum der submeridionalen Zone gegenüber der temperaten zu berücksichtigen (vgl. MEUSEL &
JÄGER 1989).
In Tabelle 12 wird der Versuch unternommen, möglichst viele Einheiten der geographisch weitver-
breiteten Ordnung Quercetalia roboris miteinander zu vergleichen. Die folgende Übersicht stellt
eine Revision und Erweiterung des vom Verfasser (PALLAS 1996, 2000) bereits publizierten Vor-
schlags dar. Die Einteilung basiert nunmehr ausschließlich auf chorologischen Kriterien. Standorts-
unterschiede (wechselfeuchte Einheiten) werden den geographischen Kriterien untergeordnet.
Die Sonderstellung der jeweils extrem ozeanischen Eichenwälder soll in eigenständigen Verbänden
deutlich werden. Diese Einheiten repräsentieren jeweils Mannigfaltigkeitszentren. Das Hymenophyl-
lo-Quercion umfaßt die hygrisch hyperozeanischen irischen und das Quercion robori-pyrenaicae die
thermisch hyperozeanischen Eichenwälder im Nordwesten Iberiens. Die verbleibenden südtempera-
ten bodensauren Eichenwälder der Atlantischen und Subatlantischen Provinz gehören zum Quercion
roboris, und die verbleibenden nordtemperaten Eichenwälder der Atlantischen und Subatlantischen
Provinz können im Molinio-Quercion zusammengefaßt werden. In gleicher Weise werden auch die
Eichenwälder der Zentraleuropäischen und der Sarmatischen Provinz in einen nordtemperaten
Verband Vaccinio-Quercion petraeae und einen südtemperaten Verband Agrostio-Quercion zusam-
mengefaßt. Die zentral- und ostsubmediterranen bodensauren Eichenwälder gehören zum Castaneo-
Quercion.

Quercetea robori-petraeae Braun-Blanquet et Tüxen 1943


Quercetalia roboris Tüxen 1931

1. Hymenophyllo-Quercion petraeae Pallas 2000: nordwesteuropäisch-temperat, mittelatlantisch,


hygrisch hyperozeanisch
F1 Quercetum petraeae Moss 1911 = Blechno spicant-Quercetum petraeae Br.-Bl. et Tx. 1952.

2. Quercion robori-pyrenaicae (Braun-Blanquet et al. in P. Silva et al. 1950 corr. Br.-Bl. et al.
1956) Rivas-Martínez 1975: (submeridional)-südtemperat, südatlantisch: nordlusit-galic-cant,
thermisch hyperozeanisch. (Enthält iberische Endemiten der AT 8.1a. und 5.6a., vgl. Tab. 12).
Urprüngliche Namensform: Quercion roboris broteroanae Braun-Blanquet, Pinto da Silva, Rozeira & Fontes in Pinto da
Silva, Rozeira & Fontes 1950, Agronomia Lusitana 12(3): 435. Quercion occidentale Br.-Bl. et al. 1956 = Quercion roboris
broteroanae (Braun-Blanquet et al. 1956, Agronomia Lusitana 18(3): 173).
F14 Rusco aculeati-Quercetum roboris Braun-Blanquet, P. Silva et Rozeira 1956; Blechno spicant-Quercetum roboris
Tüxen et Oberdorfer 1958

231
Formation F.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

F23 Myrtillo-Quercetum roboris Braun-Blanquet, P. Silva, Rozeira et Fontes in P. Silva, Rozeira et Fontes 1950 (Holoty-
pus!)
F24 Melampyro pratensis-Quercetum pyrenaicae Rivas-Martínez in Rivas-Martínez, T. E. Díaz, F. Prieto, Loidi et Penas
1984 (euskaldisch); Linario triornithophorae-Quercetum pyrenaicae Rivas-Martínez, T. E. Díaz, F. Prieto, Loidi et
Penas 1984 (orokantabrisch)
F25 Linario triornithophorae-Quercetum petraeae (Rivas-Martínez, Izco et Costa ex F. Navarro 1974) F. Prieto et
Vázquez 1987; Luzulo henriquesii-Quercetum pyrenaicae (F. Prieto et Vázquez 1987) F. Prieto et Vázquez 1994.
Der Verband Quercion pyrenaicae Rivas Goday ex Rivas-Martínez 1964 [1963] umfaßt die bodensauren Quercus pyrenaica-
Wälder mit Schwerpunkt in der Nordiberischen Provinz. Hierzu gehört in der Karte die Formationsuntergruppe G.4.1. mit den
Einheiten G64 bis G70. Die Quercus canariensis-Wälder auf Silikatgestein der Formationsuntergruppe G.4.4. stehen dieser
Einheit ebenfalls nahe. Als submeridionale Einheit ist dieser Verband mit dem Castaneo-Quercion Soó 1964 zu vergleichen
(siehe unten).
Wir haben uns für eine Trennung der ehemaligen Unterverbände auf Verbands-Rang entschieden. Die Unterschiede in der
zonalen und der Ozeanitätsbindung der beiden Verbände sollen deutlich werden: einerseits temperat-südatlantische, meist von
Quercus robur dominierte Wälder, andererseits submeridional-nordiberische, meist von Q. pyrenaica dominierte Wälder (vgl.
Karte). Dadurch wird vermieden, daß ein Verband zwei Vegetationszonen umfaßt. In der Zukunft bleibt abzuklären, ob das
westsubmediterrane Quercion pyrenaicae und das zentral- bis ostsubmediterrane Castaneo-Quercion nicht in einer Ordnung
submediterraner bodensaurer Eichenwälder vereinigt werden können.

3. Molinio caeruleae-Quercion roboris Scamoni et Passarge 1959: nordtemperat, mittelatlantische


und nordsubatlantische Unterprovinz
F2 W11 Quercus petraea-Betula pubescens-Oxalis acetosella woodland und W17 Quercus petraea-Betula pubescens-
Dicranum majus woodland (excl. subcomm. a) in Rodwell 1991; Galio saxatilis-Quercetum Birse et Robertson 1976
F3 W4 Betula pubescens-Molinia caerulea woodland, W16 Quercus-Betula-Deschampsia woodland, feuchte Aus-
bildungen, W17 Quercus petraea-Betula pubescens-Dicranum majus woodland, feuchte Ausbildungen, alle in
Rodwell 1991.
F9 Molinio caeruleae-Quercetum roboris (Tüxen 1937) Scamoni et Passarge 1959 (Lectotypus!)
F8 Ilici-Quercetum roboris Tüxen 1930, Betulo-Quercetum roboris Tüxen 1930, Populo-Quercetum petraeae Tüxen
1951, Deschampsio flexuosae-Quercetum roboris Passarge 1966
F10 Melico-Quercetum Björnstad 1971.

4. Quercion roboris Malcuit 1929: südtemperat, südatlantische und südsubatlantische Unterprovinz


F26 Lathyro montani-Quercetum petraeae (Lapraz 1966) Rivas-Martínez 1983; Prunello hastifoliae-Quercetum petraeae
Vigo ex Rivas-Martínez et Costa 1998
F15 Hyperico pulchri-Quercetum roboris Rivas-Martínez, Báscones, Díaz, Fernández González et Loidi 1991.
F7 Arbuto unedonis-Quercetum petraeae Lapraz 1963b; Lonicero periclymeni-Quercetum roboris Lapraz 1963b
F5 Solidagini-Quercetum (Gaume 1924) Doing 1962 = Quercetum sessiliflorae Gaume 1924 nom. illegit. (Art. 31)
(Holotypus!), syntax. Synon. Peucedano-Quercetum roboris Braun-Blanqet 1967.
Der Verfasser verwirft an dieser Stelle seine frühere Gleichsetzung (PALLAS 1996: 21) des Teucrio scorodoniae-
Quercetum petraeae Chouard 1925 mit dem Quercetum sessiliflorae Gaume 1924. Der Neotypus (Aufn. 19, Tab. 2,
„Peucedano-Quercetum“, Rameau & Royer 1975, vgl. Pallas 1996: 21) wird beibehalten für das Quercetum
sessiliflorae Gaume 1924, aber verworfen für das Teucrio-Quercetum Chouard 1925.
F4 „Rusco-Quercetum“ Noirfalise ass. nov. prov. (nom. inval., Art. 3b)
F6 Mespilo-Quercetum Frileux 1975
F16 Teucrio scorodoniae-Quercetum petraeae Chouard 1925
F18 Hieracio glaucini-Quercetum petraeae Lohmeyer 1978 corr. Denz 1994; Cladonio portentosae-Quercetum petraeae
Pallas 1996.
F8 Agrostio capillaris-Quercetum roboris Passarge 1968; Violo rivinianae-Quercetum roboris Oberdorfer 1957.

5. Vaccinio myrtilli-Quercion petraeae Pallas 1996: (nord)temperat (zentraleuropäisch, sarma-


tisch)
F19, Calamagrostio-Quercetum (Hartmann 1934) Scamoni et Passarge 1959 (Holotypus!), Vaccinio vitis idaeae-Querce-
F11 tum Oberdorfer 1957 p.p., typo excluso, zentraleuropäische Ausbildungen, „Pino-Quercetum“ sensu auct. german.
non Reinhold 1944, non auct. polon.
F12 Calamagrostio arundinaceae-Quercetum petraeae (Hartmann 1934) Scamoni et Passarge 1959, ostzentraleuropäische
Ausbildungen.
Die syntaxonomische Bewertung der osteuropäischen Einheiten ist wegen der großflächigen Durchmischung von
Nadelwald und sommergrünem Laubwald nicht einfach. In diese natürlichen Übergänge greift noch zusätzlich der

232
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.1

forstliche Einfluß des Menschen ein. Das zunächst für die Einheit F12 vorgesehene Syntaxon Querco-Pinetum J. M.
Matuszkiewicz 1988 nom. inval. (Art. 5) et illegit. (Art. 31) ist jedoch in der Mehrzahl seiner Aufnahmen von
Nadelhölzern dominiert und wurde daher folgerichtig vom Autor zum Dicrano-Pinion gestellt. Für die Etablierung der
Syntaxa und die Wahl der nomenklatorischen Typen ist es jedoch von entscheidender Bedeutung, daß die Dominanz
der Laubhölzer gewährleistet ist, denn sonst kann F12 nicht in der Laubwaldformation F verbleiben. Das
Calamagrostio-Quercetum sollte als Leitgesellschaft der gesamten Zentraleuropäischen Florenprovinz betrachtet
werden. Die Einheit F12 endet im Prinzip, wie auch das Areal von Quercus petraea, in der Zentraleuropäischen
Provinz; sie erscheint daher in der Karte zu weit nach Osten ausgedehnt. Die sarmatische Einheit ist F13.
F13 Serratulo tinctoriae-Quercetum roboris Pallas 2003 ass nov. hoc loco. Sarmatische, nadelholzhaltige bodensaure
Stieleichenwälder. Holotypus, J. Pallas hoc loco: J. M. Matuszkiewicz 1988, Tab. 6, Aufn. 10 von T. Traczyk,
aufgeführt unter „Serratulo-Pinetum“ nom. superfl. (Art. 29c).
Bei der Einheit F13 stellt sich die gleiche Frage nach der Laubholzdominanz zum Verbleib der Einheit in der
Laubwaldformation. Die hier neu beschriebene Assoziation repräsentiert den eichendominierten Teil der fichtenhalti-
gen „subborealen“ Rasse des „Serratulo-Pinetum“.

6. Agrostio capillaris-Quercion petraeae Scamoni et Passarge 1959: südtemperat (südzentral-


europäisch, südsarmatisch)
F11 Pyrolo-Quercetum petraeae Passarge 1957 (Lectotypus).
F12 Pyrolo-Quercetum petraeae Passarge 1957, ostzentraleuropäische Ausbildungen.
F13 Sarmatische Rasse des Serratulo-Pinetum (W. Matuszkiewicz et Polakowska 1955) J.M. Matuszkiewicz 1988 nom.
superfl. (Art. 29c), als eichendominiertes Syntaxon noch neu zu beschreiben.
F22 Molinio arundinaceae-Quercetum Samek 1962, Molinio arundinaceae-Quercetum roboris R. & Z. Neuhäusl 1967.
F20 Luzulo luzuloidis-Quercetum petraeae Hilitzer 1932.

7. Castaneo-Quercion Soó 1964: submeridional (insb. zentralsubmediterrane Provinzgruppe)


F17 Hieracio tenuiflori-Quercetum roboris Oberdorfer 1964
F21 Castaneo-Quercetum (croaticum) Horvat 1938 (Lectotypus!), Erico-Quercetum petraeae Horvat 1959, Melampyro
vulgati-Quercetum petraeae Puncer et Zupancic 1979 nom. illeg. [Art. 31], Luzulo forsteri-Quercetum petraeae
Borhidi et Kevey 1996. Cytiso hirsuti-Quercetum petraeae (Stefanovic 1964) Pallas 2003 nom. nov. hoc loco pro
nom. illegit. (Art. 34) Quercetum montanum illyricum Stefanovic 1964, Rad. Sumarsk. Fak. Sumarstvo Sarajevu 9(3),
p. 22. Nomenklatorischer Typus (Lectotypus), J. Pallas hoc loco: op. cit., Tab. II, p. 26-29, Aufn. 8.
Nicht gesondert herausgestellt werden die von verschiedenen Autoren unter „Genisto pilosae-Quercetum“ be-
schriebenen besonders xerophytischen Felspflanzen-Eichenwälder. Sie kommen im Areal von F20, F21 und auch F17
vor und vermitteln, insbesondere auf etwas basenreicheren Felsstandorten, zur Formation G. Sehr ähnlich ist Einheit
F18 in der Subatlantischen Provinz.

Makroklimatische Gegebenheiten (J. Cross)


Die Verbreitung dieser Formation deckt sich mit der von Klimatyp VI, der stärker ozeanischen
Variante V-VI sowie V nach WALTER et al. 1975 (vgl. Karte 2). Die große Längen- und Breiten-
erstreckung dieser Formation hat allerdings eine bemerkenswerte Abwandlung des Klimas innerhalb
des Gesamtareals zur Folge. Im Westen herrschen milde Winter mit nur wenigen Frosttagen (Mittel
des kältesten Monats für Großbritannien und Irland ca. 3-5 °C) und kühle Sommer (Mittel des
wärmsten Monats ca. 16 °C oder weniger), eine mittlere Jahrestemperatur von ca. 10 °C, starke
Bewölkung und hohe relative Luftfeuchte. Dieses Grundmuster gilt auch für die ozeanisch getönten
nordwestlichen Festlandgebiete. Nach Osten wird das Klima zunehmend kontinentaler: Die Nieder-
schlagsmenge nimmt von über 2000 mm deutlich ab und sinkt auf 500-600 mm in Ostpolen und der
Ukraine. Die Niederschlagsverteilung verschiebt sich hin zu einem Sommermaximum. Die Winter-
temperaturen nehmen ab, und die Mittel der kältesten Monate gehen von 0 bis -2 °C in Norddeutsch-
land bis auf -12 °C in Rußland zurück. In den östlichen Gebieten können Dauerfrost und Schnee-
bedeckung einen Monat und länger dauern. Die Sommer sind im Osten dafür wärmer, und die Mittel
des wärmsten Monats liegen zwischen 16-20 °C und 23 °C in Rußland. Die Jahresmitteltemperatur

233
Formation F.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

ist dort mit 6,5 bis 9 °C (und 5 °C in der kältesten Gegend in Nordostpolen) niedriger als im Westen.
Südschweden hat ein etwas kontinentaleres Klima als benachbarte Regionen in Norddeutschland.
Im ozeanischen Bereich der Formation steigen die Temperaturen nach Süden hin an. Die höchsten
Werte treten in Südwestfrankreich auf (Mittel des wärmsten Monats 20-22 °C, Mittel des kältesten
Monats 4-6 °C); auf der Iberischen Halbinsel sind die Sommertemperaturen etwas niedriger
(ca. 20 °C), aber die Wintertemperaturen liegen höher (6-10 °C). Die Niederschläge weisen in
Südwestfrankreich ein ausgesprochenes Sommerminimum auf (niedrigste Werte bei 500 mm). Nach
Westen nehmen die Niederschläge wieder zu und übersteigen in den Gebirgen Nordwestspaniens
örtlich 2000 mm. Das insubrische Verbreitungsgebiet hat bezüglich der hohen Jahresniederschläge
(1350-2000 mm) Ähnlichkeit mit dem Nordwesten der Iberischen Halbinsel, doch liegen die
Monatsmittel der Temperatur mit 25 °C im wärmsten Monat hier deutlich höher.

Standortbedingungen (J. Cross)


Azidophile Eichenwälder stocken überwiegend auf sauren, basenarmen Böden (Podsole, Gley-
Podsole, basenarme Braunerden und Ranker). Die Böden haben sich in der Regel aus paläozoischen
und mesozoischen Silikatgesteinen (Sandstein, Grauwacke, Tonschiefer, Gneis und andere saure
metamorphe Gesteine, Granit) oder – im mittel- und osteuropäischen Tiefland – aus tertiären und
pleistozänen Lockergesteinen (Moränen, Sander), Flußsedimenten oder – sehr lokal – entwässerten
Mooren entwickelt. Die Böden sind sauer bis stark sauer mit einem pH von < 4,5 bis 5,5, oligotroph
bis oligo-mesotroph, örtlich auch mesotroph, vorwiegend gut durchlässig und frisch bis trocken,
z. T. staufeucht. Im Bergland können die Böden sehr flachgründig bis felsig sein. In Mittel- und
Südeuropa kommen auch thermophile Ausbildungen auf warmen, sonnigen, südexponierten Hängen
vor.

Rolle im Landschaftsgefüge (J. Cross & U. Bohn)


Am Rande und außerhalb des natürlichen Buchenwaldareals, so im Nordwesten der Iberischen
Halbinsel, in Südwestfrankreich, Irland und Großbritannien, sind bodensaure Eichenwälder vorherr-
schender und charakteristischer Bestandteil des silikatischen Berglandes sowie von nährstoffarmen
Sandebenen (z. B. der „Landes“). Im von Buchenwäldern beherrschten West- und Mitteleuropa
kommen sie dagegen nur auf buchenfeindlichen Sonderstandorten vor: auf sehr nährstoffarmen und
trockenen Sandböden, auf staunassen Sand- und Schluffböden des Tief- und Hügellandes, ferner auf
flachgründigen bis felsigen sowie sommertrockenen bis xerothermen Standorten des Silikatberg-
landes. In den Gebieten mit größerflächigen Vorkommen wie Böhmen, Piemont-Insubrien, Kroatien,
Karpatenvorland in Rumänien beschränken sie sich auf die kollin-submontane Höhenstufe unterhalb
der bodensauren Buchenwälder. Im mittel-osteuropäischen Tiefland am Rande und außerhalb des
Buchenwaldareals nehmen die azidophilen Eichenwälder nährstoffarme trockene bis staufeuchte
Sandgebiete ein. Ihre Baumschicht enthält dort fast regelmäßig die Waldkiefer und vielfach auch die
Fichte. Zum natürlichen Vegetationskomplex gehören hier Kiefernwälder (auf extremen Sandböden
wie Binnendünen), Kiefern-Moorwälder, Waldhochmoore, Birken- und Erlenbruchwälder (auf stark
vernäßten und vermoorten Standorten) sowie Eichen-Hainbuchen- und Winterlinden-Stieleichenwäl-
der auf nährstoffreicheren Normalstandorten.

234
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.1

Zusätzlich zu den oben beschriebenen azonalen Wäldern sind folgende Vegetationstypen innerhalb
der Formation anzutreffen: auf basenreicheren Böden Eichen-Eschen-Mischwälder (z. B. F19), in
Flußniederungen Eichen-Erlen-Eschenwälder, auf Standorten mit wenig durchlässigen Böden
oligotrophe Niedermoore, Hochmoore und – im euatlantischen Bereich – Deckenmoore. Auf von
Natur aus felsigen und trockenen Standorten kommen Felsheiden, Felsgebüsche und Silikattrocken-
rasen als Kontaktgesellschaften vor.

Erhaltungszustand, Landnutzung, Ersatzgesellschaften (J. Cross & U. Bohn)


Traditionell wurden die bodensauren Eichenwälder als Niederwälder genutzt, doch blieben kleine
naturnahe Bestände in vielen Gegenden erhalten, in Mitteleuropa namentlich auf Extremstandorten.
Bei vielen der halbnatürlichen Niederwaldbestände wurde in den letzten Jahrzehnten die Bewirt-
schaftung in Richtung Hochwald umgestellt, oder sie wurden durch Anpflanzungen von Waldkiefer
(Pinus sylvestris) oder schnell wachsender exotischer Nadelbäume wie Douglasie (Pseudotsuga
menziesii) ersetzt. Ausgedehnte Flächen der von jeher nährstoffarmen und produktionsschwachen
Böden sind ungeeignet für eine landwirtschaftliche Nutzung, falls nicht regelmäßig organische oder
mineralische Düngemittel zugeführt werden.
Nach Auflichtung und Waldrodung wurden die Flächen früher üblicherweise beweidet, insbesondere
mit Schweinen und Schafen. Dadurch sind große Teile der Wälder in Zwergstrauchheiden, Silikat-
magerrasen, offene Sandrasen oder – nach der Wirtschaftsaufgabe – in Adlerfarn-Bestände umge-
wandelt worden. In jüngster Zeit wurden viele dieser Heiden mit Nadelbäumen aufgeforstet, den-
noch spielt die Beweidung gebietsweise immer noch eine bedeutende Rolle. Heutzutage wird sie in
speziellen Schutzgebieten zur Erhaltung traditioneller Kulturlandschaften und ihres Vegetations-
inventars auf Betreiben des Naturschutzes fortgeführt, vielfach unter Einsatz alter und genügsamer
Haustierrassen. Ackerland konzentriert sich auf die trockenen Bereiche der Tiefland-Einheiten, auf
denen Feldfrüchte wie Gerste, Hafer, Roggen, Kartoffeln und örtlich Mais angebaut werden.

Naturschutz (J. Cross)


Bodensaure Eichenwälder sind meist nur in kleinen naturnahen Beständen in Form von Nieder- oder
Hochwald erhalten geblieben und heute in vielen Gebieten hochgradig gefährdet. Die Gefährdungs-
ursachen liegen hauptsächlich in der Waldrodung, Weidenutzung, Aufforstung mit Nadelbäumen
und Umwandlung in Ackerland. Luftverschmutzung, luftbürtiger Stickstoffeintrag sowie Eutrophie-
rung durch verdriftete Düngemittel stellen vor allem in Mittel- und Nordeuropa große Probleme dar,
da sie zu vermehrtem Auftreten nitrophiler Arten und von Brombeeren führen. Zu hohe Wilddichten
und – besonders in Großbritannien und Irland – Überweidung durch Schafe verhindern eine Regene-
ration dieser Wälder. Vielen Beständen fehlt daher die Schicht aus Zwergsträuchern, und sie besitzen
nur eine stark degradierte Krautschicht und oft eine gleichaltrige Baumschicht. Gebietsweise stellt
Feuer eine Gefährdung dar. Auch der starke Erholungsverkehr ist lokal ein Problem.
In den regenreicheren Teilen Großbritanniens und Irlands bedeutet die Einwanderung von Rhodo-
dendron ponticum und lokal von Buche eine ernste Bedrohung für diese Wälder. Etliche Länder
haben zur Erhaltung wertvoller naturnaher Waldbestände und schutzwürdiger Ersatzgesellschaften
(namentlich Zwergstrauchheiden, Borstgrasrasen, Silbergrasfluren) Naturschutzgebiete, National-

235
Formation F.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

parks oder Naturparke ausgewiesen, die jedoch für die Erhaltung und Wiederherstellung ausreichend
großer und repräsentativer Waldbestände aller Ausbildungsformen bei weitem nicht ausreichen
dürften.

Gliederung in Untereinheiten (J. Pallas)


In der Gesamtlegende ist die Hauptgliederung der azidophilen Eichenwälder nach Höhenstufen
erfolgt, die im wesentlichen von Norden nach Süden angeordnet sind:
– planar-kolline Ausbildungen (F1-F13),
– kollin-submontane Ausbildungen (F14-F22),
– montan-hochmontane Ausbildungen (F23-F26).

Innerhalb der Höhenstufen sind die Kartierungseinheiten in der Regel von Westen nach Osten
angeordnet, von ausgesprochen ozeanischen zu subkontinentalen Klimaten. Dies manifestiert sich in
entsprechenden floristischen Veränderungen. Zusätzlich sind ökologische Varianten, nämlich
hygrophile (F3, F9, F22), xerotherme (F17 p.p., F18, F20 p.p.) und thermophile Ausbildungen (F21)
ausgewiesen.
In Tabelle 12 und im nachfolgenden Text richtet sich die Gliederung dagegen nach synchorologi-
schen Kriterien, wobei die Höhenstufen regional zugeordnet werden. Die Abfolge beginnt mit den
südatlantischen Einheiten Nordiberiens (F14, F15, F23-F26), die den thermisch ozeanischen
Charakter dieses Gebietes am deutlichsten hervortreten lassen. Die ebenfalls südatlantischen Kartie-
rungseinheiten Frankreichs (F4-F7) schließen sich an, gefolgt von der subatlantisch-burgundischen
Einheit F16 und der subatlantisch-rhenanischen Einheit F18, der noch die submeridionale piemon-
tesisch-insubrische F17 an die Seite gestellt wurde. Die vorwiegend nordtemperaten Einheiten sind
von West nach Ost angeordnet, von der extrem hygrisch ozeanischen Einheit Irlands (F1) bis zu den
zentraleuropäisch-sarmatischen Einheiten (F12, F13), die bereits subkontinentale Züge tragen. Den
letzten Block der Tabelle bilden südtemperate zentraleuropäische und vorkarpatische (F20, F22)
sowie die submeridionale illyrische Einheit F21.
Primäres vertikales Ordnungskriterium der Tabelle 12 ist die Schichtung (Baum-, Strauchschicht,
Lianen, Kraut-, Moosschicht). Innerhalb der Schichten sind zunächst die jeweils gemeinsamen, all-
gemein charakterisierenden Arten aufgeführt. Dann folgen, entsprechend der Haupttrennlinie zwi-
schen ozeanischen und subkontinentalen Einheiten, die für die atlantischen und subatlantischen
Einheiten charakteristischen Arten sowie die für die zentraleuropäisch-sarmatischen Einheiten kenn-
zeichnenden Sippen. Innerhalb jeder dieser Gruppierungen sind die Arten gemäß ihrer zonalen
chorologischen Bindung angeordnet, das heißt nach ihrer Zugehörigkeit zu den großen Arealtypen-
gruppen. Ökologisch-standörtlich und Höhenstufen differenzierende Arten sind in jeweils eigenen
Gruppen zusammengefaßt. Die Literatur zu den einzelnen Kartierungseinheiten, die für Tab. 12
ausgewertet wurde, ist in den Datenbögen aufgeführt.

Südwesteuropäisch südtemperate azidophile Eichenmischwälder (F4-F7, F14-F18, F23-F26)


Die t e m p e r a t - s ü d a t l a n t i s c h e n Eichenwälder der Iberischen Halbinsel (F14, F23, F24, F25,
F15, nicht F26) sind die am reichhaltigsten mit südatlantischen Arten (8.1a.) ausgestatteten Eichen-

236
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.1

wälder innerhalb der hier betrachteten Kartierungseinheiten, denn sie beherbergen neben der auch
schon in Südwestfrankreich anzutreffenden Grundausstattung an südatlantischer Flora zusätzlich
iberisch-südatlantische, das heißt galicische und kantabrische Endemiten. Diagnostisch ebenso
wichtig sind die westsubmediterranen Arten des Typs 5.6a., die auch in den südlich anschließenden
submediterranen nordiberischen Quercus pyrenaica-Wäldern vorkommen. Unter ihnen finden sich
weitere iberisch-submediterrane Endemiten (5.6a.S). Häufige Arten sind Quercus pyrenaica, Betula
pubescens subsp. celtiberica und Erica arborea. Selten sind Convallaria majalis und Polygonatum
multiflorum.
Die Einheit F14 umfaßt südatlantische, hyperozeanische galicisch-nordlusitanische Stieleichenwälder (Quercus robur,
teilweise Q. pyrenaica und Q. suber), häufig mit mediterranen Begleitgehölzen. F14 ist die am stärksten thermisch ozeanische
Einheit der Tabelle mit mehr als 50 % Beteiligung von atlantischen, atlantisch-subatlantischen, westmediterranen und
mediterran-ozeanischen Arten.
Die Einheit F23 repräsentiert südatlantisch/montane, nordlusitanisch-galicische Eichenwälder (Quercus robur, Q. pyrenaica)
mit Betula pubescens subsp. celtiberica und baumförmigem Ilex aquifolium sowie Erica arborea, mit wenigen Arten vom
mediterran-atlantischen AT 1.10., aber mit Vaccinium myrtillus und den nordlusitanischen Sippen Eryngium duriaei und
Ajuga occidentalis.
Die Einheit F24 kennzeichnet südatlantisch/montane, orokantabrisch-euskaldische Eichenwälder (Quercus pyrenaica,
teilweise Q. robur) mit Pyrus cordata, Erica arborea u. a. Arten. Mediterrane Arten sind wegen der Höhenlage nicht so häufig
wie in F14. Berglandpflanzen treten dagegen etwas häufiger auf, teilweise handelt es sich hierbei um Oreophyten mit
charakteristischen westsubmediterranen Arealen (Luzula lactea AT 6.1a.).
Die Einheit F25 enthält südatlantisch/hochmontane, orokantabrisch-(nordwestiberische) Birken-Traubeneichenwälder (Betula
pubescens subsp. celtiberica, Quercus petraea) und Birkenwälder (Betula pubescens subsp. celtiberica) mit Erica arborea,
Saxifraga spathularis, Luzula sylvatica subsp. henriquesii, Crepis lampsanoides, Doronicum carpetanum, Genista florida und
Poa chaixii. Von den iberischen Einheiten ist diese Einheit ihrer Höhenlage entsprechend am schwächsten mit mediterranen
Arten, dafür aber am besten mit submediterranen Oreophyten ausgestattet (AT 6.1., 6.2.).
Die Einheit F26 repräsentiert ostpyrenäische Traubeneichenwälder (Quercus petraea) mit Erica arborea, Ruscus aculeatus,
Rubus ulmifolius, Luzula forsteri, Hypericum androsaemum, Luzula sylvatica und Galium rotundifolium. Diese Einheit enthält
aufgrund ihrer Lage außerhalb der atlantischen Territorien naturgemäß kaum noch atlantische Arten (AT 8.1. und 8.1a.), und
auch westsubmediterrane Arten (AT 5.6a.) sind selten.
Die Einheit F15 besteht aus südatlantischen, euskaldischen und südaquitanischen Eichenmischwäldern (Quercus petraea,
Q. robur) mit Castanea sativa, Sorbus torminalis, Ruscus aculeatus, Blechnum spicant, Ilex aquifolium, Pyrus cordata,
Pulmonaria longifolia (Bastard) und Hypericum androsaemum. Dieser Einheit, in der weiter verbreitete südatlantische Arten
(AT 8.1a.) zahlreich vertreten sind, fehlen die südatlantischen iberischen Endemiten und auch die 5.6a.-Arten.

Die s ü d a t l a n t i s c h e n Eichenwälder in Frankreich (F7, F5, F4, F6 und die subatlantische F16)
sind insgesamt gekennzeichnet durch Beimischung von Castanea sativa, Mespilus germanica, Sor-
bus torminalis und Carpinus betulus, das heißt durch submeridionale Sippen, von denen zumindest
Castanea und Mespilus eine künstliche Arealausweitung in die südtemperaten aquitanischen und
armorikanischen Territorien erfahren haben. Südatlantische Arten nehmen nach Norden ab.
Die Einheit F7 umfaßt aquitanische Stieleichenwälder (Quercus robur, teilweise mit Quercus pyrenaica, Q. suber, Pinus
pinaster) mit Castanea sativa, Sorbus torminalis, Ruscus aculeatus, Rubia peregrina, Rubus ulmifolius, Tamus communis,
Arenaria montana, Asphodelus albus, Pseudarrhenatherum longifolium, Pulmonaria longifolia, Luzula forsteri und Erica
scoparia. Die artenreiche sommerwarm-planare Einheit kommt der galicischen F14 in vielerlei Hinsicht nahe. Neben F14 ist
sie die einzige Einheit mit den mediterranen Baumarten Quercus suber und Pinus pinaster. Sie enthält viele submediterrane
und mediterrane Sträucher und im Vergleich zu anderen Einheiten Frankreichs noch viele südatlantische (8.1a.), einige
westmediterrane (5.6a.) und mediterran-atlantische Arten (1.10.). Wie auch der Einheit F5 fehlen ihr jedoch einige hygrisch
ozeanische Arten wie Blechnum spicant, Luzula sylvatica und Galium saxatile.

237
Formation F.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Die Einheit F5 repräsentiert ostarmorikanische Eichenwälder (Quercus petraea, Q. robur, örtlich Q. pyrenaica) mit Peuce-
danum gallicum, Pulmonaria longifolia, Tamus communis, Festuca heterophylla, Luzula forsteri, Asphodelus albus und Erica
scoparia. Der südatlantische Charakter ist bereits abgeschwächt, und Peucedanum gallicum hat hier seinen Verbreitungs-
schwerpunkt. Submediterrane, westsubmediterrane und mediterrane Arten wie Tamus communis, Pulmonaria longifolia,
Simethis planifolia, Asphodelus albus, Erica scoparia, Euphorbia amygdaloides und Melittis melissophyllum sind noch gut
vertreten, fehlen jedoch weiter nördlich in den Kartierungseinheiten der Atlantischen Provinz.
Die Einheit F4 kennzeichnet die westarmorikanischen Eichenwälder (Quercus petraea und Q. robur) mit Castanea sativa,
Sorbus torminalis, Ilex aquifolium, Pyrus cordata, Mespilus germanica und Ruscus aculeatus. Der südatlantische Charakter
ist hier deutlich schwächer, denn die Einheit enthält kaum noch südatlantische (Pyrus cordata) und mediterrane Arten (Ruscus
aculeatus).
Die Einheit F6 umfaßt die nordostarmorikanischen Eichenwälder (Quercus petraea und Q. robur) mit Castanea sativa, Sorbus
torminalis, Ilex aquifolium, Mespilus germanica und Festuca heterophylla. Es handelt sich hier um Marginaleinheiten an der
Nordgrenze der südatlantischen bodensauren Eichenwälder.
Den südsubatlantischen Eichenwäldern (F16, F18) fehlen atlantische Arten (8.1.). Die Einheit F16 ist vorwiegend negativ
charakterisiert, denn ihr fehlen wegen der bereits kollin-submontanen Höhenstufe auch alle mediterranen und viele submedi-
terrane Sippen. Sie ist, wie auch F18 und F17, unter anderem positiv durch die submediterrane Sorbus aria (Oreophyten-ATG
6.) von den anderen Einheiten Frankreichs differenziert.
Die Einheit F18 repräsentiert rhenanische xerophytische Traubeneichenwälder (Quercus petraea) mit Sorbus aria, Amelan-
chier ovalis, Cotoneaster integerrimus, Luzula luzuloides, Hieracium glaucinum, H. umbellatum, H. lachenalii, H. laevigatum,
Cytisus scoparius, Teucrium scorodonia, Genista pilosa, teilweise in thermophilen Ausbildungen mit Anthericum liliago,
Campanula persicifolia, Silene viscaria, S. nutans, Polygonatum odoratum, Festuca heteropachys und F. pallens.
Im subatlantischen Klima kommen natürliche Eichenwälder nur auf besonders trockenen und flachgründigen Sonderstand-
orten zur Herrschaft. Die Einheit enthält neben xerophytischen Eichenwäldern natürliche Felsgebüsche, Felsrasen und
Felsspaltenfarne sowie thermophile Eichen-Hainbuchenwälder (thermophile Eichenwälder mit Acer monspessulanum) auf
Silikatgestein. Von den atlantisch-subatlantischen Arten sind lediglich Cytisus scoparius und Teucrium scorodonia noch
häufig. Vertreter temperat- und submeridional-kontinentaler Arealtypen (ATG 8., 5., seltener 4.) sind dagegen relativ
zahlreich. Arten des AT 5.9. wie Tanacetum corymbosum oder Vincetoxicum hirundinaria dringen hier weit nach Westen vor.
Vegetationskomplexe, wie sie mit F18 ausgegliedert sind, treten auch innnerhalb der zentralsubmediterranen und südzentral-
europäischen Einheiten F17, F20 und F21 auf, meist unter dem Namen „Genisto pilosae-Quercetum“. Sie werden dort aber
nicht gesondert behandelt.
Einheit F17 bezeichnet die südalpischen piemontesisch-insubrischen Eßkastanien-Eichenmischwälder (Quercus petraea,
Q. robur, Castanea sativa) mit Sorbus aria, Luzula pedemontana, L. nivea, Hieracium tenuiflorum, Molinia arundinacea,
Phyteuma betonicifolium und Saponaria ocymoides. Diese Kastanien-Eichenwälder weisen eine beachtliche standörtliche
Variationsbreite bis hin zu xerophytischen Felspflanzen-Eichenwäldern auf. Erwähnenswert ist die starke Beteiligung von
laurophyllen, vielfach gebietsfremden synanthropen Arten in den luftfeuchtesten Lagen im Umfeld der großen Seen (GIANONI
et al. 1988). Recht häufig ist unter den ozeanischen Arten der Ilex aquifolium-Arealtyp 8.5., der weite Teile der mediterranen
und submediterranen Territorien einschließt. Insgesamt betrachtet sind jedoch ozeanische und kontinentale Arealtypen etwa
gleichstark vertreten. Gegen alle anderen hier behandelten bodensauren Eichenwälder ist die Einheit durch alpische Oreo-
phyten (ATG 6., 9.) differenziert.

(Nord)temperate azidophile Eichen(misch)wälder (F1-F3, F8-F13)


Im Vergleich zur Artenvielfalt der südtemperaten und submediterran/montanen Einheiten ist die
Gefäßpflanzenartenzahl in den vorwiegend n o r d t e m p e r a t e n Einheiten (F1 bis F13) deutlich
geringer. Kennzeichnend ist die Beteiligung von Nadelbäumen wie Pinus sylvestris und Picea abies
sowie von borealen und subborealen Arten (Vaccinium myrtillus u. a.), häufig auch von solchen mit
kontinentalen Arealtypen (10.3. und 11.3.). Diese Arten sind aber nicht gleichmäßig in den nord-
temperaten Eichenwäldern Europas verbreitet, sondern ihre Anzahl nimmt nach Osten zur Sarmati-
schen Provinz hin merkbar zu. Bereits in den nordwestlichen Einheiten können sie jedoch dominant

238
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.1

auftreten und den Aspekt der Krautschicht bestimmen. Dadurch unterscheiden sie sich deutlich von
den südatlantischen Arten.
Folgende weitere Arten sind in den nordtemperaten Territorien häufiger oder vitaler: Gehölze mit bis
in die boreale Zone reichenden Breitgürtelarealen wie Betula pendula, B. pubescens, Sorbus aucupa-
ria, Populus tremula, Arten des Calluna-Arealtyps 8.3., Farne wie Dryopteris dilatata, D. carthusi-
ana, Athyrium filix-femina, auf frische Standorte angewiesene Arten wie Oxalis acetosella, Milium
effusum oder Moose wie Hylocomium splendens.
Die nordtemperaten atlantischen und subatlantischen Eichenwälder (F2, F3, F9, F8, F10) stellen, F1
ausgenommen, insgesamt eine floristisch nur schwach charakterisierte Gruppe dar. Allgemein ver-
breitete atlantische und atlantisch-subatlantische Arten sind im Nordteil der Atlantischen Provinz
außerhalb der Britischen Inseln selten. Neben der Artengruppe um Galium saxatile, die bereits im
Kapitel „Floristische Zusammensetzung“ besprochen wurde, scheinen die Moose um Mnium hornum
die einzige positiv kennzeichnende Artengruppe dieser Einheit zu sein. Mit borealen Nadelwaldarten
und osteuropäischen Elementen sind die nordosttemperaten Einheiten erheblich besser ausgestattet.
Die Einheit F1 ist, verglichen mit den anderen Kartierungseinheiten, optimal hygrisch ozeanisch ausgestattet. Es handelt sich
um mittelatlantische, hyperozeanische westirisch/westbritische kryptogamendominierte Traubeneichenwälder (Quercus
petraea) mit Ilex aquifolium, dem eingeschleppten Rhododendron ponticum, lianenwüchsiger Hedera helix, Luzula sylvatica,
Blechnum spicant, Dryopteris aemula, Hymenophyllum tunbrigense, H. wilsonii und zahlreichen Kryptogamen, wie
Isothecium myosuroides, Thuidium tamariscinum, Hylocomium brevirostre, Saccogyna viticulosa, Scapania gracilis sowie
Plagiochila spinulosa und weiteren Lorbeerwaldmoosen.
Bei der Einheit F2 handelt es sich, verglichen mit F1 hinsichtlich der Ausstattung mit ozeanischen Arten, bereits um eine nur
negativ charakterisierte Marginaleinheit. Sie ist repräsentiert durch ostirisch-britische Trauben- (und Stiel-)Eichenwälder mit
Betula pubescens, Ilex aquifolium, Galium saxatile, Luzula sylvatica, Blechnum spicant, Primula acaulis, Hyacinthoides non-
scripta, Conopodium majus und vielen Moosen. Von der ähnlichen, zum Teil ebenfalls atlantischen Einheit F8 unterscheidet
sie sich durch sporadischen Rhododendron ponticum, lianenwüchsige Hedera helix, die oben genannten Farne und Kräuter
sowie die Moose Plagiomnium undulatum, Plagiochila asplenioides, Hylocomium brevirostre, Isothecium myosuroides und
Diplophyllum albicans.
F3 beinhaltet britische wechselfeuchte Pfeifengras-Eichenwälder (Quercus robur und Q. petraea) mit Molinia caerulea-
Dominanz im Wechsel mit Birkenbruchwäldern (Betula pubescens und B. pendula) mit Myrica gale (AT 11.1.), Erica tetralix
(8.2.), Narthecium ossifragum (8(11).1.), Sphagnum compactum und spec. sowie Talmooren. F3 unterscheidet sich von F9 im
Prinzip durch die gleichen Arten wie F2 von F8.
Die Einheit F9 entspricht standörtlich F3 auf dem europäischen Festland. Auch hier sind es atlantische und subatlantische
wechselfeuchte Pfeifengras-Birken-Stieleichenwälder (Quercus robur, Betula pubescens, B. pendula) mit Frangula alnus,
Lonicera periclymenum, Molinia caerulea-Dominanz, Carex nigra, Aulacomnium palustre, Sphagnum spec., auf reicheren
Böden mit Alnus glutinosa, Deschampsia cespitosa und Athyrium filix-femina.
Die Einheit F8 des europäischen Kontinents entspricht der britischen F2, ihre Ozeanitätsamplitude ist jedoch weiter. Es
handelt sich um mittelatlantische und (nord)subatlantische Birken-Eichenwälder (Quercus robur und Q. petraea, mit Betula
pendula, B. pubescens, Populus tremula) mit Frangula alnus, Dryopteris carthusiana, D. dilatata, Festuca filiformis, Galium
saxatile, Teucrium scorodonia (im Süden), Ceratocapnos claviculata, Rubus fruticosus agg. div. spec.; in den nordtemperaten
Territorien Europas mit Vaccinium myrtillus, V. vitis-idaea, Trientalis europaea, Maianthemum bifolium, Luzula pilosa, Pinus
sylvestris und Picea abies, weiter südlich mit Hieracium laevigatum und H. umbellatum. F8 unterscheidet sich von F2 vor
allem durch Beteiligung von Pinus sylvestris, Picea abies, Frangula alnus und Maianthemum bifolium.
Die Einheit F10 ist als trophisch anspruchsvollste nordtemperate Einheit mit mehr mesotraphenten Arten ausgestattet als F1,
F2, F3, F8 und F9. Sie setzt sich aus atlantischen bis zentraleuropäischen, südskandinavischen Stieleichenwäldern (Quercus
robur) reicherer Standorte zusammen. Die Beteiligung atlantischer und subatlantischer Arten ist hier, an der Nordgrenze der
temperaten Zone, nur noch schwach. In F10 treten bereits osteuropäische Arten auf.

239
Formation F.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Die ( n o r d ) o s t e u r o p ä i s c h - t e m p e r a t e n bodensauren Eichenwälder (F11, F12, F13, F19)


sind wegen ihrer schwächeren Ozeanitätsbindung floristisch ganz anders zusammengesetzt. Ihnen
fehlen die atlantischen, subatlantischen und westsubmediterranen Elemente. Vielmehr werden sie
durch eurasisch-boreale und eurasisch-temperate sowie osteuropäische und submediterran-kontinen-
tale Sippen gekennzeichnet. Als Leitart für diesen Wechsel kann Calamagrostis arundinacea gelten.
Die Beteiligung submediterraner Arten ist im Vergleich zu den nordwesteuropäisch-temperaten
Einheiten ein Hinweis auf die ausgeprägtere Saisonalität des Klimas mit wärmeren Sommern. Das
Trophieniveau dieser Einheiten nimmt nach Osten zu, denn die Nadelbaumkonkurrenz wird hier
stärker und verdrängt die Laubwälder von den sehr basenarmen Standorten.
Die Einheit F19 repräsentiert süd-zentraleuropäische (herzynische) Kiefern-Eichenwälder (Quercus robur, Q. petraea, Pinus
sylvestris) mit Vaccinium myrtillus, V. vitis-idaea, Calluna vulgaris, Calamagrostis arundinacea. Diese Einheit ist floristisch-
standörtlich kaum von F11 zu trennen und könnte daher mit ihr zusammengefaßt werden.
Die Einheit F11 umfaßt (subatlantisch-)zentraleuropäische (fälisch-südbaltisch-herzynisch-polonische) Eichenwälder
(Quercus petraea, Q. robur) mit Pinus sylvestris, Calamagrostis arundinacea, Melica nutans, Rubus saxatilis, Orthilia
secunda, im Norden mit Beerstrauchaspekt, im Süden grasreich, teilweise mit Silene nutans, Polygonatum odoratum,
Campanula persicifolia, Peucedanum oreoselinum und Carex montana. Die subatlantischen Arten klingen aus. Ausbildungen
ärmerer Standorte haben einen höheren natürlichen Kiefernanteil. Örtlich findet man Kiefernwälder auf Binnendünen.
Die Einheit F12 kennzeichnet zentraleuropäisch-südwestsarmatische Kiefern-Eichen-Mischwälder (Quercus robur, Pinus
sylvestris, teilweise Quercus petraea) mit Euonymus verrucosa, Vaccinium myrtillus, V. vitis-idaea, Trientalis europaea,
Orthilia secunda und Chamaecytisus ruthenicus. Örtlich kommen daneben Kiefernwälder vor. An sich endet Einheit F12 –
wie auch das Areal der Traubeneiche – in der Zentraleuropäischen Provinz; sie dürfte daher in der Karte zu weit nach Osten
ausgedehnt sein. Die eigentlich sarmatische Einheit ist F13. Nach den Tabellen von J. M. MATUSZKIEWICZ (1988) ist F12
gegenüber F13 vornehmlich negativ charakterisiert, das Vorkommen von Abies alba und Quercus petraea einmal ausgenom-
men.
Einheit F13 repräsentiert die sarmatischen Kiefern-Stieleichenwälder (Quercus robur, Pinus sylvestris) mit Tilia cordata und
teilweise Picea abies, mit Euonymus verrucosa, Vaccinium myrtillus, V. vitis-idaea, Trientalis europaea, Orthilia secunda,
Goodyera repens, Chamaecytisus ruthenicus, Potentilla alba und Melampyrum nemorosum. Die Gesamtartenkombination von
F13 verdeutlicht ein allgemein höheres Trophieniveau, ein höheres Kontingent an nordischen und submediterranen Arten und
den ausgeprägt sarmatischen Charakter. Innerhalb der Einheit F13 unterscheidet J.M. MATUSZKIEWICZ (1988) eine subboreale
und eine sarmatische Rasse. Die subboreale Rasse enthält u. a. mehr Picea abies, die sarmatische Rasse mehr strauchförmige
Pinus sylvestris. Wenn man ähnlich enge Kriterien wie in Westeuropa anwendet, dürften die subboreale und die sarmatische
Rasse von F13 zwei unterschiedlichen Kartierungseinheiten und Syntaxa zuzuordnen sein (vgl. Bemerkungen zu F12 und F13
im Kapitel „Stellung im pflanzensoziologischen System“).

Zentral- bis osteuropäische südtemperate und submediterrane azidophile Eichenmischwälder


(F20-F22)
Einheit F20 repräsentiert die s ü d - z e n t r a l e u r o p ä i s c h e n Luzula luzuloides-Trauben- und Stieleichenmischwälder
(Quercus petraea, Q. robur, teilweise Pinus sylvestris) mit Melampyrum pratense, Hieracium sabaudum, H. umbellatum,
H. lachenalii, Genista tinctoria, G. germanica und Calamagrostis arundinacea. Thermophytische Untereinheiten enthalten
u. a. Campanula persicifolia, Silene viscaria, S. nutans, Polygonatum odoratum und Cytisus nigricans. Auch in dieser Einheit
gibt es xerotherme Ausbildungen, die der Einheit F18 nahe stehen, aber östliche Vikarianten darstellen.
Die s u b m e d i t e r r a n / s u b m o n t a n e Einheit F21 ist durch südostvoralpisch-illyrische Traubeneichen-Mischwälder
(Quercus petraea s. l.) mit Genista tinctoria, Cytisus nigricans, Chamaecytisus hirsutus, Lathyrus niger und Tanacetum
corymbosum charakterisiert. Floristisch unterscheidet sie sich von Einheit F20 durch die Beteiligung von submediterran-
nemoralen Elementen der Arealtypen 5.2., 5.4. und 5.5.: Quercus cerris, Q. frainetto, Fraxinus ornus, Potentilla micrantha,
Hieracium racemosum, Epimedium alpinum, Silene nemoralis, Helleborus odorus, Silene coronaria und weitere. Diese Arten
sind mit hoher Stetigkeit, aber stets nur in geringer Menge beigemischt (andernfalls hätte man F21 zur Formation G stellen
müssen). Im Gesamtbild ergibt sich jedoch eine deutliche floristische Affinität zu den anspruchsvollen thermophilen

240
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.1

Eichenmischwäldern. Neben weiteren submediterranen Arten (ATG 5.) ist der hohe Anteil temperat-subkontinentaler Arten
(AT 8.11. und 8.13.) hervorzuheben.
Nicht gesondert und als eigene Kartierungseinheit dargestellt werden hier die von verschiedenen Autoren unter „Genisto
pilosae-Quercetum“ beschriebenen östlichen und südöstlichen xerothermen Felspflanzen-Eichenwälder. Sie kommen im Areal
von F20, F21 und F17 vor und vermitteln, insbesondere auf basenreicheren Felsstandorten, zur Formation G.
Einheit F22 beinhaltet zentraleuropäisch-pannonisch-danubische wechselfeuchte Pfeifengras-Stieleichenwälder (Quercus
robur, in den submeridionalen Territorien mit Fraxinus angustifolia subsp. danubialis), mit Euonymus verrucosa, Molinia
caerulea, M. arundinacea, Deschampsia caespitosa und Carex brizoides. Sie ist in mehreren Gebieten am Fuße der Karpaten
verbreitet.

Literatur
AMIGO & ROMERO 1994; BJØRNSTAD 1971; BOLÒS, O. DE 1988; BRAUN-BLANQUET 1967a, 1967b;
BRAUN-BLANQUET & TÜXEN 1952; DELÉLIS-DUSSOLIER & GÉHU 1975; DENZ 1994; DIEKMANN
1994; DOING 1962; ELLENBERG & KLÖTZLI 1972; FRILEUX 1975; GLAVA„ & KRAUSE 1969; HÄRDT-
LE, HEINKEN, PALLAS & WELSS 1997; JÄGER 1968; JALAS & SUOMINEN (Ed.) 1976, 1983; KELLY
1981; LAPRAZ 1963b; LAWESSON 2000; MATUSZKIEWICZ J. M. 1988; MATUSZKIEWICZ W. 1984;
MEUSEL 1941; MEUSEL & JÄGER 1989; MEUSEL, JÄGER & WEINERT 1965b; MOSS 1911a; NEUHÄUS-
LOVÁ 2001b; OBERDORFER 1964; PALLAS 1996, 2000, 2002; PASSARGE & HOFMANN 1968; RAMEAU
& ROYER 1975; RIVAS-MARTÍNEZ 1974c, 1987; RODWELL (Ed.) 1991a; SCAMONI 1960; SOÓ 1964;
STEFANOVI‚ 1964c; STEFANOVI‚ & MANUSEVA 1966, 1971; TIMBAL 1988; WAGNER 1989.

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Formation F.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.1

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Formation F.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.2

F.2 Eichen-Eschenmischwälder (Fraxinus excelsior, Quercus robur, Ulmus glabra,


Quercus petraea)
John R. Cross, mit Beiträgen von Javier Loidi & Udo Bohn

Charakterisierung und typologische Abgrenzung; geographische Verbreitung


Das Verbreitungsgebiet dieser ozeanischen Formation mit den Hauptbaumarten Fraxinus excelsior,
Quercus robur, Ulmus glabra und Quercus petraea liegt überwiegend auf den Britischen Inseln,
ferner am Fuß und im Innern der westlichen Pyrenäen und des Kantabrischen Gebirges; hinzu
kommen isolierte Vorkommen entlang der Westküste von Norwegen und in Nordwestfrankreich.
Die Bestände der Formation besiedeln in der Regel basenreiche, oft kalkhaltige, mäßig saure bis
neutrale Braunerden. Charakteristisch ist eine relativ artenreiche meso- bis eutraphente Flora im Un-
terschied zur vorhergehenden Formation der artenarmen, azidophilen Eichen- und Eichenmisch-
wälder (F.1). Eichen-Eschenmischwälder kommen hauptsächlich außerhalb des natürlichen Areals
von Eichen-Hainbuchenwäldern und Buchenwäldern vor, wobei Fagus sylvatica in Spanien, Frank-
reich und Südengland allerdings örtlich als natürliches Element in dieser Formation vertreten ist. In
Irland nimmt Fraxinus excelsior alle basenreichen, mäßig trockenen bis feuchten Standorte als
herrschende Baumart ein, da hier Buche und Hainbuche von Natur aus fehlen.

Bestandesstruktur und Physiognomie


In natürlichen Waldbeständen bilden Fraxinus excelsior und Quercus robur in unterschiedlichem
Mischungsverhältnis die Baumschicht, die auf tiefgründigeren Böden eine Höhe von 20 bis 30 m
erreicht. Auf flachgründigen Böden bleibt sie jedoch sehr viel niedriger und ist örtlich – auf extrem
flachgründigen Kalkstandorten und im Einflußbereich der maritimen Salzgischt – auf 4 m Höhe
oder weniger begrenzt. In feinerdearmen Karstgebieten setzt sich die „Baumschicht“ z. T. nur aus
Straucharten zusammen; die Gehölzbestände wechseln hier mit natürlichen Rasen- und Heidegesell-
schaften ab.
Die Strauchschicht, die eine Höhe von 8 m und mehr erreichen kann, ist dank der lichtdurch-
lässigen Baumkronen meist gut entwickelt, häufig artenreich, und wird von Corylus avellana
beherrscht. Daneben sind Sträucher wie Crataegus monogyna und Ilex aquifolium sehr verbreitet.
Rubus fruticosus agg. kann mit anderen niedrigen Gehölzarten eine zweite Strauchschicht bilden,
die in Verbindung mit Kletterpflanzen oft zu einem undurchdringlichen Dickicht wird.
Die Krautschicht ist im allgemeinen gut entwickelt und meist artenreich mit zahlreichen Farnen,
weist jedoch kaum dominierende Arten auf. Saisonale Fazies von Frühlingsgeophyten (z. B.
Ranunculus ficaria, Hyacinthoides non-scripta) sind besonders auffällig sowie im Sommer Farne
wie Dryopteris spp. und Pteridium aquilinum.
Die Moosschicht ist im allgemeinen schwach ausgebildet, doch nehmen Deckungsgrad und Bedeu-
tung nach Westen zu, wo kräftige pleurokarpe Moose auf felsigen Waldböden zur Dominanz gelan-
gen können.

251
Formation F.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Das regelmäßige und reichliche Vorkommen von Hedera helix – sowohl als Liane wie als Boden-
decker – zusammen mit Ilex aquifolium und örtlich auch Ruscus aculeatus sowie epiphytischen
Moosen verleiht den Eichen-Eschenwäldern ein halb-immergrünes Aussehen. Mit Hedera helix
umkleidete Baumstämme sind ein besonderes Merkmal des Winteraspektes.

Floristische Zusammensetzung (Artengefüge)


Eichen-Eschenmischwälder sind an die atlantische Florenregion gebunden und lassen sich somit
durch ihren hohen Anteil ozeanischer Arten gut charakterisieren. Einige dieser Arten wie Hyacin-
thoides non-scripta, Primula acaulis, Polystichum setiferum und Asplenium scolopendrium finden
in diesen Wäldern optimale Bedingungen. In den südlich verbreiteten Einheiten kommen überdies
eine Reihe submediterraner und mediterraner Elemente hinzu wie Smilax aspera, Rubia peregrina,
Ruscus aculeatus, Rubus ulmifolius und Rosa sempervirens (vgl. Tab. 13). In der Baumschicht sind
Fraxinus excelsior und Quercus robur (örtlich auch Q. petraea) die generell dominierenden
Baumarten. Ulmen (meist Ulmus glabra) waren früher weit verbreitet, sind heute jedoch infolge des
Ulmensterbens nur noch selten bzw. wenig am Aufbau der Baumschicht beteiligt. Fagus sylvatica
erlangt nur dort regional als Mischbaumart eine größere Bedeutung, wo sie in den angrenzenden
Einheiten von Natur aus vorkommt bzw. herrscht: in Nordspanien ebenso wie in Südengland und
Nordwestfrankreich. In den übrigen Gebieten wurde die Buche jedoch vielfach eingeführt und
breitet sich dort oft subspontan aus. Tilia cordata kommt örtlich in Westnorwegen, Großbritannien
und in Südwestfrankreich vor. Der Bergahorn (Acer pseudoplatanus) ist nur in Frankreich und
Spanien natürlicher Bestandteil, in Großbritannien und Irland wurde er eingeführt. Hier vermehrt
und breitet sich die Art vor allem auf den feuchteren Standorten subspontan aus. Taxus baccata ist
weit verbreitet, aber selten stärker vertreten. Die eingebürgerte Castanea sativa bildet vor allem in
Nordspanien und Südwestfrankreich einen integralen Bestandteil der Baumschicht. In der meist gut
entwickelten zweiten Baumschicht kommen zusätzlich insbesondere Acer campestre sowie Sorbus
aucuparia und Betula-Arten vor, daneben je nach Gebiet und Standort weitere Baumarten. Die
Hainbuche (Carpinus betulus) fehlt wie die Buche im größten Teil des Verbreitungsgebietes der
Formation und dringt nur in den Kontaktzonen zu ihrem natürlichen Areal – in Südengland und
Südwestfrankreich – als Mischbaumart in die Bestände ein.
Kletterpflanzen haben unterschiedlichen Anteil. Insbesondere Hedera helix kann sich sowohl an den
Stämmen als auch im Kronendach üppig entwickeln. Die Lianen Lonicera periclymenum, Clematis
vitalba und Tamus communis können bei fehlender Beweidung Dickichte ausbilden.
Die Strauchschicht wird von Corylus avellana beherrscht, ist jedoch in der Regel ziemlich arten-
reich, wobei Ilex aquifolium, Crataegus monogyna, Viburnum opulus, Euonymus europaea und
Prunus spinosa am häufigsten sind. Rubus fruticosus agg. kann eine untere Strauchschicht aus-
bilden. Thermophile Arten wie Ruscus aculeatus, Rosa sempervirens und Daphne laureola kommen
in Südwestfrankreich und Nordspanien hinzu. Die boreale Art Ribes spicatum ist für Norwegen
kennzeichnend.

252
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.2

Die Krautschicht ist im allgemeinen artenreich, mit vorherrschend krautigen Stauden. Im Frühjahr
spielen Geophyten mit ihren Blühaspekten eine wichtige Rolle: Ranunculus ficaria im zeitigen
Frühjahr, Anemone nemorosa und Hyacinthoides non-scripta im späteren Frühjahr. Charakte-
ristischste krautige Arten sind Primula acaulis, Circaea lutetiana, Mercurialis perennis, Brachypo-
dium sylvaticum, Sanicula europaea, Viola-Arten (V. riviniana, V. reichenbachiana), Conopodium
majus und Carex sylvatica. Im Sommer beherrschen vor allem in klimatisch feuchteren Gebieten
vielfach Farne das Bild wie Dryopteris filix-mas, D. affinis subsp. borreri, Polystichum setiferum,
Athyrium filix-femina und Asplenium scolopendrium.
Die Moosschicht ist um so artenreicher und üppiger entwickelt, je feuchter das Klima oder der
Standort ist. Weit verbreite Arten sind Eurhynchium striatum, E. praelongum, Thuidium tamarisci-
num, Brachythecium rutabulum, Plagiomnium undulatum und Atrichum undulatum.

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Die Einordnung der Eichen-Eschenmischwälder innerhalb des pflanzensoziologischen Systems von
Braun-Blanquet gelingt nicht ganz zufriedenstellend, da die Wälder außerhalb des Verbreitungs-
gebietes vieler diagnostisch wichtiger Arten liegen, die benutzt wurden, um verwandte Gesell-
schaften in Mitteleuropa zu klassifizieren. Die Einheiten gehören mit Sicherheit in die Ordnung
Fagetalia sylvaticae Paw»owski 1928 und hier am ehesten in die folgenden zwei Verbände: Carpini-
on betuli Issler 1931 im Süden Großbritanniens, Alnion incanae Paw»owski in Paw»owski, Soko-
lowski & Wallisch 1928 (Syn.: Alno-Ulmion Braun-Blanquet et Tüxen 1943, Alno-Padion Knapp
1942) in Westnorwegen, Irland, in Teilen Großbritanniens und in Nordwestfrankreich, soweit es
sich um feuchte Standorte handelt, ferner zum Unterverband Polysticho-Corylenion (Vanden Bergen
1969) O. Bolòs 1973 des Carpinion in Nordspanien und Südwestfrankreich. Besonders problema-
tisch erscheint die syntaxonomische Zuordnung der Eichen-Eschen- und Hasel-Eschenwälder auf
trockenen und flachgründigen Standorten.

Makroklimatische Gegebenheiten
Für diese Formation ist ein ausgeprägt ozeanisches Klima mit über das ganze Jahr verteilten Nieder-
schlägen charakteristisch. Der Jahresniederschlag variiert von 600 mm in Ostengland und Nord-
frankreich bis 1400 mm im Westen Großbritanniens und Irland sowie bis 1600 mm in Kantabrien
und bis 2000 mm an der norwegischen Westküste. Die Sommer sind relativ kühl bis warm. Die
Julitemperaturen reichen von 14-16 °C in Norwegen, Irland und Großbritannien bis 18-20 °C in
Nordspanien. Die mittleren Temperaturen im Winter liegen zwischen -3 °C in Norwegen und 6-7 °C
in Westirland, Westgroßbritannien und Kantabrien. Strenge Fröste und längere Schneebedeckung
sind selten. Örtlich haben starke Winde, versetzt mit Salzgischt, einen limitierenden Einfluß auf die
Höhe der Baumschicht.

Standortbedingungen
Eichen-Eschenmischwälder stocken überwiegend auf Braunerden, die basenreich, oft kalkhaltig,
meist lehmig, gelegentlich auch sandig oder kiesig sind. Die Böden haben sich aus Glazialgeschiebe,

253
Formation F.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Kreidesedimenten, Kalkgestein oder Schiefern entwickelt. Örtlich kommen diese Wälder auch auf
Rendzinen oder sehr flachgründigen Kalksteinböden vor (F29, F30, F31). Der pH-Wert liegt meist
im schwach sauren bis neutralen Bereich (zwischen 6 und 7), in manchen Einheiten (F32) auch bei
4,5. Die Böden sind mesotroph bis eutroph, örtlich auch oligotroph, frisch bis feucht, z. T. auch
trocken, örtlich pseudovergleyt oder vergleyt, meist mit Mullhumus. Auf sehr flachgründigen oder
besonders durchlässigen Kalksteinböden kann es selbst in hyperozeanischen Gebieten wie West-
irland durch saisonale Trockenheit zu erheblichem Wasserstreß kommen.
Die meisten Einheiten kommen zwischen dem Meeresspiegel und 330 m vor. Kollin-submontane
Eichen-Eschenmischwälder in Nordspanien reichen bis 450 m Meeresspiegel, die dortige sub-
montan-montane Ausbildung sogar bis 1000 m.

Rolle im Landschaftsgefüge
Die ausgedehntesten Vorkommen der Tieflandeinheiten dieser Formation liegen in flachwelligen
Ebenen, auf niedrigen Plateaus und in Tälern. Die aktuellen Waldbestände sind hier jedoch nur
kleinflächige und stark abgewandelte Fragmente in einer Agrarlandschaft. In Großbritannien – und
in geringerem Ausmaß auch in Irland – sind diese Bestände im Frühsommer durch ausgesprochen
attraktive Aspekte von Hyacinthoides non-scripta gekennzeichnet. In manchen Gebieten werden
kleine Erhebungen aus härterem Gestein von Eichen-Eschenmischwäldern besiedelt und prägen so
das Landschaftsbild. Besondere Ausbildungsformen mit lückigen und mehr buschförmigen Wald-
beständen gibt es in Karstgebieten, wo die extrem flachgründigen, felsigen Standorte örtlich keinen
Wald sondern nur Gebüsche, Felsheiden und Trockenrasen aufkommen lassen.Weitere Standorte
dieser Formation sind sickerfeuchte und blockreiche Steilhänge in Tälern und Fjorden Norwegens.
Eine kollin-submontane bis montane Ausbildung (F33) kommt in den Vorbergen, Tälern und
Becken der westlichen Pyrenäen und des Kantabrischen Gebirges sowie als Reliktgesellschaft in
Schluchten und engen Tälern der Nordabdachung des Moncayomassivs in Nordspanien vor.
Entsprechend den oft kleinflächig wechselnden Bodenbedingungen bestehen die Kartierungsein-
heiten zu einem hohen Grad aus Gesellschaftskomplexen und weisen häufig Übergänge zu anderen
Einheiten auf. So kommen z. B. Flecken des Hasel-Eschenwaldes (F29) auf flachgründigem Kalk-
gestein innerhalb der Eichen-Eschenwälder (F28, F31) vor und umgekehrt. Das Gebiet der Hasen-
glöckchen-Eschen-Eichenwälder (F32) kann auch Bestände bodensaurer Eichenwälder (z. B. F1, F2,
F3, F8) enthalten. Auf den britischen Inseln werden die Eichen-Eschenwälder nach Norden und
Westen zunehmend durch bodensaure Eichenwälder abgelöst. Ähnliche Tendenzen kann man am
Nordfuß der Pyrenäen und im Westen des Kantabrischen Gebirges beobachten. Im Süden von
Großbritannien sowie bei den pyrenäischen und kantabrischen Vorkommen grenzen diese Wälder
an artenreiche oder bodensaure Buchen- und Buchenmischwälder und gehen in diese über. In
Schwemmlandebenen und Tälern gibt es Übergänge zu Auenwäldern und feuchten Erlen-Eichen-
Eschenwäldern. In Irland – und in geringer Ausdehnung auch in Großbritannien – kommen im
Vegetationskomplex der Karstgebiete (F29, F30) ferner Hochmoore, Niedermoore, Seen mit
aquatischen Pflanzengesellschaften sowie temporäre Seen (turloughs) vor. Die westnorwegische

254
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.2

Einheit enthält Kiefern- und Birkenwälder und grenzt z. T. an alpine Zwergstrauchvegetation sowie
Fichtenwälder.

Erhaltungszustand, Landnutzung, Ersatzgesellschaften; Naturschutz


Die meisten Eichen-Eschenmischwälder kommen auf von Natur aus fruchtbaren Böden vor und
wurden demzufolge größtenteils gerodet und in landwirtschaftliche Nutzung überführt. Auf tief-
gründigen Böden des Tieflands werden Ackerfrüchte wie Weizen, Gerste, Mais, Zuckerrüben und
Raps angebaut. In nasseren Klimaten, auf flachgründigeren Böden sowie auf steilen Hängen
dominieren Weiden und Wiesen (Arrhenatheretalia Tüxen 1931). Ungedüngte Wiesen und Weiden
auf diesen Standorten sind sehr artenreich, doch viele Weideflächen wurden in sehr artenarmes,
gedüngtes Intensivgrünland umgewandelt, und ein Großteil der ehemaligen Heuwiesen wurden zur
Silageproduktion neu eingesät und stark gedüngt. Bezeichnend für die traditionelle Acker- und
Grünlandlandschaft dieser Einheit auf den Britischen Inseln ist die Untergliederung der Felder und
Wiesen durch ein Netz aus Hecken („Heckenlandschaft“). Diese artenreichen Hecken setzen sich
aus dornigen Sträuchern der Gattungen Rosa, Rubus, Prunus und Crataegus zusammen, zu denen
sich weitere Arten der Ordnung Prunetalia spinosae gesellen, sowie aus für die Formation typischen
Bäumen wie Fraxinus excelsior, Acer campestre, A. pseudoplatanus, örtlich auch Quercus robur
und Ulmus glabra.
Die verbliebenen Waldbestände wurden häufig als Nieder- oder Mittelwälder genutzt und können
daher sehr artenreich sein. Diese Bewirtschaftung wird jedoch zunehmend aufgegeben, und die
Bestände entwickeln sich spontan wieder zu Hochwäldern; vielfach werden sie jedoch durch
Anpflanzung der von Natur aus dominanten Arten oder von Bergahorn, Buche oder seltener durch
Nadelhölzer ersetzt. Flächen, auf denen keine landwirtschaftliche Nutzung mehr stattfindet, werden
ebenfalls zunehmend aufgeforstet, und zwar entweder mit den natürlichen Baumarten oder mit
Buche, Pinus- und Picea-Arten, in Spanien auch mit Eucalyptus globulus.
Naturnahe Bestände der Eichen-Eschenmischwälder sind nur noch in geringem Umfang erhalten
geblieben; einige dieser Bestände sind sehr artenreich, und etliche weisen noch heute nicht mehr
gebräuchliche traditionelle Bewirtschaftungsformen wie Niederwald- oder Schneitelwirtschaft auf.
In Großbritannien sind derartige Bestände gut in Schutzgebieten repräsentiert, doch anderswo stehen
nur wenige Bestände unter Schutz und sind weiterhin von Rodung, Umwandlung in Forste, Eutro-
phierung und örtlich auch durch Erholungsaktivitäten bedroht. Neben den naturnahen Beständen
sollten auch alte Nutzungsformen erhalten bzw. reaktiviert werden. Ersatzgesellschaften wie alte
Wiesen und Weiden sowie das sehr verzweigte Heckensystem sind sehr artenreich und spielen eine
wichtige Rolle bei der Erhaltung der Artenvielfalt in der Agrarlandschaft. Diese im allgemeinen
nicht geschützten Biotope sind weiterhin entweder durch die Intensivierung der Landwirtschaft oder
durch Brachfallen und Aufforstung bedroht.

255
Formation F.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Gliederung in Untereinheiten (vgl. Tab. 13)


Die Reihenfolge der Kartierungseinheiten richtet sich in erster Linie nach der räumlichen Abfolge
von Nord nach Süd.

F.2.1 Planar-kolline Ausbildungen


Die Einheit F27 stellt die nördlichsten, mehr oder weniger isolierten Vorposten temperater Laub-
mischwälder dar. Ihre Existenz innerhalb der borealen Klimazone verdanken sie dem warmen Golf-
strom und der klimatisch begünstigten Lage im Innern der Fjorde und am Fuße von Steilhängen. Die
Einheit kommt auf frischen bis feuchten basenreichen Böden auf Hang- und Blockschutthalden an
den Unterhängen der Fjorde Westnorwegens vor. Sie besteht aus einem Komplex von Edellaubholz-
und Erlenwäldern mit Birken- und Kiefernwäldern. Hauptbaumarten sind Fraxinus excelsior, Ulmus
glabra, Tilia cordata, Alnus glutinosa und A. incana, ferner Betula pubescens s. l. und Pinus syl-
vestris. Die Strauchschicht wird von Corylus avellana, Ilex aquifolium, Ribes spicatum und Taxus
baccata gebildet. Die Krautschicht ist artenreich mit für mesophile Laubwälder charakteristischen
Arten wie Primula acaulis, Brachypodium sylvaticum, Sanicula europaea, Circaea intermedia,
Polystichum aculeatum u. a. Auf den feuchten Standorten kommen eine Reihe Feuchte- und Nässe-
zeiger vor wie Chrysosplenium oppositifolium, C. alternifolium, Carex remota, Crepis paludosa,
Filipendula ulmaria, Caltha palustris und Matteuccia struthiopteris. Die Moosschicht ist meist
üppig entwickelt und relativ artenreich (u. a. Fissidens taxifolius, Hylocomium brevirostre, Plagio-
mnium undulatum, Ctenidium molluscum, Thuidium tamariscinum). Der nordische Charakter dieser
Einheit zeigt sich einmal im Vorkommen borealer Florenelemente (Alnus incana, Ribes spicatum,
Matteuccia struthiopteris), insbesondere aber in der Kombination und im Kontakt mit borealen
Vegetationstypen wie Birken-, Kiefern- und Fichtenwälder.
Zentrale Einheit des Tieflandes in Irland stellen die Stieleichen-Eschenwälder (F28) auf tiefgrün-
digen, basenreichen Böden aus Glazialgeschiebe dar. In der Baumschicht herrschen Esche (Fraxinus
excelsior) und Stieleiche (Quercus robur) mit Höhen bis über 20 m; beigemischt ist vereinzelt
Ulmus glabra. Fagus sylvatica reproduziert sich als eingebürgerte Art subspontan und ist teilweise
sekundärer Bestandteil der Baum- und Strauchschicht. Sorbus aucuparia, Ilex aquifolium, Prunus
avium, Betula pubescens bilden z. T. eine lichte zweite Baumschicht. In der Strauchschicht domi-
niert Corylus avellana in Verbindung mit Crataegus monogyna und Ilex aquifolium; weitere typi-
sche Arten sind Euonymus europaea und Viburnum opulus. In der artenreichen Krautschicht sind
vor allem anspruchsvolle Arten vertreten: Arum maculatum, Circaea lutetiana, Geum urbanum, Sa-
nicula europaea, Brachypodium sylvaticum, Viola reichenbachiana, Primula acaulis, Hedera helix
(örtlich dominant), Potentilla sterilis, Veronica montana, Carex sylvatica. Daneben sind Farne wie
Dryopteris filix-mas, D. dilatata, D. affinis subsp. borreri, Polystichum setiferum und Asplenium
scolopendrium sehr verbreitet und bezeichnend, während Moose eine relativ geringe Rolle spielen.
An Frühjahrsgeophyten kommen vor allem Anemone nemorosa und Hyacinthoides non-scripta in
größeren Beständen vor.

256
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.2

Tab. 13: Floristische Gliederung der Eichen-Eschenmischwälder (F.2).

Nr. der Kartierungseinheit F27 F28 F29 F30 F31 F32 F33
Lage in Europa N W W W W W SW
Baumschicht:
Fraxinus excelsior d d D D d x d
Quercus robur (x) d (x) (x) d D d
Ulmus glabra d x x . d x (x)
Tilia cordata x . (x) . x (x) (x)
Sorbus aucuparia [St] . x x (x) [x] x .
Fagus sylvatica [anthropogen] . [x] [x] . [x] x (x)
Betula pubescens . (x) x (x) . (d) .
Prunus avium . x x . (x) (x) (x)
Acer campestre . . (x) (x) d . x
Acer pseudoplatanus [anthropogen] . . [x] . [x] x (x)
Sorbus aria . x x . . . (x)
Tilia platyphyllos . . (x) . (x) . (x)
Quercus petraea . . (x) . . (d) (x)
Carpinus betulus . . . . x (x) (x)
Taxus baccata [St] [x] . (x) . . . .
Malus sylvestris . x x . . . .
Salix caprea . x (x) . . . .
Castanea sativa [anthropogen] . . . . . [x] [x]
Alnus glutinosa (x) . . . . . .
Alnus incana (x) . . . . . .
Prunus padus (x) . . . . . .
Ulmus procera . . . . (x) . .
Ulmus minor . . . . (x) . (x)
Sorbus torminalis [St] . . . . [x] . (x)
Acer opalus . . . . . . (x)
Quercus pyrenaica . . . . . . (x)
Quercus ilex . . . . . . (x)
Strauchschicht:
Corylus avellana x d d d d x d
Ilex aquifolium x x x x x d x
Rubus fruticosus agg. . x x x d d x
Crataegus monogyna . x x x x x x
Euonymus europaea . x x x . (x) x
Viburnum opulus . x x . x (x) (x)
Prunus spinosa . x x (x) . . x
Sambucus nigra . . (x) . x x (x)
Rhamnus cathartica . . (x) (x) . . (x)
Cornus sanguinea . . (x) . . (x) x
Crataegus laevigata . . . . x x (x)
Frangula alnus . . . (x) . . (x)
Ligustrum vulgare . . . (x) . . x
Ruscus aculeatus . . . . . (x) x
Ribes spicatum x . . . . . .
Rosa spinosissima . . . (x) . . .
Potentilla fruticosa . . . (x) . . .
Juniperus communis . . . (x) . . .
Salix atrocinerea . . . . . . (x)
Daphne laureola . . . . . . x
Rosa arvensis . . . . . . (x)
Rosa sempervirens . . . . . . (x)
Rubus ulmifolius . . . . . . x
Lonicera xylosteum . . . . . . (x)
Laurus nobilis . . . . . . (x)
Rhamnus alaternus . . . . . . (x)
Lianen:
Hedera helix x x x x x x x
Lonicera periclymenum x x (x) . x x x
Clematis vitalba . . . . (x) . (x)
Tamus communis . . . . (x) . x
Smilax aspera . . . . . . x
Rubia peregrina . . . . . . x
Krautschicht:
Hedera helix x d x x d x x
Anemone nemorosa x x x x x x .

257
Formation F.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Nr. der Kartierungseinheit F27 F28 F29 F30 F31 F32 F33
Lage in Europa N W W W W W SW
Primula acaulis x x x . x (x) x
Sanicula europaea x x x . x (x) x
Brachypodium sylvaticum x x x . x (x) x
Carex sylvatica x x x . x (x) x
Conopodium majus x x (x) . x x x
Polystichum setiferum . x x x x x x
Dryopteris filix-mas . x x x x x x
Dryopteris affinis subsp. borreri . x (x) x x x x
Viola riviniana . x x x x x .
Geranium robertianum . x x x x . x
Potentilla sterilis . x x x x . x
Asplenium scolopendrium . x x x x . x
Geum urbanum . x (x) x x . x
Veronica chamaedrys . x x x x . x
Viola reichenbachiana . x (x) x x . x
Fragaria vesca . x x x (x) . x
Hyacinthoides non-scripta . x (x) . d x (x)
Oxalis acetosella . x x . (x) x x
Athyrium filix-femina . x (x) . x (x) x
Circaea lutetiana . x (x) . x x x
Dryopteris dilatata . x . . x x x
Ranunculus ficaria x . . . x x x
Arum maculatum . x x . x . (x)
Filipendula ulmaria (x) (x) . . (x) . .
Allium ursinum x . (x) . x . .
Polystichum aculeatum x . (x) . (x) . .
Urtica dioica . . (x) x x . .
Galium aparine . . (x) x x . .
Glechoma hederacea . . (x) . x x .
Veronica montana . (x) . . (x) . (x)
Hypericum pulchrum . . (x) (x) . . (x)
Lamium galeobdolon . . (x) . x . x
Teucrium scorodonia . . (x) . (x) . (x)
Mercurialis perennis . . (x) . d . x
Melica uniflora . . (x) . x . x
Stellaria holostea . . . . (x) x x
Stachys sylvatica x . . . x . .
Lysimachia nemorum . (x) . . (x) . .
Asplenium trichomanes . . x x . . .
Sesleria albicans . . x x . . .
Solidago virgaurea . . (x) . . x .
Campanula trachelium . . (x) . . . (x)
Pteridium aquilinum . . . . . d x
Blechnum spicant . . . . . x (x)
Silene dioica . . . . . (x) (x)
Festuca altissima x . . . . . .
Orchis mascula x . . . . . .
Circaea intermedia x . . . . . .
Aegopodium podagraria x . . . . . .
Matteuccia struthiopteris x . . . . . .
Gagea lutea x . . . . . .
Ranunculus auricomus x . . . . . .
Stellaria nemorum (x) . . . . . .
Cardamine flexuosa (x) . . . . . .
Chrysosplenium oppositifolium (x) . . . . . .
Chrysosplenium alternifolium (x) . . . . . .
Carex remota (x) . . . . . .
Ranunculus repens (x) . . . . . .
Caltha palustris (x) . . . . . .
Glyceria fluitans (x) . . . . . .
Crepis paludosa (x) . . . . . .
Rubus saxatilis . . x . . . .
Convallaria majalis . . (x) . . . .
Calluna vulgaris . . (x) . . . .
Campanula latifolia . . (x) . . . .
Erica cineria . . (x) . . . .
Arctostaphylos uva-ursi . . (x) . . . .
Empetrum nigrum . . (x) . . . .

258
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.2

Nr. der Kartierungseinheit F27 F28 F29 F30 F31 F32 F33
Lage in Europa N W W W W W SW
Antennaria dioica . . (x) . . . .
Galium verum . . (x) . . . .
Asperula cynanchica . . (x) . . . .
Gentiana verna . . (x) . . . .
Helianthemum oelandicum subsp. incanum . . (x) . . . .
Geranium sanguineum . . (x) . . . .
Dryas octopetala . . . (x) . . .
Carex flacca . . . (x) . . .
Thymus praecox . . . (x) . . .
Deschampsia cespitosa . . . . (x) . .
Holcus mollis . . . . . x .
Luzula sylvatica . . . . . x .
Dryopteris affinis . . . . . . x
Helleborus viridis subsp. occidentalis . . . . . . x
Isopyrum thalictroides . . . . . . (x)
Ceratocapnos claviculata . . . . . . (x)
Pulmonaria affinis . . . . . . x
Euphorbia amygdaloides . . . . . . x
Euphorbia dulcis . . . . . . x
Euphorbia hyberna . . . . . . (x)
Hepatica nobilis . . . . . . x
Lathraea clandestina . . . . . . x
Carex umbrosa . . . . . . x
Pulmonaria longifolia . . . . . . x
Symphytum tuberosum . . . . . . (x)
Brachypodium pinnatum subsp. rupestre . . . . . . x
Arum italicum . . . . . . (x)
Iris foetidissima . . . . . . x
Hypericum androsaemum . . . . . . x
Saxifraga hirsuta . . . . . . (x)
Ranunculus nemorosus . . . . . . x
Lathyrus niger . . . . . . (x)
Senecio adonidifolius . . . . . . (x)
Moosschicht:
Thuidium tamariscinum x x x x . x x
Eurhynchium striatum x x x x . x x
Plagiomnium undulatum x x x x x . x
Brachythecium rutabulum x . x x x . .
Mnium hornum x . x . x x .
Atrichum undulatum . (x) x . x x .
Fissidens taxifolius x x . . x . x
Hylocomium brevirostre d . x x . . .
Ctenidium molluscum x . x x . . .
Eurhynchium praelongum x . . . x x x
Rhytidiadelphus triquetrus . x x x . . .
Thamnobryum alopecurum . x x . . . .
Neckera crispa . . x x . . .
Scapania aspera . . x x . . .
Tortella tortuosa . . x x . . .
Trichocolea tomentella x . . . . . .
Plagiomnium elatum x . . . . . .
Brachythecium rivulare x . . . . . .
Neckera complanata . . x . . . .
Fissidens dubius . . x . . . .
Marchesiana machaii . . x . . . .
Breutelia chrysocoma . . . x . . .
Dicranum scoparium . . . (x) . . .
Rhytidiadelphus loreus . . . . . x .

Erläuterungen:
D = dominant x = regelmäßig vorkommend (in Datenblatt enthalten)
d = kodominant (x) = örtlich vorkommend (nur in bestimmten Ausbildungen)
(d) = örtlich kodominant

259
Formation F.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Im Westen Irlands, wo die Geschiebe nur eine dünne Decke über dem anstehenden Kalkstein bilden,
ist der Boden kalkreicher, besitzt einen höheren pH-Wert (ca. 6,9) und ist durchlässiger. Außer an
Standorten mit hohem Grundwasserstand ermöglichen die trotz der reichlichen Niederschläge relativ
trockenen und durchlässigen Böden nur einen niedrigen Baumwuchs, und Quercus robur tritt
zurück, während Fraxinus excelsior dominiert. Die hier wachsenden Hasel-Eschenwälder (F29) sind
wegen des flachgründigen Bodens niedrigwüchsig, vielfach buschförmig und teils lückig. In der
Strauchschicht herrscht Corylus avellana vor. Die Krautschicht ist zwar artenreich, ihr Deckungs-
grad jedoch meist spärlich. Die Einheit weist als bezeichnende Arten Sesleria albicans, Asplenium
trichomanes und Rubus saxatilis auf, daneben auch kalkmeidende Arten wie Hypericum pulchrum,
Teucrium scorodonia und Solidago virgaurea. Die Moosschicht ist dagegen häufig üppig entwickelt
mit wüchsigen Arten wie Eurhynchium striatum, Thamnobryum alopecurum, Thuidium tamarisci-
num, Rhytidiadelphus triquetrus und Neckera complanata sowie den charakteristischen Arten
Tortella tortuosa, Fissidens dubius und Neckera crispa. Verwandte Gesellschaften kommen in
etwas anderer Artenzusammensetzung kleinflächig auch in Großbritannien vor.
In der Burren-Region Westirlands und örtlich auch anderswo in Irland und Großbritannien steht das
Kalkgestein an der Oberfläche an, und die aufliegende Bodenschicht ist hier sehr dünn oder fehlt
ganz. Die Wuchshöhe der Bäume ist demgemäß noch niedriger und beträgt häufig weniger als 8 m.
Buschwälder bilden hier zusammen mit Kalkmagerrasen, Felsheiden, Dornstrauchgesellschaften
(mit Rosa pimpinellifolia, Prunus spinosa, Rhamnus cathartica) und nacktem Fels ein vielgestalti-
ges Mosaik (F30). Bezeichnend für diese Vegetation ist die enge Vergesellschaftung kalkholder und
kalkmeidender Arten sowie das räumliche Zusammentreffen unterschiedlicher Florenelemente.
Dazu gehören Zwergsträucher wie Dryas octopetala, Calluna vulgaris und – in höheren Lagen –
Empetrum nigrum und Arctostaphylos uva-ursi; Gräser wie Sesleria albicans, Carex flacca, Festuca
rubra und Briza media, Kräuter wie Lotus corniculatus, Succisa pratensis, Helianthemum oelan-
dicum subsp. incanum, Antennaria dioica, Geranium sanguineum, Gentiana verna sowie zahlreiche
Orchideen wie Orchis mascula, Anacamptis pyramidalis und Neotinea maculata.
Die Stieleichen-Eschenwälder mit Acer campestre und Mercurialis perennis (F31) sind das britische
Gegenstück zu F28 in Irland. Strukturell ist die Einheit ähnlich ausgebildet, doch weist sie deutliche
floristische Unterschiede auf mit zusätzlichen Arten, die in Irland von Natur aus fehlen. Es sind dies
Tilia cordata, Carpinus betulus, Acer campestre und Ulmus minor in der Baumschicht, Clematis
vitalba und Tamus communis als Kletterpflanzen und Mercurialis perennis in der Krautschicht.
Gegenüber der irischen Einheit treten jedoch Feuchtezeiger und atlantische Arten zurück. Die
Einheit F31 kommt in ganz Großbritannien vor, hat allerdings im Osten und Südosten ihren Ver-
breitungsschwerpunkt. Die Baumschicht wird ebenfalls von Esche und Eiche beherrscht mit
unterschiedlicher Beimischung der oben erwähnten Arten sowie Ulmus glabra. Der eingebürgerte
Acer pseudoplatanus ist besonders im feuchteren Nordwesten stärker vertreten. In der Strauch-
schicht herrscht Hasel vor, begleitet von Acer campestre und Crataegus-Arten; auf trockenen
Standorten gesellen sich Euonymus europaea, Ligustrum vulgare und Cornus sanguinea hinzu.
Rubus fruticosus agg. kann stellenweise zusammen mit Ribes-Arten, Rosa canina s. l. und Lonicera

260
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.2

periclymenum eine dichte untere Strauchschicht bilden. Wie in Einheit F28 ist die Krautschicht sehr
variabel und artenreich; die kennzeichnenden Arten sind hier Mercurialis perennis (oft dominie-
rend), Hyacinthoides non-scripta, Circaea lutetiana, Geum urbanum, Arum maculatum und Viola
reichenbachiana. Weniger häufig, aber ebenfalls charakteristisch sind Lamium galeobdolon, Carex
sylvatica, Sanicula europaea, Adoxa moschatellina, Conopodium majus und Brachypodium sylva-
ticum. Farne und Moose haben nur geringen Anteil, nehmen aber nach Norden und Westen mengen-
mäßig zu. Auf feuchten Böden kann Allium ursinum örtlich dominieren.
Im kühleren und regenreicheren Nordwesten Großbritanniens mit Jahresniederschlägen über
1200 mm wird die Einheit F31 von Fraxinus excelsior-Sorbus aucuparia-Mercurialis perennis-Wäl-
dern abgelöst. Diese besiedeln ständig frische, tonige Braunerden, die sich über Kalksteinen und
kalkreichen Geschieben entwickelt haben. Die Bestände variieren strukturell von Hochwäldern in
geschützten Lagen bis zu Buschwäldern in exponierten Lagen. Sie unterscheiden sich von der Ein-
heit F31 durch das Fehlen wärmebedürftiger Arten wie Tilia cordata, Acer campestre, Rhamnus
cathartica und Euonymus europaea, das seltenere Auftreten von Eichen (Quercus petraea ist hier
häufiger als Q. robur), das häufigere Vorkommen von Betula pubescens (subsp. carpatica im
Norden) und Sorbus aucuparia sowie die Beteiligung nordisch-montaner Elemente wie Trollius
europaeus, Geranium sylvaticum und Cirsium heterophyllum. Sowohl Mercurialis perennis als auch
Hyacinthoides non-scripta sind sehr häufig und vielfach bestandsbildend. Auch Frische- und Feuch-
tigkeitszeiger wie Circaea lutetiana, Brachypodium sylvaticum, Deschampsia cespitosa, Potentilla
sterilis, Conopodium majus, Veronica montana, Oxalis acetosella sowie die Farne Athyrium filix-
femina und Dryopteris filix-mas sind hier regelmäßig zu finden. Moose sind fleckig bis kontinuier-
lich vertreten, unter denen Thuidium tamariscinum, Plagiomnium undulatum, Eurhynchium stria-
tum, E. praelongum vorherrschen. Die Einheit kommt im nordwestenglischen und schottischen
Bergland vorwiegend an kühl-feuchten Talhängen und in Talmulden vor. Wegen der Kleinflächig-
keit ist sie in einer Karte unseres Maßstabs nicht darstellbar und wurde deshalb in die Einheit F32
integriert. Vermutlich kommen ähnliche Gesellschaften auf entsprechenden Standorten auch in
Irland vor.
Die irisch-britisch-normandischen Eschen-Eichenmischwälder (F32) bedecken die größte Fläche
und stellen eine Übergangseinheit zwischen den azidophilen Eichenwäldern und den Eichen-
Eschenmischwäldern dar. Sie kommen auf mäßig basenhaltigen sauren Braunerden mit einem
pH-Wert zwischen 4,5 und 5,5 vor. Es handelt sich um einen weit und großflächig verbreiteten
Waldtyp des Tief- und Hügellandes im südwestlichen, mittleren und nördlichen England, in Wales,
Süd- und Ostschottland, Süd- und Nordostirland sowie kleinflächig an den Küsten der Normandie
und Bretagne. Entsprechend der weiten geographischen Amplitude besitzt die Einheit eine beträcht-
liche Variationsbreite, behält aber ihren Grundcharakter bei. Die Baumschicht, im Schnitt etwa
20 m hoch, wird von Eichen – meist Quercus robur, örtlich und in Irland auch Q. petraea – be-
herrscht. Als Mischbaumarten spielen Birken (Betula pendula, in Irland mehr B. pubescens) und
Esche (Fraxinus excelsior) die Hauptrolle. Der Anteil der Esche hängt von Trophie und Gründigkeit
des Bodens ab, ihre Abundanz nimmt nach Nordwesten hin zu. Der eingebürgerte Bergahorn (Acer

261
Formation F.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas

pseudoplatanus) zeigt eine ähnliche Verbreitung, ist aber weniger anspruchsvoll. Weitere Baumar-
ten von untergeordneter bzw. regionaler Bedeutung sind Ulmus glabra, Tilia cordata, Carpinus
betulus, Prunus avium sowie Castanea sativa (in Südostengland eingebürgert). Fagus sylvatica
kommt gelegentlich subspontan vor und kann innerhalb oder am Rande ihres natürlichen Ver-
breitungsgebietes mit Quercus robur in Konkurrenz treten. Ilex aquifolium und Sorbus aucuparia
sind zusammen mit Betula-Arten häufig am Aufbau der zweiten Baumschicht beteiligt, oder sie
kommen zusammen mit Corylus avellana in der Strauchschicht vor. Weitere seltenere Straucharten
sind Crataegus monogyna, C. laevigata, Viburnum opulus, V. lanata und Euonymus europaea.
Rubus fruticosus agg. und Lonicera periclymenum bilden vielfach eine dichte untere Strauchschicht.
Die Krautschicht ist artenreicher und enthält anspruchsvollere Arten als die der bodensauren Eichen-
wälder (F.1), ist jedoch im Vergleich zu anderen Einheiten der Eichen-Eschenmischwälder ärmer
und wird häufig von einer oder zwei Arten dominiert. In Großbritannien werden diese Wälder
aufgrund des Aspektes von Hyacinthoides non-scripta im späten Frühjahr oft als „Bluebell woods“
bezeichnet. Auf frischen Böden ist stattdessen Anemone nemorosa stärker verbreitet. Auf diese
Frühjahrsgeophyten folgt insbesondere im Nordwesten häufig ein Aspekt von Stellaria holostea und
Holcus mollis. Weitere örtlich dominierende Arten der Krautschicht sind Pteridium aquilinum und
Luzula sylvatica. Mit unterschiedlicher Häufigkeit treten Oxalis acetosella, Hedera helix (bodenbe-
deckend und/oder als Kletterpflanze), Farne (insbesondere im Westen: Dryopteris filix-mas, D. dila-
tata, D. affinis subsp. borreri, Athyrium filix-femina) und Gräser (Poa trivialis, Deschampsia cespi-
tosa, örtlich D. flexuosa) auf. Die Moosbedeckung ist normalerweise gering, nimmt aber nach
Westen zu.

F.2.2 Kollin-submontane (bis montane) Ausbildung


Die kantabrisch-euskaldischen Eichen-Eschenmischwälder (F33) sind vom Nord- und Südabfall der
westlichen Pyrenäen entlang dem Golf von Biskaya und im Kantabrischen Gebirge bis nach Astu-
rien verbreitet. Die Einheit ist gekennzeichnet durch feucht-warmes Klima und nährstoffreiche,
frische bis feuchte Böden mit schwach saurer bis neutraler Reaktion (pH-Wert 6 bis 7). Entspre-
chend der Klimagunst und geographischen Lage sind diese Eichen-Eschenmischwälder durch eine
Reihe atlantisch-submediterraner und mediterraner sowie endemischer Arten differenziert (vgl.
Tab. 13). Mediterrane Arten wie Smilax aspera und Rubia peregrina sind häufig, und immergrüne
Arten besitzen eine hohe Abundanz. Zwei Hauptgesellschaften können unterschieden werden: eine
mit mehr ozeanischer Tendenz, auf feuchteren Böden und in niedrigeren Lagen und eine andere
mehr im Landesinnern und in höheren Lagen mit stärker mediterranem Einschlag. Beide Gesell-
schaften werden in der Baumschicht von Quercus robur (örtlich Q. petraea) und Fraxinus excelsior
beherrscht. Als weitere Baumarten kommen Acer campestre, Castanea sativa und örtlich Ulmus
glabra sowie U. minor, Tilia platyphyllos und Quercus pyrenaica vor. Die Buche ist in nieder-
schlagsreichen Gegenden des Kantabrischen Gebirges und in schattigen Tälern Südwestfrankreichs
beigesellt. Wie in den anderen Einheiten der Formation ist Corylus avellana die häufigste Art der
Strauchschicht. Die atlantisch-submediterrane Variante ist durch das Vorkommen von Rosa semper-
virens, Laurus nobilis, Quercus ilex, Rhamnus alaternus und Ruscus aculeatus in der Strauchschicht

262
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.2

sowie Rubia peregrina als Liane unterschieden. Die stärker kontinentale Variante wird durch das
Vorkommen von Acer opalus, Sorbus aria, Lonicera xylosteum und Rhamnus cathartica charakteri-
siert. Die artenreiche Krautschicht weist als diagnostisch wichtige Arten Polystichum setiferum,
Dryopteris affinis, Asplenium scolopendrium, Helleborus viridis subsp. occidentalis, Pulmonaria
affinis, Pulmonaria longifolia (Bastard) auf.

Literatur
AUNE 1973; BELLOT 1966; DÍAZ GONZÁLEZ & FERNÁNDEZ PRIETO 1994a; KELLY & KIRBY 1982;
LOIDI ARREGUI 1996; ØVSTEDAL 1985; PEINADO LORCA & RIVAS-MARTÍNEZ (Ed.) 1987; RAMEAU
1996b; RIVAS-MARTÍNEZ 1987; RODWELL (Ed.) 1991a; TANSLEY 1939.

263
Formation F.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

F.3 Eichen-Hainbuchenmischwälder (Carpinus betulus, Quercus robur, Q. petraea, Tilia


cordata)
W»adys»aw Matuszkiewicz

Charakterisierung und typologische Abgrenzung


Bei den Eichen-Hainbuchenmischwäldern handelt es sich um meso- bis eutraphente, größtenteils
schattige Wälder mäßig trockener bis feuchter Standorte. Ihre Hauptverbreitung als zonale Vegeta-
tion liegt in klimatisch gemäßigt kontinentalen Gebieten des Tief-, Hügel- und unteren Berglandes
in der temperaten und submeridionalen Zone Mittel- und Südosteuropas (vgl. Karte 9).
Die Formation F.3 deckt sich größtenteils mit dem Begriff des Carpinion betuli-Verbandes. Ent-
sprechend der physiognomischen, vor allem auf die Zusammensetzung des Baumbestandes ge-
richteten Hauptgliederung der Legende sind jene Waldgesellschaften nicht einbezogen, die zwar
eindeutig dem Carpinion betuli angehören, in denen jedoch Carpinus betulus aus arealgeographi-
schen Gründen nicht mehr vorkommt und wo demnach Quercus robur, Fraxinus excelsior und/oder
Tilia cordata zu den bestandsbildenden Baumarten werden, z. T. mit Beimischung von Acer plata-
noides, Ulmus glabra, Populus tremula und regional Picea abies. Diese im atlantischen, hemibo-
realen und kontinentalen Bereich Europas vorkommenden Gesellschaften sind der Formation F.3 als
eigene Formationen F.2 und F.4 (Anklänge auch noch bei D.8) zur Seite gestellt worden. Außerdem
bestehen enge verwandtschaftliche Beziehungen und fließende Übergänge zu den kaukasischen
Hainbuchen-Eichenmischwäldern (F.7), die zu den thermophilen Eichenmischwäldern (Formati-
on G) überleiten.

Geographische Verbreitung
Das Areal der Eichen-Hainbuchenwälder ist sehr ausgedehnt (vgl. Karte 9), sein Zentrum liegt aber
in den subkontinentalen Regionen Mitteleuropas – vorwiegend in Ostdeutschland, Polen, Böhmen/
Mähren und in der Slowakei – sowie in den westlichen Gebieten Weißrußlands und der Ukraine,
ferner in Rumänien und im Nordteil der Balkanhalbinsel. Hier kann dieser Waldtyp als Klimax
gelten; in den westlich gelegenen Gebieten nimmt er immer mehr den Charakter einer standortbe-
dingten Dauergesellschaft an, bis er schließlich in seinen feuchten Ausbildungen zu einem ausge-
sprochen azonalen Typ eines Niederungs- und Auenwaldes wird. Nach Norden reicht der Eichen-
Hainbuchenwald mit isolierten Vorkommen bis ins südlichste Schweden und die südbaltischen
Länder. Im Westen sind Eichen-Hainbuchenwälder noch in Zentral- und Nordwestfrankreich sowie
in den südöstlichen Landstrichen Englands zu finden; allerdings werden sie dort z. T. als anthropo-
gene Ersatzgesellschaften gedeutet.

Bestandesstruktur und Physiognomie; floristische Zusammensetzung


Eichen-Hainbuchenwälder weisen in der Regel eine mehrschichtige Bestandesstruktur auf. Der
Baumbestand ist wenigstens zwei-, öfters auch drei- oder sogar vierschichtig. Dies ist oft anthro-
pogen bedingt, besonders in Westeuropa. Ein ausgesprochen naturnaher Eichen-Hainbuchenwald im
Osten – so in Bia»owieóa – ist jedoch im Baumbestand stets dreischichtig: Den hohen, meist locker

264
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.3

verteilten Eichen (Quercus robur, Q. petraea) und z. T. Eschen (Fraxinus excelsior) folgen in der
Höhenabstufung Winterlinde (Tilia cordata), Spitzahorn (Acer platanoides), Hainbuche (Carpinus
betulus) und z. T. Feldahorn (Acer campestre). Bei solch gestuftem Aufbau ist das Kronendach des
Eichen-Hainbuchenwaldes meist lückiger als beim gleichmäßig hallenartigen Baumbestand eines
Buchenwaldes und läßt mehr Licht in das Innere des Waldes eindringen. Die Folge ist eine ver-
gleichsweise üppige Entwicklung der Strauchschicht, in der neben dem Jungwuchs der bestands-
bildenden Bäume Corylus avellana, Crataegus spp. und andere Sträucher vertreten sind. Die
Krautschicht ist meist gut entwickelt und setzt sich zu einem großen Teil aus mesophilen sowie
eutraphenten, großblättrigen Stauden und Gräsern zusammen. Besonders für die reicheren Ausbil-
dungen ist ein hoher Anteil an Frühlings-Geophyten bezeichnend. Die Moosschicht ist meist nur
schwach entwickelt und besteht aus wenigen schattenliebenden Laubmoosen.
Von den bestandsbildenden Baumarten kommen nur Quercus robur, Fraxinus excelsior, Carpinus
betulus und Tilia cordata im gesamten Verbreitungsgebiet der Formation vor. Quercus petraea und
Acer campestre haben ein nach Osten eingeschränktes Areal. Fagus sylvatica spielt im Westen und
im submontanen Bereich als Mischbaumart eine bedeutende Rolle. Laubbaumarten wie Acer plata-
noides und A. pseudoplatanus, Fraxinus excelsior und Ulmus spp. treten im gesamten Verbreitungs-
gebiet besonders auf nährstoffreichen Standorten in z. T. bedeutenden Beimengungen auf. Im Süden
und auf extremeren Standorten können sich noch andere Quercus- und Acer-Arten am Aufbau des
Baumbestandes beteiligen. Betula- und Populus-Arten sind nur in bestimmten Sukzessions-, Ent-
wicklungs- und Regenerationsstadien vertreten; allerdings gewinnt die Espe gegen Nordosten auch
in reifen Beständen zunehmend an Bedeutung. Von den Nadelhölzern spielen Fichte (Picea abies)
im Nordosten und Weißtanne (Abies alba) in der submontanen Stufe mancher mitteleuropäischen
Gebirge eine gewisse Rolle als Mischbaumarten. Pinus sylvestris kommt dagegen ausschließlich in
den ärmsten Ausbildungen, und zwar lediglich im Osten, von Natur aus spärlich vor; sonst ist sie nur
in forstwirtschaftlich stärker beeinflußten Beständen vertreten.
Charakteristische Straucharten und Lianen sind: Corylus avellana, Euonymus europaea, Daphne
mezereum, Viburnum opulus, Crataegus monogyna, C. laevigata, Lonicera xylosteum und Hedera
helix. Weitere Straucharten differenzieren geographische, thermophile und feuchte Ausbildungen,
so Lonicera periclymenum und Ilex aquifolium westliche, Euonymus verrucosa östliche und Sorbus
torminalis, Viburnum lantana, Ligustrum vulgare, Berberis vulgaris und Lonicera caprifolium
thermophile bzw. südliche Ausbildungen.
In der Krautschicht stehen neben dem Grundstock an weitverbreiteten meso- bis eutraphenten
Hemikryptophyten und Geophyten (siehe unten) zahlreiche Arten für die geographische (West-Ost-
und Nord-Süd-), etageale und standörtliche (feucht, trocken, thermophil) Differenzierung zur
Verfügung (s. Abschnitt „Gliederung in Untereinheiten“).

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


In floristisch-soziologischer Hinsicht stellen die Eichen-Hainbuchenwälder eine gut charakterisierte
syntaxonomische Einheit dar; sie gehören – neben den Buchenwäldern – zu den seit langem am

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Formation F.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

besten erforschten Waldgesellschaften Europas; allerdings sind bei den typologischen Randerschei-
nungen und geographischen Ausbildungen noch manche Fragen zu klären. Den Grundstock des
Artenbestandes bilden mesophile und meso- bis eutraphente, meist schattenliebende oder wenig-
stens -ertragende Hemikryptophyten des europäisch- und eurasiatisch-temperaten Arealtypus mit
subozeanischem Verbreitungsschwerpunkt: Viola reichenbachiana, Polygonatum multiflorum, La-
mium galeobdolon, Milium effusum, Anemone nemorosa, Campanula trachelium, Carex sylvatica,
Pulmonaria obscura, P. officinalis, Scrophularia nodosa, Brachypodium sylvaticum, Vinca minor,
Galium odoratum, Poa nemoralis, Paris quadrifolia, Sanicula europaea, Ranunculus ficaria, Adoxa
moschatellina, Arum maculatum, an Feuchtigkeitszeigern: Stachys sylvatica, Circaea lutetiana,
Festuca gigantea, Impatiens noli-tangere, Athyrium filix-femina und Deschampsia cespitosa. In
syntaxonomischer Hinsicht sind es vorwiegend Kennarten der Ordnung Fagetalia und der Klasse
Querco-Fagetea. Als überregionale Kennarten des Verbandes gelten – außer Carpinus betulus –
Prunus avium und Tilia cordata sowie die Krautpflanzen Stellaria holostea, Ranunculus auricomus,
Potentilla sterilis, Dactylis polygama, Festuca heterophylla, Melampyrum nemorosum, Carex
umbrosa und alle Kleinarten der Galium sylvaticum-Gruppe sowie Rosa arvensis; regional können
weitere Sippen als Charakterarten fungieren (zur weiteren Untergliederung siehe Abschnitt „Glie-
derung in Untereinheiten“).

Standorte
Der Eichen-Hainbuchenwald ist für das ostmitteleuropäische Tief- und Hügelland – insbesondere
für deren subkontinental getönte Landschaften – genauso charakteristisch wie der Buchenwald für
die westlichen, ozeanisch-subozeanischen Gebiete Europas. Da die Standortansprüche beider Ge-
sellschaften weitgehend übereinstimmen, stehen sie dort, wo beide vorkommen, zueinander in ei-
nem ökologisch ausgewogenen dynamischen Gleichgewicht. Auf mittleren Standorten ist Fagus
sylvatica als Schattenpflanze den lichtbedürftigen Eichen – und wohl auch der Hainbuche – im Kon-
kurrenzkampf überlegen, so daß der Eichen-Hainbuchenwald dort auf Standorte verdrängt wird, auf
welchen die Rotbuche nicht mehr ihre volle Konkurrenzkraft zu entfalten vermag. Das sind vor
allem grund- oder stauwasserbeeinflußte Böden der Täler und Niederungen sowie Verebnungen als
bevorzugter Wuchsraum des Stieleichen-Hainbuchenwaldes oder von Eschenwäldern. Erst wenn
Fagus sylvatica durch ungünstige Klimaverhältnisse stark behindert oder ganz verdrängt wird, kann
der Eichen-Hainbuchenwald seine volle soziologisch-ökologische Spannweite entfalten, was in den
subkontinentalen, sommerwärmeren Gebieten des östlichen Mitteleuropa der Fall ist.
Die typologische Ausbildung der Eichen-Hainbuchenwälder sowie ihre Rolle im Landschaftsbild
sind also grundverschieden, je nachdem, ob sie als zonaler Vegetationstyp auftreten oder lediglich
eine standortbedingte Dauergesellschaft darstellen.

Makroklimatische Gegebenheiten
Die Klimaverhältnisse im Gebiet der optimalen Entwicklung der Eichen-Hainbuchenwälder sollen
durch einige Klimadiagramme illustriert werden (Abb. 10). Sie entsprechen durchweg dem Typ VI
nach WALTER & LIETH (1967) und lassen ein (kühl)temperates, niederschlagsreiches, im allge-

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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.3

meinen recht mildes Klima erkennen. Im Vergleich zum Klima der ausgesprochenen Buchengebiete
sind bezeichnende Unterschiede festzustellen: Die Wintertemperaturen liegen etwas tiefer (im Janu-
ar ungefähr um 1,5-3,0 °C), die Sommertemperaturen dagegen höher (im Juli etwa um 1,0-2,5 °C);
die mittlere Jahresamplitude ist somit größer, wenn sie auch den konventionellen Grenzwert des
kontinentalen Klimatypus von 21 °C noch nicht erreicht. Die effektive Temperatursumme in der
Vegetationsperiode ist höher, die Gefährdung durch Spätfröste jedoch bedeutend größer. Die Nie-
derschläge sind gleichmäßig über das ganze Jahr verteilt, jedoch mit deutlichem Maximum im Som-
mer, und die Wasserbilanz ist im Durchschnitt positiv. In unregelmäßigen Abständen treten immer
wieder Jahre mit einer Trockenperiode von einigen Wochen im Frühjahr oder im Sommer auf, und
solche buchenfeindlichen Klimaeigenschaften begünstigen den Eichen-Hainbuchenwald.

Abb. 10: Klimadiagramme von Brüssel (F34), Halle (F57) und Nemirov (F41) (nach WALTER & LIETH 1967).

Edaphische Standortbedingungen
In seinem Optimalbereich umspannt der Eichen-Hainbuchenwald eine weite Amplitude in bezug auf
die Boden- und Wasserverhältnisse. Er kann sowohl auf sauren und schwach podsolierten Sandbö-
den als auch auf neutralen Lehm- und Auenböden sowie auf schwach alkalischen Rendzinen vor-
kommen. In bezug auf den Nährstoffvorrat sind die Standorte des Eichen-Hainbuchenwaldes als
meso- bis eutroph zu bezeichnen. Der Boden kann trocken bis feucht, tief- oder flachgründig, grund-
oder stauwasserbeeinflußt sein; Boden- und Humustyp variieren dementsprechend in weiten
Grenzen.
Die Vorstellung einer extrem weiten ökologischen Spannweite des Eichen-Hainbuchenwaldes ist
aber nur in überregionaler Sicht richtig. Durch die Konkurrenz mit anderen im entsprechenden
Gebiet vorkommenden Gesellschaften ist die reale Amplitude lokal stark eingeengt und von den all-
gemeinen Standortbedingungen des Gebietes abhängig. Der Eichen-Hainbuchenwald nimmt daher
insbesondere in den von Natur aus buchenfreien Gebieten die relativ besten frischen bis feuchten
Waldstandorte ein und steht dort zwischen den oligo-mesotraphenten, azidophilen Eichen- oder
Kiefern-Eichenwäldern und den eutraphenten, feuchten bis nassen Niederungs- und Auenwäldern.

Rolle im Landschaftsgefüge
In seinem Optimalbereich im östlichen Mitteleuropa tritt der Eichen-Hainbuchenwald – seiner
großen standortökologischen Toleranz zufolge – fast mit allen im Gebiet vorkommenden Typen von
Waldgesellschaften in räumlichen Kontakt. Das wird anschaulich in einem schematischen Öko-

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Formation F.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

gramm für Polen gezeigt (vgl. MATUSZKIEWICZ 1984, Abb. 33, S. 45). Der Eichen-Hainbuchenwald
ist hier in zentraler Position dargestellt und von den im Gebiet zu erwartenden Vegetationseinheiten
umgeben. Zu allen diesen Gesellschaften gibt es gleitende Übergänge.
In seinem zonalen Verbreitungsgebiet zeichnet sich der Eichen-Hainbuchenwald durch hohe Kon-
kurrenzkraft aus und kann sich auch in standörtlich weiten Grenzen gegen andere Gesellschaften
behaupten. Es gibt dementsprechend mehrere Sukzessionsserien, die zu diesem Vegetationstyp als
Endstadium der Entwicklung führen. Auch ist die Zahl der möglichen Ersatzgesellschaften dort
auffallend groß.
Im westlichen Mitteleuropa und in Westeuropa sind die Eichen-Hainbuchenwälder auf feuchten
oder trockenen Sonderstandorten in Buchenwaldgebiete eingebettet, in Südost-Mitteleuropa und
Südosteuropa bilden sie in der Regel eine eigene kollin-submontane Höhenstufe unterhalb der mon-
tanen Buchenwälder, vielfach im Kontakt zu thermophilen Eichenwäldern.

Erhaltungszustand, Landnutzung, Ersatzgesellschaften; Naturschutz


Das potentielle Areal des Eichen-Hainbuchenwaldes gehört zu den anthropogen am stärksten be-
einflußten und umgewandelten Landschaften Mitteleuropas. Die meist fruchtbaren Böden sind in
diesem alt- und dichtbesiedelten Gebiet schon frühzeitig für die Landwirtschaft erschlossen und
größtenteils unter den Pflug genommen worden. Naturnahe Waldbestände blieben nur in wenigen
Walddomänen, sonst lediglich als Restwälder kleinflächig erhalten. Trotzdem läßt sich die potentiel-
le Eichen-Hainbuchenwald-Landschaft an ihren bezeichnenden, in verschiedenen Gebieten in glei-
cher Kombination wiederkehrenden Charakterzügen meist unschwer erkennen.
In der Regel handelt es sich aktuell um hochproduktives Ackerland vom Weizen/Rüben-Anbautyp
und mit mehreren hochwertigen Spezialkulturen wie Futter-, Öl- und Industrie-Pflanzen. Auch Ge-
müse- und Obstgärten, und zwar nicht selten im großflächigen Feldanbau, sind für diese Landschaft
sehr typisch. Dauergrünland – mehrschürige frische bis feuchte Mähwiesen und Dauerweiden – ist
auf etwa 10-20 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche vorhanden, doch bevorzugt auf feuchteren
Standorten; andernfalls ist dieses, namentlich in trockenen Jahren, ertragsunsicher.
Zu den markanten Charakterzügen der Kulturlandschaft im Bereich europäischer Eichen-Hainbu-
chenwälder gehören auch bestimmte Flur- und Siedlungsformen. Typisch sind große, dicht gebaute
Kirchendörfer mit geräumigen, von Obstgärten umgebenen Bauerngehöften; auch Höfe und Schlös-
ser von Großgrundbesitzern mit gepflegten Parkanlagen sind nicht selten, ebenso traditionelle land-
wirtschaftliche Industriebetriebe wie Brauereien und Brennereien. Zum charakteristischen Land-
schaftsbild gehören – neben zerstreuten Waldparzellen, Feldgehölzen und Schlehengebüschen –
auch prächtige, mit Laubbäumen (Eichen, Linden, Ahorn) bepflanzte Alleen. Durch die moderne
Urbanisierung der Landschaft werden ihre charakteristischen Züge jedoch immer mehr verwischt
und uniformiert.
Vor allem in Mitteleuropa sind naturnahe Bestände von Eichen-Hainbuchenwäldern nur noch selten
und meist kleinflächig erhalten; sie sollten – soweit nicht bereits geschehen – möglichst als Totalre-
servate ausgewiesen werden.

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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.3

Gliederung in Untereinheiten
Die Gruppe der Eichen-Hainbuchenwälder ist in ihrem floristischen Gefüge stark differenziert und
demzufolge syntaxonomisch in mehrere Untereinheiten gegliedert. Man hat bereits mehr als einhun-
dert einschlägige Gesellschaften beschrieben, ohne damit die Vielfalt der Ausbildungen voll erfaßt
zu haben. Die Eichen-Hainbuchenwälder sind nach den Buchenwäldern ein Musterbeispiel für die
mehrdimensionale Gliederung und Ordnung einer Gesellschaftsgruppe. Als Ordnungsvektoren wir-
ken auch hier regionale, etageale und standörtliche Abwandlungen.
Die durch Standortunterschiede hervorgerufene Differenzierung der Gesellschaften macht sich vor
allem kleinräumig bemerkbar: in bezug auf Nährstoff-, Wasser- und Licht-Wärme-Faktor. Die
beiden erstgenannten Faktoren sind miteinander in hohem Grade korreliert, da mit zunehmender
Feuchtigkeit des Standortes meist auch dessen Trophie steigt, was aber durchaus nicht immer der
Fall ist, denn es gibt sowohl nährstoffarme, bodensaure und zugleich feuchte, wie auch basenreiche
und dabei recht „trockene“ Ausbildungen. Die Typen „warmer“ Standorte bleiben im allgemeinen
auf den trockenen Bereich beschränkt, in bezug auf die Trophie (und den Artenreichtum) können sie
aber sowohl „arm“ als auch „reich“ ausgebildet sein.
Standörtlich lassen sich in der Regel folgende Ausbildungen (u. a. als Subassoziationen) unter-
scheiden:
a) Der mesotraphente, azidotolerante, meist artenarme Eichen-Hainbuchenwald mit floristisch-
ökologischen Beziehungen zu den azidophilen Eichenwäldern (im Westen) oder Kiefern-Eichen-
mischwäldern (im Osten). In seinem floristischen Gefüge spielen genügsame, meist kleinblättrige
Kräuter und Gräser und selbst Zwergsträucher (gelegentlich auch gewisse Bryochamaephyten)
eine nicht unbedeutende Rolle. Seinen Standort bilden nährstoffarme, saure, meist grobkörnige
podsolige Braunerden, Rosterden, Pseudogleye und Gleye in der planaren bis submontanen Stufe,
gelegentlich auch flachgründige Ranker und andere Verwitterungsböden basenarmer Silikat-
gesteine. Der Humus gehört meist zum Moder- oder gar Anmoor/Moder-Typ. Der Wasserhaus-
halt des Bodens reicht von trocken bis feucht bzw. wechselfeucht.
b) Der typische „frische“ eutraphente, krautreiche Eichen-Hainbuchenwald auf tiefgründigen und
grundwasserfernen, meist recht feinkörnigen und biologisch aktiven Braun- und Parabraunerden
mit mullartigem Humus. Als Bodensubstrat kommen meist sandig-lehmige bis lehmige diluviale
und periglaziale Sedimente, lößartige äolische Ablagerungen sowie reife tiefgründige Verwitte-
rungsböden basenreicher Gesteine vor. Dieser Waldtyp steht standortökologisch und z. T. auch
floristisch eutraphenten Tieflagen-Buchenwäldern nahe, so daß in Grenzgebieten oft schwer zu
deutende Übergangsformen vorkommen, welche die räumliche Abgrenzung beider Gesellschaf-
ten erschweren. In bestimmten Gebieten (z. B. im nordöstlichen Mitteleuropa), wo außerhalb des
Buchenareals einige als „Buchenbegleiter“ bekannte Arten (Cardamine bulbifera, Festuca
altissima, Hordelymus europaeus u. a.) vorkommen, gibt es Eichen-Hainbuchen-Phytozönosen,
die strukturell als ein „Buchenwald ohne Buche“ bezeichnet werden könnten.
c) Der „feuchte“ eutraphente und krautreiche Eichen-Hainbuchenwald auf vergleyten Braunerden
oder echten Gley-Böden, zuweilen auch Pseudogleyen, mit mullartigem Humustyp und einem

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Formation F.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

sowohl durch Niederschlag als auch durch bewegtes Grundwasser bestimmten Wasserhaushalt.
Der Boden ist auch in den oberen Horizonten meist anhaltend frisch bis feucht, nur schwach sau-
er bis neutral und mit Nährstoffen reichlich versorgt. Im floristischen Gefüge überwiegen statt-
liche anspruchsvolle Stauden, darunter auch Farne und breitblättrige Gräser; manche Arten sind
ausgesprochen nitrophil. Zur kennzeichnenden Artenkombination dieser Gesellschaften gehören
u. a. mehrere aus Auenwäldern übergreifende hygrophile Waldpflanzen, welche die ökologisch-
syntaxonomische Verwandtschaft beider Gesellschaftsgruppen anzeigen. Besonders enge Bezie-
hungen zeigt der feuchte Eichen-Hainbuchenwald zu den nässer stehenden Schwarzerlen-Eschen-
wäldern, mit welchen er typologisch und auch räumlich durch gleitende Übergänge verbunden
ist.
d) Besonders markant ist die geophytenreiche Ausbildung des feuchten und frischen Eichen-Hain-
buchenwaldes. Sie ist im gesamten Areal der Gesellschaftsgruppe weit verbreitet und zeichnet
sich durch massenhaftes Auftreten von Frühlingsgeophyten aus, die im Frühjahr – vor der
vollständigen Blattentfaltung im Baumbestand – aspektbestimmende Synusien entwickeln. Zu
den bezeichnenden Arten gehören neben Ranunculus ficaria vor allem Allium ursinum, Gagea-
und Corydalis-Arten, regional auch Leucojum vernum. Im Hochsommer, nachdem die Geophyten
ihren oberirdischen Lebenszyklus bereits abgeschlossen haben, wird der Aspekt durch Hemikryp-
tophyten, meist großblättrige Stauden und Farne, geprägt. Diese Gesellschaft ist an besonders
nährstoffreiche und z. T. feuchte, niemals aber versumpfte Standorte gebunden. Es sind meistens
feinkörnige alluviale Auenböden älterer, höher gelegener Terrassen, welche vom Hochwasser
wohl nie oder nur ausnahmsweise – und dann nur kurzfristig – überflutet werden. Die Bodenre-
aktion ist in den oberen, mullhumusreichen Horizonten meist neutral, in den tieferen Boden-
schichten oft leicht alkalisch. Der Boden ist biologisch überaus aktiv und hochproduktiv. Der
geophytenreiche Eichen-Hainbuchenwald, der auch regional variiert, leitet standortökologisch
und floristisch zu den Alno-Ulmion-Niederungs- und Auenwäldern, namentlich zur Assoziations-
gruppe der Eschen-Ulmenwälder über. In ihm dominiert zuweilen die Esche.
Die geschilderte Gliederung der Eichen-Hainbuchenwälder in edaphisch bedingte Untereinheiten
wiederholt sich in den meisten regionalen Ausbildungen, so daß in verschiedenen Gebieten vikariie-
rende, standortanaloge und floristisch durch gleiche oder doch sehr ähnliche Artengruppen gekenn-
zeichnete Gesellschaften vorkommen.
In flachen, wechselfeuchten, abflußlosen Senken und Mulden findet sich – besonders im mesotro-
phen Bereich – eine artenarme Ausbildung, die sich durch oft massenhaftes Auftreten von Carex
brizoides auszeichnet (F38 p.p. und F56 p.p.). Der Boden ist durch das stauende Niederschlags-
wasser oberflächlich vergleyt und durch Anhäufung von moderartigem Humus meist mehr oder
weniger stark versauert. Die Gesellschaft gehört zur „feuchten“ Gruppe und ist über das gesamte
östliche Areal der Eichen-Hainbuchenwälder kleinflächig verstreut. Syntaxonomisch, und auch im
Landschaftsgefüge, leitet sie zu feuchten Ausbildungen der azidophilen Eichen- oder Kiefern-
Eichenwälder über.

270
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.3

Thermophile Ausbildungen mit licht- und wärmebedüftigen Arten sind dagegen kleinklimatisch
bedingt und kommen vorwiegend auf südexponierten, trockenen Hängen vor – bevorzugt in kollin-
submontanen Lagen. Der Boden ist meist flachgründig und skelettreich, nie ausgesprochen sauer,
braucht aber nicht unbedingt karbonathaltig zu sein. Im gewöhnlich etwas aufgelockerten Baum-
bestand herrscht in der Regel Quercus petraea, im Unterstand mit Acer campestre, Tilia cordata
und Sorbus torminalis; in der gut entwickelten Strauchschicht sind neben Corylus avellana meist
Rhamnus, Cornus, Crataegus spp. und z. T. Ligustrum vulgare vorhanden. Die je nach Gebiet
floristisch abweichend ausgebildeten Gesellschaften dieser Gruppe repräsentieren den allmählichen
Übergang der Eichen-Hainbuchenwälder zu den thermophilen Eichenwäldern der Quercetalia
pubescenti-petraeae-Ordnung (F52, F53, F59, F64).
Außer den hier erwähnten, in verschiedenen Ausbildungen im gesamten Areal wiederkehrenden
Standorttypen gibt es mehrere regional oder etageal verbreitete Einheiten.
Im Vergleich zur großen edaphisch bedingten Variabilität der Eichen-Hainbuchenwälder ist diese
bezüglich der Höhenformen relativ gering. Der vertikale Verbreitungsbereich dieser Gesellschaften
erstreckt sich nur vom Tiefland bis in die submontane Stufe, wo sie den Buchenwäldern dynamisch-
ökologisch noch die Waage halten können. Diese submontane Stufe fängt in Mitteleuropa etwa bei
300 m ü. NN an und reicht bis etwa 700 m ü. NN im Süden. Die entsprechende Höhenform leitet in
der Regel zu den nach oben anschließenden Buchenwäldern über. Sie ist durch Berglandpflanzen
wie Senecio ovatus, Sambucus racemosa, Prenanthes purpurea und Polygonatum verticillatum
differenziert sowie durch regelmäßige Beimischung von Fagus sylvatica, örtlich auch Abies alba
und Picea abies, gekennzeichnet (F42b, F56).
Nicht so eindeutig lassen sich die kollinen Formen von den planaren abtrennen. Zuweilen werden –
wie auch im Aufbau unserer Legende – die beiden Eichenarten zur Abgrenzung benutzt, indem die
vorwiegend kollin-submontanen Traubeneichen-Hainbuchenwälder den planaren mit herrschender
Stieleiche gegenübergestellt werden. Dies trifft so nur für bestimmte Gebiete, vor allem für die west-
mitteleuropäischen Landschaften zu, und ist dort auch eher standortökologisch als höhenklimatisch
zu erklären. Unter atlantisch-subatlantischen Klimaverhältnissen ist nämlich die Buche, und somit
auch der Buchenwald, schon in der planaren Stufe auf mittleren Standorten dem Eichen-Hainbu-
chenwald überlegen, so daß letzterer auf buchenfeindliche, grund- oder stauwasserbeeinflußte Täler
und Niederungen ausweicht; solche Standorte sind aber nur für die Stiel- und nicht für die Trau-
beneiche zugänglich. Im subkontinentalen zentralen und östlichen Mitteleuropa ist die Trennung
nicht mehr so eindeutig und die Traubeneiche in beiden Höhenformen vertreten, wenn auch nicht in
gleichem Maße. Noch weiter östlich (Nordostpolen, Weißrußland, Ukraine) ist die Stieleiche areal-
geographisch die einzige Eichenart und erscheint in allen Höhenformen des Eichen-Hainbuchen-
waldes als die gesellschaftsbestimmende Baumart. Daraus folgt allerdings nicht, daß die Abgren-
zung der planaren von den kollinen Höhenformen der Gesellschaft nicht möglich wäre, nur sind die
floristisch trennenden Merkmale für jedes Teilgebiet gesondert herauszuarbeiten.

271
Formation F.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Wegen des sehr ausgedehnten Areals ist der Eichen-Hainbuchenwald auch geographisch sehr varia-
bel; es lassen sich demnach mehrere Gebietsassoziationen und geographische Rassen unterschei-
den. Das weitgefaßte „Querceto-Carpinetum medioeuropaeum“ von R. TÜXEN (1937) und manchen
älteren Autoren umfaßt alle Ausbildungen in der temperaten Zone von Frankreich bis zur Ostgrenze
der Eichen-Hainbuchenwälder bei Kiew bzw. im Kaukasus. OBERDORFER (1957) hat die Unhand-
lichkeit dieses Begriffes richtig erkannt und die Auffassung der mitteleuropäischen Eichen-Hain-
buchenwälder als einer Gruppe vikariierender Gebietsassoziationen (und deren Rassen) überzeugend
begründet. Die von OBERDORFER (1957) und NOIRFALISE (1968) vorgeschlagenen Einheiten sind
folgende:
– Endymio-Carpinetum: atlantisch, in Westeuropa (Südengland, Nordfrankreich, Belgien,
Niederlande) (F34);
– Stellario-Carpinetum: subatlantisch, in niederschlagsreichen und sommerkühlen Gebieten des
nordwest-mitteleuropäischen Tieflandes (F35-F39, z. T. auch F45);
– Galio sylvatici-Carpinetum: gemäßigt kontinental, in sommerwärmeren und sommertrocke-
nen Gebieten der südwestlichen und zentralen Teile Mitteleuropas (F50-F58);
– Tilio-Carpinetum: subkontinental im östlichen Teil Mitteleuropas und in Südosteuropa
(F40-F44, F61, F62).
Diesen Vorschlag haben dann vornehmlich die tschechischen und polnischen Autoren weiterent-
wickelt. Wir verweisen hier auf die voneinander unabhängigen, doch weitgehend analogen, syn-
thetischen Übersichten (NEUHÄUSL 1981; W. & A. MATUSZKIEWICZ 1985).
Die regionale Gliederung der Einheiten ist in diesem Fall vorwiegend klimatisch bedingt und folgt dem Ozeani-
täts/Kontinentalitäts-Gefälle von West nach Ost. Ein überzeugendes Beispiel bringt die von DEGÓRSKI (1985) publizierte
Karte des Kontinentalitäts-Indexes für das mitteleuropäische Tief- und Hügelland. Aufgrund von über 200 Gebietstabellen
der mittleren Ausbildungen von Carpineten von Nordfrankreich bis nach Ostpolen sind für die entsprechenden Lokalitäten
die Kontinentalitätswerte (K-Index) nach ELLENBERG et al. (1992) berechnet sowie kartographisch interpoliert und dargestellt
worden. Die stufenweise Zunahme der Kontinentalität in östlicher Richtung, ausgedrückt durch die Veränderung des
floristischen Gefüges der Eichen-Hainbuchenwälder, tritt hier klar zutage.

Eine von der mitteleuropäischen deutlich abweichende Gruppe stellen die Eichen-Hainbuchenwäl-
der des illyrisch-balkanischen, subpannonischen und westeuxinischen Raumes dar. Ihre Sonder-
stellung verdanken diese Gesellschaften z. T. dem bedeutend günstigeren, warmtemperierten Klima,
vorwiegend aber dem in dynamisch-genetischer Hinsicht besonderen Entwicklungsgang der Flora
und Vegetation dieser Regionen. Durch die pleistozäne Vereisung nicht wesentlich gestört, hat sich
nämlich die Pflanzenwelt dort – im Gegensatz zu Mitteleuropa – direkt aus der arkto-tertiären Flora
weiterentwickeln können und ist infolgedessen bedeutend arten- und formenreicher. Auch haben
sich die ökologisch-soziologischen Beziehungen der Pflanzenarten zueinander und zum Standort
vollkommener anpassen und abstimmen können. Die vegetationskundlichen Verhältnisse sind hier
folglich weit komplizierter als in Mitteleuropa.
In floristischer Hinsicht ist die „illyrische“ Assoziationsgruppe (Kartierungseinheiten F65, F66) von
der „mitteleuropäischen“ durch einen mächtigen Block geographischer Trennarten unterschieden.
HORVAT I. (1958) nennt die folgenden (nach abnehmendem Stetigkeitsgrad geordnet):

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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.3

Epimedium alpinum, Erythronium dens-canis, Helleborus dumetorum subsp. atrorubens, Knautia


drymeia, Cyclamen purpurascens, Acer tataricum, Staphylea pinnata, Lonicera caprifolium,
Helleborus odorus, Vicia oroboides, Lamium orvala, Hacquetia epipactis, Cruciata glabra, Primula
acaulis, Quercus cerris, Galanthus nivalis, Tamus communis und Eranthis hyemalis. Die meisten
dieser Arten kommen überhaupt nicht in Mitteleuropa vor; einzelne sind nur selten und lediglich
gebietsweise vertreten. Die floristischen Unterschiede sind so groß, daß selbst ein eigener Verband
„Carpinion illyricum“ erwogen wurde. Die neuesten, noch nicht abgeschlossenen Untersuchungen
lassen jedoch vermuten, daß man hier auch mit dem Begriff einer regionalen Assoziationsgruppe
auskommen könnte.
Die illyrischen Eichen-Hainbuchenwälder sind floristisch stark variabel und gliedern sich in mehrere
syntaxonomische Einheiten, welche jedoch – im Unterschied zu den ostmitteleuropäischen – in
erster Linie wohl nicht großklimatisch und geographisch, sondern edaphisch begründet sind. Die
differenzierenden Faktoren dürften in diesem Fall der Wasserhaushalt und die Trophie des Bodens
sein.
Die pflanzensoziologische Erforschung dieser Gesellschaften steht der in Mitteleuropa noch wesent-
lich nach. Eine wertvolle überregionale und synthetisch-umfassende Übersicht verdanken wir HOR-
VAT et al. (1974). Nach der dort vertretenen Auffassung lassen sich die illyrischen Eichen-Hain-
buchenwälder zunächst in zwei große, syndynamisch ungleichwertige Gruppen aufgliedern:
a) Traubeneichen-Hainbuchenwälder: klimazonale Gesellschaften „mittlerer“ bodenfrischer Stand-
orte in der planar-kollinen bis submontanen Stufe (als Aggregat-Assoziation Querco petraeae-
Carpinetum illyricum genannt) (F59, F60, besonders F65 und F66);

b) Stieleichen-Hainbuchenwälder: azonale, auenwaldartige Gesellschaften der bodenfeuchten,


grundwasserbeeinflußten, doch aktuell nur ausnahmsweise überfluteten Standorte (Querco
roboris-Carpinetum illyricum im Sinne von HORVAT et al. (1974), mit dem Querco roboris-
Carpinetum ungarischer Autoren wohl identisch) (F46, F47, F48, F49).
Die Abgrenzung beider Gruppen durch Eichen als Trennarten ist hier viel eindeutiger durchführbar
als in Mitteleuropa.
Die Traubeneichen-Hainbuchenwälder lassen sich in folgende Syntaxa untergliedern, welchen der
Rang von Subassoziationen oder eigenen Assoziationen zugeschrieben wird, die dem Aziditätsgrad
des Bodens entsprechen:
1. Staphyleo-Carpinetum illyricum: auf kalkreichen Lehmböden;
2. Carici pilosae-Carpinetum illyricum: auf neutralen bis schwach sauren Böden;
3. Erythronio-Carpinetum illyricum: auf relativ stark saueren Böden (F65).
4. Rusco-Carpinetum illyricum: eine wohl klimatisch bedingte regionale Gesellschaft der nieder-
schlagsarmen Gebiete (F66)

Inwieweit die als Querco-Carpinetum moesiacum („serbicum“) aus Ostserbien, Nordbulgarien und
anderen Donauländern angegebenen Gesellschaften (F67, F68, F69) gleichfalls zur Gruppe der illy-
rischen Eichen-Hainbuchenwälder zu rechnen sind oder eine eigene regionale Assoziationsgruppe
darstellen, läßt sich zur Zeit nicht mit Sicherheit entscheiden.

273
Formation F.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Unklar ist noch immer die syntaxonomische Lage der Eichen-Hainbuchenwälder des podolisch-mol-
dauischen Raumes, und zwar mangels ausreichend zahlreicher und räumlich gleichmäßig verteilter
Vegetationsaufnahmen und methodisch einwandfrei erarbeiteter Lokal- und Regionaltabellen. Die
aus Westpodolien bekanntgewordenen und als Querco-Carpinetum podolicum von SZAFER (1935)
beschriebenen Gesellschaften lassen sich unschwer dem subkontinentalen Winterlinden-Eichen-
Hainbuchenwald (Tilio-Carpinetum) des östlichen Mitteleuropa zuordnen, und zwar seiner auch in
Südostpolen vorkommenden regionalen Wolynien-Rasse. Wie weit nach Osten und Südosten sich
das Areal dieser Rasse erstreckt, ist zur Zeit noch unbekannt. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die aus
polnischer Sicht aufgestellte Diagnose einer Wolynien-Rasse lediglich einer Randausbildung der in
der Südukraine, Moldavien und angrenzenden rumänischen Landschaften vorkommenden Gesell-
schaft (F44) entspricht. Bezeichnend ist das Vorkommen mehrerer Eichenarten (neben den beiden
bekannten Arten noch besondere Kleinsippen wie Quercus dalechampii, Q. polycarpa u. a.); als
weitere Trennarten könnten Arten wie Tilia tomentosa, Viburnum lantana und einige balkanische
Krautpflanzen in Frage kommen. Es ist zu vermuten, daß diese Gesellschaft eine eigene Gebiets-
assoziation oder sogar eine regionale Assoziationsgruppe – typologisch zwischen den mitteleuropäi-
schen und illyrisch-balkanischen Eichen-Hainbuchenwäldern stehend – darstellen dürfte. Spezielle
Untersuchungen sind in diesem Fall ebenso notwendig wie erfolgversprechend (vgl. F63, F64).
Die oben skizzierte, strukturell-vegetationskundlich begründete Gliederung der Eichen-Hainbuchen-
wälder stimmt nur bedingt mit dem notwendigerweise etwas schematischen Aufbau unserer Karten-
legende überein. Insbesondere ist die Trennung in zwei Hauptgruppen nach den beiden Eichenarten
kaum streng etageal zu deuten. Es gibt sowohl planare Traubeneichen- wie kollin-submontane
Stieleichen-Hainbuchenwälder. Die Trennung ist vielmehr teils edaphisch teils klimatisch und nicht
zuletzt wohl auch historisch bedingt.

F.3.1 Planar-kolline (bis submontane) Stieleichen-Hainbuchenwälder (Carpinus betulus,


Quercus robur, Fraxinus excelsior, z. T. Quercus petraea, Tilia cordata)
Unter F.3.1 sind alle Gesellschaften zusammengefaßt, in welchen neben der Hainbuche die Stielei-
che als bestandsbildende Baumart vorkommt, während die Traubeneiche aus verschiedenen Grün-
den so gut wie ganz fehlt. Im atlantisch-subatlantischen Westeuropa ist das meist edaphisch, und
zwar vorwiegend durch den Wasserfaktor bedingt (F34-F36). Auch in subozeanisch getönten Land-
schaften Mitteleuropas scheint das der Fall zu sein (F37-F39). Im subkontinentalen östlichen Teil
Mitteleuropas fehlt aus historisch-arealkundlichen Gründen die Traubeneiche; hier ist der Stiel-
eichen-Hainbuchenwald – unabhängig vom Wasserhaushalt des Bodens – allein vertreten (F40-F43;
wohl z. T. auch F44). Ähnliches gilt auch für manche Gebiete des pannonischen, transsilvanischen
und nordbulgarischen Raumes, wo die Traubeneiche ebenfalls nicht mehr vorkommt (F46-F48). In
seinem submediterranen südeuropäischen Arealteil nimmt der Eichen-Hainbuchenwald zunehmend
den Charakter eines Auenwaldes an; hier ist aus edaphisch-ökologischen Gründen nur die Stieleiche
bestandsbildend (F45, F49).

274
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.3

F.3.2 (Planar-)kollin-submontane Traubeneichen-Hainbuchenwälder (Carpinus betulus,


Quercus petraea, Tilia cordata), z. T. mit Quercus robur, Fagus sylvatica, Quercus
dalechampii, Q. pubescens, Q. polycarpa, Tilia tomentosa
Die Gruppe F.3.2 umfaßt die Gesellschaften, in welchen die Traubeneiche eine wichtige Rolle
spielt; allerdings kann die Stieleiche gelegentlich auch vorhanden sein. Diese Gesellschaften kom-
men in den ausgeprägt ozeanischen Gebieten nicht vor; sie erscheinen erst im subatlantischen Mit-
teleuropa, und zwar dann auf grundwasserfernen, meist auch etwas wärmeren Standorten. Bezeich-
nend ist die häufige Beteiligung der Rotbuche als Nebenholzart (F50-F52, F55, F56). Weiter östlich
nimmt die Rolle der Buche – zugunsten der Winterlinde – immer mehr ab (F57-F60) und hat dort
nur noch in ausgesprochen submontanen Ausbildungen Bedeutung (F61, F62). Im südöstlichen
Arealteil der mitteleuropäischen Traubeneichen-Hainbuchenwälder fehlt die Rotbuche (Fagus syl-
vatica), dafür treten einige Kleinarten der Traubeneiche, so Quercus dalechampii und Q. polycarpa
sowie gelegentlich Tilia tomentosa auf (F63, F64). Im illyrisch-balkanischen Raum ist der Trauben-
eichen-Hainbuchenwald (soweit vorhanden) durch besondere, von den mitteleuropäischen abwei-
chende Ausbildungen vertreten (F65-F67). Die Gesellschaften der südöstlichsten, mösisch-euxi-
nischen Gebiete stellen ebenfalls eine eigene Gruppe dar. Mit mehreren Eichenarten (darunter auch
Quercus frainetto), Tilia tomentosa und gelegentlich sogar Carpinus orientalis, Fagus sylvatica
subsp. orientalis und Daphne pontica bekommen sie den Charakter eines Mischwaldes von euxi-
nisch-orientalischem, wohl reliktischem Gepräge (F68, F69) und nähern sich floristisch-typologisch
den kaukasischen Hainbuchen-Eichenmischwäldern (Formation F.7, insbesondere F.7.1) an. Die
Sonderstellung dieser Ausbildungen des Traubeneichen-Hainbuchenwaldes ist wahrscheinlich nicht
nur klimatisch bedingt, sondern läßt sich vorwiegend auf florengeschichtliche Ursachen zurückfüh-
ren.

Literatur
DONIÚ{ et al. 1992; HORVAT I. 1958; HORVAT, GLAVA„ & ELLENBERG 1974; ELLENBERG 1996;
IVAN et al. 1993; MATUSZKIEWICZ 1984; MATUSZKIEWICZ W. & A. 1985; NEUHÄUSL 1981;
NEUHÄUSLOVÁ 2001b; NOIRFALISE 1968; OBERDORFER 1957.

275
Formation F.4 Karte der natürlichen Vegetation Europas

F.4 Winterlinden-Stieleichenwälder (Quercus robur, Tilia cordata, z. T. Acer platanoides,


A. campestre, Ulmus glabra)
Galina N. Ogureeva, mit Beiträgen von Pavel L. Gor…akovskij & Udo Bohn

Charakterisierung und typologische Abgrenzung; geographische Verbreitung


Die osteuropäischen Winterlinden-Stieleichenwälder erstrecken sich als zonale Vegetation vom
Baltikum und Dnjepr im Westen bis zum Westabfall des Südlichen Ural (22/ bis 59/ östl. Länge,
vgl. Karte 9 und Übersichtskarte). Sie bilden einen fast durchgehenden, 250 bis 500 km breiten
Gürtel zwischen Dnjepr und Südural und bedecken einen beträchtlichen Teil des Südrussischen
Tieflandes. Die Nord-Südausdehnung reicht von 49/ bis 59/ nördl. Breite. Nach Norden schließt die
Zone der hemiborealen Laub-Nadelmischwälder (Formation D.3) an, in die Linden-Eichenmisch-
wälder noch inselartig übergreifen. Im Süden sind sie mit den Waldsteppen (Formation L) verzahnt
und reichen inselartig – namentlich längs der Wolga – bis in die Steppenzone (Formation M). Im
Westen schließen Eichen-Hainbuchenwälder (Formation F.3) und bodensaure Eichenwälder (F.1)
als zonale Vegetation an. In der Steppenzone siedeln Laubmischwälder nur noch in Flußtälern, an
schattseitigen Tal- und Schluchthängen sowie auf höheren Erhebungen
Die osteuropäischen sommergrünen Laubwälder unterscheiden sich von den mitteleuropäischen und
submediterranen durch einfachere Struktur und eine geringere Artenvielfalt. Da die Baumarten
Buche, Traubeneiche, Bergahorn und Hainbuche in Osteuropa von Natur aus fehlen, sind weniger
Gehölze am Bestandesaufbau der Wälder beteiligt, und die gesellschaftsformende Rolle einzelner
Arten vergrößert sich. Das Areal von Quercus robur als Hauptbaumart der Laubmischwälder der
russischen Tiefebene erstreckt sich nach Norden fast bis an den Gürtel der mittleren Taiga und nach
Süden bis in die Steppenzone. Tilia cordata ist als frostharter Baum in der russischen Tiefebene
ebenfalls weit verbreitet, ihr Areal keilt nach Osten aus und überschreitet den Ural nach Osten. Auf
Grund des kontinentalen Klimas im Vorural ist sie dort die Hauptbaumart. Ulmus glabra, U. laevis
und Acer platanoides sind mehr oder weniger durchgehend bis zum Ural verbreitet und finden sich
regelmäßig als Mischbaumarten in den Laubwäldern. Das Areal von Fraxinus excelsior reicht
dagegen nur knapp bis an die Wolga, dehnt sich nach Norden aber bis in die hemiboreale Zone und
nach Süden in die Steppenzone aus. Die Esche meidet basenarme Böden und bevorzugt feuchte,
nährstoffreiche Standorte in Bach- und Flußauen.

Bestandesstruktur und Physiognomie; floristische Zusammensetzung


Die Bestandesstruktur der Winterlinden-Stieleichenwälder ist aufgrund ihrer weiten Verbreitung und
Standortsamplitude recht vielgestaltig. Entsprechend dem Lichtbedarf und der Lichtdurchlässigkeit
der bestandsbildenden Laubbaumarten werden zwei Waldtypen mit unterschiedlicher Gesellschafts-
struktur unterschieden: „lichte“ Laubwälder mit vorherrschend Eiche (Quercus robur) und Esche
(Fraxinus excelsior) sowie „dunkle“ Laubwälder mit Dominanz von Linde (Tilia cordata), Spitz-
ahorn (Acer platanoides) und Ulme (Ulmus glabra). L i c h t e L a u b w ä l d e r zeichnen sich durch
eine gut entwickelte Strauchschicht und eine artenreiche Krautschicht aus, d u n k l e L a u b w ä l -
d e r besitzen meist keine Strauchschicht, und die Krautschicht ist artenärmer. Grundsätzlich können

276
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.4

5-7 Schichten in den Laubwäldern unterschieden werden. Mischbestände aus verschiedenen


Baumarten finden sich besonders im edaphischen und klimatischen Optimumgebiet der Laubwälder.
Im ökologischen Grenzbereich gelangen dagegen eher einzelne Baumarten zur Vorherrschaft und
bilden Reinbestände aus Eiche oder Linde.
Die Strauchschicht enthält zahlreiche Arten, die wiederum Unterschichten ausbilden können. Sehr
schattige Laubwälder enthalten jedoch praktisch keine Strauchschicht. Die Strauchschicht hat in
Laubwäldern eine wichtige ökologische Funktion: Sie verhindert das Austrocknen der Böden, ver-
bessert die Bodenstruktur und erhöht deren Fruchtbarkeit. An Berghängen ist sie für den Boden-
schutz wichtig. Die Strauchschicht setzt sich vorwiegend aus typischen europäisch-nemoralen Laub-
waldarten zusammen: Corylus avellana, Euonymus europaea, E. verrucosa, Lonicera xylosteum,
Viburnum opulus, Daphne mezereum. Acer tataricum und lichtliebende Sträucher spielen in den
südlichen Eichenwäldern eine bedeutende Rolle. Steppensträucher wie Caragana frutex, Lonicera
tatarica und Prunus fruticosa kommen in lichten Eichenwäldern an der südlichen Verbreitungs-
grenze zur Steppe vor.
Die Krautschicht setzt sich aus Vertretern unterschiedlicher ökologischer und pflanzengeographi-
scher Artengruppen zusammen. Am weitesten verbreitet und am artenreichsten ist die Gruppe der
mesophilen europäischen und euroasiatischen nemoralen Arten (Aegopodium podagraria, Galium
odoratum, Lamium galeobdolon, Stellaria holostea, Mercurialis perennis, Asarum europaeum,
Carex pilosa, Viola mirabilis, Lathyrus vernus, Campanula trachelium, C. latifolia, Polygonatum
multiflorum, Pulmonaria obscura u. a.), die sich durch eine lange Vegetationsperiode auszeichnen.
Im nördlichen Teil der Laubwaldregion nimmt die Bedeutung von schattentoleranten nordtemperat-
borealen Arten zu (z. B. Oxalis acetosella, Maianthemum bifolium, Trientalis europaea, Pyrola
rotundifolia, Melica nutans, Luzula pilosa); im Süden kommen submediterrane Arten hinzu. Die
Krautschicht enthält neben Dikotyledonen regelmäßig auch nemorale Seggen (Carex pilosa, C. syl-
vatica) und Gräser (Milium effusum, Festuca gigantea, Brachypodium sylvaticum, Poa nemoralis),
die teilweise weit nach Norden in die boreale Zone verbreitet sind. Lichtliebende Gräser wie
Brachypodium pinnatum und Calamagrostis arundinacea sowie xerophytische Gräser kommen auf
trockenen Südhängen vor. Farne wie Dryopteris filix-mas, Athyrium filix-femina und Matteuccia
struthiopteris siedeln bevorzugt auf feuchten Standorten.
Der Grundstock der Krautschicht setzt sich aus Arten zusammen, die an die spärliche Lichtversor-
gung unter dem Blätterdach der Bäume nach der Laubentfaltung angepaßt sind. Einen Sonderfall
bilden eutraphente mesophile Geophyten mit einer sehr kurzen generativen Phase, die in die kurze
Frühjahrsperiode vor dem Blattaustrieb der Bäume fällt. Diese Pflanzen erscheinen kurz nach der
Schneeschmelze und beenden ihre Blütezeit sehr frühzeitig. Frühlingsgeophyten treten besonders
auf nährstoffreichen, feuchten Waldböden aspektbildend auf, sind jedoch auf trockenen und armen
Böden selten. Typische Vertreter sind Anemone nemorosa, A. ranunculoides, Adoxa moschatellina,
Ranunculus ficaria, Gagea lutea, Corydalis cava, C. cava subsp. marschalliana, C. solida, Carda-
mine bulbifera u. a.

277
Formation F.4 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Eine Moosschicht fehlt oder ist nur fleckenhaft ausgebildet. Moose wachsen bevorzugt auf nackter,
feuchter Bodenoberfläche, auf Baumstümpfen und an Baumfüßen. Epiphytische Moose sind dage-
gen recht häufig und zahlreich. Die wichtigsten Vertreter sind Plagiomnium cuspidatum, P. rostra-
tum, P. affine, Brachythecium velutinum, B. salebrosum, B. rutabulum, Atrichum undulatum sowie
Arten der Gattungen Eurhynchium und Thuidium.

Vegetationsgeschichte, Pflanzengeographie
Die aktuelle floristische Zusammensetzung und die Struktur der Linden-Eichenwälder entwickelten
sich überwiegend im mittleren Holozän (vor 8000 bis 2500 Jahren). Die Laubwälder der russischen
Tiefebene entstanden vornehmlich durch Einwanderung von Arten aus Südosteuropa, den östlichen
Karpaten und der Podolischen Platte. Infolge ansteigender klimatischer Kontinentalität nehmen die
europäischen nemoralen Arten nach Osten hin stetig ab, und nur ein Teil dieser Arten erreicht den
Westabfall des Uralgebirges.
Das pflanzengeographische Spektrum der Flora der osteuropäischen Laubwälder zwischen Karpaten
und Ural ist je nach Region unterschiedlich. Insgesamt überwiegen Arten der mitteleuropäischen
Florenregion (ca. 30 %), der Anteil submediterraner und borealer Arten ist deutlich geringer (11 %
bzw. 10 %) und eurasische sowie südsibirische Arten sind mit 7 % bzw. 6 % vertreten (SMIRNOVA
1994, WALTER 1974).
Die Beteiligung mitteleuropäischer Arten beschränkt sich weitgehend auf die westlichen Regionen.
Eine bedeutende pflanzengeographische Grenze stellt die Wolga dar, in deren Nähe viele mittel-
europäisch-nemorale Arten ausklingen. So ist die Esche eine wichtige Mischbaumart im Bereich der
Mittelrussischen Platte und reicht an West- und Nordhängen gerade bis zur Wolga. Auch viele ande-
re Gehölze und Kräuter haben ihre östliche Verbreitungsgrenze an der Wolga oder bereits westlich
davon: Acer campestre, Ulmus minor, Cornus sanguinea, Lamium galeobdolon, Vicia cassubica,
Pulmonaria angustifolia. Andererseits überqueren südsibirische Waldarten teilweise die Wolga nach
Westen und reichen sogar bis zur Mittelrussischen Platte (Pulmonaria dacica, Carex pediformis
subsp. rhizodes, Cimicifuga europaea, Bupleurum longifolium subsp. aureum, Crepis sibirica, Ara-
bis pendula). In den Laubwäldern des Südlichen Ural und seiner Vorberge kommen wiederum ne-
morale endemische Arten wie Lathyrus litvinovii, Knautia tatarica und Cicerbita uralensis bzw.
südsibirische Arten wie Pleurospermum uralense vor (GOR„AKOVSKIJ 1968). Typische sarmatische
Arten mit Hauptverbreitung im Gebiet der osteuropäischen Laubmischwälder sind Ranunculus
cassubicus, Pulmonaria angustifolia, Omphalodes scorpioides, Corydalis cava subsp. marschallia-
na und Viola tanaitica.
Die floristische Vielfalt der Linden-Eichenwälder nimmt von Norden nach Süden und von Osten nach Westen zu. Die
mittelrussischen Lindenwälder bei Tula (Tulskije Zasseki) enthalten z. B. 127 Gefäßpflanzenarten, die vorwolgischen
Lindenwälder zwischen Zigulevsk und Saratov 103 Arten, die voruralischen Linden-Eichenwälder 100 Arten und die
Lindenwälder im westlichen Vorgebirge des Südural 82 Arten (SMIRNOVA 1994).

278
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.4

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Die osteuropäischen Winterlinden-Stieleichenwälder gehören aufgrund ihrer Artenverbindung
eindeutig zur Klasse Querco-Fagetea und hier in die Ordnung der Fagetalia sylvaticae. Für die rei-
chen Laubmischwälder der Baltischen Staaten und Rußlands (F70-F72) wurde der Verband Querco
roboris-Tilion cordatae Solomeshch et Laivins in Solomeshch et al. 1993 aufgestellt, für die des
Südural (F73, F74) der Verband Aconito septentrionalis-Tilion cordatae Solomeshch et al. 1993.
Die endgültige Benennung der Assoziationen und Verbände sowie ihre synsystematische Eingliede-
rung bedarf allerdings noch intensiver Tabellenarbeit und vergleichender statistischer Auswertung.

Makroklimatische Gegebenheiten
Die Verbreitung der Winterlinden-Stieleichenwälder steht in enger Beziehung zu temperatem Klima
mit subkontinentaler Ausprägung (Klimatyp VI-VIII und VI-VII nach WALTER et al. 1975). Die
Ausbildung mesophiler Laubwälder ist von ausreichenden Niederschlägen in der Vegetationsperiode
abhängig. Innerhalb des Areals der osteuropäischen Laubwälder besteht zusätzlich ein Klimagefälle,
wobei der kontinentale Klimacharakter von Westen nach Osten und von Norden nach Süden deut-
lich zunimmt.
Im Norden wird die Verbreitungsgrenze der reinen Laubwälder durch niedrige Temperaturen im
Jahresmittel und Winter bestimmt, durch welche die Wettbewerbsfähigkeit mit Nadelbäumen beein-
trächtigt wird. Im Süden der russischen Tiefebene bilden die geringen Niederschläge während der
Vegetationsperiode den begrenzenden Faktor. An der Waldgrenze in den Gebirgen (Ural) werden
die Laubbäume auch durch starke und häufige Winde im Wachstum gehemmt.

Standortbedingungen
Die osteuropäischen Linden-Stieleichenwälder sind vorwiegend an frische und nährstoffreiche
Böden gebunden und bevorzugen humusreiche, gut durchlüftete Lehme. Sie kommen meist auf
Hellgrauen bis Dunkelgrauen oder Braunen Waldböden vor, meiden sandige Substrate und fehlen
auf oligotrophen Standorten. Am Rand ihres ökologischen Spektrums besiedeln sie auch lessivierte
Schwarzerden, podsolierte Gebirgsböden, Roterden und Gleye sowie flachgründige Kalksteinböden
und sogar schwach salzhaltige Böden. Das Bodenprofil unter Laubwäldern ist meist gut entwickelt
und tiefgründig.
Von Eichen dominierte Wälder sind meist auf trockenen, nährstoffärmeren Böden anzutreffen, wo-
hingegen Eschenmischwälder vornehmlich auf nährstoffreichen und feuchten Böden gedeihen. Die
Laubwälder im Transwolga-Hügelland kommen vielfach auf skelettreichen, flachgründigen Grauen
Waldböden und auf Rendzinen, im Gebirge auch auf Gesteinsschuttböden mit geringerem Feinerde-
anteil vor.

Rolle im Landschaftsgefüge, Begleitvegetation


Winterlinden-Stieleichenwälder spielen eine wichtige Rolle beim Erosionsschutz und für den
Wasserhaushalt. Sie verhindern die Auslaugung der Böden, schützen Flüsse und Stauseen vor dem

279
Formation F.4 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Verschlammen und regulieren den Wasserhaushalt. Bei einer jährlichen Transpirationsrate von 300
bis 600 mm leisten sie einen erheblichen Beitrag zum Wasserkreislauf im Gebiet der russischen
Tiefebene. Sie schwächen die negativen Auswirkungen trockener Winde ab und mildern die Tempe-
raturextreme.
Im mittelrussischen und vorwolgischen Hügelland kommen als Kontaktgesellschaften reine Kiefern-
wälder und Linden-Eichen-Kiefernwälder auf fluvialen Sandablagerungen vor.

Erhaltungszustand, Landnutzung, Ersatzgesellschaften; Naturschutz


Durch menschlichen Einfluß wurden die ursprünglichen Laubwaldbestände stark dezimiert und die
Struktur der Gesellschaften deutlich verändert. Waldrodungen führten zu isolierten Waldinseln und
zur Störung des Gleichgewichts. Heute herrschen in vielen Gebieten landwirtschaftliche Nutzflä-
chen, Siedlungen und andere Nutzungsformen vor. Als Folge der jahrtausendelangen Nutzung sind
zu verzeichnen: negative Veränderung des Wasserhaushalts, Verlust an Bodenfruchtbarkeit, Verrin-
gerung der biologischen Produktivität und Rückgang der Artenvielfalt.
Gegenwärtig beträgt die Waldbedeckung im natürlichen Verbreitungsgebiet geschlossener Laubwäl-
der rund 10-15 % und in der Region der Waldsteppen etwa 10-12 %.
Naturnahe Bestände der osteuropäischen Linden-Eichenwälder sind in Rußland in zahlreichen
Naturschutzgebieten (NSG) und Nationalparken (NP) geschützt (s. Datenblätter der Kartierungsein-
heiten). Die größten Laubwaldbestände blieben im rechten Einzugsgebiet des Flusses Oka zwischen
Tula und Rjazan, erhalten (Tulskije Zasseki: Eschen-Ahorn-Lindenwälder, krautreiche Ahorn-
Linden- und Seggen-Pappel-Lindenwälder), ferner im nördlichen Teil des Vorwolga-Hügellandes
und im Vorkama-Tiefland (Vorwolga-Hügelland: Eichenmischwälder mit Fraxinus excelsior, Acer
platanoides, Ulmus spp., Tilia cordata, Corylus avellana, Rubus caesius sowie Carex spp., Aego-
podium podagraria, Urtica dioica in der Krautschicht). Eichenwälder sind im mittleren Teil der
Waldsteppe (z. B. Šipovles südöstlich Voroneñ) und in der Transwolga-Waldsteppe anzutreffen.
Kleine Eichenbuschwälder (Bairak = Buschwälder) sind in breiten Tälern und an Schluchthängen
im nördlichen Teil der Steppen weit verbreitet.

Regionale Gliederung und Charakterisierung der Winterlinden-Stieleichenwälder


Innerhalb des Gürtels der osteuropäischen Winterlinden-Stieleichenwälder werden 2 Unterzonen
unterschieden: die nördlichen Laubmischwälder mit geringer Beteiligung von Fichte (Picea abies)
und die südlichen Laubmischwälder ohne Fichte. In der West-Ost-Abfolge bildet zudem die Wolga
eine wichtige pflanzengeographische Grenze. Die östlichen Arealgrenzen vieler mitteleuropäischer
Baumarten wie Fraxinus excelsior, Acer campestre, Pyrus communis und Ulmus minor verlaufen
westlich oder entlang der Wolga. Das Areal etlicher nemoraler Sträucher (z. B. Sambucus nigra,
Berberis vulgaris, Euonymus europaea, Cornus sanguinea, Rosa canina) und vieler typischer Kraut-
arten mitteleuropäischer Laubwälder reicht nicht oder gerade noch bis an die Wolga: u. a. Lamium
galeobdolon, Bromus benekenii, Cardamine bulbifera, Anemone nemorosa, Lathraea squamaria.
Andererseits sind südsibirische Arten wie Crepis sibirica, Pulmonaria dacica, Carex pediformis

280
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.4

subsp. rhizodes von Osten her über die Wolga bis zum Mittelrussischen Hügelland verbreitet.
Die Laubwälder des Vorwolga-Hügellandes (unmittelbar westlich der Wolga) sind bereits stark
verarmt an mitteleuropäisch-nemoralen Arten, dafür sind jedoch noch Elemente der submediterra-
nen Florenregion vertreten (Laser trilobum, Melica picta). Die Flora der südlichen Eichenwälder
wird hier durch südsibirische Arten (Bupleurum longifolium subsp. aureum, Carex macroura,
Geranium pseudosibiricum) sowie durch Steppenpflanzen (Coronilla varia, Filipendula vulgaris)
ergänzt.
Den Laubwäldern des Transwolga-Gebietes (östlich der Wolga) fehlen noch mehr mitteleuropäisch-
nemorale Arten; sie sind dafür aber um weitere südsibirische Arten bereichert (Cornus alba, Cratae-
gus sanguinea, Lonicera tatarica), ferner durch südsibirische Steppensträucher (Prunus tenella,
Caragana frutex, Spiraea crenata). Die Laubwälder des Südlichen Ural und seiner westlichen
Vorberge haben wiederum eine eigene Artengarnitur. Uralische nemorale Endemiten (Lathyrus
litvinovii, Knautia tatarica, Cicerbita uralensis) und Arten mit isolierten Vorposten auf der Krim
und im Kaukasus (Scutellaria altissima) kommen hier neben eurasisch borealen Arten vor.
Bei den Laubwäldern werden nach den dominierenden Baumarten zwei Haupttypen unterschieden:
Eichen- und Eichenmischwälder sowie Lindenwälder. Von Stieleiche dominierte Wälder kommen
vor allem im Süden der Laubwaldzone innerhalb der Waldsteppen- und Steppenzone an Steilhängen
und in Schluchten vor, Lindenwälder eher in ebenen Lagen. Zumeist sind Laubwälder mit vorherr-
schender Linde im Transwolga-Hügelland und in den westlichen Vorbergen des Südural verbreitet.
Die Winterlinden-Stieleichenmischwälder wurden nach ökologisch-pflanzengeographischen Ge-
sichtspunkten von West nach Ost, von Nord nach Süd und nach Höhenstufen gegliedert.

F.4.1 Planar-kolline Ausbildungen


Nördliche mittelrussische und vorwolgische Winterlinden-Stieleichenwälder (F70)
Das Hauptverbreitungsgebiet dieser Linden-Eichen-Mischwälder (F70 entsprechend) liegt im nördli-
chen Teil der Mittelrussischen Platte und des Vorwolga-Hügellandes und hat isolierte westliche
Vorposten im Baltikum. Östlich der Wolga nehmen die Wälder ein kleines Areal im Wolga-Kama-
Zwischenland ein. Kennzeichnend ist eine geringe Beteiligung der Fichte (Picea abies) in der
Baumschicht. Die Laubwälder mit Beimischung von Fichte sind auf basenärmere Graue Waldböden
und podsolierte Böden beschränkt. Winterlinden-Stieleichenmischwälder mit unterschiedlicher Bei-
mischung von Ulmus glabra, Acer platanoides und/oder Populus tremula herrschen in der Einheit
vor, seltener mit Fraxinus excelsior. Lonicera xylosteum, Euonymus verrucosa, Corylus avellana
sind charakteristische Bestandteile der Strauchschicht. Aegopodium podagraria dominiert in der
Krautschicht der gut nährstoffversorgten Unterhänge, während Carex pilosa in den oberen Hang-
lagen an Bedeutung gewinnt.
Je nach Nährstoff- und Wasserhaushalt gibt es verschiedene Ausbildungen: Lindenwälder an Bächen
sind mit feuchtigkeitsliebenden Gehölzen, Kräutern und Farnen ausgestattet, unter anderem mit
Prunus padus, Frangula alnus, Viburnum opulus, Stachys sylvatica, Geum rivale, Filipendula
ulmaria, Athyrium filix-femina und Matteuccia struthiopteris. Eschen-Lindenwälder mit Spitzahorn

281
Formation F.4 Karte der natürlichen Vegetation Europas

bleiben auf basenreiche Böden mit guter Wasserversorgung beschränkt. In der unteren Baum- und
Strauchschicht kommen hier Acer campestre, Corylus avellana und Lonicera xylosteum vor, in der
Krautschicht spielen Aegopodium podagraria, Lamium galeobdolon, Ranunculus cassubicus und
Frühlingsgeophyten eine wichtige Rolle.

Südliche mittelrussische und vorwolgische Winterlinden-Stieleichenwälder (F71)


Das Verbreitungsgebiet dieser Winterlinden-Stieleichenmischwälder liegt im Südteil der Mittelrus-
sischen Platte bis nahe an die Desna-Dnjepr-Niederung sowie im Westen der Wolgaplatte
(bis 320 m ü. NN) und in der Oka-Don-Niederung.
Die südlichsten isolierten Vorkommen dieser Wälder liegen in der Waldsteppen- und Steppenzone.
Sie stocken auf Grauen und Dunkelgrauen Waldböden, in der Waldsteppenzone auf lessivierten und
degradierten Schwarzerden. Eichendominierte Waldgesellschaften überwiegen. Charakteristisches
Merkmal dieser Wälder ist die Beteiligung von Fraxinus excelsior am Bestandesaufbau und die Bei-
mischung von Ulmus glabra, U. minor, Acer platanoides und A. campestre in der zweiten Baum-
schicht. Euonymus verrucosa, E. europaea, Corylus avellana und Lonicera xylosteum bilden die
Strauchschicht. In der Krautschicht ist Lamium galeobdolon weit verbreitet. Eichenwälder mit Acer
campestre oder A. tataricum dominieren in den Waldsteppen- und Steppengebieten. Die östliche
Verbreitungsgrenze von Acer campestre verläuft durch die Don-Niederung und entlang dem Fluß
Chopor.

Eichenmischwälder des südlichen Vorwolga-Hügellandes (F72 p.p.)


Das Vorkommen dieser Wälder beschränkt sich auf den südlichen Teil des Vorwolga-Hügellandes,
insbesondere der Wolgaplatte. Sie sind inselartig in Kiefernwälder und Wiesensteppen und auch in
echte Steppen eingestreut. Es herrschen gras- und seggenreiche-Eichenwälder mit Brachypodium
pinnatum, Poa angustifolia, Calamagrostis arundinacea, Carex montana und C. supina sowie lichte
Kiefern-Eichenwälder mit Steppenpflanzen (Seseli intermedium, Phlomis tuberosa, Filipendula
vulgaris) vor. Für die Eichenmischwälder in der Waldsteppen- und nördlichen Steppenzone sind
vier Standortsbereiche typisch:
a) Eichenmischwälder an Steilufern von Flüssen und auf Bergrücken,
b) Eichenmischwälder in Flußauen. Kennzeichnend für sie ist die Beimischung von Ulmus laevis
und Alnus glutinosa in der Baumschicht und die Dominanz von Farnen (Dryopteris filix-mas,
Athyrium filix-femina, Matteuccia struthiopteris) und sonstigen feuchtigkeitsliebenden Stauden
in der Krautschicht.
c) Laubmischwälder an Hängen von Tälern und Schluchten im Steppengebiet (sie werden als
„Bairak“ = Buschwälder bezeichnet) wachsen auf degradierten und lessivierten Schwarzerden.
Die Waldbestände sind häufig niedrigwüchsig und dicht. Sie enthalten Acer tataricum, A.
platanoides, Malus sylvestris und Ulmus glabra sowie als Strauchunterwuchs Ligustrum vulgare,
Rhamnus cathartica, Euonymus verrucosa, Crataegus monogyna und z. T. Cornus sanguinea.
Auf Nordhängen herrschen in der Krautschicht Convallaria majalis, Stellaria holostea und

282
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.4

Melica picta vor, auf Südhängen Dactylis glomerata und Poa angustifolia. Außerdem gibt es
lichte Eichenwälder mit vorherrschenden Steppenpflanzen wie Festuca valesiaca, Koeleria
macrantha, Stipa pennata und S. lessingiana im Unterwuchs.
d) Eichenmischwälder mit Kiefer (Pinus sylvestris) besiedeln nährstoffarme Sandböden auf alten
Flußterrassen und stehen oft im Kontakt zu Kiefernwäldern. Typisch für diese bodensauren
Eichenmischwälder ist die Beteiligung von Betula pendula und Sorbus aucuparia in der Baum-
schicht, Genista tinctoria und Chamaecytisus ruthenicus in der Strauchschicht sowie die Domi-
nanz von Pteridium aquilinum in der Krautschicht.

Südostsarmatische (transwolgische) Winterlinden-Stieleichenwälder (F72 p.p.)


Die südostsarmatischen Winterlinden-Stieleichenwälder (F72) haben ihre Hauptverbreitung im
Transwolga-Transkama-Hügelland (bis 420 m ü. NN) zwischen den Flüssen Wolga, Kama und
Belaja. Inselartig verteilte isolierte südliche Ausläufer finden sich ferner im Gebiet der Wolgaplatte,
(westlich der Wolga) zwischen den Flüssen Wolga, Chopor und Sura (bis maximal 370 m ü. NN).
Größere Bestände dieser Wälder blieben im ðigulevskij Bergland bei Samara erhalten. Hier herr-
schen Ahorn-Linden-Eichenwälder mit Aegopodium podagraria vor. Innerhalb der Waldsteppenzo-
ne und eingesprengt in der Steppenzone finden sich hauptsächlich grasreiche Eichenwälder. In der
südlichen Waldsteppe sind auf kalkhaltigen Schwarzerden und skelettreichen Böden Eichenbusch-
wälder mit Euonymus verrucosa, Prunus fruticosa, Chamaecytisus ruthenicus und Prunus tenella
weit verbreitet. Sie enthalten auch südsibirische Straucharten (Crataegus sanguinea, Cornus alba,
Lonicera tatarica). Hauptbaumart ist hier die Stieleiche, teilweise die Winterlinde, seltener ein
Mischwald aus beiden. Der Lindenanteil erhöht sich in natürlichen Sukzessionsstadien von Eichen-
wäldern.
Im ðigulevskij Bergland sind Lindenwälder mit Beimischung von Ulmus glabra und Acer platanoi-
des an den Unterhängen von Tälern und Schluchten weit verbreitet. Lindenwälder mit Populus tre-
mula dominieren dagegen an den Oberhängen. In der Krautschicht herrschen Carex pilosa, Galium
odoratum und Asarum europaeum vor, gelegentlich auch Aegopodium podagraria. Außerdem kom-
men Linden-Eichen- und Eichen-Lindenmischwälder mit Acer tataricum und Steppensträuchern
vor.
Die Steppen- und Buschwälder (Bairaks) im südlichen Teil des Vorwolga- und Transwolga-Hügel-
landes (F72) sind gekennzeichnet durch starke Ausdünnung der mitteleuropäisch-nemoralen Floren-
elemente und hohen Anteil an Waldsteppen- und Steppenelementen. An den Waldrändern der
Bairaks bilden Steppensträucher einen Gebüschmantel aus: Prunus fruticosa, P. spinosa, P. tenella,
Caragana frutex.

F.4.2 Submontan-montane Ausbildungen


Süduralische und voruralische Winterlinden-Mischwälder (F73, F74) (P.L. Gor…akovskij)
Die kollin-submontanen bis montanen Laubwälder des Südural und seiner westlichen Vorberge
(F73, F74) bilden einen großflächig zusammenhängenden, jedoch relativ artenarmen Waldkomplex.

283
Formation F.4 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Ihre Höhenverbreitung reicht von (250) 350 bis 850 (1040) m Meereshöhe. In der Baumschicht sind
Quercus robur, Tilia cordata und Acer platanoides am wichtigsten, während Ulmus glabra und
U. laevis mehr oder weniger regelmäßig beigemischt sind und normalerweise nicht zur Dominanz
gelangen. Mischbestände sind für den Bereich des edaphischen und klimatischen Optimums der
Laubbaumarten im Südural typisch, da hier keine Art in der Konkurrenz begünstigt ist. An den
Rändern der ökologischen Amplitude der Einheit können jedoch einzelne Baumarten – Stieleiche
oder Winterlinde, seltener Spitzahorn – zur Vorherrschaft gelangen. Eichen-Linden- und Lindenwäl-
der bleiben auf Hochlagen und Nordhänge von tief eingeschnittenen Tälern beschränkt, während
Südhänge meist von Eichenwäldern eingenommen werden. Im unteren Bereich der Vorberge sind
Ulmen-Linden- und Ulmen-Spitzahornwälder weit verbreitet; örtlich dominiert hier Ulmus glabra.
Auch in jungen Waldbeständen, die sich z. B. in Lichtungen oder auf Schlägen entwickeln, herrscht
manchmal Ulmus glabra. Auf Waldrodungen und Brandflächen treten Betula pendula und Populus
tremula als Pioniere auf, und in der unteren Baumschicht ist dann nicht selten auch Salix caprea
anzutreffen.
Die Strauchschicht wird im wesentlichen von nemoral-borealen und Waldsteppenarten gebildet:
Prunus padus, Sorbus aucuparia, Lonicera tatarica, L. altaica, Frangula alnus, Rosa majalis,
Caragana frutex, Prunus fruticosa, Cotoneaster niger; nemorale Sträucher wie Corylus avellana,
Lonicera xylosteum, Rhamnus cathartica, Viburnum opulus, Euonymus verrucosa sind seltener und
spielen keine größere Rolle.
An ihrer östlichen Arealgrenze beherbergen die sommergrünen Breitlaubwälder in der Kraut-
schicht nur eine verarmte Garnitur europäischer nemoraler Arten wie Dryopteris filix-mas, Galium
odoratum, Viola mirabilis, Pulmonaria obscura, Asarum europaeum, Stachys sylvatica, Carex pilo-
sa, Bromus benekenii, Festuca altissima, Actaea spicata, Poa nemoralis, Geranium robertianum,
Ajuga reptans, Urtica dioica. Diese nemoralen Arten spielen jedoch nur eine untergeordnete Rolle,
und es dominieren typische Pflanzen borealer Wälder: Calamagrostis arundinacea, Pteridium aqui-
linum, Bupleurum longifolium subsp. aureum, Aconitum lycoctonum subsp. lycoctonum, Crepis
sibirica u. a. In der Krautschicht kommen außerdem Frühlingsgeophyten vor: Anemone altaica,
A. ranunculoides, Corydalis solida, Gagea lutea und Ranunculus ficaria. Auf feuchteren Böden
finden sich Hochstauden wie Aconitum lycoctonum subsp. lycoctonum, Knautia tatarica, Cacalia
hastata und Cephalorrhynchus tuberosus.
Die Moosschicht ist in der Regel schwach entwickelt. Moose wie Brachythecium salebrosum,
Plagiomnium cuspidatum, Rhizomnium punctatum, Neckera pennata, Pylaisia polyantha, Hylocomi-
um pyrenaicum, Pseudoleskeella nervosa, Leucodon sciuroides, Paraleucobryum longifolium wach-
sen vorwiegend auf moderndem Holz und an Stammfüßen.
In den unteren Hanglagen und westlichen Vorbergen des Südural dominieren Lindenmischwälder
mit vorherrschender Tilia cordata und beigemischter Bergulme (Ulmus glabra) (F73). Sie sind dicht
geschlossen, relativ artenarm und haben nur eine spärliche Strauchschicht. An Südhängen kommen
thermophile Ausbildungen mit Calamagrostis arundinacea, Lathyrus vernus, Tanacetum corymbo-
sum, Phlomis tuberosa, Solidago virgaurea und Pleurospermum uralense vor (GOR„AKOVSKIJ

284
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.4

1972). In Mulden und an frischen Hangfüßen überwiegen hochstaudenreiche Ausbildungen mit


Aegopodium podagraria, Cacalia hastata, Aconitum lycoctonum subsp. lycoctonum, Crepis sibirica,
Heracleum sphondylium subsp. sibiricum.
In den höheren Lagen und auf Nordhängen dominieren Ahorn-Linden-Eichenmischwälder mit
vorherrschender Quercus robur, in denen Ulmus glabra nur eine ganz untergeordnete Rolle spielt
(F74). Je nach Reliefsituation und Exposition kommt es zur Ausbildung krautreicher (Aegopodium
podagraria, Galium odoratum), hochstaudenreicher (Aconitum lycoctonum subsp. lycoctonum, Bu-
pleurum longifolium subsp. aureum, Crepis sibirica, Cicerbita uralensis, Knautia tatarica), farnrei-
cher (Dryopteris filix-mas) oder grasreicher (Calamagrostis arundinacea, Brachypodium pinnatum,
Carex macroura) Gesellschaften. Krummholz-Eichenwälder bilden im Südlichen Ural die Wald-
grenze. Sie besiedeln flachgründige Graue Waldböden. Die Krautschicht dieser Krummholzbestände
enthält die uralischen Endemiten Cicerbita uralensis und Knautia tatarica. Oberhalb der Krumm-
holzzone kommen Eichen noch vereinzelt in Hochstaudenfluren vor (IGOŠINA 1964).

Literatur
GOR„AKOVSKIJ 1968, 1972; GRIBOVA, ISA„ENKO & LAVRENKO (Red.) 1980; IGOŠINA 1964;
KURNAEV 1973; LAVRENKO & SO„AVA (Red.) 1956; OGUREEVA 1991; PAVLOV 1948b; SAFRONO-
VA, YURKOVSKAYA, MIKLYAEVA &, OGUREEVA 1999; SMIRNOVA (Ed.) 1994; TSEPLYAEV 1965;
WALTER 1974.

285
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas

F.5 Buchenwälder und Buchenmischwälder


Udo Bohn, mit einem Beitrag von Erwin Bergmeier

Charakterisierung und typologische Abgrenzung


Buchenwälder sind durch die natürliche Vorherrschaft der Buche (Fagus sylvatica) in der Baum-
schicht gekennzeichnet; deren Deckung beträgt hier mindestens 50 %, meist jedoch über 90 %.
Buchenwälder weisen nur wenige Mischbaumarten in der 1. oder 2. Baumschicht auf, da die Buche
in ihrem klimatischen und edaphischen Optimalbereich – auf „Normalstandorten“ – außerordentlich
konkurrenzkräftig und gegenüber anderen Baumarten unduldsam ist; dabei kommen ihr die hohe
Schattenverträglichkeit und weite Standortsamplitude zugute, die von nährstoffarmen bis -reichen
Böden, von betont frischen oder staufeuchten bis zu trockenwarmen Standorten und vom Tiefland
bis in die hochmontane Stufe der Gebirge reicht.
Mischbaumarten erlangen gewöhnlich erst in standörtlichen Grenzbereichen der Buchenwälder, im
Übergang zu anderen Waldgesellschaften extremerer Standorte, höheren Anteil. Die Beteiligung von
Mischbaumarten hängt von der Trophie der Standorte, der Bodenfeuchte, der Höhenlage und von der
geographischen Lage sowie der Gebietsflora ab. Die wichtigsten Mischbaumarten sind Quercus
petraea (bodensaure und staufeuchte Tieflagenstandorte), Carpinus betulus (reichere Tieflagenstand-
orte, 2. Baumschicht), Fraxinus excelsior, Acer pseudoplatanus, A. platanoides, Ulmus glabra
(reichere sowie blockreiche Standorte vor allem höherer Lagen), Abies alba, Picea abies (vorwie-
gend in höheren Mittel- und Hochgebirgen). Die Waldbestände sind in der Regel zwei-, seltener
dreischichtig, wobei Strauch- und Moosschicht weitgehend fehlen. Zusammensetzung und Deckung
der Kraut- (und Strauch-)schicht variieren sehr stark in Abhängigkeit von der Nährstoff- und Was-
serversorgung des Bodens, ferner von Exposition, Meereshöhe und geographischer Lage: Danach
werden u. a. azidophile, basiphile und thermophile, artenarme und -reiche, moosreiche, simsenrei-
che, seggenreiche, grasreiche, krautreiche, farnreiche und hochstaudenreiche Ausbildungen unter-
schieden, die verschiedenen Verbänden innerhalb der Querco-Fagetea bzw. Fagetalia sylvaticae
angehören.
Die in dieser Formation zusammengefaßten Buchenwälder werden von der Rotbuche (Fagus sylva-
tica subsp. sylvatica) oder der Mösischen Buche (Fagus sylvatica subsp. moesiaca) dominiert. Die
verwandten Orientbuchenwälder (Fagus sylvatica subsp. orientalis) bilden dagegen eine eigene
Formation (F.6) und schließen sich ab Südostbulgarien (Istranca-Gebirge) entlang der südlichen
Schwarzmeerküste (Pontisches Gebirge, Türkei) nach Südosten an und umfassen auch den Kaukasus
sowie die Südküste des Kaspischen Meeres (vgl. Karte 9).

Geographische Verbreitung
Rotbuchenwälder bilden die flächenmäßig vorherrschende zonale oder Klimax-Vegetation im ozea-
nisch beeinflußten West- und Mitteleuropa sowie in der montanen Stufe der südeuropäischen Gebir-
ge (vgl. Karte 10). Ihr natürliches Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Südnorwegen (Oslo-Fjord,

286
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5

ca. 59/ nördl. Breite)1 bis Sizilien (Ätna, Nebroden, Madonie, ca. 38/ nördl. Breite) und von Südeng-
land, der Bretagne und dem Kantabrischen Gebirge (ca. 7/ westl. Länge) im Westen bzw. Südwesten
bis nach Nordostpolen (Ermland), bis zur Moldau östlich der Karpaten, zur Halbinsel Krim (Jaila-
gebirge), zum Balkangebirge, den Rhodopen und dem Pindos (Mittelgriechenland, ca. 39/ nördl.
Breite) im Südosten Europas.
Im Nordteil des Areals reichen die Rotbuchenwälder nahezu flächendeckend in das Tiefland bis zur
Meeresküste und sparen hier nur wenige zu feuchte, sehr nährstoffarme oder flachgründige und
trockene Gebiete aus. Im Süden, namentlich im Mittelmeergebiet, bleiben sie dagegen auf die Hoch-
lagen der Gebirge beschränkt, wo der gemäßigten Zone entsprechende kühl-feuchte bzw. klimatisch
ausgeglichenere Bedingungen herrschen. Dort kommen sie vorwiegend in Höhenlagen zwischen 700
und 1900 m ü. NN vor. Im westlichen Mitteleuropa, ihrem Hauptverbreitungsgebiet, nehmen sie die
„Normalstandorte“ in allen Höhenlagen vom Tiefland bis in die montan-hochmontane Stufe ein (vgl.
Karte 10).

Bestandesstruktur und Physiognomie


Die Rotbuche neigt – auch in urwaldartigen Beständen – zur Bildung dicht geschlossener und im
Sommer sehr schattiger, daher straucharmer Hallenwälder. Diese sogenannte „Terminalphase“ im
natürlichen Entwicklungszyklus umfaßt die Altersstufen 50 bis ca. 150 (200) Jahre. Reiche und
dichte Baumverjüngung – mit stark gestuftem Bestandesaufbau – setzt erst bei Auflichtung durch
das Absterben und den Zusammenbruch alter Bäume oder bei Windwurf ein. Je nach Größe der
entstehenden Lücken bildet sich in der Verjüngungsphase an solchen Stellen dichter Jungwuchs , auf
basenarmen Standorten vorwiegend aus Buche, auf basen- und kalkreichen Standorten vielfach aus
Esche und/oder Bergahorn, die im Laufe der Waldregeneration wieder von der Buche abgelöst
werden.
Tannenjungwuchs hält sich oft jahrzehntelang als strauchförmiger Unterwuchs in geschlossenen
Buchenbeständen, bis er nach Auflichtung in die Baumschicht hochwachsen kann.
In der Zerfalls- und Verjüngungsphase können sich auch nitrophile Pionier-Straucharten wie
Sambucus racemosa, S. nigra und Rubus idaeus sowie Rubus fruticosus agg. vorübergehend stärker
am Bestandesaufbau beteiligen. In diesem Entwicklungsstadium weisen die Buchen(misch)wälder
eine stark geschichtete, plenterwaldartige Vertikalstruktur auf.
Die Krautschicht wird im anschließenden Dickungsstadium der Buchenwaldverjüngung stark
zurückgedrängt und ausgedünnt und kann sich erst im Laufe der „Optimalphase“, dem Zeitraum des
stärksten Baumwachstums, wieder voll entwickeln, um dann im Hallenwaldstadium ihre üppigste
Entfaltung zu erreichen.
Zusammensetzung und Deckungsgrad der Krautschicht werden sehr stark von der Bodentrophie, der
Boden- und Luftfeuchtigkeit sowie dem Lichtgenuß geprägt. So ist die Krautschicht auf oligotrophen
Standorten im allgemeinen am lückigsten und artenärmsten, auf frischen, nährstoffreichen Stand-
orten sehr üppig und deckend, auf basenreichen und trockenwarmen Standorten bei ausreichender

1
Die nördlichsten Vorkommen an der Westküste bei Bergen sind künstlich begründet.

287
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Lichtdurchlässigkeit zwar lückig, aber oft sehr artenreich. Die Krautschicht besteht in der Hauptsa-
che aus sommer- und wintergrünen Hemikryptophyten und Geophyten, die sich vor allem vegetativ
durch Ausläufer, Rhizome und Brutknollen oder -zwiebeln vermehren und ausbreiten.
Bodenmoose spielen wegen der dichten und schwer zersetzlichen Buchenstreu kaum eine Rolle, am
ehesten an Stammfüßen, wo das Laub durch das an den Buchenstämmen ablaufende Regenwasser
abgeschwemmt und der Boden versauert ist, oder an ausgehagerten Stellen, wo das Laub ständig
weggeweht wird.
Typisch für die winterkahlen und im Sommer dunkelschattigen Buchenwälder ist der jahreszeitliche
Entwicklungsrhythmus, der insbesondere auf basenreicheren Standorten in der Krautschicht stark
ausgeprägt und differenziert ist. DIERSCHKE (1982b, 1995, 2000a) unterscheidet z. B. in meso-
eutraphenten Buchenwäldern Mitteleuropas 9 Blühphasen und insgesamt 11 Phänophasen, die er
nach den jeweils kennzeichnenden Gehölz- und Krautarten benennt. Besonders charakteristisch und
allgemein bekannt sind die Vorfrühlings- und Frühlingsblühaspekte der Geophyten (Leucojum ver-
num, Corydalis spp., Anemone spp., Adoxa moschatellina, Gagea lutea, Ranunculus ficaria) und
Hemikryptophyten (Hepatica nobilis, Primula elatior, P. veris, Pulmonaria officinalis, P. obscura,
Viola reichenbachiana). Vor und während der Laubentfaltung der Buche gibt es ferner einen Gold-
nessel (Lamium galeobdolon)- und Waldmeister (Galium odoratum)-Aspekt sowie die Perlgras
(Melica uniflora)-Phase zum Frühlingsende bzw. zu Beginn des Frühsommers. Im Sommer kommen
dann die schattenertragenden Gräser (Dactylis polygama, Festuca altissima, Hordelymus europaeus,
Brachypodium sylvaticum, Bromus benekenii), Kräuter (Stachys sylvatica, Campanula trachelium,
Circaea lutetiana, Prenanthes purpurea, Salvia glutinosa) und Farne (Athyrium filix-femina, Dryop-
teris filix-mas, D. dilatata, Gymnocarpium dryopteris) voll zur Entfaltung. Den Jahresabschluß
bilden die Phasen des herbstlichen Laubfalls und der Winterruhe (vgl. auch LAUSI & PIGNATTI
1973).
Wuchsleistung und -formen der Buche variieren stark mit den Standortsgegebenheiten: Wuchshöhen
bis über 40 m und besonders gerade Schaftformen erreicht die Buche auf tiefgründigen und frischen
Böden in den Tief- und Mittellagen (planar-kolline bis submontane Höhenstufe), mit zunehmender
Meereshöhe geht die Wuchsleistung der Buche zurück und sie bildet an der oberen Buchenwald-
grenze vielfach nur mehr buschförmige Bestände. Geringe Wuchsleistung und schlechtere Wuchs-
formen mit Krummschäftigkeit und tiefer Beastung entwickelt die Buche vor allem auf Grenzstand-
orten im nährstoffarmen und stark staufeuchten sowie im trockenen, flachgründigen Bereich.
Im natürlichen Verbreitungsgebiet von Tanne (Abies alba) und Fichte (Picea abies) wird in monta-
nen Lagen der Mittel- und Hochgebirge die Buche im Mischbestand vielfach von den Nadelbäumen
überragt, die hier 40-50 m Höhe erreichen können.

Floristische Zusammensetzung (Artengefüge)


Die Formation der Buchen- und Buchenmischwälder (Rotbuchenwälder) wird zunächst in zwei
Hauptgruppen unterteilt, die sich standörtlich und floristisch deutlich unterscheiden und in den
typischen Ausbildungen – außer der im Baumbestand herrschenden Buche – kaum gemeinsame
Arten aufweisen:

288
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5

– die artenarmen, oligo- bis mesotraphenten Buchen- und Buchenmischwälder (F.5.1) und
– die artenreichen, eu- und eu-mesotraphenten Buchen- und Buchenmischwälder (F.5.2).
Erstere kommen auf stark sauren, basenarmen Silikat-, Lehm- und Sandböden mit Moder- bis
Rohhumusauflage vor und beherbergen nur wenige azidophile bzw. säuretolerante Zwergstrauch-,
Kraut- und Moosarten. Ihr Artenspektrum variiert innerhalb des Gesamtareals relativ wenig, aber es
werden trotzdem 29 Kartierungseinheiten unterschieden.
Die zweite Gruppe ist durch basen- und nährstoffreichere Böden aus Silikat- und Karbonatgesteinen,
Lößlehm, Mergel oder Jungmoränen, meist mit Mullhumus, und dementsprechend anspruchsvollere
Baum-, Strauch- und Krautarten gekennzeichnet. Die insgesamt große Artenzahl, das breite Stand-
ortspektrum und die unterschiedliche Verbreitung haben eine große Vielfalt an Gesellschaften und
Ausbildungen zur Folge, weshalb hier auch die Zahl der Kartierungseinheiten mit insgesamt 57
bedeutend größer ist.
Die weitere Untergliederung dieser beiden Hauptgruppen erfolgt zunächst nach Höhenstufen:
planar(-kollin), kollin-submontan, montan-hochmontan, hochmontan, die dann weiter in geographi-
sche Ausbildungen (Regionalgesellschaften, Rassen) und diese wiederum in standörtliche (edaphi-
sche, lokalklimatische) Einheiten differenziert werden (vgl. auch Abschnitt „Gliederung in Unter-
einheiten“ sowie Karten 10-12).
Die kennzeichnende Artengarnitur der bodensauren artenarmen Buchenwälder besteht aus weit-
verbreiteten azidophilen bis säuretoleranten (und schattenertragenden) Waldarten, die in keiner
Weise für Buchenwälder spezifisch sind, sondern in allen möglichen Laub- und Nadelwaldgesell-
schaften vorkommen.
In der Baumschicht treten als Mischbaumarten in den tieferen bzw. wärmeren Lagen vor allem
Eichen auf: vorwiegend Quercus petraea, seltener Quercus robur, im Südwesten auch Quercus
pyrenaica, vereinzelt ferner die im westlichen und südlichen Arealteil eingebürgerte Eßkastanie
(Castanea sativa). Im mittleren und östlichen Balkan wird die Rotbuche vielerorts von der Mösi-
schen Buche (Fagus sylvatica subsp. moesiaca) abgelöst.
In montanen Lagen gesellt sich zur Buche des öfteren Acer pseudoplatanus, im Balkan auch Acer
heldreichii; in den südlichen und östlichen Mittel- und Hochgebirgen gehören Abies alba und z. T.
auch Picea abies zu den natürlichen Begleitern der Buche; nach oben werden diese Mischwälder
vielfach von hochmontanen bis subalpinen Fichtenwäldern abgelöst.
Die artenarmen bodensauren Buchenwälder beherbergen in Deutschland als dem Hauptverbrei-
tungsgebiet dieses Typs in allen Ausbildungsformen zusammen insgesamt etwa 80 Arten an häufige-
ren Gefäßpflanzen und Moosen. Am stetesten sind Säurezeiger bzw. Arten, die ihren Verbreitungs-
schwerpunkt in bodensauren Wäldern haben. Besonders kennzeichnend und nahezu im gesamten
Areal vertreten sind folgende Kräuter, Zwergsträucher und Moose: Deschampsia flexuosa, Carex
pilulifera, Agrostis capillaris, Dryopteris carthusiana, Oxalis acetosella, Maianthemum bifolium,
Vaccinium myrtillus, Luzula pilosa, L. luzuloides (vorwiegend im Bergland) und Veronica officina-
lis, unter den Moosen Polytrichum formosum, Dicranella heteromalla, Dicranum scoparinum, Mni-
um hornum, Atrichum undulatum und Hypnum cupressiforme.

289
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Differentialarten der Tieflagen und wärmeren Gebiete sind Melampyrum pratense, Lathyrus lini-
folius, im atlantisch-subatlantischen Bereich ferner Lonicera periclymenum, Ilex aquifolium, Teu-
crium scorodonia und Hypericum pulchrum, im zentraleuropäischen Gebiet Calamagrostis arundi-
nacea und Carex umbrosa, auf feuchten Standorten ferner Carex brizoides.
Ihren Schwerpunkt im Bergland haben säuretolerante Arten wie Dryopteris dilatata, Festuca altis-
sima, Prenanthes purpurea, Luzula luzuloides, L. sylvatica, Senecio ovatus und S. nemorensis agg.;
ausgesprochen montane Krautarten sind Polygonatum verticillatum, Calamagrostis villosa, Homogy-
ne alpina und Rumex arifolius sowie das Moos Paraleucobryum longifolium.
Für die geographische Differenzierung eignen sich neben den oben erwähnten folgende Pflanzen:
Ruscus aculeatus, Hyacinthoides non-scripta und epiphytische Moose für den atlantischen Bereich;
Euphorbia angulata, Saxifraga hirsuta, S. spathularis, Euphorbia hyberna und Luzula sylvatica
subsp. henriquesii für die ozeanisch geprägten Gebiete Südwesteuropas (Zentralmassiv, Vorpyrenä-
en und Kantabrisches Gebirge); Luzula nivea und L. pedemontana für Insubrien und Piemont;
Festuca drymeja für Illyrien (vgl. Karte 11).
Von den anspruchsvolleren Krautarten, die aus den artenreichen Buchenwäldern der zweiten
Gruppe übergreifen und jeweils die reicheren Ausbildungen der azidophilen Buchenwälder kenn-
zeichnen, sind am häufigsten Anemone nemorosa, Poa nemoralis, Milium effusum, Dryopteris filix-
mas, Scrophularia nodosa, Carex sylvatica und Lamium galeobdolon anzutreffen.
Staufeuchte Ausbildungen bodensaurer Buchenwälder werden durch Athyrium filix-femina, De-
schampsia cespitosa, Carex remota, Juncus effusus, Equisetum sylvaticum, Agrostis canina, Holcus
mollis und Stellaria nemorum, im Ostteil auch durch Carex brizoides differenziert.
Die artenreichen, eu- und eu-mesotraphenten Buchenwälder weisen in allen Schichten an-
spruchsvollere Pflanzenarten auf, am zahlreichsten jedoch in der Krautschicht. In der Baumschicht
kommen als anspruchsvollere Mischbaumarten in höheren Lagen und im Übergang zu Feucht- und
Blockwäldern Fraxinus excelsior, Acer pseudoplatanus, A. platanoides und Ulmus glabra vor, in
den tieferen und wärmeren Lagen ferner – vorwiegend im Unterstand – Carpinus betulus und Tilia
cordata. Abies alba und Picea abies sind in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet im montan-
hochmontanen Bereich gleichermaßen auf basenarmen wie -reichen Standorten vertreten. In thermo-
philen Ausbildungen, wo die Vitalität der Buche durch periodische Trockenheit reduziert ist, können
zusätzlich Sorbus torminalis, S. aria und Acer campestre (meist in der 2. Baumschicht) beigemischt
sein. In bestimmten Gebieten – vor allem auf Kalkstandorten im Westen des Areals – kommt Taxus
baccata im Unterstand vor. Im zentralen Gebiet der Balkanhalbinsel wird die Rotbuche auch auf
basenreichen Standorten vielfach von der Mösischen Buche (Fagus sylvatica subsp. moesiaca)
abgelöst oder bildet mit dieser Mischbestände. Im südlichen Teil der Balkanhalbinsel (Nordgriechen-
land, Mazedonien) wird Abies alba in den montanen Tannen-Buchenwäldern durch A. borisii-regis
ersetzt.
Die Strauchschicht, die auch bei den artenreichen Buchenwäldern in geschlossenen Beständen nur
spärlich entwickelt ist, weist ebenfalls anspruchsvollere Gehölzarten auf: am häufigsten Daphne
mezereum und Lonicera xylosteum, seltener Crataegus laevigata, Viburnum opulus, Corylus
avellana, in thermophilen Ausbildungen überdies Crataegus monogyna, Cornus sanguinea, Rosa

290
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5

arvensis, R. canina agg., Viburnum lantana, Prunus spinosa und Ligustrum vulgare.
Für die geographische Differenzierung eignen sich Ilex aquifolium (im Westen und Süden), Daphne
laureola und Buxus sempervirens (im Südwesten und Süden in thermophilen und submediterranen
Ausbildungen) sowie Lonicera alpigena, L. nigra und Rosa pendulina für den Bereich der Alpen,
Dinariden und Karpaten.
Unter den Lianen ist Hedera helix in der Feldschicht weit verbreitet und für Tieflagengesellschaften
kennzeichnend. Die Krautschicht der artenreichen Buchenwälder setzt sich vor allem aus meso- bis
eutraphenten krautigen Waldpflanzen (Hemikryptophyten und Geophyten) zusammen, die in der
temperaten und submeridionalen Zone Europas weit verbreitet sind. Diese lassen sich hinsichtlich
ihrer Nährstoffansprüche nochmals in 2-3 Gruppen aufteilen.
Den Grundbestand bilden meso- bis eutraphente und hinsichtlich des Wasserhaushalts mesophile
sowie schattenertragende Waldarten (sog. Frischezeiger), die als Fagetalia- und Querco-Fagetea-
Arten gelten und relativ weit in den bodensauren Bereich übergreifen. Am stetesten sind Anemone
nemorosa, Dryopteris filix-mas, Poa nemoralis, Milium effusum, Carex sylvatica, Galium odoratum,
Lamium galeobdolon, Scrophularia nodosa und Viola reichenbachiana.
Die Gruppe der anspruchsvolleren, eutraphenten und steten Krautarten umfaßt Melica uniflora,
Hordelymus europaeus, Cardamine bulbifera, Mercurialis perennis, Polygonatum multiflorum,
Bromus benekenii, Brachypodium sylvaticum, Sanicula europaea, Actaea spicata, Pulmonaria
officinalis, P. obscura, Paris quadrifolia, Lathyrus vernus, Asarum europaeum und Lilium martagon
(letztere vorwiegend im Mittel- und Ostteil des Buchenwaldareals).
Zu den hinsichtlich Nährstoff- und Basenversorgung anspruchsvollsten Arten zählen vor allem
Geophyten wie Anemone ranunculoides, Arum maculatum, Allium ursinum, Adoxa moschatellina,
Corydalis cava, C. solida und Ranunculus ficaria, ferner z. T. nitrophile Hemikryptophyten wie
Aegopodium podagraria, Stachys sylvatica, Geum urbanum, Veronica montana, Euphorbia amygda-
loides, Hepatica nobilis, Ranunculus lanuginosus und Viola mirabilis.
Als Trennarten für die Tieflagen-Buchenwälder Mitteleuropas eignen sich Stellaria holostea,
Dactylis polygama, Campanula trachelium, Hedera helix, Neottia nidus-avis sowie Melica nutans,
Carex digitata, C. umbrosa, Galium sylvaticum und Vicia sepium.
Differentialarten für die montanen Ausbildungen (Höhenformen) sind vor allem Polygonatum
verticillatum, Senecio ovatus, Prenanthes purpurea und Stellaria nemorum.
Als Trennarten für den hochmontanen Bereich gelten in Mitteleuropa Ranunculus platanifolius,
Cicerbita alpina, Petasites albus, Athyrium distentifolium, Geranium sylvaticum und Senecio
nemorensis agg. Dazu kommen in den Alpen und angrenzenden Gebirgen Adenostyles alliariae,
Veratrum album, Saxifraga rotundifolia, Viola biflora, Luzula luzulina, Astrantia major und
Polystichum lonchitis.
Feuchte Ausbildungen werden je nach Trophiestufe durch Deschampsia cespitosa, Carex remota
und Athyrium filix-femina im ärmeren Bereich oder durch Stachys sylvatica, Circaea lutetiana,
Festuca gigantea, Impatiens noli-tangere und Aegopodium podagraria im reichen Flügel gekenn-
zeichnet. Trennarten ärmerer, bodensaurer Ausbildungen sind Luzula luzuloides, L. sylvatica,

291
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Deschampsia flexuosa, Poa chaixii, Calamagrostis arundinacea, Hieracium murorum und Solidago
virgaurea.
Thermophile Buchenwälder zählen zu den artenreichsten Buchenwaldgesellschaften und variieren
je nach Gebiet und Höhenlage stark in der Artenzusammensetzung. Allen gemeinsam ist das
Zurücktreten mesophiler Arten und die mehr oder weniger starke Beteiligung thermophiler bzw.
trockenheitsresistenter Arten. Die häufigsten und kennzeichnenden thermophilen bzw. xerophyti-
schen Arten sind Cephalanthera damasonium, C. rubra, Carex montana, C. flacca, C. alba (nur
gebietsweise), Campanula persicifolia, C. rapunculoides, Vincetoxicum hirundinaria, Tanacetum
corymbosum, Polygonatum odoratum, Sesleria albicans, Anthericum ramosum, Primula veris,
Brachypodium pinnatum, Epipactis atrorubens und E. microphylla, gebietsweise ferner Melittis
melissophyllum, Laserpitium latifolium, Calamagrostis varia, Polygala chamaebuxus und Carduus
defloratus.
Die artenreichen Buchenwälder sind zusätzlich zu den bereits genannten Arten auch geographisch
durch regionale Kenn- und Trennarten differenziert (vgl. Karte 12). Aufgrund dieser regional
verbreiteten Arten wurden von vielen Autoren regionale Unterverbände des Fagion sylvaticae
ausgeschieden. Nähere Ausführungen hierzu finden sich im folgenden und im letzten Abschnitt
„Gliederung in Untereinheiten“.

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Für Europa gibt es bis heute keine syntaxonomische Gesamtübersicht der Buchenwaldgesellschaften
bis hin zu den Assoziationen. Die vorliegenden Übersichten bleiben entweder auf mittlerer hierar-
chischer Ebene stehen (die Liste von RODWELL et al. 2001 endet bei den Verbänden), oder befassen
sich nur mit bestimmten Gesellschaftsgruppen (z. B. DIERSCHKE 1997, 2000b: geographische
Gliederung der artenreichen Buchenwälder) oder regionalen Ausschnitten (z.B. Mitteleuropa –
MÜLLER 1992, ELLENBERG 1996, WILLNER 2002; Südosteuropa – HORVAT et al. 1974; neuere
Länderübersichten s. u.). Eine Gesamtübersicht der wichtigsten Buchenwaldgesellschaften, geglie-
dert nach den verschiedenen Waldregionen Europas (insgesamt 7, von denen 5 maßgeblichen Anteil
am Buchenwaldareal haben) bietet H. MAYER (1984) in seinem Buch „Wälder Europas“. Bei ihm
liegt der Schwerpunkt – im Hinblick auf Schaffung einer pflanzensoziologisch-ökologischen
Grundlage für den europäischen Waldbau – auf der regionalen, ökologischen (Trophie-, Feuchte-
und Wärmestufen) und etagealen Gliederung sowie auf Darstellung der naturraum- und höhenstufen-
spezifischen Waldgesellschaftskomplexe. Der Anspruch einer vollständigen und endgültigen
systematischen Gliederung wird hierbei nicht erhoben. In jüngster Zeit (seit Mitte der 1990er Jahre)
gibt es dank der Initiative der internationalen Arbeitsgruppe der IAVS „European Vegetation
Survey“ für etliche Länder Europas syntaxonomische Übersichten der Buchenwaldgesellschaften auf
der Basis aktueller Erhebungen und statistischer Auswertung von vorhandenen Vegetationsauf-
nahmen und Tabellen. Dieses Material wurde für die nachfolgende Übersicht ausgewertet, die damit
einen Hinweis auf den aktuellen Kenntnisstand und noch bestehende Defizite und Unklarheiten
geben soll. Eine wichtige Grundlage bildet ferner die jüngste Veröffentlichung von DIERSCHKE
(2000b) über „Entwicklung und Stand der Systematik mitteleuropäischer Buchenwälder“, ferner die
von WILLNER (2002).

292
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5

Als allgemein gebräuchliche und akzeptierte Gliederungsprinzipien für die Buchenwaldgesell-


schaften haben sich die Unterteilung nach
– Trophiestufen (von oligo- bis eutroph bzw. stark sauer und artenarm bis basisch und artenreich)
und
– Höhenstufen (von planar bis hochmontan/subalpin),
– in mesophile und thermophile sowie in
– geographische Ausbildungen (Regional-Verbände, Gebiets-Assoziationen und Rassen)
durchgesetzt. Dieses Gliederungsschema entspricht auch der in der Europakarte angewandten
Gliederung in Untergruppen und Kartierungseinheiten, die aber nicht in allen Gebieten konsequent
durchgehalten werden konnte: in den Gebirgen ist eine Trophie- und Höhenstufen-Gliederung wegen
des meist kleinräumigen Wechsels oft nicht darstellbar, außerdem überlagern sich dort häufig
standörtliche und geographische Differenzierung.
DIERSCHKE (2000) nennt als die beiden Grundprinzipien der syntaxonomischen Gliederung europäischer Buchenwälder
a) die floristische Gliederung nach Standortgradienten und
b) die floristische Gliederung nach chorologischen Gradienten,
und plädiert für ein logisch aufgebautes System, in dem einem dieser Grundprinzipien der Vorrang gegeben werden sollte.
Entweder Gliederung in a) standortsökologische Verbände mit Regionalassoziationen (und regionalen Unterverbänden) oder
in b) pflanzengeographisch gekennzeichnete Verbände mit standörtlich definierten Assoziationen (und Unterverbänden). Bei
den artenreichen Buchenwäldern, dem früheren Eu-Fagion, empfiehlt er aufgrund der großen regional differenzierten
floristischen Vielfalt und des ausgeprägten Süd-Nord-Gefälles eine Gliederung in regionale Verbände, die dann jeweils
standörtlich weiter untergliedert werden sollen (vgl. auch DIERSCHKE 1997). Ferner spricht er sich für eine getrennte
Betrachtung der bodensauren Buchenwälder des Luzulo-Fagion aus, die auch er aus bekannten und vielfach diskutierten
floristischen Gründen zu den Quercetalia roboris stellt. Er weist aber zugleich darauf hin, dass auch eine vorrangig geogra-
phisch orientierte Gliederung nicht „ohne Kompromisse und deduktive Festlegungen“ auskommt. Wir orientieren uns bei der
unten aufgeführten Gliederung der „reichen“ Buchenwälder in Regionalverbände weitestgehend an seinem Vorschlag.
WILLNER (2002) spricht sich dagegen aufgrund der Ergebnisse seiner TWINSPAN-Analyse südmitteleuropäischer und
illyrischer Buchenwaldaufnahmen für eine primäre Gliederung in standörtliche Großeinheiten aus: 1. Wärmeliebende
Buchenwälder (Cephalanthero-Fagion), 2. Mittlere Buchenwälder (Asperulo-Fagion = Eu-Fagion) und 3. Bodensaure
Buchenwälder (Luzulo-Fagion). Erst an zweiter und dritter Stelle stehen bei ihm geographische und Höhenstufengliederung.
Das von ihm für Europa vorgeschlagene, aber noch unvollständige System sieht folgendermaßen aus:

Syntaxonomische Gliederung der Buchenwälder Europas nach WILLNER (2002)


Cephalanthero-Fagion – Wärmeliebende Buchenwälder
Epipactido helleborinis-Fagenion Südwesteuropa
Cephalanthero-Fagenion s.str. Mitteleuropa
Ostryo-Fagenion Illyrische Provinz
Doronico orientalis-Fagenion Griechenland

Asperulo-Fagion – Mittlere Buchenwälder


Endymio-Fagenion Westeuropa
Scillo-Fagenion Südwesteuropa
Eu-Fagenion Mitteleuropa i.e.S.
Lonicero alpigenae-Fagenion Alpen, Dinariden
Lamio orvalae-Fagenion Südrand pannonisches Becken
Symphyto cordatae-Fagenion Karpaten

Luzulo-Fagion – Bodensaure Buchenwälder


Ilici-Fagenion Westeuropa
Luzulo-Fagenion Mittel- und Südosteuropa

293
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Wegen der erheblichen floristischen Unterschiede werden die Buchenwaldeinheiten in der Legende
der Vegetationskarte Europas im ersten Schritt in artenarme bodensaure (azidophile) – entsprechend
dem Luzulo-Fagion bzw. Deschampsio flexuosae-Fagion – und in artenreiche, mehr oder weniger
basiphile Gesellschaften – entsprechend dem früheren Eu-Fagion (heute: Fagion sylvaticae) –
aufgeteilt. Die zweite Stufe der Untergliederung erfolgt nach Höhenstufen und erst die dritte in
pflanzengeographisch und standörtlich (Feuchte- und Wärmestufen) definierte Kartierungseinheiten.
Eine unabhängig von den Höhenstufen und sonstigen Standortsmerkmalen vorgenommene geogra-
phische Zusammenfassung der Kartierungseinheiten für die beiden Hauptgruppen wird in den Karten
11 und 12 wiedergegeben.
Die nachfolgende Gliederung hebt vor allem auf die standortsökologische (arm/reich;
mesophil/thermophil) und pflanzengeographische Unterteilung ab, während die Höhenstufenglie-
derung hier weniger zum tragen kommt. Von den Buchenwald-Assoziationen bzw. -Gesellschaften
werden nur die wichtigsten angegeben, da ihre Gesamtzahl erheblich ist. Detailliertere Angaben
hierzu finden sich in den Datenbögen zu den KE. Eine Zuordnung der KE zu den Syntaxa (Unter-
verbände, Assoziationen) wurde nur soweit vorgenommen wie machbar und sinnvoll. Die KE
enthalten nämlich vielfach mehrere Gesellschaften und manche sind nicht eindeutig bestimmten
Assoziationen zuzuordnen.
Da die syntaxonomische Gliederung und Zuordnung der Gesellschaften bei den einzelnen Autoren
regionaler und nationaler Übersichten z. T. deutlich voneinander abweichen (die beste Überein-
stimmung liegt noch bei der Benennung und Fassung der einzelnen Waldgesellschaften), erhebt auch
die hier vorgelegte Klassifizierung keinen Anspruch auf allgemeine Gültigkeit und Akzeptanz.
Besonders deutlich sind die Abweichungen bei der Einstufung der artenarmen bodensauren (Ei-
chen-)Buchenwälder des Tief- und Hügellandes. Von einigen Autoren werden sie insgesamt den
bodensauren Eichenwäldern (Quercetalia roboris), von anderen nur die des ärmsten Flügels, und
von wieder anderen werden sie insgesamt den Fagetalia zugeordnet. Dies ändert jedoch nichts an
ihrer generellen Zugehörigkeit zu den buchendominierten Wäldern und ist in erster Linie ein
floristisch-soziologisches (syntaxonomisches) Problem.
Während sich in Mitteleuropa inzwischen bezüglich der Verbände, Unterverbände und Assoziatio-
nen ein ziemlich grobes Gliederungsschema durchgesetzt hat (vgl. DIERSCHKE 2000b, BfN 2000),
geht die Aufteilung in Unterverbände und Assoziationen in anderen Regionen (z. B. SW- und vor
allem SO-Europa) wegen der dort gegebenen größeren floristischen Reichhaltigkeit und anderen
Sichtweise viel weiter.
Die zahlreichen für die Übersicht ausgewerteten Unterlagen und Veröffentlichungen sind am Schluß
des Kapitels F.5 zusammengestellt.
Der ärmste Flügel der bodensauren Tieflagen-Buchenwälder, das sogenannte „Fago-Quercetum“ bzw. die ärmsten Aus-
bildungen des Deschampsio flexuosae-Fagetum und des Luzulo-Fagetum werden wegen des Vorherrschens azidophiler Arten
in der Krautschicht, des Fehlens anspruchsvollerer und verbindender Fagetalia-Arten und der regelmäßigen Beteiligung
azidotoleranter Eichen (Quercus petraea, Q. robur, im Süden auch Q. pyrenaica, Q. cerris) von den meisten Autoren
inzwischen zu den bodensauren Eichenwäldern (Quercetalia roboris) gestellt.
Schwierigkeiten bereitet dies allerdings für das gesamte und besonders das „montane“ Luzulo-Fagion, das in allen Höhen-
stufen auch reichere Ausbildungen umfaßt und in den Hochlagen keine Eichen und Eichenwaldarten mehr enthält und dort

294
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5

eher Beziehung zu den bodensauren Nadelwäldern hat.


Beim Luzulo-Fagion fällt eine Untergliederung in regionale Verbände oder Unterverbände schwerer, da nicht so viele
geographische Differentialarten (Kenn- und Trennarten) zur Verfügung stehen wie bei den „reichen“ Buchenwäldern und die
typischen artenarmen Bestände europaweit floristisch ziemlich einheitlich aufgebaut sind (vgl. auch WILLNER 2002).

Syntaxonomische Übersicht der Buchenwälder Europas (mit Zuordnung der Kartierungseinheiten)


Querco-Fagetea Br.-Bl. et Vlieger in Vlieger 1937
Eurosibirische Fallaubwälder
Quercetalia roboris Tx. 1931
(Syn.: Quercetalia robori-petraeae Tx. [1931] 1937)
Artenarme bodensaure Eichen- und Buchenwälder
Quercion roboris Malcuit 1929
(Syn.: Quercion robori-petraeae Br.-Bl. 1932)
Artenarme bodensaure Eichenwälder
Fago-Quercetum petraeae Tx. 1955 – (F75, F77, F78, F80)
Deschampsio flexuosae-Fagion Soó (1962) 1964 em. Tx. 1979
(Syn.: Luzulo-Fagion Lohmeyer et Tx. in Tx. 1954)
Artenarme bodensaure Buchenwälder
Ilici-Fagenion (Br.-Bl. 1967) Tx. 1979 em. Oberd. 1984
Atlantische und subatlantische bodensaure Buchenwälder
Ilici-Fagetum Br.-Bl. 1967 – (F76, F81, F82)
Blechno-Fagetum (Tx. et Oberd. 1958) Rivas-Martínez 1963 – (F98)
Saxifrago hirsutae-Fagetum Br.-Bl. 1967 em. Rivas-Martínez, Báscones et al. 1991 – (F98, F99)
Periclymeno-Fagetum Passarge 1957 – (F77, F79)
Deschampsio flexuosae-Fagetum Schröder 1938 – (F80)
(= Luzulo pilosae-Fagetum W. et A. Matuszkiewiecz 1973)
Maianthemo-Fagetum Passarge 1960
(= Milio-Fagetum Burrichter et Wittig 1977)
Luzulo-Fagenion (Lohmeyer et Tx. in Tx. 1954) Oberd. 1957
Hainsimsen-Buchen- und -Tannen-Buchenwälder
Luzulo (luzuloidis)-Fagetum Meusel 1937 – (F83-F87, F90, F93, F94, F95)
Calamagrostio villosae-Fagetum Mikyška 1972 – (F96, F97)
Luzulo niveae-Fagetum (Susplugas 1942) Br.-Bl. 1952 – (F91, F92, F100, F101)
Castaneo sativae-Fagetum (M. Wraber 1955) Marin…ek et Zupan…i… 1995
Blechno-Fagetum I. Horvat ex. Marin…ek 1970 – (F88)
Lycopodio-Fagetum Marin…ek et „arni 1998
Hieracio rotundati-Fagetum (Vida 1963) Täuber 1987 – (F102)
Luzulo pedemontanae-Fagenion Rameau 1996 prov.
SW-alpisch-nordapenninisch-korsische bodensaure Buchen- und Tannen-Buchenwälder
Luzulo pedemontanae-Fagetum Oberd. et Hofmann 1967 – (F101)
Poo balbisii-Fagetum Gamisans 1977 – (F145)
Fagion moesiacum Horvat et al. 1974 p.p.
(Syn.: Luzulo-Fagion moesiacum Zoller et al. 1977)
Mösische Hainsimsen-Buchen- und -Tannen-Buchenwälder
Luzulo-Fagetum moesiacae Horvat, Glava… et Ellenberg 1974 – (F89, F103?)
Orthilio secundae-Fagetum (Barbéro et Quézel 1976) Bergmeier 1990 – (F155 p.p., F156 p.p.)
Fagetalia sylvaticae Paw». in Paw». et al. 1928
Mesophytische und thermophile artenreiche Buchen- und Laubmischwälder
Endymio-Fagion Dierschke (1989) 1997
Atlantische Buchenwälder NW-Frankreichs und Englands
Endymio-Fagetum Durin et al. 1967 – (F104, F105?, F106)
Rubio-Fagetum Roisin 1967 – (F112)
Scillo-Fagion Br.-Bl. 1967
Atlantische Buchen- und Tannen-Buchenwälder Kantabriens, der Pyrenäen und des Zentralmassivs
Scillo lilio-hyacinthi-Fagenion Oberd. ex Rivas-Martínez 1973
Carici sylvaticae-Fagetum (Rivas-Martínez 1965) C. Navarro 1982 – (F136)
Scillo lilio-hyacinthi-Fagetum Br.-Bl. ex O. Bolòs 1957 – (F138, F140)

295
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Helleboro viridis subsp. occidentalis-Fagetum sylvaticae O. Bolòs et Torres 1967


Epipactido helleborinis-Fagenion Rivas-Martínez et al. 1991
Epipactido helleborinis-Fagetum Rivas-Martínez (1962) 1983 – (F136)
Buxo sempervirentis-Fagetum sylvaticae Br.-Bl. ex Br.-Bl. et Susplugas 1937 – (F137, F139)
Galio odorati (Asperulo)-Fagion Tx. 1955
Westmitteleuropäische Buchen- und Tannen-Buchenwälder der Mittelgebirge und des Tieflandes
Galio odorati-Fagenion (Tx. 1955) Müller 1966 em. Oberd. et Müller 1984
Waldmeister-Buchen- und -Tannen-Buchenwälder
Galio odorati-Fagetum Sougnez et Thill 1959 – (F107, F108, F110, F111, F115, F116, F131)
Hordelymo-Fagetum Kuhn 1937 – (F109, F110, F111, F113, F114, F116)
Cephalanthero-Fagenion Tx. et Oberd. 1958
Orchideen-Buchenwälder
Carici-Fagetum Moor 1952 em. Lohmeyer 1953 – (F109, F111, F113, F114, F118)
Seslerio-Fagetum Moor 1952 em. Müller 1989 – (F118)
Lonicero alpigenae-Fagion (Borhidi 1965 em. Oberd. et Müller 1984 ) Dierschke 1997
(Syn.: Fagion illyricum p.p. Horvat 1938)
Randalpische Buchen- und Tannen-Buchenwälder
Lonicero alpigenae-Fagetum Oberd. et Müller 1984 – (F133)
Cardamino trifoliae-Fagetum Oberd. et Müller 1984 – (F115)
Dentario heptaphylli-Fagetum (Br.-Bl. 1932) Müller 1966 – (F113, F129, F132, F146)
Cyclamini-Fagetum Soó (1962) 1971
Helleboro nigri-Fagetum Zukrigl 1973
Dentario pentaphylli-Fagetum Mayer et Hofmann 1969
Poo stiriacae-Fagetum Zukrigl 1973 – (F117)
Aceri-Fagenion Ellenberg 1963
Hochmontane Bergahorn-Buchenwälder
Aceri-Fagetum J. et M. Bartsch 1940
Geranio nodosi-Fagion Gentile 1974
Südwestalpisch-apenninische Buchen- und Tannen-Buchenwälder
Calamintho grandiflorae-Fagetum Br.-Bl. 1915 – (F141)
Aquifolio-Fagetum Gentile 1969 – (F147, F148)
Trochiscantho-Fagetum Gentile 1973 – (F146)
Polysticho-Fagetum Feoli et Lagonero 1982 – (F146, F147)
Geranio striati (versicoloris)-Fagion Gentile 1969
(Syn.: Doronico-Fagion Ubaldi et al. ex Ubaldi 1995)
Mesophile Buchen- und Tannen-Buchenwälder Süditaliens und Griechenlands
Geranio striati-Fagetum Quézel et Contandriopoulos 1965 – (F155)
Campanulo (trichocalycinae)-Fagetum Gentile 1969 – (F148, F155)
Aremonio-Fagion (I. Horvat 1938) Borhidi in Török et al. 1989
(Syn.: Fagion illyricum I. Horvat 1938)
Illyrisch-dinarische Buchen- und Tannen-Buchenwälder
Epimedio-Fagenion Marin…ek et al. 1993
(Syn.: Primulo vulgaris-Fagenion Borhidi 1963 em. 1996)
Submontane illyrische Buchenwälder
Doronico austriaci-Fagetum Borhidi et Kevey 1996 – (F121)
Vicio oroboidis-Fagetum Pócs et Borhidi 1960 – (F121)
Helleboro odori-Fagetum Soó et Borhidi in Soó 1962 – (F124)
Hacquetio-Fagetum Košir 1962 – (F121, F142)
Lamio orvalae-Fagenion Borhidi in Török et al. 1989
Montane illyrisch-dinarische Tannen-Buchenwälder
Lamio orvalae-Fagetum (I. Horvat 1938) Borhidi 1963 – (F142)
Omphalodo-Fagetum (Tregubov 1957) Marin…ek et al. 1993 – (F143, F144?)
Saxifrago rotundifoliae-Fagenion Marin…ek, Poldini et Zupan…i… ex Marin…ek et al. 1993
(Syn.: Lonicero nigrae-Fagenion Borhidi 1963)
Hochmontane illyrisch-dinarische Buchenmischwälder
Anemono trifoliae-Fagetum Tregubov 1962 – (F142, F158)
Ostryo-Fagenion Borhidi 1963
Thermophile adriatische Buchenwälder

296
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5

Ostryo-Fagetum M. Wraber ex Trinajstiƒ 1972 – (F149)


Seslerio autumnalis-Fagetum M. Wraber ex Borhidi 1963 – (F150)
Symphyto cordatae-Fagion (Vida 1963) Täuber 1982
(Syn.: Fagion dacicum Soó 1960)
Herzynisch-karpatische Buchen- und Tannen-Buchenwälder
Dentario glandulosae-Fagenion Oberd. et Müller 1984 – (F120?, F126, F127)
Dentario enneaphylli-Fagetum Oberd. 1957 ex W. et A. Matuszkiewicz 1960 – (F119, F134)
Dentario glandulosae-Fagetum Matuszkiewicz 1964 ex Guzikova et KornaÑ 1969 – (F125, F135)
Fagion moesiacum (Horvat 1950) Horvat et al. 1974
Mösische Buchen- und Tannen-Buchenwälder
Doronico columnae-Fagenion moesiacae Dzwonko et al. 1999 – (F151, F159, F160)
Lamiastro montani-Fagetum sylvaticae Bergmeier et Dimopoulos 2001 – (F123, F154)
Soldanello rhodopaeae-Fagetum sylvaticae Bergmeier et Dimopoulos 2001 – (F153)
Geranium macrorrhizum-Fagus sylvatica-Gesellschaft (Schreiber 1998) – (F154)
Cardamine graeca-Fagus sylvaticus-Gesellschaft (Bergmeier et Dimopoulos 2001) – (F156)
Tilio tomentosae-Fagetum Mišic 1972 – (F124)
Fago-Corylenion colurnae Borhidi 1963 – (F123, F152)
(Syn.: Corylo colurnae-Fagenion B. Jovanoviƒ 1979)
Ostryo-Fagenion moesiacum B. Jovanoviƒ 1976 – (F122, F152)
Doronico orientalis-Fagion moesiacae (Raus 1980) Dierschke 1997
(Syn.: Fagion hellenicum sensu Horvat et al. 1974)
Thermophile Buchen- und Tannen-Buchenwälder Griechenlands und Albaniens
Lathyro alpestris-Fagetum sylvaticae Bergmeier 1990 – (F156)

Makroklimatische Gegebenheiten
Das natürliche Verbreitungsgebiet der Rotbuchenwälder deckt sich in groben Zügen mit dem des
Klimatyps VI „typisches gemäßigtes Klima“ nach WALTER et al. (1975) (vgl. Kapitel 2.2 und Karte
3). Dieser Klimatyp ist durch relativ kurze, nicht sehr kalte, z. T. schneereiche Winter, warme, nicht
sehr heiße Sommer und mehr oder weniger gleichmäßig über das Jahr verteilte Niederschläge (über
600 mm) gekennzeichnet. Im Norden und Nordosten grenzt der hemiboreale Klimatyp VIII - VI an,
im Südosten das kontinentale Waldsteppen- und Steppenklima (Typ VII). Nur im Südwesten, Süden
und Südosten des Gesamtareals gibt es Übergänge zum warmtemperierten (Klimatyp V) und sub-
mediterran-mediterranen Klima (Typ IV). Deshalb ist die Buchenwaldstufe dort auf die kühl-
humiden Gebirgslagen beschränkt. Von West nach Ost weist das gemäßigte Buchenwaldklima ein
deutliches Ozeanitätsgefälle mit zunehmender Temperaturamplitude auf, von Nord nach Süd
nehmen die Sommerwärme und -trockenheit zu. Das Spektrum der mittleren jährlichen Nieder-
schläge reicht von ca. 500 mm bis 2000 (3000) mm, das der mittleren Jahrestemperaturen von
(2) 3 °C (in den höchsten Gebirgslagen) bis 12 (13) °C im Südwesten und Süden. In Tabelle 14 sind
einige markante Klimawerte von Stationen nahe den Außen- und Höhengrenzen des Rotbuchenwald-
Areals zusammengestellt. Es handelt sich um die Vorposten in Südskandinavien, Nordost- und
Südostpolen, der Westukraine, Ostrumänien, im Ostbalkan, Süditalien und Sizilien, Zentral- und
Nordspanien, Süd- und Westfrankreich sowie Südengland; in Mitteleuropa wurden Grenzlagen zu
den Trockengebieten und Höhengrenzen erfaßt.
Die Klimadiagramme der ausgewählten Stationen (vgl. WALTER & LIETH 1967) zeigen im Norden,
Osten und Südosten in der Niederschlagsverteilung ausgesprochene Sommermaxima, wobei die
Niederschlagshöhen nach Osten und Südosten deutlich abnehmen (Minimum nahe 500 mm), aber im
Sommer noch keine ausgeprägte Trockenzeit auftritt. Im Westen und Süden dagegen liegen die

297
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Niederschlagsmaxima deutlich im Herbst und Winter, wobei im Mittelmeergebiet (Süditalien,


Zentralspanien) sich im Sommer (Juli, August) auch in der Buchenstufe kurze Dürrezeiten abzeich-
nen.

Tab. 14: Klimatische Charakteristik der Außenränder und von Höhengrenzen des Buchenwaldareals
in Europa (nach WALTER & LIETH 1967).

Land/Gebiet Höhe mittl. jährl. mittl. tgl. absolutes mittl. jährl. Klimatyp
Nr./Station m ü. NN Temperatur Minimum Minimum Niederschlag
/C Januar /C /C mm
S-Skandinavien
224/Ramnes/ 223/Oslo (N) 26/94 6,0/5,4 /-6,3 /-26,4 900/736 VI (VIII)
118/Hals (DK) 3 7,2 -3,0 -25,3 556 VI 2
84/Kristianstad (S) 6 7,5 -3,6 -27,8 550 VI 2
NO-Polen
194/Heilsberg 87 6,6 -6,0 -33,6 634 VI (VIII)
75/Marienburg 14 7,3 -5,3 -33,7 535 VI 2
72/Neu Hammerstein 11 7,0 -5,2 -27,2 648 VI 2
SO-Polen
52/Radom 161 7,9 -25,4 522 VI 1
47/Lublin 197 7,5 521 VI 1
45/Cholm 188 7,4 -25,4 565 VI 1
W-Ukraine
31/Lvov 225 7,7 680 VI 1
32/Dublany 255 7,5 650 VI 1
67/Ozydov 239 7,9 591 VI (VII) 1
O-Rumänien
102/Dorohoi 178 8,2 577 VI 2a
194/Vaslui 120 9,2 535 VI (VII)
195/Jassy 100 9,6 526 VI (VII)
O-Balkan
107/Gabrovo 375 10,0 884 VI 2a
211/Petrohan 1400 4,4 -22,5 1133 X
212/Sitniakowo 1740 3,7 915 X
S-Italien, Sizilien
245/Potenza 826 11,6 0,4 -16,0 752 IV 5 (X)
378/Montevergine 1270 8,3 -2,5 2302 X
380/Floresta (Sizilien) 1250 10,8 1467 X
Ätna, Casa Cantoniera 1) 1880 7,5 978 X
N-/Zentral-Spanien
149/Viella (Pyren.) 970 9,2 -16,0 873 X
146/Manurga (Kantab.) 700 11,1 -12,5 1229 X
127/Cabañas (Kantab.) 850 9,1 -22,0 772 IV (VI)
150/Majalcarro 1330 9,0 -14,1 910 X
S-Frankreich
184/Bagnères de Bigorre (Pyren.) 567 11,3 0,2 -15,0 1383 V (VI)
391/Lacaune 800 9,0 1,3 -18,2 1374 X (IV)
395/Rodez 603 10,4 0,6 -17,9 780 X (VI)
SW-Alpenrand
421/Mont Ventoux 1912 2,1 -7,6 -24,3 1228 X (IV)
422/Thoronc 1250 8,5 -2,8 1078 X (IV)
W-Frankreich
102/Lezay (Charente) 125 11,6 0,9 966 V2
103/Limoges 253 11,3 0,1 -25,8 907 V2
156/Trappes (westl. Paris) 168 10,2 0,4 585 V (IV) 2
151/Angers 68 11,8 1,7 -12,5 621 V (IV) 2
146/Lorient (Bretagne) 24 12,0 3,5 -10,0 851 V (IV) 2
197/Quimper 40 11,4 2,7 -11,5 1004 VI (V) 2
198/Mur de Bretagne 85 10,9 2,0 875 VI (V) 2
139/Cherbourg 8 11,3 4,4 -10,0 955 V (IV) 2

298
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5

Land/Gebiet Höhe mittl. jährl. mittl. tgl. absolutes mittl. jährl. Klimatyp
Nr./Station m ü. NN Temperatur Minimum Minimum Niederschlag
/C Januar /C /C mm
S-England
36/Cardiff 62 10,1 2,3 -16,7 1043 V (VI) 2
94/Oxford 63 10,1 1,1 -15,5 652 VI 1 (IV)
120/Ross-on-Wye 67 9,9 2,2 -19,5 708 VI 1b
111/Cambridge 14 9,8 0,6 -17,2 551 VI 1a
114/Lympne 114 9,6 1,7 -16,0 687 VI 1b
M-Europa-Trockengebiete
152/Alzey 204 8,9 537 VI 5b
56/Colmar 188 10,8 502 VI 1 (VII)
59/Halle 94 9,1 -2,6 -27,1 502 VI 2 (VII)
36/Praha 199 9,2 490 VI (VII) 2
29/Brno 246 8,4 528 VI (VII) 1
M-Europa-Mittelgebirge
519/Kahler Asten (Rothaar-G.) 848 4,8 (-5,3) (-23,6) 1438 VI (X) a
524/Wasserkuppe (Rhön) 925 4,4 (-6,0) (-25,5) 1076 VI (X) a
639/Brocken (Harz) 1150 2,4 -7,1 -26,0 1624 VI (X) a
640/Fichtelberg (Erzgeb.) 1220 2,9 -8,5 -29,5 1109 VI (X) b
645/Feldberg (Schw.) 1494 2,9 -7,0 -27,7 1929 VI X c
593/Todtnauberg (Schw.) 1030 5,8 -5,1 -22,2 1821 VI (X) c
601/Böttingen (Schw.Alb) 908 5,4 -7,1 -30,6 986 VI (X) d
644/Glatzer Schneeberg (Sudeten) 1215 2,4 -8,1 -24,6 1182 VI (X) b
1
) aus POLI (1965)

Die arealbegrenzenden Faktoren für die Buche und den Buchenwald sind einerseits thermischer,
andererseits hygrischer Natur: Das thermische Optimum für die Rotbuche und den Buchenwald in
Europa liegt bei einem Januarmittel von -1 °C und einem Julimittel von 18 °C (HUNTLEY et al.
1989). Begrenzende Faktoren sind die geringe Frosttoleranz und damit Kälteempfindlichkeit der
Buche, die bei einem Temperaturmittel des kältesten Monats (Januar) von ca. -4 °C und absoluten
Minima von -30 °C liegt. Diese Grenzwerte sind ausschlaggebend für die Verbreitungsgrenze nach
Norden, Osten und in die Höhe. Die Vegetationsperiode (mit Monatsmittel $ 10 °C) beträgt minde-
stens 5 Monate, wobei der wärmste Monat (Juli) ein Mittel zwischen 16 und 22 °C aufweist (Opti-
mum bei 18 °C). Die gesamte Spanne der Mitteltemperaturen des wärmsten Monats beträgt dagegen
10-15 °C in den Gebirgen und 20-25 °C in den südlichen Arealteilen (Korsika, Mittelitalien,
Griechenland, Bulgarien).
Vorteilhaft für die Buche sind ferner ganzjährig humide Verhältnisse. Das Niederschlagsoptimum
liegt in Europa bei 1200 mm/Jahr, während das Minimum etwa 500 mm beträgt. Besonders empfind-
lich ist die Buche gegen längere Trockenperioden während der Vegetationszeit, die ihr Areal nach
Süden und Südosten begrenzen (HUNTLEY et al. 1989, SCHROEDER 1998).
Entscheidende Klimaparameter für die Begrenzung des Areals der Rotbuchenwälder in Europa
dürften somit im Norden die Winterkälte (absolute Minima unter -30 °C) und die kürzere Vegeta-
tionsperiode (unter 5 Monate) sein, im Osten Winterkälte, Spätfröste und Sommertrockenheit (Jah-
resniederschläge unter 500 mm) und im Süden die ausgeprägte Sommertrockenheit (über 2 Monate).
Die Arealgrenze im Westen zu den hyperozeanischen Gebieten (z. B. Irland, Westkantabrien) ist
schwerer zu begründen. Sie könnte durch die dortigen ausgeglichenen Temperaturen (weithin
fehlende Fröste), niedrigen Sommertemperaturen und ständig hohe Luftfeuchtigkeit in Verbindung
mit stark sauren Böden bedingt sein. Da in Irland aber gepflanzte Buchen gut gedeihen und sich
spontan verjüngen, könnte es auch sein, daß die Buche hier ihre potentielle westliche Arealgrenze
wegen der natürlichen Wanderungsbarrieren und wegen der frühen Waldrodung durch den Men-

299
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas

schen nicht eigenständig erreicht hat (DIERSCHKE 1982a, MITCHELL 1995, 2000, SCHROEDER 1998).
Die Höhengrenze des Buchenwaldes in den Mittel- und Hochgebirgen, die von Norden nach Süden
kontinuierlich zunimmt (Harz: ca. 900 m; Schwarzwald/Vogesen: 1400 m; Alpen: 1400-1700 m;
Apennin: 1800 m; Sizilien: 1900 m; Griechenland: 1900 mm), dürfte wie die Nordgrenze ebenfalls
durch niedrige Wintertemperaturen (Januarmittel -2 bis -4 °C), niedrige Jahresmittel (2-4 °C) und
eine verkürzte Vegetationsperiode bedingt sein (DAHL 1980, MAYER 1984).

Standortbedingungen
Die Buchenwälder besiedeln im gesamten Verbreitungsgebiet vorwiegend die flächenmäßig vorherr-
schenden „Normalstandorte“, d. h. frische (bis mäßig trockene), gut dränierte und mehr oder weniger
tiefgründige Böden, während auf extremeren – feuchten bis nassen, trockenen, flachgründigen bis
felsigen oder blockreichen – Standorten in der Regel andere Baumarten zur Dominanz gelangen.
Das Trophiespektrum der Böden reicht von oligo- bis eutroph, die Bodenreaktion von stark sauer bis
schwach alkalisch, der Wasserhaushalt von mäßig feucht bzw. staufeucht bis mäßig trocken.
Trocken-warme Standorte – insbesondere auf Kalksteinböden – gehören somit auch zu den Rand-
bereichen und Sonderstandorten buchendominierter Waldgesellschaften. Im vorwiegend durch das
Klima bestimmten Rotbuchenareal gibt es kaum Böden, die für die Entwicklung von Buchenwäldern
zu nährstoffarm und/oder zu sauer wären.
Standörtlich extremere Wuchsplätze besiedeln Buchenwälder vor allem dort, wo sie sich im klimati-
schen Optimum befinden: im subatlantischen Bereich und in den niederschlagsreichen Gebirgslagen,
wo andere, sonst konkurrierende Baumarten zurücktreten oder ganz ausfallen.
Wie bereits in den Abschnitten „Floristische Zusammensetzung“ und „Syntaxa“ mitgeteilt, richtet
sich die Hauptgliederung der Buchenwälder nach der Bodentrophie: Aufteilung in artenarme,
bodensaure oligo- bis mesotraphente und in artenreiche, eu- und eu-mesotraphente Buchenwälder
einschließlich der thermophilen Kalkbuchenwälder.
Die Ausgangsmaterialien der Böden reichen von Lockersedimenten (Sand, Schluff, Lehm, Mergel)
über verschiedenste Silikatgesteine (Sandstein, Tonschiefer, Grauwacke, Granit, Gneis, Basalt und
andere Vulkanite) bis zu Karbonatgesteinen (Dolomit, Kalkstein).
Die Bodentypen sind vorwiegend Braunerden und Parabraunerden unterschiedlicher Sättigung,
ferner Rendzinen, Pararendzinen, Braunlehme (Terra fusca), verbraunte Rendzinen, Kolluvien,
örtlich auch Pseudogleye und Übergänge zu Rankern oder Podsolen (Cambisols, Luvisols, Lepto-
sols, Planosols, Podzols).
Nach den Böden, ihrer Humusform und den Ausgangsgesteinen werden Moder-Buchenwälder
(Luzulo-Fagion), Braunmull-Buchenwälder (z. B. Galio-Fagetum), Frische Kalkbuchenwälder (z. B.
Hordelymo-Fagetum) und thermophile Kalkbuchenwälder (z. B. Carici-Fagetum) unterschieden.
Unter den Silikat-Buchenwäldern gibt es „arme“ bodensaure (Deschampsio-Fagetum, Luzulo-
Fagetum) und „reiche“ bodensaure Buchenwald-Gesellschaften (Galio-Fagetum, Dentario-Fage-
tum).
Die einzelnen Buchenwald-Gesellschaften kommen in zahlreichen, vor allem edaphisch, z. T. auch
lokalklimatisch bedingten Ausbildungsformen vor, von denen aber nur die größerflächigen „feuch-

300
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5

ten“ und „thermophilen“ als eigene Kartierungseinheiten ausgewiesen wurden.

Rolle im Landschaftsgefüge
Rotbuchenwälder bilden im westlichen Mitteleuropa und in großen Teilen Westeuropas die klimazo-
nale Vegetation und nehmen hier alle Lagen von der planaren bis zur (hoch)montanen Höhenstufe
ein. Demgemäß treten sie hier von Natur aus mit fast allen azonalen und extrazonalen Gesellschaften
auf Sonderstandorten in Kontakt und bilden mit diesen landschafts- bzw. naturraumspezifische
Komplexe. Im feuchten bis nassen Standortsbereich sind dies – je nach Bodentrophie – unter-
schiedliche Feucht- und Naßwälder des Quercion robori-petraeae, Carpinon betuli, Alno-Ulmion
und Alnion glutinosae, im trockenen bis felsigen Bereich und auf Blockschutthalden handelt es sich
um xerophytische und thermophile Waldgesellschaften des Quercion robori-petraeae, Carpinion
betuli, Quercion pubescenti-petraeae sowie um Edellaubholzwälder des Tilio-Acerion. In den
Hochlagen der südlichen und östlichen Mittelgebirge (Schwarzwald, Harz, Thüringer Wald, Erz-
gebirge, Böhmerwald, Sudeten) sowie der Alpen, Karpaten und Dinariden schließen nach oben von
Natur aus Nadelwälder (vorwiegend aus Picea abies) an die Buchenwaldstufe an und formen die
obere Waldgrenze.
Zu den meisten Kontaktgesellschaften gibt es Übergangsformen, in denen die Rotbuche (Fagus
sylvatica) noch einen höheren Anteil am Bestandesaufbau hat. In den südostmitteleuropäischen,
südost- und südeuropäischen Ausläufern des Buchenwaldareals, die klimatisch trockener, kontinen-
taler und z. T. wärmer (submediterran) sind, ziehen sich die Buchenwälder auf klimatisch günstigere
(humidere) und niederschlagsreichere Höhenstufen und Expositionen zurück. Hier nehmen trocken-
heitsresistentere Waldgesellschaften die unteren Lagen und Südhänge ein: im Osten vor allem
Eichen-Hainbuchenwälder (Carpinion betuli), z. T. auch bodensaure Eichenwälder (Quercion
robori-petraeae), im Südosten, Süden und Südwesten sommergrüne thermophile Eichenmischwälder
(Quercion pubescenti-petraeae, Aceri tatarici-Quercion, Orno-Ostryon u. a.).
In der submediterranen und mediterranen Klimazone (Nordwestspanien, Südfrankreich, Korsika,
Apennin, Sizilien, Albanien, Nordgriechenland, Krim) bilden Buchenwälder in Form von Busch-
wäldern vielfach die obere Waldgrenze.
Die von Buchenwäldern dominierten Vegetationskomplexe der einzelnen Kartierungseinheiten un-
terscheiden sich im Gesellschafts- und Arteninventar je nach Gebiet und Landschaft z. T. erheblich.
In besonderem Maße gilt dies für die Arealausläufer und -vorposten im Südwesten, Süden und
Südosten im Vergleich zu Mitteleuropa (vgl. Karten 11, 12 und die Angaben in den Datenblättern
der einzelnen Kartierungseinheiten). Diese Unterschiede finden sich nicht nur bei den natürlichen
Begleit- und Kontaktgesellschaften der einzelnen Buchenwaldeinheiten, sondern auch und z. T. noch
stärker bei den jeweils gebietstypischen Ersatzgesellschaften und Sukzessionsstadien sowie beim
Erhaltungszustand der Buchenwälder.

Erhaltungszustand, Landnutzung, Ersatzgesellschaften


Im mitteleuropäischen Kerngebiet des natürlichen Buchenwaldareals, wo die Buchenwälder von
Natur aus bis in die Tieflagen verbreitet sind und alle „Normalstandorte“ einnehmen, ist die mensch-
liche Einflußnahme zwangsläufig am stärksten und reicht am weitesten zurück: bis in die Zeit der

301
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas

postglazialen Wiederausbreitung der Buche um 5 000 BP (Before Present; vgl. Kapitel 3: Spät-
glaziale und holozäne Vegetationsgeschichte Europas sowie LANG 1994).
Die neolithische Landnahme mit inselartiger Waldrodung durch den siedelnden Menschen begann
vorzugsweise in den produktiven Lößgebieten zwischen 7 500 und 5 000 BP und setzte sich zunächst
in den übrigen Tieflagen und später in den Mittelgebirgen bis ins Mittelalter fort.
Die potentiellen Buchenwaldstandorte eigneten sich wegen der Durchlässigkeit, Tiefgründigkeit und
teilweise großen Fruchtbarkeit der Böden vorzugsweise für den Ackerbau sowie die Anlage von
Siedlungen und Verkehrswegen. Waldauflichtung und Umwandlung der Baumarten-Zusammenset-
zung bzw. künstliche Erhaltung der vorhandenen Eichenmischwälder erfolgten im Zuge von
Waldweide (Hudewälder), Holznutzung und Anlage von Äckern (Feld-Gras-Wirtschaft, später
Dreifelderwirtschaft). Durch gezielte Förderung der Eichen (als Bauholz und für die Schweinemast)
und durch die Waldnutzung in Form von Mittel- und Niederwäldern entstanden aus den oder anstelle
von Buchenwäldern des Tief- und Hügellandes vielfach Eichen-Hainbuchenwälder (auf basenrei-
chen Standorten) und Eichen- oder Eichen-Birkenwälder (auf basenarmen Böden). Unter diesen
Bedingungen konnte die Buche in den Altsiedlungsgebieten vermutlich nie richtig Fuß fassen, und
die reale untere Buchenwaldgrenze hat sich im Bergland dadurch nach oben verschoben. Über die
Jahrhunderte entstand so eine vielfach anthropogene Höhenstufung in Mitteleuropa mit der Abfolge
Eichen- und Eichen-Birkenwälder bzw. Eichen-Hainbuchenwälder auf Normalstandorten der planar-
kollinen Höhenstufe und Buchen(misch)wälder ab der submontan-montanen Stufe.
Diese in weiten Teilen des Buchenwaldareals gegebene anthropogene Höhenverschiebung der unteren Buchenwaldgrenze
machte es in vielen Gebieten schwierig, die potentielle natürliche Buchenwaldverbreitung zu ermitteln. Von daher dürften
auch etliche Grenzen in der vorliegenden Europakarte noch nicht dem neuesten Erkenntnisstand entsprechen. Dies gilt sowohl
für Höhengrenzen als auch für die westliche und östliche Buchenwald-Arealgrenze. Danach dürfte das in Frankreich, in
Ostdeutschland, Tschechien und Westpolen ausgewiesene Buchenwaldareal noch nicht ganz dem heutigen Verbreitungs-
potential der Buchenwälder entsprechen.

Der Erhaltungszustand der Buchenwälder bzw. ihre Wiederherstellung durch Aufforstungen ist
entscheidend von den Standortbedingungen abhängig. Auf den nährstoffarmen sauren Sand- und
Silikatböden des Tieflandes und der kollinen bis submontanen Höhenstufe wurden die boden-
ständigen Buchenwälder – namentlich in der atlantischen und subatlantischen Region – durch
jahrhundertelange Streunutzung, Schafbeweidung, Brand und Plaggengewinnung in bodensaure
Zwergstrauchheiden umgewandelt und die Böden zu Podsolen degradiert. Diese Standorte wurden
später vorzugsweise mit Nadelhölzern, hauptsächlich Pinus sylvestris, z. T. auch Picea abies oder
exotischen Nadelbaumarten, aufgeforstet, so daß heute bodensaure Nadelholzforste vorherrschen.
Auch in den silikatischen Mittelgebirgen sind viele Buchenwaldbestände in Nadelholzforste (Picea
abies, Pinus sylvestris, Abies alba, Pseudotsuga menziesii) umgewandelt worden, weshalb naturnahe
Bestände bodensaurer Buchenwälder heute in vielen Gegenden selten geworden sind.
Bei den artenreichen Buchenwäldern ist der Erhaltungszustand bedeutend besser. Naturnahe Bestän-
de gibt es zwar auch in den vorwiegend landwirtschaftlich genutzten Tieflagen nur noch selten, aber
sie haben im Bergland – vor allem auf relativ flachgründigen und steilen Hängen – noch größere
Ausdehnung, was insbesondere für Kalk- und Basalt-Gebiete gilt (z. B. Weserbergland, Rhön,
Vogelsberg, Schwäbische Alb, Französischer und Schweizer Jura, Zentralmassiv, Randalpen,

302
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5

Apennin, Dinariden, Karpaten).


In Mittel- und Hochgebirgen mit natürlichem Vorkommen von Tanne und Fichte wurde die Buche
vielfach zugunsten der Nadelbäume zurückgedrängt und regelrecht bekämpft, da sich ihre Stämme
nicht zum Flößen eigneten und Nadelbäume z. B. für den Schiffsbau benötigt wurden: so im
Schwarzwald, in den herzynischen Mittelgebirgen und in den Alpen.
Eine überschlägige Ermittlung des Anteils naturnaher Buchenwaldbestände in Deutschland durch
Überlagerung von realer Laubwaldverbreitung und potentiellem Buchenwaldareal ergab folgende
Werte 3:

Tab. 15: Reale Waldbestockung im Vergleich zur potentiellen Waldbedeckung für das natürliche Buchenwald-
areal in Deutschland, gegliedert nach Trophie- und Höhenstufen.

Potentieller Flä- Realer Flächenanteil je Höhenstufe %


Buchenwaldeinheiten chenanteil
% Laubwald Mischwald Nadelwald Wald insges.

Artenarme bodensaure Buchenwälder

– planar 12,3 4 3 18 25

– kollin-submontan 21,2 8 11 19 38

– montan 5,0 5 12 39 56

– gesamt 38,5

Artenreiche Buchenwälder

– planar 9,7 7 2 3 12

– kollin-submontan 14,7 12 9 9 30

– montan 3,6 6 14 20 40

– gesamt 28,0

Buchenwälder insgesamt 66,5

Die Werte in Tab. 15 zeigen, daß der reale Nadelwaldanteil im Buchenwaldgebiet Deutschlands
erheblich ist (z. T. über 50 % der realen Waldfläche), mit der Höhenlage allgemein zunimmt und in
der montanen Stufe am höchsten ist; ferner liegt der reale Waldanteil bei den bodensauren Buchen-
wäldern allgemein höher als bei den artenreichen, wobei jedoch auch der Nadelwaldanteil in allen
Höhenstufen deutlich höher ist.
Den höchsten realen Laubwaldanteil weist in beiden Trophiestufen der kollin-submontane Bereich
mit 8 bzw. 12 % der potentiellen Buchenwaldfläche auf. Davon sind jedoch wiederum die Bestände
mit anderen (anthropogen) dominierenden Laubbaumarten (Eiche, Hainbuche, Ahorn, Esche, Rot-
eiche, Pappel u. a.) abzuziehen, weshalb nur mit maximal 5 % naturnaher Buchenwaldbestockung zu
rechnen ist (vgl. BOHN et al. 2000, BfN 2002).
Die landwirtschaftliche Nutzung der Buchenwaldstandorte umfaßt im Tief-, Hügel- und unteren

3
Da es keine systematische und flächendeckende Erfassung naturnaher Waldbestände für die einzelnen natürli-
chen Waldtypen in ganz Deutschland gibt, mußte dieser Annäherungsweg über den Laubwaldanteil beschritten
werden.

303
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Bergland überwiegend Feldfrüchte (Getreide, Rüben, Raps, Kartoffeln). Entsprechend ihrer weiten
Standortsamplitude – von basenarmen Sanden über Lößlehm bis zu skelettreichen Kalksteinböden –
sind auch die zugehörigen Unkrautgesellschaften sehr vielgestaltig: Innerhalb der Klasse Stellarietea
mediae die Verbände Aperion spicae-venti, Polygono-Chenopodion, Fumario-Euphorbion, Caucali-
dion platycarpae u. a.
Dauergrünland (Arrhenatherion- und Cynosurion-Gesellschaften) kommt hier nur kleinflächig vor
oder ist auf flachgründige Silikat- und vor allem Kalkstandorte (Mesobromion-Gesellschaften)
beschränkt.
In den höheren Mittelgebirgslagen, insbesondere auf steileren und flachgründigen oder blocküber-
streuten Hängen sowie auf Plateaus und Bergkuppen dominiert dagegen Dauergrünland in der
landwirtschaftlichen Nutzung: auf Normalstandorten montane Glatthaferwiesen, Goldhaferwiesen
(Polygono-Trisetion) und Rotschwingelweiden (Cynosurion cristati). Bis vor wenigen Jahrzehnten
herrschten noch Magerwiesen und -weiden vor: auf Silikatstandorten Borstgrasrasen und andere
Silikat-Magerrasen (Violion caninae), auf Kalkstandorten gemähte oder beweidete Kalkmagerrasen
(montane Mesobromion- und magere Trisetion-Gesellschaften).
Die Magerrasen des Berglandes wurden seit den 1960er Jahren vielfach mit Nadelbäumen aufgefor-
stet: auf Trockenstandorten meist mit Kiefer (Pinus sylvestris, P. nigra), auf den frischeren Stand-
orten der Mittelgebirge meist mit Fichte (Picea abies). Auf brachgefallenen Magerrasen entwickelte
sich Gehölzsukzession mit Laubgehölzen (Sorbus aucuparia, Salix caprea, Corylus avellana etc.)
oder/und Nadelbäumen (Pinus sylvestris, Picea abies).
Charakteristische Gestaltelemente und Ersatzgesellschaften der Buchenwald-Kulturlandschaft sind
ferner Gebüsche, Hecken und Pioniergehölze unterschiedlicher Zusammensetzung: Crataegus spp.,
Rosa spp., Prunus spinosa, Corylus avellana, Salix caprea, Sambucus nigra, S. racemosa, Rubus
spp., Euonymus europaea, Cornus sanguinea, im Westen auch Cytisus scoparius und Ulex spp.; auf
Kalkstandorten vielfach mit Viburnum lantana, Ligustrum vulgare, Rhamnus cathartica und
Berberis vulgaris. Straßen und Wege säumen häufig Laubbaum-Alleen (Quercus robur, Q. petraea,
Tilia cordata, T. platyphyllos, Acer platanoides, A. pseudoplatanus, Fraxinus excelsior, Fagus
sylvatica).
Eine spontane Regeneration von Buchenwäldern auf aufgelassenen Acker- und Grünlandstandorten
erfolgt – anders als im Wald – meist nicht direkt über Buchenverjüngung, sondern über Sukzessions-
stadien mit Pioniergehölzen, deren Artenzusammensetzung von der Bodentrophie, Höhen- und
geographischen Lage abhängt. Im Tiefland sind es vor allem Betula pendula, Populus tremula,
Sorbus aucuparia sowie Quercus robur, Q. petraea und Carpinus betulus (auf reicheren Standorten),
im Bergland Salix caprea, Sorbus aucuparia, Betula pendula, B. pubescens subsp. carpatica,
Sambucus racemosa, Crataegus spp., Rosa spp., Corylus avellana und Prunus spinosa.

Naturschutz
Rotbuchenwälder stellen die zentralen natürlichen Ökosysteme in der temperaten Zone Europas dar
und sind west-/mitteleuropäisch endemisch. Sie nehmen von allen sommergrünen Laubwäldern in
Europa die größte Fläche ein und haben hinsichtlich Bodentrophie und Höhenverbreitung die

304
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5

weiteste Amplitude (vgl. Karten 9 u. 10). Ihr Verbreitungsschwerpunkt und Diversitätszentrum liegt
im westlichen Mitteleuropa (Deutschland, Belgien, Ostfrankreich, Schweiz, Österreich, Tschechien).
In Deutschland würden sie von Natur aus etwa 66,5 % der Landesfläche bedecken (vgl. Tab. 15).
Was die Artenvielfalt betrifft, dürfte ihr Schwerpunkt allerdings in den Südostalpen und im Westbal-
kan liegen, da hier und in Mittelitalien vermutlich die wichtigsten Rückzugsgebiete während der
Eiszeiten lagen und hauptsächlich von dort die Wiederbesiedlung Mitteleuropas ausging (vgl. LANG
1994).
Die Erhaltung intakter Buchenwaldökosysteme im gesamten Verbreitungsgebiet und in der ganzen
Breite ihrer ökologischen und geographischen Ausbildungsformen ergibt sich als Aufgabe des euro-
päischen Naturschutzes u. a. aus der Internationalen Konvention über biologische Vielfalt (CBD).
Neben der Erhaltung der natürlichen Artenvielfalt und der typischen Buchenwald-Lebensgemein-
schaften in repräsentativen und ausreichend großen Beständen geht es dabei auch um die Bewahrung
der genetischen Vielfalt aller zugehörigen Lebewesen. Um im Hinblick auf mögliche Klimaänderun-
gen die Anpassungsfähigkeit der Rotbuche an neue Umweltbedingungen zu gewährleisten, ist – auch
aus wirtschaftlichen Erwägungen – die Erhaltung ihrer gesamten genetischen Bandbreite von beson-
derem Interesse.
Vom Menschen möglichst wenig beeinflußte, strenge Buchenwaldschutzgebiete (sog. Naturwaldre-
servate oder Wildnisgebiete) haben darüber hinaus die Aufgabe, als Studienobjekte für natürliche
Waldstrukturen und Entwicklungsdynamik (Prozeßschutz!) und als ökologische Vergleichsflächen
(sog. Nullflächen) zu bewirtschafteten bzw. geschädigten Waldbeständen zu dienen.
Daraus ergibt sich die Aufgabe, im gesamten Buchenwaldareal ein repräsentatives Netz von Schutz-
gebieten mit ausreichend großen naturnahen Buchenwaldbeständen im Komplex mit ihren ge-
bietstypischen natürlichen Begleitgesellschaften aufzubauen. Dieses soll möglichst alle Ausbildungs-
formen in den verschiedenen Arealteilen und Höhenstufen umfassen und flächenmäßig in einem
ausgewogenen Verhältnis zur potentiellen Verbreitung des jeweiligen Buchenwaldtyps stehen.
Wichtige Instrumente hierfür sind die Schutzgebietskategorien Nationalpark, Naturwaldreservat,
Naturschutzgebiet und Kernzonen von Biosphärenreservaten. Auf europäischer Ebene spielt für die
Umsetzung dieser Zielstellung die FFH-Richtlinie und der damit verbundene Aufbau eines kohären-
ten ökologischen Netzes „Natura 2000“ eine entscheidende Rolle.
Alle Länder, die maßgeblichen Anteil am Buchenwaldareal haben, sind aufgerufen, ihren Beitrag zu
diesem Schutzgebietssystem zu leisten. Besondere Verantwortung für den Schutz von Buchenwald-
ökosystemen haben hierbei Länder, die wie Deutschland im Zentrum des Verbreitungsgebiets liegen
und einen besonders hohen Flächenanteil haben.
Der systematische Ausbau und die Vervollständigung des Schutzgebietssystems erfordern eine
gründliche Erfassung vorhandener naturnaher Buchenwaldbestände und eine eingehende Analyse
der bestehenden Schutzgebiete hinsichtlich der vertretenen Waldtypen, des Erhaltungszustandes und
des Schutzstatus. Ansätze hierzu gibt es auf verschiedenen Ebenen: z. B. die Nationalparkstudie der
FÖNAD (1997) für Deutschland, die „Gap Analysis“ des WCMC/WWF (SMITH & GILLETT 2000)
oder den Beitrag von KNAPP (2003, im Druck).

305
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Für ganz Europa liegt noch keine genaue Analyse vor. Am eingehendsten dürfte sie im Rahmen der
Umsetzung der FFH-Richtlinie der EU erfolgen, wo z. Z. die Bewertung der gemeldeten Gebiete für
die einzelnen biogeographischen Regionen im Gange ist. Die Vegetationskarte Europas bietet dabei
eine ideale Grundlage für die Bestandsanalyse und systematische Vervollständigung des Buchen-
wald-Schutzgebietssystems.
Für Deutschland ergaben verschiedene Untersuchungen, daß außer den relativ kleinflächigen
Naturwaldreservaten und Naturschutzgebieten, die allerdings ein breites Spektrum an Buchen-
waldtypen beinhalten, großflächige Buchenwaldreservate ohne wirtschaftliche Nutzung und mit
echtem langfristigem Prozeßschutz weitgehend fehlten.
Der erste deutsche Buchenwald-Nationalpark (NP) des Tieflandes wurde deshalb 1990 mit dem NP
„Jasmund“ (3 000 ha) auf Rügen eingerichtet; ihm folgte 1997 der NP „Hainich“ (7 600 ha) in Thü-
ringen. In beiden Schutzgebieten sind vorwiegend artenreiche Buchenwälder des Tief- und Hügel-
landes vertreten. Eine Ergänzung um bodensaure Buchenwälder des Berglandes wird seit längerem
mit dem geplanten NP „Kellerwald“ in Nordhessen angestrebt und läuft z. Z. mit der Einrichtung des
9 350 ha großen NP „Eifel“ in Nordrhein-Westfalen. Weiterhin gibt es seit einigen Jahren Be-
strebungen des Bundes (BfN), im Rahmen der von ihm geförderten Naturschutzgroßprojekte
(Schutzgebiete gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung) auch Buchenwälder unter strengen Schutz
zu stellen und zumindest Teilgebiete ganz der natürlichen Entwicklung zu überlassen.
In anderen Ländern, wo sich die Buchenwälder auf höhere Mittelgebirge und Hochgebirge konzen-
trieren, bestehen dagegen schon seit längerem buchendominierte „Urwaldreservate“ und National-
parke, die z. T. auf ehemalige königliche Jagdgebiete zurückgehen. So ist im mittleren und südlichen
Apennin ein großer Teil der Buchenwaldbestände in Nationalparken gesichert (als herausragendes
Beispiel sei der Abruzzen-NP mit seinen großflächig naturbelassenen Buchenwäldern genannt).
Berühmte urwaldartige Buchenbestände – meist mit Beimischung von Tanne und z. T. Fichte –
finden sich ferner in Tschechien, der Slowakei, Österreich, Slowenien, Kroatien und den Karpaten
(vgl. MAYER 1984). Daraus ist ersichtlich, daß an der östlichen, südöstlichen und südlichen Periphe-
rie des Buchenwaldareals bisher mehr für den Schutz der Buchenwaldökosysteme getan worden ist
als im eigentlichen Zentrum. Weitere Informationen über repräsentative Bestände und Schutzgebiete
finden sich in den Datenblättern der einzelnen Kartierungseinheiten unter „Loci typici“.

Gliederung in Untereinheiten
Die Formation F.5 der Buchen- und Buchenmischwälder enthält mit 86 Kartierungseinheiten (KE)
die Hälfte der gesamten Formation F (mit 172 KE) und ist damit die am stärksten gegliederte
Formation Europas. Dies liegt einmal an der enormen ökologischen und pflanzengeographischen
Bandbreite der Rotbuchenwälder, zum anderen an der langjährigen und eingehenden Erforschung
ihrer Waldgesellschaften in fast allen Teilen des Areals. Dementsprechend gibt es zwar unzählige
Veröffentlichungen und Vegetationstabellen (von lokal bis überregional) sowie eine Vielzahl
syntaxonomischer Gliederungen und Assoziationen, jedoch noch keine überzeugende Gesamt-
bearbeitung für Europa. Insofern mußte für die Vegetationskarte Europas zunächst ein plausibles und
durchgehend anwendbares Gliederungsprinzip entwickelt werden. Das hier gewählte ist pragmatisch
auf die Kartendarstellung, Übersichtlichkeit und allgemeine Verständlichkeit sowie Nachvollzieh-

306
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5

barkeit ausgerichtet. Es weicht deshalb in einigen Punkten der hierarchischen Gliederung von den
gebräuchlichen syntaxonomischen Systemen ab (vgl. Abschnitt „Syntaxa“).
Anders als bei den übrigen Formationen, aber im Einklang mit dem pflanzensoziologischen System,
erfolgt die Hauptuntergliederung zunächst nach der Bodentrophie in die beiden floristisch deutlich
unterschiedenen Gruppen der artenarmen, oligo- bis mesotraphenten und der artenreichen,
eu(-meso)traphenten Buchen- und Buchenmischwälder, die jeweils große Flächen einnehmen (vgl.
Karten 11 u. 12). Die für die verschiedenen Trophie- und Aziditätsstufen charakteristischen Arten-
gruppen wurden bereits im Abschnitt „Floristische Zusammensetzung“ genannt. Zwischen den
„armen“ und „reichen“ Buchenwäldern gibt es naturgemäß fließende Übergänge, die je nach
Ausprägung, Flächengröße und Kontaktgesellschaften der einen oder der anderen Gruppe zu-
gerechnet wurden. Außerdem beinhalten die KE immer Vegetationskomplexe, die jeweils auch
reichere oder ärmere Ausbildungen enthalten. In einigen Gebieten dürften allerdings bei der Karten-
bearbeitung die bodensauren Buchenwälder nicht klar von den basiphilen getrennt worden sein (z. B.
Korsika, Süditalien, Balkan).
Die weitere Untergliederung der beiden Hauptgruppen richtet sich nach den markanten Höhen-
stufen, die durch Höhendifferentialarten, sog. Tief- oder Hochlagenarten, gekennzeichnet sind. Die
entsprechenden Kenn- und Trennarten sind meist weit verbreitet und pflanzengeographisch über-
greifend. Die wichtigsten von ihnen sind in den Zwischenüberschriften der Legende aufgeführt und
wurden bereits im Abschnitt „Floristische Zusammensetzung“ erwähnt. Bei den „armen“ Buchen-
wäldern gibt es naturgemäß weniger, bei den „reichen“ mehr geeignete Höhendifferentialarten.
Unterschieden werden drei Höhenstufen: planar(-kollin), kollin-submontan und montan-hochmon-
tan, die in der Vegetationskarte 1 : 2,5 Mio. durch abgestufte Farbintensität des Buchenwald-Grüns
von hell nach dunkel wiedergegeben werden (vgl. Karte 10). In der Übersichtskarte 1 : 10 Mio. sind
dagegen nur zwei Höhenstufen (F5a und F5b) unterschieden worden. Die Trophieunterschiede
innerhalb einer Höhenstufe sind in der Karte durch rote Aufsignaturen (rote Kringel und Schraffuren
für den „armen“ Flügel, vgl. Legendenblatt) kenntlich gemacht.
Bei den artenarmen bodensauren Buchenwäldern sind die Tieflagenausbildungen (F75-F89) vor
allem durch das Vorkommen von Eichen (Quercus robur, Q. petraea) sowie – im atlantisch-sub-
atlantischen Bereich – durch Ilex aquifolium, Lonicera periclymenum, Teucrium scorodonia, z. T.
Luzula forsteri, in der zentraleuropäischen Provinz örtlich durch Carex umbrosa gekennzeichnet.
Die planaren Ausbildungen (F75-F80) sind dabei vor allem negativ durch das Fehlen von Luzula
luzuloides, Senecio ovatus und Sambucus racemosa differenziert.
Die montan-hochmontanen oder Hochlagen-Ausbildungen (F90-F103) sind demgegenüber durch
das Fehlen von Eichen sowie durch Mischbaumarten wie Acer pseudoplatanus, Abies alba und
Picea abies (regional) und krautige Pflanzen wie Polygonatum verticillatum, Prenanthes purpurea,
Luzula sylvatica, L. nivea (regional), Rumex arifolius (regional) und Calamagrostis villosa (in den
herzynischen Mittelgebirgen) differenziert.
Bei den artenreichen, eu(-meso)traphenten Buchenwäldern gibt es naturgemäß (s.o.) mehr
Pflanzenarten, die sich zur die Höhendifferenzierung eignen. Für die Tieflagen (F104-F127) sind es
neben den bereits erwähnten Baum-, Strauch- und Krautarten zusätzlich anspruchsvollere Pflanzen-

307
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas

arten mit weiter Verbreitung: unter den Gehölzen Carpinus betulus in der 2. Baumschicht, örtlich
Acer campestre, Tilia cordata, im Südosten auch T. tomentosa; in der Krautschicht Stellaria
holostea, Potentilla sterilis, Dactylis polygama, Galium sylvaticum, Campanula trachelium, Carex
montana, C. pilosa (regional), Hedera helix u. a. In thermophilen Ausbildungen kommen wärmelie-
bende und trockenheitsresistente Arten wie Sorbus torminalis, Cephalanthera damasonium,
C. rubra, Polygonatum odoratum, Anthericum ramosum, Vincetoxicum hirundinaria, Tanacetum
corymbosum, Campanula persicifolia, C. rapunculoides u. a. dazu, ferner Kenn- und Trennarten mit
regionaler Verbreitung (z. B. Buxus sempervirens, Daphne laureola, Melittis melissophyllum, Carex
alba, Calamagrostis varia, Cyclamen purpurascens, Helleborus niger).
Für die montan-hochmontanen Ausbildungen (F128-F160) stehen neben den bereits bei den
„armen“ Buchenwäldern genannten Arten zusätzlich anspruchsvollere Kräuter und Hochstauden für
die Differenzierung zur Verfügung: u. a. Ranunculus platanifolius, Petasites albus, Stellaria
nemorum, Senecio nemorensis agg., Cicerbita alpina, Athyrium distentifolium, Saxifraga rotundifo-
lia, Adenostyles alliariae, A. glabra. Ausgesprochen montane Arten sind in größerer Stückzahl vor
allem in hochmontanen Ausbildungen (F158-F160) vertreten.
Innerhalb der einzelnen Höhenstufen erfolgt dann eine weitere Differenzierung in geographische
Ausbildungen oder Rassen, die durch regionale Kenn- und Trennarten gekennzeichnet und unter-
schieden werden. Diese dienen vielen Autoren auch als Kennarten für Gebiets-Assoziationen (vgl.
Abschnitt „Syntaxa“).
Die geographische Gliederung der Kartierungseinheiten innerhalb der beiden Hauptgruppen der
„armen“ und „reichen“ Buchenwälder ist in den Karten 11 und 12 anschaulich durch Verwendung
verschiedener Farben dargestellt. Dabei wurden regional aufgrund gemeinsamer geographischer
Trennarten verwandte Einheiten zu Gruppen zusammengefaßt. Diese enthalten z. T. auch Einheiten
verschiedener Höhenstufen, die dann bei der Aufzählung der KE durch Semikolon getrennt sind. Die
geographischen Bezeichnungen der KE richten sich nach den Florenprovinzen und deren Unterein-
heiten (vgl. Karte 3), in denen ihr Verbreitungsgebiet liegt. In der Karte 1 : 2,5 Mio. wurden die
geographischen Ausbildungen aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht durch Aufsignaturen unter-
schieden, sie sind aber durch den Buchstaben-Nummern-Kode der KE eindeutig zuzuordnen. Die
Reihenfolge der KE geht jeweils von West nach Ost und von Nord nach Süd.
Die für die Kennzeichnung und Abgrenzung gegen benachbarte Einheiten bedeutsamen Pflanzen-
arten sind zum einen in der Legende im Namen der KE aufgeführt, zum anderen in den Daten-
blättern enthalten.
Neben der geographischen Differenzierung der KE innerhalb einer Höhenstufe gibt es noch eine
weitere Untergliederung in standortbedingte Buchenwaldgesellschaften und Komplexe: zum einen
in „feuchte“ Ausbildungen – bei ausreichender Flächengröße – , ferner in „thermophile“ Aus-
bildungen, meist Orchideen- und Blaugras-Buchenwälder bzw. deren Vegetationskomplexe mit
mesophilen Buchenwäldern oder anderen Waldgesellschaften. Thermophile Ausbildungen sind in
der Vegetationskarte durch rotes Punktraster gekennzeichnet.
Da die Formation der Rotbuchenwälder sehr viele Kartierungseinheiten umfaßt, wird hier auf die
Charakterisierung der einzelnen Einheiten verzichtet und auf die ausführliche Beschreibung in den

308
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5

Datenbögen verwiesen. Im folgenden soll jedoch beispielhaft die besonders vielfältige Gliederung
der Buchenwälder des Balkans – als dem eiszeitlichen Ausweich- und Überdauerungsraum der
Buche und ihrer reichen Begleitflora – dargestellt werden.

Gliederung der Buchenwälder des Balkans (E. Bergmeier)


In der Karte der natürlichen Vegetation Europas werden die Buchen- und Buchenmischwälder in
Gebirgsgegenden in erster Linie nach geographisch-klimatischen Gesichtspunkten und nach ihrer
Baumartenzusammensetzung gegliedert, während standörtlich-edaphische Kriterien wegen des meist
kleinräumigen Wechsels und kleinen Maßstabs eine untergeordnete Rolle spielen. Das pflanzengeo-
graphisch-klimatische Gliederungsprinzip – auf den Balkan angewandt – legt eine Grobgliederung
der dortigen Buchenwälder in vier pflanzengeographisch und klimatisch gut gekennzeichnete
Gebiete nahe:
Das illyrisch-dinarische Areal umfaßt das Kerngebiet und Diversitätszentrum der europäischen
Buchenwaldflora und -vegetation. Es reicht von Slowenien über Kroatien, Bosnien-Herzegowina
und Montenegro bis Albanien und erstreckt sich parallel zur Küstenlinie der Adria, der Gebirgskette
der Dinariden folgend. In Dalmatien, entlang eines steilen topographisch-klimatischen Gradienten,
sind die Buchenwälder oft nur wenige Kilometer von der Hartlaubvegetation des Adriatischen
Meeres entfernt. Der Luvlage entsprechend ist das Klima zumindest im Westteil ozeanisch getönt
und niederschlagsreich.
Das Gebiet der mösischen und mazedonisch-rhodopischen Buchenwälder erstreckt sich von
Serbien und dem rumänischen Banat im Nordwesten (mit Exklaven in Südungarn) über Mazedonien
und Bulgarien bis nach Nordgriechenland. Diese Buchenwälder sind nur im Süden dem Meer näher
als 200 km, und das Klima hat dementsprechend deutlich subkontinentale Züge.
Das Areal der hellenischen bzw. pindischen und pelagonischen Buchenwälder im Süden der
Balkanhalbinsel ist inselartig aufgelöst und reicht von Südalbanien und Südmazedonien entlang der
Helleniden südlich bis zu den zentralgriechischen Gebirgen Oxia im Westen und Pilion im Osten.
Kennzeichnend ist die mediterrane Klimafärbung mit spürbarer Sommertrockenheit.
Das euxinische Buchenwaldareal erreicht von Osten her den europäischen Teil der Türkei und das
östliche Bulgarien (Istranca-Gebirge). Das Klima ist schwach kontinental mit mediterranem Einfluß,
dabei stark durch das Schwarze Meer geprägt und daher feuchtwarm und nebelreich. Hier hat die
Orientbuche (Fagus sylvatica subsp. orientalis) ihre westlichen Ausläufer (die Vegetationseinheiten
werden demgemäß in Formation F.6 behandelt).

Illyrisch-dinarische und dalmatische Buchen- und Buchenmischwälder (F143, F144, F150,


F158, F159)
Die Tannen-Buchen- (F143) und reinen Buchenwälder (F144) der montanen Lagen im illyrisch-
dinarischen Raum sind die flächenmäßig bedeutsamsten Buchenwald-Einheiten Südosteuropas. Sie
schließen südlich an die südostalpisch-illyrischen Tannen-Buchen-Wälder (F142) an und sind wie
diese außerordentlich reich an krautigen Laubwald-typischen (und teilweise Buchenwald-typischen)
mesophilen Arten, von denen nicht wenige schwerpunktmäßig oder ausschließlich in diesem Gebiet
vorkommen (Anemone trifolia, Cyclamen purpurascens, Cardamine trifolia, C. waldsteinii,

309
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas

C. kitaibelii, Epimedium alpinum, Erythronium dens-canis, Hacquetia epipactis, Helleborus dumeto-


rum subsp. atrorubens, Knautia drymeia, Lamium orvala, Omphalodes verna, Vicia oroboides). Die
Zahl illyrischer Arten in der Krautschicht nimmt im südlichen Teil des Verbreitungsgebietes dieser
Einheiten ab. Wie die Buche selbst, so haben auch viele ihrer krautigen Begleitarten die Glazialzeiten
in Refugien im illyrisch-dinarischen Gebiet überdauert und sich im Postglazial von hier aus vor allem
in nördlicher Richtung ausgebreitet. Tannen-Buchenmischwälder (F143) sind auf Kalkböden und
sonstigen basenreichen Standorten von Slowenien bis Albanien am weitesten verbreitet, während
reine Buchenwälder (F144) hauptsächlich im mittleren Teil (Bosnien, Montenegro) und in tieferen
Lagen vorkommen.
An sonnseitigen, meist steilhängigen Luvlagen des dinarischen Karstes vom italienisch-slowenischen
Grenzgebiet bis Montenegro fällt die Tanne (Abies alba) als Waldbaum aus, aber auch die Kon-
kurrenzkraft der Buche ist auf den meist ziemlich flachgründigen Braunerden und Rendzinen so weit
gemindert, daß submediterrane Arten wie Fraxinus ornus, Ostrya carpinifolia und Acer obtusatum in
der Baumschicht eingestreut sind (F150).
In den hochmontanen Lagen und nahe der Baumgrenze werden die Wälder zunehmend schlechter-
wüchsig, die Buche wächst infolge Schneedruck häufig säbelförmig und bleibt schließlich krüppel-
wüchsig und buschförmig. Neben Buche und Tanne (Abies alba) gehören hier Fichte (Picea abies)
und Bergahorn (Acer pseudoplatanus) zu den bestandsbildenden Arten (F158). Im Süden tritt die
Tanne zurück, dafür sind dort Acer heldreichii und Picea abies am Bestandesaufbau beteiligt (F159).

Mösische und mazedonisch-rhodopische Buchen- und Buchenmischwälder (F89, F103; F122-


F124; F151-F154, F160)
Anders als das illyrisch-dinarische Buchenwaldgebiet ist das mösische weniger zusammenhängend,
die Teilräume sind stärker isoliert und klimatisch und geologisch uneinheitlicher. Die Flora enthält
neben dem Grundstock von auch in Mitteleuropa verbreiteten Arten wenige südosteuropäische Taxa.
Charakteristische, zentralbalkanisch-mösisch verbreitete Arten der Krautschicht sind selten: Sym-
phytum ottomanum, Doronicum austriacum, Pulmonaria rubra. Bei der Buche selbst nehmen
Merkmalskombinationen zu, die introgressiven Einfluß der Orientbuche (Fagus sylvatica subsp.
orientalis) vermuten lassen. Solche Populationen sind als Fagus sylvatica subsp. moesiaca abge-
trennt worden, doch sind sie – da allenfalls statistisch nachweisbar – von geringem taxonomischem
und praktischem Wert.
Die mösischen Buchenwälder gliedern sich in bodensaure und basiphile, ferner in kollin-submontane
und montan-hochmontane Ausbildungen.
Reine Buchenwälder sind besonders im rumänischen Banat und im bulgarischen Balkan-Gebirge
(Stara Planina) in submontanen Lagen verbreitet (F123). Sie kommen in tieferen Lagen nur insel-
artig von Südungarn bis in das mazedonisch-serbisch-bulgarische Grenzgebiet vor und werden dort
durch Buchenmischwälder ersetzt, in denen Tilia tomentosa, Quercus petraea, Carpinus betulus,
Sorbus torminalis und Quercus cerris beteiligt sein können (F124). Anthropogener Einfluß erhöht
im allgemeinen den Anteil dieser Begleitbaumarten.
In höheren Gebirgslagen Serbiens, Mazedoniens und Westbulgariens werden Buchenwälder und

310
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5

Buchenmischwälder mit Eichen- und Lindenanteilen durch wuchskräftige hochmontane Wälder


abgelöst, in denen neben der Buche Tanne (Abies alba) und Ahorn-Arten (Acer pseudoplatanus,
seltener A. heldreichii und A. platanoides) vorkommen (F103). Wo an der Südostgrenze ihrer Ver-
breitung in Europa auch die Fichte (Picea abies) in den hochmontanen Nadelbaum-Buchenmisch-
wäldern vertreten ist, wie in den Rhodopen und anderen Gebirgen Südwestbulgariens (F153),
bezeugt dies einen kontinentaleren Klimacharakter. In den mazedonischen hochmontan-subalpinen
Buchenwäldern (F160), die bis Nordgriechenland und Albanien reichen, fehlt die Fichte dagegen.
Häufigste Buchenwald-Einheit im südmösischen Raum sind die mazedonisch-thrazischen Buchen-
und Tannen-Buchenwälder (F154) – teilweise mit Acer pseudoplatanus – die vom Kosovo über
Mazedonien und Südbulgarien bis Nordgriechenland reichen und auf verschiedenen silikatischen
und karbonatischen Böden vorkommen. Im südlichen Verbreitungsgebiet löst bei zunehmend
mediterranem Klimacharakter Abies borisii-regis – morphologisch wie ökologisch zwischen Abies
cephalonica und A. alba vermittelnd – die Weißtanne als vorherrschenden Nadelbaum ab. Die Buche
ist durch F. moesiaca-Formen vertreten, doch nimmt in Nordost-Griechenland der Einfluß der
Orientbuche zu, und in der Provinz Ostmazedonien/Thrazien ist Fagus sylvatica subsp. orientalis die
bestandsbildende Baumart, bezeichnenderweise in den submontanen Lagen, die in diesen Breiten
sonst nicht mehr von Buchen besiedelt werden.
Eine weitere, montan-hochmontan verbreitete Tannen-Buchenwald-Einheit mit Abies alba und
örtlich auch Picea abies findet sich weiter nördlich am Ostrand der Dinariden und vor allem in
Bulgarien (Stara Planina) (F151). Acer pseudoplatanus und A. heldreichii sind für die Ausbildungen
der höheren Lagen ebenfalls charakteristisch.
In Südwest-Serbien und dem Kosovo stocken Tannen-Buchenwälder (F103, F151) oberhalb von
bodensauren Traubeneichen-Buchenwäldern (F89). Es handelt sich um die südlichste Kartierungs-
einheit submontaner azidophytischer Buchenwälder auf dem Balkan, doch kommen in montanen
Lagen azidophytische Buchenwälder mit lückiger Krautschicht auch weiter südlich im mösischen
und selbst bis an die Südgrenze der Buchenverbreitung im hellenischen Buchenwaldareal vor.
Merklich xerothermen Charakter haben im Gebiet mösischer Buchenwälder zwei vikariierende
Einheiten, von denen die eine (F122) nur ein kartographisch darstellbares Vorkommen in Montene-
gro besitzt, die andere (F152) weiter verbreitet und flächenmäßig viel bedeutsamer weiter (süd)öst-
lich vorkommt (Kosovo, Serbien, Mazedonien, Bulgarien). Beiden gemeinsam sind submediterrane
Begleitbaumarten wie Ostrya carpinifolia, Fraxinus ornus, Sorbus torminalis, Acer obtusatum,
A. hyrcanum und, als Besonderheit in der östlichen Einheit, Corylus colurna.

Hellenische Buchen- und Tannen-Buchenwälder (F155, F156)


Die südlichsten Buchenwälder der Balkanhalbinsel sind in der Karte der natürlichen Vegetation
Europas durch zwei vikariierende Einheiten, die pindischen (F155) und die pelagonischen (F156)
Buchen- und Tannen-Buchenwälder, repräsentiert. Naturgemäß nimmt der Anteil mediterraner Arten
und thermophiler Ausbildungen bei den Buchenwald-Gesellschaften im hellenischen Areal großkli-
matisch bedingt zu. Edaphisch ist aber nach wie vor das gesamte Spektrum von bodensauren bis
Karbonat-Buchenwäldern vertreten. Die hellenischen Buchen- und Tannen-Buchenwälder sind

311
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas

floristisch eigenständig, doch weniger durch nur ihnen eigene Arten als durch eine spezifische Kom-
bination von südosteuropäisch verbreiteten Buchenwaldarten und durch hohe Präsenz des balka-
nischen und submediterranen Florenelements (vgl. BERGMEIER & DIMOPOULOS 2001).
Die Einheit F155 umfaßt die westhellenischen Buchen- und Tannen-Buchenwälder und reicht von
Südostalbanien und Südmazedonien über Nordwestgriechenland (Pindos-Gebirge) bis zum zentral-
griechischen Oxia-Gebirge, das seinen Namen nach dem griechischen Wort für „Buche“ trägt. Es
handelt sich überwiegend um meso- bis eutrophe Standorte über Flysch. Durch mehrere beiderseits
der Adria vorkommende Arten (Acer obtusatum, Campanula trichocalycina, Geranium versicolor,
G. reflexum) heben sich die pindischen Buchenwälder von den übrigen hellenischen und den
mösischen ab und sind in ihrer Artenzusammensetzung den südapenninisch-sizilianischen (F148)
ähnlich. Sie unterscheiden sich von diesen aber durch das Vorkommen von Abies borisii-regis.
Die osthellenischen (pelagonischen) Buchenwälder (F156) treten wie die westhellenischen als
Buchen- oder Tannen-Buchenwälder mit Abies borisii-regis in Erscheinung, wobei die Beteiligung
der Tanne nach Süden zunimmt. Die meist kleinflächigen Vorkommen in montan-hochmontanen
Lagen sind entlang der Nordwest-Ägäis wie Inseln eines Archipels aufgereiht.

Literatur
BIONDI, BRACCO & NOLA 1997; BERGMEIER & DIMOPOULOS 1999, 2001; BOHN 1996; BORHIDI
1996; BORHIDI, KEVEY & VARGA 1999; BRULLO, GUARINO, MINISSALE, SIRACUSA & SPAMPINATO
1999; „ARNI & MARIN„EK 1997; DAHL 1980; DIEKMANN & LAWESSON 1999; DIERSCHKE 1982a,
1982b, 1990, 1995, 1997, 2000a, 2000b; DIERSSEN 1996; DONIÚ{, IVAN, COLDEA, SANDA, POPESCU,
CHIFU, PAUC{-COM{NESCU, MITETELU & BOÔCAIU 1992; ELLENBERG 1996; ELLENBERG & KLÖTZLI
1972; EWALD 1997; FÖDERATION DER NATUR- UND NATIONALPARKE EUROPAS, SEKTION DEUTSCH-
LAND (FÖNAD) 1997; HORVAT, GLAVA„ & ELLENBERG 1974; HUNTLEY, BARTLEIN & PRENTICE
1989; IVAN, DONIÚ{, COLDEA, SANDA, POPESCU, CHIFU, BOÔCAIU, MITITELU & PAUC{-COM{NESCU
1993; JULVE 1985[1988]; KNAPP 2003 (im Druck); KÜNNE 1969; LANG 1994; LAUSI & PIGNATTI
1973; LAWESSON 2000; MARIN„EK & „ARNI 2001; MATUSZKIEWICZ 1984, 2000; MAYER 1974, 1984;
MORAVEC 1997; MUCINA, GRABHERR & WALLNÖFER 1993; MÜLLER 1977, 1992; NEUHÄUSLOVÁ
et al. 1998; OBERDORFER 1984, 2001; OZENDA 1979; PALLAS 2003; PASSARGE 1965, 1966; POLL-
MANN 2000; RAMEAU 1997; RENNWALD (Bearb.) 2000; RIVAS-MARTÍNEZ, FERNÁNDEZ-GONZÁLEZ,
LOIDI, LOUSÃ & PENAS 2001; RODWELL, MUCINA, PIGNATTI, SCHAMINÉE & DRING [Ed.] 2001;
SCHROEDER 1998; SMITH & GILLETT 2000; TRINAJSTI‚ 1995; WILLNER 2002; ZUKRIGL 1973.

312
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.6

F.6 Orientbuchenwälder und Hainbuchen-Orientbuchenwälder (Fagus sylvatica


subsp. orientalis, Carpinus betulus)
Armen G. Doluchanov, mit Beiträgen von Udo Bohn

Charakterisierung und typologische Abgrenzung; geographische Verbreitung


Diese Gruppe umfaßt sommergrüne Gebirgs-Laubwälder im Umfeld des Schwarzen und Kaspischen
Meeres mit vorherrschender Orientbuche (Fagus sylvatica subsp. orientalis), einer der Rotbuche
(Fagus sylvatica subsp. sylvatica) nahestehenden und mit ihr durch Übergangsformen (Fagus
sylvatica subsp. moesiaca) verbundenen Art.
Die Orientbuchenwälder sind an humide, niederschlagsreiche und warm-temperate Klimabedingun-
gen im Einflußbereich des Schwarzen und Kaspischen Meeres gebunden. Ihr Areal erstreckt sich
vom westeuxinischen Bulgarien und der europäischen Türkei (Istranca-Gebirge) über Nordanatolien
(Pontisches Gebirge) bis zum Großen und Kleinen Kaukasus sowie längs der Südküste des Kaspi-
schen Meeres (Talysch, Elburs, s. Karte 9). Die Hauptverbreitung der von der Orientbuche dominier-
ten Waldbestände liegt in der Montanstufe zwischen thermophilen Eichen- bzw. Hainbuchen-
Eichenmischwäldern und Gebirgsnadelwäldern bzw. subalpiner Laubholzvegetation. In den extrem
humiden Gebieten im Süden und Osten des Schwarzen Meeres sind die Orientbuchenwälder durch
mehr oder weniger dichten Unterwuchs aus immergrünen Sträuchern – insbesondere Rhododendron
ponticum und Prunus laurocerasus – gekennzeichnet. Die Gehölzflora weist eine Reihe endemischer
und reliktischer Arten auf, die sich insbesondere auf die kolchische und hyrkanische Florenprovinz
bzw. -region konzentrieren.

Bestandesstruktur und Physiognomie; floristische Zusammensetzung


Urwälder und vom Menschen wenig beeinträchtigte naturnahe Bestände der Orientbuchenwälder
sind in der Regel ungleichaltrig und mehrschichtig. Mehr oder weniger gleichaltrige Bestände
kommen allenfalls kleinflächig vor. Einzelne Buchen können in ungleichaltrigen Wäldern mehr als
350 Jahre alt sein, jedoch sind über 280 Jahre alte Bäume selten. Der Kronenschluß naturnaher
Waldbestände kann sehr dicht sein, im Durchschnitt übersteigt er jedoch selten 80 %. Die Höhe alter
Baumbestände beträgt in Abhängigkeit vom Standort 20-35 (40) m, die Spitzenwerte der höchsten
Bäume liegen bei 50 m. Stämme von über 1,3 m Durchmesser sind selten.
Unter für die Orientbuche optimalen Klima- und Bodenbedingungen herrschen monodominante
Bestände vor, in der Regel sind jedoch einzelne oder mehrere Mischbaumarten am Aufbau der
Baumschicht beteiligt. Fast im gesamten Areal wird die Orientbuche von der Hainbuche (Carpinus
betulus1) begleitet. Deren Anteil ist in niedrigeren Lagen sowie an trockenen und sonnigen Hängen
am höchsten. Oft ist eine stärkere Beteiligung der Hainbuche auf künstliche Auflichtung zurückzu-
führen. Neben der Hainbuche können folgende Baumarten als Beimischung in der ersten oder
zweiten Baumschicht vorkommen: Tilia begoniifolia, Acer platanoides, A. cappadocicum, A. pseu-
doplatanus, Fraxinus excelsior, stellenweise Castanea sativa, Tilia cordata, auf dem Balkan Tilia
tomentosa. Im Kontakt zu Gebirgsnadelwäldern (D32, D33, D64) treten als Mischbaumarten auch

1
Die in der russischen und georgischen Literatur genannte Carpinus caucasica ist synonym mit C. betulus.

313
Formation F.6 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Abies nordmanniana, Picea orientalis (in höheren Lagen) und an der Grenze zur subalpinen Vegeta-
tion (C41-C46) Acer trautvetteri auf. Bis vor kurzem war auch Ulmus glabra stellenweise als
Mischbaumart (besonders in Schluchten und auf Schutthängen) beteiligt, ihre Populationen wurden
jedoch in den letzten Jahrzehnten durch Pilzbefall (Graphium ulmi Schw.) weitgehend vernichtet.
An vom Menschen oder durch Naturkatastrophen aufgelichteten Stellen findet man häufig Populus
tremula, Prunus avium und andere Pioniergehölze. Reliktarten wie Corylus colurna und Taxus
baccata sind insgesamt selten, treten jedoch stellenweise gehäuft auf.
Die Garnitur der die Orientbuche begleitenden Baumarten variiert in Abhängigkeit von der Mee-
reshöhe und der geographischen Lage. Auf dem Balkan und im Talysch weicht sie vom oben
aufgeführten Artenspektrum stärker ab. In den hyrkanischen Orientbuchenwäldern kommen als
endemische Mischbaumarten Acer velutinum und Quercus castaneifolia hinzu (vgl. F166). Im
Vergleich zu den Rotbuchenwäldern Mitteleuropas fehlen im südlichen Kaukasus die beiden
Eichenarten Quercus robur und Q. petraea. An deren Stelle tritt hier Quercus iberica, die aber die
schattigen Buchenwälder meidet.
An höheren Sträuchern nemoraler Wälder kommen nur Corylus avellana und Sambucus nigra
regelmäßig vor. Sie entwickeln sich jedoch, ebenso wie die endemischen Straucharten Philadelphus
caucasius, Staphylea colchica und Euonymus leiophloea, üppig nur an Stellen mit länger aufgelich-
teter Baumschicht. Unter den Bedingungen des humiden kolchischen Klimas besteht der Unterwuchs
vor allem aus immergrünen Sträuchern des reliktischen kolchischen Florenelementes wie Rhododen-
dron ponticum, Prunus laurocerasus und Ilex colchica. Einige sommergrüne endemische Strauch-
arten (Vaccinium arctostaphylos, Viburnum orientale) sind besonders eng an Orientbuchenwälder
gebunden. Die meisten Gehölze des kolchisch-euxinischen Unterwuchses bilden Polykormone, die
sich schon bei geringer Auflichtung des Waldes stark ausbreiten und dicht schließen und so die
natürliche Waldverjüngung hemmen. Sie haben jedoch an Hängen eine sehr wichtige Schutzfunktion
gegen Bodenerosion. Für die kaukasischen Buchenwälder des humiden und semihumiden Klimas
sind bis in Höhen von 1000 m ü. NN ferner endemische Efeuarten kennzeichnend (Hedera colchica,
im Osten H. pastuchowii), die oft bis in die Baumkronen klettern.
Im Hinblick auf die große Mannigfaltigkeit der Standortbedingungen im Areal der Orientbuchenwäl-
der ist die Artenausstattung der Krautschicht eher bescheiden. Dies ist nicht zuletzt auf den Einfluß
der dominierenden Baumart zurückzuführen, die die Standortunterschiede teilweise ausgleicht bzw.
überdeckt. Zusammen mit zahlreichen für mitteleuropäische Buchenwälder typischen Arten wie
Galium odoratum, Dryopteris filix-mas, Melica uniflora, Cardamine bulbifera, Impatiens noli-
tangere, Circaea lutetiana findet man auch einige für Orientbuchenwälder spezifische Arten, die
sich für die Differenzierung von Höhenstufen sowie von regionalen oder edaphischen Ausbildungen
eignen. Daneben gibt es Krautarten, die auf bestimmten Standorten und unter bestimmten Bedingun-
gen zur Massenentfaltung neigen: Festuca drymeja, Rubus hirtus, Pachyphragma macrophyllum,
Brachypodium sylvaticum, Athyrium filix-femina, Oreopteris limbosperma, Matteuccia struthiopteris
und Petasites albus. Weitere stete Arten, jedoch mit meist geringem Deckungsgrad, sind Poa
nemoralis, Luzula forsteri, Cephalanthera longifolia, C. rubra, Neottia nidus-avis, Polygonatum
orientale, Cardamine impatiens, C. quinquefolia, Euphorbia macroceras, Sanicula europaea, Salvia
glutinosa, Calamintha grandiflora und Paris incompleta.

314
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.6

Die Moosschicht ist meist schwach entwickelt und artenarm; bodendeckende Moose sind selten. Die
Garnitur der saprophytischen und epiphytischen sowie der auf Steinen wachsenden Moose ist nicht
vegetationsspezifisch. Die Flechtenflora an Baumstämmen und in den Baumkronen ist dagegen
ziemlich artenreich, besonders in den oberen Höhenlagen.
Die Flora der Orientbuchenwälder weist viele gemeinsame Arten mit mittel- und südosteuropäi-
schen Rotbuchenwäldern auf. Die Gefäßpflanzengarnitur der Orientbuchenwälder unterscheidet sich
jedoch auch deutlich durch zahlreiche geographische, teils regional-endemische Differentialarten:
Neben der dominierenden vikariierenden Fagus sylvatica subsp. orientalis durch Mischbaumarten
wie Quercus hartwissiana, Q. castaneifolia, Tilia begoniifolia, Acer cappadocicum, A. velutinum;
durch Sträucher wie Rhododendron ponticum, R. ungernii, R. luteum, Prunus laurocerasus, Ilex
colchica, I. stenocarpa, I. hyrcana, Buxus colchica, Vaccinium arctostaphylos, Viburnum orientale,
Daphne pontica, Philadelphus caucasicus, Staphylea colchica, Rhamnus imeretina, Lonicera
steveniana, Ruscus colchicus, Hedera colchica, H. pastuchowii, ferner durch krautige Pflanzen wie
Pachyphragma macrophyllum, Trachystemon orientalis, Cardamine quinquefolia, Symphytum
ibericum, Polystichum woronowii, Epimedium pubigerum, Aristolochia iberica, Brunnera macro-
phylla. Einige der geographischen Differentialarten (z. B. Ilex colchica, Ruscus colchicus, Cornus
sanguinea subsp. australis, Lonicera steveniana, Corylus colchica, Asarum ibericum, A. intermedi-
um, Paris incompleta, Primula woronowii, Campanula rapunculoides subsp. cordifolia) stehen den
analogen west- und mitteleuropäischen Arten sehr nahe. Sie bilden mit ihnen Paare geographisch
vikariierender Arten.

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


HORVAT, GLAVA„ & ELLENBERG (1974) haben für die südeuxinischen Orientbuchenwälder Südost-
europas (Hauptverbreitung im Istranca-Gebirge) den Verband Rhododendro pontici-Fagion orien-
talis aufgestellt mit zwei Assoziationen: Dem „zonalen“ Beerstrauch-Orientbuchenwald (Vaccinio
arctostaphyli-Fagetum orientalis, entspricht F161) und dem „azonalen“ Rhododendron-Orientbu-
chen-Schluchtwald (Rhododendro pontici-Fagetum orientalis, entspricht F162). PASSARGE (1981),
dessen Vegetationsaufnahmen vom Südabfall des mittleren Großen Kaukasus stammen (Bereich der
KE F164), hat für die syntaxonomische Einordnung der kaukasischen Orientbuchenwälder den von
HORVAT, GLAVA„ & ELLENBERG (1974) aufgestellten Verband Rhododendro pontici-Fagion orien-
talis in drei Unterverbände gegliedert, die die verschiedenen Höhenstufen kennzeichnen: Orvo-Fa-
genion orientalis, Dentario-Fagenion orientalis, Petasito-Fagenion orientalis. Für die azidophilen
Orientbuchenwälder hat er den Verband Vaccinio-Fagion orientalis (Zohary 1973) Passarge 1981
aufgestellt. Er hat die beiden Verbände in der Ordnung Rhododendro pontici-Fagetalia orientalis
(Soó 1964) Passarge 1981 zusammengefaßt und in die Klasse Carpino-Fagetea orientalis (Zohary
1973) Passarge 1973 gestellt.

Makroklimatische Gegebenheiten
Die Jahresmitteltemperatur erreicht an der oberen Verbreitungsgrenze der Orientbuchenwälder (mit
Ausnahme der hyrkanischen und westeuxinischen Wälder) 4-6 °C, das Januarmittel schwankt
zwischen -5 und -8,5 °C, die Juli- und August-Mittel betragen 12,5-13,5 °C. An der unteren Grenze

315
Formation F.6 Karte der natürlichen Vegetation Europas

mit dem am stärksten humiden Klima liegen die entsprechenden Werte bei 13-14 °C (Jahr), 4-5 °C
(Januar) und 22-23 °C (Juli/August).
Im subkontinentalen Klimabereich beträgt das Jahresmittel 10-12 °C, das Januarmittel -1,5 bis 3 °C,
das Augustmittel 19-21 °C. Die Jahresamplitude der Monatsmitteltemperaturen schwankt an der
unteren Verbreitungsgrenze, je nach Kontinentalität des Klimas, zwischen 16 und 23,5 °C, an der
oberen Grenze zwischen 17,5 und 22 °C.

Standortbedingungen
Die Orientbuchenwälder wachsen auf unterschiedlichen geologischen Substraten und in verschie-
dener topographischer Situation. Am besten sind sie auf Schiefer- und Kalkgesteinen entwickelt. Die
meisten der bis heute erhaltenen Waldbestände sind an steile Hänge mit Neigungen von 20-38/
gebunden. An flachen Hängen (Neigung <15/) sind sie wegen des starken anthropogenen Einflusses
nur noch selten anzutreffen. Auf den mehr oder weniger ebenen Terrassen der Bachtäler, an Unter-
hängen und in Schluchten wird die Buche meistens von anderen Baumarten begleitet. Die Orient-
buchenwälder spielen überdies als Schutzwälder im Gebirge eine wichtige Rolle.
Die Böden sind meist skelettreiche, mäßig saure bis neutrale Braunerden (Cambisole), teilweise sind
die Böden lessiviert, teils etwas podsoliert oder pseudovergleyt.

Rolle im Landschaftsgefüge
Die Ausbildungsformen der Orientbuchenwälder sind trotz der relativen Armut an Gefäßpflanzen
sehr mannigfaltig. Für ihre Differenzierung sind drei Faktorenkomplexe verantwortlich:
a) die regionalen makroklimatischen Unterschiede,
b) die höhenklimatische Abfolge,
c) die Standorteigenschaften (Exposition, Mikroklima, Trophie, Wasserhaushalt und Gründigkeit
bzw. Skelettgehalt der Böden).

Im extrem humiden Klima der Kolchis weisen die Wälder mit Orientbuche eine Höhenspanne von
0 bis nahezu 2200 m auf; sie kommen vom Meeresniveau mit ausgesprochen warm-temperatem
Klima bis zur subalpinen klimatischen Waldgrenze vor. Die Kartierungseinheiten der Formation F.6
umfassen jedoch nur den Teil des Orientbuchenareals, wo Fagus sylvatica subsp. orientalis als
Waldbildner vorherrscht.
Die Hauptverbreitung der Orientbuchenwälder liegt zwischen (900) 1000 und 1500 (1600) m über
dem Meeresspiegel. Im humiden Klimagebiet reicht die Untergrenze bis etwa 600 m Meereshöhe, im
humidesten Teil mit Jahresniederschlägen von 1500-3000 (4500) mm sinkt sie stellenweise bis auf
400-300 m ab; im subkontinentalen Klima (Jahresniederschläge 650-700 mm) reicht die Untergrenze
dagegen nur bis in Höhen um 1200-1300 m ü. NN.
Die Obergrenze liegt in Gebieten, wo Nadelwälder anschließen, bei etwa 1500 (1600) m, in den
hyperhumiden Gebieten der Kolchis, wo Nadelwälder als oberste Waldstufe fehlen, bei etwa
2000 m. Hier sind die Buchenwälder infolge der hohen Schneelagen im Winter als Krummholz-
Buchenwälder ausgebildet; der immergrüne Unterwuchs ist hier durch die Schneebedeckung
frostgeschützt.

316
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.6

In den unteren Höhenlagen werden die Orientbuchenwälder – je nach Klimagebiet – von kauka-
sischen Hainbuchen-Eichenmischwäldern (F168-F171), Hainbuchen-Kastanien-Eichenwäldern
(F165) sowie von kolchischen oder hyrkanischen Eichenmischwäldern (H1-H3) abgelöst. In weniger
humidem Klima nehmen sie vor allem nordexponierte Hänge und schattige Schluchten ein, während
trockene und sonnige Hänge von thermophilen Hainbuchen-, Hainbuchen-Eichen- und Eichenwäl-
dern besiedelt werden.

Erhaltungszustand, Naturschutz
Bis in die vierziger Jahre existierten in Transkaukasien und teils auch im Nordkaukasus noch
ziemlich große Bestände vom Menschen wenig beeinträchtigter Orientbuchenwälder. Heute sind
davon nur noch wenige Reste erhalten geblieben: Die meisten gutwüchsigen Bestände wurden
geschlagen, so daß nur die weniger ertragreichen übriggeblieben sind. Wälder mit weitgehend
natürlicher Bestandesstruktur sind kleinflächig noch in einigen strengen Naturschutzgebieten und
Nationalparken in der Kaukasusregion (z. B. Kavkazsky, Ritsa, Gumista, Lagodekhi, Zakatala,
Borjomi), stellenweise auch noch in schwer zugänglichen Gebirgsteilen zu finden.

Gliederung in Untereinheiten
Die Formation F.6 der Orientbuchenwälder und Hainbuchen-Orientbuchenwälder umfaßt insgesamt
6 Kartierungseinheiten. Diese sind vor allem nach strukturellen Merkmalen – mit oder ohne immer-
grünen Unterwuchs, Komplexe verschiedener Waldgesellschaften – und nach ihrer spezifischen,
geographisch-ökologisch-vegetationsgeschichtlich bedingten Artenverbindung differenziert.
Zwei Einheiten (F161, F162) kommen im westeuxinischen Raum, in Ostbulgarien und der Nord-
westtürkei vor. Sie weisen in Strauch- und Krautschicht viele gemeinsame Arten mit den kolchi-
schen Orientbuchenwäldern auf und unterscheiden sich untereinander durch klimabedingtes Vor-
handensein bzw. Fehlen eines immergrünen Unterwuchses aus Prunus laurocerasus und Rhododen-
dron ponticum. Geographische Differentialart für diese Einheiten ist Tilia tomentosa.
Drei Einheiten (F163-F165) sind großflächig im Großen und Kleinen Kaukasus verbreitet. F163 ist
durch immergrünen Strauchunterwuchs und zahlreiche kolchische Endemiten bzw. Reliktpflanzen
ausgezeichnet und besiedelt den besonders humiden und niederschlagsreichen Westteil, namentlich
die dem Schwarzen Meer zugewandten Berghänge am Rande der Kolchis. Die Einheit nimmt die
Montanstufe zwischen den hygrophilen kolchischen Laubmischwäldern mit immergrünem Unter-
wuchs (H1, F169) und den hochmontanen Gebirgsnadelwäldern mit Abies nordmanniana und Picea
orientalis (D32, D33) bzw. der subalpinen Krummholzvegetation mit Quercus pontica, Betula
medwediewii, B. litwinowii und Rhododendron caucasicum (C41, C42, C45) ein.
F164 kennzeichnet als nahezu geschlossenes Band den montanen Laubwaldgürtel am Nordabfall und
am östlichen Südabfall des Großen Kaukasus sowie am Nordostabfall des Kleinen Kaukasus. Sie hat
von allen Einheiten der Orientbuchenwälder die größte Ausdehnung und deckt das weiteste Stand-
ortspektrum ab. Ihr fehlen wegen des insgesamt niederschlagsärmeren und weniger humiden Klimas
weitgehend (bis auf einige Sonderstandorte) der immergrüne Unterwuchs und die entsprechenden
kolchischen Arten. Dafür spielen hier weiter verbreitete mesophile Gehölze und Krautarten wie
Corylus avellana, Sambucus nigra, Rubus hirtus, R. caucasicus, Festuca drymeja, Galium odoratum,

317
Formation F.6 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Circaea lutetiana, Cardamine bulbifera, C. quinquefolia, Melica uniflora eine wichtige Rolle. Die
Kontaktvegetation nach oben bilden überwiegend subalpine Birkenmischwälder (Betula litwinowii,
Acer trautvetteri, C41, C43, C44, C46), Kiefernwälder (Pinus kochiana, D64) und – im Kleinen
Kaukasus – Eichenbuschwälder (Quercus macranthera, F172). Nach unten schließen thermophile
Hainbuchen-Eichenwälder (F167, F168, F170) und Waldsteppen (L8) an.
Die Einheit F165 kommt nur im Einzugsgebiet des Alazani-Flusses am Südabfall des östlichen
Großen Kaukasus vor. Sie bildet hier den Übergang zwischen den montanen Orientbuchenwäldern
(F164) und den thermophilen transkaukasischen Eichenmischwäldern mit Quercus iberica, Carpinus
betulus und C. orientalis (F170). Diese Laubwälder weisen bereits Elemente der hyrkanischen
Mischwälder auf: Acer velutinum, Hedera pastuchowii u. a.
Die Einheit F166 ist auf die Montanstufe des Talysch-Gebirges beschränkt. Die Orientbuchenwälder
enthalten hier zahlreiche hyrkanische Endemiten (Acer velutinum, Hedera pastuchowii, Danae
racemosa u. a.) und stehen im Kontakt zu bzw. im Wechsel mit hyrkanischen Laubmischwäldern
(H2, H3) mit Quercus castaneifolia, Parrotia persica, Zelkova carpinifolia. Nach oben und zum
Gebirgsinneren schließen in diesem Gebiet Gebirgssteppen und Dornpolstergesellschaften (M11,
N8) an.

Literatur
DOLUCHANOV 1980, 1989; HORVAT, GLAVA„ & ELLENBERG 1974, KREVER, ZAZANASHVILI, JUNGI-
US, WILLIAMS & PETELIN (Ed.) 2001; NACHUCRIŠVILI 1999; PASSARGE 1981; SCHMIDT 2003;
WALTER 1974.

318
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.7

F.7 Kaukasische Hainbuchen-Eichenmischwälder (Quercus robur, Q. petraea,


Q. iberica, Q. pedunculiflora, Q. macranthera, Carpinus betulus, C. orientalis
u. a.)
Armen G. Doluchanov, mit Beiträgen von Udo Bohn

Charakterisierung und typologische Abgrenzung; geographische Verbreitung


In dieser Formation sind alle mesophilen, thermophilen und xerophytischen krimisch-kaukasischen
Hainbuchen-Eichenmischwälder zusammmengefaßt. Entsprechend sind die Wälder, sowohl was die
Artenzusammensetzung als auch was die Standortansprüche betrifft, sehr verschiedenartig. Für die
Zusammenstellung dürften vor allem geographische und pflanzengeographische Gesichtspunkte
ausschlaggebend gewesen sein.
Die dominierenden Baumarten der einzelnen Kartierungseinheiten sind allerdings nicht auf die Kau-
kasusregion beschränkt. Verbindendes Element dieser Eichenmischwälder ist unter den Baumarten
einzig die Hainbuche (Carpinus betulus), die in der Literatur bisher als geographisch eigenständige
Kaukasus-Hainbuche (Carpinus caucasica) betrachtet wurde. Dies war sicher ein gewichtiger Anlaß,
eine eigene Gruppe kaukasischer Kartierungseinheiten innerhalb der mesophytischen sommergrünen
Laubwälder (Formation F) auszuscheiden. Nach heutigem Kenntnisstand wäre ihre Aufgliederung
und Zuordnung zu den überwiegend mesophytischen Eichen-Hainbuchenwäldern (F.3 bei F167,
F168, F171) und zu den thermophilen bzw. xerophytischen Eichenmischwäldern (Formation G bei
F169, F170) als eigenständige geographische Ausbildungen sicher zweckmäßiger.
Die Verbreitung dieser Gruppe mesophiler bis xerophytischer Hainbuchen-Eichenmischwälder er-
streckt sich vom Krimgebirge über die Vorberge und Vorgebirgsebenen des Großen Kaukasus, den
sie als fast geschlossener Gürtel umgibt, bis in die Randgebirge des Kleinen Kaukasus und des
Talysch-Gebirges (vgl. Karte 9).

Bestandesstruktur und Physiognomie; floristische Zusammensetzung


Die heterogene Gruppe von Kartierungseinheiten enthält 5 verschiedene, teils nahe verwandte Ei-
chenarten, die in jeweils einer (bis zwei) Einheit(en) zur Vorherrschaft gelangen oder Mischbestände
mit Hainbuchen und anderen sommergrünen Baumarten bilden. Es sind dies Quercus robur,
Q. pedunculiflora, Q. petraea, Q. iberica und Q. macranthera. Quercus robur und Q. pedunculiflora
stellen zwei nahe verwandte, sich geographisch ersetzende (vikariierende) Eichenarten dar. Quercus
robur bildet Waldbestände in den Ebenen und Vorgebirgen des Nordkaukasus (F168). Q. pedunculi-
flora kommt als bestandsbildende Baumart in Flußtälern und in den Vorgebirgsebenen Osttranskau-
kasiens vor (F171). Beide Eichenwaldtypen sind an fluviatile und kolluviale Ablagerungen (ein-
schließlich der Auenterrassen) gebunden. Auf den von primären Gesteinen gebildeten Berghängen
und in Lagen oberhalb 700 m ü. NN kommen sie gewöhnlich nicht vor. Abgesehen von diesen
ökologisch ähnlichen Ansprüchen repräsentieren die beiden Typen verschiedene Klimabedingungen
und sind räumlich getrennt. Quercus petraea und Q. iberica sind ebenfalls vikariierende Arten auf
verschiedenen Seiten des Kaukasus-Hauptkammes (F167 und F169, F170). Im Unterschied zu den
vorigen Eichenarten wachsen die letztgenannten sowohl im Gebirge als auch in den Vorbergen und
steigen bis in Höhen von 1000 bzw. 1700 m auf. In Lagen über 1400 m wird Quercus iberica in

319
Formation F.7 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Osttranskaukasien durch Q. macranthera ersetzt; diese von den übrigen Eichentaxa systematisch
isolierte Art steigt bis zur oberen Gebirgswaldgrenze bei 2300-2600 m hinauf (F172). Die Iberische
(oder Grusinische) Eiche (Quercus iberica) steht morphologisch der Traubeneiche (Q. petraea) sehr
nahe und wurde bisher meist als deren Unterart geführt. Sie unterscheidet sich allerdings öko-phy-
siologisch deutlich von ihr durch größere Trockenheitsresistenz und Wärmebedürftigkeit. Entspre-
chend löst sie Quercus petraea in den wärmeren und vor allem sommertrockeneren Gebieten auf der
Nordost- und Südabdachung des Großen Kaukasus als waldbildende Art ab und besiedelt hier die
trockensten Waldstandorte. Vermutlich war sie früher auch in den heute waldfreien Steppengebieten
Transkaukasiens weit verbreitet. Sie bildet sowohl Reinbestände als auch Mischwälder mit der
Gewöhnlichen Hainbuche (Carpinus betulus) auf frischeren Standorten und mit der Orienthainbuche
(C. orientalis) an trockenwarmen Hängen. Weitere häufige Mischbaumarten sind Acer cappa-
docicum, Sorbus torminalis und Fraxinus excelsior. Anders als die Traubeneiche in Mitteleuropa
kommt Quercus iberica niemals zusammen mit Fagus sylvatica subsp. orientalis in geschlossenen
Waldbeständen vor, da sie mit der Orientbuche auf für diese geeigneten Standorten nicht kon-
kurrieren kann. Der Strauch- und Krautunterwuchs der Quercus iberica-(Misch)wälder ist infolge
der Lichtdurchlässigkeit des Kronendaches und der Standortvielfalt sehr artenreich und vielgestaltig.
Insbesondere auf Kalkstein und auf steinig-felsigen Extremstandorten weist er zahlreiche gebiets-
spezifische Arten und Endemiten auf.
Die Flora der krimisch-kaukasischen Eichenmischwälder ist sehr artenreich. Dies liegt einmal an der
spezifischen Struktur der Eichenwälder, zum anderen an der Lage der Kaukasischen Landenge im
Kontaktbereich zu pflanzengeographisch sehr unterschiedlichen Gebieten: pontische, ost-sub-
mediterrane, orientalische und turanische Florenregion. Im Gebiet der Kaukasischen Landenge
liegen spezifische Artbildungszentren: kolchisch, hyrkanisch, großkaukasisch, dagestanisch, ara-
xisch. Weiteren Einfluß haben die Kontakte der Eichenmischwälder mit anderen Waldtypen, mit
Waldsteppen, mit xerophytischer Gebirgsvegetation, mit Fels-, Schutt- und subalpiner Vegetation.
Dies hat in der Vergangenheit zur Adaptation einiger Pflanzen aus ursprünglich offenen Lebens-
räumen an die Lebensbedingungen in Eichenwäldern beigetragen. Innerhalb des Areals der Formati-
on wurden über 3800 Gefäßpflanzenarten nachgewiesen, wovon mehr als die Hälfte in Eichenwäl-
dern wächst.
Die Flora der krimisch-kaukasischen Eichenmischwälder zeichnet sich zunächst durch einen Grund-
stock nemoraler Laubwaldarten aus: Corylus avellana, Cornus mas, C. sanguinea subsp. australis,
Crataegus pentagyna, C. rhipidophylla, Frangula alnus, Euonymus latifolia; Galium odoratum,
Sanicula europaea, Solidago virgaurea, Carex digitata. Zusätzlich spielen krimisch-kaukasische
Florenelemente eine bedeutende Rolle, z. B. Acer cappadocicum, Crataegus microphylla; Achillea
biserrata, Polygonatum glaberrimum, Clinopodium umbrosum, Lathyrus roseus, Campanula rapun-
culoides subsp. cordifolia, Dactylorhiza euxina. Stellenweise haben auch regionale Endemiten eine
große Bedeutung, so Acer hyrcanum, A. hyrcanum subsp. stevenii, Pyrus zangezura, P. syriaca, Car-
pinus schuschaensis; Lonicera iberica, Euonymus velutina, Dictamnus caucasicus, Lilium martagon
subsp. caucasicum, Dioscorea caucasica, Centaurea dealbata, verschiedene Epimedium-Arten u. a.
Sie konzentrieren sich in Kalkgebirgen der Kolchis und in Hyrkanien. Eine spezifische Flora findet
sich ferner in lichten, hemixerophilen Eichenwäldern an trockenen, sonnigen Hängen.

320
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.7

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Eine eingehende syntaxonomische Bearbeitung der Kaukasischen Hainbuchen-Eichenwälder steht
noch aus. Wie bereits eingangs erwähnt, dürfte ein Teil der Einheiten zum Carpinion betuli Issler
1931 innerhalb der Querco-Fagetea zu stellen sein (F167, F168, eventuell F171) und die übrigen –
wenigstens teilweise (F169, F170) – zu den Quercetalia pubescenti-petraeae Klika 1933 innerhalb
der Quercetea pubescentis.
PASSARGE (1981) hat für die kaukasischen Hainbuchen- und Eichen-Hainbuchenwälder – unter der
Annahme, es handle sich um eine eigenständige Carpinus-Spezies, – eine eigene Ordnung (Lathyro-
Carpinetalia caucasicae) mit zwei Verbänden (Astrantio-Carpinion caucasicae, Crataego-Carpini-
on caucasicae) innerhalb der Querco-Fagetea aufgestellt (RODWELL et al. 2001).

Makroklimatische Gegebenheiten
Die Klimadaten umfassen wegen der breiten Standortamplitude der Kartierungseinheiten eine weite
Spanne: Die mittlere Jahrestemperatur liegt je nach Höhenstufe und Lage zum Meer zwischen 6 und
14 °C, in der hochmontanen Stufe von F172 jedoch nur zwischen 2,5 und 6 °C. Entsprechend betra-
gen die Durchschnittstemperaturen des wärmsten Monats (August) 16-25 °C (bzw. 12-17 °C in den
Hochlagen), die des kältesten Monats -3 bis 6 °C; in den hochmontanen Lagen sinkt das Temperatur-
mittel für den kältesten Monat auf -4 bis -9 °C ab. Die jährlichen Niederschlagsmengen schwanken
meist zwischen 450 und 850 mm; in der Kolchis liegt das Maximum bei 2000 mm.

Standortbedingungen
Das Relief im Bereich der kaukasischen Hainbuchen-Eichenmischwälder ist recht vielgestaltig.
Mehrheitlich handelt es sich um Hänge unterschiedlicher Exposition und Neigung in kollin-submon-
taner bis hochmontaner Lage (300-1600 m), die hochmontane Einheit F172 liegt in der Höhenstufe
zwischen 1400 und 2600 m. Daneben werden von den kaukasischen Hainbuchen-Eichenmischwäl-
dern Ebenen, Vorgebirgsplateaus, Flußterrassen, Auen und Schuttfächer (F168, F171) besiedelt.
Die Böden sind in der Regel basenreiche Braunerden unterschiedlicher Gründigkeit, Parabraunerden
und Rendzinen, ferner degradierte Schwarzerden, Pseudogleye und Gleye.

Rolle im Landschaftsgefüge, Erhaltungszustand, Landnutzung, Ersatzgesellschaften; Natur-


schutz
Im Krimgebirge bilden die Hainbuchen-Eichenmischwälder die Zone zwischen den thermophyti-
schen Orienthainbuchen-Flaumeichenwäldern und den montanen Buchenwäldern. Im Kaukasusge-
biet grenzen die Hainbuchen-Eichenmischwälder je nach geographischer und klimatischer Situation
nach unten an Waldsteppen, Steppen und Wüsten, im Westen ferner an das Schwarze Meer bzw. an
hygrophile thermophytische Laubmischwälder der Kolchis. Nach oben werden sie meist von mon-
tanen Orientbuchenwäldern abgelöst, im Süden (Kleiner Kaukasus) auch von subalpiner Krumm-
holzvegetation.
Reale Waldbestände nehmen heute als Folge langdauernder anthropogener Einwirkungen meist die
für ihr Wachstum weniger günstigen Lagen ein. Die potentiellen Verbreitungsgebiete in den trans-
kaukasischen Vorgebirgen und Tälern sind schon sehr lange vom Menschen besiedelt. Deshalb feh-

321
Formation F.7 Karte der natürlichen Vegetation Europas

len Eichenmischwälder an solchen Stellen praktisch vollständig, und selbst die auf weniger produkti-
ven Standorten (arme und flachgründige Böden) erhalten gebliebenen Eichenmischwälder sind mei-
stens vom Menschen stark beeinträchtigt. Die heutigen Bestände und ihre Ersatzgesellschaften (z. B.
Niederwälder und Gebüsche) liefern folglich nur eine ungenaue und unvollständige Vorstellung über
Struktur und Artenzusammensetzung der natürlichen Eichenmischwälder und ihre Ausbildungs-
formen.
Als Ersatzgesellschaften der Hainbuchen-Eichenmischwälder treten je nach menschlichem Einfluß
Carpinus betulus- bzw. C. orientalis-Niederwälder sowie Eichen-Forste auf. Bei weitergehender
Zerstörung durch Holznutzung und Beweidung entstehen Schibljak-Gebüsche mit Carpinus orienta-
lis, Cotinus coggygria, Cornus mas, C. sanguinea subsp. australis, Crataegus pentagyna und ande-
ren Sträuchern. Weitere Degradierung führt zu Bothriochloa ischaemum-Rasen und steppenartiger
Vegetation. Auf tiefgründigen Standorten wurden die Wälder in landwirtschaftliche Nutzflächen mit
Weiden, Wiesen und Äckern (Getreide, Mais) sowie Wein- und Obstkulturen umgewandelt.
Die meisten heutigen Eichenwaldbestände wurden künstlich begründet. Eine Naturverjüngung fehlt
in manchen Fällen gänzlich. Die bisher in Naturschutzgebieten repräsentierten Eichenmischwälder
zeigen nur einen winzigen Ausschnitt aus der zönotischen Mannigfaltigkeit der krimisch-kaukasi-
schen Hainbuchen-Eichenmischwälder. Die Schutzgebiete zur Erhaltung und Regeneration natur-
naher Waldbestände bedürfen deshalb der Erweiterung und Ergänzung.

Gliederung in Untereinheiten
Die Gliederung in Kartierungseinheiten erfolgte nach dominierenden Baumarten, charakteristischen
Baumartenkombinationen und ökologischen Gesichtspunkten. Die Reihenfolge der Einheiten richtet
sich nach der geographischen Lage in der Abfolge von Nordwest nach Südost.

F.7.1 Kollin-submontane bis montane Ausbildungen


Bei den krimisch-nordkaukasischen Traubeneichenmischwäldern (F167) handelt es sich überwie-
gend um thermophile bis xerophytische Laubwälder aus vorherrschender Quercus petraea mit unter-
schiedlicher Beimischung von Carpinus betulus, Fraxinus excelsior, Quercus pubescens und Car-
pinus orientalis, im Nordkaukasus auch mit Quercus hartwissiana und Acer cappadocicum. Die
Hauptverbreitung liegt im submontanen Bereich auf basenreichen Böden über Karbonatgesteinen.
Sie stehen vielfach in engem Kontakt mit Flaumeichenwäldern und xerophytischen Nadel-Licht-
wäldern sowie sonstiger halboffener Trockenvegetation. Nach oben schließen zumeist Buchenwälder
(auf der Krim Fagus sylvatica subsp. moesiaca, sonst F. sylvatica subsp. orientalis) an. Das Areal
erstreckt sich vom Krimgebirge über die westlichen Ausläufer des Großen Kaukasus und inselartige
Vorkommen am Nordabfall des Großen Kaukasus bis nach Dagestan.
In den nordkaukasischen Stieleichen- und Hainbuchen-Stieleichenwäldern (F168) herrschen Quer-
cus robur und Carpinus betulus vor, vielfach mit Beimischung von Fraxinus excelsior und Acer
cappadocicum. Ihr Areal zieht sich als unterbrochenes Band am Nordfuß des Großen Kaukasus hin.
Die Standorte sind frisch bis feucht, oft auf grundwasserbeeinflußten Terrassen oder staufeuchten
Verebnungen. Der Struktur und Artenverbindung nach dürften sie den feuchten Stieleichen-Hain-
buchenwäldern Mittel- und Südosteuropas sehr nahe stehen. Von diesen lassen sie sich durch kauka-

322
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.7

sische Differentialarten (z. B. Acer cappadocicum, Pyrus caucasica, Helleborus caucasicus, Arum
orientale, Convallaria transcaucasica) abgrenzen. Ihre Kontaktgesellschaften nach unten sind Wald-
steppen (L7, L8) und kräuterreiche Grassteppen (M1) sowie Auenwälder (U21), nach oben schließen
in der Regel Orientbuchenwälder (F164) an.
Die Einheit F169 stellt einen Komplex aus thermophilen bis xerophytischen Eichenmischwäldern
(Quercus iberica mit Carpinus betulus und/oder C. orientalis) und meso- bis hygrophilen Hain-
buchen-Kastanien-Orientbuchenmischwäldern (Fagus sylvatica subsp. orientalis, Castanea sativa,
Carpinus betulus) dar, der an den unteren bis mittleren Berghängen der Kolchis verbreitet ist. Sie
schiebt sich hier als schmales, teilweise unterbrochenes Band zwischen die hygrophilen kolchischen
Mischwälder der Tieflagen (H1) und die montanen kolchischen Orientbuchenwälder mit immer-
grünem Unterwuchs (F163). Die xerophytischen Eichenmischwälder sind in diesem Komplex auf
trockene und flachgründige, sonnseitige Hanglagen in vorwiegend meeresabgewandter Exposition
beschränkt. Die Hainbuchen-Kastanien-Orientbuchenmischwälder besiedeln dagegen die feuchteren
meeresseitigen und schattigen Hänge sowie luftfeuchte Taleinschnitte und Schluchten. Sie sind – im
Gegensatz zu den Eichenmischwäldern – vielfach durch immergrünen Unterwuchs gekennzeichnet.
Die Quercus iberica-Mischwälder der Kartierungseinheit F170 stellen die am weitesten verbreiteten
und am stärksten xerophilen Laubwaldtypen der Kaukasusregion dar. Sie sind typisch für die som-
merwarmen und niederschlagsarmen Berglandgebiete Transkaukasiens sowie am Nordostabfall des
Großen Kaukasus. Sie bilden hier einen nahezu geschlossenen Gürtel in der submontanen bis mon-
tanen Höhenstufe und vermitteln zwischen den von Natur aus bzw. anthropogen waldarmen bis
waldfreien Steppen- und Wüstengebieten der Tieflagen und den Orientbuchenwäldern, örtlich auch
Tannen-, Fichten-, und Kiefern-Bergwäldern bzw. Quercus macranthera-Wäldern (im östlichen
Kleinen Kaukasus) der Montanstufe. Je nach Höhenlage, Exposition, Inklination und Gründigkeit
der Hangstandorte wechselt die Baumartenkombination innerhalb der Kartierungseinheit von xero-
phytischen Carpinus orientalis-Quercus iberica-Buschwäldern über monodominante Quercus ibe-
rica-Wälder bis hin zu meso-thermophilen Carpinus betulus-Quercus iberica-Wäldern. Neben der
ökologischen gibt es auch eine geographische Differenzierung der Eichenmischwälder innerhalb der
Kartierungseinheit, unter anderem mit anatolischen und hyrkanischen Florenelementen im Süden
und Südosten des Areals.
Bei der Kartierungseinheit F171 handelt es sich um wüchsige Carpinus betulus-Quercus pedunculi-
flora-Mischwälder mit Ulmus minor auf tiefgründigen, frischen bis feuchten Standorten in Tal-
niederungen, auf Vorgebirgsebenen und Schwemmfächern der Gebirgsflüsse im Ostteil des Großen
Kaukasus. Sie enthalten teilweise hyrkanische Arten wie Acer velutinum und Hedera pastuchowii.
Quercus pedunculiflora ist eine nahe Verwandte zu Q. robur und ersetzt sie im wärmeren Ostkauka-
sus und im östlichen Transkaukasien. Sie hat ihren Verbreitungsschwerpunkt in den dortigen Hart-
holzauenwäldern (U22).

F.7.2 Hochmontane Ausbildung


Die osttranskaukasischen hochmontanen Quercus macranthera-(Misch)wälder (F172) haben ihre
Hauptverbreitung in den klimatisch kontinentaleren Hochlagen des östlichen Kleinen Kaukasus und

323
Formation F.7 Karte der natürlichen Vegetation Europas

kommen kleinflächig auch an den östlichen Ausläufern des Großen Kaukasus vor. Sie nehmen dort
die Höhenstufen zwischen montanen Orientbuchenwäldern und subalpinen Buschwäldern, oder –
ganz im Süden – zwischen Carpinus-Quercus iberica-Wäldern und subalpiner Krummholzvegetati-
on ein. Ferner kommen sie auf Nordhängen im Bereich kleinkaukasischer (nordostanatolischer)
Gebirgssteppen vor. Innerhalb des Areals weisen sie eine große Mannigfaltigkeit hinsichtlich Struk-
tur und Artenzusammensetzung auf. Je nach Höhenlage, Exposition und Bodengründigkeit sind sie
mono- oder oligodominant ausgebildet; im unteren Bereich mehr als Mischwälder mit Carpinus
betulus, Fraxinus excelsior, Acer cappadocicum, A. platanoides, A. campestre, Tilia cordata, T. be-
goniifolia und anderen Gehölzen. Subalpine Buschwald- und Krummholzausbildungen wurden der
Formation C (C46, C47) zugeordnet. Die Waldgesellschaften sind insgesamt sehr artenreich mit
einem Grundstock aus weitverbreiteten nemoralen Waldarten und zahlreichen kaukasischen Regio-
nal- und Lokalendemiten.

Literatur
DOLUCHANOV 1989, 1992 (Mskr.); GROSSGEJM 1948; LVOV 1964; MACHATADZE 1941b; NACHU-
CRIŠVILI 1999; PRILIPKO 1954; SACHOKIA 1980; SCHMIDT 2003; WALTER 1974.

324
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation G

G Thermophile sommergrüne Laubmischwälder


Nicolae DoniÛ|, mit Beiträgen von Udo Bohn, Thomas Raus & Heinrich Wagner

Charakterisierung und typologische Abgrenzung; geographische Verbreitung


Die thermophilen sommergrünen Laubmischwälder fügen sich als überwiegend zonale Vegetation
und als wechselnd breiter, vielfach unterbrochener Gürtel zwischen die mesophilen Fallaubmisch-
wälder im Norden (Formation F), die Waldsteppen und Steppen im Südosten (Formationen L, M)
und die mediterranen immergrünen Hartlaubwälder und -gebüsche (Formation J) im Süden ein
(siehe Karte 13 und Übersichtskarte 1 : 10 Mio).
Ihre größte Flächenausdehnung und Formenvielfalt erreichen sie auf der Balkanhalbinsel und im
nördlich angrenzenden pannonischen Raum. Ihr Hauptverbreitungsgebiet liegt im Bereich der
submediterranen Florenregion (vgl. Karte 3).
Entsprechend ihrer Übergangsstellung zwischen den Formationen F, J und L, M lassen sie sich
floristisch und standörtlich durch folgende Merkmale charakterisieren:
1. Die Baumschicht setzt sich hauptsächlich aus wärmeliebenden bzw. trockenheitsresistenten
sommer- bis wintergrünen Laubbaumarten, vorwiegend Eichen, mit submeridionalem Verbrei-
tungsschwerpunkt zusammen (eine gewisse Ausnahme bilden die nördlichen sowie subkontinen-
talen Ausläufer und Vorposten mit dominierender Quercus petraea oder Q. robur).
2. In der meist artenreichen Krautschicht überwiegen meso- bis eutraphente thermophile bzw.
Trockenheit ertragende krautige Pflanzen, wohingegen mesophile Krautarten (im Unterschied zu
den meisten Einheiten der Formation F) weitgehend fehlen. Es herrschen mitteleuropäische und
submediterrane Florenelemente vor. Der Anteil mediterraner und pontischer Elemente nimmt
nach Süden bzw. Südosten zu. Die nächstverwandten Vegetationseinheiten der temperaten Zone
sind thermophile Eichen-Hainbuchenwälder und Waldsteppen. Im Süden gibt es fließende
Übergänge zu den mediterranen Hartlaubwäldern und -gebüschen.
3. Auch klimatisch nimmt das Areal der thermophilen Fallaubmischwälder eine Zwischenstellung
zwischen der mitteleuropäisch-temperaten und der mediterranen sowie pontischen Region ein,
wobei nach allen Richtungen fließende Übergänge bestehen. Das Temperaturklima ist wintermil-
der und sommerwärmer als im temperaten Bereich, jedoch winterkälter (mit regelmäßigen Frost-
und Schneeperioden) und nicht so extrem sommertrocken wie im eumediterranen Bereich oder
in der pontisch-turanischen Steppen- und Wüstenregion.
Innerhalb der temperaten Laubmischwaldzone nehmen die Einheiten der Formation G die trocken-
wärmsten Standorte ein, und sie gelten hier deshalb als besonders thermophil, innerhalb der mediter-
ranen Region konzentrieren sie sich dagegen auf die niederschlagsreicheren und im Sommer besser
wasserversorgten Standorte der supramediterranen Höhenstufe. Nach oben schließen hier vielfach
thermo- bis mesophile Buchenwälder des Mediterranbereichs an (insbesondere in Nordspanien,
Süditalien und Griechenland).

325
Formation G Karte der natürlichen Vegetation Europas

Der größte Teil des Areals dieser Wälder liegt auf den drei großen Mittelmeerhalbinseln: der
iberischen (nördliche Hälfte), der italienischen und der balkanischen. Auf den Mittelmeerinseln
kommen der Formation zugehörige Wälder vor allem auf Korsika, Sardinien und Sizilien in den
höheren Lagen vor, fehlen aber auf den Balearen und auf den meisten ägäischen Inseln (mit Aus-
nahme von Euböa, Thasos, Samothrake und Imroz).
Am weitesten nach Norden dringen die thermophilen Fallaubmischwälder als zonale Vegetation in
Zentraleuropa vor: relativ großflächig in Österreich, der Slowakei, Ungarn und Rumänien, mehr
inselartig – als extrazonale Vegetation auf Sonderstandorten – in der Schweiz, in Deutschland,
Tschechien und vor allem in Polen (besonders im zentralen und östlichen Teil des mittelpolnischen
Tieflandes). Breitere Ausläufer nach Norden haben sie auch in Frankreich (bis zur Loire). Nach
Osten erstreckt sich das Areal dieser Wälder mit isolierten Vorkommen über die Krimhalbinsel, die
Südhänge des westlichen Kaukasus bis zu den nordöstlichen Ausläufern des Großen Kaukasus. Im
südlichen Kaukasus sind kleinflächige Vorkommen und verwandte Einheiten in die Formation F.7
integriert. Außerhalb Europas sind solche Wälder großflächig vor allem in Kleinasien verbreitet.
In diesem sich über 17 Breitengrade (zwischen 36/ und 53/ nördl. Breite) und 57 Längengrade
(zwischen 9/ westl. Länge und 48/ östl. Länge) erstreckenden Areal sind die pflanzengeographi-
schen und standörtlichen Gegebenheiten naturgemäß sehr unterschiedlich und die natürlichen
Vegetationseinheiten entsprechend vielgestaltig.

Bestandesstruktur und floristische Zusammensetzung


Die floristische Zusammensetzung und der strukturelle Aufbau der thermophilen sommergrünen
Laubmischwälder sind äußerst vielgestaltig. Maßgeblich am Gesellschaftsaufbau beteiligt sind in
erster Linie thermophile sommergrüne, teils auch wintergrüne Quercus-Sippen: Quercus pubescens,
Q. dalechampii, Q. polycarpa, Q. cerris, Q. frainetto, Q. virgiliana, Q. pedunculiflora, im Süd-
westen außerdem Q. pyrenaica, Q. faginea, Q. faginea subsp. broteroi, Q. canariensis, in Süditalien
und im Westbalkan ferner die wintergrüne Q. trojana. Quercus petraea und Q. robur (sowie deren
Hybriden mit thermophilen Eichenarten) treten vor allem im nördlichen und subkontinentalen Teil
des Areals, in den extrazonalen Vorposten sowie in höheren Lagen (z. B. im Übergangsbereich zu
Eichen-Hainbuchen- und Buchenwäldern) als dominierende Baumarten auf. Neben den Eichen
kommen in bestimmten Gebieten und Kartierungseinheiten auch andere thermophile sommergrüne
Laubbäume zur Dominanz oder haben in vielen Einheiten wesentlichen Anteil am Bestandesaufbau
als Mischbaumarten: insbesondere Fraxinus ornus, Ostrya carpinifolia und Carpinus orientalis im
Mittelteil und Südosten des Areals. Charakteristische Mischbaumarten in großen Teilen des Ver-
breitungsgebiets sind Sorbus torminalis, S. domestica, S. aria, Ulmus minor, Acer campestre,
A. monspessulanum, Acer opalus, Prunus mahaleb und Pyrus pyraster. Dazu kommen Buxus
sempervirens im Westen sowie Acer tataricum und Tilia tomentosa vorwiegend im kontinentaleren
Ostteil des Areals. In frischen Ausbildungen oder im Kontakt zu mesophilen sommergrünen
Laubmischwäldern können Carpinus betulus, Fraxinus excelsior, Acer platanoides, A. pseudoplata-
nus, Tilia cordata, Prunus avium oder sogar Fagus sylvatica beigemischt sein (vgl. Tab. 16).

326
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation G

Die thermophilen Fallaubmischwälder sind gewöhnlich dreischichtig ausgebildet und mittel- bis
niedrigwüchsig (10-20 m), selten hochwüchsig. Bei dichtem Baumbestand können die Strauch-
schicht oder die Krautschicht recht spärlich sein, so daß die Bestände nur zwei deutlich ausgeprägte
Schichten aufweisen.
In der Regel bilden Quercus-Arten die obere und Mischbaumarten die untere Baumschicht. In den
heute anzutreffenden Waldbeständen ist der Anteil der Quercus-Arten oft anthropogen stark vermin-
dert, in manchen Beständen (z. B. Castanea sativa-Sekundärwäldern) können autochthone Baumar-
ten ganz fehlen. Viele reale Bestände haben zudem eine nutzungsbedingt aufgelichtete Baumschicht.
Die Strauchschicht ist meist gut entwickelt, weil durch die lockere Belaubung der Quercus-Arten
von Natur aus mehr Licht in das Bestandesinnere eindringt, ferner infolge anthropogener Auflich-
tung. Charakteristische und weitverbreitete Sträucher sind Cornus mas, Ligustrum vulgare, Vibur-
num lantana, Ruscus aculeatus, Crataegus monogyna, Prunus spinosa und Cotinus coggygria (im
Südosten). Im Westen kommen überdies Buxus sempervirens und Rubus ulmifolius, im Osten
Paliurus spina-christi, Hippocrepis emerus subsp. emerus und subsp. emeroides, Pistacia mutica
und Juniperus excelsa vor. Nicht selten sind auch mesophile Sträucher wie Corylus avellana,
Cornus sanguinea, Euonymus europaea u. a. in der Strauchschicht zu finden (vgl. Tab. 16). Die
südlichen Kartierungseinheiten weisen häufig immergrüne mediterrane Arten in der Strauchschicht
auf (z. B. Phillyrea latifolia, Arbutus unedo, Pistacia terebinthus, P. lentiscus, Viburnum tinus,
Erica arborea, Quercus coccifera).
In den thermophilen sommergrünen Laubmischwäldern sind vielfach auch Lianen und Spreiz-
klimmer anzutreffen (ohne aber strukturell besondere Bedeutung zu erlangen): Hedera helix, Cle-
matis vitalba, C. flammula, C. viticella, Tamus communis, Lonicera etrusca, L. caprifolium, L. peri-
clymenum, Rubia peregrina, Smilax aspera, Asparagus acutifolius u. a. (vgl. Tab. 16).
Die Krautschicht hat unterschiedlichen Deckungsgrad und ist reich an vorwiegend submeridional
verbreiteten Arten. Die wichtigsten sind Lithospermum purpurocaeruleum, Lathyrus niger, L. vene-
tus, Melittis melissophyllum, Tanacetum corymbosum, Silene coronaria, Potentilla micrantha,
Vincetoxicum hirundinaria, Brachypodium pinnatum, Physospermum cornubiense, Helleborus
odorus, H. foetidus, Mercurialis ovata, Polygonatum odoratum, Viola hirta. An Waldgräsern sind
Dactylis polygama, Brachypodium sylvaticum, Festuca heterophylla, Luzula forsteri und Poa
nemoralis häufig anzutreffen. Viele andere Arten differenzieren die Kartierungseinheiten regional:
Sesleria autumnalis, Helleborus multifidus, Symphytum ottomanum, Anemone apennina, Galium
pseudoaristatum, Lathyrus laxiflorus, Heptatera triquetra, Ramonda serbica, Haberlea rhodopensis,
Scutellaria columnae, Pulmonaria visianii, Paeonia peregrina, Crocus flavus, C. veluchensis u. a.
Lichte Ausbildungen mit Kontakt zu Felsen oder Trockenrasen werden z. B. durch Iris variegata,
Festuca rupicola, Stipa bromoides, Carex humilis, Veratrum nigrum, Vicia sparsiflora, Achillea
clypeolata, Delphinium fissum gekennzeichnet. In vielen thermophilen Wäldern sind auch mesophi-
le Krautarten wie Viola reichenbachiana, Stellaria holostea, Melica uniflora, Euphorbia amygdaloi-
des, Anemone ranunculoides, Primula acaulis u. a. vertreten.

327
Formation G Karte der natürlichen Vegetation Europas

Tab. 16: Verbreitung der wichtigsten Baum- und Straucharten der thermophilen sommergrünen Laubmischwälder
in den Untergruppen der Formation G.

Formations-Untergruppen G 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 4.1 4.2 4.3 4.4

Baumarten:
Quercus petraea d d . D x d (x) . . . d (x) (x) (x) (x) . . . . .
Quercus robur d d D . . (x) (x) . . . d (x) . (x). . . . . . .
Quercus cerris . . x . x D d x d d . (x) (x) x . (x) . . . .
Quercus frainetto . . . . x (x) d d (x) x . . . x . . . . . .
Quercus dalechampii . . . . d x x (x) . . . (x) (x) (x) . . . . . .
Quercus polycarpa . . (x) . d . x (x) . . . (x). . (x) . . . . . .
Quercus pubescens . . (x) x (x) (x) x x d d D D d d D x . . . .
Quercus virgiliana . . (x) . (x) (x) x . (x) d . d x x . x . . . .
Quercus pedunculiflora . . (x) . . (x) . . . d . . . (x) . . . . . .
Quercus trojana . . . . . . . (x) . . . . . . . D . . . .
Quercus pyrenaica . . . . . . . . . . . . . . . . D . . .
Quercus faginea . . . . . . . . . . . . . . . . (x) D . .
Quercus faginea ssp. broteroi . . . . . . . . . . . . . . . . . . D .
Quercus canariensis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D
Acer campestre [St] [x] x x . x x x x (x) (x) x x (x) x x x (x) (x) . .
Sorbus torminalis x x . . x (x) x x (x) . x x (x) (x) . . (x) (x) . x
Pyrus pyraster [St] . x x . x (x) x (x) (x) x [x] (x) (x) x . . . . . .
Fraxinus ornus . . . x x x x x x x . d d x . x . . . .
Carpinus betulus x (x) (x) . . (x) x (x) . . (x) . . . x . . . . .
Acer tataricum . x x . (x) . x (x) (x) x . . . x . . . . . .
Ulmus minor . . x . . (x) x (x) (x) x x (x) . x x . . . . .
Sorbus domestica . . x . (x) . x (x) (x) (x) x x . (x) . . . . . .
Acer monspessulanum [St] . . . . . . . [x] . . x (x) (x) x . . (x) x . x
Tilia tomentosa . . (x) . (x) (x) x (x) . . . x (x) (x) . . . . . .
Ostrya carpinifolia . . . x (x) (x) . x . . . (x) d (x) . . . . . .
Carpinus orientalis . . . . x (x) x x x (x) . . x d . . . . . .
Fraxinus excelsior . . . . (x) . (x) . . . (x) . (x) (x) x . . . . .
Malus sylvestris [St] . x . . . . x (x) . . [x] . . (x) . . . . . .
Castanea sativa . . . x . x . x . . (x) (x) . . . . . . . .
Sorbus aria [St] . . . . (x) (x) . . . . x . [x] . . . (x) (x) . .
Tilia cordata x . x . . . . . . . (x) . . . . . . . . .
Pinus sylvestris x . . . . (x) . . . . (x) . (x) . . . . . . .
Populus tremula x . . . . . . . . . . . (x) . . . . . . .
Prunus avium . (x) . . . (x) . . . . x . . . . . . . . x
Acer hyrcanum [ssp. intermedium] . . . . (x) . (x) . . . . . [x] (x) . . . . . .
Corylus colurna . . . . (x) . . . . . . . (x) . . . . . . .
Acer platanoides . . . . (x) . . . . . . . . . . . . . . .
Acer obtusatum . . . . . (x) . . . . . (x) (x) . . . . . . .
Celtis australis . . . . . (x) . . . . . . (x) (x) . . . . . .
Fraxinus angustifolia [ssp. danubialis] . . . . . [x] (x) . . . . . . . . . (x) . . .
Malus florentina . . . . . (x) . (x) . . . . . . . . . . . .
Betula pendula . . . . . (x) . . . . (x) . . . . . . . . .
Tilia platyphyllos . . . . . . (x) . . . (x) . . . . . . . . .
Quercus infectoria . . . . . . (x) (x) x . . . . . . . . . . .
Quercus iberica . . . . . . (x) (x) (x) . . . . . . . . . . .
Quercus hartwissiana . . . . . . (x) (x) . . . . . . . . . . . .
Tilia begoniifolia . . . . . . (x) . . . . . . . . . . . . .
Pyrus elaeagrifolia [ssp. bulgarica] . . . . . . . . x . . . . [x]. . . . . . .
Fraxinus angustifolia ssp. oxycarpa . . . . . . . . x . . . . . . . . . .
Acer opalus . . . . . . . . . . x . (x) . . . . . . .
Fagus sylvatica [ssp. moesiaca] . . . . . . . . . . (x) . [x] . . . . . . .
Quercus x calvescens . . . . . . . . . . (x) . . . . . . . . .
Prunus cerasus . . . . . . . . . . (x) . . . . . . . . .
Quercus ilex . . . . . . . . . . . (x) . . . (x). . . . x
Cercis siliquastrum . . . . . . . . . . . (x) . (x) . . . . . .
Taxus baccata . . . . . . . . . . . (x) . . . . . . . .
Pinus nigra . . . . . . . . . . . . (x) . . . . (x) . .
Pinus heldreichii . . . . . . . . . . . . (x) . . . . . . .
Juglans regia . . . . . . . . . . . . (x) . . . . . . .
Quercus congesta . . . . . . . . . . . . (x) . . . . . . .
Celtis tournefortii . . . . . . . . . . . . (x) . . . . . . .
Pyrus caucasica . . . . . . . . . . . . . . x . . . . .
Celtis caucasica . . . . . . . . . . . . . . x . . . . .
Celtis glabrata . . . . . . . . . . . . . . x . . . . .

328
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation G

Formations-Untergruppen G 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 4.1 4.2 4.3 4.4

Quercus ilex ssp. rotundifolia . . . . . . . . . . . . . . . . (x) (x) . .


Quercus suber . . . . . . . . . . . . . . . . (x) . . x
Acer granatense [St] . . . . . . . . . . . . . . . . (x) [x] . .
Laurus nobilis . . . . . . . . . . . . . . . . . . x .
Quercus coccifera . . . . . . . (x). . . . . . . . . . . x .
Alnus cordata . . . . . (x) . . . . . . . . . . . . . .
Straucharten:
Crataegus monogyna x x x . x x x x x x x x x x x x (x) x x x
Ligustrum vulgare x x x . x x x (x) (x) x x (x) (x) x x . . (x) . .
Prunus spinosa x x x . . (x) (x) (x) . x x . (x) (x) . x (x) (x) . x
Cornus mas . x x x x (x) x (x) x x x x x x x . . . . .
Viburnum lantana . x x x (x) (x) (x) . (x) . x (x) (x) x . . . x . .
Euonymus verrucosa x x x . . (x) (x) . (x) (x) . (x) (x) (x) x . . . . .
Cornus sanguinea x x x . . (x) (x) . . (x) x (x) (x) . . . . (x) . .
Euonymus europaea . x x . . (x) (x) . . x (x) . (x) (x) . (x) . (x) . .
Ruscus aculeatus . . x . x (x) (x) (x) . . (x) (x) (x) (x) . x . . x .
Cotinus coggygria . . (x) . (x) . (x) . (x) x (x) (x) (x) x . . . . . .
Corylus avellana . . x . . (x) (x) (x) . . x . (x) (x) . . (x) . . .
Rhamnus cathartica . . x . . (x) (x) (x) . . x . . . . . . . . .
Juniperus communis [ssp. hemisph.] . x . . (x) (x) . . . x . (x) . . . . [x] . .
Rosa canina . . x . . . x x (x) . . . . (x) . . . (x) . .
Rosa gallica . . x . . (x) x . . . . . . . . x . . . .
Berberis vulgaris . . x . . . . . . . (x) (x) . . x . . . . .
Lonicera xylosteum x . . . . . . . . . x . . . . . . . . .
Frangula alnus x . . . . . . . . . . . . . . . (x) . . .
Cytisus villosus . x . . . (x) . . . . . . (x) . . . . . . .
Prunus fruticosa . . x . . . . . . . . . . . . . . . . .
Prunus tenella . . x . . . . . . . . . . . . . . . . .
Laburnum alpinum . . . . (x) . . . . . . . . . . . . . . .
Syringa vulgaris . . . . (x) . . . . . . . . (x) . . . . . .
Hippocrepis emurus [ssp. emeroides] . . . . . (x) . (x) . . x (x) (x) x . [x] . . . .
Paliurus spina-christi . . . . . . (x) x . (x) . . (x) x x x . . . .
Phillyrea latifolia . . . . . (x) . (x) x . . . . x . x (x) . . .
Rosa arvensis . . . . . (x) (x) x . . (x) . . . . . . . . .
Crataegus laevigata . . . . . (x) . (x) . . (x) . . . . . . . . .
Rubus caesius . . . . . (x) . . . . (x) . . . . . . . . .
Crataegus pentagyna . . . . . (x) (x) . . . . . . (x) x . . . . .
Juniperus oxycedrus . . . . . . (x) x . . . . (x) x . . . . . .
Mespilus germanica . . . . . . (x) (x) . . . . (x) . x . . . . .
Ilex aquifolium . . . . . (x) . . . . (x) (x) . . . . (x) . . x
Arbutus unedo . . . . . . . (x) . . . . (x) . . . (x) . x x
Erica arborea . . . . . . . (x) . . . (x) . . . . (x) . . x
Rhamnus saxatilis [ssp. tinctoria] . . . . . . . [x] . . (x) . . . . . . (x) . .
Erica manipuliflora . . . . . . (x) (x) x . . . . . . . . . . .
Spartium junceum . . . . . . (x) (x) . . . . . . . . . . . .
Pyrus spinosa . . . . . (x) . . . . . . (x) . . . . . . .
Chamaecytisus hirsutus . . . . . (x) . . . . . . . . . . . . . .
Prunus cocomilia . . . . . . . (x) . . . . . . . . . . . .
Hypericum calycinum . . . . . . . (x) . . . . . . . . . . . .
Ruscus hypoglossum . . . . . . . (x) . . . . . . . . . . . .
Daphne pontica . . . . . . . (x) . . . . . . . . . . . .
Colutea arborescens . . . . . . . . . . (x) (x) (x) x . . . . . .
Prunus mahaleb . . . . . . . . . . (x) (x) (x) (x) . . . (x) . .
Buxus sempervirens . . . . . . . . . . x . (x) . . . . x . .
Amelanchier ovalis . . . . . . . . . . x . (x) . . . . x . .
Daphne laureola [ssp. latifolia] . . . . . . . . . . (x) . (x) . . . . [x] . .
Cotoneaster tomentosus . . . . . . . . . . (x) . (x) . . . . . . .
Pistacia terebinthus . . . . . . . . . . (x) . . (x) . x . . . .
Cytisus scoparius . . . . . . . . . . (x) . . . . . x . . .
Genista cinerea [Genista cinerascens] . . . . . . . . . . (x) . . . . . [x] . . .
Cytisophyllum semilifolium . . . . . . . . . . (x) . . . . . . (x) . .
Rhamnus alpina . . . . . . . . . . (x) . . . . . . . . .
Pyrus cordata . . . . . . . . . . (x) . . . . . . . . .
Sorbus mougeotii . . . . . . . . . . (x) . . . . . . . . .
Pistacia lentiscus . . . . . . . . . . . . (x) . . x . . x .
Rhamnus alaternus . . . . . . . . . . . . (x) . . x . . . .
Calicotome infesta . . . . . . . . . . . . (x) . . x . . . .
Spiraea chamaedryfolia . . . . . . . . . . . . (x) . . . . . . .

329
Formation G Karte der natürlichen Vegetation Europas

Formations-Untergruppen G 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 4.1 4.2 4.3 4.4

Erica carnea . . . . . . . . . . . . (x) . . . . . . .


Genista radiata . . . . . . . . . . . . (x) . . . . . . .
Laburnum anagyroides . . . . . . . . . . . . (x) . . . . . . .
Spiraea decumbens . . . . . . . . . . . . (x) . . . . . . .
Rosa pimpinellifolia . . . . . . . . . . . . (x) . . . . . . .
Lavandula angustifolia . . . . . . . . . . . . (x) . . . . . . .
Juniperus excelsa . . . . . . . . . . . . (x) (x) . . . . . .
Spiraea crenata . . . . . . . . . . . . . (x) . . . . . .
Pistacia mutica . . . . . . . . . . . . . (x) . . . . . .
Cistus creticus . . . . . . . . . . . . . (x) . . . . . .
Rhus coriaria . . . . . . . . . . . . . (x) . . . . . .
Rhododendron luteum . . . . . . . . . . . . . (x) . . . . . .
Jasminum fruticans . . . . . . . . . . . . . x x . . (x) . .
Pyrus salicifolia . . . . . . . . . . . . . . x . . . . .
Prunus incana . . . . . . . . . . . . . . x . . . . .
Rhamnus pallasii . . . . . . . . . . . . . . x . . . . .
Rhamnus spathulifolia . . . . . . . . . . . . . . x . . . . .
Cotoneaster multiflorus . . . . . . . . . . . . . . x . . . . .
Prunus divaricata . . . . . . . . . . . . . . x . . . . .
Juniperus polycarpos . . . . . . . . . . . . . . x . . . . .
Punica granatum . . . . . . . . . . . . . . . x . . . .
Petteria ramentacea . . . . . . . . . . . . . . . x . . . .
Rhamnus orbiculare . . . . . . . . . . . . . . . x . . . .
Rhamnus intermedia . . . . . . . . . . . . . . . x . . . .
Viburnum tinus . . . . . . . . . . . . . . . x (x) . x x
Daphne gnidium . . . . . . . . . . . . . . . . (x) . x .
Rosa corymbifera . . . . . . . . . . . . . . . . (x) (x) . .
Berberis vulgaris ssp. australis . . . . . . . . . . . . . . . . (x) (x) . .
Genista florida . . . . . . . . . . . . . . . . x . . .
Cistus laurifolius . . . . . . . . . . . . . . . . (x) . . .
Adenocarpus hispanicus . . . . . . . . . . . . . . . . (x) . . .
Adenocarpus complicatus . . . . . . . . . . . . . . . . (x) . . .
Halimium umbellatum . . . . . . . . . . . . . . . . (x) . . .
Genista falcata . . . . . . . . . . . . . . . . (x) . . .
Adenocarpus decorticans . . . . . . . . . . . . . . . . (x) . . .
Rosa ponzinii . . . . . . . . . . . . . . . . (x) . . .
Rosa agrestis . . . . . . . . . . . . . . . . . x . .
Berberis vulgaris ssp. seroi . . . . . . . . . . . . . . . . . (x) . .
Spiraea hypericifolia ssp. obovata . . . . . . . . . . . . . . . . . (x) . .
Lonicera arborea . . . . . . . . . . . . . . . . . (x) . .
Osyris alba . . . . . . . . . . . . . . . . . . x .
Asparagus aphyllus . . . . . . . . . . . . . . . . . . x .
Cytisus arboreus ssp. baeticus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . x
Rhododendron pont. ssp. baeticum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . x
Stauracanthus boivinii . . . . . . . . . . . . . . . . . . . x
Ulex jussiaei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . x
Lianen:
Clematis vitalba . x . x . (x) x . (x) x (x) . x x . . . . . .
Lonicera caprifolium . . . x . x . . . . . x x . x x . . . .
Tamus communis . . . x . x x . . x x x x x . x x x . x
Hedera helix . . . . . x x . x . x x x x . x x x x x
Rubus ulmifolius . . . . . (x) . . . . (x) (x) (x) . . x . . x x
Clematis flammula . . . . . x . . . . . . x x . x . . . .
Asparagus acutifolius . . . . . . . . (x) . . . (x) (x) . x (x) . . .
Clematis viticella . . . . . . . . (x) . . (x) . x . . . .
Lonicera etrusca . . . . . . . . . . x (x) x (x) . x . x . .
Rubia peregrina [ssp. longifolia] . . . . . . . . . . x (x) . . . x (x) x [x] x
Lonicera periclymenum . . . . . . . . . . (x) . . . . . (x) (x) . x
Smilax aspera . . . . . . . . . . . . (x) . . x . . x x
Rosa sempervirens . . . . . . . . . . . (x) (x) . . x . . . .
Lonicera iberica . . . . . . . . . . . x . . . . [x] . . .
Vitis vinifera ssp. sylvestris . . . . . . . . (x) . . . . . . . . . . .
Periploca graeca . . . . . . . . (x) . . . . . . . . . . .
Smilax excelsa . . . . . . . . (x) . . . . . . . . . . .

330
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation G

Erläuterungen:
D = dominierend
d = kodominant/stark vertreten
x = regelmäßig vorkommend ($50% der KE)
(x) = nur in bestimmten Kartierungseinheiten/Ausbildungen (<50% der KE)
[St] = Strauchschicht

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Syntaxonomisch bilden die thermophilen sommergrünen Laubmischwälder (aus mitteleuropäischer
Sicht auch xerotherme Eichenmischwälder genannt) eine gut umrissene pflanzensoziologische
Großeinheit, deren Stellung im pflanzensoziologischen System jedoch kontrovers diskutiert wurde
und wird. Die Pflanzensoziologen aus Mitteleuropa (Braun-Blanquet, Klika, Oberdorfer, Tüxen)
schlossen die thermophilen Eichenmischwälder als Ordnung Quercetalia pubescentis Klika 1933
bzw. Quercetalia pubescenti-petraeae Klika 1933 corr. Moravec der Klasse Querco-Fagetea an.
Das mag aufgrund des Charakters der Waldgesellschaften, die aus diesem Bereich beschrieben
wurden, auch berechtigt sein, und dieser Ansicht folgt auch die jüngste Syntaxa-Checklist von
Spanien und Portugal (RIVAS-MARTÍNEZ et al. 2001). Doch schon OBERDORFER (1948) stellte die
Frage, ob es nicht sinnvoller wäre, die Eichen-Trockenwälder als eigene Klasse Quercetea
pubescenti-petraeae zu führen, die DOING KRAFT (1955) als Quercetea pubescentis aufstellte und
schließlich JAKUCS (1961) als Quercetea pubescenti-petraeae in 2 Ordnungen und 7 Verbände
gliederte.
HORVAT, GLAVA„ & ELLENBERG (1974: 161), die das südosteuropäische Arealzentrum der thermo-
philen Eichenwälder beschreiben, stützen diese Auffassung: „Häufig wird der Bereich der Querceta-
lia pubescentis lediglich als Übergangszone zwischen den mediterranen Quercetalia ilicis und den
mitteleuropäischen Fagetalia interpretiert. ... Gerade die Untersuchungen im südosteuropäischen
Raum haben den Beweis erbracht, daß die xerothermen Fallaubwälder eine floristisch selbständige
und in sich mannigfaltige, ökologisch gut umgrenzte und historisch gewachsene Einheit darstellen,
die in der Vegetation Europas einen wichtigen Platz einnimmt.“ Die syntaxonomische Gliederung
der Quercetea pubescentis auf Ordnungs- und Verbandsebene für ganz Europa bedarf jedoch noch
künftiger Präzisierung (vgl. RODWELL et al. 2001).

Makroklimatische Gegebenheiten
Das Klima ist warm-temperat bis submeridional, z. T. auch mediterran, herbst- und winterfeucht,
sommertrocken, oft mit langen trockenen bis dürren Perioden im Hochsommer und am Herbst-
anfang sowie meist nur kurzfristiger Schneedecke im Winter. Die Jahresmitteltemperaturen schwan-
ken zwischen 6 °C im Norden und 17(-19) °C im Süden. Die Winter sind noch ziemlich streng im
Norden (-6 bis -1 °C Mitteltemperatur im kältesten Monat), aber mild im Süden (2-6 °C im kältesten
Monat). Die Sommer sind warm bis heiß (17-24 °C Mitteltemperatur im wärmsten Monat) mit
Trockenperioden von 2-4 Monaten und möglichen Dürreperioden von 1-3 Monaten. Im Mediterran-
gebiet werden jedoch die niederschlagsreicheren und feuchteren Gebirgslagen und tiefgründigen
Böden bevorzugt. Im Westteil des Areals und auf den Westseiten der Mittelmeerhalbinseln ist das
Klima mehr ozeanisch getönt (Südwestfrankreich, Westteil von Spanien, Portugal, Italien, Westteil

331
Formation G Karte der natürlichen Vegetation Europas

der Balkanhalbinsel), im Zentrum und Osten der Balkanhalbinsel, in den pannonischen, zentral-
balkanischen, danubischen und thrazischen Beckenlagen hat es dagegen subkontinentalen Charakter.
Bei den nördlichen Vorpostenstandorten handelt es sich um trockenwarme Hänge, Bergkuppen und
Beckenlagen.

Standortbedingungen
Die thermophilen sommergrünen Laubmischwälder kommen je nach Gebiet auf sehr unterschiedli-
chen Reliefformen vor: von Becken und Tiefebenen (z. B. in Ungarn, Rumänien, Jugoslawien,
Bulgarien), über Hügellandschaften bis in Hang- und Steillagen der Mittel- und Hochgebirge. Von
Norden nach Süden ist ein Höhenanstieg der Verbreitungsgebiete dieser Wälder von der planar-
kollinen bis zur montanen bzw. supramediterranen Stufe zu verzeichnen: So steigen die in Rumä-
nien noch bei 300-400 m gelegenen thermophilen Traubeneichenwälder in Bulgarien und Griechen-
land bis in über 1000 m Höhe auf.
Die Ausgangsgesteine der Böden sind sehr unterschiedlich: in den Ebenen und Hügellandschaften
wachsen thermophile Eichenwälder meist auf Löß-, Schluff- oder lehmigen Sandablagerungen, im
Hügelland auf Molassen, Mergeln, Kalk- und basenreichen Silikatgesteinen (u. a. Vulkaniten),
welche ebenfalls oft von Löß, Lehm oder Ton überlagert sind. In den Gebirgen werden verschiedene
Kalk-, Dolomit- und basenreiche Silikatgesteine großflächig besiedelt (z. B. in den Pyrenäen,
nordiberischen Gebirgen, Südwest- und Südalpen, im Apennin, in den Dinariden, Pindos, Rhodo-
pen, Balkangebirge). Die nördlichen Ausläufer und Vorposten kommen meist auf flachgründigen,
sonnseitigen Kalkstein- oder Mergelhängen, auf feinerdearmen Kalkschottern oder sandigen,
wasserdurchlässigen Kuppen vor.
Die Böden gehören verschiedenen Bodentypen an: Rendzinen und Terra rossa-Böden sind auf
Kalkunterlage verbreitet, zimtfarbige Böden, aber auch Braunerden, Parabraunerden und degradierte
Tschernoseme über unterschiedlichem Ausgangsgestein. Typisch für die Quercus frainetto- und
Quercus cerris-Wälder sind rötlich-braune tonige Waldböden und auch Smonitzaböden (Vertisols,
Planosols) auf Tonunterlagen sowie schwach saure Molasseböden. Auf großer Fläche, meist unter
Nieder- und Buschwäldern, sind die Böden stark erodiert und steinig (z. B. im Apennin, in den
balkanischen Gebirgen). Vorpostenstandorte im Norden finden sich meist auf Rendzinen, aber auch
auf basenreichen Rankern an flachgründigen, skelettreichen, südexponierten Hängen. Die Bodenre-
aktion reicht von schwach alkalisch bis mäßig sauer.

Erhaltungszustand, Landnutzung, Ersatzgesellschaften; Naturschutz


Im Areal der thermophilen sommergrünen Laubmischwälder liegen die ältesten Siedlungsgebiete
Europas, in denen der Mensch seit über zweitausend Jahren intensiv wirtschaftet. Die Waldfläche ist
deswegen stark reduziert und fragmentiert. Jahrhundertelange Bewirtschaftung im Niederwald-
betrieb, intensive Waldweide und häufige Waldbrände haben die natürliche Struktur dieser Wälder
stark verändert und ihre Produktivität deutlich herabgesetzt (unter anderem auch wegen der durch
Übernutzung ausgelösten starken Bodenerosion). Wirklich naturnahe Bestände finden sich deshalb

332
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation G

nur noch in geringem Umfang und vorzugsweise auf unzugänglichen bzw. wenig produktiven Ex-
tremstandorten. Die thermophilen Fallaubwälder zeichnen sich – trotz weitreichender menschlicher
Eingriffe – generell durch Artenreichtum, eine hohe Biodiversität und das Vorkommen seltener und
endemischer Arten aus, weshalb sie unbedingt zu erhalten bzw. zu regenerieren sind. Um das
verbliebene Spektrum zu bewahren und die Regeneration natürlicher Wälder zu ermöglichen, ist es
unumgänglich und dringend nötig, ein dichtes und repräsentatives Netz von Schutzgebieten (teils als
Totalreservat, teils unter Fortführung der traditionellen Nutzung) im gesamten Areal zu schaffen.
Diese Wälder haben zudem eine äußerst wichtige klima- und bodenschützende Funktion. Es ist
deshalb eine absolute Notwendigkeit, alle noch bestehenden Wälder zu erhalten und eine radikale
Wende in deren Bewirtschaftung einzuleiten, um die weitere Degradation oder regional sogar ihr
gänzliches Verschwinden zu verhindern. Man muß allerdings auch in Betracht ziehen, daß eine
Wiederherstellung dieser Wälder im trockenen Klima und auf degradierten Böden nur unter hohem
Aufwand möglich, ja oft gar nicht durchführbar ist.

Gliederung in Untereinheiten
Die thermophilen Fallaubwälder weisen eine betont regionale Gliederung auf, die durch das nord-
südliche und west-östliche Klimagefälle, die unterschiedliche Verbreitung der Hauptbaumarten und
nicht zuletzt durch die regional abweichende postglaziale Floren- und Vegetationsgeschichte bedingt
ist. Entsprechend werden die in der Legende und Vegetationskarte Europas ausgewiesenen 77 Kar-
tierungseinheiten innerhalb der thermophilen sommergrünen Laubmischwälder in vier Gruppen
aufgeteilt, die von Nord nach Süd und von Ost nach West angeordnet sind (vgl. Karte 13):
G.1 Subkontinentale thermophile Stieleichen- und Traubeneichen(misch)wälder
G.2 Submediterran-subkontinentale thermophile Zerreichen- und Balkaneichenwälder sowie
-mischwälder
G.3 Submediterrane und meso-supramediterrane Flaumeichenwälder sowie -mischwälder
G.4 Iberische supra- und mesomediterrane Quercus pyrenaica-, Q. faginea-, Q. faginea subsp.
broteroi- und Q. canariensis-Wälder

Diese vier Gruppen wurden hauptsächlich auf Grund der bestandsbildenden Baumarten ausge-
schieden, haben aber auch klar umgrenzte Verbreitungsgebiete: die erste Gruppe in Zentraleuropa
und im pannonisch-karpatischen Raum, die zweite von Italien über den pannonischen Raum bis zum
Ostbalkan, die dritte mehr oder weniger durchgehend von Südwestfrankreich bis zum Ostkaukasus,
die vierte auf der Iberischen Halbinsel (vgl. Tab. 17).
In jeder der vier Gruppen wurde eine weitere Gliederung in Untergruppen vorgenommen, die sich
in erster Linie nach der Baumartenkombination (einschließlich ökologisch wichtiger Mischbaumar-
ten) und deren geographischer sowie Höhenstufenverbreitung richtet (vgl. Tab. 16). Eine konse-
quente Gliederung nach Höhen- und Trophiestufen in Verbindung mit dominierenden Baumarten
war allerdings nur in Spanien möglich, während für die übrigen Gebiete vielfach entsprechende
Angaben fehlten. Die weitere Differenzierung in Kartierungseinheiten erfolgte aufgrund der
Gesamtartenverbindung und geographisch differenzierender Arten.
Im folgenden werden die einzelnen Untergruppen im Hinblick auf ihre Baumartenkombination und

333
Formation G Karte der natürlichen Vegetation Europas

Bestandesstruktur, geographische Verbreitung, Höhenstufenamplitude und Standorteigenschaften


charakterisiert.

Tab. 17: Geographische Verbreitung der Untergruppen von Kartierungseinheiten der Formation G (von
West nach Ost).

Formations- Gebiete (Zahl der Kartierungseinheiten)


Unter
Iberische Frankreich, Zentral- Panno- Italien, West-, Untere Krim,
gruppen Halbinsel Schweiz europa nisch- Korsika, Zentral-, Donau, Kaukasus
karpatischer Sardinien, Süd- Ostbalkan
(Zahl der KE) Raum Sizilien balkan
G.1.1 (1) O (1)
G.1.2 (2) O (2)
G.1.3 (2) O (2)
G.1.4 (2) O (2)
G.1.5 (3) O (3) G (1)

G.2.1 (8) 3 (2) O (5) G (1)


G.2.2 (6) G (1) G (1) O (4)
G.2.3 (6) 3 (2) O (4)
G.2.4 (3) O (3)
G.2.5 (3) O (3)

G.3.1 (6) G (1) O (6)


G.3.2 (5) 3 (2) 3 (2) G (1)
G.3.3 (9) 3 (3) O (7) G (1)
G.3.4 (5) 3 (2) 3 (2) G (1)
G.3.5 (1) O (1)
G.3.6 (1) 3 (1) 3 (1)

G.4.1 (7) O (7)


G.4.2 (4) O (4)
G.4.3 (1) O (1)
G.4.4 (2) O (2)

O überwiegende Vorkommen der Kartierungseinheiten (KE)


3 großer Anteil der KE
G geringer Anteil der KE

G.1 Subkontinentale thermophile Stieleichen- und Traubeneichen(misch)wälder (Quercus


robur, Q. petraea, Q. dalechampii, Q. polycarpa, Pinus sylvestris, Acer tataricum)
Diese Gruppe umfaßt Stieleichen- und Traubeneichenwälder sowie -mischwälder, die sich am
Nordostrand des Areals der thermophilen Fallaubwälder in Mitteleuropa und im pannonisch-
karpatischen Raum aufgrund des Vordringens wärmeliebender und trockenheitsresistenter Baum-,
Strauch- und Krautarten auf wechseltrockenen und trockenwarmen Standorten ausgebildet haben.
Die Gruppe ist an ein mäßig warmes (Jahresmitteltemperaturen 8-13 °C), sommertrockenes (Jahres-
niederschläge 450-1000 mm) und z. T. winterkaltes Klima im östlichen Mitteleuropa, am Rande des
Pannonischen Beckens sowie am Fuße der Südkarpaten gebunden. Sie gliedert sich in vier Unter-

334
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation G

gruppen mit insgesamt 10 Kartierungseinheiten.


G.1.1 Ostmitteleuropäische planar-kolline Eichen- und Kiefern-Eichenwälder
Die erste, planar-kollin verbreitete Untergruppe mit nur einer Kartierungseinheit (G1) umfaßt die
zentraleuropäischen wärmegetönten Eichen- und Kiefern-Eichenwälder in Becken- und Tieflagen
mit subkontinentalem Klima (Polen, Tschechien, randlich auch Deutschland und Slowakei).
Syntaxonomisch werden diese Wälder dem Potentillo albae-Quercetum petraeae Libbert 1933
angeschlossen.
Hauptbestandsbildner in den dreischichtigen Wäldern sind Quercus petraea (im Westen) und
Q. robur mit wechselnder Beimischung von Carpinus betulus, Tilia cordata, Sorbus torminalis,
Populus tremula und Pinus sylvestris. In der Strauchschicht Kombination von mitteleuropäischen,
submediterranen und zentraleuropäisch-sarmatischen Arten (Ligustrum vulgare, Euonymus verruco-
sa). In der Krautschicht sind Potentilla alba, Festuca heterophylla, Campanula persicifolia,
Lathyrus niger, Carex montana, Vicia cassubica, Pulmonaria angustifolia diagnostisch wichtige
thermophile Arten mit östlichem Verbreitungsschwerpunkt. Kennzeichnend für die Einheit ist das
Zusammentreffen von zentraleuropäisch-sarmatischen und submediterranen Florenelementen sowie
die Kombination thermophiler Arten mit Wechselfeuchtezeigern und Azidophyten.

G.1.2 Karpatische kolline Tatarahorn-Stieleichen- und Traubeneichen(misch)wälder


Die zweite Untergruppe mit zwei Kartierungseinheiten (G2, G3) ist in den west- und zentralkarpati-
schen Hügellandschaften Rumäniens verbreitet. Syntaxonomisch gehören die Wälder den Assozia-
tionen Genisto tinctoriae-Quercetum petraeae Klika 1932 transsilvanicum Gergely 1962 und Aceri
tatarici-Quercetum petraeae-roboris (Soó 1951) em. Zólyomi 1957 an.
In den geschlossenen, mittelwüchsigen, dreischichtigen Wäldern besteht der Baumbestand aus
Traubeneiche (G2) oder Trauben- und Stieleiche (G3) mit Prunus avium in der oberen Baumschicht,
Acer campestre, A. tataricum, Sorbus torminalis, gelegentlich auch Carpinus betulus, in der unteren
Baumschicht. In der fast immer gut entwickelten Strauchschicht sind thermophile (submediterrane)
Arten (Cornus mas, Viburnum lantana, Ligustrum vulgare) regelmäßig vertreten. Die Krautschicht
ist zwar reich an Querco-Fagetea-Arten, enthält aber zusätzlich diagnostisch wichtige thermophile
Stauden wie Lathyrus niger, Melittis melissophyllum, Tanacetum corymbosum sowie die geographi-
schen Differentialarten Melampyrum bihariense und Lathyrus transsylvanicus.
Die aktuelle Vegetation besteht bei G3 aus einem vielfach anthropogenen Mosaik von Wäldern auf
schattseitigen Hängen sowie Trockenrasen und Steppenrasen auf Südhängen.

G.1.3 Pannonische planare Stieleichenmischwälder


Die dritte Untergruppe mit zwei Kartierungseinheiten (G4, G5) enthält Stieleichenmischwälder der
pannonischen Niederung, die vorwiegend auf Sanddünen vorkommen. Syntaxonomisch gehören
diese Wälder z. B. den Assoziationen Aceri tatarici-Quercetum pubescenti-roboris Zólyomi 1957,
und Convallario-Quercetum roboris Soó 1957 an.
Es handelt sich um mittelwüchsige, dreischichtige, artenreiche Wälder mit Quercus robur als

335
Formation G Karte der natürlichen Vegetation Europas

Hauptbaumart in der oberen Baumschicht, zu der sich wechselweise andere thermophile (submedi-
terrane) Quercus-Arten in der unteren Baumschicht gesellen (Q. cerris, Q. pubescens, Q. virgiliana,
Q. pedunculiflora), ferner Acer campestre und gebietsweise Ulmus minor, Pyrus pyraster, Tilia
cordata, T. tomentosa. In der Strauchschicht vereinen sich thermophile (Cornus mas, Ligustrum
vulgare, Viburnum lantana, Berberis vulgaris) mit mesophilen Arten (Crataegus monogyna, Prunus
spinosa, Rhamnus cathartica, Rosa canina, Euonymus europaea); die xerophile Einheit G4 enthält
zusätzlich Trockengebüsche mit Prunus fruticosa und P. tenella. Die Krautschicht weist eine Reihe
thermophiler Waldarten auf (Lithospermum purpurocaeruleum, Polygonatum hirtum, Doronicum
hungaricum, Viola suavis), aber auch Pflanzen xerothermer Waldränder und Trockenrasen (Dictam-
nus albus, Iris variegata, Carex michelii, Lathyrus pannonicus subsp. collinus, Phlomis tuberosa,
Nepeta nuda). In Einheit G5 sind dagegen mesophile Arten stärker beteiligt (Convallaria majalis,
Potentilla alba, Brachypodium sylvaticum, Silene coronaria).

G.1.4 Vorpannonische und nordadriatische kollin-submontane Traubeneichenmischwälder


Die vierte, kollin-submontane Untergruppe mit zwei kleinflächigen und wenig verbreiteten Kartie-
rungseinheiten (G6, G7) beinhaltet thermophile Traubeneichenwälder in Slowenien und Kroatien
auf Kalkstein- und Flyschstandorten. Diese Wälder wurden unter den Namen Lathyro-Quercetum
petraeae Horvat (1938) 1959 (G6) und Seslerio autumnalis-Quercetum petraeae Poldini 1982 (G7)
beschrieben.
In den mittel- bis hochwüchsigen, zwei- bis dreischichtigen Wäldern herrscht jeweils Quercus
petraea in der Baumschicht; ihr sind auf Kalkgestein Q. pubescens, Fraxinus ornus und Ostrya
carpinifolia (G6) in der unteren Baumschicht beigemischt sowie auf Flysch Castanea sativa (G7).
Die erste Einheit enthält auch in der Strauch- und Krautschicht zahlreiche thermophile Arten:
Cornus mas, Viburnum lantana, Lathyrus niger, Melittis melissophyllum, Potentilla micrantha; die
zweite enthält weniger thermophile Arten und ist durch wechseltrockene Standorte gekennzeichnet.

G.1.5 Präkarpatisch-ostbalkanische kollin-submontane Quercus polycarpa-Eichenmisch-


wälder
Die Untergruppe mit drei Kartierungseinheiten (G8, G9, G10) ist relativ großflächig am Fuße der
Südkarpaten (Rumänien) sowie im Vorland der Rhodopen und des Balkangebirges (Bulgarien)
verbreitet. Die Baumschicht setzt sich aus verschiedenen subkontinental-submediterranen Eichen-
arten (Quercus polycarpa, Q. dalechampii, Q. cerris, Q. frainetto) zusammen, in der unteren Baum-
schicht und in der Strauchschicht spielen thermophile Gehölze eine wichtige Rolle (Sorbus tormina-
lis, Cornus mas, Ligustrum vulgare, Ruscus aculeatus, örtlich auch Fraxinus ornus, Carpinus
orientalis). Die Krautschicht ist durch Lathyrus niger, Silene coronaria, Lithospermum purpurocae-
ruleum, Helleborus odorus, Sedum cepaea gekennzeichnet. Die Kartierungseinheiten sind vor allem
durch unterschiedliche Baumartenkombinationen differenziert.

336
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation G

G.2 Submediterran-subkontinentale thermophile Zerreichen- und Balkaneichenwälder sowie


-mischwälder (Quercus cerris, Q. petraea, Q. frainetto, Q. dalechampii, Q. pedunculiflo-
ra, Q. pubescens, Q. virgiliana, Q. polycarpa, Q. hartwissiana, Carpinus orientalis,
Fraxinus ornus)
Die Gruppe umfaßt thermophile Mischwälder, in denen die östlich verbreiteten submediterranen
Eichen, namentlich Zerreiche (Quercus cerris), Balkaneiche (Q. frainetto), und Graueiche (Q. pe-
dunculiflora), Hauptbestandsbildner sind und die große Flächen in Italien, im pannonisch-danubi-
schen Raum (Ungarn, Rumänien) sowie im Zentral- und Ostteil der Balkanhalbinsel (Serbien,
Mazedonien, Albanien, Griechenland, Bulgarien, Türkei) einnehmen. Weiter im Süden bilden diese
Wälder oberhalb der Stein- und Flaumeichenwälder in den Gebirgen am östlichen Mittelmeer eine
supramediterrane Höhenstufe. Das Klima im Areal dieser Gruppe ist warm (Jahresmitteltemperatu-
ren (8)10-13(15) °C) und mäßig trocken (mittlere Jahresniederschläge 500-800 mm, in den Gebirgen
auch höher). Die Gruppe gliedert sich in fünf Untergruppen mit unterschiedlicher Baumarten-
zusammensetzung und Verbreitung.

G.2.1 Italisch-pannonisch-zentralbalkanische kollin-submontane (bis montane) Trauben-


eichen-(Stieleichen-)Zerreichenwälder
In die erste, hauptsächlich kollin-submontan verbreitete Untergruppe mit acht Kartierungseinheiten
(G11-G18) wurden die Mischwälder mit Trauben-, z. T. auch Stieleiche, und vorherrschender Zerr-
eiche eingereiht. Die entsprechenden Assoziationen sind: Physospermo-Quercetum cerris Barbéro
et Bono 1970, Hieracio racemosi-Quercetum petraeae Pedrotti, Balelli et Biondi 1982, Quercetum
petraeae-cerris Soó 1957 u. a.
Die Wälder sind mittel- bis hochwüchsig und dreischichtig mit Quercus cerris (z. T. dominierend)
in Verbindung mit Q. petraea, örtlich mit Q. pubescens (G12), Q. dalechampii (G15, G16), Q. robur
(G17) und z. T. mit Castanea sativa in der oberen Baumschicht, ferner mit Sorbus torminalis, Fra-
xinus ornus, Acer campestre, Carpinus betulus und gebietsweise Tilia tomentosa in der unteren
Baumschicht. In der Strauchschicht spielen mesophile und thermophile Arten eine Rolle: Crataegus
monogyna, Cornus mas, Ligustrum vulgare, Cornus sanguinea. Die artenreiche Krautschicht setzt
sich aus Vertretern verschiedener ökologischer Gruppen zusammen: thermophile (u. a. Tamus com-
munis, Physospermum cornubiense, Tanacetum corymbosum, Lathyrus venetus, Melittis melisso-
phyllum, Helleborus odorus, Silene coronaria), azidophile (Festuca heterophylla, Luzula-Arten,
Pteridium aquilinum), mesophile (Symphytum tuberosum, Viola reichenbachiana) und Wechsel-
trockenheit anzeigende Arten (Potentilla alba, Stachys officinalis, Serratula tinctoria).

G.2.2 Pannonisch-danubisch-balkanische planare bis submontane Balkaneichen-Zerrei-


chenwälder
Die zweite Untergruppe mit sechs Kartierungseinheiten (G19-G24) umfaßt planare bis submontane
Quercus cerris-Q. frainetto-Mischwälder mit artenreicher Gehölzflora und Hauptverbreitung im
Zentral- und Ostbalkan. Hauptassoziation ist das Quercetum frainetto-cerris (Georgescu 1945)
Rudski 1949 mit verschiedenen regionalen Varianten.

337
Formation G Karte der natürlichen Vegetation Europas

Die Wälder sind mittel- bis hochwüchsig, zwei- bis dreischichtig, mit vorherrschender Quercus
cerris und Q. frainetto in der oberen Baumschicht. Je nach Gebiet unterschiedliche Beimischung
von Quercus petraea, Q. dalechampii, Q. polycarpa, Q. pubescens, Q. virgiliana sowie Q. infecto-
ria, Q. iberica, Q. hartwissiana in Ostthrakien; in der unteren Baumschicht ferner Acer tataricum,
A. campestre, Fraxinus ornus, Carpinus orientalis, Ulmus minor, Pyrus pyraster, Carpinus betulus,
Sorbus domestica, S. torminalis, Tilia tomentosa. Die meist gut entwickelte Strauchschicht besteht
vornehmlich aus Crataegus monogyna, Ligustrum vulgare, Cornus mas, ferner örtlich aus Rosa
gallica, Rhamnus cathartica, Euonymus verrucosa, Cotinus coggygria, Viburnum lantana, Ruscus
aculeatus. In der Krautschicht herrschen thermophile Arten vor: Lathyrus niger, Silene coronaria,
S. viridiflora, Potentilla micrantha, Helleborus odorus, Lithospermum purpurocaeruleum, Polygo-
natum hirtum, Lathyrus laxiflorus, daneben azidophile Arten (u. a. Luzula luzuloides, L. forsteri),
ferner Wechselfeuchtezeiger (Carex praecox, Festuca heterophylla) und mesophile Arten (Brachy-
podium sylvaticum, Stellaria holostea, Euphorbia amygdaloides, Anemone ranunculoides). Die
Kartierungseinheiten sind durch regionale Differentialarten unterschieden.

G.2.3 Süd- und ostbalkanische kolline bis montane Balkaneichen(misch)wälder


Die dritte Untergruppe mit sechs Kartierungseinheiten (G25-G30) umfaßt kolline bis montane
Balkaneichenwälder mit vorherrschender Quercus frainetto und Hauptverbreitung in Südrumänien,
Griechenland, Südbulgarien und der Türkei. Als Hauptassoziationen wurden Quercetum frainetto
Dafis 1966 und Digitali viridiflorae-Quercetum frainetto Gamisans et Hebrard 1980 beschrieben.
Die meist mittelwüchsigen, selten hochwüchsigen, zwei- bis dreischichtigen Wälder haben in der
oberen Baumschicht Quercus frainetto als dominierende Art mit unterschiedlicher Beimischung von
Castanea sativa, Quercus cerris, Q. pubescens. In der unteren Baumschicht kommen Carpinus
orientalis, Fraxinus ornus, Ostrya carpinifolia, Sorbus torminalis, Acer campestre hinzu. Die
Strauchschicht enthält weit verbreitete Arten wie Crataegus monogyna, Prunus spinosa und Rosa
canina, ferner thermophile Arten wie Juniperus oxycedrus, Paliurus spina-christi, Phillyrea latifolia
und die Krautschicht zahlreiche thermophile Arten: Lathyrus niger, Potentilla micrantha, Lathyrus
laxiflorus, Silene coronaria, Helleborus odorus, Galium pseudoaristatum, Doronicum orientale,
Leontodon cichoraceus.

G.2.4 Ostbalkanische kolline bis montane Flaumeichen-Zerreichenwälder


In dieser Untergruppe sind drei Kartierungseinheiten (G31-G33) mit xerophilen, vorwiegend
ostbalkanischen Flaumeichen-Zerreichenwäldern zusammengefaßt, die in Bulgarien und der Türkei
vorkommen. Die Wälder sind soziologisch als Quercetum cerris Georgescu 1941, Carpino
orientalis-Quercetum cerris Oberdorfer 1948 (Querceta pubescentis-cerri nach Bondev 1991)
gefaßt.
Es handelt sich um mittel- bis niedrigwüchsige, dreischichtige Wälder mit reicher Strauch- und
Krautschicht. In der oberen Baumschicht herrschen Quercus cerris und Q. pubescens als dominie-
rende Baumarten. Regelmäßig beigemischt ist Carpinus orientalis, regional ferner Fraxinus ornus,

338
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation G

Quercus frainetto, Q. infectoria, Pyrus elaeagrifolia. In der Strauchschicht kommen Cornus mas,
Crataegus monogyna, Phillyrea latifolia und Erica manipuliflora vor, in der meist gut entwickelten
Krautschicht thermophile Arten wie Mercurialis ovata, Piptatherum virescens, Lithospermum
purpurocaeruleum, Tanacetum corymbosum, Lathyrus niger sowie mesophile Waldgräser und
-kräuter (Dactylis polygama, Brachypodium sylvaticum, Anemone ranunculoides, Euphorbia
amygdaloides).

G.2.5 Danubisch-ostbalkanische planar-kolline Flaumeichen-Zerreichen-Graueichenmisch-


wälder
Die fünfte Untergruppe mit drei Kartierungseinheiten (G34-G36) umfaßt planar-kolline Eichen-
mischwälder der unteren Donauniederung und der präbalkanischen Hochebene, in denen die
südosteuropäische Graueiche (Quercus pedunculiflora) in unterschiedlicher Kombination mit
Flaum-, Zerr- und Balkaneiche die Hauptrolle spielt. Diese Wälder wurden z. B. als Quercetum
pedunculiflorae-cerris (Morariu 1944) Popescu et al. 1979 aus Rumänien und als Querceta pedun-
culiflorae tataricosa Gan…ev 1965 aus Bulgarien beschrieben.
Die zwei- bis dreischichtigen, niedrigwüchsigen, oft aufgelichteten Wälder haben in der oberen
Baumschicht Quercus pedunculiflora mit je nach Gebiet und Standort unterschiedlicher Bei-
mischung von Q. cerris, Q. pubescens, Q. virgiliana und Q. frainetto. In der unteren Baumschicht
kommen regelmäßig Acer tataricum und Fraxinus ornus vor, ferner Ulmus minor, Pyrus pyraster,
Sorbus domestica und Carpinus orientalis mit wechselnden Anteilen. Die gewöhnlich gut ent-
wickelte Strauchschicht besteht aus Crataegus monogyna, Cornus mas, Prunus spinosa, Ligustrum
vulgare, Cotinus coggygria, Euonymus europaea. In der Krautschicht überwiegen thermophile
Arten wie Lithospermum purpurocaeruleum, Lathyrus niger, Viola alba, Tanacetum corymbosum
sowie Waldgräser (Brachypodium sylvaticum, Dactylis polygama).

G.3 Submediterrane und meso-supramediterrane Flaumeichenwälder sowie -mischwälder


(Quercus pubescens, Q. virgiliana, Q. trojana, Fraxinus ornus, Ostrya carpinifolia,
Carpinus orientalis)
Diese Gruppe thermophiler Fallaubwälder faßt die vielgestaltigen Flaumeichenwälder (Quercus
pubescens) und -mischwälder zusammen, die von Nordspanien über Frankreich, die Schweiz,
Italien, die Balkanhalbinsel, den pannonisch-danubisch-westpontischen Raum, die Krimhalbinsel
bis in die Ausläufer des Kaukasus verbreitet sind (vgl. Karte 13: G3). Diese Wälder sind ziemlich
eng an die submediterrane Region gebunden und strahlen von dort auf geeigneten trockenwarmen
Standorten in den südlichen temperaten Bereich sowie in den eumediterranen Raum aus, wo sie die
meso- bis supramediterrane Stufe besiedeln. Zahlreiche kleinflächige Vorposten in der südtempera-
ten Zone, die in der Karte nicht mehr dargestellt sind, finden sich insbesondere in Böhmen, Mähren
und der Slowakei.
Das Klima im Areal dieser Gruppe ist warm (Jahresmitteltemperaturen 10-15 °C), winterfeucht und
sommertrocken (bei einem mittleren Jahresniederschlag von 500-600 mm in niedrigen Lagen und
bis 1500 mm im Gebirge). Charakteristisch ist ein ausgeprägtes Herbstmaximum der Niederschläge

339
Formation G Karte der natürlichen Vegetation Europas

und ein ziemlich feuchter, milder Winter, ohne oder mit nur kurz andauernder Schneedecke und
relativ wenigen Frosttagen.
Die Gruppe der submediterranen und meso-supramediterranen Fallaubwälder gliedert sich in sechs
Untergruppen mit meist dominierender Flaumeiche (Quercus pubescens, z. T. Q. virgiliana) in
unterschiedlicher Kombination mit anderen thermophilen sommergrünen Laubbaumarten, nament-
lich Fraxinus ornus, Ostrya carpinifolia und Carpinus orientalis.

G.3.1 Südwesteuropäische planar-kolline bis montane Flaumeichenwälder


Die erste, planar-kolline bis montane Untergruppe umfaßt sechs Kartierungseinheiten (G37-G42),
die teils großflächig in Nordostspanien, Mittel- und Südfrankreich sowie der Schweiz (und Nord-
westitalien) verbreitet und durch die Anwesenheit zahlreicher eher mesophiler Baum- und Strauch-
arten gekennzeichnet sind (Quercus petraea, Q. robur, Acer campestre, Prunus avium, Carpinus
betulus, Tilia platyphyllos, Corylus avellana).
Die Waldgesellschaften wurden in folgende Assoziationen eingereiht: Rubio peregrinae-Quercetum
pubescentis Rameau 1974 (G37), Viburno lantanae-Quercetum Lapaz 1963 (G38), Lithospermo-
Quercetum petraeae Braun-Blanquet 1932, Arabidi turritae-Quercetum pubescentis Ellenberg et
Klötzli 1972, Coronillo coronatae-Quercetum Ellenberg et Klötzli 1972, Sileno nutantis-Quercetum
Ellenberg et Klötzli 1972 (G39), Campanulo-Quercetum pubescentis Br.-Bl. 1961 (G40), Buxo
sempervirentis-Quercetum pubescentis Br.-Bl. 1932 (G41), Conopodio-Quercetum pubescentis
castanetosum Rameau 1996 (G42).
Es sind niedrige bis mittelhohe, z. T. lichte, dreischichtige Wälder mit relativ dichter Strauchschicht.
In der oberen Baumschicht vorherrschend Quercus pubescens mit unterschiedlicher Beimischung
von Q. petraea, Q. robur, z. T. Castanea sativa (Frankreich) sowie Prunus avium, Acer campestre,
Ulmus minor, Fraxinus excelsior, Carpinus betulus, Tilia platyphyllos, Pinus sylvestris. In der
unteren Baumschicht Sorbus torminalis, S. domestica, S. aria, Acer opalus, A. monspessulanum. Die
Strauchschicht ist artenreich mit vielen thermophilen Arten (Ligustrum vulgare, Viburnum lantana,
Buxus sempervirens, Cornus mas, Ruscus aculeatus, Prunus mahaleb, Daphne laureola, Hippocre-
pis emerus, Berberis vulgaris, Amelanchier ovalis), aber auch mesophilen Arten wie Crataegus
monogyna, Corylus avellana, Prunus spinosa, Cornus sanguinea, Euonymus europaea, Rhamnus
cathartica, Lonicera xylosteum, Rosa arvensis, Juniperus communis (s. Tab. 16). Die Krautschicht
besteht überwiegend aus thermophilen, Sommertrockenheit ertragenden Pflanzenarten (Lithosper-
mum purpurocaeruleum, Melittis melissophyllum, Vincetoxicum hirundinaria, Limodorum ab-
ortivum, Tanacetum corymbosum, Helleborus foetidus, Brachypodium pinnatum, Primula veris s. l.,
Cephalanthera rubra, Polygonatum odoratum, Arabis turrita, Orchis mascula, O. purpurea,
Anthericum ramosum, Carex humilis, Bupleurum falcatum) sowie sonstigen, eher mesophilen
Laubwald- und Saumpflanzen (Hedera helix, Hepatica nobilis, Lathyrus vernus, Melica uniflora,
Fragaria vesca). An thermophilen Lianen sind namentlich Tamus communis, Rubia peregrina und
Lonicera etrusca vertreten. Die weitere Untergliederung in Kartierungseinheiten erfolgt nach den
gebiets- und standortspezifischen Artenkombinationen der Baum-, Strauch- und Krautschicht sowie

340
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation G

geographischen und ökologischen Differentialarten (siehe die betreffenden Datenblätter).

G.3.2 Italisch-balkanisch-pannonische kolline bis submontane bzw. supramediterrane


Blumeneschen-Flaumeichenwälder
Die zweite Untergruppe mit fünf Kartierungseinheiten kollin-submontaner bzw. supramediterraner
Höhenverbreitung (G43-G47) faßt die Blumeneschen-Flaumeichenwälder von Korsika, Sardinien
(G43), Nord- und Mittelitalien (G44), Dalmatien (G45) und des pannonischen Hügellandes (G46,
G47) zusammen; kleinflächige Vorkommen sind auch in Österreich, Tschechien und Rumänien.
Die nieder- bis mittelwüchsigen Eichenmischwälder wurden als Oenantho-Quercetum pubescenti-
petraeae Gamisans 1975 (G43), als Peucedano cervariae-Quercetum pubescentis Ubaldi 1988,
Knautio-Quercetum pubescentis Ubaldi 1993, Roso sempervirentis-Quercetum pubescentis Biondi
1986 (G44), als Orno-Quercetum virgilianae Trinajstiƒ 1985 (G45), Ceraso mahaleb-Quercetum
pubescentis Jakucs et Fekete 1957, Cotino-Quercetum pubescentis (Soó 1932) Jakucs 1961, Orno-
Quercetum (Soó 1928) Horansky, Jakucs et Fekete 1958 und Corno-Quercetum Jakucs et Zólyomi
1957 (G46) sowie als Inulo spiraeifoliae-Quercetum pubescentis (Jakucs 1961) Soó et Borhidi 1971
und Tamo-Quercetum virgilianae Borhidi et Morschhauser 1996 beschrieben.
Die mittel- bis schwachwüchsigen, oft buschförmigen Wälder besiedeln geographisch und standört-
lich sehr unterschiedliche Gebiete. Gemeinsam ist ihnen die Kombination von vorherrschender
Quercus pubescens oder/und Q. virgiliana in der Baumschicht mit Fraxinus ornus und anderen
thermophilen Baumarten in wechselnder Zusammensetzung, u.a. Acer campestre, Sorbus torminalis,
S. domestica, Prunus mahaleb, Pyrus pyraster; im Mediterrangebiet zusätzlich mit Quercus ilex und
Cercis siliquastrum, Acer monspessulanum, A. obtusatum; im pannonischen Bereich mit weiteren
Eichen (Quercus cerris, Q. dalechampii, Q. polycarpa, Q. petraea) bzw. – im östlichen Teil – mit
Tilia tomentosa. Die meist gut entwickelte Strauchschicht ist wechselnd zusammengesetzt aus
Cornus mas, Viburnum lantana, Ligustrum vulgare, Lonicera etrusca, Erica arborea, Ruscus
aculeatus, Cotinus coggygria, Colutea arborescens. Die Krautschicht beherbergt neben den übli-
chen thermophilen Waldarten wie Lithospermum purpurocaeruleum, Tanacetum corymbosum,
Vincetoxicum hirundinaria, Coronilla coronata, Limodorum abortivum, Carex halleriana auch viele
Sippen der Waldränder und Trockenrasen (Dictamnus albus, Lathyrus pannonicus subsp. collinus,
Asperula tinctoria, Poa versicolor, Carduus collinus, Teucrium chamaedrys) sowie zahlreiche
geographische Differentialarten: Lathyrus venetus, Oenanthe pimpinelloides, Viola alba subsp.
dehnhardtii, Campanula medium, Centaurea triumfettii subsp. adscendens, Dianthus balbisii subsp.
liburnicus, Vicia sparsiflora, Inula spiraeifolia, Fritillaria orientalis.

G.3.3 Italisch-balkanische kolline bis montane Hopfenbuchen-Flaumeichenwälder und


Hopfenbuchenmischwälder
Die dritte Untergruppe mit neun Kartierungseinheiten (G48-G56) hat eine kolline bis montane bzw.
supramediterrane Höhenverbreitung und umfaßt die italienischen, nordadriatischen und südbalka-
nischen Hopfenbuchen-Flaumeichenwälder und Hopfenbuchenmischwälder.
Pflanzensoziologisch gehören diese Wälder mehreren Assoziationen an: u. a. dem Ostryo-Querce-

341
Formation G Karte der natürlichen Vegetation Europas

tum pubescentis Trinajstiƒ 1974 (G48, G51), Fraxino orni-Ostryetum Braun-Blanquet 1961 (G49),
Molinio-Quercetum pubescentis Šugar 1981 (G50), Melampyro italici-Oystryetum Ubaldi et al.
1987, Scutellario-Ostryetum Pedrotti et al. 1979 (G52), Carpino-Quercetum virgilianae Trinajstiƒ
1988, Erico-Quercetum virgilianae Brullo et Marceno 1985 (G53), Ostryo-Quercetum virgilianae
Trinajstiƒ 1987 (G54).
Die niedrig- bis mittelwüchsigen, zwei- bis dreischichtigen Wälder haben in der Baumschicht eine
Kombination von Quercus pubescens, örtlich auch Quercus virgiliana, Q. congesta und Ostrya
carpinifolia mit Fraxinus ornus und z. T. Carpinus orientalis. Weitere Mischbaumarten sind je nach
Gebiet Acer obtusatum, A. opalus, A. monspessulanum, Celtis tournefortii und Tilia tomentosa. In
der Strauchschicht sind neben den weitverbreiteten Arten Crataegus monogyna, Cornus mas und
Ligustrum vulgare auch Lonicera etrusca, Cotinus coggygria, Colutea arborescens, Hippocrepis
emerus und Paliurus spina-christi sowie mediterrane immergrüne Arten (Rhamnus alaternus,
Arbutus unedo, Pistacia lentiscus, Juniperus oxycedrus) anzutreffen. Die Krautschicht ist reich an
weit verbreiteten thermophilen Arten (z. B. Lithospermum purpurocaeruleum, Melittis melissophyl-
lum, Lathyrus niger, Tanacetum corymbosum, Carex humilis, Arabis turrita) und weist zudem viele
regionale Differentialarten auf: Helleborus multifidus, Knautia drymeia, Viola alba subsp. dehn-
hardtii, Hemerocallis lilioasphodelus, Melampyrum italicum, Lathyrus venetus, Anemone apennina,
Cyclamen hederifolium, Potentilla detommasii, Haberlea rhodopensis u. a., unter den Gräsern
Sesleria autumnalis, S. latifolia, Festuca heterophylla, ferner Arten mesophiler Wälder (Melica
uniflora, Primula acaulis, Hepatica nobilis, Euphorbia amygdaloides, Viola reichenbachiana u. a.).
Erwähnenswert ist die für Eichen-Trockenwälder vergleichsweise starke Beteiligung von Lianen
und Spreizklimmern (Clematis vitalba, C. flammula, Tamus communis, Hedera helix, Asparagus
acutifolius, Smilax aspera, Rubus ulmifolius).
Eine besondere Stellung nimmt die Kartierungseinheit G50 ein, in der die Flaumeiche mit Wechsel-
feuchtezeigern und azidophytischen Arten (Molinia arundinacea, Calluna vulgaris, Potentilla alba,
Pulmonaria angustifolia) vergesellschaftet ist.

G.3.4 Süd- und ostbalkanische sowie krimisch-westkaukasische kolline Orienthainbuchen-


Flaumeichenwälder
Die vierte, kollin verbreitete Untergruppe mit fünf Kartierungseinheiten (G57-G61) enthält Flaumei-
chenwälder mit maßgeblicher Beteiligung der Orienthainbuche (Carpinus orientalis). Die Hauptver-
breitung liegt im südlichen und östlichen Teil der Balkanhalbinsel, entlang der Schwarzmeerküste
bis zur Republik Moldau, auf der Krimhalbinsel und am Westfuß des Kaukasus.
Als Assoziationen sind das Symphyto ottomani-Quercetum frainetto Gamisans et Hebrard 1980
(G57), Genisto lydiae-Quercetum pubescentis, Oryzopsi holciformis-Carpinetum orientalis Jakucs
et Zólyomi 1960 (G58), Carpinetum orientalis thracicum Horvat prov. (G59), Paeonio-Carpinetum
orientalis DoniÛ| 1970, Violo suavis-Quercetum pedunculiflorae DoniÛ| 1970 (G60) ausgewiesen.
Die meist niedrigwüchsigen, dreischichtigen Wälder haben in der Baumschicht Quercus pubescens
und z. T. Q. virgiliana, gelegentlich auch Q. cerris, Q. frainetto, Q. pedunculiflora, in Kombination

342
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation G

mit Carpinus orientalis, Acer campestre, A. tataricum, A. monspessulanum, Pyrus pyraster, Ulmus
minor, Sorbus torminalis. Die gewöhnlich gut entwickelte Strauchschicht besteht aus Cotinus
coggygria, Cornus mas, Viburnum lantana, Ligustrum vulgare, Crataegus monogyna, Syringa
vulgaris, Paliurus spina-christi, Euonymus verrucosa, im Süden auch Ruscus aculeatus, Colutea
arborescens, Jasminum fruticans, Phillyrea latifolia, Juniperus oxycedrus, Pistacia terebinthus; in
der Krautschicht finden sich viele thermophile und geographische Differentialarten wie Lithosper-
mum purpurocaeruleum, Mercurialis ovata, Piptatherum virescens, Helleborus odorus, Paeonia
peregrina, Ranunculus illyricus, Cleistogenes serotina, Physospermum cornubiense, Potentilla
micrantha, Stipa bromoides, Symphytum ottomanum, Ramonda serbica.
Die Wälder der krimisch-westkaukasischen Kartierungseinheit G61 wurden den Verbänden Junipe-
ro excelsae-Quercion pubescentis Jakucs 1961 und Carpino orientali-Quercion pubescentis
Korñenevskij et Šeljag-Sosonko 1983 zugeordnet.
Die Baumschicht der niedrigwüchsigen und lichten Buschwälder besteht hauptsächlich aus Quercus
pubescens und Carpinus orientalis, ferner sind Fraxinus excelsior, Juniperus excelsa und Sorbus
torminalis beteiligt. Die Strauchschicht enthält einige immergrüne Arten (Pistacia mutica, Jasmi-
num fruticans, Ruscus aculeatus, Rhododendron luteum) sowie Cotinus coggygria, Rhus coriaria,
Paliurus spina-christi. Für die Krautschicht sind neben den verbreiteten thermophilen Arten
(Lithospermum purpurocaeruleum, Laser trilobum, Carex halleriana, Physospermum cornubiense)
geographische Differentialarten wie Ornithogalum ponticum und Sesleria anatolica kennzeichnend.

G.3.5 Dagestanische kolline Flaumeichenwälder


Die fünfte Untergruppe enthält als einzige Kartierungseinheit die dagestanischen Flaumeichenwäl-
der mit Pyrus salicifolia u. a. Arten (G62). Syntaxonomisch sind diese Wälder noch nicht bearbeitet.
Die niedrigwüchsigen, lichten, zwei- bis dreischichtigen Wälder haben in der Baumschicht Quercus
pubescens, Q. petraea (s. l.), Fraxinus excelsior, Acer campestre, Carpinus betulus und Pyrus
caucasica. Die artenreiche Strauchschicht besteht aus weitverbreiteten thermophilen Arten wie
Cornus mas, Paliurus spina-christi, Ligustrum vulgare, Euonymus verrucosa und aus zahlreichen
endemischen Arten wie Celtis caucasica, C. glabrata, Lonicera iberica, Prunus incana u. a.
Die Krautschicht weist neben weitverbreiteten Arten wie Lithospermum purpurocaeruleum, Melica
picta, Poa nemoralis viele regionale Differentialarten auf (Anthemis fruticulosa, Matthiola dag-
hestanica, Gypsophila capitata, Ziziplora serpyllacea, Astragalus denudatus, A. haesitabundus,
A. alexandri u. a.).

G.3.6 Süditalisch-südwestbalkanische meso-supramediterrane Quercus trojana-Wälder


Die sechste Untergruppe mit nur einer Kartierungseinheit (G63) umfaßt die Quercus trojana-Wälder
in Süditalien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro und Albanien. Syntaxonomisch wurden diese
Wälder als Euphorbio apii-Quercetum trojanae Bianco et al. 1998, Quercetum trojanae montenegri-
num Ble…iƒ et Lakušic 1966 bzw. Quercetum trojanae macedonicum Em 1958 beschrieben.

343
Formation G Karte der natürlichen Vegetation Europas

Die lichten, dreischichtigen Wälder bestehen in der oberen Baumschicht vorwiegend aus Quercus
trojana, z. T. in Kombination mit Q. pubescens, Q. virgiliana, Q. ilex oder Q. cerris, in der unteren
Baumschicht enthalten sie z. T. Fraxinus ornus und Acer campestre. In der meist gut entwickelten
Strauchschicht spielen immergrüne mediterrane Arten eine wichtige Rolle (Phillyrea latifolia,
Pistacia lentiscus, P. terebinthus) neben sommergrünen Gehölzen wie Pyrus spinosa, Rhamnus
orbiculata, R. intermedia, Punica granatum, Petteria ramentacea. Lianen sind gut vertreten
(Clematis flammula, C. viticella, Lonicera caprifolium, L. etrusca, L. implexa, Smilax aspera,
Tamus communis, Rubia peregrina inkl. subsp. longifolia, Asparagus acutifolius). In der Kraut-
schicht herrschen südliche Arten und Endemiten vor (Cyclamen hederifolium, C. repandum, Viola
alba subsp. dehnhardtii, Paeonia mascula, Crocus dalmaticus, Fritillaria gracilis, Anemone
apennina, A. hortensis, Romulea linaresii, Carex distachya, Ranunculus neapolitanus, Silene italica
u. a.), in Süditalien als Kennart Euphorbia apios (BIANCO et al. 1998).

G.4 Iberische supra- und mesomediterrane Quercus pyrenaica-, Q. faginea-, Q. faginea


subsp. broteroi- und Q. canariensis-Wälder
Diese Gruppe umfaßt die supra- und mesomediterranen sommer- bis wintergrünen Eichenwälder auf
der Iberischen Halbinsel außerhalb des Areals von Quercus pubescens. In ihnen dominieren die auf
das westmediterrane Gebiet beschränkten Quercus-Arten: Q. pyrenaica, Q. faginea, Q. faginea
subsp. broteroi und Q. canariensis. Wichtige Mischbaumarten sind Acer monspessulanum, A. gra-
natense und Sorbus torminalis. Die Hauptverbreitung dieser Wälder liegt im nordiberischen Berg-
land und in den dortigen Gebirgen, wo Klima und Vegetation bereits ausgesprochen mediterranen
Charakter aufweisen. Sie nehmen hier wie im Süden der Iberischen Halbinsel die niederschlagsrei-
cheren und kühleren Höhenstufen ein, die im Süden nur noch relativ kleine Flächen in den Gebirgen
umfassen. Das Klima im Gebiet dieser Wälder ist dementsprechend größtenteils mäßig warm
(Jahresmitteltemperaturen 8-13 °C) und trocken-subhumid bis humid (Jahresniederschläge 500-1000
(>1600) mm). Die Winter sind relativ kalt (Jahresmittel des kältesten Monats -1 bis 5 °C), die
Sommer warm und trocken.
Das Areal der vier Hauptbaumarten ist streng an silikatische (Quercus pyrenaica, Q. canariensis)
bzw. karbonathaltige und basenreiche (Q. faginea, Q. faginea subsp. broteroi) Gesteine gebunden,
entsprechend wurde die Gliederung in die vier Untergruppen vorgenommen. Innerhalb der Unter-
gruppen erfolgt die weitere Unterteilung in Kartierungseinheiten vorwiegend nach geographischen
Gesichtspunkten und mit Hilfe regionaler Trennarten (bzw. spezifischer Regionalgesellschaften),
wobei ein deutliches West-Ost- sowie Nord-Süd-Gefälle besteht; die floristische Kennzeichnung
und Differenzierung der Gehölzbestände der einzelnen Untergruppen läßt sich Tab. 16 entnehmen;
hinsichtlich der floristisch-ökologischen Charakteristiken der einzelnen Kartierungseinheiten sei auf
die entsprechenden Datenblätter verwiesen.
Syntaxonomisch werden die bodensauren (G.4.1 und G.4.4) und die basiphilen (G.4.2) Eichenwäl-
der verschiedenen Ordnungen und Verbänden/Unterverbänden innerhalb der Klasse der Querco-
Fagetea zugeordnet, nämlich den Quercetalia roboris, und zwar dem Quercion pyrenaicae bei
G.4.1 und dem Quercion roboris bei einem Teil von G.4.4, den Quercetalia pubescentis, Quercion

344
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation G

pubescenti-petraeae, Aceri granatensis-Quercenion fagineae bei G.4.2. Dagegen wird G.4.3 und ein
Teil von G.4.4 zum Quercenion broteroi innerhalb der Klasse Quercetea ilicis gestellt.

G.4.1 West- und zentraliberische supra- bis mesomediterrane Quercus pyrenaica-Wälder


auf Silikatgesteinen
Die Untergruppe besteht aus sieben Kartierungseinheiten (G64-G70) mit der sommergrünen
Quercus pyrenaica als bestandsbildender Baumart und repräsentiert bodensaure Silikatstandorte im
höheren Bergland in verschiedenen Regionen der Iberischen Halbinsel mit Schwerpunkt in deren
Nordwestteil. Die Kartierungseinheiten stellen verschiedene ökologisch-geographische Ausbildun-
gen mit entsprechenden Differentialarten dar.
Soziologisch wurden diese Wälder folgenden Assoziationen innerhalb des Quercion pyrenaicae
zugeordnet: Luzulo forsteri-Quercetum pyrenaicae Rivas-Martínez 1963 (G64), Holco mollis-
Quercetum pyrenaicae Br.-Bl., P. Silva et Rozeira 1956 (G65), Festuco braun-blanquetii-Querce-
tum pyrenaicae Br.-Bl. 1967 (G66), Genisto falcatae-Quercetum pyrenaicae Penas et Diaz 1985
(G67), Sorbo torminalis-Quercetum pyrenaicae Rivas Goday ex Rivas-Martínez 1987 (G68),
Adenocarpo decorticantis-Quercetum pyrenaicae Martínez-Parras et Molero 1983 (G69), Arbuto
unedonis-Quercetum pyrenaicae (Rivas Goday 1960) Rivas-Martínez 1987 (G70), Cephalanthero
rubrae-Quercetum pyrenaicae O. Bolòs et Vigo in O. Bolòs 1967.
Im Klimaxstadium handelt es sich um mittelhohe, schattige, fast ausschließlich von Quercus
pyrenaica beherrschte Wälder mit vereinzelten Mischbaumarten (Fraxinus angustifolia, Sorbus
aria, S. torminalis, Acer campestre, A. monspessulanum, A. granatense, Quercus faginea, Q. suber,
Q. ilex subsp. rotundifolia). Die je nach Lichtdurchlässigkeit der Baumkronen unterschiedlich
entwickelte Strauchschicht beherbergt sowohl mitteleuropäische (Crataegus monogyna, Corylus
avellana, Prunus spinosa, Cytisus scoparius) wie auch submediterrane und mediterrane Arten
(Berberis vulgaris, Genista florida, G. falcata), darunter auch immergrüne Sträucher und Kletter-
pflanzen (Arbutus unedo, Viburnum tinus, Erica arborea, E. australis, Ilex aquifolium, Hedera
helix).
In der meist gut entwickelten Krautschicht kommen neben eutraphenten nemoralen Arten (Melica
uniflora, Lilium martagon, Hepatica nobilis, Sanicula europaea, Viola odorata u. a.) azidophile
Arten (Luzula forsteri, Holcus mollis, Teucrium scorodonia, Lathyrus linifolius, Pteridium aquili-
num, Ajuga pyramidalis) und etliche südeuropäische sowie endemische Arten vor (Physospermum
cornubiense, Helleborus foetidus, Melittis melissophyllum, Hyacinthoides hispanica, Moehringia
pentandra, Paeonia coriacea u. a.).

G.4.2 Nordost- und südiberische supramediterrane basiphile Quercus faginea-Wälder


Diese Untergruppe enthält vier Kartierungseinheiten (G71-G74) mit der wintergrünen Quercus
faginea als bestandsbildender Baumart. Ihre Hauptverbreitung liegt im Bergland im Nordosten der
Iberischen Halbinsel, isolierte Vorkommen in den südiberischen Gebirgen. Es handelt sich im
Vergleich zu den im Nordosten angrenzenden Quercus pubescens-Wäldern (G41) um ausgesprochen

345
Formation G Karte der natürlichen Vegetation Europas

supramediterrane Standorte mit ausgeprägter Sommertrockenheit. Im Unterschied zu den Quercus


pyrenaica-Wäldern (G.4.1) sind die Substrate Kalksteine, Dolomite und vor allem kalkreiche
Mergel.
Soziologisch gehören diese Wälder zu folgenden Assoziationen innerhalb des Quercion pubescenti-
petraeae: Cephalanthero rubrae-Quercetum fagineae Rivas-Martínez in Rivas Goday et al. 1960
(G71), Violo willkommii-Quercetum fagineae Br.-Bl. et O. Bolòs 1950 (G72), Spiraeae obovatae-
Quercetum fagineae O. Bolòs et Montserrat 1984 (G73), Daphno latifoliae-Aceretum granatensis
Rivas-Martínez 1965.
Die zwei- bis dreischichtigen, niedrig- bis mittelwüchsigen Wälder haben in der oberen Baum-
schicht vorherrschend Quercus faginea mit unterschiedlicher Beimischung von Acer monspessula-
num, A. granatense, A. campestre, Sorbus aria, S. torminalis, Quercus ilex subsp. rotundifolia,
Q. coccifera. Die Strauchschicht ist je nach Dichte der Baumschicht unterschiedlich entwickelt und
in der Regel artenreich. Sie enthält vor allem basiphile submediterrane und mediterrane, meist
sommergrüne Arten: neben Crataegus monogyna insbesondere Viburnum lantana, Buxus sempervi-
rens, Amelanchier ovalis, Berberis vulgaris subsp. seroi und subsp. australis, ferner iberisch-
endemische Arten wie Cytisophyllum sessilifolium, Genista hispanica, Spiraea hypericifolia subsp.
obovata, Daphne laureola subsp. latifolia. Unter den Lianen sind vor allem Hedera helix, Lonicera
etrusca und Rubia peregrina vertreten. Die Krautschicht enthält als kennzeichnende Arten Cepha-
lanthera rubra, C. longifolia, Viola willkommi, Helleborus foetidus, Paeonia officinalis subsp.
microcarpa, Primula veris subsp. columnae.

G.4.3 Portugiesische mesomediterrane basiphile Quercus faginea subsp. broteroi-Wälder


Die Untergruppe besteht aus einer Kartierungseinheit (G75), die als Arisaro simorrhini-Quercetum
broteroi Br.-Bl., P. Silva et Roseira 1956 aus Portugal beschrieben und dem Verband Quercion ilicis
zugeordnet wurde. Es handelt sich um mesomediterrane Standorte auf Kalkstein und Mergel.
Die dreischichtigen Wälder bestehen in der Baumschicht aus Quercus faginea subsp. broteroi mit
Laurus nobilis und örtlich Quercus ilex subsp. rotundifolia, in der Strauchschicht überwiegen
mediterrane, meist immergrüne Arten (Arbutus unedo, Viburnum tinus, Daphne gnidium, Pistacia
lentiscus, Quercus coccifera, Ruscus aculeatus, Rubus ulmifolius, Osyris alba). Lianen spielen
ebenfalls eine wichtige Rolle (Smilax aspera, Rubia peregrina subsp. longifolia, Asparagus aphyl-
lus, Hedera helix). In der Krautschicht finden sich Coronilla valentina subsp. glauca, Vinca
difformis, Arisarum simorrhinum, Teucrium scorodonia u. a.

G.4.4 Nordost- und südiberische mesomediterrane Quercus canariensis-Wälder auf Silikat-


gesteinen
Die Untergruppe enthält zwei entfernt liegende kleinflächige Kartierungseinheiten, eine in Katalo-
nien (G76), die andere in Andalusien (G77). Es handelt sich um isolierte Vorkommen von mesome-
diterranen Wäldern mit der wintergrünen Quercus canariensis in relativ humiden Lagen. Die kata-
lonischen Wälder wurden der Assoziation Carici depressae-Quercetum canariense O. Bolòs 1954,
die andalusischen dem Rusco hypophylli-Quercetum canariensis Rivas-Martínez 1975 innerhalb des

346
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation G

Verbandes Quercion ilicis zugeordnet.


Die dreischichtigen Wälder haben in der Baumschicht Quercus canariensis als bestandsbildende Art
und als Mischbaumarten immergrüne Eichen (Quercus ilex, Q. suber), örtlich auch Q. faginea
subsp. broteroi sowie thermo- und mesophile Fallaubbäume (Sorbus torminalis, Acer monspessula-
num, Prunus avium). Die Strauchschicht besteht vorwiegend aus immergrünen mediterranen
Gehölzen (Arbutus unedo, Viburnum tinus, Erica arborea, Rhododendron ponticum subsp. baeti-
cum, Ulex jussiaei, Ruscus hypophyllum) aber auch aus sommergrünen Sträuchern (Crataegus
monogyna, Prunus spinosa). Kennzeichnende Arten der Krautschicht sind Carex depressa, Teucri-
um scorodonia, Gaudinia fragilis, Luzula forsteri, Polystichum setiferum sowie Pteridium aquilinum
auf Schlagflächen.

Literatur
BORHIDI 1996; BRULLO, GUARINO & SIRACUSA 1998, 1999; DOING KRAFT 1955; HORVAT, GLAVA„
& ELLENBERG 1974; JAKUCS 1961; OBERDORFER 1948; RAMEAU 1996b; RIVAS-MARTÍNEZ 1987;
RIVAS-MARTÍNEZ, FERNÁNDEZ-GONZÁLEZ, LOIDI, LOUSÃ & PENAS 2001 (Mskr.).

347
Formation H Karte der natürlichen Vegetation Europas

H Hygrophile thermophytische Laubmischwälder


Armen G. Doluchanov, überarbeitet von Giorgi Nachucrišvili

Charakterisierung und typologische Abgrenzung; geographische Verbreitung


Die Formation H umfaßt hygrophile sommergrüne Wälder der Kaukasus-Region mit unterschiedli-
cher Artenzusammensetzung und Struktur, z. T. mit immergrünem Unterwuchs. Auf Grund ihrer
besonderen klimatischen Situation und Vegetationsgeschichte sind sie reich an Endemiten und
tertiären Reliktsippen. Die Wälder kommen in meeresnahen Ebenen und auf Vorgebirgshängen
(planare bis submontane bzw. montane Stufe) im Osten des Schwarzen und im Süden des Kaspi-
schen Meeres vor. Gemeinsames Charakteristikum sind die ausgeglichen warm-temperierten, fast
subtropischen Klimabedingungen, die das Überleben vieler Tertiärrelikte ermöglichten.
Die Formation hat zwei räumlich getrennte Verbreitungsgebiete: die Kolchis-Tiefebene in Georgien
am Ostufer des Schwarzen Meeres und die nördlichen Ausläufer des Talysch-Gebirges in Aser-
baidschan am Südwestrand des Kaspischen Meeres (s. Karte 16 und Blatt 9 der Karte 1 : 2,5 Mio.).
Jenseits der Grenzen des Kartierungsgebietes breitet sich die kolchische Waldvegetation noch etwas
weiter nach Südwesten in den östlichsten anatolischen Küstenabschnitt am Schwarzen Meer aus,
wobei sich allmählich Artenzusammensetzung und Aussehen ändern. Die Hyrkanischen Niede-
rungs- und Bergwälder setzen sich am südwestlichen und südlichen Ufer des Kaspischen Meeres am
Nordrand des Elbursgebirges im Iran fort.

Bestandesstruktur und Physiognomie


Die üppig entwickelten, hochwüchsigen Wälder (bis 35 m) haben einen mehrschichtigen Aufbau.
Die Baumschicht wird von mehreren sommergrünen Laubbaumarten gebildet; meist ist eine zweite
Baumschicht vorhanden. Die Strauchschicht ist in der Regel artenreich und bildet vielfach ein fast
undurchdringliches immergrünes Dickicht. Lianen sind oft vorhanden, gehören aber nicht zur
kennzeichnenden Ausstattung und gewinnen erst in aufgelichteten Beständen an Bedeutung. Auf
Grund der hohen Luftfeuchtigkeit treten vielerorts Epiphyten auf. Die Krautschicht ist ebenfalls
artenreich und enthält zahlreiche Gräser und Farne sowie Moose.

Floristische Zusammensetzung (Artengefüge)


Die Laubmischwälder der Formation H zeichnen sich durch großen Artenreichtum (insgesamt
50 Baum-, zahlreiche Strauch- und 80 Krautarten) und eine eigenständige Flora aus. In der Vegetati-
on sind zahlreiche Endemiten sowie Reliktarten aus dem Tertiär erhalten.
Kennzeichnende Baumarten sind sommergrüne Eichen (im Westen Quercus imeretina, Q. hartwis-
siana, im Osten Quercus castaneifolia), ferner Castanea sativa, Pterocarya pterocarpa, Diospyros
lotus und Fagus sylvatica subsp. orientalis. Hinzu kommen Ulmen und Linden (Ulmus glabra,
U. elliptica, Tilia begoniifolia, T. ledebourii). Die zweite Baumschicht bilden Arten wie Zelkova
carpinifolia, Carpinus betulus, Acer-Arten (z. B. Acer cappadocicum, A. velutinum), teilweise Alnus
barbata, im Osten zusätzlich Parrotia persica, Fraxinus excelsior subsp. coriariifolia. In Schluchten

348
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation H

tritt Taxus baccata hinzu. Die Strauchschicht enthält weitverbreitete immergrüne (Daphne pontica,
Rhododendron ponticum, Prunus laurocerasus), aber auch endemische Arten (Staphylea colchica,
Rhododendron ungernii, Epigaea gaultherioides, Viburnum orientale, Danae racemosa, Euonymus
velutina). Daneben kommen endemische Ruscus-, Buxus- und Crataegus-Arten vor wie der kol-
chisch-hyrkanische Endemit Crataegus microphylla. Typische Lianen sind: Smilax excelsa, Periplo-
ca graeca, Vitis vinifera subsp. sylvestris, im Westen Hedera colchica, H. helix, im Osten Hedera
pastuchowii. Unter den Epiphyten sind Polypodium cambricum und zahlreiche Flechten und Moose
(z. B. Usnea barbata, Neckera-Arten) häufig. Die Krautschicht enthält etliche Farne wie Athyrium
filix-femina, Pteris cretica, Asplenium scolopendrium, Matteuccia struthiopteris, verschiedene Dry-
opteris- und Polystichum-Arten sowie Gräser und Grasartige (z. B. Brachypodium sylvaticum,
B. pinnatum subsp. rupestre, Poa masenderana, Oplismenus undulatifilius, Dactylis glomerata,
Festuca drymeja, Luzula forsteri, Carex spicata) sowie Epimedium colchicum, Trachystemon orien-
talis, Symphytum ibericum, Sanicula europaea, Circaea lutetiana, Euphorbia amygdaloides u. a.

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Die 3 Kartierungseinheiten werden verschiedenen Eichenwaldgesellschaften zugeordnet (Quercetum
imeretina azaleosum, Quercetum imeretina hypericosum, Quercion castaneifoliae sensu Dolu-
chanov). Diese lassen sich auf Grund der zahlreichen endemischen und reliktischen Arten und des
geringen Datenmaterials nur schwer in die syntaxonomischen Einheiten des Klassifikationssystems
nach Braun-Blanquet einfügen.

Makroklimatische Gegebenheiten
Das Klima ist ausgeglichen warm-temperiert mit Jahresmitteltemperaturen zwischen 13 und 15 °C
(in der Kolchis 13-14 °C, in Hyrkanien 12-15 °C). Die Jahressummen der Lufttemperatur über 10 °C
übersteigen fast überall 3800 °C, stellenweise erreichen sie 4600-4700 °C. Charakteristisch sind
hohe Niederschlagsmengen, die sich in der Kolchis ziemlich gleichmäßig über das ganze Jahr
verteilen (mit Maximum im Herbst und Winter, vgl. Abb. 11). Sie resultieren aus den Steigungs-
regen der wassergesättigten Luft an den Südwest- und Westhängen des Großen und Kleinen Kauka-
sus bei vorherrschenden Westwinden. Das hyrkanische Klima unterscheidet sich vom kolchischen
durch eine stärker ausgeprägte Jahresperiodizität mit einer Trockenphase im Sommer und einem
Niederschlagsmaximum im Herbst. In der Kolchis ist das Klima gegenüber Hyrkanien milder und
durch den Einfluß des Schwarzen Meeres weniger kontinental (Jahresamplitude der Monatsmittel-
temperaturen 15-19 °C). Die Winter sind milder (Mitteltemperatur des kühlsten Monats 4-6 °C) und
die Niederschläge während des ganzen Jahres reichlich (mittlere Jahresniederschläge 1000 bis
3000 mm, stellenweise bis 3500 mm). Die winterliche Schneebedeckung schützt die Vegetation vor
gelegentlichen Frösten und ermöglicht das Vorkommen von thermophytischen Laubwaldbeständen
mit immergrünem Unterwuchs auch in größeren Höhen. In Hyrkanien ist der Winter etwas kühler
(Januarmittel -2 bis 3 °C) und der Sommer etwas wärmer (Mitteltemperatur des wärmsten Monats
24-26 °C). Die Jahresamplitude der Monatsmitteltemperaturen liegt höher (22-24 °C), die Jahres-
niederschläge sind deutlich niedriger und übersteigen kaum 1500 mm, ihre Verteilung über das Jahr

349
Formation H Karte der natürlichen Vegetation Europas

ist ungleichmäßig: der Sommer ist trocken, die übrigen Jahreszeiten sind humid (vgl. Abb. 11).

Abb. 11: Klimadiagramme der hygrophilen thermophytischen Laubmischwälder (H): Batum (Batumi) (H1),
Kutaisi in der Kolchis (H1), Lenkoran in Hyrkanien (H2) (nach WALTER & LIETH 1967).

Standortbedingungen
Die zur Formation H gehörenden Wälder wachsen in Niederungen entlang der Meeresküsten, auf
Schwemmland von Flüssen (z. B. Rioni) und an den Unterhängen von Gebirgen (Großer und
Kleiner Kaukasus, Talysch). Die Höhenverbreitung reicht vom Tiefland bis 600 m, doch besiedeln
einzelne Bestände noch Höhen um 900 m. Im hyrkanischen Küstenstreifen (H2) bilden marine
Ablagerungen die geologische Unterlage in einer Serie von aufeinander folgenden Terrassen bis in
eine Meereshöhe von 300-400 m. Nur stellenweise sind diese von kolluvialen und alluvialen
Ablagerungen überdeckt. Die kolchische Tiefebene besteht im wesentlichen aus fluviatilen Ablage-
rungen; Meeresterrassen nehmen hier nur sehr kleine Flächen ein.
Als Bodentypen sind Roterden und verschiedene Formen der Gelberden (Ferralsols) für diese Ge-
sellschaften kennzeichnend. Roterden (z. T. fossil) sind an das feuchte kolchische Klima gebunden
und fehlen in Hyrkanien. Gelberden sind in der Kolchis (meist mit geringer Basensättigung) und in
Hyrkanien verbreitet (hier mit mäßiger Basensättigung). Beide Bodentypen kommen in der typi-
schen wie in der lessivierten Variante vor. In den Vorgebirgen haben sich unter Wäldern stellenwei-
se auch gelb-braune Böden und montane braune Waldböden (Cambisols) gebildet. In Hyrkanien
finden sich zusätzlich montane zimtfarbene Waldböden (Chromic Cambisols). Im Wechsel mit den
oben angeführten Bodentypen kommen örtlich ausgedehnte Humuskarbonatböden (Rendzinen),
ferner Auen- und Gleyböden vor.

Rolle im Landschaftsgefüge
Die Kartierungseinheiten zeichnen sich durch große Standort- und Vegetationsvielfalt aus. Auf
vernäßten Standorten in den Ebenen und in Schluchten herrschen Erlenbruchwälder (Alnus barbata)
und Pterocarya-Alnus-Auenwälder vor (Alnus barbata und Pterocarya pterocarpa in den Flußauen,
Alnus subcordata in den Bachtälern). In den Auenwäldern vieler Flüsse dominieren Pappeln (Popu-
lus x canescens, P. hyrcana, P. nigra) und Weiden (Salix spp.) neben Erle und Flügelnuß (Pteroca-
rya). Auf flachgründigen und steinigen Flächen entwickeln sich niedrigwüchsige und trockenheits-
resistentere Wälder abweichender Artenzusammensetzung (u. a. mit Quercus iberica). Nach oben

350
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation H

werden die thermophytischen Wälder von Eßkastanien- (Castanea sativa) und Buchenwäldern (Fa-
gus sylvatica subsp. orientalis) abgelöst. An meerseitigen, besonders feuchten Berghängen kommen
geschlossene immergrüne Reinbestände aus Prunus laurocerasus vor, in Hyrkanien u. a. Bestände
aus Albizia julibrissin.

Erhaltungszustand, Landnutzung, Ersatzgesellschaften; Naturschutz


Die hygrophilen thermophytischen Wälder der beiden Regionen wurden in den Niederungen fast
überall vernichtet. Infolge der relativ dichten Besiedelung und jahrtausendelanger Nutzung fehlen
hier naturnahe Wälder fast vollständig. Im unteren Bergland sind noch naturnahe Waldfragmente
vorhanden. Die submontanen Wälder sind jedoch durch Holznutzung und Waldweide oft stark
degradiert und in der Artenzusammensetzung verändert. Nach Holzeinschlag und Auflichtung der
Baumschicht breitet sich im Westen die immergrüne Strauchschicht oft stark aus, verdichtet sich
und behindert so die Verjüngung der Bäume. Langdauernde Waldweide mit Rindern führte zur Zer-
störung der Waldstruktur und förderte die Ausbreitung von Adlerfarn (Pteridium aquilinum subsp.
brevipes) und von Neophyten (z. B. Spiraea japonica). Der Bau von Waldwegen trägt zur weiteren
Erschließung der Wälder bei, oft mit der Folge von illegalem Holzeinschlag. Nur in Schutzgebieten
(z. B. Botanischer Garten in Batumi und in sehr unzugänglichen Regionen) blieben Waldreste mit
dem natürlichen Pflanzeninventar erhalten. Auch Bereiche im ehemaligen Sperrgebiet an der Grenze
zur Türkei stellen einen solchen Rückzugsraum dar.
Das Gebiet wird überwiegend landwirtschaftlich genutzt für Teestrauch- oder Zitrus-Plantagen, für
den Anbau von Tungbäumen (Aleurites spp.), Tabak, Mais und anderen Feldfrüchten, in Hyrkanien
namentlich für Teestrauch-Plantagen und Reisfelder. Große Flächen wurden entwässert und melio-
riert. Die zugehörige Unkrautvegetation enthält neben einheimischen Arten auch viele adventive
Pflanzen (z. B. Baccharis halimifolia, Paspalum paspalodes, Andropogon virginicus).
Die hygrophilen thermophytischen Laubwälder sind in Europa auf die Kaukasusregion beschränkt
und weisen auf Grund ihrer klimatischen und vegetationsgeschichtlichen Besonderheiten eine Fülle
von Tertiärrelikten und Endemiten auf. Im Gebiet der Kartierungseinheiten kann jedoch nur ein
ganz geringer Teil der Wälder als naturnah angesprochen werden. Zusätzlich bedeutet die aktuelle
Nutzung und ihre durch die schwierige ökonomische Situation der Bevölkerung zu erwartende
Ausweitung eine erhebliche Gefährdung der Restbestände. Deshalb ist die Ausweisung von aus-
reichend großen Schutzgebieten (z. B. Nationalparks) zum Erhalt dieser einzigartigen Wälder
dringend geboten. Bis jetzt gibt es drei kleine Naturschutzgebiete mit mehr oder weniger gut erhal-
tener naturnaher Vegetation (zwei in der kolchischen, eines in der Lenkoran-Niederung). Zusätzlich
zum Erhalt der noch bestehenden Wälder sind floristisch besonders wertvolle Gebiete zu schützen
und in Richtung naturnaher Bestände weiterzuentwickeln.

Gliederung in Untereinheiten
Die 3 Kartierungseinheiten dieser Formation (H1, H2, H3) stellen geographische Ausbildungen dar:
H1 kommt in der Kolchis, an der östlichen Küste des Schwarzen Meeres, H2 und H3 an der Süd-

351
Formation H Karte der natürlichen Vegetation Europas

westküste des Kaspischen Meeres vor. Die Einheiten unterscheiden sich in vielen Merkmalen. Die
deutlichen floristischen Unterschiede sind nicht nur durch die heutigen klimatischen Besonderhei-
ten, sondern vor allem durch die langdauernde Isolation der beiden Gebiete bedingt. Immergrüner
Unterwuchs ist nur für die kolchischen Wälder (H1) kennzeichnend, während er in den Hyrka-
nischen Vorgebirgen (H2) weitgehend fehlt. Im hyrkanischen Gebiet dominieren statt dessen die
Reliktarten. Die kolchische reliktische Dendroflora besteht vor allem aus Pflanzen, die im Winter
einen zuverlässigen Schneeschutz benötigen. Die hyrkanische reliktische Dendroflora ist dagegen
durch Waldarten repräsentiert, die die Eiszeit an den wärmeren südlichen Ufern des Kaspischen
Meeres überdauert haben. Zu den letzteren gehören Arten wie Parrotia persica, Quercus castaneifo-
lia, Alnus subcordata, Acer velutinum, Pyrus boissieriana, Gleditsia caspia, Albizia julibrissin
sowie Hedera pastuchowii und Frangula grandiflora. Das Areal dieser Arten ist auf das Einzugs-
gebiet des Kaspischen Meeres beschränkt. Andererseits sind die charakteristischen kolchischen
Arten (Quercus imeretina, Q. hartwissiana, Tilia ledebourii, Staphylea colchica, Ilex colchica,
Rhododendron ponticum u. a.) nicht im hyrkanischen Gebiet vertreten, und die Baumschicht wird
hier fast ausschließlich von Reliktarten gebildet.

Literatur
DOLUCHANOV 1989, 1992 (Mskr.); GROSSGEJM 1926, 1948; NACHUCRIŠVILI 1999; PRILIPKO 1970a;
SACHOKIA 1980; SCHMIDT 2003; WALTER 1974.

352
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation J

J Mediterrane Hartlaubwälder und -gebüsche


Thomas Raus & Erwin Bergmeier

Charakterisierung und typologische Abgrenzung; Bestandesstruktur und Physiognomie


Die Formation „Mediterrane Hartlaubwälder und -gebüsche“ umfaßt Gesellschaften xeromorpher
immergrüner Baum- und Straucharten, vor allem der Gattungen Quercus (Subgenus Sclerophyllo-
drys), Pinus, Juniperus, Olea und Pistacia. Dominanzen einer Baum- oder Strauchart sind häufig.
Hartlaubwälder und -gebüsche kommen auf ganz verschiedenen Substraten und in allen Expositio-
nen vor, doch werden grundwasserbeeinflußte Standorte gemieden.
Die Struktur der Bestände hängt von abiotischen Standortfaktoren und der Artenzusammensetzung
ab, vor allem aber von der aktuellen und früheren Nutzung. Die meisten immergrünen Laubwald-
arten können – je nach den äußeren Einflüssen, manche anscheinend auch genetisch prädisponiert
– baum- oder strauchförmig wachsen. Bestände mit dichtem Kronenschluß sind licht- und artenarm.
Der spärliche Unterwuchs solch dichter Wälder und Gebüsche besteht aus vereinzelten Kleinsträu-
chern, Gräsern, Lianen, Geophyten, Farnen sowie dem Jungwuchs der Bäume und Sträucher. Viel
häufiger sind lichte Bestände, wie sie von Natur aus in Steillagen, in der Regel aber als Folge von
Nutzungseinflüssen wie Holzentnahme und Beweidung vorkommen. Durch ungeregelte Holznut-
zung degradierte Bestände haben Gebüsch- oder Buschwaldstruktur (Macchia, maquis). Sind sie,
meist durch Beweidung, fleckweise aufgelöst und mosaikförmig mit Zwergstrauch- und krautiger
Vegetation verzahnt, so sprechen wir von Garrigue. Kernwüchsige Weidewälder haben meist gerin-
gen Kronenschluß, unausgewogene Altersstruktur und eine durch Ökotoneffekte reiche Binnen-
struktur.
Mediterrane Hartlaubwälder sind in für den Ackerbau günstigen Räumen schon während des
Neolithikums, in ungünstigeren Lagen vor allem in Zeiten hohen Bevölkerungsdrucks durch exten-
sive ungeregelte Holzentnahme und Beweidung mit Ziegen und Schafen zerstört oder degradiert
worden. An ihre Stelle traten verschiedene Kulturlandformationen. Bei extensiver Beweidung ent-
standen sekundäre Kleinstrauchgesellschaften (regional unterschiedlich als Tomillares, Phrygana
oder Batha bezeichnet), bei anhaltender regressiver Syndynamik geophyten- und annuellenreiche
Trockenrasen und Heiden.
In jüngerer Zeit beobachtet man in den meisten Ländern am Nordrand des Mittelmeeres bei nachlas-
sendem Nutzungsdruck sich selbst überlassene regenerative Hartlaubvegetation. Das dynamische
Potential solcher Bestände, besonders der zeitliche Ablauf der progressiven Sukzession und die
jeweilige Schlußwaldgesellschaft, sind in hohem Maße standortabhängig und im einzelnen wenig
bekannt.

Geographische Verbreitung
Das natürliche Wuchsgebiet mediterraner Hartlaubwälder und -gebüsche in Europa umfaßt den
größten Teil der Iberischen Halbinsel, die Tieflagen und küstennahen Gebiete Südfrankreichs,
Italiens, der Adria-Länder und der südlichen Balkanhalbinsel sowie die Mittelmeerinseln von den

353
Formation J Karte der natürlichen Vegetation Europas

Balearen bis zur Ägäis mit Ausnahme einiger Gebirgs- und Küstenräume (s. Karte 14 im Textband
sowie die Blätter 7 und 8 der Europakarte). Während mediterrane Hartlaubwälder im iberischen Teil
des Verbreitungsgebietes auch weit im Inland vorkommen, bleiben sie im Norden des Areals auf
einen meist wenige Kilometer schmalen Küstensaum beschränkt, können aber im Süden (Sizilien,
Mittelgriechenland, Peloponnes) bis zu 70 km landeinwärts reichen. Das Areal immergrüner medi-
terraner Hartlaubvegetation setzt sich außerhalb Europas nach Süden (Teile der Nordküsten Marok-
kos, Algeriens, Tunesiens, Libyens) und Osten fort (Küstenräume der West- und Südtürkei, Zyperns,
Syriens, des Libanon und Israels).

Floristische Zusammensetzung (Artengefüge)


Die Baumartenzusammensetzung mediterraner Hartlaubwälder ist meist ziemlich einförmig. Nur
eine Art dominiert in der Regel den Kronenraum, oft eine der immergrünen Eichenarten (Subgenus
Sclerophyllodrys). Die Stein-Eiche (Quercus ilex) konkurriert am erfolgreichsten in subhumiden
Gebieten; sie ist auf der Iberischen Halbinsel außerhalb Kantabriens und Kataloniens vertreten
durch Q. ilex subsp. rotundifolia (= Q. rotundifolia, Q. ilex subsp. ballota), im übrigen Mittelmeer-
gebiet durch Q. ilex subsp. ilex. In trockeneren und etwas winterkälteren Lagen wird Q. ilex durch
die Kermes-Eiche (Quercus coccifera) ersetzt. Diese ist gegenüber Verbiß toleranter als die Stein-
Eiche. Quercus coccifera ist Waldbildner besonders im Ostmediterrangebiet (und wird hier von
manchen Autoren traditionell unter dem Synonym Q. calliprinos nomenklatorisch abgegrenzt),
während sie im Westen kaum höher als 2 m wird. In mesomediterranen Gebieten und vor allem im
Übergang zu submediterranen Klimaräumen können auch laubabwerfende Baumarten stärker
beteiligt sein: im Westen besonders Eichenarten wie Quercus faginea und Q. pubescens, im Osten
Q. cerris, Q. frainetto, Fraxinus ornus und Carpinus orientalis. Eichen-Weidewälder und Macchien
mit anthropogen geringem Eichenanteil haben oft eine dichte immergrüne Strauchschicht, die aus
Erica arborea, Arbutus unedo oder A. andrachne gebildet sein kann. An humiden Standorten finden
sich Laurus nobilis und Myrtus communis. Viel weniger verbreitet als die Gesellschaften mit
Quercus ilex oder Q. coccifera sind Wälder aus Quercus-Arten der Untergattung Cerris. Gleichwohl
sind sie gebietsweise landschaftsbestimmend, etwa die Kork-Eiche (Quercus suber) in Südwest-
spanien und Portugal und Q. ithaburensis subsp. macrolepis in Südostitalien und Süd- und West-
griechenland.
In thermomediterranen Gebieten sind die immergrünen Eichen auf Sonderstandorte oder klimatisch
gemäßigte Berglagen beschränkt; hier ist auf sandigen Böden in Küstenlagen und auf Kalkgestein
oft Pinus halepensis die vorherrschende Baumart (in der Ägäis und im mediterranen Kleinasien
P. brutia). Durch ihre widerstandsfähige Borke und das hohe Regenerationspotential durch Samen-
keimung tolerieren P. halepensis und P. brutia Feuereinwirkung mehr als andere Baumarten und
profitieren so von Waldbränden. Bei häufigen Bränden vermögen die Kiefernarten auch in mesome-
diterranen Gebieten die Eichen als Hauptbaumarten zu verdrängen.
Die in vielen Gebieten häufigste Strauchart der thermomediterranen Hartlaubgebüsche ist – mit oder
ohne Pinus-Schirm – Pistacia lentiscus, meist als Strauch von unter 2 m Höhe, selten als Baum von

354
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation J

bis zu 6 m. Sie wächst oft zusammen mit der Wildform des Ölbaums (Olea europaea subsp.
oleaster) und dem Johannisbrotbaum (Ceratonia siliqua). Olea wie Ceratonia gehören nach heuti-
gem Kenntnisstand nicht zur ursprünglichen europäischen Flora, sondern wurden in ihren nahöstli-
chen Indigenaträumen in Kultur genommen und von dort aus im Mittelmeergebiet verbreitet, wo sie
in der Folge verwilderten und seit langem in der natürlichen Vegetation fest eingebürgert sind.
Weitere wichtige bestandsbildende und weit verbreitete Holzarten sind im Thermomediterranraum
Juniperus phoenicea (incl. subsp. turbinata), meist küstennahe Gebüsche bildend, und J. oxycedrus
subsp. macrocarpa, oft baumförmig Küstensande besiedelnd.
Während anthropogen aufgelichtete Hartlaubwälder auf kleiner Fläche eine hohe Artenzahl auf-
weisen können, sind wenig oder lange nicht mehr gestörte Bestände dicht und auffällig artenarm.
Besonders schattentolerant und daher unter dem Schirm dichter Hartlaubwälder weit verbreitet sind
Farnartige (Asplenium onopteris, Selaginella denticulata), immergrüne, teils klimmende Halbsträu-
cher und Lianen (Ruscus aculeatus, Asparagus acutifolius, A. aphyllus, Smilax aspera, Rubia
peregrina, R. tenuifolia) sowie Geophyten (Cylamen-Arten, Arisarum vulgare und andere Araceae).
Im Schutz niedriger Hartlaubgebüsche wachsen dagegen Horstgräser wie Piptatherum miliaceum,
P. coerulescens und Ampelodesmos mauritanica, deren Halme die Sträucher überragen können.

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Die Formation „Mediterrane Hartlaubwälder und -gebüsche“ fällt im wesentlichen mit der pflanzen-
soziologischen Klasse Quercetea ilicis zusammen. (In diese Klasse gehören obendrein bestimmte
oromediterrane Nadelwälder wie die Cupressus-Wälder Kretas, die in der Europakarte zur Forma-
tion K gezählt werden.) Mesomediterrane Quercus- und Pinus-Wälder werden zur Ordnung Querce-
talia ilicis zusammengefaßt. Die Ordnung Pistacio lentisci-Rhamnetalia alaterni umfaßt Gebüsch-
gesellschaften sowie Pinus- und Juniperus-Bestände vorwiegend im thermomediterranen Bereich.
Die weitere Gliederung in Verbände und Assoziationen ist in Teilgebieten (z. B. Spanien) vorge-
nommen worden, jedoch fußen die meisten Vorschläge auf relativ geringer Datenbasis, und keiner
berücksichtigt alle europäischen Teilgebiete. Der Verband Oleo-Ceratonion gilt seit langem als be-
zeichnende Einheit der aktuellen höchstentwickelten thermomediterranen Vegetation. Einem jünge-
ren Vorschlag zufolge soll dieser Verband auf das westliche Mittelmeergebiet beschränkt bleiben
und gegen ein östliches Pendant, Ceratonio-Rhamnion, abgrenzbar sein. Für eine anzustrebende,
zirkum-mediterran stimmige Synsystematik der südeuropäisch-nordafrikanisch-nahöstlichen Hart-
laubvegetation bedarf es einer gründlichen Revision und Emendierung der Mehrzahl der vorhande-
nen syntaxonomischen Regionalkonzepte.

Makroklimatische Gegebenheiten
Hartlaubwälder und -gebüsche wachsen in Gebieten mit ausgeprägtem mediterranem Winterregen-
klima, also bei trockenen warmen Sommern und kühlen feuchten Wintern. Strenge Fröste fehlen, in
thermomediterranen Gebieten sind Fröste generell selten. Die Niederschlagsmaxima liegen gewöhn-
lich im November/Dezember und im Februar/März. Die Sommermonate – in den trockenen südli-
chen Gebieten schon ab Mai und bis einschließlich September – bringen wenig oder keinen Nieder-

355
Formation J Karte der natürlichen Vegetation Europas

schlag. Bei ausgeprägter Reliefgestaltung sorgen Luv-Lee-Effekte für erhebliche lokalklimatische


Differenzierung. Hinzu kommen Schwankungen in der Verteilung und den Jahressummen der Nie-
derschläge. Die mittleren jährlichen Niederschlagssummen in Meereshöhe liegen zwischen 400 und
900 mm, seltener über 1200 mm (z. B. Kerkira) oder unter 400 mm (südostspanisches Trocken-
gebiet, Südostkreta). Die Temperaturmittel des wärmsten Monats liegen zwischen 25 und 28 °C, die
des kältesten Monats zwischen 6 und 13 °C. Besonders auf den kleineren Inseln und an exponierten
Küsten ist der Windfaktor vegetations- und strukturprägend: Er mindert die Wettbewerbskraft
hygrisch anspruchsvoller immergrüner Holzarten und verhindert örtlich – auch ohne anthropogene
Einflüsse – baumförmigen Wuchs, so daß die Konkurrenzfähigkeit niedriger Gebüsche und von
Buschwäldern gefördert wird.

Rolle im Landschaftsgefüge, Erhaltungszustand, Landnutzung; Naturschutz


Hartlaubwälder gelten oft als die zonale Vegetation des Mittelmeergebiets schlechthin, doch deuten
pollenanalytische Befunde auf eine Zunahme immergrüner Eichenwälder erst im Gefolge der
neolithischen Landnahme hin. Generell ist im zirkum-mediterranen küstennahen Raum von einer
prähistorisch-historischen, anthropogen-edaphischen Verschiebung des Konkurrenzgleichgewichtes
zwischen immergrünen und winterkahlen Schlußgesellschaften zugunsten der immergrünen Hart-
laubvegetation auszugehen. Freilich sind die Untersuchungen zu lückenhaft, um eine differenzierte
Einschätzung der Vegetationsgeschichte für alle Teilräume vornehmen zu können. Auch darf die
heute standortgemäße (potentielle) natürliche Vegetation nicht mit der vom Menschen noch wenig
beeinflußten des Neolithikums gleichgesetzt werden. Erhebliche Bodenerosion – mit und ohne
Zutun des Menschen – hat die standörtlichen Voraussetzungen für Waldwuchs und -struktur gründ-
lich verändert. Eine standortgemäße Regeneration von Wäldern in Bereichen, wo diese degradiert
oder verschwunden sind, hängt von Bodenbeschaffenheit und Wasserversorgung, vom Relief und
lokalen Klima, dem Diasporenangebot und von eventuellen Störungen ab. Beobachtungen an fort-
geschrittenen Sukzessionsbeständen von Hartlaubwäldern in Südfrankreich lassen auf ihre Weiter-
entwicklung in Richtung einer stärkeren Beteiligung laubabwerfender Eichen (hier Quercus pu-
bescens) schließen. Auch diese bestandesdynamischen Befunde sind aber bisher nur regional abge-
sichert und dürfen nicht unkritisch auf das gesamte Hartlaubwald-Gebiet verallgemeinert werden.
Das Regenerationspotential von Hartlaubgehölzen ist in mesomediterranen Gebieten im allgemeinen
besser als in den thermomediterranen Regionen.
Der Erhaltungszustand mediterraner Hartlaubwälder und -gebüsche ist für die einzelnen zonalen
Typen unterschiedlich, für die meisten Waldgesellschaften aber – trotz großräumig progressiver
Sukzessionstrends – schlecht. Manche Gesellschaften sind als einigermaßen repräsentativer un-
gestörter Wald praktisch unbekannt, die Schlußgesellschaft der betreffenden Kartierungseinheit
infolgedessen hypothetisch. Für manche Standorte, besonders solche, die sich für den Anbau von
Kulturpflanzen eignen, sind keinerlei Waldreste belegt. Die meisten Bestände von alten Hartlaub-
wäldern sind strukturell mehr oder minder stark überformt und auf bestimmte, für den Menschen
schwer erreichbare oder sonst ungünstige Standorte beschränkt. Dies erschwert den Blick auf die
potentielle standörtliche Variabilität der Gesellschaften. Langfristige Forschung auf der Grundlage

356
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation J

systematisch angelegter Dauerflächen zur Erhellung der Sukzessionsvorgänge fehlt weithin bzw.
scheitert gewöhnlich an der Zerstörung der experimentellen Einrichtungen. Pinus-dominierte Wäl-
der tragen zudem ein hohes Feuerrisiko in sich. Ebene Standorte mit gut entwickelten und tief-
gründigen Böden stehen für das Studium der zonalen Waldentwicklung in der jahrtausendealten
Kulturlandschaft des Mittelmeerraumes kaum zur Verfügung. Gering beeinflußte reife Hartlaubwäl-
der sind wegen ihrer Seltenheit für Naturschutz und Wissenschaft von großer Bedeutung. Dasselbe
gilt wegen ihres Entwicklungspotentials auch für aus Niederwaldnutzung hervorgegangene fort-
geschrittene Regenerationsbestände und für ausgedehnte kernwüchsige Weidewälder. Aus Natur-
schutzsicht sind freilich Hartlaubwälder nicht generell ihren Ersatzgesellschaften vorzuziehen,
welche ungleich reicher an Organismen und Kleinhabitaten sind als die zonale Schlußgesellschaft.

Gliederung in Untereinheiten
Die Hartlaubwälder und -gebüsche des Mittelmeerraumes lassen sich zunächst nach ihrer klimati-
schen Präferenz in eine Gesellschaftsgruppe mesomediterraner und eine Gruppe thermomediterraner
Verbreitung differenzieren. Innerhalb jeder dieser beiden Gesellschaftsgruppen ist die vorherr-
schende Baumart – meist aus der Gattung Quercus – vorrangiges Kriterium der weiteren Differen-
zierung. Diese bestimmt als Matrixart in erheblichem Maß den Bestandescharakter. Die weitere
Unterteilung in Kartierungseinheiten fußt dagegen hauptsächlich auf substratbedingten und chorolo-
gischen Spezifika des Unterwuchses.
Ein rascher Überblick über die standörtlich differenzierte regionale Verteilung der insgesamt
53 Kartierungseinheiten läßt sich am besten anhand ihrer drei großen südeuropäischen Teilareale –
der Iberischen Halbinsel mit den Balearen und Südfrankreich, der Apenninhalbinsel mit Sizilien,
Sardinien und Korsika und der Balkanhalbinsel mit Kreta und den ägäischen Inseln – gewinnen (vgl.
Karte 14). Dabei wird aus Gründen der Übersichtlichkeit und Straffung der Darstellung vornehmlich
auf die natürlichen (in vielen Fällen hypothetischen und aus standörtlichen und syndynamischen
Befunden abgeleiteten) Schlußgesellschaften eingegangen, dagegen nicht oder nur punktuell auf die
aktuell landschaftsprägende Ersatzvegetation. Zur besseren Orientierung ist die Legendennummer
der jeweiligen Kartierungseinheit in Klammern beigefügt.

Iberische Halbinsel und Balearen, Südfrankreich


Am großflächigsten und am stärksten differenziert zeigen sich die Hartlaubwälder und -gebüsche in
Spanien und Portugal. Nur der atlantische Norden und Nordwesten der Iberischen Halbinsel wird
nicht von ihnen besiedelt, mit Ausnahme einiger reliktischer Waldinseln mit Quercus ilex subsp.
ilex (J13), die in K a n t a b r i e n bei Bilbao und Santander in thermisch begünstigten Tälern mit
Eichen-Eschenwäldern verzahnt sind, sowie lokaler Quercus ilex subsp. rotundifolia-Karstwälder
(J11), die auf edaphischen Sonderstandorten in die Buchen- und Eichenmischwald-Landschaft der
mittleren kantabrischen Küstenkordillere kleinräumig eingestreut sind.
M i t t e l - u n d S ü d p o r t u g a l ist das Hauptverbreitungsgebiet der südwestiberischen Korkei-
chenwälder (Quercus suber). Ihr thermomediterraner Flügel besiedelt zum einen küstennahe,

357
Formation J Karte der natürlichen Vegetation Europas

nährstoffarme Sandböden des Alentejo und der Küstenlandschaft Mittelportugals (J35), hier u. a.
differenziert durch den psammophilen Juniperus navicularis, zum anderen skelettreiche Böden über
festen Silikatgesteinen (J36) ohne ausgesprochene Psammophyten. Mit zunehmender Küstenferne
und Höhenlage (Serra de Monchique, Portugiesisches Scheidegebirge) stellen sich mesomediterrane
Ausbildungen der Korkeichenwälder ein, die keine thermisch anspruchsvollen Holzarten (Olea,
Myrtus) mehr enthalten; dafür können hier laubabwerfende Eichen (Quercus canariensis) bei-
gemischt sein (J25). Die geschlossene portugiesische Korkeichen-Landschaft erstreckt sich von der
Algarve im Süden bis in die Gegend von Coimbra; nördlich davon besteht noch ein isoliertes
mesomediterranes Teilareal im mittleren Duero-Becken im Hinterland von Porto mit Juniperus
oxycedrus als Begleit-Holzart (J24). Die nördlichsten Korkeichenwälder mit Reliktcharakter (J23)
– differenziert durch Arten mesophiler Laubwälder in der Krautschicht – finden sich im spanischen
Galicien im Tal des Sil bei Orense. Mit abnehmender Ozeanität des Klimacharakters, so im Ein-
zugsbereich der Guadiana (Alto Alentejo), ziehen sich die Korkeichenwälder ostwärts inselartig auf
hygrisch günstige Standorte zurück und werden von mesomediterranen Quercus ilex subsp. rotundi-
folia-Wäldern abgelöst. In den wenigen Kalksteingebieten des thermomediterranen Portugal wird
die Korkeichen-Landschaft durch endemitenreiche, basiphile Kermeseichen-Wacholdergebüsche
(Quercus coccifera, Juniperus phoenicea subsp. turbinata) unterbrochen, so bei Lissabon und in der
Serra de Arrabida bei Setúbal (J29) sowie auf Jurakalken an der Südwestspitze der Iberischen
Halbinsel am Cabo de São Vicente (J41). Die Quercus ilex subsp. rotundifolia-Wälder in den
Kalkgebieten des Hügellandes der südlichen Algarve (J38) bilden die westlichen Ausläufer der
andalusischen Steineichenwälder.
Die thermomediterranen Quercus suber-Wälder des lusitanischen Typs (J35, J36) erstrecken sich in
den Silikatgebieten im küstennahen S ü d s p a n i e n über Gibraltar hinaus bis in die Gegend von
Marbella. Ihr mesomediterraner Flügel im Bergland bei Algeciras oberhalb ca. 400 m (J26) ist
jedoch von portugiesischen mesomediterranen Ausbildungsformen deutlich floristisch unterschieden
(z. B. Teucrium pseudo-scorodonia, Luzula forsteri subsp. baetica). Die thermomediterranen Kalk-
gebiete des Guadalquivir-Beckens und entlang der Küste von Malaga bis Motril sind dagegen das
Wuchsgebiet südwestiberischer Quercus ilex subsp. rotundifolia-Wälder (J38), ebenfalls mit
eigenen floristischen Zügen (u. a. Aristolochia baetica, Bupleurum gibraltarium). Quercus ilex
subsp. rotundifolia ist im thermomediterranen Andalusien durchaus auch Waldbildner auf silikati-
schen Substraten, so nördlich des Guadalquivir in der Sierra Morena (J37), wo Quercus suber aus
klimatischen Gründen nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Einen edaphischen Sonderfall stellt das
ausgedehnte andalusische Schwarzerdegebiet bei Cadiz dar, in welchem auf Grund des starken
Anteils schwellfähiger Tonmineralien im Boden Quercus-Arten nicht konkurrieren können und
deshalb Olea europaea subsp. oleaster als Hauptwaldbildner vermutet wird (J42). Die mesomediter-
rane Stufe Andalusiens östlich des Guadalquivir-Beckens (ca. 800-1500 m) ist die Domäne basiphi-
ler Quercus ilex subsp. rotundifolia-Wälder, auf Böden mit größerer Feuchtigkeit mit Quercus
faginea und Acer monspessulanum, die u. a. durch das Vorkommen von Paeonia coriacea von
thermomediterranen Ausbildungsformen differenziert sind (J3). Das Hochgebirge der Sierra Nevada
beherbergt gar noch supramediterrane Quercus ilex subsp. rotundifolia-Wälder bei 1400-1900 m,

358
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation J

floristisch differenziert durch Begleit-Holzarten wie Acer granatense, Berberis vulgaris subsp.
australis und Prunus ramburii (J10).
Das s ü d o s t s p a n i s c h e T r o c k e n g e b i e t zwischen Almeria und Murcia, im Regenschatten
der bätischen Hochgebirge gelegen, ist bei einem Jahresniederschlag von unter 400 mm das poten-
tielle Wuchsgebiet semiarider Pistacia lentiscus-Buschwälder mit Olea europaea subsp. oleaster
und örtlich Juniperus phoenicea als Begleit-Holzarten sowie wenigen Lianen bzw. Spreizklimmern
(Lonicera implexa, Rubia peregrina, Asparagus albus) als zusätzlichem Strukturelement (J43).
Immergrüne Eichen-Arten sind hier nicht wettbewerbsfähig. Lokal kann der mittlere Jahresnieder-
schlag bis auf ca. 200 mm sinken bzw. der Standort edaphisch (Gipsmergel) oder durch Windein-
wirkung zusätzlich physiologisch trocken sein. Hier ist auch dem Pistaziengebüsch die Existenz-
grundlage entzogen, und es treten semiarid-aride Trockengebüsche mit dominierendem Ziziphus
lotus an seine Stelle (J52). In den trockensten und windigsten Küstenlagen (Cabo de Gata bis
Carboneras) ist Periploca angustifolia (J53), im Gebiet um Almeria Maytenus senegalensis subsp.
europaea die Leitart der Trockengebüsche (J51). Die mesomediterrane Stufe des gebirgigen
Hinterlandes wird bei mittleren jährlichen Niederschlagsmengen von 400-500 mm von Juniperus
oxycedrus-reichen Kermeseichengebüschen (Quercus coccifera) – oft mit Pinus halepensis-Über-
schirmung – eingenommen. Die Ausbildungsform im Bergland nördlich von Almeria (J31) ist durch
geographische Differentialarten (schwach) von der im Bergland oberhalb von Murcia (J30) ab-
grenzbar. Erst mit zunehmenden Niederschlägen in supramediterranen Lagen (ca. 900-1900 m) wird
Quercus ilex subsp. rotundifolia wettbewerbsfähig und überlagert östlich der Sierra Nevada die
Quercus coccifera-Stufe sowohl auf Kalksubstraten (J9, mit Juniperus thurifera) als auch über
Silikat- und Serpentingesteinen (J7, mit Adenocarpus decorticans).
Das kontinental getönte I n n e r e d e r I b e r i s c h e n H a l b i n s e l (Castilla - La Mancha, Extre-
madura) wird großflächig von mesomediterranen Quercus ilex subsp. rotundifolia-Wäldern einge-
nommen. Kernwüchsige Altbäume sind vor allem in der Extremadura als Mastbäume in offenen
Hutewäldern (dehesas) vielerorts erhalten geblieben. Die über Silikatgesteinen weit verbreitete
Ausbildungsform dieser Wälder (Pyro bourgaeanae-Quercetum rotundifoliae, J1) ist durch ent-
sprechende edaphische Zeigerarten differenziert von einem basiphilen Flügel, der ein westliches
Teilareal in der Extremadura (Paeonio coriaceae-Quercetum rotundifoliae, J2) und ein östliches
Teilareal in Neukastilien (Bupleuro rigidi-Quercetum rotundifoliae, J4) besiedelt. Nördlich des
Kastilischen Scheidegebirges ist auf der altkastilischen Hochfläche von Salamanca und Valladolid
die Differenzierung der Quercus ilex subsp. rotundifolia-Wälder vergleichbar: Die Bestände der
dortigen Silikat- und Serpentingebiete sind durch das Vorhandensein bzw. Fehlen ozeanisch
getönter Differentialarten in einen westlichen Flügel (Genisto hystricis-Quercetum rotundifoliae, J5)
und einen östlichen Flügel geschieden (Junipero oxycedri-Quercetum rotundifoliae, J6), denen die
basiphilen Ausbildungen der mesozoischen und tertiären Kalksteinlandschaften gegenüberstehen
(Junipero thuriferae-Quercetum rotundifoliae, J9). Nördlich von Burgos klingen die inneriberischen
Quercus ilex subsp. rotundifolia-Wälder an der Südabdachung der Kantabrischen Kordillere aus,
supramediterran beschränkt auf edaphische Sonderstandorte über kompaktem Kalkgestein (Spiraeo

359
Formation J Karte der natürlichen Vegetation Europas

obovatae-Quercetum rotundifoliae, J8).


Die genannten mittel- und ostiberischen Quercus ilex subsp. rotundifolia-Wälder kleiden auch – in
gleicher Weise nach Substrat und Höhenlage differenziert – die mesomediterrane Gebirgsumrah-
mung des nordostiberischen Ebro-Beckens im Hinterland von K a t a l o n i e n aus. Das küstenferne
Innere des Beckens um Zaragoza wird hingegen auf Grund der geringen mittleren Jahresnieder-
schläge von mesomediterranen Kermeseichen-Buschwäldern eingenommen (Rhamno lycioidis-
Quercetum cocciferae, J30). Die Kermeseiche ist auch in den thermomediterranen Quercus ilex
subsp. rotundifolia-Wäldern an der ostspanischen Küste zwischen Valencia und Tarragona als
diagnostisch und strukturell wichtige Begleit-Holzart stärker beteiligt (J39); sie kann in semiariden
Situationen im Gebiet zwischen Valencia und Alicante auch mit Pistacia lentiscus Küstengebüsche
bilden (J44), in denen Quercus ilex subsp. rotundifolia nicht konkurrieren kann und die südwärts zu
dem bereits genannten Pistazienbusch des südostspanischen Trockengebietes überleiten. Nordwärts
hingegen klingen die katalonischen Quercus ilex subsp. rotundifolia-Wälder am Südfuß der Pyrenä-
en in Form reliktischer Bestände mit reichlich Buxus sempervirens aus (Helleboro foetidi-Querce-
tum rotundifoliae, J12). Im nördlichen Abschnitt der katalonischen Küste bei Barcelona, d. h.
außerhalb des Areals von Quercus ilex subsp. rotundifolia, treten unter thermisch ausgeglicheneren
„nordmediterranen“ Klimabedingungen schließlich Quercus ilex subsp. ilex (J14) und auch wieder
Quercus suber (J27) als Waldbildner in Erscheinung.
Die der katalonischen Küste vorgelagerten B a l e a r e n werden ganz von immergrüner Hartlaubve-
getation eingenommen, die floristisch durch Inselendemiten von den festländischen Ausbildungs-
formen Spaniens synchorologisch abgrenzbar ist. Auf Mallorca zeigt sich eine weitere Differenzie-
rung im wesentlichen nach thermischen Parametern. Die südliche Küstenregion ist als Wuchsgebiet
trockenresistenter Johannisbrotbaumwälder ausgewiesen (J46), das weniger trockene Innere und die
Nordküste als Wuchsgebiet des thermomediterranen Quercus ilex subsp. rotundifolia-Waldes (J40).
Die Gipfellagen des Inselinneren tragen dagegen bei ausreichendem mittlerem Jahresniederschlag
einen mesomediterranen Steineichenwald (Cyclamini balearici-Quercetum ilicis, J16). Insuläre
Isolationseffekte bedingen floristische Unterschiede in der Thermomediterran-Vegetation der Nach-
barinseln Menorca (J47) und Ibiza (J45).
Das mediterrane S ü d f r a n k r e i c h ist wissenschaftsgeschichtlich mit der pflanzensoziologischen
Erforschung der immergrünen Hartlaubvegetation Südeuropas eng verbunden. Hier entwickelte
Braun-Blanquet sein Konzept vom geschlossenen Steineichenwald (mit Quercus ilex subsp. ilex) als
Reifestadium der natürlichen Vegetation des mediterranen Winterregengebietes („Quercetum ilicis
gallo-provinciale“ Br.-Bl. 1936) und erhellte die syndynamischen Zusammenhänge zur aktuellen
Sekundärvegetation der Macchien und Garrigues. Tatsächlich geschah dieses eigentlich am flo-
ristisch „verarmten“ Nordrand der Mediterranvegetation, wo die thermomediterrane Zone bzw.
Stufe aus klimatischen Gründen nahezu ganz ausfällt (bis auf inselartige Vorkommen bei Monaco,
J48). Potentiell besiedeln mesomediterrane Quercus ilex-Wälder die küstennahen Gebiete Nordkata-
loniens, des Languedoc, der Provence und der französischen Riviera (Viburno tini-Quercetum ilicis).
Kennzeichnend (wenn auch keineswegs syntaxonomisch und synchorologisch auf sie beschränkt) ist

360
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation J

ihr Reichtum an Lianen und Spreizklimmern (Smilax aspera, Rubia peregrina, Tamus communis,
Lonicera implexa, Rosa sempervirens, Asparagus acutifolius, Clematis flammula, Hedera helix).
Auf flachgründigen Böden und als Störungszeiger können Pinus pinaster und P. halepensis in der
Baumschicht eine Rolle als Begleit-Holzarten spielen. Am Ostfuß der Pyrenäen (Roussillon) sowie an
der französischen Rivieraküste zwischen Toulon und Cannes (Massif de Maures) ist auf oligotrophen,
lessivierten Silikatböden dagegen die Korkeiche der Hauptwaldbildner (Carici depressae-Quercetum
suberis, J27). Im küstenferneren, mittelgebirgigen Hinterland Nordkataloniens (Montserrat-Massiv)
und Südfrankreichs (im Rhonetal nordwärts bis Valence) stockt ein supramediterraner Steineichen-
wald (Asplenio onopteridis-Quercetum ilicis, J15), das klassische „Quercetum ilicis mediterraneo-
montanum“ Br.-Bl. 1936, in welchem immergrüne Begleit-Holzarten mit zunehmender Küstenferne
zurücktreten und winterkahle Gehölze, vornehmlich Quercus pubescens, ihre Stelle einnehmen.

Apenninhalbinsel und Tyrrhenische Inseln


Begünstigt durch den direkten Gebirgskontakt zur Alpenkette haben sich im Verlauf der post-
glazialen Florengeschichte winterkahle Eichen- und Buchenwald-Gesellschaften im Gebirgssystem
der Apenninen bis in den äußersten Süden Italiens ausgesprochen konkurrenzkräftig entwickelt und
die mediterrane immergrüne Hartlaubvegetation auf der A p e n n i n h a l b i n s e l auf einen schma-
len küstengebundenen Bereich bzw. auf isolierte Felsstandorte im Landesinneren zusammen-
gedrängt. Im festländischen Italien nehmen Hartlaubwälder nur in Kalabrien und Apulien größere
Flächen ein; an der mittel- und nordadriatischen Küste Italiens fallen sie dagegen auf weite Strecken
völlig aus. Der mesomediterrane Steineichenwald Italiens ist von dem Südfrankreichs floristisch und
ökologisch nicht wesentlich unterschieden, jedoch sind winterkahle Baumarten, allen voran Fraxi-
nus ornus und Ostrya carpinifolia, regelmäßig und z. T. mit hohem Deckungsgrad an der Baum-
schicht beteiligt. Synchorologisch lassen sich die italienischen Quercus ilex-Wälder in einen
tyrrhenischen (J17), einen adriatischen (J19) und einen süditalisch-sizilianischen Flügel (J21)
gliedern, wobei eigentlich nur der letztgenannte über eine ausreichende Anzahl geographischer
Trennarten verfügt. Im Hinterland von Rom (Umbrien) finden sich, eingebettet in die winterkahlen
Wälder des Zentralapennin, auf edaphischen Sonderstandorten (flachgründigen und felsigen
Kalksteinhängen) basiphile reliktische Steineichen-Bestände (Cephalanthero-Quercetum ilicis, J18),
die sich durch eine Reihe mesophiler Begleitarten in der Krautschicht auszeichnen. In der thermo-
mediterranen Stufe Süditaliens (0-300 m), die ihre Nordgrenze zwischen Neapel und Rom (nördlich
davon extrazonal am Monte Argentario) bzw. auf der adriatischen Seite am Monte Gargano erreicht,
werden Wildölbaum-Johannisbrotbaumwälder als Schlußgesellschaft angenommen, an deren
potentiellen Standorten aktuell Pistacia lentiscus und Euphorbia dendroides ihren Verbreitungs-
schwerpunkt haben. Synchorologisch sind sie vermutlich nur negativ, d. h. durch das Fehlen
westmediterraner bzw. ostmediterraner Trennarten, als eigenständige mittelmediterrane Gesell-
schaftsgruppe (J48) zu fassen.
Die Hartlaubvegetation von S i z i l i e n , S a r d i n i e n und K o r s i k a , vor allem deren Ersatzgesell-
schaften, ist erwartungsgemäß von den festländischen Ausbildungsformen durch eine Reihe von
Inselendemiten syngeographisch differenzierbar. Dieses ist jedoch für das ökologische und struktu-

361
Formation J Karte der natürlichen Vegetation Europas

relle Verständnis der thermomediterranen „Oleo-Ceratonion“-Vegetation (J48) und der mesomedi-


terranen „Quercion ilicis“-Vegetation (J17, J21) der drei Inseln von untergeordneter Bedeutung.
Bemerkenswert ist in Sizilien das Vorkommen der Zwergpalme (Chamaerops humilis) in der
thermomediterranen Stufe; die auf der Iberischen Halbinsel häufige Art erreicht hier ihre absolute
Ostgrenze. Auf Korsika wird der Küstenstreifen im Osten und Südwesten der Insel über Granit-
gestein von tyrrhenischen Korkeichenwäldern (Quercus suber) eingenommen (J28).

Balkanhalbinsel und Ägäis


In D a l m a t i e n ist die mediterrane Hartlaubvegetation wie im transadriatischen Ostitalien auf
einen äußerst schmalen Küstenstreifen zusammengedrängt, zusätzlich beeinträchtigt durch ökolo-
gisch einschränkende lokalklimatische Effekte (Bora) des unmittelbar an der Küste sich erhebenden
Dinarischen Faltengebirges. Reine Quercus ilex-Wälder mit durch stete Beteiligung von Pistacia
lentiscus und Myrtus communis betont immergrünem Charakter (J20), in denen auch Pinus halepen-
sis eine stärkere (syndynamische) Rolle spielen kann, sind deshalb nahezu ausschließlich auf die
adriatischen Inseln beschränkt und selbst hier in der Regel an seeseitige oder Süd-Lagen sowie an
Kalksteinsubstrate gebunden. Lokale Andeutungen thermomediterraner „Oleo-Ceratonion“-
Vegetation (J48) haben ausgesprochen extrazonalen Charakter (Insel Vis, Umgebung von Dubrov-
nik). Verbreiteter und für den schmalen mediterranen Anteil des dalmatinischen Festlands charakte-
ristisch ist der „halb-immergrüne“ Typ des Steineichenwaldes mit starker Beteiligung winterkahler
Arten in der Baumschicht (Fraxinus ornus, Ostrya carpinifolia) und in der Strauchschicht (Hippo-
crepis emerus subsp. emeroides, Cornus mas etc.); dieser ist als transadriatische Einheit vegetations-
systematisch mit der Waldgesellschaft an der italienischen Ostküste identisch (J19). Seine Flora
wird im Kontakt mit der vom Velebit-Gebirge herabdrängenden winterkahlen Waldvegetation durch
eine größere Zahl von Quercetalia pubescentis-Elementen bereichert.
In A l b a n i e n treten die Hochgebirge stellenweise (so bei Tirana und Elbasan) von der Mittelmeer-
küste zurück, so daß immergrüne Steineichenwälder des dalmatischen Typs (J20) hier weiter ins
(kolline) Landesinnere vorstoßen können. Der Süden des Landes ist thermisch deutlich begünstigt
und die immergrüne Hartlaubvegetation nimmt allmählich, u. a. durch das Hinzutreten von Arbutus
andrachne, ostmediterranen Charakter an. An Unterhängen in unmittelbarer Küstennähe, zumal
über Karbonatgesteinen, ist von einer schwindenden Konkurrenzkraft der Steineiche auszugehen, so
daß hier (von Vlora bis Saranda) die mesomediterrane Quercus ilex-Stufe (J22) von einer schmalen
Olea-Pistacia-dominierten thermomediterranen Stufe (J49) unterlagert wird.
Im südlich anschließenden G r i e c h e n l a n d kommt die immergrüne mediterrane Hartlaubvegeta-
tion der Balkanhalbinsel zu ihrer eigentlichen vollen Entfaltung und standörtlichen Differenzierung.
Auf dem griechischen Festland nimmt die thermomediterrane Stufe potentieller ostmediterraner
Wildölbaum-Johannisbrotbaumwälder (J49) das gesamte küstennahe Hügelland der Peloponnes,
Attikas und des Golfes von Korinth ein, um nordwärts an der ostthessalischen Küste und an den
Südspitzen der Halbinsel Chalkidiki auszuklingen. In Westgriechenland auf die Seeseite der
Jonischen Inseln „ausgelagert“, fehlt dieser Vegetationstyp hingegen an der jonischen Festlands-

362
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation J

küste. Die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit hygrisch anspruchsvoller immergrüner Baumarten, die


(sekundäre) Massenentfaltung von Pistacia lentiscus und Quercus coccifera und das Vorkommen
thermisch anspruchsvoller regional geeigneter Trennarten (Prasium majus, Euphorbia dendroides,
Urginea maritima etc.) differenziert den thermomediterranen Vegetationskomplex von den meso-
mediterranen Steineichen- und Kermeseichenwäldern der besser wasserversorgten, höheren bzw.
küstenferneren Lagen der inneren Peloponnes und Mittelgriechenlands (J22). In Nordgriechenland
fällt östlich der Halbinsel Chalkidiki die Hartlaubvegetation entlang der ägäischen Nordküste aus
klimatischen Gründen auf weite Strecken völlig aus. Inselartige, südexponierte Vorkommen an der
thrakischen Küste bei Alexandroupolis haben bereits eher extrazonalen Charakter. Dicht schließen-
der Hochwald (bis 20 m) mit Quercus ilex, Q. coccifera, Arbutus unedo, A. andrachne, Laurus
nobilis und Cercis siliquastrum in der Baumschicht ist lokal u. a. im Parnon-Gebirge (Peloponnes)
und Pilion-Gebirge (Ostthessalien) erhalten, im montanen Bereich kann in reifen Beständen
Fraxinus ornus kodominieren. Für die Abgrenzung (nach dem Muster der Iberischen Halbinsel)
einer Kartierungseinheit supramediterraner immergrüner Hartlaubvegetation fehlen auf der Balkan-
halbinsel bisher die deskriptiven und syntaxonomischen Grundlagen. In den meerabgeschirmten
mittelgriechischen Beckenlandschaften Böotiens und Thessaliens ist Quercus ilex nicht wett-
bewerbsfähig, und Quercus coccifera, hochstet begleitet von Phillyrea latifolia und laubwerfenden
Eichen (Quercus pubescens, Q. frainetto, Q. cerris), bestimmt die zonale Waldvegetation (J33). Die
Elemente der Strauchschicht solcher Kermeseichenwälder sind dem kontinental getönten Standort
entsprechend vorwiegend winterkahl (Crataegus monogyna, Pyrus spinosa, Pistacia terebinthus
u. a.).
Die Inselwelt der Ä g ä i s wird überwiegend von thermomediterraner Hartlaubvegetation geprägt
(J49). Quercus ilex zieht sich hier – z. T. sogar chasmophytisch – auf gut wasserversorgte Sonder-
standorte zurück und zeigt somit ein zunehmend extrazonales Verhalten. Größere Areale mesomedi-
terranen Steineichenwaldes (J22) finden sich bei ausreichender Niederschlagsversorgung nur in den
unteren und mittleren Berglagen Euböas und Kretas, isoliert auf höheren Inselgipfeln der Kykladen
(Naxos, Andros) und auf den thermisch und hygrisch ausgeglicheneren nordägäischen Inseln. Als
Hauptwaldbildner der mediterranen Zonalvegetation sind in der Ägäis (wie im benachbarten
Kleinasien) neben Quercus coccifera vor allem Kiefern anzusehen (vornehmlich Pinus brutia, lokal
P. halepensis), denn Quercus ilex befindet sich hier an der klimabedingten Ostgrenze ihres Gesamt-
areals (östlichste Vorkommen an der türkischen West- und Nordküste).
In der E u r o p ä i s c h e n T ü r k e i besiedelt mediterrane Hartlaubvegetation einen schmalen,
unterbrochenen Streifen an der Nordküste des Marmarameeres zwischen Dardanellen und Bosporus.
Lediglich die Südspitze der Halbinsel Gallipoli bietet die standörtlichen Voraussetzungen für eine
thermomediterrane „Oleo-Ceratonion“-Vegetation (J50), deren syntaxonomische Unterscheidung
von Ausbildungsformen der Kykladen und ostägäischen Inseln unklar ist. Die mesomediterranen
Standorte werden von südthrakischen Quercus coccifera-Wäldern eingenommen (J34), in denen
Pinus brutia und Quercus infectoria als Begleitarten in der Baumschicht eine strukturelle und
pflanzengeographisch differenzierende Bedeutung zukommt.

363
Formation J Karte der natürlichen Vegetation Europas

Literatur
ALCARAZ ARIZA, DÍAZ GONZÁLEZ, RIVAS-MARTÍNEZ & SÁNCHEZ-GÓMEZ 1989; BARBÉRO, LOISEL
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1969; BRAUN-BLANQUET 1936; BRAUN-BLANQUET, ROUSSINE & NÈGRE 1952; BRULLO & MAR-
CENÒ 1985; BURRICHTER 1961, FREITAG 1975; GAMISANS 1977; GRUBER 1974; HORVATI‚ 1963a;
LAVRENTIADES 1969; LOIDI ARREGUI, BIURRUN GALARRAGA & HERRERA GALLASTEGUI 1997;
LOISEL 1976; PEINADO LORCA & RIVAS-MARTÍNEZ (Ed.) 1987; PIGNATTI 1998; RAUS 1979; RIVAS-
MARTÍNEZ 1982b, 1987; RIVAS-MARTÍNEZ, COSTA TALENS & LOIDI ARREGUI 1992; RIVAS-MARTÍ-
NEZ, FERNÁNDEZ LOUSA, DÍAZ GONZÁLEZ, FERNÁNDEZ-GONZÁLEZ & COSTA 1990; RIVAS-MARTÍ-
NEZ & RIVAS-GODAY 1976; SCHNEIDER & SUTTER 1982; TRINAJSTI‚ 1973, 1984a, 1984b; ZOHARY
& ORSHAN 1959.

364
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation K

K Xerophytische Nadelwälder, Nadel-Lichtwälder und -gebüsche


Erwin Bergmeier

Charakterisierung und typologische Abgrenzung; Bestandesstruktur und Physiognomie


Die Formation K – Xerophytische Nadelwälder, Nadel-Lichtwälder und -gebüsche – umfaßt von
Koniferen dominierte Gesellschaften trockener, flachgründiger und grundwasserferner Standorte.
Meist sind Baumarten der Gattung Pinus Bestandsbildner; seltener dominieren Abies, Juniperus und
Cupressus. Gewöhnlich herrscht eine Baumart in den Beständen vor.
Das standörtliche Spektrum der Einheit ist breit und schließt sowohl großräumige Zonalhabitate im
Mediterrangebiet als auch kleinflächige Sonderstandorte wie südexponierte Steillagen, flachgrün-
dige Böden in Trockengebieten und auf Alluvionen sowie Waldgrenzsituationen ein. Die Formation
enthält somit zonale, extrazonale und azonale Schlußgesellschaften. Laubwälder sind hier konkur-
renzunterlegen infolge der Trockenheit und Flachgründigkeit der Standorte, seltener wegen Nähr-
stoffmangel oder besonderer bodenchemischer Eigenschaften. Spezielle geologisch-edaphische Fak-
toren im Verein mit der lokalklimatischen Situation sind die Voraussetzung für eine Vielzahl von
Einheiten regionaler Verbreitung, die oft Reliktcharakter haben und durch pflanzengeographische
Besonderheiten ausgezeichnet sind. Die meisten Vorkommen in der Karte haben geringe Aus-
dehnung, und viele natürliche Bestände lassen sich im vorgegebenen Maßstab nicht mehr darstellen.
Im Rahmen der genetischen Variabilität der jeweiligen Hauptbaumarten sind für die Physiognomie
der Xerotherm-Nadelwälder im wesentlichen die natürlichen abiotischen Faktoren sowie die Nut-
zung durch den Menschen bestimmend. Xerophytische Nadelwälder sind aktuell meistens Lichtwäl-
der, deren Bestandesstruktur durch edaphische und klimatische Faktoren geprägt, oft aber durch
anthropogene Eingriffe überformt ist. Die Bestände können dadurch so offen sein, daß der Abstand
der Stämme größer ist als die Höhe der Bäume. Bei Pinus- und Cupressaceen-Wäldern gelangt auch
bei geschlossenem Kronendach relativ viel Licht ins Bestandesinnere. Im Gegensatz dazu können
geschlossene Abies-Wälder sehr dicht und lichtarm sein. Die meisten Nadelbäume sind von Natur
aus einstämmig. Umso auffälliger ist das Strukturmerkmal der Mehrstämmigkeit in manchen anthro-
pogen beeinflußten Wäldern südlicher Verbreitung (Abies cephalonica, Cupressus sempervirens).
Kennzeichnend für die meisten Xerotherm-Nadelwälder ist der hohe Anteil relativ lichtbedürftiger
Arten in der Krautschicht. Die Artenzusammensetzung weist oft große Ähnlichkeit mit der Vegeta-
tion angrenzender natürlicher oder anthropogener Offenlandstandorte auf. Die lichte Bestandesstruk-
tur begünstigt die Ausbildung von Unterwuchs. Die Strauchschicht nimmt meist geringe Deckungs-
werte ein, ist aber in der Regel arten- und individuenreicher als in den benachbarten Laubwäldern.
Die Krautschicht erreicht hohe Deckungswerte und ist reich an Zwergsträuchern und Gräsern. Auch
Kryptogamen (hauptsächlich Moose, z. T. Flechten) können erhebliche Deckungsanteile haben.

Geographische Verbreitung
Xerophytische Nadelwälder sind im Kartierungsgebiet auf das südliche Europa beschränkt und
kommen von Spanien bis nach Transkaukasien vor (vgl. Karte 15 sowie die Kartenblätter 7-9 im

365
Formation K Karte der natürlichen Vegetation Europas

Maßstab 1 : 2,5 Mio.). Die Höhenspanne umfaßt etwa 2500 m und reicht von planaren bis in
subalpine Lagen. Die nemorale Zone wird im Bereich des Kantabrischen Gebirges, der Pyrenäen,
Alpen und der Karpaten erreicht. In der submeridionalen und meridionalen Zone tritt die Einheit
weit verbreitet, doch zerstreut, in der thermo-, meso-, supra- und oromediterranen Höhenstufe auf.
In Spanien gibt es Vorkommen im Kantabrischen Gebirge, in den Pyrenäen, dem Iberischen
Randgebirge und der bätischen Kordillere. Im Alpenbogen existieren größere Vorkommen in den
Trockentälern der West- und Zentralalpen sowie im Ostteil und in den Rand- und Voralpengebieten.
Die Apenninhalbinsel weist vereinzelte Vorkommen in den Abruzzen, in Kalabrien und Sizilien auf.
Mehrere Einheiten sind auf die Gebirge der Balkanhalbinsel beschränkt: vom ostalpisch-illyrischen
und dalmatischen Raum bis zu den Rhodopen und in den äußersten Süden Griechenlands, den
Peloponnes. Die Verbreitung xerophytischer Nadelwälder erstreckt sich im Südosten über die
Gebirgszüge der Dinariden und Helleniden hinaus bis in die West- und Südägäis (Euböa, Kreta).
Einheiten der Ost- und Nordägäis (Samos, Thasos) sowie der europäischen Türkei weisen Beziehun-
gen zu den Trocken-Nadelwäldern Kleinasiens auf. Außerhalb des Kartierungsgebietes gibt es
verwandte Waldtypen in Nordafrika, Anatolien und dem Nahen Osten.

Floristische Zusammensetzung (Artengefüge)


Xerophytische Nadelwälder weisen eine monotone, nämlich monodominante oder sogar einartige
Kronenschicht auf, während der holzige Unterwuchs und die Krautschicht sehr artenreich sein
können. Hierher gehören Gesellschaften, deren Vielfalt an Pflanzenarten zur größten in der europäi-
schen Waldvegetation zählt. Die wichtigste Gattung unter den Nadelbäumen ist Pinus.
Die Waldkiefer (Pinus sylvestris) ist die tonangebende Baumart der inner- und randalpischen
Kiefernwälder sowie jener der Pyrenäen. Auch auf der Balkanhalbinsel kommt Pinus sylvestris vor,
besonders in den höheren, weniger trockenen Lagen, und nicht südlicher als Nordgriechenland. Die
Art ist sehr variabel und mit verschiedenen Morphotypen in den Teilgebieten ihres Areals vertreten.
Südwestliche Provenienzen zeichnen sich durch geraden Stamm mit rechtwinklig ansitzenden Ästen
und dünner großschuppiger Borke sowie mehr oder weniger konischer Kronenform aus (u. a. vars.
iberica, catalaunica und pyrenaica). Zentral- und südosteuropäische Herkünfte tendieren zu breit-
kronigen Bäumen mit oft schiefen Stämmen und dicker rissiger Borke, deren Äste mehr spitzwinklig
ansitzen (u. a. vars. engadinensis, romanica und rhodopaea).
Stärker xerophil und im Rahmen der Kartierungseinheit viel weiter verbreitet ist der Formenkreis
der Schwarzkiefer (Pinus nigra s. l.), die mit einer Reihe von vikariierenden Taxa, hier als Unter-
arten eingestuft, die ihrerseits variabel sind, in den submediterranen und mediterranen Gebirgen
vorkommt:
– der westliche Formenkreis, der sich durch biegsame Nadeln auszeichnet, mit P. nigra subsp.
salzmannii (Cevennen, Pyrenäen, Zentral- und Ostspanien) und subsp. laricio (Korsika, Kala-
brien, Sizilien);
– der östliche Formenkreis mit den starrnadligen P. nigra subsp. nigra (von den Südostalpen bis
auf den Balkan und nach Kalabrien), subsp. dalmatica (Küstenregion Kroatiens) und subsp.
pallasiana (Balkan, Anatolien, Krim).

366
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation K

Im westlichen Balkan und lokal in Süditalien wächst die Panzerkiefer (Pinus heldreichii), die nach
der Meinung der meisten Taxonomen P. leucodermis als Varietät einschließt. Sie besiedelt höhere
Lagen als die Schwarzkiefer, reicht am Olymp (Griechenland) bis 2300 m, strauchförmig bis
2500 m, und bildet hier wie in manchen anderen balkanischen Gebirgen die Waldgrenze. Die
ungünstigen Wasserverhältnisse der flachgründigen Felsstandorte auf Karbonat-, Dolomit- und
Ophiolithgestein werden akzentuiert durch das mediterran getönte Hochgebirgsklima mit merklicher
sommerlicher Niederschlagsdepression.
Eine andere Gruppe xerophytischer, von Kiefern beherrschter Nadelwälder ist kennzeichnend für
Extremstandorte in den unteren, thermo- bis mesomediterranen Lagen. Bestandsbildend sind hier
Arten aus dem Verwandtschaftskreis von Pinus halepensis. Die Aleppokiefer (Pinus halepensis)
selbst ist weit verbreitet in küstennahen Räumen des westlichen und mittleren Mediterrangebietes
bis zur Nordägäis und wird in der Ost- und Südägäis von der Hartkiefer (Pinus brutia) abgelöst.
Von vielen Taxonomen mit letzterer zusammengefaßt wird Pinus pityusa, Waldbildner in den
Gebieten mediterranen Klimas am Nord- und Ostrand des Schwarzen Meeres (Krim, Nordwest-
georgien).
Xerophytische Tannenwälder sind auf kleine Gebiete in der meso- und supramediterranen Stufe
Südspaniens (Abies pinsapo) und auf Südgriechenland (Abies cephalonica) beschränkt.
Baumförmige Wacholder-Arten können Lichtwälder bis 15 m Höhe bilden, sind häufig jedoch zu
kleinflächig, um im Kartenmaßstab darstellbar zu sein, oder sie wachsen im Kontext anderer
xerophytischer Formationen. Es handelt sich um Juniperus thurifera in Spanien, J. foetidissima und
J. excelsa im Bereich der Schwarzmeerküste und der südlichen Balkanhalbinsel (dort nur sehr
kleinflächig bestandsbildend und daher nicht dargestellt), Juniperus polycarpos in Transkaukasien
sowie um J. drupacea (Griechenland: Parnon-Gebirge, hier im Gefüge der Abies cephalonica-
Wälder und nicht separat dargestellt; außerhalb des kartierten Gebiets in Anatolien und im Nahen
Osten). Weitere Juniperus-Arten können in Strauchformationen und im Unterholz von xerophyti-
schen Nadel-Lichtwäldern auftreten: J. oxycedrus, J. sabina, J. communis subsp. communis, subsp.
hemisphaerica, subsp. alpina, J. phoenicea. Natürliche Zypressen-Reliktwälder (Cupressus semper-
virens) sind in Europa auf die Insel Kreta (Griechenland: Südägäis) beschränkt, reichen aber jenseits
der Kartengrenzen bis in den nördlichen Iran.
Im Gefüge der Kiefern-, Tannen- und Cupressaceen-beherrschten xerophytischen Nadelwälder
wachsen zahlreiche Sträucher und niedrige Bäume, die auch außerhalb des Schirms der Koniferen
in den offenen Ersatzgesellschaften oder an von Natur aus waldfreien Stellen vorkommen. Pflanzen-
geographisch und ökologisch bezeichnende Arten finden sich unter den Kleinsträuchern, besonders
auffällig vertreten durch Gattungen und Arten der Genisteae (Genista aetnensis, G. carinalis,
G. januensis, G. lydia, G. radiata, G. rumelica, G. sericea, Chamaecytisus eriocarpus, C. polytri-
chus, C. purpureus, C. spinescens, C. supinus, Cytisus oromediterraneus, Cytisophyllum sessilifoli-
um) und Ericaceae (Arctostaphylos uva-ursi, Bruckenthalia spiculifolia, Calluna vulgaris, Erica
carnea, E. manipuliflora, Vaccinium myrtillus, V. vitis-idaea). Auch unter den nicht holzigen
Pflanzen gibt es Gattungen, die in xerophytischen Nadelwäldern mit mehreren teilweise kennzeich-

367
Formation K Karte der natürlichen Vegetation Europas

nenden Arten vertreten sind, so Pyrola, Festuca, Gentiana, Edraianthus, Astragalus und besonders
Sesleria (S. albicans, S. anatolica, S. autumnalis, S. coerulans, S. latifolia, S. robusta, S. tenuifolia).
Die bekanntermaßen schwierige Taxonomie der Gattung Sesleria mahnt allerdings zur Vorsicht:
manche Angaben bestimmter Arten in bestimmten Kiefernwaldtypen sollten nicht unkritisch
akzeptiert werden.
Da es sich bei vielen xerophytischen Nadelwäldern um Reliktvorkommen handelt, die obendrein
von waldfreien Felsen durchsetzt und ausgesprochen reich an Ökotonen sein können, sind viele
dieser Wälder nicht nur außergewöhnlich artenreich, sondern auch reich an Reliktarten und Ende-
miten. Nicht wenige Einheiten finden sich zudem nur auf spezifischen Gesteinen (z. B. Serpentin,
Dolomit), die Pflanzen mit entsprechenden Affinitäten begünstigen. Arten, die beispielsweise in
Serpentin-Kiefernwäldern ihren Schwerpunkt haben, sind Peltaria emarginata (Brassicaceae),
Daphne blagayana (Thymelaeaceae) und Festucopsis serpentini (Poaceae).

Klimatische Gegebenheiten
Eine generalisierte klimatische Charakterisierung der xerophytischen Nadelwälder wird der Vielfalt
ihrer Erscheinungsformen kaum gerecht. Zwar ist der makroklimatische Rahmen mit den Begriffen
„submediterran bis mediterran“ durchaus zutreffend umschrieben (mit wenigen Ausnahmen bei
nördlichen und nordwestlichen Einheiten), aber das durch die topographisch-edaphische Situation
modifizierte und verschärfte Lokalklima an Sonderstandorten kann viel entscheidender für die
Vegetation sein. Solche Klimabesonderheiten, von meteorologischen Stationen kaum je erfaßt,
lassen sich eher in Relation zu denen der Laubwaldgesellschaften gleicher Meereshöhe und Breite
beschreiben, wobei die Xerotherm-Nadelwälder durchweg einem trockeneren, meist stärker strah-
lungsexponierten Klima ausgesetzt sind.
Bei größerräumig auftretenden Gesellschaften von zonalem Charakter (dazu gehören vor allem die
Tannenwälder, Zypressenwälder sowie einige Kiefernwald-Einheiten), variiert das Regionalklima
zwischen semiarid und hyperhumid, je nach Höhenlage und Breitengrad, doch läßt sich überall eine
mehr oder minder ausgeprägte sommerliche Niederschlagsarmut feststellen. Die Jahresnieder-
schlagssummen liegen zwischen kaum 400 mm (Küstengebiete auf der Krim, Südkretas, Südfrank-
reichs) bis über 1600 mm (Bätische Kordillere, Pyrenäen, Hochlagen der balkanischen Gebirge).
Die Winter sind meist schneereich.

Standortbedingungen
Xerophytische Nadelwälder kommen auf den verschiedensten karbonatischen, silikatischen,
dolomitischen und ophiolithischen Gesteinen vor, auch auf Flysch und jüngeren Ablagerungen. Den
meisten Standorten gemeinsam ist die geringe Bodenmächtigkeit und, damit verbunden, die geringe
Wasserverfügbarkeit für Pflanzen. Diese edaphische Trockenheit im Verein mit expositions-
bedingter Strahlungsintensität schafft die Voraussetzungen für die Konkurrenzfähigkeit trocken-
adaptierter Nadelwaldvegetation gegenüber der Laubwaldvegetation vergleichbarer geographischer
Lagen. Aus diesem Grunde sind Ausgangsgesteine mit von Natur aus geringer Bodenbildung,

368
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation K

erodierte steinige Böden oder unausgereifte Böden mit geringer Wasserhaltefähigkeit bevorzugte
Standorte für xerophytische Nadelwälder. Zu den Ausgangsgesteinen mit geringer Bodenbildung
zählen besonders metamorphisierte Hartkalke, Kalkmergel, Gips, Dolomite und Ophiolithe. Letztere
sind obendrein bekannt für ihre toxischen Standorteigenschaften, die bei geringer Bodenmächtigkeit
selektiv auf die Artenzusammensetzung und hemmend auf die Wuchsleistung der Vegetation
wirken, wodurch umgekehrt wiederum Humusanreicherung, Mineralisierung und Bodenbildung
gehemmt werden. In der Karte darstellbare Wuchsorte für Ophiolith-Kiefernwälder (Pinus nigra,
P. heldreichii) finden sich besonders auf dem Balkan.
Kristalline Kalke und Dolomite im Mittelmeergebiet begünstigen Kiefern-, Wacholder- und Tannen-
Arten. Sekundärstandorte mit Kiefern in Pionierwäldern an Stelle von Hartlaubwäldern und
-gebüschen sind zahlreich im Mediterranraum und vielfach forstlich begründet; sie sind deshalb in
die Kartierungseinheiten der Formation J integriert.

Rolle im Landschaftsgefüge, Erhaltungszustand, Landnutzung, Ersatzgesellschaften; Natur-


schutz
Hinsichtlich ihrer Rolle in der Landschaft lassen sich drei Gruppen xerophytischer Nadelwälder und
Nadel-Lichtwälder unterscheiden:
– azonale und extrazonale Kiefernwälder flachgründiger, trockener bis felsiger Standorte;
– zonale thermo- und mesomediterrane Kiefernwälder;
– zonale supra- und oromediterrane Nadelwälder.

Xerophytische Nadelwälder der ersten Gruppe treten an thermisch-edaphischen Sonderstandorten


wie Steilhängen, Gipfellagen, Graten, Felsaustritten, im Bereich von Erdrutschen in Trockenauen
und bei lokal abweichenden Boden- und Gesteinsverhältnissen auf und sind, weil kleinflächig, im
Maßstab der Europakarte nur in Einzelfällen darstellbar. Solche azonalen Schlußwälder sind
inselartig in die umgebende zonale Vegetation – meist Laubwälder – eingebettet und tragen erheb-
lich zur Arten- und Habitatvielfalt eines Gebietes bei. Sie sind in den rand- und inneralpischen
Refugialräumen besonders reich an thermophilen, oft submediterran-subkontinental verbreiteten
Reliktarten, beherbergen in den balkanischen und randalpischen Ophiolithgebieten Serpentin-
spezialisten, von denen viele endemisch sind. Die Wälder sind daher von hoher Bedeutung für den
Naturschutz auf regionaler und europäischer Ebene. Wegen der geringen wirtschaftlichen Bedeutung
und der teilweise schwierigen Zugänglichkeit waren und sind die meisten Bestände wenig gefährdet;
ihr Erhaltungszustand ist meist gut. Gebietsweise bestehen Gefährdungen durch die Anlage und den
Betrieb von Steinbrüchen.
Auch natürliche thermo- und mesomediterrane Kiefernwälder sind in der Karte kaum darstellbar.
Sie stehen in engem räumlichen und entwicklungsgeschichtlichen Kontakt zu mediterranen Hart-
laubwäldern. Die Dynamik solcher Kiefernwälder, die Bedingungen ihrer Ansiedlung und die Dauer
ihres Bestehens sind erst bruchstückhaft geklärt, ebenso ihre historische Rolle in der Vegetation des
Mittelmeergebietes. Wegen ihrer engen dynamischen, ökologischen und pflanzensoziologischen
Beziehungen zur Hartlaubvegetation werden die meisten meso- (bis thermo-)mediterranen Kiefern-

369
Formation K Karte der natürlichen Vegetation Europas

wälder in der Karte der natürlichen Vegetation Europas im Rahmen der Einheit J (Mediterrane
Hartlaubwälder und -gebüsche) dargestellt und beschrieben. Nach Brand gelingt die Verjüngung der
mediterranen Kiefernarten (Pinus halepensis, P. brutia) im allgemeinen gut; Kiefern werden durch
Feuer gegenüber Eichen sogar gefördert. Im Gegensatz dazu sind Vertreter der Gattungen Abies,
Cupressus und Juniperus nicht feuerresistent und wenig regenerationsfähig, was bei zunehmender
touristischer und wirtschaftlicher Erschließung der Bestände erhebliche Risiken birgt.
Die xerophytischen Nadelwälder der mediterranen Gebirgslagen, die in größeren Gebieten als zonal
oder extrazonal zu gelten haben, werden von Tannen (Abies cephalonica, A. pinsapo), Kiefern
(Pinus sylvestris, P. nigra, P. heldreichii), Zypressen (Cupressus sempervirens) oder Baumwachol-
dern (Juniperus thurifera, J. excelsa, J. foetidissima) sowie einigen selteneren Baumarten gebildet
und finden sich vor allem in Gebieten mit karbonatischen, dolomitischen und ophiolithischen
Grundgesteinen. Der Erhaltungszustand dieser mediterranen Gebirgsnadelwälder ist in fast allen
Einheiten schlecht. Viele Bestände sind durch Holzraubbau, fortgesetzte Waldweide mit Überbesatz
an Weidetieren und Waldbrände degradiert und gebietsweise zerstört worden. Von einigen Einheiten
gibt es nur noch wenig repräsentative und hinsichtlich ihrer Altersstruktur unausgewogene Bestände.
In vielen Gebieten wurden die Nadelwälder anthropogen mehr und mehr aufgelichtet, ihre Verjün-
gung gehemmt, bis sie vollends zerstört und durch Trockenrasen und Zwergstrauchheiden ersetzt
waren. Diese Entwicklung hat die Wälder einer für Europa endemischen Baumart (Abies cephaloni-
ca) und anderer, die auf kleine Gebiete beschränkt sind (Cupressus sempervirens, Juniperus
thurifera, J. excelsa), stark beeinträchtigt und gebietsweise schrumpfen lassen, und die Restbestände
zweier endemischer Baumarten Europas (Abies pinsapo, Zelkova abelicea) müssen trotz Einrichtung
von Schutzgebieten als gefährdet gelten. Der natürliche Bestand der Sizilianischen Tanne (Abies
nebrodensis) besteht sogar nur noch aus wenigen Baumindividuen, so daß die vormals ausgedehnten
Tannenwälder Nordsiziliens in der Karte der aktuellen natürlichen Vegetation nicht mehr re-
präsentiert sind. Bedroht sind auch zahlreiche krautige Arten der mediterranen Bergwälder. Die
hervorragende Bedeutung der xerophytischen Nadelwälder für den Naturschutz läßt sich daran
ablesen, daß es in keiner Kartierungseinheit so viele für Europa endemische Baumarten gibt wie bei
den Xerotherm-Nadelwäldern; bei den krautigen Arten ist es nicht anders. Restbestände der be-
drohten Baumarten und repräsentative Waldgebiete aller Vegetationstypen sind äußerst schutzwür-
dig und bedürfen in allen geeigneten mediterranen Gebirgen konsequenter Schutzmaßnahmen.

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Die Formation der xerophytischen Nadelwälder, Nadel-Lichtwälder und -gebüsche ist syntaxono-
misch heterogen, was nicht überrascht, bedenkt man ihr enormes geographisches, ökologisches und
floristisches Spektrum. Wegen der Seltenheit vieler xerophytischer Nadelwälder, der Entlegenheit
und schwierigen Zugänglichkeit ihrer Bestände, aber wohl auch infolge methodischer Probleme der
Abgrenzung von Aufnahmeflächen und Syntaxa ist die Datengrundlage gebietsweise ungewöhnlich
schlecht, was den Versuch einer syntaxonomischen Übersicht sehr erschwert. Von nicht wenigen
Gesellschaften gibt es bislang zu wenig mit einheitlicher Methodik erarbeitetes Datenmaterial, und
einige Einheiten sind pflanzensoziologisch praktisch unbekannt. Die folgende syntaxonomische

370
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation K

Übersicht ist daher eine Annäherung. Viele der Zuordnungen bedürfen der kritischen Überprüfung;
manche Konzepte, die in der Literatur vorgeschlagen und diskutiert worden sind, werden sich nur
durch methodisch einheitlich erhobenes Aufnahmematerial und ihren großräumigen Vergleich
untermauern lassen.

Syntaxonomische Übersicht der Formation K


Erico-Pinetea Horvat 1959
Erico-Pinetalia Horvat 1959
Erico-Pinion sylvestris Br.-Bl. 1961 K1, K2, K3
Ononido-Pinion Br.-Bl. 1950 K1
Pinion nigrae sensu Pignatti 1998 K10
Orno-Ericion Horvat 1959 K8, K9, K13, K14, K15, K16
Pinion leucodermidis Horvat 1946 (Pinion heldreichii Horvat 1946) K6 p.p., K7
Pinion kochianae Korzhenevskiy 1986 K20
Pino-Juniperetea Rivas-Martínez 1964
Pino-Juniperetalia Rivas-Martínez 1964 (Astragalo monspessulani-Pinetalia
sylvestris Oberd. ex Theurillat et al. 1995; Juniperetalia hemisphaericae
Rivas-Martínez et Molina in Rivas-Martínez et al. 1999)
Berberidion aetnensis Brullo et al. 2001 K12?
Berberido creticae-Juniperion foetidissimae Brullo et al. 2001 K24?, K32?, K33?
Juniperion thuriferae Rivas-Martínez 1969 K28, K29, K30
Junipero intermediae-Pinion catalaunici Rivas-Martínez 1983
corr. Rivas-Martínez et Molina in Rivas-Martínez et al. 1999 K4, K5
Rumici-Astragaletea siculi E. et S. Pignatti et Nimis in E. Pignatti et al. 1980
Pinion nigrae-laricionis sensu Mayer 1984 K12
Quercetea pubescentis Doing-Kraft ex Scamoni et Passarge 1959
Quercetalia pubescenti-petraeae Klika 1933
Abietion cephalonicae Horvat et al. 1974 (Abieto cephalonicae-Pinion
pallasianae Barbero et Quézel 1976) K18, K27
Aceri granatensis-Quercion fagineae (Rivas Goday, Rigual et
Rivas-Martínez in Rivas Goday et al. 1960) Rivas-Martínez 1987 K25, K26
Jasmino-Juniperion excelsae Diduch et al. ex Diduch in Mirkin et
Solomeshch 1990 (Junipero excelsae-Quercion pubescentis Jakucs 1961) K24, K32?, K33?
Quercetea ilicis Br.-Bl. ex A. de Bolòs 1950 K11, K19, K21, K22, K23, K24
Pistacio lentisci-Rhamnetalia alaterni Rivas-Mart. 1975
Acero sempervirenti-Cupression sempervirentis Barbero et Quézel 1980 K31
Oleo-Ceratonion siliquae Br.-Bl. ex Guinochet et Drouinot 1944 K23
Quercetalia ilicis Br.-Bl. ex Molinier 1934
Quercion ilicis Br.-Bl. ex Molinier 1934 K11, K17, K19, K21, K22
Elyno-Seslerietea Br.-Bl. 1948 K6 p.p.
Daphno-Festucetea Quézel 1964 K6 p.p.

Die meisten Einheiten gehören zur Klasse Erico-Pinetea, die wie die einzige Ordnung Erico-
Pinetalia als „alpisch-submediterran-montane xerophytische Kiefernwälder meist basenreicher
Standorte“ umschrieben werden kann. Geographisch umspannt die Klasse den gesamten alpisch-
apenninisch-dinarischen Raum. Den west-inneralpischen Pinus sylvestris-Wäldern des Ononido-
Pinion (manchmal mit P. uncinata), die von manchen Autoren zu den sonst osteuropäisch-westsibi-
risch verbreiteten kontinentalen thermophilen Steppen-Kiefernwäldern, der Klasse Pulsatillo-
Pinetea, gestellt werden, stehen die übrigen zentral-, ost-, rand- und voralpischen Pinus sylvestris-
Wälder des Erico-Pinion sylvestris gegenüber. Dieser Verband erstreckt sich in die Südostalpen und
nördlichen Dinariden, wo bereits Pinus nigra die maßgebliche Kiefernart ist. Weiter südlich, mit
zunehmend submediterranem Klimaeinfluß, doch ist eine einigermaßen genaue Grenzziehung beim

371
Formation K Karte der natürlichen Vegetation Europas

gegenwärtigen Kenntnisstand nicht möglich, wird der Verband Erico-Pinion sylvestris vom Orno-
Ericion abgelöst, der die Dolomit-, Karbonat- und Ophiolith-Schwarzkiefernwälder des Balkans von
Dalmatien bis etwa ins nördliche Zentralgriechenland umfaßt.
Parallel dazu ist auf der Apenninhalbinsel der Verband Pinion nigrae eingeführt, der südlich bis
Kalabrien reicht. Die Vorkommen von P. nigra subsp. laricio (inkl. var. calabrica) in Kalabrien und
im Ätna-Gebiet hingegen werden nicht mehr als Erico-Pinetea-Gesellschaft, sondern innerhalb
einer Einheit oromediterraner Gebüsche Süditaliens klassifiziert. Alternative Konzepte sehen diese
äußerst lichten Kiefernwälder entweder im Verband Pinion nigrae-laricionis in der Klasse Rumici-
Astragaletea siculi oder in einem Verband Berberidion aetnensis der Klasse Pino-Juniperetea.
Welches Konzept zu bevorzugen ist, kann an dieser Stelle nicht entschieden werden.
Für die höheren Lagen des balkanischen Orno-Ericion-Areals wurde der Verband der dinarisch-
hellenischen Panzerkiefernwälder, Pinion leucodermidis (mit Pinus heldreichii, inkl. var. leucoder-
mis), vorgeschlagen. Dagegen bestehen die wenigen Vorkommen von Pinus heldreichii in Kalabrien
in der aktuellen Vegetation aus isolierten Exemplaren oder Baumgruppen, die in oromediterrane
Sesleria tenuifolia-Felsrasen eingestreut sind; syntaxonomisch ist ein Anschluß an die Klasse der
alpin-subalpinen Kalksteingrasfluren, Elyno-Seslerietea, gerechtfertigt. Auf dem Balkan gibt es eine
ökologisch-pflanzensoziologische Parallele bei den anthropogen oder durch Feuer aufgelichteten
oder auch bei waldgrenznahen natürlichen Beständen der Panzerkiefer, die als spezielle Arten-
kombinationen innerhalb der Daphno-Festucetea aufgefaßt werden können.
Für die basiphytischen Lichtwälder der Krim mit Pinus kochiana und P. nigra subsp. pallasiana
wurde der Name Pinion kochianae geprägt; der Verband kann zu den Erico-Pinetea gestellt werden.
Supramediterrane Kiefernwälder mit Pinus nigra subsp. pallasiana in Südgriechenland werden
gemeinsam mit den Abies cephalonica-Wäldern der gleichen Region in einen anderen syntaxono-
mischen Kontext gestellt und als eigener Verband (Abietion cephalonicae, Syn. Abieto cephalo-
nicae-Pinion pallasianae) in die Nähe von thermophytischen Eichenwäldern (Quercetalia pubes-
centi-petraeae) gerückt.
Südlich verbreitete Schwarzkiefernwälder mit Pinus nigra subsp. pallasiana sind teilweise auch zu
den mediterranen immergrünen Wäldern (Quercetea ilicis) gestellt worden. Dies ist möglicherweise
berechtigt für die ostägäischen Vorkommen auf der Insel Samos, für die pflanzensoziologische
Daten fehlen. In diese Klasse gehören zweifellos die Kiefernwälder mit Pinus nigra subsp. dalmati-
ca der dalmatischen Inseln wie auch die meso- bis thermomediterranen Kiefernwälder mit Ver-
tretern der Pinus halepensis-Verwandtschaft, vielleicht einschließlich jener der Krim und des
westlichen Kaukasus. Innerhalb der Quercetea ilicis angesiedelt sind schließlich auch die natürli-
chen Zypressenwälder Kretas (Acero-Cupression).
Die spanischen supra- bis oromediterranen trockenen Lichtwälder mit Kiefern- und Wacholder-
Arten scheinen so eigenständig, daß sie eine eigene Klasse rechtfertigen, die auch in Nordwestafrika
vorkommt: Pino-Juniperetea. Es sind verschiedene Verbände beschrieben worden, deren Ab-
grenzung im Einzelfall noch der Klärung bedarf. Westlich-mediterran-montane Wacholder-Licht-
wälder und -gebüsche mit Juniperus thurifera und fallweise Juniperus communis subsp. hemisphae-

372
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation K

rica oder J. phoenicea sind Teil der Ordnung Pino-Juniperetalia (Juniperetalia hemisphaericae) mit
dem Verband Juniperion thuriferae. Oromediterrane Kiefern- und Wacholder-Lichtwälder werden
teils in der gleichen Ordnung, teils auch in einer eigenen Ordnung Astragalo monspessulani-
Pinetalia sylvestris zusammengefaßt. Hierher gehören auch die Kiefernwälder der südlichen
Montanstufe der Pyrenäen, die mit jenen der Westalpen floristische Gemeinsamkeiten haben (etwa
die Beteiligung von Pinus uncinata). Das Areal der Pino-Juniperetea reicht daher nach Ansicht
einiger Autoren bis in die westalpischen Trockentäler. Es umfaßt andererseits nach einem neueren
Vorschlag mit den Verbänden Berberidion aetnensis und Berberido creticae-Juniperion foeti-
dissimae auch den Zentral- und Ostmediterranraum.
Die bätischen supramediterranen Abies pinsapo-Wälder haben vergleichsweise mesophilen Charak-
ter und werden, hierin den Abies cephalonica-Wäldern des Südbalkans gleich, in die syntaxono-
mische Nähe der thermophilen Eichenwälder (Quercetea pubescentis) gestellt, genauer in den
Verband Aceri granatensis-Quercion fagineae.
Außerhalb des westmediterranen Raumes wissen wir über die pflanzensoziologische Stellung von
Wacholder-Lichtwäldern noch zu wenig, um die für die Bestände mit Juniperus excelsa und
J. foetidissima vorgeschlagenen Namen Juniperion excelsae und Berberidio creticae-Juniperion
foetidissimae (Balkan, Anatolien) sowie Junipero excelsae-Quercion pubescentis und Jasmino-
Juniperion excelsae (Krim) auf eine sichere floristische Grundlage stellen und ökologisch inter-
pretieren zu können. Syntaxonomisch werden sie verschiedenen Klassen zugeordnet (Quercetea
pubescentis, Erico-Pinetea, Pino-Juniperetea; siehe auch syntaxonomische Übersicht).

Gliederung in Untereinheiten
Für die Zwecke der Karte der natürlichen Vegetation Europas werden die xerophytischen Nadelwäl-
der, Nadel-Lichtwälder und -gebüsche zunächst nach ihren vorherrschenden Baumgattungen und
-familien (Pinus, Abies, Cupressaceae) gegliedert. Dieses Konzept wird gestützt durch habituelle
Ähnlichkeiten der Bestände, auch wenn die resultierenden Einheiten nicht immer deckungsgleich
sind mit Syntaxa, die auf floristischer Ähnlichkeit basieren. Die Vorgehensweise ist umso sinnvol-
ler, als das syntaxonomische System bei den Xerotherm-Nadelwäldern europaweit noch wenig
fundiert und ausgereift ist. Innerhalb der drei jeweils durch die Gattungen Pinus und Abies sowie
durch Cupressaceae (Juniperus, Cupressus) definierten Hauptgruppen verläuft die weitere Glie-
derung wiederum nach taxonomischen Leitlinien – nun auf Artebene. Diese Leitlinien lassen sich
auch pflanzengeographisch interpretieren. Die weitere Differenzierung bedient sich floristischer
Spezifika in Verbindung mit edaphisch-standörtlichen Parametern.
Die folgende Darstellung der 33 Kartierungseinheiten folgt dem oben skizzierten Gliederungs-
konzept der Karte; die entsprechenden Nummerncodes der Legende sind in Klammern angegeben.

K.1.1 Waldkiefernwälder (Pinus sylvestris), überwiegend in der nemoralen Zone (K1-K5)


Unter den dominierenden Kiefernarten der xerophytischen Nadelwälder ist Pinus sylvestris diejeni-
ge mit der geringsten Trockenresistenz. Deshalb baut diese Art die Wälder entlang der Nordgrenze

373
Formation K Karte der natürlichen Vegetation Europas

der Verbreitung von Einheiten der Formation K auf. Sie liegen bandförmig auf der Südseite der
Pyrenäen und inselartig in den und am Rande der Alpen und sind begünstigt durch die besonderen
klimatischen, topographischen und edaphischen Verhältnisse an ihren Wuchsorten. Diverse Mor-
photypen der Waldkiefer, die anscheinend auch ökologisch relevant sind (z. B. vars. pyrenaica,
iberica, nevadensis in den oromediterranen Kiefernwäldern Spaniens), sind sichtbarer Ausdruck der
enormen standörtlichen Anpassungsfähigkeit der Waldkiefer.
Berühmt sind die Waldkiefernwälder (K1) auf flachgründigen, teils felsigen Dolomit- und Karbonat-
(Süd-)hängen der inneralpischen Trockentäler Frankreichs (Tarentaise, Maurienne, Briançonnaise),
der Schweiz (Wallis, Albula, Churer Rheintal, Unter-Engadin), Italiens (Aostatal, Vinschgau,
Pustertal) und Österreichs (Tiroler Inntal). Die Bestände haben ausgeprägt extrazonalen submedi-
terran-montanen Charakter mit zahlreichen thermophilen Arten im Unterstand. Kennzeichnende, oft
dominante Arten sind Erica carnea, Sesleria albicans und Polygala chamaebuxus. Die Vorkommen
in den Westalpen mit Ononis rotundifolia und Astragalus monspessulanus bzw. A. vesicarius subsp.
pastellianus, Odontites viscosus, Onobrychis saxatilis, doch ohne Erica und Sesleria, ferner mit
Pinus uncinata in der Baumschicht, weisen pflanzengeographische Beziehungen zu Xerotherm-
Kiefernwäldern Südwesteuropas, besonders der Pyrenäen (K5), auf.
Überwiegend geologisch-edaphisch (Dolomit, Hartkalk, Serpentin) sowie lokalklimatisch bedingt
sind die randalpischen Schneeheide-Waldkiefernwälder (K2), die mit zahlreichen Vorkommen von
geringer Ausdehnung und kleiner Gesamtfläche hauptsächlich im mittleren und östlichen Rand-
bereich der Alpen in Höhenlagen von 600 bis 1000 m vertreten sind. Wie bei den inneralpischen
Wäldern ist die Waldkiefer gewöhnlich schwachwüchsig und erreicht erst bei günstigerer Wasser-
versorgung in höheren Lagen bessere Wuchsleistungen.
Auf sandig-kiesigen, trockenen Alluvionen und Schuttfächern von Flußtälern in den nördlichen
(Lech, Isar) und südlichen (Piave, Tagliamento, Cellina) Randalpen bis ins Alpenvorland sowie in
den großen Alpentälern wachsen vergleichsweise mesophile Pinus sylvestris-Wälder (K3), teilweise
zusammen mit aufrechtstämmigen Formen der Pinus mugo-Verwandtschaft (Pinus rotundata), im
Komplex mit Weidengebüschen (Salix elaeagnos, S. purpurea, S. daphnoides) und Grauerlen-
Auwäldern.
Primäre Waldkiefernwälder der Alpen sind dank der geringen forstlichen Bedeutung und Nutzbar-
keit ihrer Wuchsorte großenteils in naturnahem Zustand erhalten geblieben, teilweise allerdings
infolge Waldweide und Rodung durch sekundäre Trockenrasen ersetzt oder mit Pinus nigra aufge-
forstet. Örtlich besteht erhebliche Gefährdung durch Steinbruchbetrieb und Kiesabbau. Sekundäre
Kiefernwälder an weniger extremen Standorten befinden sich gegenwärtig fast überall in progressi-
ver Sukzession zu thermophilen Laubwäldern.
Die montanen xerophytischen Waldkiefernwälder der Pyrenäen lassen sich in eine Kartierungsein-
heit vorwiegend silikatischer Standorte (K4) und eine solche auf Karbonatgesteinen (K5) gliedern.
Beide kommen schwerpunktmäßig am Südabfall der Pyrenäen an Südhängen oder in Kuppenlagen
vor, wo ihnen der saisonal angespannte Bodenwasserhaushalt, lokal vermutlich auch der Einfluß
trockener Winde, Konkurrenzvorteile verschaffen. Der westlichen Lage und Meereshöhe ent-

374
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation K

sprechend haben sie stärker mesophilen Charakter. Auf Silikat sind häufig Zwergsträucher wie
Vaccinium myrtillus, Calluna vulgaris, Arctostaphylos uva-ursi und Cytisus oromediterraneus sowie
Horstgräser wie Deschampsia flexuosa vorherrschend. In der Strauchschicht kommen Buxus
sempervirens und Juniperus communis subsp. hemisphaerica vor. Die xerophytischen Kiefernwälder
auf Karbonatgesteinen (K5) beherbergen eine Reihe südwesteuropäisch-montan verbreiteter Taxa,
wie Echinospartum horridum, Polygala calcarea, Sesleria albicans, Festuca gautieri, Eryngium
bourgatii und Helianthemum nummularium var. roseum.

K.1.2 Panzerkiefernwälder (Pinus heldreichii) (K6, K7)


Nach der Zahl der vorkommenden Taxa ist der Süden die eigentliche Domäne der Gattung Pinus in
Europa. In den Bergen ist es besonders der Formenkreis der Schwarzkiefer (Pinus nigra), die in
vielen Teilen des Mittelmeergebiets xerophytische Nadelwälder bildet. Auf dem Balkan kommen
mit Pinus heldreichii und P. peuce weitere Arten mit Reliktcharakter hinzu. Letztere spielt in den
Trocken-Kiefernwäldern eine geringere Rolle als in den fichtenreichen Nadelwäldern über Silikat-
gestein, weshalb sie im Kontext der Vaccinio-Piceetea außerhalb der K-Formation angesiedelt ist.
Pinus heldreichii dagegen, die Panzerkiefer, ist unter bestimmten geologischen und hydrologischen
Verhältnissen konkurrenzkräftiger als Buche und Tanne und bildet, wo sie vorkommt, meist die
Waldgrenze. Die Panzerkiefernwälder des dinarisch-hellenischen Raumes reichen von den bosnisch-
herzegowinischen Bergen östlich Split bis in den mittleren Pindos und zum Thessalischen Olymp.
Die Vorkommen in Italien liegen im südlichen Apennin und Nordkalabrien. Die entsprechende
Karteneinheit (K6) umfaßt die meisten balkanischen wie auch die italienischen Bestände und ist
hinsichtlich des Spektrums an Begleitbaumarten und Arten des Unterwuchses recht heterogen. Sie
schließt zweifellos mehrere edaphisch und chorologisch differenzierte Gesellschaften ein, für die
allerdings eine überregionale Zusammenschau bisher fehlt. Ausbildungen über Serpentingestein
zeichnen sich durch Habitatspezialisten wie Peltaria emarginata und Daphne blagayana aus.
Albanische Panzerkiefernwälder (K7) lassen sich von der weiter verbreiteten Einheit durch abwei-
chende dominante Gräser (Festucopsis serpentini, Sesleria coerulans) und den meist silikatischen
Untergrund abgrenzen. Pinus heldreichii-Wälder sind von großer Bedeutung für den Naturschutz
wegen ihres hohen Anteils an endemischen und sonstigen pflanzengeographisch bedeutsamen Taxa.
Holzeinschlag und Beweidung sind verbreitete Eingriffe. Viele Bestände liegen zwar in Schutz-
gebieten, sind aber vor Zugriffen trotzdem nicht immer ausreichend geschützt. Feuer stellt ein
zusätzliches erhebliches Risiko dar, das bei weitergehender Gebietserschließung durch den Men-
schen wächst.

Schwarzkiefernwälder (Pinus nigra s. l.) (K8-K20)


Von den südöstlichen Kalkalpen durch den Balkan bis zum Südpeloponnes und durch die Apennin-
halbinsel bis Sizilien reicht das Verbreitungsgebiet der Schwarzkiefernwälder. Sie kommen in
Kärnten und Dalmatien auch in tieferen Lagen vor, sind weiter südlich aber ausgesprochen montan
verbreitet. Begleitbaum- und -straucharten wie Fraxinus ornus, Ostrya carpinifolia, Quercus
pubescens und Q. cerris, von denen oft die eine oder andere in den Beständen vertreten ist, unter-

375
Formation K Karte der natürlichen Vegetation Europas

streichen den submediterranen Charakter der Wälder. Die floristische Kennzeichnung und Differen-
zierung der Einheiten basiert im wesentlichen auf pflanzengeographisch kennzeichnenden Arten der
Kraut- und Strauchschicht sowie auf den infraspezifischen Taxa der Schwarzkiefer selbst.
Pinus nigra subsp. nigra reicht von den Ostalpen südwärts bis nach Serbien und wird in der Südhälf-
te der Balkanhalbinsel durch subsp. pallasiana ersetzt (die auch auf der Krim und in Anatolien
vorkommt). Ein abweichender Typ, dessen Verbreitung entlang der dalmatischen Küste auf eine
ausgeprägte Trockenresistenz hindeutet, wird taxonomisch als subsp. dalmatica abgetrennt. Im
größten Teil der Apenninhalbinsel bis nach Nordkalabrien wird die Schwarzkiefer wieder durch die
Subspecies nigra repräsentiert. Der regional kennzeichnende Morphotyp ist als „P. nigra var.
italica“ beschrieben worden. Wie auf dem Balkan durch subsp. pallasiana, wird die typische
Unterart im Süden Italiens (und auf Korsika, wo sie in der Karte in die korsischen Buchen- und
Tannen-Buchenwälder integriert ist, vgl. F145) durch P. nigra subsp. laricio ersetzt, eine den
trockenen, ausgeprägt mediterran-montanen Klimaverhältnissen angepaßte Unterart.
Die julischen (K8) und ostalpisch-illyrischen (K9) Karbonat- und Dolomit-Schwarzkiefernwälder
sind durch Erica carnea, Chamaecytisus purpureus und Sesleria albicans in der Krautschicht
gekennzeichnet, die julischen sind zudem – ihrer geographischen Lage entsprechend – durch
westlich- bis zentralsubmediterrane Differentialarten (Bupleurum ranunculoides subsp. gramineum,
Euphorbia triflora subsp. kerneri) synchorologisch vom illyrischen Typ mit seinen balkanischen
Elementen (z. B. Genista januensis) abgrenzbar. Ähnliche Wälder, oft als Mischbestände von
Schwarz- und Waldkiefer ausgebildet, kommen auch weiter südlich vor, so in Bosnien-Herzegowina
und Serbien (K13). Der größte Teil dieser Bestände wächst auf steilen Hängen mit Rohböden und
Rendzinen über Ophiolithgestein und ist durch Serpentinophyten wie Daphne blagayana und
zahlreiche balkanische Endemiten floristisch gut gekennzeichnet.
Auch die Schwarzkiefernwälder der Abruzzen und in Kalabrien (letztere nicht in der Karte dar-
gestellt) sind durch eigene Vertreter der Gattung Sesleria (S. tenuifolia) und der Genisteen (Genista
sericea, Chamaecytisus spinescens, Cytisophyllum sessilifolium) ausgezeichnet (Genisto sericeae-
Pinetum nigrae; K10). Sie finden sich inselartig und kleinflächig in montanen Lagen auf Steilhän-
gen, Kalkfelsköpfen und -graten und sind nur ausnahmsweise im Kartenmaßstab darstellbar.
Stärker mediterranen Charakter haben die Bestände der folgenden Einheiten mit Schwarzkiefer. Bei
den dalmatischen (K11) mit P. nigra subsp. dalmatica kommt dies durch die Kontaktvegetation und
die gelegentliche Beteiligung von Arten wie Quercus ilex und Erica manipuliflora deutlich zum
Ausdruck. Sie sind eine Besonderheit der kroatischen Inseln Biokovo, Braƒ, Hvar und der Halbinsel
Pelješac.
Gleichfalls selten und relativ kleinflächig verbreitet, doch zu höheren Anteilen anthropogen beein-
flußt (forstliche Nutzung, Auflichtung) sind die oromediterranen Schwarzkiefernwälder mit Pinus
nigra subsp. laricio in Kalabrien und im Ätna-Gebiet (Hypochaerido-Pinetum laricionis, Junipero
hemisphaericae-Pinetum calabricae; K12). Wiederum spielen Strauchginster (Genista aetnensis,
Cytisophyllum sessilifolium) eine Rolle, ebenso Endemiten (u. a. Hypochaeris laevigata), die
teilweise auch in der Ersatzvegetation vorkommen.

376
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation K

Südlich eines bosnisch-serbischen Übergangsgebietes beginnt das Areal der balkanisch-anatolischen


supramediterranen Pinus nigra subsp. pallasiana. Während die Schwarzkiefer auf Kalkgestein den
nach Süden zunehmend trockenheitsresistenten Tannen des Abies borisii-regis-Abies cephalonica-
Formenkreises (mit ihrem nach Süden zunehmenden Anteil an genetischen und physiologischen
cephalonica-Eigenschaften) konkurrenzmäßig nicht gewachsen ist, gewinnt sie auf ophiolithischen
und silikatischen Gesteinen an Bedeutung. So ist sie in montanen Lagen Südalbaniens auf meso-
zoischen Kalken noch als Begleitbaum von Abies borisii-regis im Spiel (K14), während sie sonst im
albanisch-mazedonischen Raum hauptsächlich auf harten metamorphen Kalken und Ophiolithen zu
dominieren vermag (K15), und zwar meist in tieferen Lagen (unterhalb 1300 m) als die Pinus
heldreichii-Wälder der gleichen Regionen (K6). Kennzeichnende Genisteen sind hier Chamaecyti-
sus polytrichus und Genista carinalis; als Sesleria-Arten dieser Schwarzkiefernwälder werden
S. robusta und S. coerulans genannt. Ein Zwergstrauch mit hohen Deckungsanteilen auf Kalkstein
ist Staehelina uniflosculosa (Staehelino-Pinetum pallasianae); auf Serpentin kommt lokal Daphne
blagayana vor (Seslerio robustae-Pinetum pallasianae).
Weiter östlich, in Bulgarien und Nordostgriechenland, werden Schwarzkiefernwälder auf Kalk- und
Urgesteinsböden (Granit, Gneis) ausgewiesen (K16). Pinus nigra subsp. pallasiana ist dort in
höheren Lagen mit Pinus sylvestris vergesellschaftet oder wird durch sie ersetzt (vgl. D53); auf
gleichmäßiger wasserversorgten Böden kann Quercus dalechampii beteiligt sein. Als bezeichnende
Ginsterarten dieses mazedonisch-bulgarisch-thrazischen Kiefernwaldtyps werden Genista lydia,
G. carinalis und Chamaecytisus supinus genannt. Vaccinium myrtillus und V. vitis-idaea sind in den
Rhodopen charakteristische Zwergsträucher auf Moderstandorten über Silikat.
Auf kleinflächigen Sonderstandorten über tertiären Ablagerungen im Schwarzmeer-Küstengebiet
des europäischen Teils der Türkei (Nordthrazien) wachsen azidophytische Schwarzkiefernwälder
mit Quercus iberica (jüngst auch mit Quercus dalechampii und Q. polycarpa zu Q. petraea subsp.
medwediewii vereinigt), Erica arborea und E. manipuliflora (K17). Der relativ niedrigen Höhenlage
entsprechend haben sie eine mediterran-submediterran geprägte Artenzusammensetzung und ähneln
den mesomediterranen Pinus halepensis-Wäldern (K21). Über ihre Genese, Dynamik und Gesamt-
verbreitung ist kaum etwas bekannt; möglicherweise finden die sporadischen Vorkommen eine
Fortsetzung außerhalb des Kartierungsgebietes entlang der kleinasiatischen Schwarzmeerküste der
Türkei.
Die südlichsten supramediterranen Schwarzkiefernwälder der Balkanhalbinsel wachsen in den
Gebirgen des Peloponnes, vorzugsweise auf skelettreichen Braunlehmen über schiefrigem Gestein
(Phyllit, Quarzit) zwischen 1100 und 1650 m (K18). Geschlossene Bestände sind strauch- und kraut-
arm. Wie andere Einheiten der Schwarzkiefernwälder sind auch die des Peloponnes durch Brand
und Beweidung dezimiert und heute teilweise durch forstliche Nutzung beeinträchtigt. Naturnahe
Bestände sollten exemplarisch für Schutz- und Studienzwecke aus der Nutzung genommen werden.
Westanatolische Schwarzkiefernwälder mit Pinus nigra subsp. pallasiana sind floristisch-pflanzen-
geographisch eigenständig und erreichen im Zentralteil der ostägäischen Insel Samos das Karten-
gebiet (K19). Teucrium kotschyanum ist ein chorologisches Bindeglied zu den Beständen der

377
Formation K Karte der natürlichen Vegetation Europas

Türkei. Große Teile der Schwarzkiefernwälder von Samos sind in den letzten Jahren von Bränden
heimgesucht worden. Zwar regeneriert die Kiefer nach Feuer recht gut aus Samen, aber späte
Entwicklungsphasen in Form alter Lichtwälder gingen weitgehend verloren.
Xerotherme Kiefernwälder werden auf der Halbinsel Krim (K20) an den Südhängen der zentralen
Gebirgsteile zwischen 450 und 1200 m von Pinus nigra subsp. pallasiana und in der Krautschicht
von Brachypodium pinnatum subsp. rupestre dominiert, in höheren Lagen (800-1450 m) des Ostteils
herrschen Pinus kochiana in Verbindung mit Carex humilis vor. Strukturell und hinsichtlich ihrer
landschaftlichen Rolle entsprechen diese Schwarzkiefernwälder den zuvor beschriebenen süd-
europäischen, zumal sie wie diese zahlreiche submediterrane Arten enthalten.

K.1.3 Meso- bis thermomediterrane Kiefernwälder (Pinus halepensis, P. brutia, P. pityusa)


(K21-K24)
Kiefernwälder meso- bis thermomediterraner Provenienz sind im Mittelmeergebiet weit verbreitet
und werden hauptsächlich von der Aleppokiefer (Pinus halepensis) und ihren nächsten Verwandten
gebildet. Soweit es sich um dicht- und hochwüchsige Bestände in enger dynamischer und floristi-
scher Beziehung zu Hartlaubwäldern handelt, sind sie in der Karte in die entsprechenden Einheiten
der Formation J integriert. Auf edaphischen Extremstandorten und in klimatisch thermomediterra-
nen Grenzlagen des Waldes fallen die hartlaubigen Eichen als standörtliche Konkurrenz aus. So
wachsen hier ausgeprägt xerothermophytische Kiefernwälder mit Ericaceen, Juniperus phoenicea
und Pistacia-Arten im Unterstand.
Meso- bis thermomediterrane Pinus halepensis-Wälder (K21) sind im ganzen europäischen Mittel-
meergebiet verbreitet, doch im allgemeinen unterhalb der Schwelle ihrer Darstellbarkeit im Karten-
maßstab. Sie kommen auf felsigen Kalkstein- und Serpentinstandorten ohne Eichenbeteiligung von
Spanien bis in die Nord- und Westägäis vor, lokal kartierbar an der französischen Mittelmeerküste
bei Marseille und an der südlichen dalmatischen Küste. Pistacia lentiscus, Erica manipuliflora und
Erica arborea sind häufige Elemente der Strauchschicht dieser Wälder.
Vergleichbare Bestände (K22) der Nordägäis unterscheiden sich durch die Hartkiefer (Pinus brutia)
als dominierender Baumart und dem ostmediterran verbreiteten Arbutus andrachne in der Strauch-
schicht, während Erica- und Pistacia-Arten fehlen. Sie haben mesomediterranen Charakter mit
starker Beimischung sommergüner und immergrüner Eichen und wachsen auf kalkhaltigen tertiären
Ablagerungen.
Im Bereich der thermomediterranen Stufe der Süd- und Ostägäis (Kreta, Kos, Rhodos, Samos,
Kalimnos) bieten metamorphe Hartkalke und Dolomite, besonders auch kalkhaltige Flysch- und
Mergelböden, geeignete Standorte für natürliche Kiefernwälder, die von Pinus brutia und Cupressus
sempervirens beherrscht werden (K23). Thermomediterrane heliophile Sträucher und Zwergsträu-
cher, die auch in den Ersatzgesellschaften eine wichtige Rolle spielen, sind in diesen Lichtwäldern
reichlich vertreten.
Nur sehr kleinflächige Vorkommen verzeichnet die Karte für die westkaukasischen Pinus pityusa-
Wälder (K24). Naturnahe Bestände wurden auf der Krim weitgehend dem Tourismus geopfert. Die

378
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation K

Vorkommen an der georgischen Schwarzmeerküste sind reich an pontischen und weiter verbreiteten
submediterranen Arten. In den lichten Beständen bilden nicht selten Wacholder-Arten (Juniperus
excelsa, J. foetidissima) und Pistacia mutica zusammen mit thermophilen laubabwerfenden Sträu-
chern ein Unterholz.

K.2 Meso- und supramediterrane Tannenwälder (Abies pinsapo, A. cephalonica) (K25-K27)


Xerophytische Tannenwälder bilden die Zonalvegetation in der supra- (bis meso-)mediterranen
Stufe einiger südeuropäischer Gebirge. Die spanischen Abies pinsapo-Wälder kommen nur noch in
drei kleinen Teilarealen in der bätischen Provinz in der weiteren Umgebung von Ronda (An-
dalusien) vor, wo sie auf den relativ regenreichen Nordwestseiten einiger Gebirgsketten in Lagen
zwischen 1000 und 1800 m mit einer Gesamtfläche von gerade einmal ca. 1200 ha vorkommen.
Eine Einheit der Bestände über Kalkgestein in den Sierras de Ronda (de las Nieves) und del Pinar
mit Paeonia broteroi und P. coriacea (Paeonio broteroi-Abietetum pinsapo; K25) unterscheidet sich
floristisch deutlich von einem Restvorkommen in der Sierra Bermeja auf Serpentingestein (Bunio
macucae-Abietetum pinsapo; K26) mit Bunium alpinum subsp. macuca als namengebender Art. In
ersterer sind Mischbestände mit Quercus lusitanica häufig, in letzterer mit Pinus nigra.
Die Abies cephalonica-Wälder des südgriechischen Festlands (Sterea Ellas, Peloponnes), der
ionischen Insel Kefallinia und der westägäischen Insel Euböa (K27) besiedeln im Vergleich zu den
spanischen Abies pinsapo-Wäldern wesentlich mehr Teilgebiete, und ihre Gesamtfläche beträgt ein
Vielfaches. Fast alle Bestände wachsen auf hartem, teil metamorphem Kalkgestein in Höhenlagen
zwischen 900 und 1800 m. Abies cephalonica ist meist die einzige bestandsbildende Baumart,
gelegentlich sind Pinus nigra subsp. pallasiana und am Nordrand des Areals Abies borisii-regis
beigemischt. Eine pflanzengeographische Besonderheit ist Juniperus drupacea, der von seinem
nahöstlichen Hauptverbreitungsgebiet her Europa nur im äußersten Südosten (Parnon- und lokal im
Taigetos-Gebirge, Peloponnes) erreicht und hier meist im Unterstand der Abies cephalonica-Wälder
oder in strauchdominierten Ersatzgesellschaften vorkommt.

K.3 Wacholder- und Zypressen-Lichtwälder und -gebüsche (Juniperus thurifera, J. excelsa,


J. foetidissima, J. polycarpos, Cupressus sempervirens) (K28-K33)
Lichte Wälder mit baumförmigen Wacholder-Arten kommen zerstreut in weiten Teilen des Mittel-
meergebietes vor, nehmen in der Karte der natürlichen Vegetation aber nur in Spanien erhebliche
Flächen ein. Hinzu kommen nennenswerte Vorkommen auf der Krim und in Transkaukasien.
Juniperus thurifera ist die vorherrschende Art der spanischen Wacholder-Lichtwälder, die auf
karstige Gebirgsstandorte mit trocken-warmem Regional- und Lokalklima beschränkt sind. Die
Einheit der mitteliberischen supramediterranen Juniperus thurifera-Lichtwälder (Juniperetum he-
misphaericae-thuriferae; K29) der Provinzen Burgos, Soria, Guadalajara und Cuenza ist flächen-
mäßig am bedeutendsten. Hinzu kommen hochmontane reliktische Wacholderwälder der Südabda-
chung des Kantabrischen Gebirges (Juniperetum sabinae-thuriferae; K28) sowie eine Einheit stär-
ker mediterran getönter, meist gebüschartiger Bestände im Trockengebiet der nordostspanischen
Provinz Aragón östlich Zaragoza (Juniperetum phoeniceae-thuriferae; K30). Neben Juniperus thuri-

379
Formation K Karte der natürlichen Vegetation Europas

fera sind weitere meist strauchförmig wachsende Wacholder-Arten (Juniperus sabina, J. phoenicea,
J. oxycedrus, J. communis subsp. hemisphaerica) sowie weitere Sträucher und die Schwarzkiefer
(Pinus nigra subsp. salzmannii) mit wechselnden Anteilen vertreten. In der aktuellen Vegetation
sind die iberischen Wacholder-Lichtwälder anthropogen zu großen Teilen durch Trockengebüsche
und Weiden, teilweise auch durch Aufforstungen mit Pinus nigra subsp. salzmannii ersetzt worden.
Wacholder-Lichtwälder im Südteil der Krim reichen von Meereshöhe bis etwa 450 m (K32). Sie
setzen sich aus den baumförmigen Wacholdern Juniperus excelsa und J. foetidissima, ferner Pista-
cia mutica und Quercus pubescens zusammen, mit je nach geographischer Lage wechselnden Antei-
len von mediterranen und Steppenelementen in der Strauch- und Krautschicht.
Die tonangebenden Arten der transkaukasischen Wacholder-Lichtwälder (K33) in Georgien, Aser-
baidschan, Armenien und im dagestanischen Ostkaukasus sind Juniperus polycarpos und J. foetidis-
sima, die wie auf der Krim in Form von Baumgruppen oder Einzelbäumen lockere Bestände bis
15 m Höhe bilden, oft im Komplex mit Pistacia mutica. Die Bestände sind meist kleinflächig, doch
auf eine breite Höhenamplitude (kollin bis montan in Ost-Transkaukasien, montan bis subalpin in
Süd-Transkaukasien) verteilt. In Abhängigkeit von Meereshöhe und geographischer Lage sind
zahlreiche Arten der angrenzenden Offenland- und Gebüschformationen (Dornpolster- und Zwerg-
strauchvegetation, Steppen und laubwerfende Gebüsche) beteiligt, besonders die Krautschicht birgt
zahlreiche Endemiten.
Durch ihren lichten Trockenwaldcharakter den Beständen mit Baumwacholder-Arten ähnlich sind
die Zypressen (Cupressus sempervirens)-Lichtwälder Kretas (K31), die in größeren Beständen
lediglich im Bereich der Weißen Berge (Levka Ori) erhalten sind. Es handelt sich bei den kretischen
Wäldern um natürliche, allerdings durch Beweidung und Holzentnahme stark beeinflußte Vorkom-
men von oft mehrstämmigen Cupressus-Individuen mit horizontal spreizenden Ästen. In den offenen
Beständen treten als weitere Baumarten Acer sempervirens, Quercus coccifera und lokal die auf
Kreta endemische Ulmacee Zelkova abelicea auf, sie alle oft auch nur strauchförmig und durch
Beweidung stark überformt. Dichte Zypressenwälder sind selten und nur noch kleinflächig vorhan-
den; je nach Weide- und Trittbelastung sowie Wasserversorgung ist der Zypressenjungwuchs gut
entwickelt bis fehlend. Je lichter die Bestände, umso unspezifischer ist die Strauch- und Kraut-
schicht, die dann den zwergstrauchreichen Ersatzgesellschaften gleicht. Eine mit weiterer Er-
schließung zunehmende Gefahr für die Wacholder- und Zypressen-Lichtwälder stellen Brände dar,
zumal die Regenerationsfähigkeit der Cupressaceen nach Feuer gering ist.

Literatur
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380
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation K

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381
Formation L Karte der natürlichen Vegetation Europas

L Waldsteppen (Wiesensteppen im Wechsel mit sommergrünen Laubwäldern)


und Trockenrasen im Wechsel mit Trockengebüschen
Nicolae DoniÛ| & Zoja V. Karamyševa, mit Beiträgen von Attila Borhidi & Udo Bohn

Charakterisierung und typologische Abgrenzung; geographische Verbreitung


Die Waldsteppen bilden die Übergangszone zwischen den mesophilen sommergrünen Laubwäldern
im Norden und Westen und den echten Horstgrassteppen im Süden. Sie bezeichnen klimatische
Grenzstandorte des Waldes in semiariden Gebieten mit relativ niedrigen Jahresniederschlägen und
einer längeren Trockenperiode im Sommer und Frühherbst. Das Waldsteppengebiet ist gekennzeich-
net durch ein unregelmäßiges Mosaik aus waldfreundlichen bzw. waldfähigen und waldfeindlichen
Standorten: Von Natur aus würden im europäischen Waldsteppengebiet geschlossene sommergrüne
Laubwälder (vorwiegend aus Eichen) mit Trockengebüschen und Wiesensteppen bzw. Trockenrasen
abwechseln.
Limitierender Faktor für den Laubwald ist der Bodenwasserhaushalt während der Sommermonate,
denn Laubwälder – zumal alte Waldbestände – haben einen höheren Wasserverbrauch als die Step-
penvegetation, da diese durch spezifische, an Sommertrockenheit angepaßte Lebensformen (unter-
irdische Speicherorgane und sommerliches oberirdisches Absterben bzw. Xeromorphie der Blätter)
gegenüber den sommergrünen Gehölzen begünstigt ist. Die Verteilung von Wald und Wiesensteppe
ist sowohl durch Relief und Kleinklima als auch durch die Bodenbeschaffenheit bedingt: Steppen
und Trockenrasen kommen vorzugsweise auf trockenwarmen Südhängen und in Plateaulagen mit
ton- und schluffreichen Böden oder auf sehr flachgründigen Standorten vor, Wälder dagegen eher
auf durchlässigen Böden, an Nordhängen, an Tal- und Schluchthängen, auf Hügel- und Bergkuppen
sowie in feuchten Senken und Tälern.
Die Waldsteppengebiete werden seit Jahrtausenden landwirtschaftlich genutzt (Beweidung, Heu-
mahd, Getreideanbau), weshalb heute außerhalb von Schutzgebieten kaum noch naturnahe Wälder
und fast keine Wiesensteppen mehr im europäischen Verbreitungsgebiet anzutreffen sind. Nach
heutigem Kenntnisstand ist aufgrund von Sukzessionsbeobachtungen in Schutzgebieten bzw. auf
Brachflächen jedoch davon auszugehen, daß der größte Teil des Areals von Natur aus bewaldet
wäre, auf den extremeren Standorten zumindest in Form von Buschwäldern. Der Anteil waldfreier
Wiesensteppen würde zur Kontaktzone mit echten Steppen hin zunehmen.
Das Areal der subkontinentalen Waldsteppen erstreckt sich als mehr oder weniger zusammenhän-
gendes, 200-350 km breites Band vom Ostfuß der Karpaten (Moldau, Wolynisch-Podolische Platte)
über gut 2 000 km bis an den Westabfall des Südlichen Ural (vgl. Karte 16, Formation L). Es setzt
sich hinter dem Ural in Südsibirien bis zum Altai-Gebirge fort (vgl. Abb. 12). Inselartig aufgelöst
dehnt es sich im Westen in den Bereich der Unteren Donau, in das Pannonische Becken und – als
südlicher isolierter Vorposten – bis nach Thrakien aus, wo semiaride, submeridional-subkontinenta-
le Klimabedingungen herrschen. Nordwestliche isolierte Vorposten liegen auf den Ostseeinseln
Öland und Gotland. Weitere bandförmige Vorkommen ziehen sich am Nordabfall des Krimgebirges
und am Nordfuß des Großen Kaukasus hin (vgl. Karte 16 und Übersichtskarte 1 : 10 Mio.).

382
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation L

Kleinflächige Wiesensteppen und steppenartige Trockenrasen – teils primärer, teils anthropogener


Natur – finden sich vielerorts auf trocken-warmen Sonderstandorten auch in Mitteleuropa, so in den
Westkarpaten, Böhmen und Mähren, Ost- und Süddeutschland oder den Trockengebieten der
Zentralalpen (z. B. Wallis), sind jedoch in der Karte nicht gesondert dargestellt.

Bestandesstruktur und Physiognomie; floristische Zusammensetzung


Im Idealzustand setzt sich die Waldsteppe aus einem unregelmäßigen Mosaik von sommergrünen
Laubwäldern, Gebüschen und mehr oder weniger gehölzfreien Wiesensteppen bzw. Trockenrasen
zusammen. Die Ausformung dieses Vegetationsmosaiks hängt sehr stark vom Großklima, vom
Relief und von den Bodenbedingungen ab.
Wälder bilden einen wesentlichen Bestandteil der Waldsteppenlandschaft: Die europäische Wald-
steppe ist durch maßgebliche Beteiligung von sommergrünen Laubwäldern gekennzeichnet. Diese
werden vor allem von Eichenarten (Quercus robur in der osteuropäischen Waldsteppe, Q. pubes-
cens, Q. robur, Q. petraea, Q. pedunculiflora und selten auch Q. cerris in den submediterranen
Waldsteppen Ungarns, Rumäniens, Moldawiens, Bulgariens und der Türkei) beherrscht. In der
ersten und zweiten Baumschicht dieser Wälder kommen – je nach Region – weitere Laubbäume als
Mischbaumarten vor: Acer-, Fraxinus-, Carpinus- sowie Tilia-Arten. Tilia cordata, eine gegen Frost
und Dürre sehr widerstandsfähige Art, dringt von allen nemoralen Laubbäumen am weitesten nach
Osten vor (bis in die Vorgebirge des Kuznetzkij Alatau).
In der westsibirischen Waldsteppe herrschen in den Laubwäldern kleinblättrige Arten vor (Betula pendula, B. pubescens,
Populus tremula). Waldsteppen des westsibirischen Typs mit Birken- und Pappelwäldern sind auch im europäischen Rußland
in den ausgedehnten Beckenlandschaften im westlichen Ural-Vorland verbreitet (Kungurskaja, Krasnoufimskaja, Mjasogut-
ovskaja). In diesen Steppen sind auch asiatische Florenelemente ziemlich häufig vertreten (GOR„AKOVSKIJ 1961). In
Zentralsibirien und in der Nordmongolei herrschen in den Waldsteppenwäldern dagegen Nadelbaumarten vor (Pinus
sylvestris, Larix sibirica, L. gmelinii).

In den europäischen Laubwäldern dominieren nemorale, Trockenheit ertragende Gehölz- und Kraut-
arten. Teilweise sind thermophile submediterrane und/oder pontisch-pannonische Florenelemente
beteiligt.
Für die Waldsteppenzone wie auch für die südlich anschließende Steppenzone sind örtliche Vor-
kommen von Strauchformationen und Gebüschen typisch. Diese sind meist an Waldränder, steile
Hänge, Schluchten und Geländeeintiefungen gebunden. Typische, niedrigwüchsige Steppensträu-
cher sind Arten der Gattungen Spiraea, Caragana, Calophaca und Chamaecytisus. Sie wachsen oft
auf steinig-felsigen Standorten, wo sie vor der Wurzelkonkurrenz der Gräser geschützt sind. Meso-
philere Sträucher der Gattungen Rosa, Pyrus, Malus, Prunus, Euonymus und Cotoneaster finden
sich eher im Unterwuchs lichter Wälder, in Buschwäldern und Strauchdickichten.
Die Wiesensteppenvegetation als wesentlicher Bestandteil der Waldsteppe variiert in den verschie-
denen Gebieten und Kartierungseinheiten im Hinblick auf Struktur und Artengarnitur. Sie unter-
scheidet sich jedoch deutlich von den weiter südlich anschließenden echten Horstgrassteppen
(Formation M) durch dichteren und relativ hohen Wuchs (100-120 cm), größeren Artenreichtum (bis
80 Arten pro m²), hohen Anteil an Kräutern (meist Stauden), weniger Horstgräser, Vielschichtigkeit

383
Formation L Karte der natürlichen Vegetation Europas

(bis zu 7 Schichten mit gleitenden Übergängen) und zahlreiche Blühphasen (5-8(-11)) in der
Vegetationsperiode zwischen April und Ende September, die keine ausgeprägte sommerliche
Ruheperiode aufweist: beginnend mit dem Vorfrühlings- und Erstfrühlingsaspekt mit Pulsatilla
patens und Adonis vernalis, über den Sommeraspekt mit Salvia pratensis, S. nutans, Stipa- und
Bromus-Arten, Chrysanthemum leucanthemum, Trifolium montanum, Filipendula vulgaris, Campa-
nula sibirica, C. persicifolia, Galium verum und Onobrychis arenaria bis zum Herbstaspekt mit
Veratrum nigrum (vgl. WALTER & BRECKLE 1994: 193 f.).
Die Wiesensteppen zählen zu den artenreichsten Pflanzengesellschaften überhaupt: In den Schutz-
gebieten des Zentralen Chernozem-Biosphärenreservats bei Kursk (L5) wurden auf 5311 Hektar
1150 Gefäßpflanzenarten, 110 Moosarten, 40 Flechtenarten, 165 Arten Großpilze und 607 Arten
Kleinpilze nachgewiesen. Die Artenzahl an Gefäßpflanzen beträgt hier pro Quadratmeter bis zu 80,
auf 100 m² großen Probeflächen ca. 120 (MALESHIN 1995 (Mskr.), WALTER & BRECKLE 1994).
Zahlenmäßig überwiegen die Kräuter, von denen folgende Arten höhere Deckungsanteile (2 bzw. 3)
erreichen: Filipendula vulgaris, Trifolium montanum, Onobrychis arenaria, Rhinanthus alectorolo-
phus, Hypochaeris maculata, Bunias orientalis, Tragopogon pratensis subsp. orientalis, Viola
rupestris. Unter den Gräsern und Seggen herrschen folgende Arten vor: Bromus riparius, Festuca
rupicola, Carex humilis, C. praecox, Poa angustifolia, Stipa pennata.
Struktur und Zusammensetzung der Gehölz- und Grünlandformationen ändern sich mit den großkli-
matischen und edaphischen Gegebenheiten innerhalb der Waldsteppenzone von Nord nach Süd und
von West nach Ost. Insofern wurde eine Zweigliederung in subkontinentale, östlich verbreitete
Waldsteppen (L.1) und in submediterran-subkontinentale, südöstlich verbreitete Waldsteppen (L.2)
vorgenommen. Vegetationsgeschichtliche Untersuchungen in Ungarn (Alföld) haben ergeben, daß
die kontinentalen und die submediterranen Waldsteppen zu verschiedenen Zeitpunkten entstanden
sind und ihre Flora auf unterschiedlichen Wegen eingewandert ist. Die Elemente der kontinentalen
Waldsteppen sind schon sehr früh im Postglazial (Kiefern-Birkenzeit) aus der sarmatischen und
pontischen Provinz eingewandert; die submediterranen Waldsteppen mit ihren submeridionalen
Florenelementen haben sich dagegen erst in der Eichen-Mischwaldzeit (Atlantikum) entwickelt.
Deren Arten sind in erster Linie über das Donautal von Südosten eingewandert (ZÓLYOMI 1953,
JÁRAI-KOMLÓDI 1968).

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Die Formation der Waldsteppen stellt einen Vegetationskomplex verschiedener Pflanzengesell-
schaften dar, der jeweils
– trockenheitsresistente bzw. xerotherme sommergrüne Laubwälder,
– meso-xerophytische bzw. xerotherme Gebüsche sowie
– Wiesen- und Federgrassteppen bzw. Trockenrasen umfaßt.

Die Untergruppe L.2 unterscheidet sich dabei von L.1 durch deutlich höheren Anteil an thermophi-
len bis xerothermen (submediterranen) Pflanzen-Arten und -Gesellschaften.

384
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation L

Nachfolgend werden die wichtigsten höherrangigen Syntaxa der beiden Gruppen aufgelistet, soweit
es der heutige Kenntnisstand erlaubt. Wir richten uns dabei im wesentlichen nach RODWELL et al.
(2001), BORHIDI (1996) sowie HORVAT et al. (1974), die allerdings in der syntaxonomischen
Auffassung – zumal was die Zuordnung zu Klassen und Ordnungen betrifft – verschiedentlich
voneinander abweichen. Bei RODWELL et al. (2001) werden mesophile Laubwälder (Querco-
Fagetea), thermophile Eichenwälder (Quercetea pubescentis) und Gebüsche (Rhamno-Prunetea) als
eigene Klassen geführt.
Die eher mesophytischen Stieleichen(misch)wälder der subkontinentalen Waldsteppen (L.1)
gehören innerhalb der Fagetalia sylvaticae zu den Verbänden
– Carpinion betuli Issler 1931 (Kartierungseinheiten L1, L2, L3 p.p.) und
– Querco roboris-Tilion cordate Solomeshch et Laivins in Solomeshch et al. 1993 (L4-L6).
Die stärker xerothermen Eichenmischwälder der submediterran-subkontinentalen Waldsteppen
mit Quercus robur, Q. pubescens, Q. pedunculiflora und Acer tataricum werden innerhalb der
Quercetalia pubescenti-petraeae Klika 1933 zum Verband
– Aceri tatarici-Quercion Zólyomi & Jakucs 1957 gestellt (L9-L14).
Die Flaumeichen-Steppenwälder von Thrakien (L15) und der Krim (L16) gehören zumindest in
dieselbe Ordnung.
Die meso-xerophytischen und xerothermen Gebüschgesellschaften innerhalb des Waldsteppen-
Komplexes werden überwiegend der Ordnung Prunetalia spinosae Tüxen 1952 zugeordnet. Die
kontinentalen Gebüsche der Steppenzone der Ukraine und Südrußlands gehören zum Verband
– Amygdalion nanae Golub in Iljina et al. 1991,
die thermophilen und xerothermen der submediterran-subkontinentalen Waldsteppen zu den
Verbänden
– Berberidion vulgaris Br.-Bl. 1950 bzw. Prunion fruticosae Tüxen 1952 und
– Pruno tenellae-Syringion Jovanovic 1979.
Die submediterranen Waldmäntel und Gebüsche mit Fraxinus ornus, Cotinus coggygria, Carpinus
orientalis und Paliurus spina-christi werden der Ordnung Orno-Cotinetalia Jakucs 1961 innerhalb
der Quercetea pubescentis zugeordnet (z. B. L15).
Die syntaxonomische Einordnung der Wiesensteppen-, Federgrassteppen- und Trockenrasen-
Gesellschaften fällt dagegen erheblich schwerer, da es sich um eine Vielzahl von Gesellschaften auf
sehr unterschiedlichen Standorten handelt, die sich auch innerhalb der beiden Gruppen von Kartie-
rungseinheiten überschneiden und nicht klar voneinander zu trennen sind.
Die Wiesensteppen-Gesellschaften der Gruppe L.1 werden von RODWELL et al. (2001) einerseits zur
Ordnung Galietalia veri Mirkin et Naumova 1986 mit den Verbänden
– Agrostion vinealis Sipailova et al. 1985
– Artemision ponticae Golub et Savelyeva in Golub 1995
– Trifolion montani Naumova 1986

385
Formation L Karte der natürlichen Vegetation Europas

in die Klasse Molino-Arrhenatheretea Tüxen 1937 gestellt, andererseits gehören die echten Feder-
grassteppen und Trockenrasen zur Klasse Festuca-Brometea Br.-Bl. et Tüxen 1943, und hier zu
verschiedenen Ordnungen:
1) Festucetalia valesiacae Br.-Bl. et Tüxen 1943 mit den Verbänden
– Danthonio-Stipion tirsae Soó 1947 corr. 1971 – (L2-L8)
– Stipion lessingianae Soó 1947 – (L16, L17)
– Festucion valesiacae Klika 1931 – (L3-L6)
– Cirsio-Brachypodion Hadac et Klika 1944
– Ceratocarpo-Euphorbion stepposae Mititelu 1970
– Agropyrion pectinati Golub et Uzhametskaja 1991
– Helianthemo-Globularion Br.-Bl. 1963 – (L1).
2) Die Sandsteppen und Sandtrockenrasen der Gruppe L.2 (L11, L12, L14) gehören zur Ordnung
Festucetalia vaginatae Soó 1957 mit den Verbänden
– Festucion vaginatae Soó 1938 und
– Festucion beckeri Vicherek 1972.
3) Die Fels- und Gebirgssteppen der Krim (L16, L17) zur Ordnung Bromopsietalia cappadocicae
Diduch in Saitov et Mirkin 1991 mit den Verbänden
– Adonido vernalis-Stipion tirsae Diduch 1983 und
– Carici humilis-Androsacion tauricae Diduch 1983.

Makroklimatische Gegebenheiten
Das Waldsteppenklima nimmt eine Übergangsstellung zwischen dem gemäßigten Klima (Zone VI
nach WALTER et al. 1975) und dem semiariden Steppenklima der kontinentalen Gebiete (Zone VII)
bzw. dem Mediterranklima (Zone IV) auf der Balkanhalbinsel und der Südkrim ein. Entsprechend
liegen die Jahresniederschläge im gesamten Verbreitungsgebiet relativ niedrig: in der Regel zwi-
schen 400 und 600 mm, mit nach Süden und Osten abnehmender Tendenz (Minimum bei 300 bis
350 mm im submediterran-subkontinentalen Bereich). In höheren Lagen der Gebirge steigen die
Werte dagegen bis auf 700 (Nordkaukasus) bzw. 1050 mm (Kammlagen des Krimgebirges). Die
Jahresmittel der Temperatur schwanken bei den subkontinentalen Waldsteppen zwischen 6 °C (im
Norden) und 12 °C (im Nordkaukasus), bei den submediterran-subkontinentalen Waldsteppen
zwischen 9 und 12 °C, mit einem Maximum von 13 °C im thrazischen Waldsteppengebiet. Die
sommerlichen Temperaturmittel weisen eine weitere Amplitude auf: Sie liegen bei 16-18 °C im
Nordwesten (Ostseeinseln) und 20-24 °C im Südosten (Nordkaukasus) und sind bei den submediter-
ranen Waldsteppen mit 20-23 °C im Schnitt etwas höher. Die Januarmittel haben eine sehr weite
Amplitude zwischen 0 bis -2 °C (bzw. +2,8 °C im thrazischen Waldsteppengebiet) und -14 bis
-16 °C in den kontinentalsten Waldsteppengebieten Osteuropas (L6). Die Werte von L17 in den
exponierten Kammlagen des Krimgebirges fallen insgesamt aus dem Rahmen: die Jahresmittel-
temperaturen und die Julimitteltemperaturen liegen insgesamt niedriger (bei 5,5 bis 7 bzw. 15,5 bis
16,5 °C).

386
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation L

Die mosaikartige Anordnung der Vegetation in der Waldsteppenzone ist Folge des semiariden Über-
gangsklimas mit einer zumindest zweimonatigen Trockenperiode im Spätsommer bis Frühherbst:
Die Niederschläge und die Bodenfeuchtigkeit in der Vegetationszeit reichen auf Böden mit gün-
stigem Wasserhaushalt eben noch aus, um Baumwachstum und die Ausbildung von kleineren oder
größeren Waldbeständen zu ermöglichen, sie genügen jedoch nicht, um großflächig geschlossene
Wälder entstehen zu lassen. Infolge dessen haben sich auf den Standorten mit ungünstigerem
Wasserhaushalt bzw. auf orographischen Sonderstandorten ausgedehnte Wiesensteppen entwickelt.
Der Nachweis eines semiariden Waldsteppenklimas läßt sich mit Hilfe der Klimadiagramme von
WALTER & LIETH (1967) sehr anschaulich erbringen. In Abbildung 13 haben wir die Klimadiagram-
me dreier von West nach Ost angeordneter Stationen zusammengestellt. Sie machen deutlich, daß
das Niederschlagsmaximum im Frühsommer liegt und daß es in der Waldsteppenzone zwar eine
sommerliche Trockenzeit, aber im langjährigen Mittel keine Dürreperiode (wie in der Steppenzone)
gibt. Bei Betrachtung der einzelnen Jahre zeigt sich, daß humide Jahre überwiegen; Jahre mit
semiaridem oder gar aridem Klimacharakter sind zwar relativ selten, sie stellen aber den limitieren-
den Faktor für die Existenz von Laubwäldern dar. Zur Berechnung der effektiven Trockenheit des
Klimas in einzelnen Gebieten und Unterzonen wurde von BORHIDI (1961) ein „Xerotherm-Index“
für die Ermittlung der semiariden Monate entwickelt.

Standortbedingungen
Das Relief in der Waldsteppenzone ist vielgestaltig und reicht von Tiefebenen (Pannonisches
Becken, Untere Donauebene, Dnjepr- und Oka-Don-Niederung, Kuban-Niederung) über Becken-
landschaften (Inner-Thrakien, Ural-Vorland) bis zu Hügel- und zertalten Plateaulandschaften (Woly-
nisch-Podolische Platte, Mittelrussische Platte, Transwolga-Hügelland, Vorberge des Großen
Kaukasus). Entsprechend variieren die Höhenlagen von 0 bis 300 und 400 m ü. NN im Hügelland
bis zu den höchsten Vorkommen am Nord- und Ostabfall des Kaukasus bei 1400 (bis 1800) m.
Ausgangsgesteine für die Bodenbildung sind vorwiegend Lößdecken, die während des Pleistozäns
bis zu 50 m mächtig abgelagert wurden; örtlich kommen auch Flug- und Schwemmsande sowie
Terrassenkiese vor, oder es stehen Kalk- bzw. Silikatgesteine an.
Vorherrschende Bodentypen sind mächtige bis mittelmächtige Typische Schwarzerden (vorwiegend
im Bereich der Wiesensteppen) mit hohem Humusgehalt (8-12 %) und einem bis 1 m (im Kaukasus-
vorland bis 1,8 m) mächtigen Humushorizont. Weniger häufig kommen degradierte Schwarzerden
sowie Hell- bis Dunkelgraue Waldböden – namentlich unter Laubwäldern und Gebüschen – vor. Der
Humushorizont ist hier 50-80 (bis 120) cm mächtig und hat einen Humusgehalt von 5-10 %. In
abflußlosen Senken gibt es örtlich auch Niedermoorböden und solonzierte (salzhaltige) Böden mit
entsprechender azonaler Vegetation.
Wie bereits weiter oben erwähnt, sind für die Differenzierung in Wald- und Wiesensteppen-Stand-
orte der Wasserhaushalt und die Struktur der Böden von entscheidender Bedeutung. Der pflanzen-
verfügbare Wasservorrat ist insbesondere in den trockenen Sommermonaten begrenzender Faktor
für die Entwicklung alter Waldbestände. Der Baumbestand verbraucht in Dürrejahren während der

387
Formation L Karte der natürlichen Vegetation Europas

Vegetationszeit restlos alles im Boden gespeicherte und verfügbare Wasser, weshalb alte Waldbe-
stände an der Trockengrenze des Waldes oft lichter sind und weniger Unterwuchs aufweisen. Ferner
verhindert die Wurzelkonkurrenz die Verjüngung der Bäume. Junge Waldbestände und Gebüsche
benötigen dagegen geringere Wasserreserven.

Erhaltungszustand, Landnutzung, Ersatzgesellschaften; Naturschutz


Die heutige Steppenvegetation ist aus periglaziären Steppen hervorgegangen und hat sich – ebenso
wie die Bodenprofile – ständig an Klimaänderungen angepaßt (WALTER & BRECKLE 1994: 182). In
niederschlagsreicheren Perioden haben sich im Gebiet nemorale Laubwälder ausgebreitet. Das Ge-
biet der Waldsteppen ist wegen seiner tiefgründigen, fruchtbaren Schwarzerdeböden und der halb-
offenen Landschaft aber auch seit Jahrtausenden bevorzugtes Siedlungsgebiet des Menschen.
Zunächst wurde es – in der Nachfolge wildlebender Steppentiere wie Wildpferd, Saiga-Antilope
u. a. – vorwiegend beweidet, später dann – vor allem im 19. Jahrhundert bis in die jetzige Zeit – fast
vollständig in Ackerland umgewandelt. Das Schwarzerdegebiet der Ukraine galt lange als „Korn-
kammer Europas“. Reste bodenständiger Wälder und ursprünglicher Wiesensteppen blieben vor
allem an Steilhängen, in Schluchten und Tälern sowie auf sehr flachgründigen bis felsigen Stand-
orten erhalten. Repräsentatives Beispiel hierfür ist das staatliche Zentrale Chernozem-Biosphärenre-
servat im Gebiet der Mittelrussischen Platte südlich von Kursk.
Es wurde 1935 eingerichtet und ist eines der ältesten Naturschutzgebiete Rußlands. Es dient vor allem der Erhaltung
ursprünglicher Wiesensteppen (im Verein mit natürlichen Laubwäldern und Gebüschen) und der Erforschung ihrer
Vegetation, Fauna, Ökologie, Dynamik sowie geeigneter Managementmaßnahmen zur Erhaltung und Wiederherstellung
typischer Waldsteppenökosysteme. Derzeit umfaßt es 8 Teilgebiete mit einer Gesamtfläche von 5311 ha (MALESHIN 1995
Mskr.). In diesem Gebiet werden heute ca. 85 % des Territoriums ackerbaulich genutzt, und nur noch 7 % sind von Wäldern
bedeckt. Von der Waldfläche im Biosphärenreservat sind 71 % mehr oder weniger naturnahe Eichenwälder und 20 %
Aufforstungen. Sie bedecken Nordhänge, Bergkuppen und Schluchthänge. Ihr Durchschnittsalter liegt zwischen 55 und
75 Jahren. Auf Sukzessionsflächen findet eine natürliche Wiederbewaldung mit Tilia cordata, Acer platanoides, A. campe-
stre, Fraxinus excelsior, Ulmus glabra, Prunus avium und Corylus avellana statt.

Was die Natürlichkeit und Erhaltung bzw. Wiederherstellung von Wiesensteppen betrifft, kommt
man aufgrund langjähriger Untersuchungen und Beobachtungen zu folgenden Schlüssen: Die Wie-
sensteppen wurden früher großenteils als Weiden und Mähwiesen genutzt, was den Graswuchs und
die Artenvielfalt deutlich begünstigt hat. Aufgelassene Wiesensteppen verarmen und degenerieren,
bilden eine dichte Streuschicht (Steppenfilz) und fördern die Ausbreitung hochwüchsiger Kräuter,
vor allem von Disteln. Die Streuschicht wirkt außerdem als „Mulch“ und setzt die Verdunstung des
Bodenwassers herab, hält somit die oberen Bodenschichten feuchter und begünstigt das Aufkommen
von Gehölzkeimlingen. Eine Folge des Brachfallens ist somit die Gehölzausbreitung und Verbu-
schung der Wiesensteppenareale. Dies deutet darauf hin, daß etliche der heutigen Steppengebiete
anthropogener Natur sein dürften und unter den derzeitigen Klimabedingungen waldfähig wären.
Zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung der typischen gras- und artenreichen Wiesensteppenvegetati-
on ist folglich eine extensive Beweidung oder regelmäßige Mahd mit Abfuhr des Mähgutes erfor-
derlich. Nach neueren Erkenntnissen genügt eine Mahd in drei- oder vierjährigem Turnus. Man
nimmt an, daß vor einer intensiveren Einflußnahme des Menschen und seiner Weidetiere natürliche,

388
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation L

durch Blitzschlag ausgelöste Feuer und die Beweidung durch Großwildherden (Wildpferd, Saiga)
und Steppennagetiere (Ziesel, Steppenlemming, Steppenmurmeltier, Hamster) den Graswuchs ge-
fördert und die Streubildung gehemmt haben. Eine Regeneration der Wiesensteppenvegetation nach
Ackernutzung scheint unter bestimmten Voraussetzungen (bei Erhaltung des Humushorizontes und
Vorhandensein von Steppenvegetation in der Umgebung) in längeren Zeiträumen (30-50 Jahre)
ebenfalls möglich (vgl. WALTER 1974: 190f.).

Gliederung in Untereinheiten
Struktur und Zusammensetzung der Gehölz- und Grünlandformationen ändern sich mit den großklima-
tischen und edaphischen Gegebenheiten innerhalb der Waldsteppenzone von Nord nach Süd und von
West nach Ost. Insofern wurde eine Zweigliederung in subkontinentale, östlich verbreitete Wald-
steppen (L.1) und in submediterran-subkontinentale, südöstlich verbreitete Waldsteppen (L.2) vor-
genommen. Die Kartierungseinheiten sind ferner nach Höhenstufen und geographisch differenziert.
Die subkontinentalen Waldsteppen erstrecken sich östlich der Karpaten und des Dnjestr (Nistru), die
submediterranen kommen entlang der Unteren Donau, in der Dobrudscha, im Pannonischen Becken,
in Thrakien und auf der Halbinsel Krim vor.
In beiden Unterzonen können folgende Typen von Waldsteppen unterschieden werden:

a) Hang-Waldsteppen in Mittelgebirgen und im Hügelland auf Karbonatgesteinen (Dolomit, Kreide,


Kalkstein)
b) zonale Löß-Plakor-Waldsteppen (in mehr oder weniger ebener Lage)
c) Sand-Waldsteppen
d) Niederungs- und Alkali-Waldsteppen

Tab. 18: Unterscheidungsmerkmale der beiden Untergruppen der Waldsteppen (BORHIDI 1961).

L.1 Subkontinentale Waldsteppen L.2 Submediterran-subkontinentale Waldsteppen

Klima Jahresmittel der Temperatur unter 10 /C Jahresmittel der Temperatur über 10 /C

Niederschlagsmaximum im Juni Niederschlagsmaxima im Juni/Oktober bzw. Mai/Oktober

2 Trockenperioden: Frühjahr, 3-4 Monate anhaltende Trockenperiode im Hochsommer


Spätsommer bis Herbst

Vegeta- „mesophile“ Laubwälder, Eichentrockenwälder, Niedergrassteppen (Kraut-Gras-


tionsmo- Wiesensteppen, auf Sandböden auch Steppen), seltener Wiesensteppen, auf Sandböden
saik Kiefernwälder Laubwälder

Pflanzen- Wiesensteppengesellschaften der Galie- Trockenrasen- und Steppengesellschaften der Festuco-


gesell- talia veri und Federgrassteppen der Fes- Brometea; xerotherme Laub- und Buschwaldgesellschaf-
schaften tucetalia valesiacae; Laubwaldgesell- ten des Aceri tatarico-Quercion und der Orno-Cotinetalia;
schaften der Fagetalia sylvaticae, im Eichenmischwälder aus Quercus robur, Q. pubescens,
Westen Tilio-Carpinion; im Osten Ei- im östlichen Balkan auch Q. cerris, Q. frainetto, Q. pe-
chen(misch)wälder aus Quercus robur, dunculiflora, ferner Carpinus orientalis, Cotinus coggyg-
z. T. mit Tilia cordata, Acer campestre ria sowie Trockengebüsche
(Querco roboris-Tilion cordatae)

Entste- Kiefern-Birkenzeit, Haselzeit (Boreal) Eichen-Mischwaldzeit (Atlantikum)


hungszeit

389
Formation L Karte der natürlichen Vegetation Europas

L.1 Subkontinentale Wiesensteppen und steppenartige Trockenrasen (Festuca rupicola,


F. valesiaca, Stipa tirsa, S. pennata, Poa angustifolia, Agrostis vinealis) im Wechsel mit
Stieleichenwäldern (Quercus robur)
Die Waldsteppen-Landschaft ist in der osteuropäischen und westsibirischen Waldsteppen-Provinz
am typischsten entwickelt (LAVRENKO et al. 1991). Die Struktur der Pflanzendecke entspricht hier
der klassischen Vorstellung über die Waldsteppe: Im Hügelland wechseln Wälder mit baumfreien
Wiesensteppen ab. Im südlichen Teil der Waldsteppenzone ziehen sich die Wälder auf feuchtere
Standorte zurück: Schluchten, flußnahe Steilhänge, Flußterrassen, Auen. Ehemals war das Gebiet
der Waldsteppen zum großen Teil von Laubwäldern (auf 50 % oder mehr der Gesamtfläche)
bedeckt.
Wiesensteppen stellen den am stärksten mesophilen Typ der Steppenvegetation dar. Am Bestandes-
aufbau sind xerophytische Horstgräser (Stipa, Festuca) sowie mesoxerophytische Rhizom- und
Lockerhorstgräser (Poa, Agropyron, Agrostis, Calamagrostis, Bromus) sowie Seggen (Carex) nur
mäßig beteiligt; mesophile Kräuter (Ranunculus, Filipendula, Salvia, Centaurea, Trifolium u. a.)
sind dagegen relativ häufig. Wiesensteppen sind durch eine sehr reiche Artenausstattung gekenn-
zeichnet (die Artenzahl pro 1 m² übersteigt manchmal 70, die Artenzahl pro 100 m² 120). Ferner ist
ein ziemlich hochwüchsiger Grasbestand von 80 cm und mehr charakteristisch. Die Vegetations-
periode erstreckt sich von der ersten April-Hälfte bis Ende September mit wechselnden Blühaspek-
ten während der gesamten Periode (Kontinuum des Blühens). Dadurch unterscheiden sich die
Wiesensteppen deutlich von den echten Steppen, für die eine Ruheperiode während der trockenen
Sommermonate typisch ist.
Die Wiesensteppengesellschaften sind mehrschichtig. Die vertikale Struktur des Bestandes ändert
sich im Laufe der Vegetationsperiode und differenziert sich durch eine höhere Anzahl von Unter-
schichten vom Frühling bis zum Sommer weiter aus. Die Hauptmasse des Grasbestandes ist in der
unteren Schicht bis 25 (40) cm konzentriert. Oft ist eine Moosschicht (Thuidium abietinum, Tortula
ruralis) gut entwickelt. In bestimmten Ausbildungen findet man auch Sträucher (Spiraea, Caragana,
Calophaca, Chamaecytisus u. a.), die mit 1 m Wuchshöhe den Grasbestand meist nur wenig
überragen.
Die meisten Pflanzen in der Wiesensteppe bilden im Oberboden einen dichten Wurzelfilz. An der
Bodenoberfläche finden sich Moose und eine Schicht abgestorbenen Pflanzenmaterials. Diese
Auflageschicht sowie der dichte Wurzelfilz charakterisieren die Wiesensteppen gegenüber den
echten Steppen, wo der Boden in der Regel nicht völlig bedeckt ist.
Stipa pennata ist das häufigste Federgras der osteuropäischen Waldsteppen. Typisch sind auch Stipa
tirsa (westsibirisch-europäische Art), seltener Stipa dasyphylla und S. pulcherrima. Diese Arten
gehören zur Sektion Stipa, die für das pontisch-kasachische Gebiet typisch ist (LAVRENKO 1970). In
wechselnder Menge sind ferner Stipa capillata und Festuca valesiaca beigemischt. Letztere Art
dominiert in einigen Ausbildungen der Wiesensteppe. Als Dominante kann ferner Carex humilis
auftreten (vorwiegend europäische Art mit Areal-Disjunktion im Ostteil der kasachischen Ebene und
im Altaigebirge). Charakteristische Lockerhorstgräser sind Phleum phleoides, Helictotrichon

390
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation L

schellianum, unter den Rhizomgräsern Poa angustifolia, Bromus inermis, B. riparius, Calamagrostis
epigejos, Agrostis vinealis u. a.
In den Wiesensteppen spielen Kräuter eine wichtige Rolle: Zu den mesophytischen zählen Galium
verum, Knautia arvensis, Ranunculus polyanthemos, Hypochaeris maculata, zu den Xeromesophy-
ten Anemone sylvestris, Fragaria viridis, Filipendula vulgaris, Trifolium alpeste, T. montanum,
Salvia pratensis, und zu den stärker xerophilen Arten Adonis vernalis, Salvia stepposa, Phlomis
tuberosa, Veronica dentata, Pedicularis kauffmannii, Potentilla humifusa. Weitere typische Wie-
sensteppenarten sind Anthericum ramosum (nach Osten bis etwas östlich des Don verbreitet),
Anthyllis macrocephala (nach Osten bis in die Oka-Don-Niederung vordringend), Galium tinctori-
um, Echium russicum, Iris aphylla, Linum flavum, Scabiosa ochroleuca, Scorzonera purpurea u. a.
Echte Steppenxerophyten wie Paeonia tenuifolia und Salvia nutans haben ihre Hauptverbreitung in
den südlichen Wiesensteppen, wo auch typische „Steppenläufer“ (z. B. Crambe tataria) vor-
kommen. Annuelle und Geophyten sind im Vergleich zu den echten Steppen eher selten. Erstere
sind durch Androsace septentrionalis, letztere durch Gagea erubescens, Hyacinthella leucophaea
und Bulbocodium versicolor vertreten.
Steppenartige Wiesen unterscheiden sich von den Wiesensteppen durch mesophileren Charakter,
durch das Vorherrschen von Rhizomgräsern (Agrostis vinealis, Helictotrichon pubescens, Koeleria
delavignei, Festuca rubra, Poa angustifolia, Calamagrostis epigejos, Bromus inermis) und von
Locker-Horstgräsern (Anthoxanthum odoratum, Phleum phleoides, Helictotrichon schellianum).
Charakteristisch ist die Beimischung von Steppengräsern, vor allem Stipa pennata, S. tirsa, Festuca
valesiaca, Koeleria macrantha und einigen typischen Steppenkräutern (Potentilla humifusa u. a.).
Die Vegetation der subkontinentalen Waldsteppen weist eine deutliche Differenzierung von West
nach Ost und von Nord nach Süd auf. Die von Westen nach Osten zunehmende Kontinentalität
äußert sich in einem Wechsel der Dominanten, der zunehmenden Rolle „östlicher“ (westsibirischer,
westsibirisch-nordkasachischer und westsibirisch-kasachisch-mongolischer) Arten und im Rückgang
typischer europäischer, pannonischer, pontischer und anderer „westlicher“ Arten. Dieser Wandel in
der Artenzusammensetzung vollzieht sich nicht nur bei den Wiesensteppen, sondern auch bei der
Waldvegetation. Die Zahl der am Bestandesaufbau beteiligten Laubbaumarten nimmt ab, und die
vertikale Struktur der Baum- und Strauchschicht vereinfacht sich. Auch die Artengarnitur der
Krautschicht verändert sich durch die Abnahme mitteleuropäischer und submediterraner Arten und
das Auftreten südsibirischer und uralischer Waldarten (vgl. Formation F.4).
Die osteuropäische Waldsteppen-Provinz wird von West nach Ost unterteilt in die Mitteldnjepr-, die
Mittelrussische und die Transkamisch-Transwolgische Subprovinz (LAVRENKO 1970, LAVRENKO et
al. 1991, vgl. Abb. 12). Sie werden durch die Kartierungseinheiten L2, L3, L5 und L6 repräsentiert.
Die erste Subprovinz reicht von der Moldau bis zur Ostgrenze der Ukraine und umfaßt zwei
Kartierungseinheiten (L2, L3). Für die Eichenwälder dieser Subprovinz ist eine starke Beimischung
der mitteleuropäischen Hainbuche (Carpinus betulus) – ganz im Westen (bei L2) auch von Trau-
beneiche (Quercus petraea) – kennzeichnend, ferner ein hoher Anteil an anderen „westlichen“
Baum-, Strauch- und Krautarten. Die dortigen Wiesensteppen sind durch eine Vielzahl europäischer

391
Formation L Karte der natürlichen Vegetation Europas

Arten charakterisiert. Die wolynisch-podolischen Wiesensteppen (L2) werden deshalb von den
ukrainischen Botanikern dem mitteleuropäischen Typ zugerechnet.
Die Mittelrussische Subprovinz (L5) erstreckt sich vom Don-Einzugsgebiet bis zur Wolga. In ihren
Eichenwäldern fehlt Carpinus betulus, jedoch kommt Fraxinus excelsior noch als Mischbaumart
vor. In den Wiesensteppen herrschen pannonische und osteuropäische Arten vor, und es sind viele
„östliche“, besonders westsibirische und westsibirisch-nordkasachische Arten vertreten (Artemisia
latifolia, A. sericea u. a.). Spezifisch für die Region sind die petrophytischen Wiesensteppen auf
Kalkstein im Einzugsgebiet des oberen Don, in denen südsibirische Arten (Carex pediformis,
Bupleurum multinerve, Dendranthema zawadskii) in Verbindung mit mitteleuropäischen Floren-
elementen (Daphne cneorum) sowie der Endemit Androsace koso-poljanskii vorkommen.
Die Einheit L4 gliedert sich in zwei isolierte Teilareale innerhalb der beiden vorgenannten Sub-
provinzen und ist auf die Flußniederungen des Dnjepr und Oka-Don-Gebietes beschränkt. Für sie
sind Vegetationskomplexe aus Wiesensteppen und unterschiedlich stark salzbeeinflußter Vegetation
– örtlich mit Seggensümpfen, Röhrichten, Naß- und Auenwäldern – charakteristisch.
In der Transkamisch-Transwolgischen Subprovinz (L6) werden der Anteil und die Häufigkeit mittel-
europäischer Florenelemente noch geringer: In den Wäldern fehlen Acer campestre, Ulmus minor
und Fraxinus excelsior. Die Rolle von Tilia cordata, die in vielen voruralischen und uralischen
Wäldern vorherrscht, nimmt dagegen zu. Auch in den Wiesensteppen treten „westliche“ Elemente
zurück. Wiesensteppenarten wie Salvia pratensis oder Aster linosyris kommen nur noch vereinzelt
vor, und etliche im Westen häufige Arten (Anthyllis macrocephala, Anthericum ramosum u. a.)
fehlen ganz. Dagegen steigen Zahl und Bedeutung „östlicher“ Elemente: in den petrophytischen
Steppen auf Karbonatböden ist die transwolgisch-kasachische Art Stipa korshinskyi häufig. Auch die
phytozönotische Rolle von Helictotrichon desertorum, das für die petrophytischen Steppen auf
Kalkstein in dieser Subprovinz und in Westsibirien kennzeichnend ist, nimmt zu.
Die west- und nordkaukasischen Wiesensteppen (L7, L8) nehmen eine Übergangsstellung zwischen
den subkontinentalen und submediterranen (südlichen) Waldsteppen ein. Von den russischen Auto-
ren werden sie, wie jene der Krim, zu den südlichen Waldsteppen gestellt, in unserer Legende sind
sie den subkontinentalen als submontane (L7) und montane (L8) Höhenformen zugeordnet. Sie
bilden am Nordfuß und -abfall des Großen Kaukasus die Übergangszone zwischen den mesophilen
Hainbuchen-Eichenwäldern (F168, F170, F172), den Orientbuchenwäldern (F164) und den echten
Horstgrassteppen des nördlichen Vorkaukasus (M1, M11, M13).Bei diesen Einheiten handelt es sich
zum einen um Vegetationskomplexe aus krautreichen Federgrassteppen (Stipa tirsa, S. pennata) mit
zahlreichen Wiesensteppenarten und eingestreuten mesoxerophytischen Gebüschen (Prunus spino-
sa, Rhamnus pallasii) auf Löß- bzw. Schwarzerdestandorten (L7), andererseits um einen ähnlichen
Komplex in mittleren Gebirgslagen am Nord- und Ostabfall des Großen Kaukasus mit höherem
Anteil an z. T. endemischen Gebirgspflanzen und Petrophyten (L8).
Die umfangreiche Literatur über die osteuropäischen Wiesensteppen ist in den Veröffentlichungen
von LAVRENKO (1940, 1956, 1980) sowie in der Monographie von LAVRENKO, KARAMYŠEVA &
NIKULINA 1991 ausgewertet und zusammengefaßt.

392
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation L

L.2 Submediterran-subkontinentale Kraut-Gras-, z. T. Wiesensteppen (Festuca valesiaca,


Stipa spp., Bothriochloa ischaemum, Chrysopogon gryllus) im Wechsel mit Eichenwäl-
dern (Quercus pubescens, Q. robur, Q. pedunculiflora) mit Acer tataricum
Die submediterran-subkontinentalen Waldsteppen repräsentieren die Übergangszone von den ther-
mophilen bis xerothermen Laubwäldern der submediterranen Region (Formation G) zu den
Trockenrasen und Steppen. Diese Waldsteppen sind auf mehrere isolierte Gebiete verteilt und
entsprechend geographisch differenziert, und zwar von West nach Ost: Pannonisches Becken
(Alföld: L9-L11), Untere Donauebene (Walachei, Dobrudscha: L12, L13), Donaudelta (L14),
Moldau (L13), Ostthrakien (türkischer Teil: L15) und Krim (nördliche Vorberge und Hochplateau
des Jaila-Gebirges: L16, L17).
Über die Vegetation, Problematik der Natürlichkeit, Benennung, Typisierung und Gliederung dieser Waldgrenzvegetation
gibt es eine reichhaltige Literatur. Eine ausführliche Darstellung und Diskussion findet sich im Buch „Vegetation Südost-
europas“ von HORVAT et al. (1974). Die entsprechenden Gebiete und Pflanzenformationen werden dort als „Steppen-
waldzone“ der Donauniederung und Thrakiens bezeichnet. SOÓ (1959), PAÔCOVSCHI & DONIÚ{ (1967) und BORHIDI (1961)
verwenden jedoch – in Anlehnung an die russischen Autoren – den Begriff „Waldsteppe“ für eine Landschaft, in der lichte
Wälder räumlich mit Steppen wechseln. Als „Steppenwaldgebiet“ wird nach HORVAT et al. (1974) eine Landschaft
bezeichnet, die von Natur aus großenteils mit lichten Wäldern bestockt ist. Als potentielle natürliche Vegetation werden für
die grundwasserfernen Standorte von den Autoren überwiegend xerotherme Eichenmischwälder des Verbandes Aceri
tatarici-Quercion angenommen

Von HORVAT et al. (1974) wird darauf hingewiesen und ausführlich erläutert, daß sich das südost-
europäische Steppenwaldgebiet in klimatischer, boden- und vegetationskundlicher Hinsicht deutlich
von den Waldsteppen Osteuropas unterscheidet:
Das Klima hat stärker submediterrane Züge: Es ist wärmer, z. T. etwas niederschlagsreicher und
weist eine längere sommerliche Trockenperiode auf. Die Flora enthält eine Reihe wärmeliebender
Arten (z. B. Quercus pubescens, Q. cerris, Q. frainetto, Q. pedunculiflora, Fraxinus ornus, Carpinus
orientalis, Cornus mas, Colutea arborescens, Cotinus coggygria, Paliurus spina-christi, Lithosper-
mum purpurocaeruleum) und ist durch pannonische, karpatische und balkanische Arten ausgezeich-
net. Die Schwarzerden sind stärker degradiert und haben einen geringeren Humusgehalt (3-6 %) als
die osteuropäischen. Auch die übrigen Bodensubstrate unterscheiden sich in mancherlei Hinsicht:
hoher Anteil fluviatiler Lößsedimente im Donautiefland, ferner ausgedehnte Sanddecken, z. T. Bin-
nen- und Küstendünen sowie Flußterrassen, wechseltrockene Mergeltonböden in Ostthrakien. Von
den klimazonalen Steppenwäldern sind nur noch kleine Restbestände und Buschwälder erhalten,
die aber eine ganz gute Vorstellung über Artenzusammensetzung und Struktur der heutigen pnV ver-
mitteln. Das Areal der submediterran-subkontinentalen Waldsteppen ist seit Jahrtausenden von
Menschen besiedelt und beeinflußt worden und stellt sich heute überwiegend als Agrargebiet vor-
wiegend mit Ackerflächen (ca. 90 %) und Weidegrünland bzw. Hutewäldern dar.
Quercus pubescens-Licht- oder -Buschwälder sind meist in südexponierten Hanglagen auf flach-
gründigen Böden anzutreffen, Wälder mit anderen Eichen eher auf tiefgründigen Böden. Die
Steppen- bzw. Trockenrasenvegetation dürfte von Natur aus hauptsächlich in Form kleinerer oder
größerer Waldlichtungen auftreten.

393
Formation L Karte der natürlichen Vegetation Europas

Wiesensteppen kommen zwar in den Kartierungseinheiten noch vor, sind aber nicht so typisch für
die submediterrane Waldsteppe, in der submediterrane Trockenrasen (mit Bothriochloa ischaemum,
Chrysopogon gryllus und Cleistogenes serotina) sowie submediterrane Arten wie Convolvulus
cantabrica, Fumana procumbens, Achillea clypeolata, Knautia macedonica, Dianthus giganteus,
D. pallens, Trinia kitaibelii eine wichtige Rolle spielen.
Die Steppengesellschaften haben nur wenige Schichten und sind oft lückig ausgebildet. Moose
fehlen oder sind nur durch xerophile Arten vertreten. Der Artenreichtum ist generell geringer als in
den typischen Wiesensteppen. Neben der geographischen Differenzierung sind verschiedene
edaphische Varianten auf Kalkstein, Löß, Sand und Alkaliböden zu verzeichnen.
Die kleinflächige und verstreut liegende Kartierungseinheit L9 hat ihre Hauptverbreitung im
Pannonischen Becken. Sie repräsentiert einen reliefbedingten Vegetationskomplex aus Eichen-
mischwäldern auf Lößhügeln und halophilen Steppen in wechselfeuchten, unterschiedlich stark
versalzten Senken.
L10 stellt die Haupteinheit der Waldsteppen auf Lößstandorten im Pannonischen Raum dar und setzt
sich aus mehr oder weniger thermophilen Stieleichenmischwäldern mit Quercus cerris, Q. pubes-
cens, Acer tataricum im Wechsel mit relativ mesophilen Krautgrassteppen – vorherrschend Festuca
rupicola, F. valesiaca, aber weitgehend ohne Stipa-Arten – zusammen. Von Natur aus dürften hier
Wälder den größten Teil des Areals bedecken. Im Komplex sind außerdem pannonische Auenwälder
mit Fraxinus angustifolia subsp. danubialis (U16) und inselartige Vorkommen pannonischer
halophiler Steppen (L9) und Salzvegetation (P32) enthalten.
Bei der Einheit L11 handelt es sich um einen spezifisch pannonischen Vegetationskomplex in einer
ausgedehnten Binnendünenlandschaft zwischen Donau und Theiß. Er setzt sich aus Sandsteppen mit
Festuca vaginata auf den Binnendünen und trockenen bis feuchten Stieleichen(misch)wäldern –
z. T. mit thermophilen Baum-, Strauch- und Krautarten – in ebenen Lagen und Geländemulden
zusammen. Die Dünenvegetation variiert hinsichtlich Kalkgehalt und Trophie der Sandböden, die
Waldvegetation ist nach Süden hin stärker mit thermophilen Arten ausgestattet.
Die Kartierungseinheit L12 kommt inselartig in mehreren Binnendünengebieten auf Flußterrassen
an der Unteren Donau und ihren nördlichen (rumänischen) Nebenflüssen vor. Der Vegetationskom-
plex ist – ähnlich wie bei L11 – aus Sandsteppen auf den trockenen Dünenrücken und wärmelieben-
den bis feuchten Eichenmischwäldern in den Dünentälern zusammengesetzt. An Steppengräsern
sind Festuca beckeri und Stipa borysthenica kennzeichnend; bei den Baumarten spielt die der
Stieleiche nahestehende, aber wärmebedürftigere Quercus pedunculiflora die Hauptrolle.
Die Einheit L13 ist relativ großflächig an der Unteren Donau und im südöstlichen Vorland der
Karpaten verbreitet. Sie bildet den Übergang zwischen thermophilen Eichen- und Eichen-Hain-
buchenwäldern (F63, F64, G34, G60, G21) sowie Federgrassteppen (M5). Entsprechend besteht das
Vegetationsmosaik aus thermophilen Eichenmischwäldern mit vorherrschend Quercus pedunculiflo-
ra oder Q. pubescens und eingestreuten krautreichen Horstgrassteppen mit aspektbestimmenden
Stipa-Arten (Stipa lessingiana, S. pennata, S. capillata u. a.) oder Festuca valesiaca. Mesophile
Wiesenpflanzen fehlen hier weitgehend.

394
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation L

Bei Einheit L14 handelt es sich um besondere Vegetationskomplexe auf küstennahen Sanddünen im
Donaudelta mit Sandsteppen und Sandtrockenrasen auf den trockenen Dünenrücken und Eschen-
Eichenwäldern mit Quercus pedunculiflora und Fraxinus pallisae in den feuchten Dünenmulden
bzw. am Fuß der Dünen.
Die ostthrazischen Steppen auf Mergelton im Wechsel mit Flaumeichenwäldern und Paliurus spina-
christi-Gebüschen (L15) stellen eine besondere Einheit im Spannungsfeld zwischen den pontisch-
danubischen Waldsteppen und den submediterran-subkontinentalen Flaumeichenwäldern dar. Ihr
Übergangscharakter zwischen lichtem Flaumeichen(busch)wald und waldfreien Trocken- oder
Steppenrasen ist bedingt durch die Kombination aus niederschlagsarmem, sommertrockenem und
sommerwarmem Klima und waldfeindlichen wechseltrockenen Mergeltonböden. Die Natürlichkeit
einer Waldsteppenvegetation in diesem Gebiet ist umstritten (vgl. HORVAT et al. 1974), Charakter
und Artenzusammensetzung der Steppenvegetation sind weitgehend unbekannt. HORVAT et al.
(1974) vermuten aufgrund von Literaturauswertung, daß hier keine echten Stipa-Steppen, sondern
eher Dornstrauch-reiche Formen vom Typ einer Phrygana mit sehr lückiger Bodenbedeckung und
hohem Anteil an Ephemeren zu erwarten sind.
Die Krimischen Kraut-Grassteppen (L16) am Nordfuß des Krimgebirges (250-400 m) gehören zu
den typischen submediterranen Waldsteppen. Es handelt sich um krautreiche Horstgrassteppen
(keine Wiesensteppen, wie in den subkontinentalen Waldsteppen), die im Wechsel mit Thymus-
Gesellschaften und Quercus pubescens-Wäldern mit Carpinus orientalis stehen.
Am Aufbau der Steppengesellschaften beteiligen sich neben Arten, die in den pontischen Niederungs-
steppen vorkommen wie Stipa capillata, S. pulcherrima, Festuca valesiaca, Koeleria macrantha,
Filipendula vulgaris, Adonis vernalis, auch mediterrane und submediterrane Arten sowie Krim-
Endemiten, unter anderem Centaurea sterilis und Jurinea sordida. Kennzeichnende Arten sind Stipa
pontica, S. brauneri, Agropyron ponticum, Veronica multifida, Convolvulus cantabrica, Muscari
neglectum, Sanguisorba minor subsp. polygama, Jurinea stoechadifolia. Differentialarten dieser
Berglandsteppen gegenüber den Steppen der Ebenen sind Salvia scabiosifolia, Onosma taurica,
Onobrychis miniata. Manche Arten kommen außer auf der Krim noch im Vorkaukasus vor (Aspho-
deline taurica, Onosma rigida, Linum austriacum subsp. euxinum u. a.). Charakteristisch für den
Vegetationskomplex sind Thymus-Gesellschaften (T. roegneri, Festuca callieri), Thymus-reiche
Steppen und Felsgesellschaften (u. a. mit Helianthemum oelandicum subsp. stevenii, Asphodeline
taurica, Onobrychis gracilis, Astragalus filiformis, Convolvulus holosericeus, Tanacetum paczoskii).
Die Krimischen Gebirgssteppen (L17) sind in den ebenen, windexponierten Gipfellagen der Haupt-
kette (Jaila-Gebirge) in Höhen bis 1400 m verbreitet. Hier sind Wiesensteppen die vorherrschenden
Gesellschaften, doch gibt es daneben auch Thymus-reiche Formationen und Felsgesellschaften. Die
verkarsteten Hochflächen („Jajly“) waren im Postglazial immer waldfrei, werden aber seit Jahr-
hunderten auch intensiv beweidet. In windgeschützten Karstmulden kommen kleine Buchenwald-
inseln (Fagus sylvatica subsp. moesiaca) vor, die auf potentielle Waldfähigkeit zumindest von
Teilflächen schließen lassen. Die Gebirgssteppen der Krim beherbergen eine große Zahl submediter-
raner und mediterraner Arten, was für ihre Einreihung in die submediterranen Waldsteppen spricht

395
Formation L Karte der natürlichen Vegetation Europas

(DIDUCH 1987b, 1992).


Im zentralen Jaila-Gebirge sind am häufigsten Trockenrasen mit Festuca rupicola, Bromus cappa-
docicus, Carex humilis, Festuca callieri und Stipa lithophila anzutreffen. In den niedrigeren
östlichen „Jajly“ herrschen Steppen mit Stipa tirsa, S. capillata und S. brauneri vor. An Zwergsträu-
chern und Sträuchern findet man häufig Paronychia cephalotes, Genista albida, Helianthemum
nummularium subsp. grandiflorum, H. oelandicum subsp. orientale, viele davon in der Tomillaren-
Vegetation (Thymus roegneri, T. dzevanovskyi), die besonders an steilen Hängen und in Gipfellagen
größere Flächen bedeckt. Eine gebietsspezifische Artengarnitur weisen auch die Gesellschaften auf
Kalksteinfelsen auf, unter anderem mit Helianthemum oelandicum subsp. stevenii, Pimpinella
tragium, Androsace taurica, Veronica taurica.

Literatur
HORVAT, GLAVA„ & ELLENBERG 1974; GOR„AKOVSKIJ 1961; LAVRENKO & KARAMYŠEVA 1993;
MALESHIN 1995 (Mskr.); WALTER 1974; WALTER & BRECKLE 1994; BORHIDI 1961, 1996; LAVREN-
KO, KARAMYŠEVA & NIKULINA (Ed.) 1991; SOÓ 1959; PAÔCOVSCHI & DONIÚ{ 1967; DIDUCH 1983,
1987b, 1992.

396
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation M

M Steppen
Zoja V. Karamyševa

Charakterisierung und typologische Abgrenzung; geographische Verbreitung


Steppen sind von Natur aus baumfreie Grasländer, in denen ausdauernde Horstgräser und Kräuter
vorherrschen. Sie besiedeln die semiariden Regionen in der submeridionalen Klimazone, wo aus
Gründen unzureichender Wasserversorgung auf den Normalstandorten kein Wald mehr wachsen
kann. Die europäischen gemäßigt kontinentalen Steppen (Formation M) gehen nach Norden in
subkontinentale Waldsteppen (L.1) und sommergrüne Laubwälder (F.4) der temperaten Zone über,
im Südwesten in submediterran-subkontinentale Waldsteppen (L.2) und im Südosten in die aralo-
kaspischen winterkalten Wüsten (Formation O, vgl. Karte 16).
Das europäische Steppengebiet ist der westlichste Teil der eurasischen Steppenregion und gehört zur
ca. 4 500 km breiten Schwarzmeer-Kasachstan-Unterregion. Diese schließt auch die nördlich und
westlich angrenzende Waldsteppenzone mit ein (vgl. Abb. 12). Das eigentliche Steppengebiet
gliedert sich in die westliche pontische und in die östliche transwolgisch-kasachische Steppen-
provinz.

Abb. 12: Räumliche Untergliederung der Schwarzmeer-kasachischen Steppenregion (nach LAVRENKO & KARA-
MYSHEVA 1993).
Grenzen: A = Umgrenzung der Region; B = Provinzen; C = Unterprovinzen (UP);
1 Balkanisch-mösische Waldsteppenprovinz; 2 Osteuropäische Waldsteppenprovinz (a Mittel-Dnejpr-
UP, b mittelrussische UP, c Transkama-Transwolga-UP); 3 Schwarzmeer- (pontische) Steppenprovinz
(a Schwarzmeer-Asowsches Meer-UP, b Mittel-Don-UP); 4 Westsibirische Waldsteppenprovinz;
5 Transwolgisch-kasachische Steppenprovinz (a Jergeni-Transwolga-UP, b westkasachische UP,
c zentralkasachische UP, d ostkasachische UP, e Saur-Tarbagatai-UP, f Südaltai-UP).

In Europa hat das Steppenareal etwa die Form eines Dreiecks, dessen Ecken an der Donaumündung,
am Südural und am Fluß Terek liegen. Von West nach Ost erstreckt sich das Verbreitungsgebiet
über ca. 2 200 km, von Nord nach Süd über ca. 870 km. Im pontischen Gebiet grenzen die Steppen
an die Nordküsten des Schwarzen und Asowschen Meeres an. Östlich des Asowschen Meeres
reichen die Steppen bis an den Fuß und in die Vorberge des Hohen Kaukasus. Außerhalb des
geschlossenen Steppengebietes finden sich noch teils ausgedehnte Steppeninseln in den kaukasi-

397
Formation M Karte der natürlichen Vegetation Europas

schen und transkaukasischen Gebirgen.

Bestandesstruktur und Physiognomie


In den Echten Steppen bestimmen ausdauernde xerophytische Horstgräser und Horstseggen den
Aspekt und machen den Hauptteil der Phytomasse aus. Die Steppen sind grob dreischichtig aufge-
baut: Die Oberschicht aus relativ hochwüchsigen Horstgräsern, namentlich Federgrasarten (Wuchs-
höhe je nach Region 40 bis 80 cm), eine Mittelschicht aus niedrigen Horstgräsern der Gattungen
Festuca, Koeleria, Agropyron und Cleistogenes und die Unterschicht aus niedrigwüchsigen Horst-
gräsern, Geophyten und Therophyten, insbesondere Winterannuellen; in bestimmten Ausbildungen
spielen auch xerophile bodenbesiedelnde Moose und Flechten eine größere Rolle.
Ausdauernde Kräuter sind in allen Schichten vertreten und den sommertrockenen Standortbedingun-
gen durch unterirdische Speicherorgane (Knollen, Rhizome, Pfahlwurzeln, Zwiebeln) gut angepaßt.
Sie sind jedoch im allgemeinen weniger dürreresistent als Gräser und Zwerghalbsträucher. Deshalb
haben sie ihre Hauptverbreitung in Wiesensteppen (Formation L) und gehen nach Süden bzw. mit
zunehmender Trockenheit anteilmäßig zurück.
In den trockensten Ausbildungen der Steppen – den Wüstensteppen – im Übergang zu den winter-
kalten Wüsten und vielfach auf salzbeeinflußten Böden haben Zwerghalbsträucher (namentlich der
Gattung Artemisia) wesentlichen Anteil, während die Horstgräser, insbesondere die Stipa-Arten,
zurückgehen. Niedrige Steppensträucher (vorzugsweise der Gattungen Spiraea, Caragana, Prunus)
kommen nur in bestimmten Regionen und auf besonderen Standorten vor, hauptsächlich auf
sandigen oder steinig-felsigen Böden, an Hängen und in flachen Mulden.
Die Steppengräser bilden ein sehr dichtes und feinverzweigtes, bis 2 (2,5) m in die Tiefe reichendes
Wurzelwerk aus, das die Wasservorräte des Bodens optimal ausnutzt. Die Hauptwurzelmasse
konzentriert sich auf die obersten 20(-30) cm, weshalb Gehölze kaum eine Chance haben, hier Fuß
zu fassen. Außerdem sind die Steppengräser durch die Ausbildung von ephemeren Wurzeln in
Zeiten besserer Wasserversorgung bestens an die semiariden Standortbedingungen angepaßt.
Die Vegetationsperiode in den Steppen erstreckt sich über ca. 8 Monate, von Anfang März bis
Anfang November, wobei während der Monate April bis Juli optimale Wachstumsbedingungen
herrschen. Die Hauptblütezeit der Gräser und Kräuter reicht vom Frühjahr bis Frühsommer mit
5-6 Blühphasen. Eine ausgeprägte trockenheitsbedingte sommerliche Ruheperiode ist vor allem in
den Wüstensteppen entwickelt.
Die zonale Untergliederung der Steppen in Wiesensteppen (Formation L), Echte Steppen – mit der
Nord-Südabfolge von kräuterreichen zu reinen Grassteppen – und Wüstensteppen ist klimabedingt
aufgrund zunehmender Aridität in südlicher Richtung. Sie kommt außer in der Artenzusammenset-
zung auch in strukturellen Merkmalen zum Ausdruck. So verändern sich von Nord nach Süd
folgende Parameter:
– die Bodenbedeckung verringert sich (von 90 auf ca. 30 %),
– die Wuchshöhe der Gräser und Kräuter nimmt gleichfalls ab (von 80 auf ca. 20 cm),
– die Artenvielfalt geht zurück (von den Wiesensteppen mit bis zu 36 Arten /m² auf ca. 12 Ar-

398
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation M

ten/m² in den Wüstensteppen),


– die ober- und unterirdische Biomasse wird geringer,
– die Differenzierung in Schichten schwächt sich ab,
– der Anteil perennierender Kräuter geht zurück, während der Anteil an Ephemeren (Therophyten
und Geophyten) sowie an Xerophyten (Gräser, Zwerghalbsträucher) ansteigt,
– umgekehrt wächst der Anteil der unterirdischen im Verhältnis zur gesamten Phytomasse von
Nord nach Süd.

Ein weiteres charakteristisches Strukturmerkmal von Steppen ist die Ausbildung zoogener Mikrore-
liefs mit entsprechenden Standort- und Vegetationsmosaiken, die durch die Aktivitäten und Lebens-
weise in Kolonien lebender Nagetiere (Steppenmurmeltier, Ziesel, Mäuse) hervorgerufen werden
und einer zeitlich-räumlichen Rotation unterliegen. Auch die selektive Beweidung durch Huftiere
und Nager hat entscheidenden Einfluß auf Artenzusammensetzung und Bestandesstruktur der
Steppenvegetation und gehört zu den natürlichen Ökofaktoren.

Floristische Zusammensetzung (Artengefüge)


In Steppen herrschen ausdauernde malakophylle Xerophyten1 vor. Hohen Anteil haben skleromor-
phe Horstgräser der Gattungen Stipa, Festuca, Koeleria, Cleistogenes, Agropyron, Poa und Helicto-
trichon. Daneben gibt es steppenspezifische Horstseggen (Carex spp.) und Kräuter (Gattungen Aster
sect. Galatella, Tanacetum u. a.).
Kennzeichnend für die Echten Steppen sind vor allem Federgrasarten der Sektion Stipa (S. dasyphyl-
la, S. pulcherrima, S. tirsa, S. ucrainica, S. zalesskii), weiter nach Süden auch der Sektionen Barba-
tae (Stipa lessingiana, S. korshinskyi) und Leiostipa (Stipa sareptana, S. capillata), ferner das
niedrige Horstgras Festuca valesiaca sowie Koeleria macrantha, Agropyron cristatum, A. fragile,
A. desertorum und Cleistogenes squarrosa.
Neben den Horstgräsern spielen perennierende Kräuter eine wichtige Rolle. Ihr Anteil nimmt jedoch
nach Süden aufgrund des zunehmend arideren Klimas ab. In Anpassung an den trockenen Standort
sind sie großenteils mit unterirdischen Speicherorganen ausgestattet. Die Steppenkräuter gehören
folgenden Lebensformen an: Pfahlwurzelpflanzen (Dianthus-, Centaurea-, Silene-, Peucedanum-,
Salvia-Arten, einige Arten der Gattungen Oxytropis, Astragalus, Onobrychis u. a.); in geringerem
Maße Rhizompflanzen (z. B. Adonis wolgensis), horstwüchsige Pfahlwurzelpflanzen (Galium
ruthenicum u. a.) und Knollenpflanzen (z. B. Filipendula vulgaris).
In den trockensten Ausbildungen, den Wüstensteppen, spielen xerophytische Zwerghalbsträucher
neben Horstgräsern eine bedeutende Rolle. Es handelt sich vorwiegend um Beifuß-Arten sowie um
Halophyten aus der Familie Chenopodiaceae. In den pontischen und kaspischen Wüstensteppen sind
es namentlich Arten der Untergattung Seriphidium (z. B. Artemisia santonicum, A. taurica, A. ler-
chiana, A. pauciflora).
Horstgräser wie Bromus riparius, Phleum phleoides, Helictotrichon schellianum, H. desertorum

1
Pflanzen mit intensiver Transpiration bei guter Wasserversorgung und Einschränkung der Transpiration bei
Trockenheit durch Verschluß der Spaltöffnungen (WALTER & BRECKLE 1994:211).

399
Formation M Karte der natürlichen Vegetation Europas

wachsen dagegen vorwiegend in den nördlichen, kräuterreichen Steppen.


Für Steppen ist eine relativ feuchte Frühlings- und Herbstperiode typisch; deshalb haben hier nur
kurzzeitig grüne sowie kurzlebige Arten eine größere Bedeutung: Ausdauernde Ephemeroide
(Zwiebel- und Knollen-Geophyten der Gattungen Tulipa, Crocus, Gagea, Ornithogalum, Bellevalia,
Bulbocodium, Poa sect. Poa subsect. Bulbosae u. a.), Hemiephemeroide (Adonis wolgensis, Rindera
tetraspis u. a.) und Winterannuelle (Gattungen Bromus, Valerianella, Holosteum, Alyssum, Cerato-
cephala, Erophila u. a.). Ihr Anteil nimmt nach Süden zu, wo die Ephemeroiden mit Poa bulbosa
besonders gut vertreten sind.
In einigen Steppentypen ist eine Kryptogamenschicht aus Moosen (Tortula ruralis) bzw. Flechten
(Parmelia vagans, P. ryssolea) und Algen (Nostoc commune) ausgebildet. Nicht selten kommen in
Steppen, besonders auf leichteren oder steinigen Böden, Sträucher der Gattungen Spiraea, Prunus
subgen. Amygdalus, Calophaca, Caragana u. a. vor.
Die Gebirgssteppen des Kaukasus und insbesondere von Transkaukasien unterscheiden sich
einerseits floristisch durch hohen Anteil iranischer und kleinasiatischer sowie durch eine Reihe
endemischer Arten, andererseits durch eine spezifische Bestandesstruktur. Bei den transkaukasi-
schen Gebirgssteppen gibt es Ausbildungen mit einem hohen Anteil an stacheligen, dornpolster-
artigen Gebirgsxerophyten, Zwerghalbsträuchern und Zwergsträuchern. Die Zwerghalbsträucher
gehören vorwiegend den Familien Lamiaceae (Thymus-, Scutellaria-Arten), Fabaceae (Astragalus
subgen. Tragacantha, Onobrychis sect. Dendrobrychis) und Plumbaginaceae (Acantholimon) an.
Von Nord nach Süd und von West nach Ost sind Änderungen in der Artengarnitur, namentlich bei
den Dominanten und Kodominanten, zu beobachten. Auch die Kombination ökologisch verschiede-
ner Gruppen ändert sich: nach Süden nimmt die Menge und phytozönotische Rolle xerophiler und
haloxerophiler Arten zu. Es ändert sich zudem die horizontale und vertikale Struktur des Bestandes:
Der Deckungsgrad geht zurück, die Differenzierung in einzelne Schichten nimmt ab. Auch der
Rhythmus der Bestandesentwicklung ändert sich: Nach Süden verlängert sich die Vegetations-
periode sowie die sommerliche Trockenzeit und damit die Phase der Halbruhe.
Die Zunahme der klimatischen Kontinentalität von West nach Ost beeinflußt ebenfalls markant die
Artengarnitur und Struktur der Steppengesellschaften: Der Anteil östlich verbreiteter Arten mit
Hauptareal im kontinentalen oder hyperkontinentalen Klima erhöht sich, gleichzeitig geht der Anteil
der typisch pontischen und pannonisch-pontischen Elemente zurück. Diese Tendenzen lassen sich
im ganzen Steppengebiet beobachten: Im europäischen Teil der Steppenzone ist eine deutliche
Änderung der Artengarnitur an der Grenze des osteuropäisch-pontischen zum westsibirisch-kasa-
chischen Sektor festzustellen. Östlich des Ural-Flusses herrschen westsibirisch-kasachische und
nordturanisch-kasachische Steppengesellschaften vor.
Die Mannigfaltigkeit der Steppenvegetation wird überdies durch Reliefunterschiede sowie Abwei-
chungen in den physikalischen und chemischen Eigenschaften der bodenbildenden Substrate und der
Böden (Skelett-, Sand-, Karbonat- oder Salzgehalt) bestimmt. Entsprechend gibt es spezifische
edaphische Ausbildungen der Steppenvegetation: psammo- und hemipsammophytische, petrophyti-
sche, hyper- und hemihalophytische Varianten, die sich floristisch und der Struktur nach von

400
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation M

Steppen auf lehmigen Böden unterscheiden. Die halo- und hemihalophytischen Varianten sind durch
typische Vegetationskomplexe gekennzeichnet: Steppengesellschaften wechseln mit Halophyten-
Zwerghalbstrauch-Gesellschaften in Abhängigkeit vom Salzgehalt der Böden.
Diese Gesetzmäßigkeiten in der Differenzierung der Steppenvegetation kommen in der Legenden-
struktur und bei den Kartierungseinheiten der Karte deutlich zum Ausdruck.

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


In Steppen herrschen nach dem russischen System Gesellschaften folgender Arten bzw. Dominanten
vor: Stipeta tirsae, S. pulcherrimae, S. lessingianae, S. zalesskii, S. korshinskyi, S. ponticae, S. capil-
latae, S. ucrainicae, S. anomalae, S. sareptanae, Cariceta pediformis, Festuceta valesiacae, F. cal-
lieri, F. beckeri, Agropyreta pectiniformis, A. desertorum, Cleistogeneta squarrosae. Die Solonetz-
Vegetation ist durch Gesellschaften der Formationen Artemisieta santonicae, A. lerchianae, Atripli-
ceta canae und die insbesondere im Osten vorkommende Artemisieta pauciflorae gekennzeichnet.
Nach RODWELL et al. (2001) lassen sich die Bestände der Steppen den Klassen Festuco-Brometea
Br.-Bl. et Tx. in Br.-Bl. 1949 und Puccinellio-Salicornietea Topa 1939 (auf Salzböden) zuordnen.
In die erste Klasse gehören innerhalb der Ordnung Helictotricho-Stipetalia Toman 1969 z. B. die
Verbände Helictotricho desertori-Stipion rubentis Toman 1969 aus Nordkasachstan und dem
Südural sowie Tanaceto-Stipion lessingianae Toman 1969 aus Westkasachstan und dem angrenzen-
den Rußland. In die Klasse Puccinellio-Salicornietea werden die Gesellschaften auf Solonetzböden
gestellt; sie gliedern sich in den Verband Limonio tomentelli-Artemision santonicae Agafonov et
Golub in Golub 1995 mit Verbreitung im zentralen Teil des europäischen Rußland und die Ordnung
Festuco-Limonietalia Mirkin in Golub et Solomakha 1988 mit Verbreitung in der Ukraine und im
Südosten Rußlands.

Makroklimatische Gegebenheiten
In der Federgras-Steppenregion herrscht ein semiarides Klima mit ausgeprägter Trockenzeit im
Hoch- und Spätsommer sowie kurzer Dürrezeit im Spätsommer (vgl. Abb. 13). Die jährliche
potentielle Evaporation übertrifft hier den Jahresniederschlag. Während vier Monaten (April bis
Ende Juli) herrschen optimale Wachstumsbedingungen für die Steppenvegetation. Der Frühling
(April-Mai) ist relativ warm und niederschlagsreich. Das Niederschlagsmaximum liegt im Juni, das
Jahresmittel beträgt etwa 400 mm. Die klimatischen Verhältnisse variieren innerhalb des ausgedehn-
ten Steppengebiets von Nord nach Süd und von West nach Ost. Nach Süden und Osten steigt die
Aridität: Die Niederschlagsmengen sinken, die Summe der positiven Temperaturen erhöht sich, die
Vegetationsperiode wird länger, die sommerliche Trockenphase ist stärker ausgeprägt und länger.
Die Temperaturmittel für das Jahr liegen zwischen (3) 5 und 10 (12) °C, für den wärmsten Monat
(Juli) zwischen (15) 20 und 26 °C, für den kältesten Monat (Januar) zwischen -3 und -12 (-16) °C.
Im Winter herrscht große Kälte (Minima bei -34 °C im Westen), die nach Osten zunimmt (Minima
-40 °C). In der westpontischen Tiefebene und im Asowschen Land macht sich der mildernde Einfluß
des Schwarzen und Asowschen Meeres deutlich bemerkbar. In warmen Sommern steigen die

401
Formation M Karte der natürlichen Vegetation Europas

Temperaturen im Westen bis 40 °C, im Osten bis 43 °C.


Wegen der niedrigen Jahresniederschläge (Minimum im Westen 300 mm, im Osten 200 mm) und
der hohen Sommertemperaturen kommt es oft zu Dürreperioden, die ein teilweises Vertrocknen der
Krautschicht und eine Halbruheperiode der Pflanzen verursachen. Östlich des Asowschen Meeres
und südlich des Unterlaufes des Don steigt die Niederschlagsmenge im Stavropol’-Hügelland bis
700 mm an.

Abb. 13: Klimadiagramme der osteuropäischen Waldsteppen, Steppen und Wüsten (L, M, O) (nach WALTER &
LIETH 1967). Für die Formation L: die Stationen Uman (L3), Woronesh (Voroneñ) (L4), Uljanowsk (L5);
für die Formation M: Nikolajew (M12), Rostow/Don (Rostov na Donu) (M5), Tschkalow (Orenburg, bei
M9); für die Formation O: Astrachan (an der Wolga, bei O4), Gurjev (am Ural-Fluß, bei O3), Kjurdamir
(in Transkaukasien, O9).

Standortbedingungen
Das Relief in der Steppenregion ist recht unterschiedlich ausgebildet. Es gibt ausgedehnte Steppen
im Tiefland (Schwarzmeer-Niederung, Kuban-Many…-Niederung, Kaspische Senke) sowie im Hü-
gelland und in Plateaulagen (Dobrudscha, Moldau-, Podolische, Dnjepr-Donezplatten, Don-Hügel-
land, Mittelrussische und Wolga-Platten, Transkama-, Transwolga-Hügelland, Jergenihügel und
dem bis 831 m ansteigenden Stavropol’-Hügelland). In den Zwischenstromgebieten der Flüsse

402
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation M

Dnjepr, Don, Chopor, Oka, Wolga und Kuban sind die Plateaus durch ein Netz von Taleinschnitten
gegliedert. Im östlichen und südlichen Kaukasus reichen die Steppen bis in die hochmontane und
subalpine Stufe (M4, M11).
Die Böden sind in der Regel feinkörnig und tiefgründig, haben einen hohen Schluffgehalt und eine
gute Wasserkapazität. Sie entwickelten sich vorwiegend auf mächtigen, während des Pleistozäns
abgelagerten Lößdecken. Typische Böden der Echten Steppen sind tiefgründige Gewöhnliche und
Südliche Schwarzerden (Chernozems) sowie Dunkle und Helle Kastanienböden (Kastanozems) in
den südlichen Regionen. Die Mächtigkeit des Humushorizontes beträgt bei den Gewöhnlichen
Schwarzerden 40-50 cm (selten 80-100 cm), der Humusgehalt 6-8 % (in Transwolgien 7-10 %); bei
den Südlichen Schwarzerden 20-30 cm und 5 % Humus (in Transwolgien 5-7 %). Dunkle Kasta-
nienböden haben einen Humushorizont von 20-30 cm Tiefe, ihr Humusgehalt beträgt 2-4 % (in
Transwolgien bis 5 %).
Als Folge der Aridität – gegenüber der Summe der Niederschläge höhere Verdunstungsrate – findet
vielfach keine Bodenauslaugung statt, sondern der Sorptionskomplex ist durch Ca2+- und Mg2+-Kar-
bonate und in den südlicher liegenden Gebieten auch durch leicht lösliche Salze gesättigt. Deshalb
werden – besonders im Süden des Steppengebietes – große Flächen von solonzierten Kastanienbö-
den eingenommen, die vielfach Komplexe mit Solonetz-Böden bilden. In der Übergangszone der
Steppen zu den Wüsten (Formation O) nehmen Solonchaks ausgedehnte Flächen ein. In Tälern
großer Flüsse findet man Steppen auch auf Alluvialsanden, so am Mittellauf des Dnjepr und am
Don, die teilweise zu Dünen aufgeweht wurden.

Rolle im Landschaftsgefüge
Steppen sind vorwiegend auf Plateaus, an Hängen und in weiten Ebenen verbreitet. Wälder findet
man in der Steppenzone nur an ausreichend mit Wasser versorgten Standorten: an schattigen Unter-
hängen, in feuchten Mulden, entlang von Bächen und in Flußauen. In ihnen herrscht gewöhnlich
Quercus robur vor, oft in Verbindung mit Acer tataricum und Straucharten. Typische Komponenten
der natürlichen Vegetation in der Steppenregion sind Strauchbestände, die sich aus denselben Arten
wie in der Waldsteppe zusammensetzen (Spiraea, Rosa, Chamaecytisus, Prunus, Caragana u. a.).
Wie in der Waldsteppe sind auf felsigen Standorten häufig Tomillaren und petrophytische Zwerg-
halbstrauch- sowie Zwergstrauchgesellschaften anzutreffen.
Für das südliche, besonders trockene Wüstensteppengebiet sind Ausbildungen mit Hemihalophyten
und Halophyten sowie Komplexe mit halophytischen Zwerghalbstrauchgesellschaften (besonders
Artemisia-Arten) auf Solonetz-Böden typisch.

Erhaltungszustand, Landnutzung, Ersatzgesellschaften; Naturschutz


Die Steppengebiete Europas wurden in der Vergangenheit – namentlich im 19. und 20. Jahrhun-
dert – großflächig in Ackerland umgewandelt. Besonders in der sowjetischen Zeit fand eine Intensi-
vierung der Landwirtschaft auf großer Fläche statt, die zahlreiche Steppengebiete betraf. Heutzutage
werden die Steppengebiete größtenteils landwirtschaftlich genutzt (vorwiegend Ackerbau), örtlich

403
Formation M Karte der natürlichen Vegetation Europas

sind Flächen versalzen oder durch Wasser und Wind stark erodiert und somit für die weitere
landwirtschaftliche Nutzung unbrauchbar.
Die ackerbauliche Nutzung und namentlich der Tiefumbruch der Böden bewirkten eine Zerstörung
der natürlichen Lagerung der Bodenstruktur, wodurch eine Wiederherstellung der ursprünglichen
Steppenvegetation nach der Nutzungsaufgabe in Frage gestellt ist. Die heutigen Ersatzgesellschaften
auf den Ackerflächen bestehen nur noch aus wenigen ursprünglichen und zahlreichen Adventiv-
pflanzen.
Reste der natürlichen Steppenvegetation sind auf wenige Naturschutzgebiete, militärische Übungs-
flächen und vor allem auf steilere Hänge von Taleinschnitten beschränkt. Bedeutende Steppenre-
servate sind das bereits 1887 eingerichtete Steppen-Naturschutzgebiet Askanija Nova in der Gras-
steppenregion nördlich der Halbinsel Krim (M12a) und das in der Wüstensteppenzone (M19/M21)
liegende, 1998 ausgewiesene Schutzgebiet Bogdo Baskun…ak südöstlich Wolgograd. In diesen
Gebieten werden auch Untersuchungen hinsichtlich eines optimalen Naturschutzmanagements zur
Erhaltung der Steppenökosysteme durchgeführt.
Aus langjährigen Untersuchungen und Beobachtungen ist bekannt, daß auch natürliche Steppen zu
ihrer Erhaltung einer spezifischen Beweidung bedürfen und daß Wildtiere (Huftiere sowie große und
kleine Nagetiere) seit jeher eine wichtige Rolle bei der Entstehung und Erhaltung der Steppen
einschließlich ihrer Böden sowie ihres spezifischen Mikroreliefs, Standort- und Vegetationsmosaiks
spielen (vgl. WALTER & BRECKLE 1994:200 ff., LAVRENKO & KARAMYŠEVA 1993:42 ff.). Große
Huftiere wie das Wildpferd und die Saiga-Antilope, die früher in großen Herden die Steppengebiete
bevölkerten, beeinflußten die Zusammensetzung und Struktur der Steppenvegetation durch ihre
selektive Beweidung, die Nagetiere wie Ziesel, Bobak und die kleinen Nager durch ihre Wühltätig-
keit (Anlage von Gängen und Bauten, Durchmischung der oberen Bodenschichten, Auswurf von
Rohboden), das Abweiden der Vegetation und die lokale Eutrophierung des Bodens durch Ex-
kremente.
Die Beweidung durch Huftiere wurde später – nach Dezimierung bzw. Ausrottung der großen
Wildtiere – seitens des Menschen durch seine Haustiere fortgeführt. Extensive Beweidung ist für die
Erhaltung der typischen Steppenvegetation förderlich und notwendig. Starke Beweidung führt zum
Rückgang von Steppenkräutern und Federgräsern sowie zur Zunahme von Festuca-Arten (z. B.
Festuca rupicola) und xerophytischen Zwerghalbsträuchern. Übermäßige Beweidung hat die Domi-
nanz von Weideunkräutern und Einjährigen zur Folge. Ausschluß der Beweidung und Brache führen
zu Streuansammlung, Änderung des Luft- und Wasserhaushalts der Böden, Ersatz von Horstgräsern
durch Rhizompflanzen und örtlich zur Ausbreitung sich vegetativ vermehrender Gehölze. Gelegent-
licher Brand ist für die Erhaltung der Steppenvegetation kein Problem, bei wiederholtem Brennen
findet eine Degradierung durch Unkräuter statt.
Die Regeneration der Steppenvegetation auf aufgelassenen Ackerflächen scheint über längere
Zeiträume und bei sehr extensiver Beweidung möglich, wenn in der Umgebung (an Hängen, auf
Sonderstandorten) noch ausreichend Reste der natürlichen Steppenvegetation vorhanden sind.
Hierzu gibt es Erfahrungen und eine Dokumentation am Beispiel der während des Krieges ungenutz-

404
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation M

ten Äcker im Bereich der Krim-Steppen nach 1945 (DZENS-LITOVSKAJA 1970).

Gliederung in Untereinheiten
Die Untergliederung der Steppen erfolgt in 4 klimazonale Untergruppen, die entsprechend der
zunehmenden Trockenheit und Sommerwärme in Gürteln von Norden nach Süden bzw. Südosten
angeordnet sind (vgl. Karte 16: M1-M4). Die nördlichsten drei werden als Echte Steppen zu-
sammengefaßt und sind von Horstgräsern, namentlich Federgräsern, dominiert. Ihre Untergliederung
bringt den nach Süden bzw. mit zunehmender Trockenheit abnehmenden Kräuteranteil zum Aus-
druck. Den südlichsten und trockensten Gürtel bilden die Wüstensteppen, in denen Kräuter weit-
gehend fehlen und die Horstgräser zunehmend von xerophytischen Zwerghalbsträuchern, namentlich
Artemisia-Arten, abgelöst werden. Sie werden deshalb auch als Wermut-Federgrassteppen bezeich-
net und leiten zu den nördlichen Zwerghalbstrauch-Wüsten (O1) über.

M.1 Echte Steppen (Stipa pennata, S. tirsa, S. dasyphylla, S. ucrainica, Festuca valesiaca,
Koeleria macrantha)
Der typische Charakter der Federgrassteppen ist in den Echten Steppen am besten ausgeprägt. In
ihnen herrschen xerophytische Horstgräser vor, die auch die größte Biomasse erzeugen.
In den pontischen sowie kasachischen Steppen dominieren Federgräser der Sektion Stipa, so die
eurasisch-subkontinentalen Arten Stipa pennata s. str. und S. pulcherrima, die pannonisch-ponti-
schen S. dasyphylla und S. tirsa, die pontische S. ucrainica und die ostpontisch-kasachische
S. zalesskii s. str. (= S. rubens). Eine wichtige Rolle spielen ferner die eurasisch-submeridional-
kontinentale Stipa capillata, die kasachische S. sareptana aus der Sektion Leiostipa, deren Arten in
den zentralasiatischen Steppen vorherrschen, sowie die pontisch-kasachische Stipa lessingiana der
Sektion Barbatae. In der Ukraine kommen 29 Stipa-Arten vor (KLOKOV & OSY„NJUK 1976), von
denen zahlreiche endemisch sind: Stipa brauneri (Endemit von Novorossijsk und Krim), S. setulo-
sissima, S. majalis, S. graniticola (Endemiten der Schwarzmeerküste), S. transcarpatica (Endemit
aus Südosteuropa), S. maeotica (endemisch am Asowschen Meer), S. lithophila (krimischer Ende-
mit) u. a.
Auch Festuca-Arten spielen in den Echten Steppen eine große phytozönotische Rolle, namentlich
die europäisch-westasiatisch-kontinentale Festuca valesiaca – eine Art mit sehr breiter ökologischer
Amplitude, die von den Wiesensteppen (Formation L) bis in Wüstensteppen vorkommt, ferner die
ähnlich verbreitete F. rupicola. Vorherrschende Art der Sandsteppen ist Festuca beckeri.
Eine weitere stete Komponente ist das holarktisch-kontinentale Horstgras Koeleria macrantha.
Ferner spielen Agropyron-Arten eine wichtige, jedoch geringere Rolle als Federgräser und Schwin-
gel (Agropyron cristatum subsp. pectinatum, mongolisch-kasachisch: A. desertorum, kasachisch:
A. fragile, die beiden letzten Arten sind nur im Südosten des Steppengebietes anzutreffen). Weitere
Agropyron-Arten haben bei der Sandfestlegung eine wichtige Funktion: A. dasyanthum (unteres
Dnjepr-Gebiet), A. tanaiticum (Dnjepr-Don-Gebiet), A. cimmericum (Küste des Asowschen Mee-
res). Unter den Helictotrichon-Arten ist H. desertorum (europäisch-westasiatische Art) in bestimm-

405
Formation M Karte der natürlichen Vegetation Europas

ten Ausbildungen präsent. Cleistogenes serotina, eine europäisch-vorderasiatisch-mongolische Art,


spielt besonders in hemipsammophytischen und psammophytischen Steppen eine wichtige Rolle.
Für Steppengesellschaften auf kiesigen Böden im Norden der Steppenregion ist die eurasisch-
submeridional-subkontinentale Carex humilis typisch; östlich der Mittelrussischen Platte wird sie
von der ostpontisch-kasachisch-südsibirisch-mongolischen Carex pediformis abgelöst. Die beiden
Seggenarten sind überdies typische Elemente der Wiesensteppen.
Weiterer charakteristischer Bestandteil der Federgrassteppen sind ausdauernde Kräuter. Ihr Anteil
und ihre ökologischen Ansprüche sowie die jeweils dominierenden Horstgräser dienen als Kriterien
für die Gliederung der Echten Steppen in 3 subzonale Typen, denen auch charakteristische Boden-
typen zuzuordnen sind:
M.1.1 Kräuterreiche Grassteppen – auf Gewöhnlichen Schwarzerden
M.1.2 Kraut-Grassteppen – auf Südlichen Schwarzerden
M.1.3 Grassteppen – auf Dunklen Kastanienböden

M.1.1 Kräuterreiche Grassteppen (Stipa tirsa, S. pulcherrima, S. dasyphylla, S. zalesskii,


Festuca valesiaca)
Verbreitung
Kräuterreiche Grassteppen nehmen einen unterschiedlich breiten Streifen südlich und nördlich (am
Fuß des Kaukasus) der Waldsteppe vom Dnjestr (im Westen) bis zum Ural (im Osten) ein. Isolierte
Vorkommen befinden sich nördlich der Kuban-Tiefebene und im Hügelland von Stavropol’, ferner
im Kleinen Kaukasus.

Bestandesstruktur und Physiognomie; floristische Zusammensetzung


Wie überall in den Echten Steppen sind in der Krautschicht eu-, eury- und mesoxerophytische
Horstgräser tonangebend: Stipa dasyphylla, S. pulcherrima, S. lessingiana, S. capillata, in den trans-
wolgisch-kasachischen Steppen ferner Stipa zalesskii. Festuca valesiaca ist stets häufig vertreten.
Kennzeichnend sind ferner Bromus riparius und Poa angustifolia. In diese Subzone dringen auch
Stipa-Arten ein, die in den nördlich angrenzenden Wiesensteppen der Formation L vorherrschen
(z. B. Stipa tirsa, S. pennata s. str.). Ferner sind Rhizom- und Lockerhorstgräser (Bromus riparius,
B. inermis, Elymus repens, E. hispidus subsp. barbulatus) typisch, die ebenfalls in Wiesensteppen
verbreitet sind.
Bezeichnend ist die regelmäßige Beimischung von Wiesensteppen-Kräutern (Filipendula vulgaris,
Myosotis popovii, Trifolium alpestre, T. montanum, Echium russicum, Polygala comosa, Anemone
sylvestris, Lathyrus pannonicus u. a.) und von typischen xerophilen Steppenkräutern (Paeonia tenui-
folia, Medicago falcata subsp. romanica, Salvia nutans, S. austriaca, Euphorbia nicaeensis subsp.
stepposa, Limonium platyphyllum). Charakteristische Elemente sind ferner Hemiephemeroide, die
in den Wiesensteppen fehlen (Serratula erucifolia, Adonis wolgensis u. a.). Geophyten sind zwar
nicht häufig, aber artenreich (Poa bulbosa, Gagea pusilla, G. bulbifera, Tulipa sylvestris subsp.
australis, Hyacinthella leucophaea, H. pallasiana, Crocus reticulatus, Ornithogalum kochii u. a.).

406
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation M

An Annuellen kommen Holosteum umbellatum, Alyssum turkestanicum, Arenaria serpyllifolia,


Erophila verna, Draba nemorosa, Viola kitaibeliana, Androsace elongata, Veronica verna u. a. vor.
Struktur und Artenzusammensetzung der Kräuterreichen Grassteppen spiegeln den Übergangs-
charakter dieser Steppen wider, indem sowohl Merkmale von Wiesensteppen wie von Echten
Steppen auftreten. Die Deckung der Krautschicht erreicht hohe Werte (60-80 %), und die Horst-
struktur ist noch nicht so ausgeprägt wie bei den Grassteppen.
Die Krautschicht gliedert sich in eine Oberschicht aus hohen Horstgräsern und Kräutern, eine
Mittelschicht aus niedrigen Horstgräsern und Kräutern und eine Unterschicht aus niedrigwüchsigen
Therophyten und Ephemeroiden (Geophyten).
Die Vegetationsperiode beginnt in der zweiten Märzhälfte und endet Anfang Oktober. Die Haupt-
blütezeit der Kräuter fällt in den Frühsommer, einige blühen jedoch während der ganzen Sommer-
zeit. Im Spätsommer vertrocknen die Blätter; die sommerliche Halbruheperiode ist jedoch nicht so
deutlich ausgeprägt wie in den südlicheren Ausbildungen. In den Kräuterreichen Steppen können in
der Vegetationsperiode sieben deutliche Blühaspekte unterschieden werden.
Das Klima ist gemäßigt kontinental und mäßig trocken mit nach Osten deutlich zunehmender
Kontinentalität. Die Jahresmitteltemperaturen betragen im Westen 7-9 °C und im Osten 5-6 °C. Die
mittlere Januartemperatur schwankt zwischen -4 bis -5 °C im Westen und -12 bis -16 °C im Osten,
die mittlere Julitemperatur zwischen 20-23 °C im Westen und 20-22 °C im Osten. Der mittlere
Jahresniederschlag erreicht im Donez Hügelland 540 mm, im Hügelland von Stavropol’ 700 mm.
Das Relief besteht im Steppengebiet aus ausgedehnten Ebenen, Hügelländern und zertalten Pla-
teaus. Als Böden herrschen tiefgründige Gewöhnliche Schwarzerden vor, die nach Norden in Typi-
sche und nach Süden in Südliche Schwarzerden übergehen. In Flußniederungen und auf Plateaus
sind solonzierte Schwarzerden, Solonetz- und Solonchak-Böden verbreitet, örtlich auch Auen- und
Gleyböden, in Transwolgien Karbonat-Schwarzerden.
Im Gebiet der Kräuterreichen Grassteppen kommen als Einsprenglinge auf geeigneten Standorten
(z. B. Talhängen) des öfteren lichte Stieleichenwälder mit Steppenelementen vor (s. rotes Eichen-
symbol auf der Karte 1 : 2,5 Mio.). Ferner treten inselartig Waldsteppen (L5, L7, L8), sarmatische
Winterlinden-Stieleichenwälder (F71, F72) und xerophytische Stieleichen-Kiefernwälder mit Step-
penpflanzen (D57) auf. Im Gebiet der Flüsse Donez und Don sind auf Kalkstein- und Mergelhängen
regelmäßig Tomillarsteppen eingestreut (rote Strichsymbole in der Karte 1 : 2,5 Mio.).

Gliederung in Kartierungseinheiten
Die Kräuterreichen Grassteppen der Tieflagen gliedern sich in 3 pflanzengeographische Aus-
bildungen, die einander von West nach Ost ablösen: in west- und mittelpontische (M1), mittelponti-
sche (M2) und transwolgische Steppen (M3). Ferner wurde eine hochmontane transkaukasische
Einheit (M4) hier angeschlossen.

407
Formation M Karte der natürlichen Vegetation Europas

Die west- und mittelpontischen Kräuterreichen Grassteppen (M1) nehmen einen schmalen Streifen
südlich der Waldsteppe vom Dnjestr bis zum Donez-Mittellauf ein. Ein zweites Teilareal liegt zwi-
schen Don-Unterlauf und Kuban-Tiefebene und umfaßt das Stavropol’-Hügelland bis zum Terek.
Pontische und pannonisch-pontische Arten sind hier kennzeichnend. Mit Ausnahme von Stipa
zalesskii und Carex pediformis, die in den petrophytischen Steppen der Donezplatte vorherrschen,
spielen Arten mit östlicher Verbreitung keine wesentliche Rolle.
Die mittelpontischen Kräuterreichen Grassteppen (M2) unterscheiden sich von der vorhergehenden
Einheit durch regelmäßiges Vorkommen von Stipa zalesskii und das Fehlen von Stipa ucrainica.
Weitere Differentialarten mit östlicher Verbreitung sind Helictotrichon schellianum, Hedysarum
grandiflorum, Asperula tephrocarpa, Crambe aspera u. a. Die Einheit reicht vom Donez bis an die
Wolga.
Die transwolgischen Kräuterreichen Grassteppen (M3) sind östlich der Wolga bis zu den Ural-Vor-
bergen verbreitet. Hier herrschen Arten vor, die typisch für die westsibirisch-kasachischen Steppen
sind: Stipa zalesskii, S. capillata, Helictotrichon schellianum, H. desertorum. Letztere ist besonders
in den voruralischen Steppen verbreitet (isolierte Fundorte gibt es auch weiter westlich bis zu den
wolynisch-podolischen Steppen). Für den Vorural typisch sind außerdem Stipa pennata s. str.,
S. pulcherrima und die transwolgisch-kasachische Stipa korshinskyi. Nach den vorherrschenden
Kräutern (u. a. Onobrychis sibirica, Oxytropis pilosa, Peucedanum alsaticum, Silene chlorantha)
ähneln diese Steppen den nordkasachischen Ausbildungen.
Die transkaukasischen Kraut-Grassteppen und Wiesensteppen (M4) unterscheiden sich aufgrund
ihrer isolierten Lage und der hochmontanen Verbreitung deutlich von den anderen Kräuterreichen
Grassteppen. Sie setzen sich aus Arten der Wiesensteppen (Festuca valesiaca, Koeleria macrantha,
Elymus hispidus subsp. barbulatus, Stipa tirsa, S. pulcherrima, Festuca ovina, Bromus variegatus)
und der Gebirgssteppen (Poa densa u. a.) sowie zahlreichen kaukasisch und anatolisch-iranisch
verbreiteten Arten zusammen. Die artenreichen Gebirgssteppen bilden vielgestaltige Komplexe mit
Dornpolstergesellschaften und Tomillaren.

M.1.2 Kraut-Grassteppen (Stipa ucrainica, S.zalesskii, S. anomala, S. lessingiana, Festuca


valesiaca)
Die Kraut-Grassteppen umfassen 7 Kartierungseinheiten (M5-M11); 6 haben planar-kolline, eine
Einheit (M11) hochmontane Verbreitung. Die Kraut-Grassteppen erstrecken sich von Rumänien
über Südmoldavien, die Ukraine und Rußland bis zum Südural. Sie schließen sich nach Süden und
Osten an die Kräuterreichen Grassteppen an und reichen mit der montanen Einheit bis in den
Großen und Kleinen Kaukasus.
Die Kraut-Grassteppen ähneln den Kräuterreichen Grassteppen (M.1.1), indem beide Typen vor
allem euxerophile und euryxerophile Gräser enthalten (z. B. Stipa lessingiana, S. capillata, S. za-
lesskii, Agropyron cristatum subsp. pectinatum, Festuca valesiaca, Koeleria macrantha). Sie weisen
allerdings Unterschiede in der Struktur und Artengarnitur auf: den Kraut-Grassteppen auf Normal-
standorten fehlen mesophilere Stipa-Arten (S. tirsa, S. pennata s. str.); auch sind Phleum phleoides,

408
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation M

Bromus riparius sowie Elymus sect. Elytrigia- und Agropyron-Arten nicht so häufig. Unter den
Kräutern sind xerophile und mesoxerophile Arten (Thymus kosteleckyanus, Medicago falcata,
Euphorbia nicaeensis subsp. stepposa, Salvia nutans, S. austriaca, Paeonia tenuifolia, Iris humilis,
Achillaea setacea, Linum tenuifolium u. a.) häufig und bilden viel Phytomasse. Nördliche mesoxero-
phile Steppenarten (Filipendula vulgaris, Galium verum, Echium russicum u. a.) kommen nur
vereinzelt vor, dagegen sind südliche Steppenkräuter und Zwerghalbsträucher beigemischt (Aster
oleifolius, Tanacetum achilleifolium, Trinia hispida). Therophyten und Geophyten sind – ähnlich
wie in den Kräuterreichen Grassteppen – nicht sehr häufig. Der Deckungsgrad der Krautschicht ist
geringer und erreicht 40-60 %. Die Kraut-Grassteppen weisen zudem eine deutliche sommerliche
Halbruhephase auf.
Das Klima ist gemäßigt kontinental mit zunehmender Kontinentalität von West nach Ost. Die
mittlere Jahrestemperatur liegt zwischen 3 und 12 °C, die mittlere Januartemperatur zwischen 0 bis
-2 °C im Westen und -14 bis -16 °C im Osten, die mittlere Julitemperatur zwischen 22-25 °C im
Westen und 20-22 °C im Osten. Die durchschnittlichen Jahresniederschläge schwanken zwischen
300 und 350 (500) mm.
Das Relief ist recht vielgestaltig und umfaßt Tiefebenen, Hügelland mit Taleinschnitten und Senken
sowie das höhere Bergland. Kraut-Grassteppen sind in der Regel an mittelhumose Südliche Schwarz-
erden gebunden, so am Asowschen Meer und in den Ebenen am Don-Fluß.
In die großflächigen Steppengebiete sind auf Sonderstandorten – namentlich an Nordhängen – insel-
artige Stieleichenwälder eingestreut. Typische natürliche Begleitvegetation sind ferner kräuterreiche
Petrophyten-Gesellschaften (im Donezgebiet), Tomillaren und Tomillarsteppen sowie Gebüsche mit
Caragana frutex, Prunus tenella und Calophaca wolgarica.

Gliederung in Kartierungseinheiten
Trotz ihrer weiten geographischen Verbreitung weisen die west- und mittelpontischen Kraut-
Grassteppen (M5) eine einheitliche Artengarnitur auf (Stipa ucrainica, S. lessingiana, S. capillata,
Festuca valesiaca, Agropyron cristatum subsp. pectinatum). Dagegen unterscheiden sich die
begleitenden Tomillaren-Gesellschaften regional deutlich voneinander. Die mittelpontischen Kraut-
Grassteppen (M6) schließen ab dem Donezgebiet nach Osten an die Kartierungseinheit M5 an. Sie
unterscheiden sich durch das Fehlen von Stipa ucrainica und das Vorkommen zahlreicher östlich
verbreiteter Arten wie Stipa zalesskii, Onosma simplicissima, O. arenaria. Charakteristisch ist ferner
das Vorkommen des Steppenstrauches Calophaca wolgarica.
Die Steppen auf lehmig-sandigen und sandigen Böden der Flußterrassen von Dnjepr, Don, Donez
und Wolga unterscheiden sich deutlich von den übrigen zonalen Steppen. In den hemipsammophyti-
schen Kraut-Grassteppen (M7) kommen neben Stipa capillata und S. anomala Eryngium campestre,
Goniolimon graminifolia und Scabiosa argentea vor, in den psammophytischen Steppen (M8)
sandliebende Arten wie Helichrysum arenarium, Euphorbia segueriana, Festuca beckeri, Leymus
racemosus. Innerhalb der pontischen Steppen (M8) gibt es zwischen den einzelnen Flußsystemen
Unterschiede in der Artengarnitur: auf den Sanden des Dnjepr kommen Agropyron dasyanthum,

409
Formation M Karte der natürlichen Vegetation Europas

Thymus borysthenicus, Centaurea margaritacea subsp. breviceps, in den Don-Steppen Agropyron


tanaiticum, Thymus pallasianus, Centaurea margaritacea subsp. protogerberi vor. In den trans-
wolgischen Steppen auf Sand (M10) hat Agropyron fragile besondere diagnostische Bedeutung. Da
die Kraut-Grassteppen meist keine geschlossenen Bestände bilden, kommen auch zahlreiche
Annuelle vor (Kochia laniflora, Polygonum arenarium), ferner Flechten und Moose.
Die transwolgischen Kraut-Grassteppen (M9) besiedeln einen schmalen Streifen zwischen den
Flüssen Wolga und Ural. Hier herrschen Stipa zalesskii-Steppen vor, die sich außerhalb des Kartie-
rungsgebietes nach (Süd-)Osten fortsetzen. Auf steinigem Substrat gewinnen Stipa korshinskyi und
Helictotrichon desertorum an Bedeutung. Geographische Differentialarten wie Seseli hippomara-
thrum, Clausia aprica, Centaurea sibirica bleiben auf das linke Wolgaufer beschränkt.
Die vor- und transkaukasischen Federgrassteppen (M11) kommen in niederschlagsarmen Gebieten
in der submontanen bis hochmontanen Stufe des Kaukasus in Rußland (Tschetschenien, Dagestan),
Georgien, Armenien und Aserbaidschan vor. Es handelt sich um sehr vielgestaltige und artenreiche
Vegetationskomplexe mit vielen endemischen Arten; neben krautreichen Federgrassteppen sind
auch Festuca-Stipa-Steppen und Botriochloa-Steppen sowie Tomillaren, Dornpolster- und Strauch-
gesellschaften vertreten. Die krautreichen Stipa- und Festuca-Stipa-Steppen kommen meist auf
flachgründigen Standorten vor, die Stipa-Steppen insbesondere auf steinig-felsigen Südhängen. Sie
beherbergen oft xerophytische Halbsträucher (Scutellaria orientalis, S. sosnovskyi, Nepeta racemosa
u. a.). Die Botriochloa ischaemum-Steppen sind im gesamten Kaukasus verbreitet, besonders aber
in den armenischen Gebirgen und im Jorsk-Bergland (Ostgeorgien). Sie bilden auf flachgründigen
steinigen Standorten Komplexe mit Tomillaren und Dornpolstergesellschaften.

M.1.3 Grassteppen (Stipa ucrainica, S. lessingiana, Festuca valesiaca)


Grassteppen (M12-M15) sind die typischen Repräsentanten der Echten Steppen. In ihnen dominie-
ren euryxerophytische Horstgräser, vorwiegend Stipa-Arten (S. lessingiana, S. ucrainica, S. capilla-
ta, S. anomala) sowie Festuca valesiaca. Weniger häufig ist Koeleria macrantha, und stellenweise
(besonders auf solonzierten Böden) spielt Leymus ramosus eine wichtige Rolle. Kräuter sind nach
Menge und Artenzahl wenig und dann durch typische Steppenxerophyten vertreten wie Dianthus
guttatus, Falcaria vulgaris, Goniolimon tataricum. Bezeichnend ist die Beimischung von Zwerg-
halbsträuchern wie Aster tarbagatensis, A. oleifolius, Tanacetum achilleifolium, von typischen
Xerophyten (Kochia prostrata, Artemisia austriaca, A. lerchiana) sowie von haloxerophytischen
Zwerghalbsträuchern (Artemisia pauciflora, A. taurica), die besonders auf Solonetzböden vor-
kommen. Häufig sind Annuelle (Holosteum umbellatum, Cerastium ucrainicum, Erophila verna
u. a.), Ephemeroide (z. B. Poa bulbosa, Tulipa gesneriana, Gagea bulbifera) und Hemiephemeroide
(Prangos odontalgica, Ferula caspica, Astragalus henningii u. a.), die eine eigene Synusie bilden.
Regelmäßig kommen Blatt- und Strauchflechten (z. B. Cladonia rangiformis, Cornicularia steppae,
Parmelia ryssolea), Moose (Tortula ruralis) sowie Algen (Nostoc commune) vor. Die Krautschicht
ist in den Grassteppen weniger dicht (Deckungsgrad nicht über 40 %), der Artenreichtum ist
geringer (< 30 Arten/Ar), die sommerliche Halbruheperiode (gekennzeichnet durch das Eintrocknen

410
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation M

der Blätter) gut ausgeprägt.


Die Gesellschaften der trockenen Horstgrassteppen gehören zu folgenden syntaxonomischen
Gruppen: Stipeta ucrainicae pauciherbosa, S. capillatae pauciherbosa, S. lessingianae pauci-
herbosa, Festuceta valesiacae pauciherbosa et haloherbosa, Stipeta lessingianae haloherbosa
(LAVRENKO 1940). Auf Normalstandorten der transwolgisch-kasachischen Steppen herrscht Stipa
lessingiana vor; Steppen mit Stipa capillata sind mehr an sandige Böden gebunden. In der Über-
gangszone zu den Wüstensteppen sind xerophytische Zwerghalbsträucher stärker vertreten.
Grassteppen sind durch mäßig kontinentales Klima bei zunehmender Kontinentalität von West nach
Ost gekennzeichnet. Die mittleren Januartemperaturen liegen zwischen -1 bis -4 °C im Westen und
-10 bis -15 °C im Osten, die Julimitteltemperaturen erreichen im Westen 23-24 °C bzw. im Osten
24-25 °C, die Jahresmitteltemperatur 9-11 °C bzw. 5-7 °C. Die Jahresniederschläge bleiben meist
unter 350 mm.
Das Relief ist besonders im Westen ziemlich eben und wenig gegliedert, es wird von flachen
schüsselförmigen und abflußlosen Senken (sogenannte Pods: 2-8 m tief und 2-10 km im Durch-
messer) gegliedert. Im östlichen Verbreitungsgebiet zwischen Terek, Don, Wolga und Ural sind
Ebenen, Hügelländer und Plateaus vorhanden. Grassteppen sind vorwiegend an dunkle Kastanienbö-
den gebunden. Sie erstrecken sich in einem breiten Streifen entlang des Schwarzen Meeres von der
Donaumündung bis zum Asowschen Meer und im Nordteil der Krimhalbinsel. Das Hauptver-
breitungsgebiet bildet einen großen Bogen vom Terek über die Jergenihügel, die Wolga-Platte und
das Transwolga-Hügelland bis an den Ural-Fluß. Für das Gebiet der Horstgrassteppen sind – wie
überall in der Steppenregion – Steppenstrauchbestände typische Elemente der natürlichen Begleitve-
getation; sie bestehen aus Prunus spinosa, Caragana frutex, Crataegus-, Rosa- und Spiraea-Arten.
Im Don- und Wolgahügelland sind kleinflächig Quercus robur-Wälder, auf flachgründigen Kreide-
standorten auch Tomillaren und Petrophyten-Gesellschaften eingestreut. In periodisch vernäßten
Mulden und Senken namentlich der Schwarzmeerregion gehören Feuchtwiesen und Niedermoore
zum Vegetationsinventar.

Gliederung in Kartierungseinheiten
Die 4 Kartierungseinheiten gliedern sich in 3 pflanzengeographisch differenzierte, von West nach
Ost angeordnete (M12-M14) und eine edaphisch bedingte Kartierungseinheit (M15). Die westponti-
schen Grassteppen (M12) sind durch die Vorkommen von Stipa ucrainica und die pontisch
(-mediterranen) Arten Allium guttatum, Dianthus guttatus, D. lanceolatus und Astragalus henningii
charakterisiert. Typisch für dieses Gebiet sind auch die Wiesen und Niedermoore mit Carex
melanostachya, Beckmannia eruciformis, Eleocharis palustris, E. uniglumis in den Pods. In den
mittelpontischen Grassteppen (M13) tritt Stipa ucrainica zurück oder fehlt ganz; dafür kommen
Arten mit östlicher Verbreitung wie Dianthus leptopeltatus, Aster tarbagatensis, Onosma sim-
plicissima hinzu. Die mittelpontisch-transwolgischen Grassteppen (M14) erstrecken sich zwischen
Wolga und Ural sowie in einem isolierten Teilareal am Fuße des Jergeni-Hügellandes; sie werden
unter anderem durch Arenaria procera und Phlomis puberula sowie durch weitgehendes Fehlen

411
Formation M Karte der natürlichen Vegetation Europas

westpontischer Arten charakterisiert. Alle 3 Kartierungseinheiten der Grassteppen bilden Vegeta-


tionskomplexe auf Solonetzböden mit Festuca valesiaca und halophilen Artemisia-Arten.
Die transwolgischen halophilen Grassteppen (M15) kommen in enger Verzahnung mit der Einheit
M14 vor. Hier haben neben den typischen xerophilen und hyperxerophilen Arten der Grassteppen
haloxerophile Halbzwergsträucher (Artemisia pauciflora, Kochia prostrata, Tanacetum achilleifoli-
um) auf den großflächig verbreiteten Solonetz-Böden wesentlichen Anteil.

M.2 Wüstensteppen (Stipa lessingiana, S. sareptana, Festuca valesiaca, Artemisia spp.)


Die Wüstensteppen (M16-M21) bilden die südlichste Unterzone der Steppenregion. Sie enthalten
die größte Anzahl an xerophytischen Sippen der pontisch-kasachischen Steppen und stellen den
Übergang zu den winterkalten submeridionalen Wüsten dar; in ihnen haben xerophytische und
hyperxerophytische Zwerghalbsträucher bedeutenden Anteil.
Xerophile Horstgräser wie Stipa lessingiana, S. sareptana, Festuca valesiaca, Agropyron cristatum
subsp. pectinatum und A. desertorum sind die vorherrschenden Elemente der Krautschicht. Die
Synusie xerophytischer und haloxerophytischer Zwerghalbsträucher besteht vorwiegend aus Arte-
misia-Arten (A. taurica, A. santonicum, A. lerchiana, A. pauciflora) sowie aus einigen haloxerophy-
tischen Zwerghalbstraucharten der Familie Chenopodiaceae (Kochia prostrata, Frankenia hirsuta).
Ephemere, Ephemeroide und Hemiephemeroide sind als eigene Synusie stark vertreten. Die Ent-
wicklung von Herbst-Annuellen (Eragrostis minor, Polygonum novoascanicum, Polycnemum arven-
se) ist charakteristisch. Flechten sind regelmäßig vertreten, an Moosen wiederum Tortula ruralis.
Für die Wüstensteppen ist die Ausbildung von Vegetationskomplexen typisch, die durch örtlich
starke Bodenversalzung und die Ausbildung eines Nanoreliefs bedingt sind: auf Solonetzböden wer-
den die Horstgrassteppen von Zwerghalbstrauchgesellschaften abgelöst. Der Deckungsgrad der
Krautschicht erreicht 20-40 %.
Verbreitung: Wüstensteppen besiedeln einen schmalen Streifen im Norden der Krim (zwischen den
Flüssen Dnjepr und Molo…na) und in der Kaspischen Niederung einen sichelförmigen Bogen um die
Wolgamündung (von dieser durch die angrenzenden Wüsten getrennt) vom Terek bis zum Ural-
Fluß.
Das Klima ist mäßig kontinental bis kontinental und sehr trocken. Die Jahresmitteltemperatur
beträgt 9-10 °C im Westen und 5-10 °C im Osten. Die Januarmitteltemperaturen schwanken zwi-
schen -3 °C im Westen (absolutes Minimum -34 °C) und -3 bis -13 °C im Osten (absolutes Mini-
mum -40 °C), die Julimitteltemperaturen zwischen 23-24 °C im Westen (absolute Maxima
38-40 °C) und 23-26 °C im Osten (absolute Maxima 41-43 °C). Die mittleren Jahresniederschläge
betragen (100) 200-400 mm.
Im Relief herrschen flache bis sanft-wellige Tiefebenen unter 50 m Meereshöhe vor; sie sind viel-
fach durch flache, abflußlose Senken (Pods) und sumpfige Flußmündungstrichter (Limane) unter-
brochen. Die höchsten Erhebungen liegen im Jergeni-Hügelland (bis 222 m, M18). Im westkaspi-
schen Kaukasusvorland gibt es ausgedehnte Flugsandgebiete mit Dünenrelief (M17). Die Böden

412
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation M

sind vorwiegend solonzierte helle Kastanienböden im Wechsel mit Solonetz-Böden. In zeitweise


vernäßten Senken (Pods) finden sich solonzierte Wiesen- und Gleyböden.
Die wichtigsten Elemente der Pflanzendecke sind Zwerghalbstrauch-Horstgras-Steppengesellschaf-
ten, die Komplexe mit Halophyten-Zwerghalbstrauchgesellschaften auf Solonetzböden bilden. Im
nordkaspischen Gebiet nimmt die Solonetzvegetation die größten Flächen ein. Kleine Senken wer-
den oft von reiner Horstgrassteppenvegetation (Stipa capillata, Festuca valesiaca) ohne Zwerghalb-
sträucher aber mit Kräutern und Sträuchern (Spiraea hypericifolia) eingenommen. In tieferen und
ausgedehnteren Senken sowie Limanen gibt es auch Sumpfwiesen und Röhrichte. Wälder und
Gebüsche sind dagegen außerordentlich selten und auf Taleinschnitte und Schluchten des Jergeni-
Hügellandes beschränkt. An Gehölzen kommen hier Quercus robur, Ulmus laevis, Acer tataricum,
Crataegus monogyna, Euonymus verrucosa, Rhamnus cathartica, Prunus spinosa und Calophaca
wolgarica vor. Wo salzhaltiges Grundwasser dicht unter der Bodenoberfläche ansteht, haben sich
Solonchaks mit Halophyten-Zwerghalbstrauchvegetation (Halocnemum strobilaceum, Salicornia
europaea, Ofaiston monandrum) und Annuellen (Gattungen Salsola, Petrosimonia, Suaeda)
entwickelt.
In den pontischen Wüstensteppen herrschen Stipa-Arten vor, die auch in den Grassteppen anzu-
treffen sind; typisch ist jedoch die Beimischung von Agropyron cristatum subsp. pectinatum, das
manchmal bestandsbildend auftritt. Neben den Horstgräsern sind Zwerghalbstrauch-Synusien aus
pontischen Beifuß-Arten kennzeichnend. Die kaspischen Wüstensteppen werden durch die typisch
kasachische Art Stipa sareptana gebildet; in der kodominierenden Synusie aus Zwerghalbsträuchern
herrschen westkasachische und nordturanische Artemisia-Arten (Artemisia lerchiana, A. pauciflora)
vor. Wegen örtlich und gebietsweise starker Bodenversalzung werden z. T. große Flächen von
halophilen Zwerghalbstrauch-Gesellschaften eingenommen. Die Artenzahl der Gesellschaften ist
niedrig (15-20 Arten), im Frühling treten jedoch viele Ephemeren und Ephemeroiden auf, und der
Deckungsgrad beträgt dann etwa 30 %. Die trockene Halbruhe-Periode ist gegenüber den Echten
Steppen auf ein- bis eineinhalb Monate verlängert.

Gliederung in Kartierungseinheiten
Im Gebiet der Wüstensteppen werden 6 Kartierungseinheiten (M16-M21) unterschieden. Sie glie-
dern sich nach den vorherrschenden Arten sowie nach edaphischen Besonderheiten (Textur und
Versalzungsgrad des Bodens).
In den west- und mittelpontischen Wüstensteppen (M16) sind xerophytische Horstgräser (Stipa
capillata, S. lessingiana, Festuca valesiaca, Agropyron cristatum subsp. pectinatum) die wichtigsten
Komponenten, beigemischt sind xerophytische sowie halophytische Halbzwergsträucher (Artemisia-
Arten, Camphorosma monspeliaca, Frankenia hirsuta). Die nordwestkaspischen psammophytischen
Wüstensteppen (M17) werden von Stipa anomala, S. capillata und Leymus racemosus beherrscht
und unterscheiden sich deutlich von den pontischen Sandsteppen. Sie enthalten aralokaspische bzw.
turanische Florenelemente wie Eremosparton aphyllum, Agriophyllum squarrosum, Imperata
cylindrica.

413
Formation M Karte der natürlichen Vegetation Europas

Die nordwestkaspischen schwach halophilen Wüstensteppen (M18) liegen im Jergeni-Hügelland


und bilden in ihrer Artengarnitur den Übergang von M16 zu M19. Pontische Arten wie Artemisia
taurica sind ebenso verbreitet wie transwolgisch-kasachische Arten (Stipa sareptana, Agropyron
desertorum, Artemisia lerchiana). Die nordkaspischen Wüstensteppen (M19) werden dagegen von
(transwolgisch-)kasachischen Arten aufgebaut (Stipa sareptana, Agropyron desertorum, Tanacetum
achilleifolium). Beide Einheiten (M18, M19) enthalten im Komplex Zwerghalbstrauchvegetation auf
Solonetz-Böden. Die nordkaspischen halophilen Wüstensteppen (M20, M21) wechseln sich ent-
sprechend dem Versalzungsgrad der Böden ab. Die erste Einheit (M20) enthält Zwerghalbstrauch-
gesellschaften mit Artemisia lerchiana, Tanacetum achilleifolium im Komplex mit Steppengesell-
schaften (Agropyron desertorum, Stipa sareptana, Festuca valesiaca). Die zweite Einheit (M21) ist
an die Kaspische Senke gebunden, in der stark salzhaltiges Grundwasser in weniger als 1,5 m Tiefe
ansteht. Typisch ist hier der Komplex mit Atriplex cana-Gesellschaften (östlich der Wolga mit
Anabasis salsa-Gesellschaften) auf Solonchak-Solonetz-Böden.

Literatur
ALECHIN 1934; BALAŠ 1961a; BILYK 1973b; BILYK & TKA„ENKO 1971; DZENS-LITOVSKAJA 1970;
KAMYŠEV 1952; KELLER 1931; OSY„NJUK, BILYK, TKA„ENKO, GENOV & ŠUPRANOV 1976; LAVREN-
KO 1930, 1940, 1980; LAVRENKO & DOCHMAN 1933; LAVRENKO & KARAMYŠEVA 1993; LAVRENKO,
KARAMYŠEVA & NIKULINA (Ed.)1991; SOKOLOVA 1930; TANFIL’EV 1898; TKA„ENKO, GENOV &
MOV„AN 1987; WALTER & BRECKLE 1994; ZALESSKIJ 1918a.

414
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation N

N Oroxerophytische Vegetation (Dornpolstergesellschaften, Tomillaren, Gebirgs-


steppen, z. T. Gebüsche)
Marina Ivanišvili, mit Beiträgen von Udo Bohn

Charakterisierung und typologische Abgrenzung; geographische Verbreitung


Die oroxerophytische Vegetation zeichnet sich durch eine hohe ökologische Spezialisierung der
Arten in Bezug auf Winterkälte, Sommertrockenheit, hohe Strahlungsintensität, Windexposition und
daran angepaßte besondere Lebensformen aus: Dornpolsterzwergsträucher, Zwerghalbsträucher und
kleinblättrige, teils skleromorphe ausdauernde Stauden. Die hier einbezogenen Tomillaren unter-
scheiden sich physiognomisch und floristisch deutlich von der Dornpolstervegetation durch das Vor-
herrschen xerophytischer Zwerghalbsträucher und mehrjähriger Kräuter sowie das Fehlen von Dorn-
polsterpflanzen.
Die oroxerophytische Vegetation nimmt in Europa die sommertrockene oromediterrane Stufe im
zentralen und östlichen Mittelmeergebiet sowie die subalpin-alpine Stufe in Trockengebieten des
Kaukasus ein (vgl. Karte 16), und nur ausnahmsweise werden bei entsprechenden Standortbedingun-
gen auch tiefere Lagen besiedelt. Die Formation ist von Südostspanien (Sierra Nevada, hier bei
Formation C) über die Mittelmeerinseln Korsika, Sardinien, Sizilien, den Südapennin und Südbal-
kan, Kreta, Anatolien, Armenien, den Kaukasus sowie den Iran bis in die mittelasiatischen Gebirge
anzutreffen. Ihre größte phytozönotische Mannigfaltigkeit weist sie in Vorder- und Mittelasien auf.
Die Astragalus-Dornpolstervegetation kommt lokal in Gipfellagen in der Sierra Nevada (innerhalb
C34), auf Sardinien (Mti. del Gennargentu), in Korsika und Kalabrien (La Sila) vor, auf Sizilien an
den oberen Hängen des Ätna und in der Madonie. Im Osten des Mediterrangebietes sind Astragalus-
Dornpolster (weniger Acantholimon-Dornpolster) vor allem in den Gebirgen Südgriechenlands
verbreitet; ferner sind sie charakteristisch für die Ionischen Inseln (Kefallinia) und insbesondere für
Kreta. Im Osten von Bulgarien kommen (vermutlich sekundäre) Astragalus-Dornpolster lokal in
niedrigen Gebirgslagen vor. Im Kaukasus konzentrieren sich die Vorkommen auf die Trockengebie-
te am Nord- und Ostabfall des Großen Kaukasus sowie auf die Steppen- und Wüstengebiete des
Kleinen Kaukasus.

Bestandesstruktur und Physiognomie; floristische Zusammensetzung


Die typischen Dornpolster(Tragacanthen)-Gesellschaften sind dreischichtig und setzen sich aus
einer Zwergstrauchschicht (30-80 cm hoch), einer zwerghalbstrauchreichen Krautschicht und einer
Bodenschicht mit Flechten und Moosen zusammen. Die Krautschicht weist Unterschichten verschie-
den hoher Gräser, Dikotyledonen und Seggen auf. Bei den Tomillaren ist die Schichtung weniger
ausgeprägt.
Die oroxerophytische Vegetation umfaßt Dornpolster-Tragacanthen-Gesellschaften mit vorherr-
schend niedrigwüchsigen, polsterbildenden und vielfach halbkugelförmigen Dorn- und Zwergsträu-
chern (Astragalus-Arten der Untergattung Tragacantha, Onobrychis sect. Dendrobrychis, Acantho-
limon u. a.), seltener dornlose Polsterzwergsträucher (Gypsophila aretioides) und xerophytische

415
Formation N Karte der natürlichen Vegetation Europas

Tomillaren aus der Familie Lamiaceae (Thymus-Arten sect. Camptodromi und Marginati, Salvia,
Stachys, Scutellaria sect. Lupulinaria, Ajuga). Zahlreich vertreten sind überdies ausdauernde
xerophile, oft dornige Kräuter sowie Zwerghalbsträucher der Gattungen Teucrium, Nepeta, Zizipho-
ra, Helichrysum, Onosma, Centaurea sect. Phaeopappus, Cousinia, Artemisia, Asperula, Silene,
Alyssum, Scrophularia, Allochrusa sowie Geophyten der Gattungen Allium, Iris, Muscari, Belleva-
lia, Tulipa. In einigen Ausbildungen der oroxerophytischen Vegetation spielen Gebirgssteppen- und
Steppengräser (Arten der Gattungen Elymus sect. Elytrigia, Festuca, Bromus, Melica, Trisetum,
Bothriochloa) eine bedeutende Rolle.
Für die Formation sind große Formenmannigfaltigkeit und großer Artenreichtum kennzeichnend
(die Artenzahl aller Gesellschaften zusammengenommen erreicht 300); der Anteil an Endemiten ist
infolge der inselartigen Verteilung auf höhere Gebirgsmassive sehr groß. Das Spektrum der Pflan-
zenfamilien entspricht etwa dem im mediterranen Gebiet. Es wird angenommen, daß ein Großteil
der Pflanzenarten während des warm-trockenen Klimas im Spättertiär aus der Irano-Turanischen
Florenregion in das Mediterrangebiet eingewandert ist und sich später durch geographische Isolie-
rung zahlreiche Endemiten herausgebildet haben.

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Nach der neueren pflanzensoziologischen Literatur (vgl. auch RODWELL et al. 2001) werden die
überwiegend endemischen Dornpolster-Gesellschaften – soweit entsprechend bearbeitet – folgenden
Syntaxa zugeordnet:
1) Oroxerophytische bzw. Dornpolstervegetation des Mediterrangebietes
Auf Silikatgesteinen in Korsika und Sardinien (N1)
Carici caryophylleae-Genistetea salzmannii Klein 1972 corr. E. Pignatti et al. in Pignatti et al. 1980
Carici caryophylleae-Genistetalia salzmannii Klein 1972 corr. E. Pignatti et al. in Pignatti et al. 1980
Anthyllion hermanniae (Klein 1972) Gamisans 1977 (5 Assoziationen)
Plantaginion insularis (Gamisans 1968) Pignatti et Nimis 1980
Festuco-Armerion sardoae (Pignatti et Nimis in Pignatti et al.) Pignatti in Rodwell et al. hoc loco (2 Asso-
ziationen)
Auf vulkanischem Silikatgestein in Sizilien (Ätna) (N2)
Rumici-Astragaletea siculi E. Pignatti et al. in E. Pignatti et al. 1980
Rumici-Astragaletalia siculi E. Pignatti et al. in E. Pignatti et al. 1980
Rumici-Astragalion siculi Poli 1965 (2 Assoziationen)
Auf basenreichem bzw. Karbonatgestein in Griechenland (N4)
Polsterheiden bzw. Kalkrasen
Daphno-Festucetea Quézel 1964
Daphno-Festucetalia Quézel 1964
Astragalo-Seslerion Quézel 1964
Scutellarietalia hirtae Zaffran 1990 (oromediterrane Kalkvegetation auf Kreta)
Verbascion spinosi Zaffran 1990 (auf Kalkstein)
Scutellarion hirtae Zaffran 1990 (auf Kalkschutt)
Campanulion jacquinii Zaffran 1990 (auf Kalkfelsen)
Oroxerophytische Schuttfluren auf basenreichen Gesteinen
Thlaspietea rotundifolii Br.-Bl. 1948 (Drypetea spinosae Quézel 1964)
Drypidetalia spinosae Quézel 1964
Silenion caesiae Quézel 1964 (auf Kalkschutt)
Campanulion hawkinsianae Quézel 1967 (auf Serpentinschutt)

416
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation N

2) Oroxerophytische Dornpolstervegetation der Kaukasusregion und Ostanatoliens


Dornpolstervegetation auf Silikatgesteinen im Kaukasus (N5-N8)
Syntaxonomisch bisher nicht bearbeitet, eventuell zur anatolisch verbreiteten Klasse Astragalo-Brometea Quézel
1973 gehörig.

Makroklimatische Gegebenheiten
Das Klima im Gebiet der oroxerophytischen Vegetation ist durch die Höhenlage und durch mediter-
rane bzw. kontinentale Ausprägung gekennzeichnet: relativ niedrige Jahresniederschläge, kalte Win-
ter mit Schneebedeckung, warme, trockene Sommer mit starker Sonneneinstrahlung und Wasser-
defizit. Die Jahresmitteltemperatur beträgt in Abhängigkeit von der Meereshöhe 5-10 °C im Westen
(Mediterrangebiet) und (6) 9-13 °C im Osten (Kaukasusregion). Entsprechend liegen die mittleren
Temperaturen im Juli bei (8) 12-15 °C im Westen und (16) 20-25 °C im Osten. Die mittleren
Monatstemperaturen im Januar betragen im Westen -1 bis -7 °C, im Osten -3 bis -7 °C. Bei den
mittleren Jahresniederschlägen gibt es deutliche Unterschiede. Während in den Gebirgslagen im
Mittelmeergebiet ca. 1000-1500 mm fallen, sind es in der Kaukasusregion nur 300-500 (800) mm.
Besonders charakteristisch für die oroxerophytische Vegetation ist die sommerliche Dürreperiode,
die im Westen mindestens 3 Monate, im Osten 4-5 Monate währt. Für die oromediterrane Stufe im
Westen ist eine winterliche – z. T. 3-5 Monate dauernde – Schneebedeckung typisch. Die Aus-
bildung dichter Dornpolster stellt eine Anpassung an Trockenklimate dar, indem hier – neben dem
Verdunstungsschutz – eine stärkere Kondensation der Luftfeuchtigkeit zustande kommt und ein
besserer Schutz gegen Einstrahlung und Verdunstung gegeben ist.

Standortbedingungen
Die Standorte der oroxerophytischen Vegetation sind steinige bis felsige Berghänge sowie Plateaus
und Berggipfel mit skelettreichen, teils auch mergeligen Böden. Flachgründige und wenig ent-
wickelte Gebirgsböden aus Silikat- und Karbonatgesteinen herrschen vor (Ranker, Rendzinen bzw.
Leptosols). Örtlich bilden basische Eruptivgesteine das vorherrschende Ausgangsgestein (Sizilien,
Kaukasus). In tieferen Lagen namentlich der Kaukasusregion reicht die Bodenentwicklung teils bis
zu Braunerden (Cambisols) und Kastanienfarbigen Steppenböden (Kastanozems).

Rolle im Landschaftsgefüge
Die oroxerophytische Vegetation ist primär in winterkalten und sommertrockenen Hochgebirgslagen
oberhalb der Waldgrenze im Mediterrangebiet (z. B. Ätna, Peloponnes, Kreta) sowie in Trockentä-
lern und Gebirgssteppengebieten der Kaukasusregion angesiedelt. Entsprechend ist sie Bestandteil
unterschiedlichster Vegetationskomplexe und hat regional ganz verschiedene Kontaktgesellschaften:
zu den niedrigeren Lagen hin meist xerophytische Gebirgs-Laub- oder Nadelwälder, in der Kauka-
susregion auch Waldsteppen, Gebirgssteppen, xerophytische Busch- oder Lichtwälder sowie Zwerg-
halbstrauch-Wüsten.
Bei den tiefergelegenen Vorkommen im Mittelmeergebiet (N1, Sardinien), im Ostbalkan (N3) und
in Osttranskaukasien (N6) dürfte es sich um durch Waldrodung und jahrhundertelange Beweidung

417
Formation N Karte der natürlichen Vegetation Europas

aus xerothermen Laub- und Nadelwäldern sowie Steppen- und Buschwäldern hervorgegangene
Sekundärgesellschaften handeln. Hier gehören xerophytische Baum- und Straucharten (z. B. Schibl-
jak-Formation) sowie Steppenelemente von Natur aus zum Arteninventar.

Erhaltungszustand, Landnutzung, Ersatzgesellschaften; Naturschutz


Die landwirtschaftliche Nutzung beschränkt sich in der Regel auf eine mehr oder weniger intensive
Beweidung der Flächen mit Schafen und Ziegen. Hierbei kommt es zu einer Förderung der dornen-
bewehrten und aromatischen Zwergsträucher und Zwerghalbsträucher sowie der skleromorphen
Horstgräser. Durch Beweidung wurden die unterhalb angrenzenden Bergwälder (z. B. Abies cepha-
lonica-Wälder in Griechenland) in sekundäre Dornpolstergesellschaften umgewandelt. Entsprechen-
des gilt auch für angrenzende Grassteppen und hemixerophytische Laubwälder im Kaukasus.
Im Mittelmeergebiet stellen ferner Tourismus und Wintersport örtlich eine Bedrohung der natur-
nahen Vegetation dar. Zum Erhalt dieser Vegetationstypen mit ihren zahlreichen Endemiten sollten
größere Flächen in Schutzgebiete (u. a. Nationalparke, Biosphärenreservate) integriert werden. In
Fällen sekundärer Vorkommen dürfte zur dauerhaften Erhaltung der Vegetation die Fortführung
einer extensiven Beweidung von Vorteil sein.

Gliederung in Untereinheiten
Die Kartierungseinheiten der Formation N weisen je nach Verbreitungsgebiet und Geländesituation
ganz unterschiedliche Vegetationskomplexe und Artenverbindungen auf. Infolge des großen floristi-
schen Artenreichtums und einer Vielzahl an Regional- und Lokalendemiten (oft von Bergmassiv zu
Bergmassiv wechselnd) sind selbst die einzelnen Kartierungseinheiten sehr heterogen zusammenge-
setzt. Das Verbindende sind oft nur strukturelle Merkmale, gemeinsame Gattungen und einzelne ge-
meinsame Arten. Nach der geographischen Lage, dem Florengebiet und der Geländesituation lassen
sich die Kartierungseinheiten in zwei Gruppen, die oromediterranen (N1, N2, N4) und die kaukasi-
schen (N5-N8) gliedern. Die thrazische Einheit (N3) fällt aus dem Rahmen, sowohl was die Höhen-
verbreitung (unteres Bergland), als auch was die Natürlichkeit betrifft (vermutlich Ersatzgesellschaf-
ten von subkontinentalen thermophilen Eichenwäldern).
Die Kartierungseinheiten im M i t t e l m e e r g e b i e t markieren jeweils die höchsten Gebirgslagen
oberhalb der natürlichen bzw. aktuellen Waldgrenze von Korsika, Sardinien (N1), Sizilien (N2),
Südgriechenland und Kreta (N4).
Gesteine (Silikat- und Karbonatgesteine), Relief und Standortmosaike sind in allen Gebirgen sehr
verschieden, weshalb auch die Vegetationskomplexe stark voneinander abweichen. Neben den
Dornpolstergesellschaften und Tomillaren, die jeweils die zonale Vegetation bilden, kommen hier
regelmäßig auch Felsspaltengesellschaften, Gesteinsschuttfluren und Rasengesellschaften vor.
Neben einigen weitverbreiteten gemeinsamen Arten sind alle Gebirge durch eine Reihe spezifischer
endemischer Arten und z. T. auch Gesellschaften charakterisiert und voneinander unterschieden.
Nach unten schließen auf Korsika Buchen- und Kiefernwälder (F145), auf Sardinien supramediterra-
ne thermophile Eichenwälder (G43) und in Griechenland Buchen- und Kiefernwälder (F148, K31)

418
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation N

an. Am stärksten anthropo-zoogen beeinflußt und – auch in der Ausdehnung – gefördert dürften jene
auf Korsika und Sardinien sein, wo sie zum Teil auch potentielle Waldstandorte einnehmen (Höhen-
verbreitung zwischen 1200 und 2200 m); gleiches gilt für die Vorkommen in Bulgarien.
Im K a u k a s u s ist die Dornpolstervegetation nicht auf die höchsten Gipfellagen konzentriert,
sondern vielmehr auf trockene Gebirgstäler und Berghänge im Regenschatten der Hochgebirgs-
massive. Sie verteilen sich auf die nach Norden und Osten gerichteten Täler des Großen Kaukasus
(N5) und auf bestimmte Lagen in den transkaukasischen Trockengebieten (N6-N8). Viele dieser
Vorkommen dürften durch jahrhundertelange menschliche Nutzung und Beweidung aus anderen
Vegetationsformen (Steppen- und xerotherme Buschwälder, Grassteppen) hervorgegangen sein.
Alle Kartierungseinheiten zeichnen sich durch großen floristischen Reichtum aus und unterscheiden
sich durch Situation, Vegetationsmosaike und lokale Endemiten. Im Kaukasus sind die Astragalus-
Dornpolstergesellschaften am weitesten verbreitet; die Onobrychis-Gesellschaften sind weniger
häufig und vorwiegend an Karbonatgesteine gebunden. Acantholimon-Gesellschaften treten in Kom-
plexen mit den oben angeführten Typen auf, und die Arten dieser Gattung spielen hier als Kodomi-
nanten eine wichtige Rolle. Tomillaren sind nur fragmentarisch im Areal der oroxerophytischen
Vegetation anzutreffen und kommen in den trockenen Beckenlagen am Araks am häufigsten vor.
Die oroxerophytische Vegetation ist im Kaukasus von den Vorgebirgen bis ins Hochgebirge anzu-
treffen; ihre Hauptverbreitung liegt in Höhen zwischen 1000 und 1500 m. In den Vorgebirgen und
im Vorland (Dagestan, Hochland von Iori-Šeki, auf dem Berg Urcs) kommt sie zusammen mit
Wacholder-Lichtwäldern vor, in Mittelgebirgen (Zentral-Karabach) mit Eichen- und Eichen-Hain-
buchenwäldern. An der oberen Verbreitungsgrenze (Dagestan, Ostkaukasus, Armenien, Talysch-
Gebirge) bildet sie Komplexe mit Gebirgssteppengesellschaften (Kartierungseinheit M11).
Die typischen Standorte sind steinige bis felsige Berghänge mit skelettreichen, z. T. schwach ent-
wickelten Gebirgsböden auf Kalksteinen, Mergeln und Tonschiefern.
Sehr vielgestaltig ist die oroxerophytische Vegetation (N7) im Naturschutzgebiet Khosrov (Arme-
nien östlich Jerevan), wo sie vom Vorgebirge bis ins Hochgebirge reicht. Tomillaren mit Thymus
kotschyanus, Salvia hydrangea, Stachys inflata u. a. sind für das Hügelland typisch. In Höhen von
1600-2400 m sind verschiedene Dornpolster-Gesellschaften anzutreffen: in den unteren Lagen
herrschen dort Astragalus-Gesellschaften vor (Astragalus microcephalus, A. aureus, A. strictifolius,
A. lagopoides, A. uraniolimneus), an der oberen Grenze werden sie von Onobrychis cornuta-
Gesellschaften mit Acantholimon-Arten abgelöst.

Literatur
BERGMEIER 2002b; GAMISANS 1977; GAMS 1956; HORVAT, GLAVA„ & ELLENBERG 1974; IVANIŠVI-
LI 1973; KÜRSCHNER 1986a, 1986b; NACHUCRIŠVILI 1999; PIGNATTI S., PIGNATTI E., AVANZINI &
NIMIS 1977; PIGNATTI E., PIGNATTI S., NIMIS & AVANZINI 1980; QUÉZEL 1964, 1967a; WALTER
1974.

419
Formation O Karte der natürlichen Vegetation Europas

O Wüsten
Irina N. Safronova, mit Ergänzungen von Udo Bohn

Geographische Verbreitung; Charakterisierung und typologische Abgrenzung


Die Formation der Wüsten (O) kommt in Europa nur am Südostrand in der Kaspischen Senke und
in Osttranskaukasien vor (vgl. Karte 16). In der Kaspischen Senke nehmen Wüsten einen Gürtel
vom Mündungsgebiet der Kuma entlang des Nordwestufers des Kaspischen Meeres bis zum Ural-
Fluß als Ostgrenze des Kartierungsgebietes ein. Die südlichen Wüsten in Osttranskaukasien sind
kleinflächiger und bedecken die Ebenen der Flüsse Kura und Araks bis zu deren Mündungsgebiet
am Kaspischen Meer. Diese Wüstengebiete gehören zur Irano-turanischen Unterregion des Sahara-
Gobi-Wüstengürtels und bilden den westlichen Abschnitt. Die Irano-turanischen Wüsten ziehen sich
vom Jergeni-Hügelland im Westen fast 3 000 km nach Osten bis zu den Gebirgen Dñungarskij
Alatau und Tarbagataj an der kasachisch-chinesischen Grenze hin. Im Norden werden die Wüsten
von der eurasiatischen Steppenzone begrenzt (um 48/ nördl. Breite zwischen Wolga und Ural). Im
Süden reicht die Wüstenzone bis zu den mittelasiatischen Gebirgen Kopetdag, Alai-Pamirkette und
Tian-Shan (Tjan-Šan) an der Nordgrenze der Länder Iran, Afghanistan und China.
Wüsten zeichnen sich aufgrund des ariden Klimas (unter 200 mm Jahresniederschlag) durch einen
geringen Deckungsgrad und niedrigen Wuchs der dauerhaften Vegetation aus. Gegenüber den
benachbarten Steppen wird die Vegetation nach Süden kontinuierlich lückiger, und die dort vorherr-
schenden Gräser und Stauden werden durch Halbsträucher und Zwerghalbsträucher mit xeromor-
phem Bau (besonders der Gattung Artemisia) ersetzt. Um die geringen Niederschläge effektiv zu
nutzen, bilden die „diffus“ verteilten Einzelpflanzen ein dichtes, weitstreichendes Wurzelsystem aus.
Mit zunehmender Aridität rücken die einzeln stehenden Pflanzen zur sogenannten „kontrahierten
Vegetation“ (vgl. WALTER & BRECKLE 1991a) flecken- oder linienhaft auf günstigeren Standorten
zusammen, und größere Flächen sind vegetationslos. Neben der Dauervegetation ist das Vor-
kommen von Ephemeren bzw. Ephemeroiden (= ephemere Geophyten) und ihr kurzer ein- bis
zweimonatiger Entwicklungszyklus nach Regenfällen typisch für Wüsten. Während die Ephemeren
als Samen die Trockenperioden überstehen (Therophyten), besitzen Ephemeroide unterirdische
Überdauerungsorgane, z. B. in Form von Zwiebeln (Geophyten). Zusätzlich zum Dürrestreß sind
Wüstenpflanzen häufig einer erhöhten Salzkonzentration in den Böden ausgesetzt und entsprechend
angepaßt.
In der Irano-turanischen Wüsten-Unterregion kann man in bezug auf vorherrschende Arten, Struktur
der Gesellschaften, Jahresrhythmus der Vegetationsentwicklung und Ökologie von Norden nach
Süden 3 Unterzonen unterscheiden: nördliche, mittlere und südliche Wüsten.
Die europäischen Wüstengebiete gehören zu den winterkalten Wüsten und gliedern sich in die
nördlichen planaren Zwerghalbstrauch-Wüsten in der Kaspischen Senke (O1-O4) und in die
südlichen planar-kollinen Zwerghalbstrauch-Wüsten mit Ephemeroiden (O5-O10) in Osttranskau-
kasien (in der Kura-Tiefebene sowie am Fluß Araks).

420
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation O

O.1 Nördliche planare Zwerghalbstrauch-Wüsten


Bestandesstruktur und Physiognomie; floristische Zusammensetzung
Die Wüstenvegetation dieses Gebietes umfaßt Gesellschaften mit vorherrschend xerophilen, hyper-
xerophilen sowie mäßig thermophilen Pflanzen. Die Struktur der lockeren bis lückigen Bestände
besteht aus 2(-4) Schichten mit verschiedenen Lebensformen (Zwerghalbsträucher, Halbsträucher,
Sträucher, Bäume, mehrjährige bis ausdauernde Kräuter und Gräser, Annuelle, Moose und Flech-
ten). Unter den Zwerghalbsträuchern dominieren Artemisia-Arten (Untergattung Seriphidium: Arte-
misia lerchiana, A. pauciflora sowie Untergattung Dracunculus: A. arenaria), außerdem Chenopo-
diaceae (Anabasis-, Salsola-Arten u. a.). Eine wichtige Rolle spielen ferner Sträucher und Halb-
sträucher (Arten der Gattungen Astragalus, Atraphaxis, Calligonum, Ephedra, Haloxylon, Salsola),
vereinzelt auch niedrige Bäume der Gattungen Ammodendron und Haloxylon. Höhere Deckungs-
grade erreichen ferner Ephemeroide und Hemiephemeroide (perennierende Kräuter und Gräser mit
kurzer Vegetationsperiode) aus den Gattungen Allium, Carex, Eremurus, Ferula, Poa, Rheum,
Tulipa u. a. sowie Annuelle mit der Vegetationsperiode im Sommer und Herbst (Halogeton-,
Petrosimonia-, Salsola-, Suaeda-Arten u. a.) und Annuelle mit der Vegetationsperiode im Frühling
(Arten der Gattungen Alyssum, Bromus, Eremopyrum, Koelpinia, Tetracme, Veronica u. a.).
Dagegen haben ausdauernde Pflanzen mit langer Vegetationsperiode wie Centaurea-, Cousinia-,
Gypsophila-, Inula-, Jurinea-, Silene-Arten eine geringere Bedeutung.
Moose, Flechten und Algen spielen mengenmäßig nur eine untergeordnete Rolle. Eine Ausnahme
bildet das in Sandwüsten stellenweise häufige Moos Tortula caninervis.
Im Gebiet der Nordkaspischen Wüsten wurden etwa 700 Gefäßpflanzenarten nachgewiesen. Neben
ausgesprochenen Wüstenpflanzen handelt es sich obendrein um Ufer- und Wasserpflanzen an den
Flüssen Wolga und Ural und um Vertreter der Steppenvegetation. Die Florenarmut beruht auf dem
geringen Alter dieser Region, die am Ende des Tertiärs und Anfang des Quartärs zahlreichen
Meeres-Transgressionen von Schwarzem und Kaspischem Meer ausgesetzt war.
Artenarme Phytozönosen mit 10-15 Arten herrschen vor. Auf Sanden, steinigen oder schuttreichen
Böden kann sich die Artenzahl auf 30-40 erhöhen. Wüstenpflanzengesellschaften sind relativ lückig
bis offen (durchschnittlicher Deckungsgrad 40 %, Maximum 45 %, Minimum 2-3 %). Die unter-
irdischen Pflanzenteile bilden jedoch ein mehr oder weniger geschlossenes Netz von Wurzeln und
Ausläufern. In feuchteren Perioden, in denen sich Annuelle massenhaft entwickeln, kann der
Deckungsgrad zeitweise 80-90 % erreichen.

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Nach dem russischen Klassifikationssystem werden die zonalen Vegetationsbestände verschiedenen
Gesellschaften zugeordnet, die meist von Beifußarten (z. B. Artemisia lerchiana, A. pauciflora)
beherrscht und nach den dominierenden und kodominierenden Arten benannt werden.
Nach der Übersicht des European Vegetation Survey von RODWELL et al. (2001) läßt sich die zonale
Vegetation der Kartierungseinheiten der Klasse Artemisietea lerchianae Golub 1994 em. Mucina
1997 zuordnen. Die binnenländische Salzvegetation gehört danach zur Klasse der Puccinellio-

421
Formation O Karte der natürlichen Vegetation Europas

Salicornietea Topa 1939, die der Trockengebüsche zur Ordnung Tamaricetalia ramosissimae Golub
et Kuzmina 1996.

Makroklimatische Gegebenheiten
Das Klima der winterkalten Wüsten in der submeridionalen Zone ist gekennzeichnet durch ausge-
prägte Aridität und Kontinentalität: sehr geringe Niederschlagsmengen (50-250 mm), starke Ver-
dunstung, die die Jahresniederschläge bis um das Zehnfache übersteigt, ausgesprochene Trockenheit
während der Vegetationsperiode, hohe Sommertemperaturen (Julimittel 24-27 °C) und kalte Winter
(Januarmittel -15 bis -10 °C) mit geringer Schneedecke. Die mittlere Jahrestemperatur liegt ent-
sprechend den niedrigen Werten im Winter bei 3-5 °C. Die Niederschläge fallen im Winter und
Frühjahr, sind aber durch das Auftreten von Dürrejahren sehr unregelmäßig verteilt.

Standortbedingungen und Vegetationstypen


Die klimatischen Extreme in den Wüsten und das Fehlen einer geschlossenen Vegetationsdecke
haben die Entwicklung typischer Wüsten-Reliefs mit ausgeprägten Erosionsformen und äolischen
Prozessen zur Folge. Unter ariden klimatischen Bedingungen wächst die Bedeutung des Reliefs und
der primären Gesteine für die Bodenbildung. In den turanischen Wüsten herrschen zwei Bodentypen
vor: braune Wüstenböden im Norden und graubraune im Mittel- und Südteil (z. B. Transkaukasien).
Die kaspischen Wüsten des europäischen Teiles von Rußland gehören zur Unterzone der nördlichen
Wüsten. In der Kaspischen Senke herrschen vom Jergeni-Hügelland im Westen bis zum Ural-Fluß
im Osten sandig-lehmige, lehmig-sandige und sandige braune Wüstenböden vor. Die Sande wurden
von den großen Flüssen abgelagert. Westlich des Wolgadeltas treten gehäuft charakteristische
Sandwälle – sogenannte „Ber-Hügel“ – auf. Der größte Teil des Gebietes zwischen Wolga und Ural-
Fluß stellt eine überwehte sandige Ebene mit Barchan-Relief dar. Neben braunen Wüstenböden
nehmen Solonetz, Solonchaks und Takyre (± nackte, ebene bis pfannenförmige Tonböden) größere
Flächen ein.
Die Wüstenvegetation spiegelt die Umweltbedingungen deutlich wider, vor allem Bodenunterschie-
de. Entsprechend den physikalischen und chemischen Bodeneigenschaften lassen sich edaphisch
bedingte Pflanzengesellschaften und Ausbildungen unterscheiden, die z. T. auch strukturell vonein-
ander abweichen.
Pelitophytische Zwerghalbstrauch-Wüsten (auf Tonböden) sind sehr artenarm. Von den ausdauern-
den Arten herrscht oft nur eine Art vor, und 1-3 Arten sind zusätzlich beteiligt. Annuelle sind immer
vorhanden, ihr Anteil hängt jedoch von den aktuellen Feuchtigkeitsbedingungen ab.
Hemipsammophytische Gesellschaften (auf lehmig-sandigen Böden) sind artenreicher. Sie unter-
scheiden sich durch spezifische Synusien aus Gräsern (auf nicht oder schwach salzhaltigen Böden)
oder Zwerghalbsträuchern (bei stärkerer Bodenversalzung).
Auf Sandböden findet man psammophytische (Zwerghalbstrauch-, Halbstrauch-, Strauch-) Gesell-
schaften mit Gräsern (Stipa-Arten, Agropyron fragile), der psammophilen Segge Carex physodes
und spezifischen Sandboden-Kräutern (annuell oder perennierend). Die Artenzahl dieser Phytozöno-

422
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation O

sen liegt mit 30-40 Arten deutlich höher.


Hemipetrophytische Wüsten sind an Steinschuttböden verschiedener Textur gebunden. Für diese
Gesellschaften sind lang- und kurzlebige Gräser sowie perennierende Kräuter typisch. Petrophyti-
sche Wüstengesellschaften haben die vielfältigste Struktur. Es kommen nebeneinander verschiedene
Synusien aus Sträuchern, Halbsträuchern, Zwerghalbsträuchern, Gräsern und Annuellen vor. Ihre
Zusammensetzung hängt von den Gesteinen und deren Alter ab. Hemipetrophytische und petrophyti-
sche Gesellschaften bedecken in der kaspischen Region nur sehr kleine Gebiete, so daß sie in der
vorliegenden kleinmaßstäblichen Karte nicht dargestellt werden konnten.
Halophytische Wüsten auf Solonchak sind durch sehr salztolerante Arten gekennzeichnet, vor allem
durch sukkulente mehrjährige Halophyten (z. B. Halocnemum strobilaceum, Kalidium caspicum,
Salsola dendroides, Suaeda physophora).

Rolle im Landschaftsgefüge
Die nördlichen Wüsten im Gebiet der Kaspischen Senke liegen in einer flachwelligen Tiefebene und
weisen je nach Relief, Bodenart und Wasserhaushalt ganz unterschiedliche Vegetationskomplexe
auf: Zum Teil herrschen Sanddünen, z. T. größere Salzlebensräume mit Salzpfannen und -seen mit
der entsprechenden halophilen Vegetation (Kartierungseinheit P35) vor, z. T. bilden beide einen
kleinräumigen Wechsel. Entlang der Wolga-Achtuba-Niederung treten bei welligem Relief Kom-
plexe aus Artemisia lerchiana- und A. pauciflora-Wüsten mit seggenreichen Artemisia austriaca-
A. abrotanum-Gesellschaften in feuchten Senken auf. Vereinzelt sind Artemisia taurica-Bestände
eingestreut. Am Kaspischen Meer bilden Komplexe aus Salzvegetation (P31) und Röhrichten (R1,
R3) einen Gürtel zwischen Wüste und Meer. Die drei Ströme Wolga, Achtuba und Ural, die die
Wüste durchziehen, werden von Auenvegetation (Hart- und Weichholzauen, Weidengebüsche und
Röhrichte, vgl. U14, U42) begleitet.

Erhaltungszustand, Landnutzung, Ersatzgesellschaften; Naturschutz


Die Wüsten der Kaspischen Senke werden traditionell von Schafen, Kamelen, Rindern und Pferden
beweidet, im Bereich der Kalmückensteppe gibt es gebietweise auch Mähwiesen. Die Intensität der
Beweidung ist regional unterschiedlich und vor allem im Umkreis von Höfen und Siedlungen z. T.
sehr stark bis hin zur Vernichtung der Vegetation und offenen Sandflächen. In der Nähe von Wolga
und Achtuba wurden Bewässerungsfelder zum Anbau von Getreide, Melonen und Gemüse angelegt.
Diese Bewirtschaftung wurde allerdings aufgrund der Bodenversalzung und des hohen Energieauf-
wandes inzwischen weitgehend wieder eingestellt. Gebietsweise erfolgte eine Anpflanzung von
trockenheitsresistenten Gehölzen, insbesondere Ulmus pumila, Calligonum aphyllum, Krascheninni-
kovia ceratoides, Elaeagnus angustifolia.
In der kaspischen Wüstenregion, nahe Tavu-Gašun, existiert ein Naturschutzgebiet, das jedoch
vorrangig dem Schutz der Wildtiere (Saiga-Antilopen) dient. Die geschützten Flächen sind örtlich
überweidet.

423
Formation O Karte der natürlichen Vegetation Europas

Gliederung in Untereinheiten
Die Pflanzendecke der nördlichen planaren Wüsten ist ziemlich monoton. Sie ist charakterisiert
durch das Vorherrschen von Beifuß-Wüsten mit der ostpontisch-westkasachischen Art Artemisia
lerchiana, der kasachisch-nordturanischen Artemisia pauciflora und der pontisch-nordturanischen
Artemisia arenaria. Artemisia lerchiana-Wüsten stellen die zonalen Vegetationstypen der Nord-
kaspischen Wüste dar. Die Art spielt überdies eine wichtige Rolle in der Pflanzendecke der an-
grenzenden südlichen Wüstensteppenzone (vgl. Formation M.2). Gesellschaften mit dominierender
Artemisia pauciflora sind nur im Nordteil der Wüstenzone (nördliche Unterzone der nördlichen
Wüsten) vorhanden. Nach Norden dringt die Art ziemlich weit in die Steppenzone ein, ist jedoch
sowohl in Wüsten als auch in Steppen an salzhaltige Böden gebunden. Artemisia arenaria ist auf
Sandstandorte in den nördlichen Wüsten beschränkt und greift nur wenig auf die Steppengebiete
über.
Die Kartierungseinheiten der nördlichen planaren Zwerghalbstrauch-Wüsten lassen sich ent-
sprechend der Bodenart (Ton, Lehm – pelitophytische Vegetation, lehmiger Sand – hemipsammo-
phytische Vegetation, Sand – psammophytische Vegetation) und dem Salzgehalt gliedern.
Pelitophytische Wüsten (O1-O3) mit unterschiedlich starkem Salzeinfluß bilden einen Streifen an
der Grenze zu den Wüstensteppen und sind entsprechend der Bodenablagerung weiter vom Kaspi-
schen Meer entfernt.
Im europäischen Teil der Kaspischen Senke herrschen hemipsammophytische und psammophyti-
sche Wüsten (O4-O6) vor. Sie werden von Artemisia lerchiana- und A. arenaria-Gesellschaften
sowie Strauchzönosen (Calligonum aphyllum, Tamarix ramosissima, T. laxa) aufgebaut. Während
in den Sandgebieten Mittelasiens und Kasachstans ca. 70 Calligonum-Arten vorkommen, ist in der
Kaspischen Senke als einzige turanische Art Calligonum aphyllum anzutreffen.
Pelitophytische und hemipsammophytische Ausbildungen der Artemisia lerchiana-Wüsten nehmen
eine kleinere Fläche ein als die psammophytischen Wüsten (besonders im Zwischenstromland
Wolga-Ural). Sie weisen auf Grund der reliefbedingten ungleichmäßigen Feuchteverteilung meist
eine Komplexstruktur auf. Es handelt sich um ein genetisch einheitliches Gebiet mit standörtlich
gesetzmäßig angeordneten Gesellschaften. Der Komplex enthält nur wenige (2-4) Vegetations-
komponenten, die in den Kartierungseinheiten entsprechend ihrer Häufigkeit einzeln ausgewiesen
sind (z. B. O1bc).

O.2 Südliche planar-kolline Zwerghalbstrauch-Wüsten mit Ephemeroiden


Im östlichen Transkaukasien kommen spezifische Vorgebirgs-Wüsten mit einer gut ausgeprägten
Synusie ausdauernder Pflanzen mit kurzer Vegetationsperiode (Ephemeroide) vor, die von den
erhöhten Niederschlägen im Vorfeld der Gebirge profitieren.
Diese Wüsten findet man in den Niederungen und im Hügelland der Flüsse Kura und Araks; entlang
des Araks-Flusses dringen sie weit nach Südtranskaukasien vor. Der Südostteil des Kura-Tieflandes
stellt eine alluviale Terrassen-Niederungsebene bis 28 m unter dem Meeresspiegel dar, dessen
Nordwestteil bis 250 m ansteigt und eine lehmige, geneigte Ebene mit vielen ausgetrockneten

424
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation O

Flußbetten bildet. Das Klima ist warm und trocken, mit mildem Winter und sehr warmem Sommer;
die mittleren Jahresniederschläge erreichen 200-300 mm. Dominierender Bodentyp sind grau-
braune Wüstenböden; im meeresnahen Teil herrschen Solonchaks vor.
Die Wüstenvegetation wird auf stark salzhaltigen Standorten von Halophytenvegetation (P36)
abgelöst. Entlang der Flüsse – insbesondere an Kura und Araks – sind Auenwälder (U22) mit einer
Zonierung in Hart- und Weichholzauen vorhanden. Dornpolstervegetation (M11, N6, N7) und
Trockengebüsche bilden die Übergangsvegetation in weniger ariden Gebieten.
In der Pflanzendecke der transkaukasischen Wüsten sind – ebenso wie in der Kaspischen Senke –
Beifußarten bestimmend; die Hauptrolle spielt hier jedoch die südturanische Art Artemisia fragrans
(z. B. O7). In der Kura-Tiefebene herrscht auf Solonchaks örtlich die endemische osttranskaukasi-
sche Art Artemisia szowitziana in den Gesellschaften vor (O10). Verbreitet sind hier außerdem
Zwerghalbstrauch-Gesellschaften aus Salsola-Arten. Diese gliedern sich in Ausbildungen mit der
iranisch-turanischen Art Salsola dendroides (O9) und solchen mit den westiranisch-transkaukasi-
schen Arten Salsola ericoides und S. nodulosa (O8). In den südlichen Wüstengesellschaften sind
Ephemeroiden wie die westmediterrane Art Poa bulbosa und die kasachisch-turanische Catabro-
sella humilis regelmäßig vorhanden.

Literatur
ABDULLAEV et al. 1963; EGOROV, FRIDLAND, IVANOVA, POZOV, NOSIN & FRIEV 1977; GROSSGEJM
1932, 1948; GROSSGEJM & SACHOKIA 1931; IVANOV V.V. 1953b; ANONYMUS 1959 (Klima-Atlas
Kasachstan); KLJUKIN et al. 1968; KUNAEV (Red.) 1982; LADYGINA, RA„KOVSKAJA & SAFRONOVA
(Red.) 1995a, 1995b; LAVRENKO 1962, 1965, 1970; LAVRENKO & NIKOL’SKAJA 1963; LEVINA 1964;
MAGAK’JAN 1941a, 1941b; NACHUCRIŠVILI 1999; PROZOROVSKIJ 1940; PROZOROVSKIJ & MALEEV
1947; RA„KOVSKAJA, SAFRONOVA & CHRAMCOV 1990; RODIN & RUBCOV 1956; SAFRONOVA 1975,
1980a, 1980b; SANGADZIEV et al. 1974; STEPANJAN (Ed.) 1961; WALTER 1974; WALTER & BRECK-
LE 1991a, 1994.

425
Formation P Karte der natürlichen Vegetation Europas

P Küstenvegetation und binnenländische Salzvegetation


Christoph Hettwer, mit Beiträgen von Ofelia-Doina Ivan (pannonische bis pontisch-kaspische
Region)

Charakterisierung und typologische Abgrenzung; geographische Verbreitung


Die Vegetation der Küsten wird durch dynamische Prozesse der Anlandung und des Abtrags von
Lockersedimenten entlang der Meeresküsten sowie meist regelmäßige Überflutung im Rhythmus
der Gezeiten geformt. Außerdem sind starke Winde, Salzgischt und vor allem der Salzgehalt der
Bodenlösung prägende Standortfaktoren. Wegen der extremen ökologischen Bedingungen sind die
klimatischen Unterschiede im Verbreitungsgebiet der Dünen- und Salzvegetation von geringerer
Bedeutung. Zudem weist die Vegetation in der Holarktis weltweit eine ähnliche Zusammensetzung
auf. Die Anpassung der Pflanzen an den Salzgehalt der Böden bedingt das Vorkommen zahlreicher
Halophyten.
Europa hat durch seine starke landschaftliche Gliederung eine lange Küstenlinie. Der Übergangs-
bereich vom Meer zum Land ist je nach den geomorphologischen Gegebenheiten als Watten-,
Dünen-, Kies-, Geröll- oder Felsküste ausgebildet. In der Formation P wird die Vegetation von
Dünenküsten und von Flachküsten mit Salzstandorten zusammengefaßt. Sie kommen in den auf den
Karten 17 und 18 bezeichneten Räumen in größerer Ausdehnung vor, sind aber auch in den nicht
kartierten Gebieten (z. B. norwegische Küste, Nordspanien) zumindest kleinflächig vorhanden. Die
der Salzgischt ausgesetzten Felssims- und Felsspaltengesellschaften an den Felsküsten wurden nicht
der Formation P zugeordnet, sondern sind aufgrund räumlicher Komplexbildung mit den atlanti-
schen Zwergstrauch-Küstenheiden Bestandteil der Formation E.
Außer an den Meeresküsten existieren aufgrund geologischer, hydrologischer, edaphischer und
klimatischer Besonderheiten auch im Binnenland saline Standorte, die von einer speziellen halophy-
tischen Flora besiedelt werden und als binnenländische Salzvegetation kartiert wurden. Ihre Ver-
breitungsschwerpunkte liegen im pannonischen Raum, in Rumänien, in der pontischen Region und
vor allem im Umfeld des Kaspischen Meeres.
Die Küsten sind starken morphologischen Veränderungen unterworfen. Sedimentation und Erosion
gestalten die Oberfläche ständig neu, wodurch sich räumlich und zeitlich sehr wechselvolle Stand-
ortverhältnisse ergeben. Entscheidende Faktoren sind Tidenhub, Wellenschlag, Salzgehalt, Strö-
mung und Wind. An den Küsten der Nordsee beträgt der Tidenhub 0,5-5 m, in trichterförmigen
Flußmündungen am Atlantik erreicht der Gezeitenunterschied über 8 m (Bristolkanal), im Kattegat
der Ostsee 30-40 cm. Weiter östlich gibt es nur noch tideunabhängige Schwankungen des Wasser-
körpers durch Windeinwirkung. Das Mittelmeer hat als weitgehend abgeschlossener Wasserkörper
ebenfalls nur einen geringen Tidenhub.
Im marinen Bereich wird nur die Vegetation der Dünen und Salzmarschen dargestellt, die sublitora-
len Lebensräume (mit Algen-Gesellschaften, Seegraswiesen mit Zostera-Arten und Posidonia spp.)
bleiben dagegen weitgehend unberücksichtigt.

426
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation P

Bestandesstruktur und Physiognomie


Die Küstenvegetation zeichnet sich durch offene Bestandesstruktur und starke Dynamik aus. Meist
ist sie ein- oder zweischichtig; in späteren Entwicklungsstadien können auf terrestrischen Standorten
auch Strauch- und Baumschichten hinzukommen. Eine wichtige Rolle spielen lückige Pioniergesell-
schaften mit wenigen Arten. Die Wuchsplätze werden durch Einwirkung von Meeresströmung,
Brandung und Wind oft umgestaltet und in ihrer Entwicklung gestört. Entsprechend ergibt sich ein
Mosaik aus verschiedenen Sukzessionsstadien auf engem Raum.
Die Lebensformenspektren der europäischen Küstenvegetation werden von Hemikryptophyten und
Therophyten bestimmt. Chamaephyten, (Rhizom-)Geophyten und Helo-Hydrophyten sind in der
Regel erst an späteren Entwicklungsstadien beteiligt oder spielen nur eine untergeordnete Rolle.
Im ökologischen Spektrum herrschen Halophyten, Psammophyten und Sumpfpflanzen vor, wobei
es sich fast durchweg um stark spezialisierte Pflanzenarten handelt. Diese sind an die besonderen
Bedingungen der Küstendünen (ständige Windverlagerung, geringe Nährstoffgehalte, örtliche Salz-
anreicherung, z. T. große Feuchtigkeits- und Wärmeschwankungen) oder des Watts (reich an orga-
nischem Material und Kalk, salzhaltig, Überflutung und Freiliegen im Rhythmus der Gezeiten)
angepaßt. So besitzen viele Arten weitstreichende (Ammophila arenaria) oder tiefreichende (Eryngi-
um maritimum) Wurzelsysteme. Um die Transpiration herabzusetzen, rollen Pflanzen ihre Blätter
ein (Ammophila arenaria), besitzen eine dichte Behaarung (Otanthus maritimus) oder sind sukku-
lent (Salicornia europaea).

Floristische Zusammensetzung (Artengefüge)


Wie in vielen extremen Lebensräumen gedeihen auch an den Meeresküsten nur relativ wenige
Gefäßpflanzenarten, oft jedoch in großer Individuenzahl. Die Flora setzt sich aus Vertretern zahlrei-
cher Familien zusammen. Die Chenopodiaceen weisen in den Gattungen Salsola, Suaeda, Atriplex,
Salicornia, Arthrocnemum, Anabasis u. a. viele halophytische Sippen auf. Teilweise enthalten die
Gattungen sowohl annuelle als auch ausdauernde Sippen (Suaeda maritima – S. vera). Weitere
wichtige Gefäßpflanzenfamilien mit salztoleranten Sippen sind die Frankeniaceae mit der Gattung
Frankenia (6 Arten), die Zygophyllaceae mit der Gattung Zygophyllum und die Plumbaginaceae mit
den Gattungen Limonium, Armeria und Limoniastrum. Es gibt auch salztolerante Gräser in den
Gattungen Puccinellia, Elymus, Spartina und Parapholis, ferner Cyperaceae und Juncaceae.
Während unter den Farnen Halophyten extrem selten sind, enthalten die Moosgattungen Pottia und
Bryum einige halophytische Arten.
In den Dünen spielen halophytische Arten nur in den Anfangsstadien eine dominierende Rolle,
später werden sie von Psammophyten abgelöst. Gerade unter den Gräsern gibt es Arten, die an die
geringe Wasserspeicherkapazität des Sandes angepaßt sind (Ammophila arenaria, x Calammophila
baltica, Festuca rubra subsp. arenaria, Corynephorus canescens).

427
Formation P Karte der natürlichen Vegetation Europas

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Die Pflanzengesellschaften der Küstenvegetation werden verschiedenen Klassen zugeordnet.
Gesellschaften der weltweit verbreiteten Klasse Cakiletea maritimae Tx. et Preising ex Br.-Bl. et
Tx. 1952 siedeln im Bereich der Spülsäume an Sand- und Kiesstränden und enthalten zahlreiche
nitrophile sommergrüne Therophyten. Die Klasse der Ammophiletea Br.-Bl. et Tx. ex Westhoff et
al. 1946 mit Rhizomgräsern, -seggen und Zwergsträuchern charakterisiert die Küstendünen. Großen-
teils boreo-atlantisch verbreitete Gesellschaften mit ausdauernden Arten salz- und stickstoffreicher
Standorte der Kies- und Felsküsten bzw. junger Dünen gehören zur Klasse Honckenyo-Elymetea Tx.
1966.
Die Vegetation der Seemarschen wird – entsprechend ihrer Überflutungsdauer und Zonierung –
meist in mehrere Klassen eingeteilt: Die Thero-Salicornietea Tx. in Tx. et Oberd. 1958 umfassen
die annuellen Pioniergesellschaften mit Salicornia, Suaeda und anderen halo-nitrophilen Arten der
tidebeeinflußten Wattenküste. Teilweise wird die Pioniervegetation auch von ausdauernden
Schlickgrasfluren der Spartinetea maritimae Tx. in Beeftink 1962 gebildet, die ebenfalls in der Zone
um das mittlere Tide-Hochwasser im Schlickwatt siedeln. Bei weiterer Aufschlickung folgen
ausdauernde Salzwiesen und Salzrasen der Klasse Juncetea maritimi Br.-Bl. in Br.-Bl. et al. 1952,
die nur bei Springtiden und Sturmfluten vom Salzwasser überspült sind. Flächen mit wechselhalinen
Bedingungen bzw. auf wechselfeuchten offenen oder gestörten Standorten werden von Strand-
Mastkrautgesellschaften (Saginetea maritimae Westhoff et al. 1962) eingenommen. Als mediterra-
nes und kontinentales Gegenstück zu den Thero-Salicornietea gilt die Klasse Salicornietea frutico-
sae Br.-Bl. et Tx. ex A. de Bolòs et Vayreda 1950, die durch ausdauernde Salzpflanzen gekenn-
zeichnet ist. Die natürliche Vegetation der meeresabgewandten Küstenbereiche besteht aus Heiden,
Trockenrasen, Gebüschen und Wäldern der entsprechenden Klassen. In Brackwasserzonen kommen
Röhrichte vor. Die Salzvegetation des Binnenlandes wird ebenfalls in der Klasse Salicornietea
fruticosae zusammengefaßt.

Makroklimatische Gegebenheiten
Entsprechend dem azonalen Charakter der Küstenvegetation und der weiten Verbreitung in Europa
(arktische bis meridionale Zone) liegt die Jahresmitteltemperatur zwischen -2 °C in der arktischen
Zone und 19 °C am Mittelmeer; die Jahresniederschläge betragen im Nordwesten bis 2000 mm, im
Südwesten (Almeria in Südostspanien) bzw. Südosten (am Kaspischen Meer) nur 200 mm. An den
atlantischen Küsten Norwegens wirkt sich der Golfstrom mildernd auf das maritime Klima aus.

Standortbedingungen; ökologische Gliederung


Die Böden sind wegen ihrer meist kurzen Entwicklungszeit nur wenig differenziert. In der Regel
bestehen sie aus Ablagerungen allochthoner Sande, Schluffe und Tone. Regional sind auch (z. B.
infolge isostatischer Landhebung) autochthone Materialien am Bodenaufbau beteiligt.
In den Dünenlandschaften herrschen nährstoffarme Sandböden (Arenosols, Regosols) mit unter-
schiedlich weit entwickelter Humusschicht vor. Die Wattböden sind semisubhydrische Böden, die

428
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation P

Marschen im Einflußbereich der Gezeiten gehören zu den semiterrestrischen Böden und werden den
Fluvisols (FAO-System) zugeordnet (im Horizontaufbau ähneln sie den Gleysols). Für die
(sub)kontinentalen Binnensalzstandorte sind Solonchaks und Solonetzböden kennzeichnend.

Rolle im Landschaftsgefüge
Die Küsten mit ihrer standortspezifischen Vegetation stellen beeindruckende Landschaften dar, die
in vielen Regionen noch den naturnahen Zustand widerspiegeln. Oft sind es großflächige Offen-
standorte, die landeinwärts von verschiedenen zonalen Waldgesellschaften abgelöst werden: boreale
Birken- und Nadelwälder im Norden, temperate Laubwälder im Norden und Westen, meridionale
Hartlaubwälder im Süden.

Erhaltungszustand, Landnutzung, Ersatzgesellschaften; Naturschutz


Dünen gehören – gemeinsam mit den Feuchtgebieten – zu den Lebensräumen, die unter größtem
anthropogenem Zerstörungsdruck stehen. Festlegung, Bepflanzung, Bebauung, Rohstoffgewinnung
und Badebetrieb sind die Hauptgründe für die zunehmende Zerstörung in den zurückliegenden
Jahrzehnten. Man schätzt, daß mehr als 75 % der mediterranen Dünenstandorte im letzten Jahr-
hundert vernichtet wurden. Die atlantischen Küstenabschnitte haben weniger gelitten, doch wurden
auch dort mehr als ein Drittel aller Dünen in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zerstört
oder nachhaltig in ihrer Struktur verändert. Die traditionelle Nutzung von Dünenlandschaften ist die
extensive Beweidung, die in vielen atlantischen Dünengebieten bis in die 1950er und 60er Jahre
hinein erfolgte und die Struktur und Flora der landseitigen Dünenabschnitte bestimmte. Die Nutzung
der Dünen hat in zahlreichen europäischen Dünensystemen (Niederlande, Cotentin, mittleres
Westfrankreich, Portugal u. a.) tiefgreifende und irreparable Schäden verursacht. Örtlich dienen die
Flächen zur Trocknung von Seetang, der in der Landwirtschaft und Industrie weiterverarbeitet wird
(Alginate). Weitere, eher marginale Nutzungsformen der Dünen sind Pflanzensammeln (Marasmius,
Eryngium) und die Kaninchenjagd.
Der Bedarf an Rohstoffen für die Bauindustrie hat stark zugenommen, besonders der an Sand und
Kies. Wurden diese Rohstoffe früher hauptsächlich in Sandgruben des Binnenlandes geschürft, so
baut man heute in großem Maßstab küstennahe Sandformationen ab. Dieser Raubbau führte bereits
zur Zerstörung ganzer Dünenformationen sowohl durch direkten Abbau als auch in seiner Folge
durch Sturmereignisse, so daß tiefergelegene Gebiete heute von Überschwemmungen bedroht sind
(so in der Picardie, Baie d‘Audierne etc.). Auch Lagerstätten von reinen Quarzsanden sind durch
Abbau zur Siliziumgewinnung bedroht (z. B. Dungeness in Kent).
Dünen und Strände sind besonders am Mittelmeer sommerliche Touristenattraktionen. Dies führt zu
einer Zerstörung der Lebensräume durch Trittbelastung, wildes Campen und Parkplätze, ferner
durch die Anlage von Motocross-Strecken und durch die illegale Umgestaltung der Dünensysteme
für den Badebetrieb (Planieren von Dünen zur Erweiterung der Strandfläche, Säubern des Strandes
und Entfernen des Spülsaums samt Pflanzen). Der Bau von strandnahen Unterkünften führt ebenfalls
zu einem großen Verlust an Küstenlebensräumen. So werden Strand- und Dünenvegetation durch

429
Formation P Karte der natürlichen Vegetation Europas

Besiedlung der Küstenabschnitte immer stärker eingeengt und durch Abwässer verschiedener
Herkunft verschmutzt. Eine weitere Beeinträchtigung der Küstenlebensräume geht von den oft
spektakulären Ölverschmutzungen („Ölpest“) der Strände durch leckgeschlagene Tankschiffe aus.
Aufforstungen gefährden ebenfalls die natürliche Dünenvegetation und -dynamik; im Mittelmeer-
gebiet werden neben Pinus pinea auch gebietsfremde Arten wie Acacia saligna oder Myoporum
tenuifolium angepflanzt. Durch solche Maßnahmen wurden großflächige Dünensysteme beein-
trächtigt und die Wuchsplätze seltener, gefährdeter oder endemischer Dünenpflanzen vernichtet.
Ein weiteres Problem stellen Neophyten dar. So bedeckt die aus Südafrika eingeführte Mittagsblume
(Carpobrotus edulis var. rubescens) bereits große Flächen an den Küsten des Mittelmeeres. Untersu-
chungen zur Artenvielfalt haben gezeigt, daß Bestände ohne Carpobrotus eine doppelt so hohe
Artenzahl aufweisen wie Bestände mit der Mittagsblume (MAYER 1995).
Die Salzmarschen werden seit Jahrhunderten als Weidegebiete und zum Teil zur Heugewinnung
genutzt. Beweidung mit Schafen wirkt sich oft günstig auf die Artenvielfalt und die Festigkeit des
Bodens aus. Die Vegetation wird kurzgehalten und so das Vorkommen niedriger, lichtbedürftiger
Arten ermöglicht und die Stabilität der Böden gegen Erosion nimmt zu. Intensive Beweidung führt
allerdings zu einem Rückgang der Artenzahlen. Weitere Beeinträchtigungen bewirken die Landge-
winnung und der Deichbau, in dessen Folge große Wattflächen in Ackerland umgewandelt wurden.
Küstennahe Feuchtgebiete und Salzmarschen gehören am Mittelmeer zu den am stärksten bedrohten
Lebensräumen: Sie sind durch Eindeichung zur Landgewinnung für Industrieansiedlung bzw. – nach
Melioration – für die landwirtschaftliche Nutzung und durch den Bau von Salinen besonders
gefährdet.
Küstengebiete mit Wattflächen, Marschen und Dünen bilden den natürlichen Lebensraum für viele
endemische Arten. Sie dienen ferner als Nahrungs-, Brut- und Rastgebiet für zahlreiche Vogelarten,
unter ihnen auch viele Zugvögel aus nördlichen Regionen. Die Küstenlandschaft mit ihrer Vegeta-
tion ist daher von besonderer Bedeutung für den Naturschutz auf regionaler und europäischer Ebene.
Ausgewiesene Küstenschutzgebiete und für den Naturschutz wertvolle Bereiche existieren in zahl-
reichen Ländern: unter anderem The Wash, North Norfolk (Großbritannien), Nationalparke Watten-
meer (Dänemark, Deutschland, Niederlande), Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft
(Deutschland), Nationalpark Leba und Naturschutzgebiet Frische Nehrung (Polen), Nationalpark
Kurische Nehrung (Rußland, Litauen), Nationalpark Doñana (Spanien), Côte d‘Argent und Biosphä-
renreservat Camargue (Frankreich), Nationalpark Circeo (Italien), Evros-Delta (Griechenland). Dies
darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß zahlreiche Gebiete bereits zerstört und selbst Schutz-
gebiete weiterhin stark bedroht sind. Deshalb bedarf es der Durchsetzung konsequenter Schutz-
maßnahmen.

P.1 Dünen- und Strandvegetation des Meereslitorals, oft im Komplex mit Salzvegetation,
z. T. mit Felsküstenvegetation
Europas Küsten zeichnen sich durch eine große Vielfalt an Lockersedimenten aus: neben Schlick
und Sand auch Kies und Geröll. Am weitesten verbreitet und am eindrucksvollsten sind Dünenkü-

430
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation P

sten (Karte 17).


Wichtige Voraussetzungen für die Dünenbildung sind flach ansteigender, nackter Sandstrand,
auflandiger Wind (ab Windstärke 4 Beaufort wird abgetrockneter Sand strandaufwärts bewegt) und
kontinuierlicher Sandnachschub. Die Ablagerung des Sandes erfolgt an Hindernissen, in deren
Windschatten sich die Sandkörner sammeln und anhäufen. Meist bildet die Dünenküste nur ein
schmales Band zwischen Meer und bewaldetem oder kultiviertem Binnenland, erreicht aber auch
Breiten bis zu 8 km (so bei Haarlem in den Niederlanden).

Abb. 14: Schematischer Querschnitt durch die Dünenküste der Nordsee (nach ELLENBERG 1996, Abb. 376). Ohne
Einwirkung des Menschen und seiner Weidetiere wäre wahrscheinlich der gesamte Graudünenkomplex
bewaldet.
Typische Pflanzengesellschaften: 2 Cakiletum maritimae; 3 Honckenyo-Elymetum arenariae; 4,5 Elymo-
Ammophiletum typicum, E.-A. festucetosum arenariae; 6 Tortulo-Phleetum; 7 Hieracio-Empetretum
polypodietosum, 8 Hippophaeo-Sambucetum nigrae; 9 Salix repens-Gesellschaft; 10 Hieracio-Empe-
tretum; 11 Violo-Corynephoretum; 12, 13 Carici arenariae-Betuletum pubescentis (Dünental) und
Betulo-Quercetum roboris.

In ihrer idealtypischen und ungestörten Entwicklung wird die Dünenvegetation als Xeroserie be-
schrieben. Die Gesellschaften dieser Serie entsprechen der sukzessionsbedingten Zonierung und
bilden eine charakteristische Abfolge im rechten Winkel zur Strandlinie. In der temperaten Zone
Europas und darüber hinaus findet sich unter ungestörten Bedingungen folgende Dünenabfolge von
der Küstenlinie bis zum Hinterland (Abb. 14):
! Der ebene Sandstrand ist von girlandenartig zusammengespülten Driftwällen bedeckt. In diesen
Spülsäumen wachsen annuelle halophile Nitrophyten der Gattungen Cakile, Atriplex, Salsola
u. a., die vom hohen Nährstoffangebot des verrottenden Materials aus Tang, Seegrasresten und
Treibgut profitieren. Die Arten sind sehr salztolerant, keimen im Spätfrühling und sterben im
Frühherbst nach der Samenreife noch vor den Herbststürmen ab. Die räumliche Anordnung und
die floristische Zusammensetzung dieser Pioniergesellschaft ist zeitlich betrachtet sehr instabil
und hängt stark von Wellengang und Wind ab.
! Landeinwärts folgen Embryonaldünen (Primärdünen), die bei Sturmfluten von den Wellen
erreicht werden und von Wind und Wasser umgelagert werden. Auf diesen instabilen Rohböden
ist die Strandquecke (Elymus farctus) eine der ersten Pionierpflanzen mit einem ausgedehnten

431
Formation P Karte der natürlichen Vegetation Europas

Wurzelsystem. Sie trotzt der Übersandung und verträgt einen höheren Salzgehalt. Die Em-
bryonaldünen haben meist einen hohen Calcium-, Phosphor- und Stickstoffgehalt und einen
neutralen Reaktionswert bei fast 100 % Basensättigung. Gleichzeitig hat der Sand eine geringe
Feuchtigkeitsspeicherkapazität. Am Aufbau der Primärdünen sind neben Elymus farctus subsp.
farctus auch Leymus arenarius und Honckenya peploides beteiligt.
! Mit zunehmender Höhe des Sandkörpers nimmt der Einfluß des Salzwassers ab. Als weiterer
Psammophyt siedelt sich dann Ammophila arenaria an. Der Strandhafer kann erst Fuß fassen,
wenn die Salzkonzentration im Boden gering ist (oligohaline Bedingungen bei etwa 1 m Dünen-
höhe an der Nordsee, an der Ostsee bereits am Flachstrand). Dieses an Trockenheit adaptierte
Gras besitzt ein weitstreichendes Wurzelsystem und fördert mit seinen dichtstehenden Halmen
die Sandakkumulation. Es bilden sich Weißdünen mit 15 (bis 30) m Höhe. Diese schließen sich
kettenförmig aneinander. Eine kontinuierliche Übersandung ist für Ammophila arenaria wegen
des Nährstoffeintrags wichtig. Läßt dieser Eintrag nach (hinter dem Hauptkamm der höchsten
Dünen), so setzt Humusbildung ein, und durch Auswaschung und Streuansammlung sinkt der
Kalkgehalt bzw. nimmt der Stickstoffgehalt im Oberboden zu, so daß sich zahlreiche weitere
Arten ansiedeln können.
! Auf den Graudünen ist der Nährstoffeintrag schon deutlich geringer. Dadurch kommt es zu einer
Nährstoffverarmung, und die Produktivität läßt nach. Die Vegetationsstruktur wandelt sich von
den hohen Strandhaferbeständen zu niedrigen Rasen mit Festuca rubra, Corynephorus canescens
und Carex arenaria oder Koeleria glauca. Je nach Kalkgehalt des Sandes entwickeln sich
Silbergras- oder Schillergrasfluren.
! Auf den anschließenden Braundünen setzt sich die Bodenreifung fort. Die Gräser werden von
Zwergsträuchern abgelöst, auf die größere Gehölze folgen. Sträucher mit symbiotisch nitrifizie-
renden Bakterien (Hippophae rhamnoides, Ilex aquifolium) unterstützen die Substratentwicklung.
In der nordborealen Zone endet die Weiterentwicklung infolge der niedrigen Temperaturen mit
Gebüschstadien. In den südlicheren Zonen entwickeln sich windgeschorene Wälder (im Norden
häufig bodensaure Eichenwälder, im Osten auch Kiefernwälder, im Süden immergrüne Hartlaub-
wälder). Der häufige und starke meerseitige Wind behindert zwar den Gehölzaufwuchs, kann ihn
aber meist nicht ganz verhindern. Die potentielle Dünengebüsch-Waldzone beginnt im Bereich
der Graudüne (Abb. 14).
Die skizzierte Idealabfolge wird in der Natur oft durch Wind- und Wassererosion gestört oder durch
Hygroserien der feuchten, z. T. überfluteten oder torfhaltigen Dünentäler mit Tümpeln, Röhrichten,
Binsensümpfen und Feuchtheiden unterbrochen.
Dünen bestehen meist aus kalkhaltigem Sand. Dieser Sand setzt sich aus Siliziumkörnern und einem
wechselnden Anteil an Kalkstückchen von Muschelschalen zusammen, so daß der pH-Wert zwi-
schen 7 und 7,5 liegt. Ausnahmen stellen die alten Flandrischen Dünen (reliktische Rücken in
Nordfrankreich) und die Tertiärsande der Gascogne dar. Neben den basenarmen Sanden in Südwest-
frankreich entstammen auch die nördlichen Dünen (ab den Friesischen Inseln nordwärts) periglazial
gebildetem Sand. Bei diesen Dünen sind die strandnahen Bereiche durch rezente Muschelreste

432
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation P

basenreich, während landeinwärts mit zunehmendem Alter der Dünen ihr Kalkgehalt abnimmt.
Die Dünenböden entwickeln sich aus Sandrohböden (Lockersyrosemen) zu Regosolen und sind
anfangs unstrukturiert. Kalk- und Nährstoffgehalt der Sande bestimmen die Geschwindigkeit der
Bodenreifungsprozesse. In der Dünenabfolge Weiß-, Grau-, Braundüne nimmt der Anteil an Ton
und Humus im Boden zu, und es bilden sich Bodenhorizonte aus. Der Salzgehalt des Wassers spielt
in den eigentlichen Dünen praktisch keine Rolle mehr. Als organische Auflage bildet sich oft
Moder, ansonsten enthält der Sand nur Spuren biogenen Materials. Die Wasserversorgung der
Sandböden ist – auch in feuchten Klimaten – schlecht, und die Pflanzen haben sich durch die
Bildung tiefer Wurzeln bzw. durch die Lebensweise als Winterannuelle an diese Bedingungen
angepaßt.

Karte 17: Verbreitung der Dünen- und Strandvegetation in Europa.

Boreoatlantische Dünenvegetation: P1, P2


Bottnisch-baltische Dünenvegetation: P3, P4
Atlantische Dünenvegetation: P5-P8
Mediterrane Dünenvegetation: P9-P12
Pontisch-kaspische Dünenvegetation: P13-P16

433
Formation P Karte der natürlichen Vegetation Europas

P.1.1 Boreoatlantische Dünenvegetation


Die boreoatlantische Dünenvegetation umfaßt die isländischen und nordskandinavischen
Vegetationskomplexe (P1, P2), die sich hier aus Gesellschaften der Honckenyo-Elymetea
zusammensetzen (Ammophiletea fehlen). Im Spülsaum wachsen Cakile maritima subsp. islandica,
Tripleurospermum maritimum und verschiedene Atriplex-Arten (u. a. Atriplex nudicaulis). Zwischen
Spülsaum und Vordünen sind stellenweise artenarme Pioniergesellschaften mit Mertensia maritima
eingeschaltet. Elymus farctus und Honckenya peploides (var. diffusa) sind die ersten Arten, die als
Sandfänger die Bildung von Vordünen fördern. In der weiteren Entwicklung tritt Strandroggen
(Leymus arenarius) hinzu; er hat außerhalb des Verbreitungsgebiets des Strandhafers (Ammophila
arenaria) eine weite ökologische Amplitude und baut in der borealen Region auch die Weißdünen
auf, die im Vergleich zu den Ammophila-Dünen niedriger und weniger ausgedehnt sind. Die
Dünenschwingel-Strandroggengesellschaft mit Leymus arenarius und Festuca rubra agg. ist die
kennzeichnende und häufigste Gesellschaft der Dünen von Island und Nordnorwegen bis in die
temperate Zone der westlichen Ostsee. Graudünen werden von Leymus arenarius und Hieracium
umbellatum geprägt, im nordborealen Bereich auch von Festuca richardsonii. Auf Island sind Silene
uniflora subsp. uniflora und Armeria maritima für die hinteren Dünenbereiche typisch und ver-
mitteln zu den Schuttflurgesellschaften. Ein weiteres Charakteristikum für die boreoatlantische
Dünenvegetation sind arktisch-alpine Arten in der rückwärtigen Dünenzone.
Abgesehen vom Einfluß der Schafbeweidung sind die Dünenkomplexe in dieser Region noch
weitgehend naturnah erhalten.

P.1.2 Bottnisch-baltische Dünenvegetation


Die Dünenvegetation der Ostsee (P3, P4) steht unter stärker kontinental geprägtem Klimaeinfluß.
Während im Bottnischen Meerbusen nur Gesellschaften der Honckenyo-Elymetea vorkommen, sind
im baltischen Küstenabschnitt beide Klassen vertreten, und Ammophila arenaria subsp. arenaria
baut dort zusammen mit x Calammophila baltica die Bestände der Weißdünen auf. In der bott-
nischen Region sind Sandstrände eher selten und verglichen mit dem südbaltischen Raum floristisch
artenärmer. Der geringere Salzgehalt im nördlichen Arm der Ostsee (unter 5 Promille gegenüber
> 32 Promille in der Nordsee) kommt als standörtliches Merkmal hinzu.
In der baltischen Region (P4) werden Kiesstrände vom Elymo-Crambetum besiedelt, begleitet von
verschiedenen Atriplex-Arten. An den Sandstränden findet man eine Abfolge vom Cakiletum
balticae mit Cakile maritima subsp. baltica und z. T. Polygonum oxyspermum in den Spülsäumen
über das Elymo-Agropyretum juncei auf Embryonaldünen zum weitverbreiteten Elymo-Ammophile-
tum arenariae auf Primärdünen. Kennzeichnend für die Dünengesellschaften der Ostsee ist die
Beteiligung von Petasites spurius. Im Vergleich zur atlantischen Dünenvegetation an der Nordsee-
küste sind die südbaltischen Gesellschaften artenärmer und weniger mannigfaltig. Die charakteristi-
sche Graudünenvegetation auf den rasch entkalkten glazialen Sanden besteht aus Silbergrasfluren
(Helichryso arenariae-Corynephoretum canescentis) und Heiden mit Empetrum nigrum (Hieracio-
Empetretum) und Carex arenaria, die rasch von Pinus sylvestris besiedelt werden. Die dort natürli-

434
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation P

chen lichten und flechtenreichen Kiefernwälder enthalten neben Calluna vulgaris und Vaccinium-
Arten auch noch die ozeanischen Arten Erica tetralix und Myrica gale; dadurch unterscheiden sie
sich von den landeinwärts und ostwärts anschließenden Kiefernwäldern.
Trotz zunehmender negativer Einflüsse durch den Tourismus und die Dünenbefestigung sind die
meisten Dünen noch in einem akzeptablen Zustand. Durch die Zerstörung der Pflanzendecke haben
sich mancherorts nahezu vegetationsfreie Wanderdünen entwickelt (z. B. Leba, Kurische Nehrung).

P.1.3 Atlantische Dünenvegetation


Auch für die atlantische Dünenvegetation (P5-P8) gilt die oben allgemein beschriebene Xeroserie
(Abb. 14), die die Küsten vom Golf von Biskaya bis zur Norwegischen Rinne und zum Kattegat
einschließlich der Britischen Inseln umfaßt. Die Vegetation der nordwesteuropäischen Dünen (P5)
besteht aus einem Komplex offener bis geschlossener Sanddünen-Gesellschaften. Oberhalb der
Wasserlinie finden sich therophytische Meersenf-Spülsaumgesellschaften mit Cakile maritima
subsp. maritima, Salsola kali, z. T. Polygonum raii; dahinter folgen etwa 1 m hohe Vordünen mit
Elymus farctus, Weißdünen mit Ammophila arenaria subsp. arenaria auf nahezu humusfreiem,
meist kalkhaltigem Substrat, Graudünen mit vorwiegend Gräsern, Carex arenaria, Viola tricolor
subsp. curtisii, Moosen und Flechten sowie Braundünen mit Empetrum nigrum, Corynephorus
canescens und einzelnen Gebüschen (Salix repens subsp. dunensis), örtlich auch mit Calluna
vulgaris. Große Teile der Grau- und Braundünen wären von Natur aus vermutlich bewaldet (Quer-
cus robur, Betula pubescens, Populus tremula) oder zumindest mit Gebüschen bewachsen (Hippo-
phae rhamnoides, Sambucus nigra, Rosa pimpinellifolia). Die westeuropäischen Dünenvegetations-
komplexe (P6) weisen bereits südlich verbreitete Gesellschaften auf wie das Euphorbio-Agropyre-
tum juncei R. Tüxen (1945) 1952 bzw. das entsprechende Ammophiletum mit Euphorbia paralias,
Calystegia soldanella und Eryngium maritimum. Im französisch-atlantischen Dünenvegetationskom-
plex (P7) kommen Silene uniflora subsp. thorei und Linaria thymifolia vor, und Atriplex laciniata,
A. glabriuscula erreichen ihre atlantische Südgrenze. Die aquitanischen Dünenwälder (P8) bestehen
in der Baumschicht aus Pinus pinaster und Quercus ilex (im Süden auf Silikatsanden mit Quercus
suber). Die Strauch- und Krautschicht enthält bereits zahlreiche mediterrane Arten (Arbutus unedo,
Daphne gnidium, Osyris alba, Cistus salviifolius, Rubia peregrina).

P.1.4 Mediterrane Dünenvegetation


Die mediterrane Dünenvegetation umfaßt die Strandgesellschaften des Mittelmeeres (P10-P12)
sowie die der portugiesischen Atlantikküste (P9). Am meridionalen Atlantik gibt es ausgedehnte
Dünenlandschaften mit folgender Vegetationsabfolge: Spülsaum (Honckenyo-Euphorbietum) mit
Salsola kali subsp. kali, Honckenya peploides, Cakile maritima subsp. maritima; Vordüne
(Euphorbio-Agropyretum junciformis) mit Elymus farctus subsp. boreoatlanticus, Eryngium
maritimum, Euphorbia paralias, Otanthus maritimus; Weißdüne (Otantho-Ammophiletum arundina-
ceae) mit Ammophila arenaria subsp. arundinacea, Otanthus maritimus, Euphorbia paralias. Hinter
dem ersten Hauptdünenkamm werden Medicago marina, Crucianella maritima, Armeria welwitschii
und Iberis procumbens häufiger, um schließlich von Heiden und Gebüschen mit Corema album,

435
Formation P Karte der natürlichen Vegetation Europas

Juniperus phoenicea subsp. turbinata und Pistacia lentiscus abgelöst zu werden. Die Vegetation
nimmt eine pflanzengeographische Zwischenstellung (eurosibirisch/mediterran) ein und enthält
zahlreiche Endemiten.
Die Dünen an den Küsten des Mittelmeeres sind meist niedriger und gegenüber den atlantischen
Dünen in ihrer Querausdehnung schmaler. Sie lassen sich pflanzengeographisch in drei Regionen
gliedern, die durch drei Kartierungseinheiten (P10-P12) repräsentiert sind. Der Spülsaum am Strand
ist bestimmt durch das Salsolo (kali)-Cakiletum aegypticae Costa et Manz. 1981. Diese nitrophile
Pioniergesellschaft besteht aus Cakile maritima subsp. maritima, Salsola kali subsp. kali, Euphorbia
peplis, Polygonum maritimum (Honckenya peploides fehlt) und Begleitern aus den umgebenden
Dünen- und Felsspaltengesellschaften. Die artenarmen Spülsaumbestände setzen sich aus Annuellen
zusammen, die sich in der Vegetationsperiode erst relativ spät entwickeln und vor Beginn der
Winterstürme ihren Entwicklungszyklus mit der Samenreife abschließen. In bei Sturm noch vom
Meerwasser überfluteten Bereichen tritt Sporobolus pungens zahlreich auf. Auf den Embryonaldü-
nen wachsen Gesellschaften wie das Cypero mucronati-Agropyretum juncei (Kühnholtz-Lordat
1923) Braun-Blanquet 1933 mit Elymus farctus subsp. farctus, Eryngium maritimum, Calystegia
soldanella und Otanthus maritimus. Die Weißdünen der mediterranen Region werden wie am
lusitanischen Atlantik von Ammophila arenaria subsp. arundinacea, Medicago marina, Otanthus
maritimus und Pancratium maritimum aufgebaut. Auf den Graudünen treten neben die typischen
Dünengesellschaften der Ammophiletea bereits weitere Vegetationseinheiten unter anderem aus dem
Verband Crucianellion mit Crucianella maritima, Helichrysum conclobatum und Ononis natrix.
Landeinwärts schließen sich sehr unterschiedliche und kleinräumig wechselnde Gebüschformatio-
nen an: namentlich mit Rhamnus lycioides subsp. oleoides, Juniperus phoenicea subsp. turbinata,
J. oxycedrus subsp. macrocarpa, Pistacia lentiscus, außerdem immergrüne Wälder der Quercetea
ilicis. Für die südostiberischen Dünen (um Almeria) (P10) sind die Ziziphus lotus-Kontaktgesell-
schaft mit Salsola oppositifolia und andere mediterrane Trockengebüsche typisch. Die weitver-
breiteten west- und mittelmediterranen Dünenvegetationskomplexe (P11) enthalten unter anderem
Anthemis maritima, Ammophila arenaria subsp. arundinacea und Echinophora spinosa auf Weißdü-
nen. Während im westlichen und zentralen Mittelmeergebiet auf den Graudünen Gesellschaften mit
Crucianella maritima typisch sind, werden diese nach Osten (P12) durch Gesellschaften mit
Coridothymus capitatus, Ephedra distachya subsp. distachya, Silene subconica und die Euphorbia
terracina-Silene niceensis-Gesellschaft abgelöst. Auch wird Ammophila arenaria subsp. arundina-
cea nach Osten seltener und in den trockensten Regionen der Ostmediterraneis durch Triplachne
nitens ersetzt.

P.1.5 Pontisch-kaspische Dünenvegetation (O.-D. Ivan)


Die pontisch-kaspische Dünenvegetation ist an der Südwest-, West- und Nordküste des Schwarzen
Meeres sowie an der Nord- und Westküste des Kaspischen Meeres verbreitet. Sie läßt sich dem
Verband Elymion gigantei Morariu 1957 zuordnen, und einzelne Ausbildungen gehören zum
Scabiosion ucrainicae Boscaiu 1975 bzw. Euphorbion peplis Tx. 1950.

436
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation P

Die Dünenvegetation der pontischen und kaspischen Meeresküsten umfaßt physiognomisch und
floristisch sehr verschiedene azonale Vegetationseinheiten, und zwar Psammophytengesellschaften
auf salzfreiem und Halophytengesellschaften auf salzhaltigem Sand sowie Sumpfgesellschaften in
nassen Dünentälchen und in den landeinwärts gelegenen Senken. Im Lebensformenspektrum
dominieren Therophyten und Hemikryptophyten, neben denen sich Nano- und Mikrophanerophyten,
Chamaephyten sowie einzelne Geophyten am Aufbau der Gesellschaften beteiligen. Im pflanzen-
geographischen Spektrum herrschen pontische und turanische Arten vor (Leymus racemosus subsp.
sabulosus und subsp. racemosus, Astrodaucus littoralis, Crambe maritima, Artemisia santonicum,
Taraxacum bessarabicum, Apera spica-venti subsp. maritima, Limonium-, Puccinellia-, Kalidium-
Arten). Hohen Anteil haben ferner ostmediterrane Pflanzenarten (Cakile maritima subsp. euxina,
Cynanchum acutum, Salsola kali subsp. tragus, Aeluropus littoralis, Salicornia prostrata, Halocne-
mum strobilaceum, Frankenia hirsuta, F. pulverulenta u. a.).
Die Küstendünen bilden eine Mikrolandschaft mit charakteristischer Abfolge der Standorte und
Vegetationseinheiten. Generell können folgende Standortsbereiche unterschieden werden:
1. Spülsaum ohne Pflanzen;
2. Vordünen mit offenen, sehr artenarmen Gesellschaften, u. a. mit Crambe maritima, Cakile
maritima subsp. euxina, Eryngium maritimum, Salsola soda;
3. Hohe Weißdünen mit offenen, artenarmen Gesellschaften mit Leymus racemosus, Carex col-
chica, Medicago marina, Stachys maritima, Secale sylvestre, Argusia sibirica, Astrodaucus spp.
u. a.;
4. Mittelhohe bis niedrige Graudünen mit mehr oder minder geschlossenen, artenreicheren Gesell-
schaften mit Apera spica-venti, Festuca beckeri, Koeleria sabuletorum, Centaurea arenaria,
C. odessana, C. adpressa, Euphorbia seguieriana, Helichrysum arenarium, Cynodon dactylon
u. a.;
5. Ebene Lagen mit zahlreichen nassen Mulden oder größere feuchte Niederungen mit Salzwiesen
und Salzfluren mit Puccinellia distans, P. limosa, P. gigantea, Aeluropus littoralis, A. lagopoi-
des, Limonium gmelinii, L. meyeri, L. caspium, L. suffruticosum, Salicornia-Arten, Suaeda
maritima, S. prostrata, S. confusa, Halocnemum strobilaceum, Kalidium foliatum, K. caspicum
sowie Salzsümpfe mit Juncus maritimus, J. littoralis, J. gerardii, Carex extensa u. a.;
6. Brack- oder Süßwasser-Naßstellen in Strandnähe oder an Flußmündungen mit Röhrichtgesell-
schaften (Phragmites australis, Typha latifolia, T. angustifolia, Lythrum salicaria, Mentha
aquatica u. a.).
Je nach Breite des Küstensandstreifens und Gestalt des Mikroreliefs können alle oder nur einige der
oben angeführten Standorte auftreten. Gewöhnlich bleibt dabei die Breite der ersten drei Zonen
gleich. Solche Küstenvegetationskomplexe fehlen dort, wo die Berge steil ins Meer abfallen (z. B.
an der Ostküste von Bulgarien, an der Südküste der Krim oder entlang dem Großen Kaukasus), wo
sie nur an Flußmündungen auftreten.
Am Kaspischen Meer kann sich infolge der Meeresspiegelschwankungen die Abfolge der Vegeta-

437
Formation P Karte der natürlichen Vegetation Europas

tionseinheiten z. T. ändern. Dort können z. B. Phragmites-Gesellschaften direkt am Spülsaum


liegen, gefolgt von Salzvegetation und erst danach von Dünengesellschaften.
Das Klima ist warm (8-11 °C Jahresmittel) und semiarid bis arid (150-450 mm Jahresniederschlag,
700-900 mm Verdunstung pro Jahr).
Die Standortbedingungen sind sehr unterschiedlich je nach der Lage im Mikrorelief und nach
Wärme-, Wasser- und Salzhaushalt des Sandes. Die niedrigen Vordünen bestehen aus feuchtem,
schwach salzhaltigem Sand. Die hohen Weißdünen, die einer fortwährenden Umlagerung durch den
Wind ausgesetzt sind, zeichnen sich durch extreme Wärme- und Wasserverhältnisse aus. Die
Pflanzen sind auf den spärlichen Nährstoffgehalt des Sandes angewiesen und bekommen das nötige
Wasser aus der Tiefe des Sandes mit Hilfe langer, stark verzweigter Wurzeln. Auf den niedrigen
Graudünen findet Humusanreicherung und damit verbundene Bodenbildung statt. Die Wärme- und
Feuchteverhältnisse sind hier günstiger, jedoch bleibt die Pflanzendecke auf mittelhohen Dünen
lückig und ist auf den niedrigen Dünen geschlossen. Die ebenen Sandflächen und Mulden, die sich
hinter den Dünen ausbreiten, haben unterschiedlichen Salzgehalt und sind an der Oberfläche im
Frühjahr und Frühsommer feucht bis sumpfig, im Spätsommer dagegen feucht bis trocken. Die
Sümpfe am Meeresufer und an Flußmündungen sind gleichbleibend naß und relativ gut mit Nähr-
stoffen versorgt.
Die pontisch-kaspische Küstenvegetation gliedert sich in vier geographische Ausbildungen mit
unterschiedlicher Standortabfolge und Artenzusammensetzung (P13-P16):
Die südwesteuxinischen Dünen (P13) zeichnen sich durch viele mediterrane (Ammophila arenaria
subsp. arundinacea, Polygonum mesembricum, Pancratium maritimum, Cyperus capitatus, Otan-
thus maritimus) und zusätzlich pontische Arten (Leymus racemosus subsp. sabulosus, Silene
thymifolia) aus. Die westeuxinische Einheit (P14) weist pontische (Leymus racemosus subsp.
sabulosus, Centaurea arenaria, Silene thymifolia, Seseli tortuosum, Alyssum borzaeanum, Dianthus
bessarabicus, Astrodaucus littoralis, Atriplex verrucifera, Limonium gmelinii, Apera spica-venti
subsp. maritima, Salicornia prostrata u. a.) und mediterrane Arten (Cynanchum acutum, Aeluropus
littoralis, Bassia hirsuta, Frankenia hirsuta, F. pulverulenta, Stachys maritima, Papaver dubium
u. a.) auf.
Die west- bis mittelpontischen Dünen (P15) enthalten viele pontische und turanische Sippen
(Festuca beckeri, Elymus obtusiflorus, Carex colchica, Leymus racemosus subsp. racemosus,
Koeleria sabuletorum, Limonium meyeri, L. tomentellum, L. caspium, Puccinellia gigantea,
P. fominii, Petrosimonia brachiata, P. oppositifolia, Suaeda confusa u. a.).
Die westkaspische Einheit (P16) wird durch Convolvulus persicus, Argusia sibirica, Leymus
racemosus, Artemisia marschalliana, Nitraria schoberi, Salicornia prostrata, Suaeda arcuata und
Halocnemum strobilaceum charakterisiert.

P.2 Salzvegetation
Die Salzvegetation des Meereslitorals und im Binnenland ist Bestandteil (semi-)terrestrischer ha-
lophytischer Ökosysteme und besteht aus natürlichen therophytischen Pionier- und ausdauernden

438
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation P

Rasen- oder Zwergstrauchgesellschaften. Seemarschen kommen an Flachküsten mit marinen und


alluvialen Sedimenten innerhalb der Gezeitenzone am Atlantik und an der Nordsee vor. Die
weiträumigsten Seemarschen Europas umfaßt das Wattenmeer entlang der südlichen und östlichen
Nordseeküste.

Karte 18: Verbreitung der Salzvegetation in Europa.

! ! ! Salzvegetation des Meereslitorals, oft im Komplex mit Dünenvegetation: P17-P31


" " " Binnenländische Salzvegetation: P32-P36

Die Pflanzengesellschaften der marinen Salzvegetation weisen meist eine deutliche Zonierung auf,
die durch Dauer und Häufigkeit der Überflutung, den Nährstoffgehalt des Bodens, Salzgehalt des
Wassers und geomorphologische Entstehung bestimmt wird. Salzmarschen haben ihren Ver-
breitungsschwerpunkt in der temperaten Zone. Binnenländische Salzvegetation und Salzsteppen sind
dagegen an salzhaltige oder alkalische Böden in semiariden und ariden Gebieten gebunden und
erhalten im Gegensatz zu den marinen Vorkommen keine Schlickauflandung.
Die Salzvegetation hat – abgesehen von den tropischen Mangroven – weltweit eine ähnliche

439
Formation P Karte der natürlichen Vegetation Europas

Struktur und Zusammensetzung, was sich im Vorkommen derselben Gattungen oder sogar Arten
zeigt. Die Flora ist ziemlich artenarm und besteht je nach Standort überwiegend aus Annuellen
(Salicornia, Suaeda) oder ausdauernden Gräsern, Binsen und (Zwerg-)Sträuchern, die nur oder
vorwiegend in salzhaltigen Lebensräumen vorkommen.

P.2.1 Salzvegetation des Meereslitorals, oft im Komplex mit Sanddünenvegetation


Die Salzvegetation des Meereslitorals wird von halophilen und salztoleranten Gefäßpflanzen
aufgebaut, die auch periodische Überflutung gut vertragen.
Als Watt bezeichnet man die Wasserwechselzone zwischen Springtidehochwasser und Springtide-
niedrigwasser. Große Teile davon werden im Wechsel der Gezeiten regelmäßig überflutet und fallen
bei Ebbe trocken. Dieser Lebensraum stellt besondere Anforderungen an die dort lebenden Organis-
men, da sie regelmäßig bis zu 6 Stunden von Wasser bedeckt sind und dann wieder entsprechend
lange trockenfallen. Wegen der notwendigen Spezialisierung ist die Artenzahl in diesem Bereich
gering. Die Lebensbedingungen sind neben dem Salzgehalt des Wassers durch eine günstige
Nährstoffversorgung (Phosphor, Stickstoff) gekennzeichnet. Außer dem Eintrag über die Flüsse
produzieren vor allem die tiefer gelegenen und dem Watt vorgelagerten Seegrasfelder große Mengen
an organischem Material, das durch den Wellengang zerkleinert wird. Es vermischt sich mit
anorganischen Bestandteilen zu Sinkstoffen, die bei Flut den Wattflächen aufgelagert und bei Ebbe
von den Organismen im System festgehalten werden.
Die ersten höheren Pflanzen des Quellerwatts treten ab 40 cm unterhalb der mittleren Tidehoch-
wasser-(MTHW-)Linie auf. Es handelt sich dabei um Sippen des annuellen Quellers (Salicornia
europaea agg., S. procumbens), Suaeda maritima oder örtlich um das eingebürgerte Schlickgras
(Spartina anglica). Mit zunehmender Höhe des Wattbodens (ab 20 cm unterhalb MTHW) wandelt
sich die Vegetation von lückigen zu dichten Quellerbeständen, in die zunehmend Arten der Salzwie-
sen eindringen. Oberhalb der MTHW-Linie schließen mehr oder weniger geschlossene Andelrasen
(Puccinellia maritima, Spergularia media, Aster tripolium, Glaux maritima) an, die das obere Watt
kennzeichnen. In der landwärts folgenden Zone wird die Überflutungshäufigkeit geringer, und der
Regen süßt den Boden aus. Die Andelrasen werden nach oben von Strandnelkenrasen abgelöst.
Wichtige Arten sind hier Armeria maritima, Juncus gerardii, Festuca rubra subsp. litoralis,
Agrostis stolonifera var. maritima und Limonium vulgare. Bei Beweidung entstehen Salzbinsenrasen
(Juncetum gerardii).
Im Bereich von Brack- und Süßwasser der Flußmündungen und in den Bodden der Ostsee wachsen
Röhrichte mit Phragmites australis, Bolboschoenus maritimus, Schoenoplectus tabernaemontani,
S. triqueter sowie Meerbinsen-(Juncus maritimus-)Riede.
Die Salzvegetation in der arktischen Zone (P17) setzt sich aufgrund der extremen klimatischen
Bedingungen nur aus wenigen artenarmen Gesellschaften zusammen. Die Küste besteht meist aus
Felsformationen, und dementsprechend kommen Wattflächen nur in Flußmündungen und Fjord-
zungen vor. Die nordboreal-arktischen Salzrasen werden dem Verband Puccinellion phryganodis
zugeordnet. Eine weit verbreitete Gesellschaft dieses Verbandes ist durch Puccinellia phryganodes

440
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation P

gekennzeichnet (in Nordnorwegen kommt auch P. maritima vor); an höhergelegenen Standorten tritt
Carex subspathacea hinzu. Die obere Salzvegetation bilden Salzbinsenrasen mit Juncus gerardii als
namensgebender Art der Gesellschaft; auf weniger salzhaltigen Böden kommen Carex glareosa,
Festuca rubra und Stellaria humifusa vor.
Die Gruppe der atlantischen Einheiten der Salzvegetation (P18, P19) hat eine ziemlich einheitliche
Struktur und floristische Zusammensetzung. Gesellschaften mit dominierenden annuellen Salicor-
nia-Sippen bestimmen das Quellerwatt (Thero-Salicornion). Puccinellia maritima ist die kennzeich-
nende Art der höher gelegenen Andelrasen. Auch Juncus gerardii kommt in der gesamten Region
vor (zusätzlich auch im zentralen Mittelmeergebiet). Die nordwesteuropäische Salzvegetation (P18)
zeichnet sich standörtlich durch höheren Sandanteil aus. Die Salzwiesen werden von Gräsern
(Puccinellia maritima, Festuca rubra, Agrostis stolonifera) dominiert; Limonium vulgare fehlt hier.
Die westeuropäische Salzvegetation (P19) weist mehr Schlickstandorte und eine größere Vielfalt an
Gesellschaften auf. Außerdem tritt Atriplex portulacoides in den Beständen auf.
Die bottnische Salzvegetation (P20) wird durch Vorkommen von Carex paleacea (an der Ostsee nur
in dieser KE), Deschampsia bottnica sowie Arten oligohaliner Standorte charakterisiert. Für die
nordostbaltischen und sundisch-westbaltischen Kartierungseinheiten (P21, P22) ist das Vorkommen
von Atriplex calotheca kennzeichnend. Die westeuropäisch-kantabrische Salzvegetation (P23)
ähnelt der an der nördlichen Atlantikküste, enthält aber perennierende Salicornia-Arten. Mediterran
verbreitete Arten wie Sarcocornia perennis, S. fruticosa, Suaeda vera treten an der Atlantikküste
hier erstmals in der Salzvegetation auf.
Der westiberische mediterrane Salzvegetationskomplex (P24) unterscheidet sich von der nördlichen
atlantischen deutlich durch hohen Anteil mediterraner Arten (Arthrocnemum macrostachyum,
Limoniastrum monopetalum). Die südostiberische Salzvegetation (P25) zeichnet sich durch das
Vorkommen verschiedener Limonium-Arten aus. Von den Balearen bis zum Ionischen Meer ist die
Kartierungseinheit P 26 verbreitet. Sie enthält typisch mediterrane halophytische Gesellschaften wie
das Salicornietum fruticosi. Eine Sonderrolle kommt der nordadriatischen Salzvegetation (P27) zu,
in der sich eurosibirische mit mediterranen Arten mischen. Dort kommen mediterrane Gesell-
schaften (Arthocnemetum perennis, Aeluropaetum) neben eurosibirischen (Spartinetum strictae,
Juncetum gerardii) und endemischen Quellergesellschaften (Salicornietum venetae) vor. Die
Salzvegetation der Ägäis (P28) enthält weitverbreitete mediterrane (Arthrocnemum macrostachyum)
und ostmediterrane Arten wie Aeluropus lagopoides.
Die Salzvegetation der pontisch-kaspischen Region (P29-P31) wird zum Verband der mediterranen
Salzwiesen (Juncion maritimi Br.-Bl. ex Horvatic 1934 und Scorzonero-Juncion gerardii [Wendel-
berger 1943] Vicherek 1973) gerechnet. Verbände, die auf verschiedene Solonetz- und Solonchak-
Böden in Südosteuropa beschränkt bleiben, sind das Puccinellion giganteae Golub et Solomacha
1988, Salicornio-Puccinellion Mirkin ex Golub et Solomacha 1988 und Artemision santonicae
Šeljag-Sosonko et Solomacha 1987. Die Gesellschaften des Thero-Camphorosmion (Bilik 1963)
Vicherek 1973 gehören zur Vegetation aus einjährigen Halophyten und nitrophilen Pflanzen mit
einem großen Anteil an Sukkulenten und Sklerophyten. Weitere Verbände sind das Climacoptero-

441
Formation P Karte der natürlichen Vegetation Europas

Suaedion Golub et „orbadze 1989 bzw. Limonio gmelini-Juncion maritimi Golub et Solomacha
1988 u. a. (vgl. auch RODWELL et al. 2001). Die Salzvegetation des Schwarzen und des Kaspischen
Meeres steht meist im Komplex mit Dünenlandschaften und bildet dort ein kleinflächiges Mosaik
aus artenarmen, offenen Salzfluren und artenreichen geschlossenen Salzwiesen sowie feuchten
Binsensümpfen. Annuelle Sippen von Salicornia oder Halocnemum bilden am Kaspischen Meer
Pioniergesellschaften, an die sich eine halbhohe Vegetation mit Salsola soda oder Puccinellia
gigantea anschließt. Durch die Nähe zum vermuteten Entstehungszentrum der Halophyten in den
Salzgebieten der asiatischen Halbwüsten und Salzsteppen ist die Vegetation artenreicher als z. B. in
Mitteleuropa. Die Salzvegetation zeichnet sich hier durch weit verbreitete Halophyten wie Juncus
maritimus, Glaux maritima und Juncus gerardii, sowie pontische (Puccinellia bilykiana, Limonium
meyeri, Suaeda prostrata) und kaspische Arten (Karelinia caspia, Elymus multicaulis) aus.

P.2.2 Binnenländische Salzvegetation (O.-D. Ivan)


Charakterisierung und typologische Abgrenzung; geographische Verbreitung; Stellung im
pflanzensoziologischen System (Syntaxa)
Die binnenländische Salzvegetation ist an salzhaltige bzw. alkalische Böden gebunden und hat ihre
Hauptverbreitung in den kontinentalen Gebieten Europas. Ihre Häufigkeit und Flächenausdehnung
nimmt von West nach Ost zu. Die sporadischen, äußerst kleinflächigen Vorkommen in West- und
Mitteleuropa sind an Salzquellen gebunden. Erst im pannonischen Raum kommen größerflächige,
klimabedingte Halophytengesellschaften vor (Puccinellion peisonis Soó 1957, Puccinellion limosae
Wend. 1943, Festucion pseudovinae Soó 1933, Beckmannion eruciformis Soó 1933 u. a.). Im Osten
der Donauniederung und in Ostbulgarien treten stärker halophile Gesellschaften hinzu (Thero-
Salicornion Br.-Bl. 1933). Weiter nach Osten (Ostukraine, Südrußland) erhöht sich die Vielfalt der
Salzfluren wie auch der Salzwiesen (Thero-Camphorosmion Vicherek 1973, Salicornio-Puccinelli-
on Mirkin 1988, Puccinellion fominii Šeljag-Sosonko et Solomacha 1987, Tripolio-Puccinellion
distantis Golub et Solomacha 1988, Artemision santonicae Šeljag-Sosonko et Solomacha 1987 u. a.)
und erreicht ihr Maximum in den Wüsten am Kaspischen Meer (Climacoptero-Suaedion Golub et
„orbadze 1987, Suaedion salsae Golub et „orbadze 1988, Festuco-Limonion gmelinii Mirkin 1988,
Lepidion latifolii Golub et Mirkin 1986, Glauco-Caricion dilutae Golub et Solomacha 1988 u. a.).
Die größten Flächen aralo-kaspischer und araxischer Salzvegetation befinden sich östlich der Wolga
und in Aserbaidschan im Komplex mit zonalen Artemisia- und Calligonum-Wüstengesellschaften.

Bestandesstruktur, Physiognomie und floristische Zusammensetzung


Es handelt sich im allgemeinen um offene, artenarme Gesellschaften, die sich aus Therophyten,
Hemikryptophyten und Nanophanerophyten zusammensetzen. Die Vegetation besteht durchweg aus
salzliebenden oder -toleranten Pflanzen, und zwar einerseits aus echten Halophyten (z. B.
Salicornia-, Suaeda-, Atriplex-Arten), andererseits aus salztoleranten Pflanzen, die nicht unbedingt
an salzhaltige Böden gebunden sind (Plantago lanceolata, Poa bulbosa, manche Artemisia-Arten).
Die binnenländische Salzvegetation weist ein charakteristisches arealgeographisches Spektrum auf:
Ein großer Teil der Arten ist aralo-kaspischer (turanischer) Herkunft aus den Gattungen Kalidium,

442
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation P

Atriplex, Halostachys, Plantago, Limonium, Suaeda, Camphorosma, Artemisia, Anabasis, Salsola,


andere stammen aus dem Mittelmeerraum mit Arten der Gattungen Halocnemum, Aeluropus,
Salicornia, Arthrocnemum, Agropyron, Carex, Lepidium, Juncus, Trifolium, weitere sind pontische
Arten (Artemisia maritima, Camphorosma annua, Pholiurus pannonicus u. a.). Es kommen ferner
eine Reihe von Regionalendemiten vor (pannonisch: Puccinellia peisonis, Suaeda pannonica,
Rorippa kerneri; nordpontisch: Apera spica-venti subsp. maritima, Cerastium syvaschicum, Lepidi-
um syvaschicum, Polygonum arenarium subsp. pulchellum, Odontites salinus, Limonium meyeri,
L. tomentellum, Puccinellia bilykiana, P. gigantea u. a.).

Standortbedingungen
Die binnenländische Salzvegetation entwickelt sich unter besonderen klimatischen und edaphischen
Bedingungen: Im kontinentalen Steppen- und Wüstenklima mit Niederschlägen unter 450 mm
bedingt die Sommerdürre infolge starker Evaporation einen Aufstieg des oberflächennahen Grund-
wassers in Geländemulden und im Oberboden eine Ausfällung der gelösten Salze (Chloride, Sulfate,
Carbonate und Nitrate). So entstehen stark salzhaltige Solonchak- und solonchakähnliche Böden mit
1,0-1,5 %, aber auch bis 7 % Salzgehalt. Bei geringerem Salzgehalt bilden sich Solonetzböden, die
sich durch Salzauswaschung und Ton-Humusverlagerung zu Solodböden entwickeln können.
Wegen der Bindung an bestimmte Reliefformen kommt die Salzvegetation gewöhnlich im Komplex
mit anderen Pflanzengesellschaften der Steppe oder Wüste vor. Große Flächen bedeckt diese Vege-
tation in den kaspischen Wüsten. Auf stark salzhaltigen Böden entwickeln sich meist Salzfluren mit
sukkulenten Pflanzen, auf weniger salzhaltigen Böden Salzwiesen mit vorherrschend grasartigen
Pflanzen oder Zwerghalbsträuchern.

Gliederung in Untereinheiten
Die binnenländische Salzvegetation gliedert sich in fünf geographische Ausbildungen mit unter-
schiedlicher Standortabfolge und Artenzusammensetzung:
– Pannonische Salzwiesen (P32) mit Puccinellia peisonis, Festuca pseudovina, Beckmannia
eruciformis im Wechsel mit Salzfluren (Salicornia prostrata, Suaeda pannonica, Cyperus
pannonicus, Camphorosma annua) und halophilen Steppen (Festuca pseudovina, Artemisia
santonicum);
– Danubisch-balkanische Salzwiesen (P33) mit Puccinellia distans, P. convoluta, P. limosa,
Juncus gerardii, Limonium gmelinii im Komplex mit Salzfluren (Salicornia europaea subsp.
brachystachya, Suaeda maritima, Bassia sedoides, Camphorosma monspeliaca);
– Pontische Salzwiesen (bis zur Wolga) (P34) mit Poa angustifolia, Puccinellia distans, P. tenuis-
sima, P. fominii, P. bilykiana, P. gigantea, Festuca arundinacea subsp. orientalis, Carex diluta
im Komplex mit Salzfluren (Salicornia prostrata, Suaeda prostrata, S. corniculata) und halophi-
len Steppen (Festuca valesiaca, Artemisia santonicum);
– Nordkaspische Salzvegetation (P35) mit Halocnemum strobilaceum, Kalidium foliatum, K. caspi-
cum, Atriplex verrucifera, Atriplex cana, Climacoptera crassa, Petrosimonia triandra im

443
Formation P Karte der natürlichen Vegetation Europas

Wechsel mit Salzsteppen (Artemisia santonicum, Aeluropus littoralis);


– Osttranskaukasische Salzvegetation (P36) mit Halocnemum strobilaceum, Kalidium ciaspicum,
Halostachys belangeriana, Suaeda microphylla, S. altissima, Salsola dendroides, S. soda,
Pietrosimonia brachiata, Climacoptera crassa, Gamanthus pilosus, Seidlitzia florida.

Literatur
CHAPMAN 1976, 1977; DIERSSEN 1996; DIJKEMA (Ed). 1984; ELLENBERG 1996; GÉHU 1985b, 1997
(Mskr.); GOLUB, RUKHLENKO & SOKOLOFF 2001; MAAREL, VAN DER (Ed.) 1993; MAYER 1995;
RODWELL, MUCINA, PIGNATTI, SCHAMINÉE & DRING 2001 (Mskr.); THANNHEISER 1987a, 1991;
WILMANNS 1998.

444
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation R

R Röhrichte und Riedsümpfe, Wasservegetation


S. Hejný, Dominique Remy & Richard Pott

Auffassung
In der aus vier Kartierungseinheiten bestehenden Formation R sind strukturell und floristisch sehr
unterschiedliche Vegetationstypen zusammengefaßt. Entsprechend breit ist auch das Standortspek-
trum, welches von permanenten Wasserkörpern bis zu periodisch überfluteten Sümpfen reicht, aber
auch limnische und brackische Systeme einbezieht. Hinsichtlich der floristischen Zusammensetzung
weisen die einzelnen Gesellschaften zum Teil kaum gemeinsame Arten auf; entsprechend groß ist
die Anzahl der hier vertretenen pflanzensoziologischen Klassen. Da in der Einheit R4 randlich auch
Salix cinerea-Gebüsche enthalten sind, kann selbst die Gehölzfreiheit als strukturelle Klammer nur
eingeschränkt genutzt werden.
Aus der zumindest zeitweisen Wasserüberstauung resultiert jedoch ein Extremlebensraum, an den
sich die hier zusammengefaßten, lichtliebenden Pflanzengesellschaften angepaßt haben. Die Zusam-
menfassung von Röhrichten (R1) und Großseggengesellschaften (R4) mit Wasserpflanzengesell-
schaften (R2) in einer gemeinsamen, weitgehend azonalen Formation läßt sich auch mit deren oft
enger räumlicher Verzahnung begründen. Zwischen den limnischen Vegetationskomplexen und den
halin geprägten Brackwasser-Röhrichten (R3) existieren jedoch teilweise graduelle Übergänge.

Charakterisierung und typologische Abgrenzung


In der Übergangszone zwischen aquatischen und terrestrischen Lebensräumen bilden untergetauchte
bzw. schwimmende Wasserpflanzengesellschaften und Röhrichte oder Riedsümpfe typische Verlan-
dungskomplexe. Die meist hochwüchsigen Röhrichtpflanzen (Amphiphyten und Helophyten) wach-
sen entweder ganzjährig im Wasser oder tolerieren periodisches Trockenfallen der Standorte. Die
ihnen wasserseitig vorgelagerten Wasserpflanzengesellschaften aus obligaten Hydrophyten sind da-
gegen überwiegend auf ganzjährige Wasserbedeckung angewiesen.
Röhrichte und Riedsümpfe mesotropher bis eutropher Standorte zeichnen sich ferner hinsichtlich
ihrer Phytomasse durch eine relativ hohe Produktivität aus, die zur Bildung mächtiger Niedermoor-
torfe und damit zur Verlandung von Stillgewässern führen kann. Abgesehen von den ausgesprochen
strömungsresistenten Flußröhrichten sind Schilfröhrichte und Seggenriede kennzeichnend für
schwach strömendes oder stehendes Süßwasser und Brackwasser bzw. für Standorte mit ganzjährig
extrem hoch anstehendem Grundwasser.
Die weitgehende Gehölzfreiheit der Formation R ermöglicht eine eindeutige Abgrenzung gegenüber
der räumlich oft benachbarten Formation T (Bruch- und Sumpfwälder), während die Abgrenzung
von Großseggengesellschaften gegenüber höherwüchsigen Phytozönosen von Niedermooren der
Formation S (Moore) vielfach unscharf ist. Eine Einschränkung der Röhrichte und Großseggenge-
sellschaften auf reine Mineralböden ist andererseits nicht möglich.

445
Formation R Karte der natürlichen Vegetation Europas

Geographische Verbreitung
Röhrichte, Riedsümpfe und Wasservegetation sind als azonaler Formationskomplex im Bereich von
Gewässern und Sumpfgebieten in ganz Europa verbreitet (vgl. Karte 20). Die ökologische Plastizität
bzw. Amplitude vieler beteiligter Arten ist ziemlich groß. So kommen einige Röhricht- und Wasser-
pflanzengesellschaften in fast allen Zonen und Regionen vor: von der Taiga bis in die mediterrane
Region, von den ozeanischen Gebieten Westeuropas bis in die ariden Gebiete Südosteuropas. Die
nachstehend aufgeführten Vegetationskomplexe existieren in verschiedenen Gewässertypen: im
Litoral von Seen und Tümpeln, in stehenden und schwach strömenden Gewässern der Flußauen, an
Flußmündungen und z. T. im Tidebereich der Meeresküsten. Im Gegensatz zum allgemeinen Trend
nehmen die Artenzahlen dieser Vegetationseinheiten in Europa von Süden nach Norden zu.
Große Flächen kann die Formation nur in ausgedehnten Niederungen, in breiten, gefällearmen
Flußtälern, in Ästuarien sowie an flachen Küsten einnehmen. Überall in Europa überwiegen aber
relativ schmale, parallel zu den Ufern ausgebildete Bestände mit Schwerpunkt in den planaren
Gebieten, so daß nur besonders ausgedehnte Vorkommen in ausgewählten Gebieten Europas aus-
gewiesen werden konnten: in Südschweden, Ostdänemark, an der französischen Atlantikküste, im
Rhône- und Podelta, am Trasimenischen See, am Neusiedler- und Plattensee sowie am Unterlauf
und an der Mündung von Donau, Dnjestr, Dnjepr, Don, Kuban, Kuma, Wolga und Ural. Nicht mehr
darstellbar waren die ebenfalls recht großflächigen Ausbildungen dieser Formation am Bodensee,
in den Poldergebieten der Niederlande oder in den jungquartären Seengebieten Nordostdeutschlands
und Nordpolens.

Physiognomie und Ökologie


Die in der Formation R zusammengefaßten Vegetationstypen sind hinsichtlich ihrer Lebensformen
bzw. ihrer Struktur und Schichtung sehr heterogen. Dem Adaptationsgrad entsprechend können die
aquatischen, amphibischen und helophytischen Lebensformtypen den charakteristischen Komparti-
menten vom offenen Wasser zum Ufer mit einer typischen Abfolge von Hydrophyten über Amphi-
phyten (litorale Helophyten) zu Helophyten im engeren Sinne zugeordnet werden.
In tieferen Flachwasserzonen kommen immer nur submerse Hydrophyten vor. Hier bilden u. a.
Chara spp. z. T. dichte Unterwasserrasen oder Potamogeton spp. verschlungene Unterwasser-
dickichte, die im ufernahen Bereich – ab etwa 2-3 m Wassertiefe – durch Schwimmblattpflanzen
(z. B. Nuphar spp., Nymphaea spp.), ergänzt werden. Außerdem treten submers flottierende Wasser-
pflanzen (z. B. Lemna trisulca, Ceratophyllum spp.) und emers flottierende Wasserpflanzen (z. B.
Lemna spp., Salvinia natans, Trapa natans) hinzu. Amphiphyten besiedeln die Wasserwechselzone
des Litorals (z. B. Sparganium emersum, Schoenoplectus lacustris). Diese Zone erfordert eine große
Anpassungsfähigkeit, da im Verlaufe einer Vegetationsperiode meist mehrere Ökophasen von
aquatisch bis terrestrisch durchlaufen werden können (HEJNÝ 1960). Im Flachwasser der amphibi-
schen Uferzone wachsen neben Amphiphyten auch Helophyten, die oberhalb der Mittelwasserlinie
im amphibischen Milieu zur Dominanz gelangen.

446
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation R

Röhrichtpflanzen vermehren und breiten sich meist vegetativ über Polykormone aus, wobei ihre
Rhizome gewöhnlich stark verflochten sind (besonders bei R1 und R3). Die Fernausbreitung der
bestandsbildenden Gramineen und Cyperaceen erfolgt vielfach über flug- oder schwimmfähige
generative Diasporen.
Die große Plastizität vieler bestandsbildender Hydrophyten, Amphiphyten und Helophyten sowie
ihre ausgeprägte Fähigkeit zur vegetativen Ausbreitung ermöglichen ferner das Vorkommen ihrer
Pflanzengesellschaften auf Standorten mit Akkumulations- und Erosionserscheinungen, ferner deren
Existenz in Biotoptypen mit sowohl gleichbleibendem Wasserstand als auch mit großen Wasser-
standsschwankungen.

Bestandesstruktur und floristische Zusammensetzung


Struktur und Schichtung der Röhrichte sind in der Regel ziemlich einfach und einheitlich: Hoch-
wüchsige Helophyten bilden meist homogene und geschlossene Bestände; nur bei den großen,
horstbildenden Carex-Arten sind sie differenziert in kompakte Bulten und dazwischenliegende
offenere Bereiche. Baum- und Strauchschicht fehlen, abgesehen von Salix cinerea-Gebüschen in
bestimmten Komplexen oder Sukzessionsstadien zum Erlenwald. In der Krautschicht überwiegen
meistens Monokotylen, die Wuchshöhen von 80-350 cm erreichen, bei mittelhohen Arten 40-70 cm.
Die Höhe und Dichte dominanter Arten ist in erheblichem Umfang von der Nährstoffsituation und
der Länge der Vegetationsperiode abhängig (POTT 1980, 1983). So sind an nährstoffarmen (oligotro-
phen) bis mäßig nährstoffreichen (mesotrophen) Seen Nordwesteuropas oft nur lockere, mit
60-100 cm relativ niedrigwüchsige Schilfröhrichte aus Phragmites australis ausgebildet, während
benachbarte eutrophe Seen breite, dichte und mit 180-220 cm hochwüchsige Röhrichtgürtel auf-
weisen. Zu den hochwüchsigsten Röhrichtpflanzen Europas gehört Arundo donax, das vom Mittel-
meergebiet bis Transkaukasien auf eher periodisch überfluteten kiesigen Substraten verbreitet ist
und regelmäßig 2 bis 4 m Höhe erreicht.
Die Struktur der Wasserpflanzengesellschaften hängt von den Faktoren Licht, Strömung und Tro-
phie ab. Mehrschichtige Pflanzengesellschaften aus Grundrasen, submersen Arten und Schwimm-
blattpflanzen sind insbesondere in klaren, schwach eutrophen Stillgewässern ausgebildet. Lichtman-
gel am Gewässergrund durch Trübstoffe oder anhaltende Planktonblüte führt dagegen zur Aus-
bildung oberflächennaher, einschichtiger Pflanzengesellschaften aus Schwimmblattpflanzen. Die
schematische räumliche Abfolge der Gewässervegetation bzw. Zonation eines eutrophen Sees zeigt
Abbildung 15 (nach POTT & REMY 2000).
Gemeinsame Charakteristika der Formation sind das deutliche Übergewicht der Monokotylen aus
den Familien Poaceae, Cyperaceae, Sparganiaceae und Typhaceae im Bereich der Röhrichte sowie
der Potamogetonaceae, Alismataceae und Hydrocharitaceae im Bereich der Wasserpflanzengesell-
schaften.

447
Formation R Karte der natürlichen Vegetation Europas

Abb. 15: Schematische Abfolge der Gewässervegetation bzw. Zonation eines eutrophen Sees (nach POTT & REMY
2000).

Mitteleuropa weist das breiteste Spektrum aquatischer bzw. amphibischer Pflanzengesellschaften


auf. Hier treffen z. T. kälteresistentere Elemente der borealen Zone bzw. eurasiatisch-kontinentaler
Regionen (z. B. Carex acuta, C. buxbaumii, C. cespitosa, C. diandra, C. omskiana, C. paleacea,
C. vesicaria, Eleocharis palustris, Isoëtes lacustris, Lysimachia thyrsiflora, Menyanthes trifoliata,
Nuphar pumila, Nymphaea candida, Peucedanum palustre, Potamogeton gramineus, P. perfoliatus,
Potentilla palustris, Scolochloa festucacea) mit wärmeliebenden Elementen der mediterran-subme-
diterranen, subkontinentalen oder atlantischen Florenregionen zusammen (z. B. Alopecurus creticus,
Apium graveolens, Arundo donax, Azolla filiculoides, Bolboschoenus popovii, Carex otrubae,
Ceratophyllum demersum, Cladium mariscus, Euphorbia palustris, Glycyrrhiza glabra, Juncus
maritimus, Marsilea quadrifolia, Najas marina, N. minor, Nymphoides peltata, Pilularia globulife-
ra, Ranunculus lingua, Rorippa anceps, Rumex hydrolapathum, Samolus valerandi, Schoenoplectus
triqueter, Scutellaria hastifolia, Spirodela polyrhiza, Trapa natans, Urtica kioviensis, Vallisneria
spiralis, Wolffia arrhiza). Arten der Steppenseen, wie Salvinia natans, erreichen in Mitteleuropa die
Westgrenze ihrer Verbreitung und ozeanische Geoelemente, wie Hypericum elodes, Littorella
uniflora, ihre Ostgrenze. Für das Zusammentreffen borealer, kontinentaler, atlantischer und subme-
diterraner Arten in Mitteleuropa spielen die klimatisch begünstigten Täler der großen Ströme bzw.
die Urstromtäler eine besondere Rolle. Einige Arten, die als Stromtalpflanzen bezeichnet werden,
konzentrieren sich hier sogar. Das Grundinventar der Formation R bilden aber Arten mit weiter
geographischer Verbreitung wie Acorus calamus, Bolboschoenus maritimus, Butomus umbellatus,
Carex acutiformis, C. elata, C. riparia, Glyceria maxima, Iris pseudacorus, Juncus gerardii, Lemna
minor, Myriophyllum spicatum, Nuphar lutea, Phragmites australis, Potamogeton natans, P. pec-
tinatus, P. polygonifolius, Sagittaria sagittifolia, Schoenoplectus lacustris, Sparganium erectum.
Daneben setzen einige Gattungen mit Hauptverbreitung außerhalb oder am Rande von Europa

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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation R

regionale Akzente, so Aldrovanda vesiculosa und Nelumbo caspica im Wolgadelta. Aus der geogra-
phischen Differenzierung des Artenspektrums resultieren die entsprechenden Verbreitungsgebiete
einzelner Pflanzengesellschaften.

Makroklimatische Gegebenheiten
Entsprechend der Verbreitung einiger Vegetationstypen dieser Formation über ganz Europa weisen
die Klimadaten sehr weite Amplituden auf. Generell kann im Fall der Wasser- und Röhrichtgesell-
schaften vom dämpfenden Einfluß des Standortfaktors Wasser auf das Makroklima ausgegangen
werden. Das bedeutet, daß Wasser als Mangelfaktor entfällt und gleichzeitig durch die Wärmespei-
cherkapazität des Wassers die Extreme der Temperaturamplituden gemindert werden. Geographi-
sche Differenzierungen innerhalb einer an sich als azonal anzusprechenden Formation ergeben sich
jedoch aus den von der geographischen Breite abhängigen Sonnenständen sowie den von geographi-
scher Breite, Höhenlage und Kontinentalität beeinflußten Temperaturverläufen bzw. Temperaturmi-
nima mit ihren Auswirkungen auf Länge und Verlauf der Vegetationsperiode.
Auswirkungen klimatischer Einflüsse bzw. deren Veränderungen sind u. a. anhand deutlicher
Arealverschiebungen einiger Hydrophyten im Verlauf des Spätglazials und des Holozäns nach-
gewiesen (LANG 1994) so für Ceratophyllum submersum, Isoëtes echinospora, I. lacustris, Najas
flexilis, N. marina subsp. intermedia und Trapa natans.

Standortbedingungen
Entsprechend der Vielfalt der Standorte werden von der Formation R sehr unterschiedliche minero-
gene und biogene Substrate besiedelt. Wegen der ständigen oder periodischen Wasserüberdeckung
handelt es sich durchweg um zumindest zeitweise wassergesättigte Böden. Je nach Ausgangsgestein
oder vorherrschenden Strömungsbedingungen liegen kiesige, sandige, lehmige, schlickige bis tonige
oder auch organische Substrate vor. Es werden obendrein semiterrestrische Böden der Auen und
Marschen (u. a. Gleye, Anmoorgleye, Rambla) von semisubhydrischen Böden der Gezeitenzonen
(Flußwatt, Brackwatt) über subhydrische Böden der Gewässer (Protopedon, Gyttja, Sapropel, Dy)
und Torfböden (Niedermoor) bis hin zu Solonetz und Solonchaks besiedelt.
Für die Ausbildung und räumliche Anordnung der überwiegend lichtliebenden Pflanzengesell-
schaften sind folgende Faktoren entscheidend:
1. Wasserhaushalt
1.1 Überflutungshöhe und -dauer (permanent bis episodisch)
1.2 Einfluß von Strömung und Wellenschlag (Fließgewässer, Stillgewässer)
2. Wasserqualität
2.1 Karbonathärte und Salinität (Süßwasser, Brackwasser)
2.2 Nährstoffhaushalt (oligotroph bis hypertroph)
Zur Abhängigkeit vom Substrat sowie vom Wasser- und Nährstoffhaushalt sei auf HEJNÝ (1960),
POTT (1983, 1996) sowie POTT & REMY (2000) u. a. verwiesen.

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Formation R Karte der natürlichen Vegetation Europas

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


In der Mehrzahl der Wasserpflanzengesellschaften kommen Vertreter der Gattung Potamogeton
vor. Aufgrund der teilweise extremen Standortbedingungen sind viele der an der Formation be-
teiligten Pflanzengesellschaften artenarm bis monodominant. Entsprechend schwer sind solche
Bestände mit nur einer Kennart oder Vergesellschaftungen ohne echte Charakterarten soziologisch
und hierarchisch zusammenzufassen. Die syntaxonomische Gliederung der Potamogetonetea ist
deswegen bis heute umstritten.
Alle Röhrichte, die mehr oder weniger von Phragmites australis beherrscht werden, gehören
soziologisch innerhalb der Phragmitetea in die Ordnung Phragmitetalia und den Phragmition-
Verband im Sinne von W. Koch (1926). Neben einigen gut abgrenzbaren Assoziationen verhalten
sich viele der Vergesellschaftungen in ihrem strukturellen Aufbau und in ihrer floristischen Zu-
sammensetzung uneinheitlich; aus diesem Grunde ist die syntaxonomische Fassung mancher
Helophytenbestände ebenfalls noch umstritten (vgl. POTT 1995). Brackwasserröhrichte werden im
Bolboschoenion maritimi-Verband sensu Dahl et Hada… 1941 zusammengefaßt.
Die kartographisch nicht darstellbare Fließgewässervegetation wird im aquatischen Milieu durch
Gesellschaften des Ranunculion fluitantis aus der Klasse der Potamogetonetea gekennzeichnet. Die
strömungsangepaßten Röhrichte der Fließgewässer werden in den Verband Phalaridion arundina-
ceae aus der Klasse der Phragmitetea australis gestellt.
Die hier angedeutete synsystematische Vegetationsgliederung im Bereich der Stillgewässer oder
strömungsarmer Abschnitte von Fließgewässern berücksichtigt die Karbonathärte bzw. Salinität und
die Trophiestufen von oligotroph bis hypertroph und wird in einer typischen Abfolge der beteiligten
Syntaxa vom aquatischen über das semiaquatische bis zum terrestrischen Milieu dargestellt.
Rohböden oligotropher Gewässer werden normalerweise von Armleuchteralgenrasen der Charetea
fragilis besiedelt (z. B. Nitelletum translucentis und Charetum asperae), ferner von Laichkrautrasen
(Potamogetonion pectinati) und Schwimmblattgesellschaften (z. B. Nymphaeetum albae). Daneben
treten mit Schwerpunkt im Hydro- und Geolitoral phytomassearme und konkurrenzschwache Ver-
gesellschaftungen der Littorelletea uniflorae mit Isoëtes spp. oder die in der Wasserwechselzone
vorkommende Littorella uniflora-Gesellschaft auf. Daran können sich niedrige, lockere Röhrichte
wie das Cladietum marisci, das Caricetum lasiocarpae oder schwachwüchsige Phragmites-Bestände
anschließen. Gehölzkontaktvegetation sind nährstoffarme Birkenbruchwälder (Betuletum pubes-
centis) oder im atlantischen Klima die charakteristischen Gagelgebüsche (Myricetum galis).
In mesotrophen Seen und Tümpeln treten über einer Gyttja meist konkurrenzkräftigere Pflanzenge-
sellschaften auf: neben diversen Characeen-Gesellschaften das Potamogetonetum graminei und
weitere Laichkrautgesellschaften, das Nupharetum pumilae und das Nymphaeetum albo-candidae.
In der amphibischen Zone schließen sich Gesellschaften der Littorelletea uniflorae, wie das Eleo-
charitetum multicaulis, oder der Phragmitetea australis (z. B. Caricetum rostratae, Carici-Menyan-
thetum) an. Alle diese Pflanzengesellschaften sind in den intensiver genutzten Landschaften Europas
durchweg als potentiell gefährdet einzustufen. Das gilt auch für einige Syntaxa der schwach eutro-
phen Gewässer. Hier treten Wasserlinsen-Gesellschaften (u. a. Spirodeletum polyrhizae, Lemnetum

450
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation R

trisulcae) auf sowie das Stratiotetum aloides. An solchen Gewässern folgt einem gut ausgebildeten
Scirpo-Phragmitetum-Röhricht oder Butometum umbellati-Röhricht landwärts oft ein Caricetum
elatae-Seggenried, welches in einen Erlenbruchwald übergehen kann.
Das sicherlich größte floristische und soziologische Inventar weisen die eutrophen Stillgewässer
auf. Je nach Sauerstoffversorgung werden als subaquatische Substrate Gyttjen oder Sapropele
besiedelt. Vorherrschend sind hier konkurrenzstarke Vergesellschaftungen der Potamogetonetea aus
den Verbänden Potamogetonion (Potamogetonetum lucentis) und Nymphaeion albae (Myriophyllo-
Nupharetum luteae, Nymphoidetum peltatae, Trapetum natantis). Es schließen sich dichte, hoch-
wüchsige Röhrichte des Scirpo-Phragmitetum oder Acoretum calami an, gefolgt von Vertretern des
(Magno)Caricion elatae (Cicuto-Caricetum pseudocyperi, Caricetum gracilis, C. vesicariae, C. ri-
pariae, C. paniculatae). Durchdrungen oder überlagert werden diese von Wasserlinsen- oder von
Wasserschlauch-Gesellschaften der Utricularietea. Die natürlichen Kontaktgesellschaften stellen
Grauweidengebüsche und Bruchwälder dar, vor allem der Erlenbruchwald (Carici elongatae-
Alnetum).
Mit dem Übergang zum hypertrophen, meist schwach halinen Milieu nimmt die Diversität solcher
Gewässer deutlich ab (POTT 1983). Häufig verhindern in diesem Fall Gewässertrübung oder über-
mäßiges Algenwachstum (meist mit Enteromorpha intestinalis-Decken) die Ausbildung einer Sub-
mersvegetation. Es verbleiben Pleustophytengesellschaften wie das Lemnetum gibbae oder dichte
Ceratophyllum demersum-Bestände. Das Röhricht wird in solchen Fällen von einem Glycerietum
maximae oder von Bolboschoenus maritimus-Beständen gebildet, die zu den Salzrieden und -Röh-
richten brackiger Standorte überleiten (Bolboschoenion maritimi). Ihr Wasserkörper wird in Ab-
hängigkeit von der Trübung von ein- oder mehrschichtigen Pflanzengesellschaften eingenommen.
So besiedeln Armleuchteralgenrasen aus dem Verband Charion canescentis das saubere, klare
Brackwasser, zu denen sich spezielle Pflanzengesellschaften der Ruppietea maritimae oder das
Zannichellietum pedicellatae aus der Klasse der Potamogetonetea hinzugesellen. Als charakteristi-
sche Kontaktgesellschaften können Seegraswiesen der Zosteretea marinae auftreten. Die Uferzonen
solcher brackigen Gewässer werden u. a. von Schoenoplecti triquetri-Bolboschoenetum maritimi-
Röhrichten eingenommen, im skandinavisch-baltischen Raum unter wechselhalinen Bedingungen
vom Caricetum paleaceae.

Rolle im Landschaftsgefüge
Die Pflanzengesellschaften der Gewässer und ihrer Uferzonen haben zwar meist nur geringe Flä-
chenanteile, stellen aber wichtige lineare oder flächige Strukturelemente der Landschaften dar.
Gleichzeitig tragen sie in erheblichem Maße zur Biodiversität bei, da sie im aquatischen und
semiterrestrischen Milieu den Lebensraum komplexer Zoozönosen bilden. Weiterhin schützen
Röhrichte die Ufer vor Wellenschlag und Erosion und bieten zudem für die Schilfmahd Rohmaterial
für technische Zwecke.
Die emerse Vegetation der Gewässer und Sümpfe hat große Bedeutung für den Wasser- und Nähr-
stoffhaushalt der Landschaften. Durch die starke Transpiration von Röhricht- und Riedpflanzen wird

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Formation R Karte der natürlichen Vegetation Europas

der regionale Wasserstand im Jahresverlauf beeinflußt. Gleichzeitig wirken ausgedehnte Röhricht-


und Riedbestände als Biofilter, in denen in erheblichem Umfang Nährstoffe festgelegt werden.
Die Kontaktgesellschaften im terrestrischen Bereich sind vielfältig, je nach geomorphologischer
Ausbildung grenzen bei flachen hydrologischen Gradienten üblicherweise Moore oder überflutungs-
resistente Gebüsche und Wälder der Klassen Salicetea purpureae, Alnetea glutinosae, Querco-
Fagetea an. Bei steil ausgebildeten Gradienten kann es jedoch auch zu einem Kontakt mit der
Vegetation von Dünen, Waldsteppen, Steppen, Wüsten oder Salzvegetation kommen.

Erhaltungszustand, Landnutzung, Ersatzgesellschaften; Naturschutz


Erhaltungszustand und Gefährdungsgrad von Röhrichten, Riedsümpfen und Wasservegetation sind
regional und mit Bezug auf einzelne Pflanzengesellschaften sehr unterschiedlich. Es handelt sich
zumeist um dynamische und sehr regenerationsfähige Gesellschaften, die mechanische Zerstörungen
gut ausgleichen können. Deutliche quantitative Verluste von Röhrichtbeständen sind in West- und
Mitteleuropa in den letzten Jahrhunderten auf umfangreiche Maßnahmen zur Seespiegelsenkung,
Trockenlegung (Melioration) und Umwandlung in Weide- und Ackerland zurückzuführen. In den
letzten 70 Jahren führte außerdem zunehmender Flächenbedarf für Industrie und Verkehr sowie für
Hafenanlagen an Gewässern zum Rückgang und Verlust auch seltener Pflanzengesellschaften.
Gleichzeitig wurden viele Pflanzengesellschaften dieser Formation in den verbliebenen Flach-
wasser- und Uferbereichen der Seen, Flüsse und Ästuarien durch fortschreitende Eutrophierung oder
anderweitige stoffliche und Verkehrsbelastungen stark quantitativ und qualitativ verändert.
Ein besonderes Problem stellen in den agrarisch und industriell intensiv genutzten Landschaften der
Schutz und die Erhaltung der konkurrenzschwachen oligotraphenten Pflanzengesellschaften dar, da
bei diesen bereits der Eintrag von Nährstoffen über die Luft zu irreversiblen Schäden führen kann.
Durch Einleitung mangelhaft geklärter Abwässer sind aber auch die Pflanzengesellschaften eutro-
pher Standorte stark gefährdet (POTT & PETERSEN 1999). Überdüngung führt ferner über verstärktes
Algen- oder zu rasches Halmwachstum zu einer Schädigung der Röhrichte oder degradiert artenrei-
che eutrophe zu artenarmen poly- bis hypertrophen Gewässern. Während in Mitteleuropa in früheren
Jahrzehnten vor allem Phosphate im Wasser das Hauptproblem darstellten, sind heute besonders
Stickstoffverbindungen an der Eutrophierung beteiligt.
Röhrichte und Seggenriede können auch Ersatzgesellschaften von gerodeten Bruch- und Sumpf-
wäldern (Formation T) sowie degradierten Mooren (Formation S) sein. So haben sich infolge
Vernichtung von Naßwäldern die von Natur aus nur kleinräumig vorhandenen Großseggenriede
flächenmäßig stark ausgedehnt. Wo natürliche Röhricht- und Riedflächen in extensiv genutztes
Feuchtgrünland umgewandelt wurden, bilden heute Wiesen und Hochstaudenfluren feucht-nasser
Standorte (Molinietalia caeruleae) typische Ersatzgesellschaften. Durch den momentanen Wandel
in der europäischen Landwirtschaft fallen vermehrt extensiv genutzte Feuchtgrünlandbereiche aus
der Bewirtschaftung und gehen sukzessive in Riedflächen und Hochstaudenformationen über.
Angesichts der vielfältigen Funktion von Pflanzengesellschaften der Gewässer und Sümpfe sowie
ihrer ebenso vielfältigen wie unterschiedlich starken Bedrohung, sind europaweite differenzierte

452
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation R

Schutzkonzepte erforderlich. Generell ist eine Verringerung der Nährstoffeinträge in Gewässer und
ihre Randbereiche sowie ein Stop ihrer Trockenlegung und Überstauung zu fordern. Besonders
schutzwürdig sind die oft nur noch kleinflächig ausgebildeten Pflanzengesellschaften oligo- bis
mesotropher Standorte, die eine Vielzahl hochgradig gefährdeter Pflanzen- und Tierarten beher-
bergen.

Gliederung in Kartierungseinheiten
R1 Vegetation der Süßwasser-Röhrichte und angrenzender Flachwasserbereiche
In den lichtliebenden Helophytenbeständen der amphibischen Zone stehender oder fließender
Gewässer ist Phragmites australis mit großer Stetigkeit und meist dominierend vertreten. Die
überwiegend produktionskräftigen und relativ hochwüchsigen Verlandungsgesellschaften an Seen,
Teichen und Fließgewässern und ihre einzelnen Vegetationseinheiten sind strukturell und zum Teil
auch floristisch recht heterogen und deshalb nur schwer zu gliedern. Den Aspekt beherrschen
normalerweise Süß- und Sauergräser, welche Polykormone und dadurch häufig die Fazies bilden.
Die Kartierungseinheit umfaßt drei klimatisch/edaphisch bedingte Ausbildungen:
a) Boreo-europäische (oligotrophe) Süßwasser-Röhrichte,
b) West- und mitteleuropäische meso- bis eutrophe Süßwasser-Röhrichte,
c) Karpatisch-pannonische und pontisch-kaspische eutrophe Süßwasser-Röhrichte.

a) Boreo-europäische (oligotrophe) Süßwasser-Röhrichte


Sehr lichte, lockere, über die Wasseroberfläche ragende niedrigwüchsige Röhrichte. Verbreitete
Arten sind Phragmites australis, Schoenoplectus lacustris, Typha angustifolia, Equisetum fluviatile,
Scolochloa festucacea, weitere kennzeichnende Arten: Potentilla palustris, Nuphar pumila, Potamo-
geton gramineus. Die Bestände enthalten in den unteren wasserüberstauten Schichten Isoëtes
lacustris, Eleocharis acicularis, Littorella uniflora, Lobelia dortmanna, Nymphaea tetragona und
Potamogeton spp. Bei optimaler Wasserhöhe beträgt der Deckungsgrad 2-30 %.
Verbreitung: Boreale Zone von Fennoskandien und Rußland (Tåkern, Vättern, Kallevesi, Ladoga,
Onega See), planare bis montane pleistozäne Landschaft.
Standort: oligotrophe bis mesotrophe Stillgewässer mit Protopedon auf grobkörnigen Ausgangssub-
straten, oligotrophe Moorgewässer über Dy.
Kontaktvegetation: Nymphaeetum tetragonae, Nupharetum pumilae, Caricetum rostratae, Calletum
palustris, Carici acutae-Comaretum palustris, Charetea fragilis, Utricularietea intermedio-minoris,
Littorelletea uniflorae.

b) West- und mitteleuropäische meso- bis eutrophe Süßwasser-Röhrichte


Dichte und wüchsige, zur einartigen Dominanz neigende Bestände, häufig in ausgeprägter Durch-
dringung mit Wasserpflanzengesellschaften. Die wichtigsten Röhrichtarten sind Phragmites
australis, Schoenoplectus lacustris, Typha latifolia, T. angustifolia, Glyceria maxima, Acorus
calamus, Cladium mariscus. Charakteristische Begleitarten sind Ranunculus lingua, Iris pseudaco-
rus, Rumex hydrolapathum, Stachys palustris, Scutellaria galericulata. Entlang der Fließgewässer
bildet Phalaris arundinacea typische strömungsresistente Flußröhrichte.

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Formation R Karte der natürlichen Vegetation Europas

Verbreitung: Temperate Zone West- und Mitteleuropas, z. B. Ostholsteinische bis Masurische Seen,
Ufer- und Verlandungszonen der Voralpenseen (u. a. Genfer See, Bodensee), Teichgebiet von
Trbon, Neusiedler See, Balaton, Stromtäler, ferner an permanenten Gewässern des mediterranen
Südeuropa.
Standort: meso- bis eutrophe Stillgewässer, auf diversen subhydrischen bis semiterrestrischen
Böden.
Kontaktvegetation: meso- bis eutraphente Wasserpflanzengesellschaften (Potamogetonetea, Lemne-
tea minoris, Charetea fragilis, Utricularietea intermedio-minoris), Großseggenriede etc.

c) Karpatisch-pannonische und pontisch-kaspische eutrophe Süßwasser-Röhrichte


Die Röhrichte des karpatisch-pannonischen Raumes besiedeln die Auen der größeren Flüsse wie
Donau und Theiss. Die dichten, 2-3 m hohen Bestände werden hauptsächlich von Phragmites
australis und Schoenoplectus lacustris aufgebaut und besitzen eine ausgeprägte Hochstaudenschicht
mit Senecio sarracenicus, Rorippa anceps, Sonchus palustris, Euphorbia palustris, Leucanthemella
serotina, Urtica kioviensis, Lactuca tatarica, Glycyrrhiza glabra.
Verbreitung: Slowakei, Ungarn, Jugoslawien, Rumänien, Bulgarien, Moldau, Ukraine, Südrußland,
Kasachstan.
Standort: überwiegend fluviatile Sedimente, eutrophe Fließ- und Stillgewässertypen.
Kontaktvegetation: Azolla filiculoides-Wolffia arrhiza-Gesellschaften, Trapa natans-Gesellschaften,
Nupharo-Nymphaeetum albae, Caricetum melanostachyae, Juncetum atrati, Glycyrrhizetum
glabrae.

R2 Flachwasservegetationskomplexe
Wasserpflanzengesellschaften, häufig Röhrichtgürteln vorgelagert, können in klaren Gewässern bis
in Wassertiefen von über 7 Metern vordringen. Ihr Verbreitungsschwerpunkt mit einem Diversitäts-
maximum befindet sich in den Stillgewässern der Tiefländer; mit zunehmender Höhenlage und
abnehmenden Sommertemperaturen sowie mit zunehmendem Einfluß von strömendem Wasser
verarmen sie floristisch. Neben den Laichkraut- und Schwimmblattgesellschaften der Potamogeto-
netea bilden Wasserlinsendecken der Lemnetea minoris den Großteil der Phytomasse in den
Gewässern. Armleuchteralgen-Gesellschaften der Charetea fragilis können in Stillgewässern aller
Höhenstufen mehr oder weniger dichte Unterwasserrasen ausbilden.
Die Zwergwasserschlauch-Gesellschaften der Utricularietea intermedio-minoris sind typisch für
oligotrophe bis mesotrophe Gewässer mit borealem Verbreitungsschwerpunkt.
Die Strandlings-Gesellschaften der Littorelletea uniflorae haben ihren Verbreitungsschwerpunkt in
den sommerkühlen, atlantisch-subatlantischen bzw. boreo-montanen Regionen.
Meeressalden-Gesellschaften der Ruppietea maritimae bilden lockere, submerse Bestände im
Brackwasser mit Schwerpunkten in den Ästuarien und in der Ostsee.
Verbreitung: in ganz Europa verbreitet; in der Karte nur das besonders großflächige Vorkommen im
nördlichen Kaspischen Meer dargestellt. Vergleichbar den Röhrichten weisen die Wasserpflanzen-
gesellschaften unterschiedliche Verbreitungsschwerpunkte auf. Phytomassearme, eher konkurrenz-
schwache Assoziationen treten gehäuft in nährstoffarmen Gewässern der küstennahen, atlantischen
sowie in den eurasisch-subozeanischen Florengebieten auf (Atlantikküste, nährstoffarme Gewässer

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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation R

der planaren bis montanen pleistozänen Landschaften Nordeuropas).


Die konkurrenzstarken, phytomassereichen Wasserpflanzengesellschaften finden sich dagegen in der
temperaten und submediterranen Zone Europas: z. B. Ostholsteinische bis Masurische Seen, Ufer-
und Verlandungszonen der Voralpenseen (u. a. Genfer See, Bodensee, Chiemsee), Teichgebiet von
Trbon, Neusiedler See, Balaton, Altwasserarme und Mündungsgebiete von Flüssen und Strömen
(z. B. Donau, Wolga), ferner in permanenten Gewässern des mediterranen Südeuropa.
Standort: oligotrophe bis mesotrophe Stillgewässer mit Protopedon auf grobkörnigen Ausgangssub-
straten, oligotrophe Moore über Dy, meso- bis eutrophe (hypertrophe) Gewässer über Gyttja oder
Sapropel, oligo- bis eutrophe Fließgewässer mit fluviatilen Sedimenten, brackische Gewässer im
Binnenland und im Küstenbereich.
Struktur: ein- bis dreischichtig, häufig mit Durchdringungen verschiedener Gesellschaften. In
Fließgewässern und trüben Stillgewässern oft nur einschichtig.
Kontaktvegetation: Phragmitetea, Salicetea purpureae, Alnetea glutinosae.
Wichtigste Kennarten: Potamogeton spp., Myriophyllum spp., Lemna spp., Nuphar lutea, Chara
spp., Nitella spp., Utricularia spp.

R3 Vegetation der Brackwasser-Röhrichte im Wechsel mit Salzwiesen und Salzfluren


Die Formation hat zwei klimatisch geprägte Flügel: Brackwasser-Röhrichte im ozeanischen Bereich
mit dauernd hohem Wasserniveau und geringen Wasserstandsschwankungen in der Vegetationsphase
und die kontinental verbreiteten mit sehr stark schwankendem Wasserspiegel, d. h. mit ausgeprägter
Differenzierung in nasse und trockene Ökoperioden. Es erfolgt daher eine Gliederung in
a) ozeanische, west-, mittel- und nordeuropäische Brackwasser-Röhrichte und
b) mediterrane und kontinentale Brackwasser-Röhrichte.

a) Ozeanische, west-, mittel- und nordeuropäische Brackwasser-Röhrichte


Brackwasserröhrichte werden im Bolboschoenion maritimi-Verband (DAHL & HADA„ 1941) zusam-
mengefaßt. Kennzeichnend für diese Röhrichte im Gezeitenbereich der Mündungen größerer Flüsse
sowie brackwassergeprägter Standorte entlang der Ostseeküste sind Bolboschoenus maritimus und
Schoenoplectus tabernaemontani. An Nord- und Ostsee gibt es örtlich noch ausgedehnte Vor-
kommen dieser Röhrichte, die meistens im räumlichen Kontakt zu Salzwiesen stehen. Verstreute,
kleinflächige Vorkommen dieser Röhrichte kommen an Salzstellen im Binnenland vor. Im Küsten-
bereich zeigen die dominanten Arten oft eine Zonierung aufgrund ihrer spezifischen Toleranz
gegenüber Salzgehalt und Überflutung. Mischbestände aus dominanter Phragmites australis mit
Bolboschoenus maritimus und Schoenoplectus tabernaemontani bilden Brackwasserröhrichte im
Litoral der Ostsee sowie in schwach tidebeeinflußten Binnengewässern an der Nordsee. Mit den
brackischen Röhrichten sind auch brackische Riedsümpfe eng verknüpft: z. B. das Caricetum
paleaceae in Norwegen, das Junco-Caricetum extensae in den Niederlanden. An der Ostseeküste
gibt es Phragmites-Bestände mit Fucus vesiculosus und an der Nordseeküste Mischbestände aus
Phragmites australis und Bolboschoenus maritimus, die als Übergang zwischen Bolboschoenion
maritimi und Phragmition mit entsprechenden Begleitarten (Atriplex prostrata agg., Stellaria crassi-
folia, Carex disticha, siehe DAHL & HADA„ 1941, S. 270) bewertet werden.

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Formation R Karte der natürlichen Vegetation Europas

Verbreitung: entlang der Meeresküsten von Nord- und Ostsee mit Buchten und Brackwasserseen, in
tidebeeinflußten Ästuarien teilweise weit in das Binnenland reichend: Großbritannien, Frankreich,
Belgien, Niederlande, Deutschland, besonders großflächige Ausbildungen in Buchten der Ostsee:
Skandinavien, Baltische Staaten.
Standort: leicht schlammige Böden bei mäßiger NaCl-Konzentration (sekundär als verarmte Form
in durch alkalische Abwässer belasteten Gewässern).
Struktur: zwei- bis dreischichtige Gesellschaften, oft niedriger als Süßwasserröhrichte (80-100 cm),
aber meist dichter geschlossen.
Kontaktvegetation: Ruppion maritimae, Magnocaricion paleaceae, Puccinellio-Salicornion, Festu-
cion maritimae, Armerion maritimae.
Wichtigste Kenn- und Trennarten: Aster tripolium subsp. tripolium, Eleocharis uniglumis, Atriplex
prostrata agg., Triglochin maritimum, Carex otrubae, Juncus gerardii.

b) Mediterrane und kontinentale Brackwasser-Röhrichte


Verbreitung: Flußmündungen ins Mittelmeer, Schwarze Meer und Kaspische Meer, ferner im ariden
Binnenland Südosteuropas, auf wechselfeuchten Standorten: an Ufern alkalischer Seen, in salzhalti-
gen Sümpfen und an Quellen.
Standort: Sublitoral- bis Eulitoralzone, lehmige bis tonige Böden, reich an leicht wasserlöslichen
Salzen an der Oberfläche der salzhaltigen Böden.
Struktur: dreischichtige Gesellschaften, bis 120 cm hoch, meist dicht geschlossen.
Kontaktvegetation: Ruppion maritimae, Beckmannion eruciformis, Juncion gerardii (Caricetum
divisae), Puccinellion limosae.
Wichtigste Kenn- und Trennarten: Phragmites australis, Bolboschoenus maritimus, Aster tripolium
subsp. pannonicus, Puccinellia distans, P. limosa, Cirsium brachycephalum, Melilotus dentatus,
Alopecurus creticus, Juncus maritimus, Teucrium scordium.
Dominante: Bolboschoenus maritimus, Schoenoplectus tabernaemontani, Schoenoplectus litoralis.

R4 Vegetation der Riedsümpfe


Großseggenriede sind wie die Stillwasserröhrichte an Verlandungsserien meso- bis eutropher
Gewässer gebunden und nehmen dort die nur flach überschwemmten und zeitweise trockenfallenden
semiterrestrischen Standorte ein. Die im (Magno-)Caricion elatae-Verband W. Koch 1926 zu-
sammengefaßten Riedgesellschaften repräsentieren innerhalb der Phragmitetea einen der nährstoff-
ärmeren Flügel. Von den Großseggen kommen immer nur wenige Arten zur Dominanz. Die
herrschenden Seggenarten weisen allerdings unterschiedliche Amplituden bezogen auf den Wasser-
und Nährstoffhaushalt der Standorte auf. Je nach Wassertiefe und Wasserbeschaffenheit haben die
Bestände unterschiedliche Ausbildungsformen und Artenspektren.
In Abhängigkeit von den standörtlichen Bedingungen kommt in den Riedgesellschaften meist nur
eine Großsegge zur Dominanz, die dann auch als namengebende Charakterart der betreffenden
Assoziation angesehen wird. Die Standortansprüche der Großseggen überlappen sich jedoch in
weiten Bereichen, so daß die Gesellschaften floristisch ähnlich und insgesamt schlecht charakteri-
siert sind. Meist wird ein mesotraphentes Caricion rostratae auf torfigen Substraten einem eutra-
phenten Caricion gracilis-Verband gegenübergestellt.

456
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation R

Verbreitung: in ganz Europa meist kleinflächig verbreitet; in der Karte nur das großflächige Vor-
kommen im Donaudelta Rumäniens dargestellt.
Standort: meso- bis eutroph; sandige, lehmige bis tonige oder anmoorige bis torfige Böden, z. T.
länger andauernd oder anhaltend flach überstaut.
Struktur: bultige oder rasige Verlandungsgesellschaften, oft im Komplex mit Röhrichten und
Weidengebüschen.
Kontaktvegetation: Wasser- und Sumpfpflanzen-Vegetation, z. B. Lemnetea, Charetea, Potametea,
Littorelletea, Urticularietea intermedio-minoris oder übrige Phragmitetea, ferner Thero-Salicornie-
tea, Salicetea purpureae, Alnetea glutinosae.
Wichtigste Kenn- und Trennarten: Carex elata, C. acuta, C. riparia, C. acutiformis, C. buekii,
C. buxbaumii, C. cespitosa, C. randalpina, C. paniculata, C. vesicaria.

Literatur
BALÁTOVÁ-TULÁ„KOVÁ 1976; DAHL & HADA„ 1941; ELLENBERG 1996; GOLUB, LOSEV & MIRKIN
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457
Formation S Karte der natürlichen Vegetation Europas

S Moore
Kamil Rybní…ek

Charakterisierung und typologische Abgrenzung; geographische Verbreitung der Formation


und regionaler Moortypen
Moore sind semiterrestrische Feuchtgebiete, in denen zumindest zeitweilig Torfe gebildet wurden
oder werden. Sie sind unverwechselbare Ökosysteme mit spezifischer Flora, Vegetation und Fauna
und werden von hydrologischen Standortbedingungen und den Ionengehalten der Bodenlösung
geprägt. Der regionale Wasserhaushalt bestimmt mit der Geomorphologie die Struktur der Moor-
komplexe. Die Zusammensetzung ihrer Biozönosen ist allerdings im Gegensatz zur zonalen Landve-
getation (die meisten Wälder, Steppen, Tundren etc.) weniger eindeutig vom Großklima abhängig,
also überwiegend azonal bzw. nach ALECHIN (1951) vielleicht intrazonal. Sie weisen indessen
teilweise eine klare Nord-Süd-Zonierung auf, verändern sich entlang eines Ozeanitätgradienten
sowie in Abhängigkeit von Höhenstufen und haben enge Beziehung zur klimazonalen Landvegeta-
tion (vgl. BO„ & MASING 1983: 109).
Das wichtigste Merkmal der Moorvegetation ist ihre Fähigkeit, ihr eigenes Substrat zu bilden, das
heißt pflanzliche Biomasse zu akkumulieren und diese in organische Substanz, Torf, umzuwandeln.
Moore entstehen an Orten, die zumindest zeitweilig bzw. langfristig wassergesättigt sind, entweder
durch Verlandung von Seen und anderen Gewässern (topogene Moore) oder durch Versumpfung
von grundwasserbeeinflußten Standorten (soligene Moore). Beide Kategorien gehören zu den
minerogenen (minerotrophen) Mooren, die auch als Niedermoore bezeichnet werden. Ombrogene
(ombrotrophe) Moore, Regenwassermoore bzw. Hochmoore, entwickeln sich meist aus Niedermoo-
ren in Gebieten mit hohen Niederschlägen und geringer Evapotranspiration. Viele Moorkomplexe
entstanden durch eine Kombination solcher Standortbedingungen.
Moore kommen in ganz Europa vor, allerdings mit ungleichmäßiger Verteilung. Während ihre Aus-
dehnung im Mediterrangebiet vernachlässigbar gering ist, nehmen sie in einigen Gebieten der bo-
realen Zone, in Fennoskandien und im Norden Rußlands, über 30 % der Fläche ein. In Europa ist
folgende Nord-Süd- und West-Ost-Abfolge in der räumlichen Verbreitung vorherrschender regiona-
ler Moortypen zu beobachten (vgl. Karte 19): Polygon- und Palsamoore in der Arktis und Subarktis,
Aapamoore in der borealen Zone, waldfreie Plateau- und Plan-Hochmoore in den ozeanischen bis
subkontinentalen Regionen der südlichen borealen und nördlichen temperaten Zone, konzentrische
und exzentrische Kermi-Hochmoore in der östlichen hemiborealen und südborealen Zone, Gebirgs-
Hochmoore in Mittel- und Südosteuropa, überwiegend subkontinentale und kontinentale Wald-
Hochmoore in den Tieflagen der osteuropäischen hemiborealen und nemoralen Zone. Deckenmoore
als besondere ombrogene Typen sind auf die extrem ozeanischen Gebiete West- und Nordwest-
europas beschränkt. Quellmoore, Tal-, Überflutungs- und andere Niedermoortypen kommen unab-
hängig vom Großklima an geeigneten Standorten in ganz Europa vor, mit nach Süden abnehmender
Tendenz. Weitere Einzelheiten siehe RUUHIJÄRVI (1960), EUROLA (1962), KAC (1971), SUCCOW &
JESCHKE (1986), LANG (1994), SUCCOW & JOOSTEN (2001), DIERSSEN & DIERSSEN 2001.

458
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation S

Die Formation S – Moore – enthält weder Salzmarschen, Röhrichte und Sümpfe auf mineralischem
Substrat noch Birken- und Erlenbruchwälder. Diese werden in den Formationen P, R und T be-
handelt. Durch Entwässerung, Torfabbau und Kultivierung irreversibel veränderte Moorgebiete
wurden ebenfalls nicht mit einbezogen.
Weitere grundlegende Informationen zu Moorökosystemen und ihrer Verbreitung finden sich bei
OVERBECK (1975), TJUREMNOV (1976), DIERSSEN (1982), GORE A.J.P. (1983), SUCCOW & JESCHKE
(1986), RODWELL (1991b), JURKOVSKAJA (1992), BO„ & SMAGIN (1993), LAPPALAINEN (1996),
SUCCOW & JOOSTEN (2001), DIERSSEN & DIERSSEN 2001.

Bestandesstruktur und Physiognomie


Morphologie und Oberflächenstruktur von Moorkomplexen sowie ihre Zusammensetzung hängen
vom Stand der Moorentwicklung, dem regionalen Klima, dem Relief, dem lokalen Wasserhaushalt
und dem Chemismus des Torfkörpers ab. Die Oberflächenstrukturen sind bei den borealen and
arktischen Moortypen besonders auffällig, so bei den Aapamoorkomplexen, Palsa- und Polygon-
mooren. Ihre Oberfläche gliedert sich in Erhebungen wie Stränge und ähnliche Mikroformen mit
überwiegend ombrotropher Vegetation, und in Vertiefungen wie Flarke oder Rimpis mit weitgehend
minerotrophen Moorgesellschaften. Gut entwickelte Oberflächenstrukturen sind auch in Hochmoor-
komplexen anzutreffen. Diese gliedern sich in Mittel- und Westeuropa in Bulten und Schlenken
bzw. in konzentrisch oder exzentrisch angeordnete Systeme aus langgestreckten Strängen (Kermis)
und Flarken im südlichen Fennoskandien. Kolke (große, rundliche wassergefüllte Vertiefungen
und/oder Tümpel) können dagegen in allen Hochmoorregionen auftreten. Ausgeprägte Bult-
Schlenken-Mosaike und Kolksysteme sind bezeichnend für Stillstands- und Erosionskomplexe, in
denen sich rezent praktisch keine Volumenzunahme des Torfkörpers vollzieht. Wachstumskom-
plexe, denen wir die Entstehung unserer ausgedehnten Torflagerstätten verdanken, zeigen praktisch
keine Reliefunterschiede.
Die Physiognomie der Moorvegetation ist ebenfalls unterschiedlich. Sowohl baumfreie als auch
bewaldete Moore kommen in den ozeanischen bis kontinentalen Gebieten Europas vor. Hemikrypto-
phyten und Helophyten aus der Familie der Cyperaceen, Zwergsträucher und Moose und/oder Flech-
ten sind die vorherrschenden Lebensformen in den Moor-Pflanzengesellschaften. Da die Artenzahl
abgesehen von basiphytischen Niedermooren meist niedrig ist, sind Physiognomie und dominante
Arten oft entscheidend für die Differenzierung der Moorvegetation und der Kartierungseinheiten.
Häufig dienen Moose als differenzierende Arten bezüglich der Wasser- und Nährstoffstufen. Die
Physiognomie war in der Vergangenheit und ist regional oft das wichtigste Merkmal bei der Abgren-
zung von Moortypen, namentlich in der ehemaligen UdSSR (vgl. TJUREMNOV 1976).

Floristische Zusammensetzung und historischer Hintergrund


Die spezifischen (extremen) Standortbedingungen grenzen die Zahl der Pflanzenarten stark ein, die
in Mooren wachsen können. Der wichtigste Gradient im Mikrorelief ist die Wasserstufe. Die
floristisch schwach ausgeprägte wiewohl klare Grenze zwischen minerotrophen und ombrotrophen

459
Formation S Karte der natürlichen Vegetation Europas

Mooren wird als Mineralbodenwassergrenze bezeichnet (vgl. THUNMARK 1942, DU RIETZ


1949,1954). Pflanzenartenkombination und Vegetationstyp ändern sich entlang dem Gradienten der
Basensättigung von basenreichen Niedermooren zu den (extrem) basenarmen, stark sauren Hoch-
mooren (s. SJÖRS 1952).
Basenreiche Niedermoore („rich fens“ sensu SJÖRS 1952) sind durch mehrere „Kalkzeiger“ charak-
terisiert, z. B. durch Schoenus ferrugineus, S. nigricans, Carex davalliana (in Mitteleuropa),
C. lepidocarpa, Eriophorum latifolium, Eleocharis quinqueflora, Pinguicula vulgaris, Primula
farinosa, Juncus subnodulosus, Triglochin palustre, verschiedene Orchideenarten, Equisetum
variegatum sowie insbesondere durch Braunmoose wie Scorpidium scorpioides, Drepanocladus
revolvens, Campylium stellatum, Tomenthypnum nitens, Cratoneurum spp. u. a. Sphagnum-Arten
fehlen hier oder sie kommen nur in Übergangstypen vor.
Demgegenüber sind Sphagnum-Arten der Sektionen Subsecunda, Cuspidata und einige Arten aus
der Sektion Acutifolia typisch für basenarme und saure Standorte (basenarme Niedermoore, „transi-
tional and poor fens“ sensu SJÖRS 1952). Braunmoosarten sind dort selten und nur durch Warns-
torfia spp., Calliergon giganteum und einige andere Arten vertreten. Von den Gefäßpflanzen können
wir in diesem Milieu unter anderem Carex lasiocarpa, C. limosa, C. chordorrhiza, C. rostrata,
C. nigra und Eriophorum angustifolium antreffen. Bezüglich der Basensättigung sind diese Arten
indifferent.
Hochmoore („bog“, „moss“ sensu DU RIETZ 1949, 1954 und SJÖRS 1952) haben nicht nur in Europa,
sondern in der gesamten Holarktis eine recht einheitliche Artenzusammensetzung. Eriophorum
vaginatum, Trichophorum cespitosum, Vaccinium spp., Calluna vulgaris, Vaccinium oxycoccos,
Empetrum nigrum, Andromeda polifolia, Sphagnum magellanicum, S. capillifolium, S. fuscum
gehören zu den bezeichnenden Pflanzenarten. Zusätzliche Arten mit unterschiedlicher geographi-
scher Verbreitung sind: Betula nana und Rubus chamaemorus mit nordwärts, Ledum palustre und
Chamaedaphne calyculata mit ostwärts, Trichophorum cespitosum subsp. germanicum mit west-
wärts zunehmender Häufigkeit. Erica tetralix und Narthecium ossifragum sind im ozeanischen Teil
Europas sowohl in Nieder- als auch in Hochmooren vertreten.
Die heutige Verbreitung der Moorpflanzen ist das Ergebnis der Landschafts- und Klimaentwicklung
im Spätglazial und Holozän. Der größte Teil der Gebiete, die heute reich an Mooren sind, war
während der letzten Eiszeit vergletschert (Fennoskandien, Britische Inseln, Nordwestrußland).
Deshalb setzte die Entstehung der ersten minerotrophen Moore dort erst mit dem Rückzug des
Inlandeises, zwischen 15 000-10 000 Jahren BP1 ein. Das bedeutet, daß die meisten Moorpflanzen
aus den periglazialen, eisfreien Räumen Europas erst nach dem Rückzug der Gletscher in Nord-
europa einwanderten. Ihr früheres Vorkommen in Mitteleuropa ist gut dokumentiert durch Funde
von zahlreichen heute überwiegend boreal verbreiteten Moorpflanzen als makrofossile Reste in
Ablagerungen des ältesten Spätglazials und frühen Holozäns. Arten wie Betula nana, Carex

1
Alle mit BP gekennzeichneten Altersangaben beziehen sich auf konventionelle Radiokarbonjahre vor heute (BP
= Before Present).

460
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation S

chordorrhiza, C. limosa, C. lasiocarpa, C. aquatilis, Scorpidium scorpioides, Calliergon trifarium,


C. giganteum, Helodium blandowii, Warnstorfia exannulata, Paludella squarrosa überlebten in
Mitteleuropa bis heute und sind damit seltene Relikte der periglazialen Moorflora.
Die Entwicklung ombrotropher Hochmoore und ihrer Vegetation ist jünger und begann mit zuneh-
mender Oligotrophierung der Niedermoortorfes und abfallendem Einfluß des Grundwassers. Der
früheste Übergang von minero- zu ombrotropher Vegetation und von der minero- zur ombrogenen
Moorentwicklung wird in Mitteleuropa und Großbritannien zwischen 8 000 und 7 000 Jahren BP
angesetzt (vgl. OVERBECK 1975, GODWIN 1975, STALLING 1987), im finnischen Karelien dagegen
erst zwischen 6 000 und 4 000 Jahren BP und später (TOLONEN 1967, 1968, JELINA 1969). Boreale
Aapamoore befinden sich derzeit gerade in dieser Übergangsphase (siehe auch FRENZEL 1983). Die
Entstehung der Deckenmoore wurde teilweise durch die hohe Feuchtigkeit und gleichzeitig durch
menschliche Eingriffe im Atlantikum verursacht und wird meist auf 5 000 Jahre BP und später
datiert (vgl. MOORE et al. 1984).

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Wie bei vielen anderen Pflanzenformationen gibt es für die Moorvegetation derzeit kein allgemein
akzeptiertes Klassifizierungssystem, dem sich verbindliche Kartierungseinheiten entnehmen oder
zuordnen ließen. Es existiert noch nicht einmal eine Übereinkunft über typologische, pflanzensozio-
logische, ökologische oder andere Klassifikationsansätze. Die wichtigsten Gliederungssysteme
basieren auf der Pflanzenartenzusammensetzung, einige auch auf der Vegetationsstruktur. Sie
stammen z. B. von CAJANDER (1913), KOCH (1926), NORDHAGEN (1936, 1943), HADA„ (1939),
SCHWICKERATH (1940), DUVIGNEAUD (1949), DU RIETZ (1954), OBERDORFER (1977), RUUHIJÄRVI
(1960), EUROLA (1962), EUROLA et al. (1984), MALMER (1968), MOORE (1968), NEUHÄUSL (1972),
JURKOVSKAJA (1980, 1992), DIERSSEN (1982, 1996), RYBN̈́EK et al. (1984), RODWELL (1991b) und
BO„ & SMAGIN (1993). Andere Moor-Klassifikationen beruhen auf der Morphologie von Mooren,
den chemischen und physikalischen Eigenschaften des Torfes, der Ökologie des Lebensraums oder
einer Kombination dieser Merkmale.
Wenn wir die obersten hierarchischen Kategorien unserer Kartierungseinheiten mit dem pflanzenso-
ziologischen System in Beziehung setzen, so lassen sich die ombrotrophen Hochmooreinheiten in die
Klasse Oxycocco-Sphagnetea Br.-Bl. et Tx. 1943 ex Westhoff et al. 1946 ganz überwiegend und fast
alle Niedermooreinheiten in die Klasse Scheuchzerio-Caricetea fuscae Tx. 1937 einordnen. Die
torfbildenden Großseggenriede stehen der Ordnung Phragmitetalia australis W. Koch 1926 (Ma-
gnocaricetalia Pignatti 1953) nahe. Weitere Versuche, zwischen den Kartierungseinheiten und den
Syntaxa des pflanzensoziologischen Systems direkte Beziehungen herzustellen, finden sich im Kapitel
„Gliederung in Untereinheiten“ (siehe unten) und in den Beschreibungen der Kartierungseinheiten (auf
der beiliegenden CD-ROM). In einigen Fällen konnten keine wissenschaftlichen Namen für die
Kartierungseinheiten vergeben werden, da entweder pflanzensoziologische Angaben fehlten oder die
Einheiten zu komplex waren. Dieses Problem bestand besonders bei einigen Einheiten aus dem Gebiet
der ehemaligen Sowjetunion, ferner bei solchen aus Fennoskandien und Island.

461
Formation S Karte der natürlichen Vegetation Europas

Makroklimatische Gegebenheiten, edaphische Standortbedingungen, ökologische Gliederung


Abiotische und biotische Bedingungen (z. B. Ausgangsgestein, Geomorphologie, Hydrologie,
Klima, Flora, Fauna und oft auch der Mensch) beeinflussen die Entwicklung von Mooren vielfältig.
Häufig ist ihr Einfluß indirekt, z. B. im Hinblick auf die Ausformung des Torfkörpers, seine
Wasserversorgung, seinen Chemismus und den Charakter der organogenen Böden. Der Komplex
ökologischer Faktoren, namentlich Trophie, Hydrologie, Geomorphologie und Entwicklung, dient
als Grundlage für die ökologische Typisierung der mitteleuropäischen Moore, wie sie von SUCCOW
1980 und SUCCOW & LANGE (1984) vorgenommen wurde (vgl. auch STEINER 1992, SUCCOW &
JOOSTEN 2001).
Minerotrophe Moore können sich in allen europäischen Klimaten entwickeln mit Ausnahme einiger
arider und semiarider Regionen im Mittelmeergebiet und Südosteuropa. Die Bildung von Hochmoo-
ren konzentriert sich dagegen auf die südboreale, hemiboreale und nemorale Zone.
Ausgangsgesteine beeinflussen Niedermoortypen indirekt durch die Eigenschaften ihres Grund-
wassers. Während Kalkgesteine im allgemeinen Voraussetzung für das Auftreten von Braunmoos-
Niedermooren sind, begünstigen kristalline Gesteine (Granit, Gneis) und Sandsteine die Ausbildung
von basenarmen und sauren Sphagnum-Niedermooren. Ombrotrophe Hochmoore entwickeln sich
dagegen unabhängig vom geologischen Substrat.
Die europäischen organogenen Bodentypen werden entsprechend den korrespondierenden Moorve-
getationstypen nach KUBIËNA (1953) als „Fen“ für Böden von minerotrophen Mooren (z. B. Carex-
Fen, Hypnum-Fen), als „Moss“ für ombrotrophe Moortypen und als „Carr“ bzw. „Übergangs-
waldmoor“ für bewaldete minerotrophe bzw. ombrotrophe Moore bezeichnet. Die Böden der
arktisch-subarktischen Moore werden meist als „Tundra-Moss“ (Palsa-Komplexe) und als „Arkti-
sche Rutmark“ (Polygonale Moore) klassifiziert. Diese Einteilung der Böden nach Kubiëna stimmt
mit unseren Vorstellungen am besten überein. Struktur, Schichtung sowie physikalische und
chemische Eigenschaften der Torfböden hängen eng mit dem Stadium der Moorentwicklung und der
torfbildenden Vegetation zusammen.

Rolle im Landschaftsgefüge
Moore haben eine große Bedeutung für den Landschaftswasser- und Nährstoffhaushalt. Die welt-
weiten Wasservorräte in Moorgebieten lassen sich berechnen, wenn man davon ausgeht, daß die
gesamten Torfvorräte etwa 500 Milliarden Tonnen Standardtorf (40 % Feuchtigkeit) betragen und
der natürliche Torf 70 bis 95 % Wasser enthält. Moore sind auch für den weltweiten Kohlenstoff-
kreislauf wichtige Ökosysteme: Sie enthalten nach verschiedenen Quellen 20-40 % des bodenfixier-
ten Kohlenstoffs in der Biosphäre. Dieser Kohlenstoff wird bei Entwässerung, Torfverfeuerung etc.
als CO2 freigesetzt. Torf fixiert zudem große Mengen anderer wichtiger Elemente wie Stickstoff und
Schwefel, Phosphor u. a. (vgl. hierzu IVANOV 1957, 1975, SUCCOW 1982, INGRAM 1983, MALTBY &
IMMIRZI 1993, MALTBY & PROCTOR 1996).
Über die Verbreitung und Vorkommen von Mooren in einzelnen Ländern liegen unterschiedliche
Daten vor (TJUREMNOV 1976, KIVINEN & PEKARINEN 1980, OLENIN 1988, SCHNEIDER & SCHNEIDER

462
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation S

1990). Hier wird vornehmlich der Übersicht von LAPPALAINEN (1996) gefolgt. Danach beträgt die
Moorfläche weltweit ungefähr 4 Millionen km², in Europa etwa 460 000 km² (einschl. des europäi-
schen Teils von Rußland). Somit dürfte der Anteil der europäischen Moore am weltweiten Gesamt-
bestand der Moore ungefähr 11 % betragen.
Die größten Moorgebiete in Europa besitzt Rußland, gefolgt von Finnland und Schweden. Folgende
Daten werden in der Monographie von LAPPALAINEN (1996) vorgestellt:
Europäischer Teil Rußlands: 102 000 km²; Finnland: ehemals 118 000, heute 89 000 km²; Schweden:
66 700 km²; Weißrußland: 29 000 km²; Norwegen: früher 30 000, heute 24 000 km²; Ukraine:
20 000 km²; Großbritannien: 17 500 km²; Baltische Staaten (Estland, Lettland und Litauen):
14 700 km²; Deutschland: 14 200 km²; Irland: 12 000 km²; Polen: 12 000 km²; Island: 10 000 km².
Die Ausdehnung der Moorflächen in den übrigen europäischen Ländern ist vergleichsweise gering.

Erhaltungszustand, Landnutzung, Ersatzgesellschaften; Naturschutz


Die weltweiten und besonders die europäischen Moorgebiete sind eine wichtige Energie- und
Rohstoffquelle, sie wurden und werden zudem für die land- und forstwirtschaftliche Kultivierung
zerstört. Aufgrund ihres ökonomischen Wertes und ihrer begrenzten Verbreitung gehören Moore zu
den besonders gefährdeten Ökosystemen. Regional wurden Moore großflächig entwässert, kultiviert
oder nahezu vollständig abgebaut, so in Irland, England, den Niederlanden, Nordwestdeutschland.
Auch in anderen Ländern mit ausgedehnten Moorgebieten, wie in Finnland, Schweden, Norwegen,
Polen, den Baltischen Staaten, Weißrußland, Rußland und der Ukraine, wurden sie erheblich
dezimiert. Selbst die minerotrophen Moore wurden größtenteils entwässert und kultiviert. Die noch
verbliebenen und ob ihrer wertvollen Reliktvegetation geschützten Flächen leiden oft unter Aus-
trocknung sowie unter Nähr- und Schadstoffeinträgen.
Moorökosysteme sind nicht nur ökologisch einzigartig, sondern haben auch wissenschaftlich und
kulturell eine große Bedeutung. Sie bilden wichtige Forschungsobjekte für historische, pflanzenso-
ziologische, biogeographische und ökologische Untersuchungen. Letztere befassen sich u. a. mit den
Lebens- und Wachstumsbedingungen von Organismen und ihren Gemeinschaften unter extremen
Bedingungen.
Angesichts des hohen Wertes von Mooren und ihrer rapiden Dezimierung ist Moorschutz vordring-
lich. Repräsentative Moore sollten in Form eines ganz Europa überziehenden Netzes von Schutz-
gebieten erhalten werden. Für diese geschützten und vielfach zu regenerierenden Moorflächen
müssen umfassende und wissenschaftlich fundierte Pflege- und Entwicklungspläne ausgearbeitet
werden. Deshalb sind Maßnahmen beim Moorschutz oft sehr aufwendig. Schutzinitiativen gehen
von zahlreichen nationalen und internationalen Institutionen und Organisationen wie Wetlands
International, der International Mire Conservation Group (IMCG), Darwin's Initiative u. a. aus. Die
internationale Ramsar-Konvention unterstützt derartige nationale und internationale Aktivitäten.
Leider kommt die allgemeine Akzeptanz für den Moorschutz sehr spät, und namentlich in den
dichtbesiedelten und intensiv genutzten Gebieten Europas vielfach zu spät.

463
Formation S Karte der natürlichen Vegetation Europas

Gliederung in Untereinheiten
Die hier verwendete Gliederung der Moore und Abgrenzung der Kartierungseinheiten basiert auf der
typologischen Einteilung für den europäischen Teil der ehemaligen Sowjetunion (JURKOVSKAJA
1980). Die Fläche der zugehörigen Länder umfaßt mehr als die Hälfte Europas und hat den größten
Mooranteil. Deshalb bot es sich aus praktischen Erwägungen an, die Grundsätze dieser Klassifikati-
on zu übernehmen, das System unserem Bedarf anzupassen und neue Einheiten mit spezifischen
Moortypen des westlichen Europa einzufügen. Das System besteht aus drei Hauptkategorien von
Einheiten: den ombrotrophen Mooren (Hoch- und Deckenmoore), einer speziellen Gruppe ombro-
minerotropher Moore der Arktis und Subarktis sowie den minerotrophen Mooren einschließlich der
Aapamoore. Die weitere Unterteilung ist mehr oder weniger klimazonal-geographisch ausgerichtet
und nutzt dominante Arten und Zeigerarten sowie spezifische Artenverbindungen als Hauptkriterien.
Die Physiognomie der Vegetation, Morphologie der Torflager, Struktur der Mooroberfläche und
andere Gesichtspunkte wurden, soweit geeignet, einbezogen. Detaillierte Informationen über die
Artenzusammensetzung, Bestandesstruktur, Verbreitung, Ökologie, Landnutzung und Naturschutz
sind bei den Erläuterungen zu den Kartierungseinheiten (auf beigefügter CD-ROM) zu finden.

S.1 Ombrotrophe Moore


Die Vegetation ombrotropher Hochmoore wird meist der Klasse Oxycocco-Sphagnetea Br.-Bl. et
Tx.1943 ex Westhoff et al. 1946 zugeordnet. Diese Gruppe von Mooren umfaßt die Hochmoore und
Deckenmoore. Die Vegetation ist entweder nicht oder – im Fall der ozeanischen Deckenmoore – nur
geringfügig von Mineralbodenwasser beeinflußt. Ombrotrophe Moore haben sich in Gebieten mit
hohen jährlichen Niederschlägen und/oder geringer Evapotranspiration entwickelt. Ihre Standorte
sind nährstoffarm. Das dystrophe und stark saure mooreigene Wasser hat einen pH-Wert von
gewöhnlich unter 4,5. Mineralbodenwasserzeiger unter den Pflanzenarten fehlen grundsätzlich.
Hochmoore in Meeresnähe besitzen eine verhältnismäßig gute Nährstoffversorgung auf Grund des
Salzsprays.
Hochmoore sind allgemein durch industrielle und bäuerliche Torfgewinnung sowie durch Kulti-
vierung für die land- und forstwirtschaftliche, aber auch balneologische Nutzung gefährdet.
Folgende Arten sind für die europäische Hochmoorvegetation typisch: Eriophorum vaginatum, Oxy-
coccus quadripetalus, Andromeda polifolia, Sphagnum capillifolium, S. rubellum, S. magellanicum
und S. tenellum.
Während Hochmoore meist in Gebieten mit eingeschränktem Wasserabfluß vorkommen, überziehen
die Deckenmoore in den extrem feuchten ozeanischen Regionen auch Berghänge.
Wie bereits oben beschrieben, besitzen Hochmoore häufig ein charakteristisches Mikrorelief aus
Bulten und Schlenken bzw. aus Strängen (Kermis) und Flarken, ferner Moorkolke und/oder -seen
sowie verschiedene Rinnentypen (Rüllen).
Hochmoore sind in Europa überwiegend zwischen 45/ und 68/ nördl. Breite verbreitet. Vereinzelt
kommen Hochmoore auch in südlicheren Breiten Europas vor, doch sind sie dort an die montanen
Höhenstufen gebunden (vgl. Karte 19). Island besitzt auf Grund der vulkanischen Gesteine und der

464
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation S

jungen Moorgeschichte keine ombrotrophen Moore.


Innerhalb der ombrotrophen Moore werden drei Gruppen von Kartierungseinheiten unterschieden.
Sie repräsentieren Moorkomplexe in der borealen, hemiborealen und nemoralen Zone sowie in der
eu-ozeanischen Region.

S.1.1 Die typischen Formen der Borealen Sphagnum fuscum-Hochmoorkomplexe (Oxycocco-


Empetrion hermaphroditi Nordhagen 1936 ex Hada… et Vána 1967, Eu-Fuscion Du Rietz 1950) sind
zwischen Skandinavien und dem Ural verbreitet. Sie haben ihren Schwerpunkt in der subkontinenta-
len und kontinentalen Region der borealen Zone Europas. In anderen Gebieten sind diese Moortypen
verarmt und fehlen in der meridionalen Zone ganz. Rubus chamaemorus, Sphagnum fuscum und im
Osten Chamaedaphne calyculata sind typische Pflanzenarten dieses Hochmoorkomplexes. Es
wurden 4 Kartierungseinheiten (S1-S4) unterschieden, um die geographischen Unterschiede in der
Vegetation und die morphologische Veränderlichkeit zu verdeutlichen.

S.1.2 Sphagnum papillosum-Decken- und Hochmoorkomplexe sind typisch für die ozeanischen
Gebiete Europas. Erica tetralix und Narthecium ossifragum sowie Sphagnum papillosum und
S. austinii sind die wichtigsten Indikatorarten; ihre Pflanzengesellschaften werden in den Verband
Oxycocco-Ericion tetralicis (Nordhagen 1936) Tüxen 1937 em. J.J. Moore 1968 eingeordnet.
3 Kartierungseinheiten (S5-S7) repräsentieren ozeanische Deckenmoore – differenziert nach Tief-
und Hochlagen – in Irland, auf den britischen Inseln und an der westnorwegischen Küste, S8 umfaßt
die ozeanischen Plan- und Plateauhochmoore des Tief- und Hügellandes in Irland, Großbritannien,
Südskandinavien und Nordwestmitteleuropa.

S.1.3 Sphagnum magellanicum-Hochmoorkomplexe in der hemiborealen und nemoralen Zone


(Sphagnion medii Kästner et Flössner 1933) umfassen die montanen, submontan-kollinen bis
planaren Hochmoorvegetationstypen des Baltikums sowie Zentral- und Osteuropas (S9-S12).
Isolierte Vorkommen gibt es in den Gebirgen Westeuropas und auf der Balkanhalbinsel. In den
Alpen reichen sie bis in 2000 m Höhe. Kontinentale Pflanzenarten mit Hauptverbreitung in den
Tieflagen wie Pinus sylvestris und Ledum palustre nehmen nach Osten zu. Der besondere Typ
montaner Hochmoore mit Pinus mugo agg. (S10) repräsentiert Lebensräume mit vielen Relikt-
pflanzen und -tieren in den Alpen, Karpaten, Sudeten und im Böhmerwald, einschließlich der
Vorberge. Ein weiterer subkontinentaler bewaldeter Moortyp mit Pinus rotundata (S11) ist mehr
oder weniger endemisch in Südmitteleuropa vom Schweizer Jura bis zum Vorgebirge der Hohen
Tatra. Da die meisten Moorgebiete relativ klein sind, wurden sie in unserem Maßstab nicht dar-
gestellt. Ausgesprochen kontinentale Verbreitung haben die Waldkiefern-Hochmoore der Kartie-
rungseinheit S12.

S.2 Ombro-minerotrophe Moore


Diese Gruppe von Einheiten schließt zwei seltene regionale Moorkomplexe ein, die für die arktische
und subarktische Zone Nord- und Nordosteuropas kennzeichnend sind: Polygonmoore und Palsa-

465
Formation S Karte der natürlichen Vegetation Europas

moore. Sie unterscheiden sich von allen anderen Moortypen durch das Vorkommen von Permafrost
bzw. Eiskernen, die ihre besondere Oberflächenstruktur hervorrufen. Die erhöhten Teile haben
ombrotrophen Charakter und sind meist trocken oder sehr trocken, während die flachen und/oder
konkaven Bereiche dazwischen minerotroph und oft mit Wasser übersättigt sind.

S.2.1 Polygonmoore (S13) sind in Europa nur am nordöstlichen Rand des russischen Festlandes
verbreitet. Ihre Entstehung beruht auf dem Vorkommen von Permafrostboden. Die Torfakkumula-
tion ist hier sehr gering und durch kryogene Prozesse gehemmt. Die Bildung von Polygonmooren
scheint zyklisch zu sein (BILLINGS & PETERSON 1980).

S.2.2 Palsamoore (S14) kommen im nördlichen Fennoskandien und Rußland vor. Größe und Höhe
der Palsas (Torfhügel) variieren in Nord-Süd-Richtung. Etliche der durch Permafrosteislinsen
gebildeten Torfhügel fallen gegenwärtig in sich zusammen. Ihr Alter wird auf 3 000 bis 5 000 Jahre
geschätzt. Die subarktischen Moore sind auf Grund ihrer schlechten Erreichbarkeit und ihres
Vorkommens in wenig bevölkerten Landstrichen kaum durch direkte menschliche Einwirkung
gefährdet, möglicherweise führt aber die globale Klimaveränderung zur Einschränkung ihres
Verbreitungsgebietes.

S.3 Minerotrophe Moore


Ihre Vegetation wird meist in die Klasse der Scheuchzerio-Caricetea fuscae Tüxen 1937 einge-
ordnet. Ihre Artenzusammensetzung wird durch den Mineralgehalt des Grund- oder Oberflächen-
wassers bestimmt. Minerotrophe Moore entwickelten sich vorwiegend in Seebecken, im Umfeld von
Quellen oder in Flußtälern. Die Oberfläche dieser Moore ist normalerweise eben, schwach geneigt,
leicht konkav oder, bei Quellmooren, uhrglasförmig gewölbt. Ein ausgeprägtes Mikrorelief fehlt im
allgemeinen, mit Ausnahme bei den borealen Aapamooren. Viele Pflanzengesellschaften, nament-
lich Braunmoostypen, begünstigen Torfbildungsprozesse. Die Niedermoorvegetation ist in ganz
Europa verbreitet: vom Mediterrangebiet bis zur Arktis und von den Tieflagen bis in die Hoch-
gebirge. Während sich die meisten Niedermoortypen in der borealen Zone in optimaler Entwicklung
oder sogar progressiver Sukzession befinden, sind sie in den südlichen Gebieten oft nur noch
reliktisch und verarmt erhalten, obwohl sie hier in der Vergangenheit den größten Teil der spät-
glazialen und frühholozänen Torfschichten produziert haben.
Zu den minerotrophen Zeigerarten gehören zahlreiche Carex-Arten (Carex nigra, C. lasiocarpa,
C. rostrata, C. limosa, C. echinata), ferner Eriophorum angustifolium, Menyanthes trifoliata,
Equisetum palustre, E. fluviatile, Bryum pseudotriquetrum und einige Mniaceen. Diese Taxa
kommen in den meisten Niedermoorgesellschaften vor, und zwar im Bereich zwischen (eu-)meso-
calcitroph (reiche Niedermoore) und oligotroph (arme Niedermoore bzw. Übergangsmoore). Moose
sind die besten Indikatoren für die Typisierung und Abgrenzung von Niedermoorgesellschaften.
In der Vegetationskarte sind 4 Gruppen von Einheiten, die die Haupttypen in Europa repräsentieren,
vertreten:

466
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation S

S.3.1 Boreale Aapamoorkomplexe repräsentieren eine besondere Gruppe (noch) minerotropher


Moore, die charakteristisch für die Taigazone in Fennoskandien und Nordrußland ist. Von Norwegen
bis zum Ural kommen sie in einem Gürtel zwischen etwa 62/ nördl. Breite und dem Polarkreis vor.
Entwicklungsgeschichtlich stehen sie am Ende der eu- bis mesotrophen Niedermoorstadien und am
Beginn der oligotrophen Hochmoorstadien. Aufgrund ihrer spezifischen Ökologie und Struktur stellen
wir Aapamoore als Sonderfall zwischen die typischen Niedermoor- und Hochmoorökosysteme.
Die Oberfläche von Aapamooren ist meist eben oder leicht konkav und oft in Richtung des Haupt-
abflusses geneigt. Das Mikrorelief besteht aus langgestreckten Wällen (Strängen) und flachen
Mulden (Flarke, Rimpis) oder Kolken. Die Wälle stellen oligotrophe Standorte mit Hochmoor-
pflanzen dar, die Mulden sind dagegen oligo-mesotroph mit minerotraphenter Vegetation. Von Süd
nach Nord verändern sich die Aapamoore in ihrem Relief: Flarke findet man eher im Süden, Kolke
vorwiegend im Norden. Die Torfmächtigkeit nimmt nach Norden hin ab, während nordboreale und
subarktische Florenelemente an Bedeutung gewinnen. Da es kontinuierliche Übergänge zwischen
diesen Untertypen gibt, verzichteten wir auf die Aufstellung verschiedener Kartierungseinheiten.
Stattdessen wurden die deutlich unterschiedenen westlichen (Fennoskandien) und östlichen (Ruß-
land) Aapamoore zwei Kartierungseinheiten zugeordnet (S15, S16):

S.3.2 Übergangsmoore (einschließlich nährstoffarme Niedermoore) (Scheuchzerietalia Nordha-


gen 1936 p.p., Caricion canescenti-goodenowii Nordhagen 1936, Sphagno recurvi-Caricion
canescentis Passarge 1964 (1978), Rhynchosporion albae Koch 1926, Apiculetetalia Du Rietz 1954)
sind hauptsächlich in Nord- und Nordosteuropa verbreitet. Außerhalb dieses Areals nehmen sie nur
kleine Flächen ein und repräsentieren verarmte und oft reliktische Bestände, die in der Karte nicht
darstellbar waren. Sie treten oft im Komplex mit Hochmooren auf und bilden dort die Lagg-Vegeta-
tion. Bei Quell- und Talmooren bilden sie dagegen die Hauptvegetationstypen. Sie sind ferner am
Verlandungsprozeß oligo- und mesotropher Seen beteiligt. Ihre Kennarten sind vor allem Seggen in
Verbindung mit Sphagnen der Sektion Subsecunda und der Sektion Cuspidata. Es werden baumfreie
(S17) und baumarme (S18/19) sowie bewaldete Typen (S20) unterschieden. Die Standorte sind
natürlicherweise sehr naß.
Die Entstehung von Übergangsmoor- und oligotraphenten, azidophytischen Niedermoorgesell-
schaften reicht bis zum Ende des Spätglazials zurück, doch ihre größte Ausdehnung besaßen sie im
mittleren Holozän. Die heutigen Bestände sind entweder reliktisch oder Ersatzgesellschaften. Ihr
ökonomischer Wert ist ziemlich gering, einige Bestände dienen zur Heu- und Streugewinnung.
Diese Moortypen sind in ganz Europa stark bedroht, besonders in den dicht besiedelten Gebieten.

S.3.3 Kleinseggen-Braunmoore (Niedermoore) (Caricetalia fuscae Koch 1926, Drepanocladion


exannulati Krajina 1933, Schoenion ferruginei Nordhagen 1936, Caricetalia davallianae Br.-Bl.
1949, Scorpidietalia Du Rietz 1954, Sphagno-Tomenthypnion Dahl 1957) repräsentieren vergleichs-
weise nährstoffreiche und vielfach kalkreiche Moorstandorte. Sie bilden oft, wie bereits oben
erwähnt, die torfbildenden Initialgesellschaften bei der Moorentwicklung. Typisch ist eine schwach
saure, neutrale oder basische Reaktion (pH >5) des Torfs und des Moorwassers. Ein hoher Wasser-

467
Formation S Karte der natürlichen Vegetation Europas

stand ist Voraussetzung. Braunmoose und Seggen oder andere Cyperaceen dominieren. Sphagnen
fehlen bis auf wenige kalktolerante Arten wie Sphagnum warnstorfii und S. contortum.
Basenreiche Niedermoore (S23, S24) sind in der borealen Zone verbreitet. Kalkholde Ausbildungen
mit Carex davalliana (S24) sind auf Mitteleuropa beschränkt. Für die subarktischen Gebiete und für
Island wurden eigenständige Kartierungseinheiten (S21, S22) aufgestellt.
Der ökonomische Wert und die Bioproduktivität ungestörter Braunmoore ist sehr niedrig. Standorte
mit basenreichen Niedermooren werden meist landwirtschaftlich genutzt, namentlich in dicht
besiedelten Gebieten. Deshalb benötigen die hier verbliebenen Niedermoore besondere Aufmerk-
samkeit des Naturschutzes.

S.3.4 Großseggenmoore (Phragmitetalia australis W. Koch 1926 p.p., Magnocaricetalia Pignatti


1953 p.p.) kennzeichnen eu- bis mesotrophe Naßstandorte. Diese Niedermoore kommen in ganz
Europa vor, mit Ausnahme der Subarktis und großer Teile der borealen Zone. Typische Großseggen-
moore (S25) bedecken heute noch relativ große Flächen in Polesien, früher waren sie auch im
Pannonischen Becken und im Mittelmeergebiet häufig. Heute sind sie hochgradig gefährdet, und die
verbliebenen Bestände benötigen strengen Schutz.
Die endemischen kolchischen Großseggenriede bilden wegen ihrer Besonderheit eine eigene
Kartierungseinheit (S26). Es wurde jedoch nahezu die gesamte frühere Fläche in Kultur genommen
und z. T. in Teeplantagen umgewandelt.
Großseggengesellschaften und Röhrichte auf Mineralböden wurden in die Formation R integriert.

Autoren und Bearbeiter


Text für die Formation S: K. Rybní…ek ist verantwortlich für den Text in diesem Band und für die
Koordination der Kartenbeiträge der Länderexperten. Zusätzlich hat er die nationalen Datenblätter
(soweit vorhanden) zu Synthesebögen für S1, S9, S10, S11, S18/19, S21, S23, S24, S25 zusammen-
faßt. Frau T. K. Jurkovskaja hat die Nieder- und Hochmoore auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR
(über die Hälfte der Fläche Europas) kartiert und die Erläuterungstexte zu den Einheiten S2, S3, S4,
S12, S13, S14, S15, S16, S20, S26 erstellt. J. Cross und J. Rodwell haben die Bearbeitung (Kartie-
rung, Erläuterungstexte) der Einheiten S5, S6, S7 und z. T. S8 vorgenommen. E. Einarsson, G.
Gudjónsson und Th. H. Jónsson erstellten die Karte und verfaßten die Erläuterungstexte für Island
(S17, S22).
Zusätzlich lieferten folgende Länderexperten Beiträge für ihre Länder: Norwegen: A. Moen, Trond-
heim und O. Vevle, Bø. Schweden: H. Sjörs, Uppsala, J. M. Lonnstad, Solna. Finnland: S. Eurola,
T. Jämsá. Deutschland: U. Bohn, Bonn. Polen: W. Matuszkiewicz, Milanówek. Schweiz: R. Haab,
Birmensdorf. Österreich: G. M. Steiner, Wien. Slowenien: P. Skoberne, Ljubljana.

468
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation S

1000 km

1 Polygonmoore 4 Deckenmoore 7 Gebirgshochmoore

2 Palsamoore 5 Hochmoore 8 Niedermoore

3 Aapamoore 6 Waldhochmoore

Karte 19: Schematische Verbreitung der wichtigsten regionalen Moortypen in Europa (nach LANG 1994 und in
Anlehnung an die Karte der natürlichen Vegetation Europas, 1 : 2,5 Mio., sowie nach anderen Quellen).
Zuordnung der Kartierungseinheiten zu den Moortypen:
1. Polygonmoore (S13); 2. Palsamoore (S14); 3. Aapamoore (S15, S16); 4. Atlantische Deckenmoore
(S5-S7); 5. Waldfreie Tieflagen-Hochmoore (Plan-, Plateau-, Kermi-Hochmoore; S1-S4, S8, S9); 6. Sub-
kontinental-kontinentale Waldhochmoore (S12); 7. Montane bis submontane Hochmoore (S10, S11); 8.
Nieder- und Übergangsmoore (S17-S26).

469
Formation T Karte der natürlichen Vegetation Europas

T Bruch- und Sumpfwälder


Heinz Schlüter & Udo Bohn

Auffassung und typologische Abgrenzung


In der Formation T werden die Laubwälder ständig nasser Standorte, die Erlenbruch- und -sumpf-
wälder mit den Moorbirkenbruch- und -sumpfwäldern, zusammengefaßt. Die beiden Untereinheiten
sind nicht nur in ihrer dominanten Baumart, sondern auch in ihrer gesamten floristischen Zu-
sammensetzung sehr eigenständig und weisen kaum gemeinsame Arten auf, so daß sie meist zwei
verschiedenen Klassen (Alnetea glutinosae Br.-Bl. et Tx. ex Westhoff et al. 1946 und Vaccinio-
Piceetea Br.-Bl. in Br.-Bl. et al. 1939 bzw. Vaccinio uliginosi-Pinetea sylvestris Passarge et Hof-
mann 1968) zugeordnet werden. Somit ist ihre Zusammenfassung zu einer Formation nicht flori-
stisch-soziologisch, sondern rein ökologisch durch ihre Spezialisierung auf extrem nasse Sonder-
standorte unterschiedlicher Trophie begründet. Sie besiedeln als Dauergesellschaften Bruchwaldtorf
oder Anmoor (meist über Gleyböden) und kleinflächig/vereinzelt auch rein organische Naßböden.
Ständige Nässe durch oberflächennahes Grund- oder Stauwasser bei geringer Schwankung und
Sauerstoffarmut im Boden sind die Ursachen für das Ausbleiben der zonalen Laubhölzer und ihrer
typischen Begleitflora (vgl. Formation F). So können entweder Schwarzerle (Alnus glutinosa) auf
mäßig sauren eu- bis mesotrophen oder Moorbirke (Betula pubescens) auf sehr sauren oligo- bis
dystrophen Naßstandorten zur Dominanz gelangen und je nach Standort spezifische Artenkombina-
tionen ausbilden; jedoch gibt es im ökologisch mittleren Bereich zwischen meso- und oligotroph
auch Übergangsformen mit Erle und Birke. Im Grenzbereich der Bruchwälder nach Norden, Osten
und in der montanen Stufe kann die Fichte (Picea abies) und/oder Kiefer (Pinus sylvestris; P. rotun-
data, P. mugo) hinzutreten.

Physiognomie und floristisches Gefüge


Allen Bruch- und Sumpfwäldern gemeinsam ist eine einstufige Baumschicht, die bei den Erlenwäl-
dern geschlossen und mittelhoch, beim Birkenbruch vielfach licht und niedrig bis mittelhoch aus-
gebildet ist, eine meist nur gering entwickelte Strauchschicht und eine üppige, oft dicht schließende
Bodenvegetation. Im Erlenbruchwald handelt es sich um hydro- bis helophile Stauden und Seggen,
während im Birkenbruch neben Gräsern und Zwergsträuchern die Moosschicht insbesondere mit
Sphagnum-Arten stärker hervortritt.

Geographische Verbreitung
Die Hauptverbreitung der Bruch- und Sumpfwälder liegt in der nemoralen Laubwaldregion, doch
reichen sie auch bis in die südboreale Nadelwaldzone hinein. Dabei konzentrieren sich die Birken-
brüche mehr auf den nordwestlichen, atlantisch-subatlantischen Bereich, sind jedoch auch in den
weißrussischen Pripjet-Sümpfen (Polesje) großflächig ausgewiesen und reichen bis in den osteuro-
päischen Nadelwaldgürtel und an den Fuß des Urals. Erlenbruch- und -sumpfwälder dringen
dagegen weit nach Süd- bis Südosteuropa in die mediterrane und kolchische Region vor und

470
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation T

erreichen im Osten mit letzten Vorposten sogar die Zone der Kraut-Grassteppen (M8).

Standorte und Rolle im Landschaftsgefüge


Wegen ihrer Beschränkung auf nasse Sonderstandorte im Tief- und Bergland haben Bruch- und
Sumpfwälder von Natur aus einen gegenüber der zonalen Waldvegetation geringen Flächenanteil.
Größere zusammenhängende natürliche Vorkommen sind auf vermoorte Niederungen insbesondere
der Urstrom- und breiten Flußtäler beschränkt.
Durch Trockenlegung und moderne Hydromelioration im Rahmen einer immer intensiveren
Landnutzung sind die Bruch- und Sumpfwälder großenteils vernichtet, in Feuchtgrünland und
zunehmend auch in Ackerland überführt oder auch durch Pappel-, Fichten- und seltener Kiefernfor-
ste ersetzt worden. Andererseits haben sich auf degradierten, teilabgetorften, nicht mehr genutzten
ombrogenen Mooren sekundäre Moorbirkenwälder entwickelt oder aus aufgelassenen Feuchtwiesen
und abgelassenen Fischteichen Seggen- und Hochstauden-Erlenbrüche bzw. Erlensumpfwälder
regeneriert.
Die noch erhaltengebliebenen oder regenerierten, meist nur kleinflächigen und oft isolierten Rest-
bestände, vor allem aber die seltenen, noch größerflächig zusammenhängenden Bruchwaldkomplexe
sind wegen ihrer Bedeutung für den Landschaftswasserhaushalt und als wertvolle naturnahe
Feuchtlebensräume insgesamt äußerst schutzwürdig.

Gliederung der Formation T


T.1 Erlenbruch- und -sumpfwälder (Alnus glutinosa, A. barbata)
Erlenbrüche der temperaten und südborealen Zone (T1), des Mediterrangebiets (T2) und der Kolchis
(T3)
T.2 Birkenbruch- und -sumpfwälder (Betula pubescens s. l.)
Birkenbrüche (T4)
T.3 Vegetationskomplexe degradierter Tiefland-Hochmoore
Verschiedene sekundäre Vegetationsmosaike entwässerter und teilabgetorfter Tiefland-Hochmoore
(T5, T6, T7)

T.1 Erlenbruch- und -sumpfwälder (Alnus glutinosa, A. barbata)


Physiognomie und floristisches Gefüge
Von der Schwarzerle (Alnus glutinosa) im Reinbestand oder doch vorherrschend aufgebaute laub-
abwerfende Sumpf- oder Bruchwälder mit einstufiger, bis 20(25) m hoher Baumschicht, gering
entwickelter Strauchschicht und meist sehr üppiger Krautschicht aus hydro- bis helophilen Stauden,
Seggen und Süßgräsern. Der Erlenbruchwald stockt als natürliche azonale Schlußgesellschaft auf
nassem, eu- bis mesotrophem Bruchwaldtorf oder Anmoorgley mit hoch anstehendem, basenrei-
chem, oft bewegtem Grundwasser relativ geringer Schwankung und vielfach periodischer Überstau-
ung vor allem im zeitigen Frühjahr.

471
Formation T Karte der natürlichen Vegetation Europas

Zur dominierenden Erle, die von allen europäischen Baumarten ständige Nässe am besten verträgt,
tritt im nährstoffärmeren Bereich die Moorbirke (Betula pubescens) in Verbindung mit Sphagnum
spp. und anderen azidophilen Arten als Übergangsgesellschaft zum Birkenbruch. Im reichsten Flügel
mit anspruchsvollen Hochstauden markiert die Esche (Fraxinus excelsior) den Übergang zu den
Erlen-Eschenwäldern als häufige Kontaktgesellschaft. Für die meist schwach entwickelte Strauch-
schicht sind Ribes nigrum, Frangula alnus, Salix cinerea und S. pentandra charakteristisch.
Die artenreiche, meist gut deckende Krautschicht setzt sich vor allem aus Hemikryptophyten
zusammen. Charakteristische und weitverbreitete Arten sind Thelypteris palustris, Calamagrostis
canescens, Lycopus europaeus, Solanum dulcamara und Carex elongata; weitere typische Arten
sind Peucedanum palustre, Galium palustre, Scutellaria galericulata, Lysimachia vulgaris, Lythrum
salicaria, Iris pseudacorus, Caltha palustris, Carex acutiformis, C. paniculata, C. pseudocyperus,
Athyrium filix-femina, Equisetum fluviatile, Cirsium palustre, im reichen Flügel ferner Filipendula
ulmaria, Cirsium oleraceum, Phalaris arundinacea, Valeriana procurrens, Crepis paludosa,
Eupatorium cannabinum und Urtica dioica.

Standort und Verbreitung


Die weiteste Verbreitung hatten Erlenbruchwälder von Natur aus in pleistozänen Niederungen,
Talauen, wasserstauenden Muldenlagen oder Depressionen sowie im Verlandungssaum eutropher
Seen, also überwiegend planar, vereinzelt und kleinflächig auch kollin bis submontan, selten über
500 bis maximal 800 m ü. NN. Wegen der weiten Verbreitung dieses azonalen Vegetationstyps in
der gesamten nemoralen sowie in der mediterranen und südborealen Region (und z. T. darüber
hinaus) weisen die Klimawerte eine sehr weite Amplitude auf (Zonen V-VI mit Schwerpunkt in VI,
örtlich auch in IV und VIII nach WALTER & LIETH 1967).

Ökologische und geographische Differenzierung


Wenn auch der Erlenbruchwald nach Trophie und Wasserhaushalt in verschiedene Ausbildungen
differenziert ist (u. a. Sphagnum-Betula pubescens-, Großseggen-, Hochstauden-, Cardamine
amara-, Hottonia- und typische Ausbildungen), gilt er mit seiner spezifischen Artengarnitur und
Standortsituation doch zurecht als Musterbeispiel eines azonalen Vegetationstyps. Dennoch ist –
ausgehend von der zentralen geographischen Ausbildung mit Schwerpunkt im östlichen Mittel-
europa – eine geographische Differenzierung durch sich vielfach räumlich überschneidende geogra-
phische Trennarten festzustellen: der ozeanische Bereich ist im armen Flügel gekennzeichnet durch
Salix atrocinerea, Lonicera periclymenum, Osmunda regalis, Hydrocotyle vulgaris und Blechnum
spicant, auf quelligen Standorten ferner durch Carex laevigata und Scutellaria minor, demgegen-
über ist das boreokontinentale Gebiet durch Begleitarten wie Picea abies, Calla palustris, Lysima-
chia thyrsiflora, Trientalis europaea, Vaccinium myrtillus, Rubus saxatilis und Dryopteris cristata
charakterisiert. Für die Ukraine werden Carex omskiana, Lycopus exaltatus und Urtica galeopsifolia
genannt. Als letzte südöstliche Vorposten kommen Alnus glutinosa-Wälder in den „Kolki“ (feuchte
Senken) der pontischen psammophytischen Kraut-Grassteppen (M8) vor.

472
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation T

Floristisch deutlich unterschieden sind ferner Hochlagen-Ausbildungen des Berglandes und der
Gebirge, die dort vorzugsweise auf quellig-sumpfigen Standorten unterschiedlicher Trophie vor-
kommen und meist relativ kleinflächig ausgebildet sind. Neben dem Fehlen von Tieflagenarten
(z. B. Ribes nigrum, Humulus lupulus, Solanum dulcamara, Lycopus europaeus, Thelypteris
palustris, Iris pseudacorus) sind sie durch montane Elemente wie Alnus incana und Picea abies in
der Baumschicht sowie montane Stauden wie Chaerophyllum hirsutum, Aconitum napellus, Bistorta
officinalis, Equisetum sylvaticum und Poa remota gekennzeichnet.
Aus Süd- und Südosteuropa, namentlich dem Mediterrangebiet, sind stärker abweichende lianenrei-
che Erlenwälder beschrieben worden (T2) mit Periploca graeca, Rubus ulmifolius, Fraxinus
angustifolia s.l. und Ficus carica sowie Vitis sylvestris und Calystegia silvatica. Beziehungen zu
den mediterranen Erlenwäldern läßt die ebenfalls lianenreiche kolchische (osteuxinische) Gebiets-
ausbildung (T3) erkennen, die von Alnus barbata dominiert wird und der oft Pterocarya pterocarpa
beigesellt ist. Neben Periploca graeca kommen hier auch die Lianen Vitis sylvestris, Smilax excelsa
und Clematis viticella vor.

Kontakt- und Ersatzgesellschaften


Je nach Genese der Erlenbruchstandorte treten verschiedene Kontaktgesellschaften auf: Eutrophe
Röhrichte und Großseggenriede (einschl. Cladium mariscus) sowie Weidengebüsche (Salix cinerea
u. a.) bei der Seeverlandung und in Moorniederungen; Erlen-Eschenwälder, Weiden-Auenwälder
und Hainmieren-Erlenwälder als Komplexeinheiten in Bach- und Flußauen; Seggenriede und
Weidengebüsche in Niedermooren weiter Niederungen und Urstromtäler. Diese Komplexe sind
eingebettet in verschiedenste zonale Laubwälder der nemoralen Zone (Formation F) sowie Laub-
Nadelmischwälder und Nadelwälder (Formation D) der hemiborealen und südborealen Zone.
Erlenbruchwälder werden meist niederwaldartig in 60-80jährigem Umtrieb genutzt; naturbelassene
Altholzbestände sind selten. Entwässerung der Standorte führt über Rubus idaeus- und Urtica
dioica-Erlenwälder zu Erlen-Eschen- und feuchten Eichen-Hainbuchenwäldern. Nach Rodung
entstehen Röhrichte (Phragmites, Phalaris), Großseggenriede (Magnocaricion) und Hochstauden-
fluren, die sich über Weidengebüsche (Salicion cinereae) wieder bewalden können. Bei Entwässe-
rung und einschüriger Mahd bilden sich Molinion-Streuwiesen, bei mehrmaliger Mahd und Dün-
gung artenreiche Feuchtwiesen (Calthion). Nach tiefgreifender Melioration ist auch Ackerbau (z. B.
Mais) möglich. Vielfach erfolgt auch eine Aufforstung der entwässerten Bruchwaldstandorte mit
Pappelhybriden, Fichte oder Kiefer.

Erhaltungszustand, Bedeutung für den Naturschutz


Immer intensivere Landnutzung mit Entwässerung, Grundwasser- und Seespiegelabsenkung,
Rodung und Grünlandnutzung haben die Erlenbruchwälder sehr stark dezimiert, so daß nur selten
mehr als 5 % der ursprünglichen Flächen in naturnahem Zustand erhalten sind. Alle verbliebenen
naturnahen Bestände mit ihren Kontakt- und halbnatürlichen Ersatzgesellschaften sind ausgespro-
chen schutzwürdig, nicht zuletzt wegen vieler gefährdeter Arten der Feuchtbiotope wie Osmunda

473
Formation T Karte der natürlichen Vegetation Europas

regalis, Dryopteris cristata, Calla palustris, Iris sibirica, Carex laevigata, C. pseudocyperus und
anderen Carex-Arten sowie in benachbarten Nieder- und Zwischenmooren Epipactis palustris,
Liparis loeselii, Orchis palustris und andere Orchideen, Pinguicula vulgaris, Drosera anglica,
Eriophorum latifolium, E. gracile, Cladium mariscus u. a. m.

T.2 Birkenbruch- und -sumpfwälder (Betula pubescens s. l.)


Physiognomie und floristisches Gefüge
Die laubabwerfenden Bruch- und Sumpfwälder aus Moorbirke (Betula pubescens s. l.) sind licht-
durchlässig und je nach Standort kaum 10 m, selten über 15 m hoch. Eine Strauchschicht ist meist
nur angedeutet. An der Bodenvegetation sind Süßgräser, Zwergsträucher, Seggen und Moose
maßgeblich beteiligt. Entscheidend für diesen Vegetationstyp ist stark saures, hochanstehendes und
mehr oder weniger stagnierendes Wasser in einem torfig-moorigen oligotrophen Substrat, seltener
auch in extrem vernäßtem, nährstoffarmem und sauer-humosem Mineralboden.
Dominante Arten sind in der Baumschicht Betula pubescens s. l. (gebietsweise B. pubescens subsp.
carpatica, B. pubescens subsp. czerepanovii), in der Krautschicht oft Molinia caerulea, gelegentlich
auch Vaccinium myrtillus, V. uliginosum und in der Moosschicht Sphagnum- und Polytrichum-
Arten. Obwohl keine Kennarten benannt werden können, hat der Moorbirkenbruchwald doch eine
charakteristische Struktur und Artenkombination: In der Baumschicht tritt zur Moorbirke nicht
selten Pinus sylvestris – nach Osten und Norden zunehmend – auf oligo-mesotrophen und stärker
wasserzügigen Standorten auch schwachwüchsige Alnus glutinosa, in weniger nassen Bereichen
gelegentlich Quercus robur. Die wichtigste Art der spärlich entwickelten Strauchschicht ist Frangu-
la alnus, vereinzelt ferner Sorbus aucuparia, Salix aurita, im atlantischen Bereich vielfach Myrica
gale. Die Krautschicht des Birkenbruchs ist nicht nur artenarm, sondern in der Regel auch niedriger
und lückiger als im Erlenbruchwald. Am auffälligsten ist Molinia caerulea, recht stet auch Dryopte-
ris carthusiana. An weiteren azidophilen Arten kommen Deschampsia flexuosa, Melampyrum
pratense, Vaccinium myrtillus, V. vitis-idaea, V. uliginosum und Calluna vulgaris vor, ferner
nährstoffanspruchslose Moor- und Sumpfpflanzen wie Erica tetralix (im Westen), Carex nigra,
C. canescens, Lysimachia vulgaris, Agrostis canina und Peucedanum palustre, in Moorwäldern
auch Eriophorum vaginatum, Vaccinium oxycoccus, Andromeda polifolia, Empetrum nigrum und
Lycopodium annotinum, Ledum palustre (im Osten), ferner Lonicera periclymenum, Oxalis aceto-
sella oder Trientalis europaea als Trennarten bestimmter Varianten. Sehr kennzeichnend ist im
Birkenbruch oder -moorwald die Moosschicht mit Sphagnum palustre, S. fimbriatum, S. fallax,
S. squarrosum u. a., vielfach auch Polytrichum commune, P. strictum und Leucobryum glaucum.

Standort und Verbreitung


Der Moorbirkenbruchwald kommt in nassen, vermoorten Senken nährstoffarmer Sand-, Ton- und
Silikatgebiete, im Randbereich oligo- oder dystropher Seen oder von Hochmooren (Lagg, Rand-
gehänge) vor, so daß man vielfach auch von Sumpf- bzw. Moorwald sprechen kann. Sein Hauptareal
liegt im niederschlagsreichen (nord-)westeuropäischen Tiefland im Verbreitungsgebiet ombrogener

474
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation T

Moore; die Einheit ist aber auch bis zum Fuß der Alpen verbreitet und in Mittelgebirgen für Höhen-
lagen bis zu 1100 m ü. NN belegt, jedoch auch für Südskandinavien, Polen, Weißrußland, die
baltischen Staaten und Nordwestrußland z. T. großflächig nachgewiesen, hier aber meist mit
Nadelbäumen (Pinus, Picea) durchmischt.
Von Natur aus nehmen die Moorbirkenbrüche und -sumpfwälder ein wesentlich kleineres Areal mit
viel geringerer Verbreitung ein als die Erlenbrüche und dürften auch kaum größere zusammenhän-
gende Flächen als Dauergesellschaft besiedelt haben, so daß sie nur selten in der Karte ausgewiesen
werden konnten.

Geographische Differenzierung
Die von Moorbirke dominierte Gesellschaft hat insgesamt eine atlantisch-boreale Prägung mit
charakteristischen Florenelementen wie Erica tetralix, Myrica gale und Lonicera periclymenum als
atlantische sowie Trientalis europaea, Vaccinium- und Eriophorum-Arten als boreale Elemente.
Eine geographische Abwandlung erfährt der Moorbirkenwald gegen Osten durch Ledum palustre
und Zunahme der Kiefer (Pinus sylvestris) als Übergang zum Kiefernmoorwald (Vaccinio uliginosi-
bzw. Ledo-Pinetum). Im Norden treten Picea abies und/oder Pinus sylvestris, im mitteleuropäisch-
montanen Bereich ferner Pinus rotundata und P. mugo hinzu, und der Birkenbruchwald wird dort
vom Fichten- bzw. Spirken- oder Latschenmoorwald abgelöst. Moorbirkenbestände haben dann –
wie wohl auch sonst nicht selten – nur noch die Funktion von Sukzessionsstadien.

Stellung im Vegetationsgefüge
Als Kontaktgesellschaften sind vor allem der birkenreiche Erlenbruchwald (Sphagno palustris-
Alnetum Allorge ex Lemée 1939) sowie saure, oligotraphente Seggenriede (Scheuchzerio-Caricetea
fuscae Tx. 1937) im Übergang zu oligotrophen Mooren, ombrotrophe Moore, atlantische Erica-
Heiden und feuchte Birken-Stieleichen- bzw. Kiefern-Eichenwälder zu nennen. Begleitende zonale
Waldgesellschaften sind im Tiefland vor allem saure Birken-Eichen- und Eichen-Buchenwälder, im
Osten Kiefern- und Kiefern-Eichenwälder und im Norden sowie im Gebirge montane Buchen- oder
Fichtenwälder.

Erhaltungszustand, Ersatzgesellschaften; Bedeutung für den Naturschutz


Vielfach sind die natürlichen Standorte nach Entwässerung mit Fichte oder Kiefer aufgeforstet
worden oder werden nach tiefgründiger Melioration auch als Grünland (Weiden) genutzt.
Meist ist der Moorbirkenbruchwald durch großflächige Moorentwässerung und -zerstörung stark
beeinträchtigt und entsprechend bedroht; Moorbirkenwälder können – auch mit Übergängen zum
Erlenwald – jedoch auf degradierten, entwässerten oder abgetorften Moorflächen als Sekundärwald
neu entstehen, so daß solche ehemaligen ombrogenen Moorareale dieser Kartierungseinheit – als
eigene Gruppe – angeschlossen wurden. Dabei ist im einzelnen kaum zu entscheiden, ob es sich um
die heutige potentielle natürliche Waldvegetation oder nur um Sukzessionsstadien handelt. Ins-
besondere primäre – aber auch sekundäre – Birkenbruchwälder haben als natürliche Elemente

475
Formation T Karte der natürlichen Vegetation Europas

oligotropher Moorstandorte, als wichtige Regulatoren des Landschaftswasserhaushalts und wegen


ihrer aktuellen Seltenheit besonderen Naturschutzwert.

T.3 Vegetationskomplexe degradierter Tiefland-Hochmoore


(nach Texten von J. Cross und J. Rodwell)

Physiognomie und floristisches Gefüge


Vegetationskomplexe aus feuchten bis nassen Moorbirkenwäldern und nassen Heiden (T5), aus
nassen Weiden-Erlen-Birkenwäldern und Niedermooren (T6) oder auch eine Kombination aller
genannten Vegetationsformen (T7) sind kennzeichnend für degradierte, mehr oder weniger abgetorf-
te und z. T. kultivierte Hochmoorflächen. Die aktuelle wie die potentielle natürliche Vegetation
bilden ein buntes, vielgestaltiges Mosaik infolge deutlicher räumlicher Unterschiede in der Mächtig-
keit der verbliebenen Torfschicht, im pH-Wert, im Grad der Entwässerung, im Substrat des mi-
neralischen, heute oft die Oberfläche bildenden Untergrundes, in der früheren Nutzung und der
angrenzenden Vegetationstypen.
In den halbnatürlichen Waldbeständen wird die Baumschicht von Betula pubescens und z. T. Salix
atrocinerea gebildet, zu denen bei besser nährstoffversorgtem oder kalkhaltigem Mineralboden auch
Alnus glutinosa, selten sogar Fraxinus excelsior, treten können. Strauch-, Kraut- und Moosschicht
setzen sich aus den Arten der Moorbirkenbruch- und -sumpfwälder zusammen, zu denen unter
günstigen Standortsbedingungen auch Elemente der Erlenbrüche treten können. Geographisch
bedeutsam sind die atlantischen Arten Myrica gale, Osmunda regalis, Erica tetralix und Narthecium
ossifragum. Unter den Bryophyten sind Sphagnen und Calliergon giganteum kennzeichnend.
Bei abnehmendem Grundwassereinfluß treten Pflanzen oligotropher Standorte hervor. Die dominan-
te Betula pubescens ist hier oft nur krüppelwüchsig, und die Artenvielfalt der Krautschicht reduziert.
Bedeutsam sind Molinia caerulea, Juncus effusus, Carex echinata, Calluna vulgaris, Dryopteris
dilatata und Blechnum spicant, zu denen stellenweise auch Erica tetralix, Eriophorum angustifoli-
um und E. vaginatum treten.
Auf ausgetrocknetem Torf stocken oft gut entwickelte Moorbirkenwälder mit Ilex aquifolium,
Sorbus aucuparia und gelegentlich Quercus robur. Die Strauchschicht besteht aus verschiedenen
Weiden (Salix aurita, S. atrocinerea, S. cinerea, S. caprea), und die artenarme Krautschicht wird oft
von Rubus fruticosus und Pteridium aquilinum dominiert.
Kennzeichnend für die drei Kartierungseinheiten degradierter Moorstandorte ist jedoch ihre Kom-
plexität, die Beteiligung von sekundären oder auch halbnatürlichen atlantischen Heiden, Hochmoor-
resten oder -regenerationsstadien, Niedermoor- und Zwergstrauchgesellschaften bei sehr labilen
Standortsverhältnissen, so daß die weitere Vegetationsentwicklung schwer einzuschätzen ist.

Standort und Verbreitung


Die Waldeinheiten stocken auf mehr oder weniger abgetorften und entwässerten Hochmoorflächen,
bei denen die Bodeneigenschaften stark variieren. Die Mächtigkeit der Torfschicht kann von >1 m

476
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation T

bis zu wenigen Zentimetern schwanken, oder sie fehlt stellenweise völlig. Als Mineralbodensubstrat
können saure Sande bis kalkhaltige Tone vorkommen bei pH-Werten von <4 bis >7. Die Böden
können permanent überflutet oder stark vernäßt sowie gut dräniert und relativ trocken sein. Das
klimatische Spektrum reicht vom ozeanischen Zentralirland und Nordwestdeutschland bis zum
trockeneren, subozeanischen Ostengland.
Die drei Kartierungseinheiten sind auf das Verbreitungsgebiet der atlantischen Tieflandhochmoore
beschränkt, die großflächig entwässert und meist auch abgetorft worden sind. Ihre größte Ver-
breitung haben sie in Mittelirland, in England vor allem in Küstennähe sowie im nordwestdeutschen
Tiefland. T5 kommt in Nordengland, Südschottland und Irland auf noch relativ mächtigen entwäs-
serten Torfschichten vor, ist aber auch auf dem europäischen Festland im Ems-Weser-Elbe-Unter-
laufgebiet ausgewiesen worden. T6 dominiert auf kalkhaltigen oder nährstoffreichen Substraten in
West- und Ostengland sowie in Zentralirland, fehlt jedoch auf dem Festland ebenso wie die ganz auf
Zentralirland beschränkte Mischausbildung T7.

Bedeutung für den Naturschutz


Die Sekundärwälder haben als Hochmoorersatzgesellschaften einen generellen Schutzwert für das
Pflanzen- und Tierleben in extrem entwaldeten Landschaften besonders auf den Britischen Inseln,
während in Irland diese Wälder relativ häufig sind und sich vermutlich noch weiter ausdehnen
werden. T5 ist in Verbindung mit Hochmoor-Reservaten in Irland lokal geschützt. In Deutschland
und den Niederlanden spielt sie in den devastierten Hochmoorgebieten des Tieflandes eine wichtige
Rolle bei der Erhaltung von Hochmoorresten und bei der Moorregeneration. T6 ist deutlich reicher
an Arten und Vegetationsformen und auf den Britischen Inseln ein Rückzugshabitat vieler seltener
Arten (geschützte Flächen z. B. in den Norfolk Broads und den Somerset Levels).

Literatur
BO„ & SMAGIN 1993; BODEUX 1955; CROSS 1998; DINTER & BOHN 1998; DÖRING-MEDERAKE 1991;
ELLENBERG 1996; GELLINI, PEDROTTI & VENANZONI 1986; GLAVA„ 1972; GRIBOVA, ISA„ENKO &
LAVRENKO (Red.) 1980; JURKEVI„, GELTMAN & LOV„IJ 1968; KLIKA 1939/1940; KLÖTZLI 1969;
LIEPELT & SUCK 1990; MAST 1999; MÖLLER 1970; NACHUCRIŠVILI 1999; OBERDORFER (Hrsg.)
1992; PRIEDITIS 1997; RAMEAU 1994; RODWELL (Ed.) 1991a, 1991b; SOLI¼SKA-GÓRNICKA 1987;
TÜXEN 1937; WITTIG & DINTER 1991.

477
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas

U Vegetation der Auen, Flußniederungen, Ästuarien und eingedeichten Mar-


schen sowie sonstiger Feuchtstandorte
Zdenka Neuhäuslová, mit Beiträgen von Udo Bohn & Alfons Henrichfreise

Charakterisierung und typologische Abgrenzung; geographische Verbreitung


Diese Formationsgruppe flußbegleitender Biozönosen und wechselfeuchter bis nasser Niederungen
faßt physiognomisch und floristisch sehr verschiedenartige, räumlich und zeitlich teils schnell
wechselnde azonale Vegetationstypen zusammen. Es sind dies mehr oder weniger hygrophile,
periodisch bis episodisch überflutete Nadelholz-, Laubmisch- und vor allem Laubholzauenwälder
sowie Gebüsche, vielfach im Komplex mit Röhrichten, Gras-, Stauden- und Annuellenfluren.
Die Kartierung dieser Formationsgruppe in der heutigen Kulturlandschaft basiert auf der Ver-
breitung von Alluvialsedimenten, die zumindest in wesentlichen Teilbereichen gegenwärtig noch
periodisch überflutet werden.
Die Formation ist durch ganz Europa von der Südarktis bis zum Mediterrangebiet und den Wüsten
am Kaspischen Meer verbreitet und kommt in verschiedenen Höhenlagen vor (vgl. auch Karte 20).
In den schmalen Gebirgstälern ist sie aber aus Maßstabsgründen nicht mehr darstellbar.

Bestandesstruktur, Physiognomie und floristische Zusammensetzung


In der Struktur und im Lebensformenspektrum der Auenvegetation sind bis auf wenige Ausnahmen
Gehölze tonangebend. Von diesen sind wiederum sommergrüne Laubbaumarten (Salix-, Populus-,
Ulmus-, Fraxinus-, Alnus-Arten, Prunus padus und Quercus robur) am häufigsten, seltener findet
man Nadelbäume (im Norden Europas und in den Gebirgen) oder immergrüne Laubhölzer (in
wintermilden Mediterranauen als Beimischung oder bestandsbildend). Hemikryptophyten und Geo-
phyten sind regelmäßig vorhanden. Letztere spielen besonders im (Vor-)Frühjahrsaspekt der auf
nährstoffreichen Böden wachsenden Auenwälder eine wichtige Rolle. Für Auen humider und
warmer Gebiete sind überdies Lianen, die teilweise bis in die Baumkronen wachsen, kennzeichnend,
Chamaephyten fehlen dagegen praktisch ganz. Therophyten sind vor allem in Mediterranauen und
ariden Gebieten häufig. In Bezug auf den Wasserhaushalt herrschen Mesophyten, Hygromesophyten
und Amphiphyten vor.
Die meisten Pflanzen und Pflanzengesellschaften der Auen sind an mechanische Beanspruchung
durch die Wasserströmung sowie starke Wasserstandsschwankungen mit regelmäßigem Wechsel
von Überflutung (im Winter, Frühjahr, bei Flüssen mit alpinem Einzugsgebiet auch im Frühsommer)
und Trockenfallen (im Sommer und Herbst) angepaßt. Sie sind in der Lage, diese Einwirkungen
ohne Dauerschaden zu überstehen oder sich bei Beeinträchtigung rasch zu regenerieren.
Die Kartierungseinheiten der Auenvegetation stellen immer Vegetationskomplexe mit relativ großer
zeitlicher und räumlicher Dynamik dar. Es handelt sich um ökologische Reihen von Pflanzengesell-
schaften mit scharfen Grenzen oder allmählichen Übergängen (Ökotonen). Die Kartierungseinheiten
werden jedoch vor allem durch die Schlußstadien der ökologisch-dynamischen Sukzessionsreihen
gekennzeichnet, und es werden jeweils nur die wichtigsten Glieder dieser Reihen in der Legende

478
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U

genannt. Innerhalb einer Gruppe von Kartierungseinheiten sind Baum- und Strauchschicht der
Haupttypen oft recht ähnlich oder fast identisch, die einzelnen Kartierungseinheiten unterscheiden
sich jedoch durch spezifische Vegetationskomplexe, besondere Begleitvegetation oder/und geogra-
phische Differentialarten.
Die in der Karte dargestellten europäischen Auen enthalten folgende physiognomisch und ökolo-
gisch voneinander abweichende Vegetationstypen: Hart- und Weichholz- sowie Nadelholzauenwäl-
der und Auengebüsche, Röhrichte, Gras- und Staudenfluren sowie Wasserpflanzengesellschaften.
Die Auenwälder in Nord-, West-, Mittel-, Süd- und Osteuropa unterscheiden sich physiognomisch
und floristisch deutlich. In den borealen Auen spielen Nadelbäume (Picea abies, P. abies x P. obo-
vata, P. obovata, Abies sibirica) neben kälteunempfindlichen Laubholzarten (Alnus incana, Betula
pubescens, bestimmte Strauchweiden) eine entscheidende Rolle. Für die osteuropäischen und
voruralischen Auenwälder sind neben den schon erwähnten Nadelbäumen und Laubgehölzen
Stieleiche und Winterlinde (Quercus robur, Tilia cordata) kennzeichnend. Im Süden Europas
wiederum geben unter den Bäumen Pappeln (Populus alba, P. nigra), Eschen (Fraxinus angustifolia
s. l.), Feldulme (Ulmus minor), Eichen (neben Quercus robur je nach Gebiet Q. pyrenaica, Q. cana-
riensis, Q. pedunculiflora, Q. pubescens, Q. hartwissiana) und – ganz im Süden – Platanen (Plata-
nus orientalis) den Ton an.
Natürliche Auenwälder in der nemoralen Zone Europas stellen, ihrer Struktur und ihrem üppigen
Wachstum nach, ein gewisses Analogon zu tropischen Regenwäldern dar. Beiden sind folgende
Merkmale gemeinsam:
(1) Mehrschichtiger Aufbau mit zahlreichen Holzarten, (2) Baumschicht mit unregelmäßigem
Kronenschluß und -dach, (3) Sträucher, in wärmeren Gebieten auch Lianen, häufig und mit hoher
Artmächtigkeit vertreten, (4) üppige Regenerationsstadien.
Die Auenwälder gliedern sich aufgrund örtlich unterschiedlicher Grundwasserstände sowie Häufig-
keit, Dauer und Höhe von Überflutungen in der Regel in eine Weichholz- (tief gelegener, häufig
überfluteter Bereich mit Weiden und Pappeln) und eine Hartholzaue (höher gelegener, seltener und
kürzer überfluteter Bereich mit vorherrschenden Eichen, Eschen und/oder Ulmen).
Dominierende Auengebüsche ohne nennenswerten Baumartenanteil findet man sowohl in der
südarktischen als auch in der mediterranen Zone. Beide weichen aber in der Physiognomie und vor
allem in der Artenzusammensetzung stark voneinander ab. In der südarktischen Zone des Pe…ora-
Unterlaufes handelt es sich um Weidengebüsche (Salix phylicifolia, S. hastata, S. lanata, Alnus
fruticosa), im Mediterrangebiet sind es Tamarisken- und Oleander-Auengebüsche (mit Tamarix
parviflora, T. tetrandra, T. hampeana, T. africana und Nerium oleander), im Gebiet der danubisch-
pontischen und kaspischen Steppen und Wüsten handelt es sich insbesondere um Tamarix ramosis-
sima- und Elaeagnus angustifolia-Gebüsche.
Großflächigere natürliche Röhrichte, Gras- und Staudenfluren findet man nur in den weiten Auen
der osteuropäischen Tieflandsflüsse (Don, Wolga/Achtuba, Ural), wo langdauernde Überflutungen
im Frühjahr in Verbindung mit kontinentalem Klima und sommerlicher Austrocknung die Ent-

479
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas

wicklung einer zusammenhängenden, geschlossenen Gehölzvegetation verhindern. Kleinflächige


natürliche Sumpfwiesen in der borealen Zone wurden nur im Komplex mit Auengebüschen kartiert.
Ansonsten stellen ausgedehnte Feuchtwiesen in europäischen Flußauen nur vom Menschen ge-
schaffene Ersatzgesellschaften auf Standorten ursprünglicher Auenwälder dar. Natürliche alluviale
Gras- und Staudenfluren kommen in nemoralen Auenvegetationskomplexen allenfalls sehr kleinflä-
chig und temporär vor. In auentypischen Altwassern und Flutrinnen sind regelmäßig Wasserpflan-
zengesellschaften verschiedener Ausprägung und floristischer Zusammensetzung sowie temporäre
Annuellenfluren anzutreffen.
Die europäische Auenvegetation als Ganzes besitzt nur wenige Arten, die allen Einheiten gemein-
sam sind. Es handelt sich dabei überwiegend um (nordisch-)eurasiatische Arten wie Phalaris arun-
dinacea und Filipendula ulmaria bzw. um ökologisch und phytozönotisch sehr plastische Arten wie
die zirkumborealen Arten Poa pratensis agg., Equisetum arvense u. a. Übersichten der wichtigsten
gemeinsamen und trennenden Arten der einzelnen Kartierungseinheiten finden sich in den Ta-
bellen 19 bis 21.

Stellung im pflanzensoziologischen System (Syntaxa)


Die Formation läßt sich phytosoziologisch folgenden Syntaxa zuordnen:
1. Alnion incanae Paw»owski in Paw»owski, Soko»owski & Wallisch 1928 (Syn.: Alno-Padion
Knapp 1942, Alno-Ulmion Braun-Blanquet et Tüxen 1943), zu dem die meisten Auenwälder der
nemoralen Zone (U.3) gehören, und zwar Hartholzauenwälder (U.3.1), Erlen-Eschen- und Erlen-
Stieleichenwälder der kleinen Flußtäler und nassen Niederungen (U.3.2), Stieleichen-Eschen-
und Eschen-Ulmenwälder der eingedeichten und ausgesüßten Marschen (U.3.3), teils auch
südboreale skandinavische Auenwälder (U4).
2. Populetalia albae Br.-Bl. 1931 mit verschiedenen Pappel-Arten (Populus alba, P. nigra),
Weiden-Arten (Salix pedicellata, S. atrocinerea, S. gussonei), Platanus orientalis und spezi-
fischen Eschen-Arten (Fraxinus angustifolia s. l.) im (sub-)mediterranen Raum Europas.
3. Salicetea purpureae Moor 1958 mit temperaten bis kontinentalen (pontisch-kaspischen) Weich-
holzauenwäldern und Weidengebüschen (U20, U42), mit baum- und strauchförmigen Weiden-
Arten (Salix alba, S. fragilis, S. viminalis, S. triandra, S. acutifolia u. a.) auf häufig überfluteten
Standorten mit wenig entwickelten Böden.
4. Nerio-Tamaricetea Br.-Bl. et O. de Bolòs 1958 mit mediterranen Tamarisken- und Oleander-
Gebüschen (U37, U38, U39) entlang von zeitweilig austrocknenden Flüssen und Bächen im
Mittelmeergebiet (mit Tamarix gallica, T. africana, Nerium oleander und Vitex agnus-castus).
5. Vaccinio-Piceetea Br.-Bl. in Br.-Bl., Sissingh et Vlieger 1939 mit Nadelbaumarten (Picea abies
x P. obovata, P. obovata, Abies sibirica) und weiteren borealen Sträuchern und Kräutern in der
Taigazone Europas (U2, U3, U5, U6).

480
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U

Makroklimatische Gegebenheiten
Die Formation ist als – zumindest in der nemoralen Zone – azonaler Vegetationstyp in klimatisch
sehr verschiedenartigen Gebieten verbreitet. Makroklimatisch lassen sich aufgrund des weiten
Areals der europäischen Auenvegetation markante Unterschiede feststellen, da es von der südarkti-
schen und borealen Zone im Norden über die nemorale Zone mit (sub-)atlantischen und (sub-)kon-
tinentalen Abweichungen bis zum mediterranen Südeuropa und kontinentalen Südosteuropa reicht.
Deutliche klimatische Unterschiede bestehen besonders zwischen den südarktischen Auen und den
übrigen Typen der Auenvegetation (mittlere Jahrestemperatur in der Südarktis -10 bis -4 °C,
Durchschnitt des kältesten Monats -16 bis -12 °C).
Auch für die borealen Auen sind niedrige Jahresmitteltemperaturen typisch (-3,5 bis +2 °C). Das
absolute Jahresminimum liegt in allen Fällen niedriger als -40 °C, manchmal sogar unter -50 °C, in
den Durchschnittswerten des wärmsten Monats kann man jedoch markante Unterschiede innerhalb
der borealen Zone beobachten.
Das Klima der nemoralen Auenvegetation, die einen breiten Streifen von Südschweden bis Trans-
kaukasien, von der europäischen Westküste bis zum Ural und Kaukasus abdeckt, ist ziemlich
abweichend in einzelnen Teilen Europas, was sich auch in Abweichungen der Artengarnitur deutlich
widerspiegelt. Wintermildes Klima ist für die Auenvegetation des (sub-)atlantischen Gebietes, der
Po-Ebene sowie für apenninisch-balkanische Hartholzauen kennzeichnend. Für die Auenvegetation
Vor- und Transkaukasiens ist dagegen eine lange sommerliche Dürrezeit typisch und für letztere
auch außerordentlich niedrige Jahresniederschläge (250-350 mm). Große Temperaturextreme
weisen transwolgische Hartholzauen (U13) auf, wo der Temperaturdurchschnitt des wärmsten
Monats 22-25 °C erreicht, der des kältesten Monats -17 bis -13 °C; die mittleren Jahresnieder-
schläge sind wiederum nur sehr niedrig (300-400 mm). Im atlantischen Gebiet und im Alpenraum
erreichen die Jahresniederschläge in den Lagen mit Auenvegetation 1000 mm bis gegen 1200 mm.
Das Klima der mediterran-submediterranen feuchten Niederungs- und Auenwälder ist durch hohe
Jahresmitteltemperaturen (meistens zwischen 11-20 °C) sowie hohe Temperaturmittel des wärmsten
(meistens >20-27 °C) und des kältesten Monats (vorwiegend >5-12 °C) gekennzeichnet.
Die Gebiete mit kontinentaler Auenvegetation weisen Temperaturextreme auf, mit großer Am-
plitude zwischen den Temperaturwerten des wärmsten (22-25 °C) und kältesten Monats (-10 bis
-3 °C).

Standortbedingungen
Die natürliche Auen- und Niederungsvegetation ist an periodisch oder episodisch überflutete Allu-
vionen der Strom- und Flußtäler sowie an wechselfeuchte bis nasse, zeitweise bis überwiegend
grundwasserbeeinflußte Standorte gebunden und speziell an die erosions-akkumulative Dynamik
von Bächen, Flüssen und Strömen angepaßt. Sie kommt nicht nur in weiten Niederungen am Unter-
und Mittellauf von Strömen, sondern auch in schmalen Auen in Mittel- und Hochgebirgen vor (in
den Alpen reicht sie z. B. bis 1000 m).

481
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas

In den einzelnen Abschnitten vom Quellauf bis zur Mündung der Flüsse und Ströme herrschen ganz
unterschiedliche ökologische Bedingungen. Wichtigste Faktoren für die Entstehung der Auenvegeta-
tion sind nämlich das Wasserregime eines Flusses und der spezifische Wasserhaushalt der Auenbö-
den, insbesondere der Einfluß von Überflutungen (Jahreszeit, Dauer, Höhe, Frequenz), von Erosion
und Deposition. So findet man in schmalen, kiesig-felsigen, schnell durchströmten Auen der kühlen
Hochgebirgstäler ganz andere Auengesellschaften als in klimatisch begünstigten Alluvionen weiter
Niederungen oder auf sandigen bis tonigen Anschwemmungen im Mündungsbereich der Ströme.
Auch innerhalb eines kurzen Flußabschnittes kommen eine ganze Reihe verschiedener natürlicher
Auengesellschaften vor, je nach Entfernung zum Flußlauf, in Abhängigkeit von Ausmaß und Art des
Abtrags und der Anlandungen sowie aufgrund des Einflusses von regelmäßig wiederkehrenden
hohen und niedrigen Wasserständen sowie der Jahreszeit, Höhe und Dauer von Überflutungen. Es
handelt sich jeweils um eine auenspezifische ökologische Abfolge von Pflanzengesellschaften vom
Flußlauf bis zum Rand der Aue (vgl. Auenprofile bei PEDROTTI & GAFTA 1996 sowie Abb. 16-23).
Die einzelnen Typen der Auenvegetation sind durch unterschiedliche Standortbedingungen gekenn-
zeichnet. Die Auenböden unterscheiden sich nach Bodenart (Schotter, Kies, Sand, Lehm, Ton),
Entstehungs- und Entwicklungsalter, Farbe (weißlich-, hell-, dunkel- bis bräunlichgrau, ockergelb,
braun, rostfarbig, schwärzlich), Wasserhaushalt (von ständig sumpfig-nassen bis zu stark aus-
trocknenden Böden) und Trophie. Auch hinsichtlich der Bodenreaktion ist die Amplitude der
Auengesellschaften sehr weit: Sie reicht von stark sauer bis alkalisch. Ferner weisen Humusgehalt
und Humusform große Unterschiede auf. Die meisten Auenböden sind nährstoffreich, nur schwach
entwickelte Rohauenböden in kalkarmen Gebirgen und Sandgebieten haben einen geringen Nähr-
stoffgehalt. In den Auenabschnitten, wo die Akkumulation mit der erosiven Tätigkeit des Flusses im
Gleichgewicht steht oder erstere überwiegt, wirken sich Überflutungen in der Regel düngend und
mikrobiell stimulierend aus.
In der Aue findet man eine Reihe von Bodentypen, die meist enge Beziehungen zu bestimmten
Auengesellschaften aufweisen (vgl. Charakteristik der einzelnen Kartierungseinheiten): Auenböden
mit Landhumusbildung und unterschiedlichem Verwitterungsgrad (chemisch wenig verwitterte
graue Paternia oder Rendzina-ähnliche Borowina, Schwarzerde-ähnliche Smonitza oder chemisch
stark verwitterte Vega), wenig verwitterte Rohauenböden (Rambla) ohne deutlichen Humushorizont,
anmoorige Auenböden (Auenanmoor) oder Gleyböden mit Landhumusbildung (Mullgley, ver-
braunter Gley).

Erhaltungszustand, Landnutzung, Ersatzgesellschaften; Naturschutz


Die Auen Europas gehören heute durchweg zu den besonders stark gefährdeten und bedrohten
Ökosystemen. Ihrer Erhaltung und Renaturierung wird deshalb in jüngster Zeit größere Aufmerk-
samkeit gewidmet (vgl. GÉHU 1980 [1984], HENRICHFREISE 1996, 2001, HÜGIN & HENRICHFREISE
1992). Die breiteren Talauen wurden vom Menschen stellenweise schon im Neolithikum aufgesucht,
der Auenwald dort beweidet, gerodet und in Grünland umgewandelt oder stellenweise beackert, was
eine verstärkte Bodenerosion zur Folge hatte.

482
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U

Die natürliche Auenvegetation ist in den meisten Gebieten durch jahrhundertelange landwirtschaftli-
che Nutzung bis auf wenige kleinflächige Reste reduziert worden. Auch die Forstwirtschaft spielt
infolge teils gravierender Änderung der Baumartenzusammensetzung in den verbliebenen Auenwäl-
dern vielfach eine negative Rolle. Schnell wachsende und nach ökonomischen Gesichtspunkten
ausgewählte Baumarten wie amerikanische Pappeln (Populus x canadensis cv. ‚Serotina‘, P. deltoi-
des, P. x canadensis cv. ‚Robusta‘), Schwarznuß (Juglans nigra), Roteiche (Quercus rubra), Ahorn-
arten (Acer platanoides, A. pseudoplatanus), Esche (Fraxinus excelsior) werden häufig im Tief- und
Hügelland, Fichte (Picea abies) im Bergland angebaut. Die Ulmen (Ulmus minor, U. laevis)
verschwinden als Folge des Ulmensterbens (Graphiose) allmählich zumindest in Baumform aus den
Hartholzauen. Solche Eingriffe haben deutliche Änderungen im Gesamtcharakter der Auenwälder
hervorgerufen, so daß man heute nur noch selten natürliche oder naturnahe Auenvegetation in
größerer Ausdehnung antreffen kann.
Die größten Beeinträchtigungen haben Auenstandorte und die bodenständige Auenvegetation jedoch
durch wasserbauliche Maßnahmen erfahren (Begradigung, Regulierung und Verbauung von Flüssen
und Strömen, Staustufenbau), wobei Staustufen mit Abstand die schwerwiegendsten Eingriffe
bedeuten: von gravierender Änderung des Wasserhaushalts bis zur völligen Vernichtung aller auen-
typischen Pflanzengesellschaften (HÜGIN 1980 [1984]). Mit Ausbleiben des regelmäßigen Wechsels
von Überschwemmung und Trockenfallen sterben die Auengesellschaften ab oder entwickeln sich
zu anderen, nicht auentypischen Waldgesellschaften: Stieleichen-Eschen- und Eichen-Ulmen-
Auenwälder z. B. zu Stieleichen-Hainbuchenwäldern.
Unter den heutigen Bedingungen des anthropogen extrem veränderten Wasser- und Nährstoff-
haushalts beim größten Teil der europäischen Fluß- und Stromauen kann nur ein Bruchteil der in der
Karte (nach dem früheren Zustand) als Auenvegetation kartierten Gebiete wirklich als potentielle
Auenökosysteme mit dem nachfolgend beschriebenem Vegetationsinventar gelten.
Das Potential zur Renaturierung und Regeneration durch Wiederherstellung eines naturnäheren
Wasserregimes (z. B. durch Rückbau von Deichen und Staustufen) mit natürlicher Erosions- und
Sedimentationsdynamik ist jedoch in den meisten Fällen noch vorhanden.
Bei den eingedeichten und ausgesüßten, ursprünglich waldfreien Marschen (U28) wird jedoch davon
ausgegangen, daß der jetzige Wasserhaushalt langfristig bestehen bleibt.

Gliederung in Untereinheiten
Die Untergliederung der Formation in der Legende der Vegetationskarte Europas richtet sich nach
folgenden Gesichtspunkten:
Die zonale Differenzierung von Nord nach Süd in südarktische Auengebüsche (U.1), boreale
Auenwälder (mit hohem Anteil an Nadelbaumarten, U.2), nemorale Auen- und Niederungswälder
weitgehend ohne Nadelbaumarten (U.3), mediterran-submediterrane Niederungs- und Auenwälder
sowie -gebüsche mit immergrünen Elementen (U.4) und kontinentale Weichholzauen und Tamaris-
ken-Auengebüsche (U.5) stellt die Hauptgliederung der Formation dar.

483
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas

Die weitere Untergliederung erfolgt bei den borealen Auen nach Unterzonen, bei den nemoralen
Auen und Niederungen nach speziellen Standortgegebenheiten und Vegetationskomplexen.

U.1 Südarktische Auengebüsche (Salix phylicifolia, Alnus fruticosa) (U1)


Diese gebüschdominierte Auenvegetation ist an den nördlichsten Teil des europäischen Rußland,
nördlich des Polarkreises, gebunden. Kälteunempfindliche Strauchweiden und -erlen (Salix phylici-
folia, S. glauca, S. hastata, S. lanata, Alnus fruticosa) sind in diesen zweischichtigen Gesellschaften
tonangebend. In der Krautschicht herrschen lichtliebende Gräser und Seggen vor. Das arktische
Klima dieser von Tundren umgebenen Auen schließt das Vorkommen von Bäumen aus. Die
südarktischen Auengebüsche werden nur durch eine einzige Kartierungseinheit (U1) repräsentiert,
die einen Vegetationskomplex aus Erlen-Weidengebüschen und Feuchtwiesen mit Calamagrostis
langsdorffii sowie Seggensümpfen mit Carex aquatilis darstellt (vgl. Abb. 16). Sein Erhaltungs-
zustand ist überwiegend gut.

Abb. 16: Südarktische Aue (U1). Ökologisches Profil durch die Aue der Vorkuta (bei Vorkuta) (nach
PRJANIŠNIKOV 1961, etwas verändert).
I flußnahe Aue; II mittlere Aue; III terrassennahe Aue
a) Alopecurus pratensis-Calamagrostis langsdorffii-Carex aquatilis-Gesellschaft
b) Alopecurus pratensis-Salix hastata-S. phylicifolia-Gesellschaft
c) Achillea millefolium-Salix viminalis-S. phylicifolia-Gesellschaft
d) Vaccinium uliginosum-Salix hastata-Gesellschaft
e) Carex cespitosa-Salix phylicifolia-Gesellschaft
f) Hylocomium splendens-Salix hastata-Betula nana-Gesellschaft
g) (16) Palsamoorkomplex (mit Rubus chamaemorus, Empetrum hermaphroditum, Sphagnum fuscum
und Cetraria nivalis auf Palsen; Eriophorum russeolum, Carex rotundata, C. rariflora, Sphagnum
lindbergii in Schlenken)
h) (15) Flechten-Tundra
i) (14) Bulten-Zwergbirken-Tundra
1. Salix hastata, 2. Salix phylicifolia, 3. Salix viminalis, 4. Betula nana; 5. Dryas punctata, Vaccinium
uliginosum, 6. Alopecurus pratensis, 7. Festuca ovina, 8. Calamagrostis langsdorffii, 9. Equisetum
arvense, 10. Galium boreale, 11. Carex cespitosa, 12. Carex aquatilis; 13. Moose;
17. Permafrostgrenze

484
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U

U.2 Boreale Auenwälder (U2-U6)


Die Auenwälder dieser Gruppe kommen in Flußauen in der Nadelwaldzone zwischen ca. 57/ und
67/ nördl. Breite in Rußland und Skandinavien vor. In der Gruppe der borealen Auen werden
5 Kartierungseinheiten unterschieden: zwei nord- bis mittelboreale und drei süd- bis hemiboreale.
Am Ende der ökologisch-dynamischen Sukzessionsreihe der Auengesellschaften stehen in den
borealen Auen Nadelwälder. Für junge Standorte sowie nasse Mulden und Rinnen sind Mischwälder
aus Weiden, Moorbirke und Grauerle, manchmal auch Fichte, typisch. An der Südgrenze der
borealen Auen kommen an Baumarten außerdem Quercus robur, Tilia cordata und Ulmus laevis
hinzu.
Die einfache Struktur der borealen Auenwälder ermöglicht eine Zweigliederung in nord- bis mittel-
boreale mit vorherrschend Nadelwäldern (U.2.1 mit 2 Kartierungseinheiten) und südboreale Auen-
waldkomplexe, in denen Nadelholz-, Laubmisch- und Laubholzauenwälder etwa gleichstark vertre-
ten sind (U.2.2 mit 3 Kartierungseinheiten).

Abb. 17: Nordboreale Auenvegetation (U3). Ökologisches Profil durch das Kos‘ju-Tal nordöstlich Pe…ora
(nach PRJANIŠNIKOV 1961).
I flußnahe Aue; II mittlere Aue; III terrassennahe Aue
a) Calamagrostis langsdorffii-Salix viminalis-Gesellschaft
b) Phalaris arundinacea-Salix viminalis-Gesellschaft
d) Filipendula ulmaria-Phalaris arundinacea-Gesellschaft
e) Carex cespitosa-Salix phylicifolia-Gesellschaft
f) Geranium albiflorum-Calamagrostis langsdorffii-Gesellschaft
g) Calamagrostis langsdorffii-Betula pubescens subsp. czerepanovii-Picea obovata-Wald
h) Hylocomium splendens-Calamagrostis langsdorffii-Picea obovata-Wald
i) Equisetum arvense-Picea obovata-Wald
k) Hylocomium splendens-Vaccinium myrtillus-Picea obovata-Wald
l) (16) Aapamoorkomplex (mit Trichophorum cespitosum, Sphagnum papillosum auf Strängen; Carex
limosa, Menyanthes trifoliata, Sphagnum annulatum in Schlenken)
1. Picea obovata, 2. Betula pubescens subsp. czerepanovii, 3. Salix phylicifolia, 4. Salix viminalis,
5. Vaccinium myrtillus, V. vitis-idaea, 6. Calamagrostis langsdorffii, 7. Milium effusum, Melica
nutans, 8. Phalaris arundinacea, 9. Equisetum arvense, 10. Galium boreale, 11. Geranium
albiflorum, 12. Filipendula ulmaria, 13. Ranunculus acris, 14. Carex cespitosa, 15. Moose, 16.
Aapamoorkomplex, 17. Gegenwärtiges Flußbett

Für die nord- und mittelborealen Auen ist das Vorkommen der borealen Laubholzarten Betula
pubescens s. l., Alnus incana, Salix myrsinifolia typisch. Die an der Dwina vorkommenden nordrus-
sischen Fichten- und Laubmisch-Auenwälder (U2) sind gegen die voruralischen Auen durch Picea

485
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas

abies x P. obovata und Lonicera pallasii abgegrenzt, die voruralischen Auen (U3) wiederum sind
durch Abies sibirica und Picea obovata gekennzeichnet; typisch sind ferner Farne und Hochstauden
wie Matteuccia struthiopteris, Thelypteris palustris, Aconitum lycoctonum subsp. lycoctonum u. a.
(vgl. Abb. 17).
Neben den oben angeführten Baumarten der nord- bis mittelborealen Auenwälder findet man in den
südborealen Auen auch Quercus robur und Tilia cordata. Die erste Art kommt sowohl in den
westrussischen (U5), als auch in den voruralischen Auen (U6) vor, Tilia cordata ist dagegen für
südboreale voruralische Auen typisch.
Eine besondere Stellung im Rahmen der südborealen Auen nehmen die skandinavischen Grauerlen-
wälder (U4) ein, die eine südboreale Vikariante der alpisch-mitteleuropäischen Grauerlenauen
(U27) darstellen. Südboreale Auen sind ferner durch häufiges Vorkommen von Prunus padus, durch
Betula pubescens s. l. in der Baumschicht, Ribes spicatum und Salix cinerea s. l. in der Strauch-
schicht und Calamagrostis purpurea, Equisetum pratense, Carex vaginata und Malaxis monophyllos
in der Krautschicht differenziert. In dieser Kartierungseinheit der südborealen Auenwälder herr-
schen sommergrüne Laubbäume deutlich vor.
Die meisten borealen Auenwälder wurden gerodet, ihre Standorte teils entwässert und als Wiesen,
seltener als Äcker genutzt. Deshalb sind alle verbliebenen Auenwaldreste, die zunehmend von
anthropogenen Eingriffen (besonders Rodungen) bedroht werden, höchst schutzwürdig.

U.3 Auen- und feuchte Niederungswälder in der nemoralen Zone (U7-U28)


Diese azonalen Wälder sind durch das Vorherrschen sommergrüner Laubbäume gekennzeichnet. Sie
kommen vom Atlantik (ca. 10/ westl. Länge) bis zum Ural (57/ östl. Länge) und von Dänemark
(57/ nördl. Breite) bis Transkaukasien (40/ nördl. Breite) vor (vgl. Karte 20).
Die flächenmäßig und hinsichtlich der Zahl der Einheiten (insgesamt 22 Kartierungseinheiten)
vorherrschende Vegetation der nemoralen Auen- und Niederungswälder gliedert sich entsprechend
dem Wasserregime und -haushalt sowie den Vegetationskomplexen in folgende drei Untergruppen:
S Hartholzauen im Komplex mit Weichholzauen und feuchten Niederungswäldern der Strom- und
großen Flußtäler (U.3.1 mit 16 Kartierungseinheiten),
S Erlen-Eschenwälder und Erlen-Stieleichenwälder der kleinen Flußtäler und nassen Niederungen
im Komplex mit feuchten Eichen-Hainbuchen- und Erlenbruchwäldern, z. T. Grauerlenwälder
und Bergahorn-Eschenwälder (U.3.2 mit 5 Kartierungseinheiten)
S Etwas aus dem Rahmen fällt die Vegetation der Flußmündungsgebiete und der eingedeichten und
ausgesüßten Marschen (U.3.3 mit 1 Kartierungseinheit), da im Ästuar- und Küstenbereich durch
Vordeichung auf großer Fläche praktisch keine Überflutung mehr stattfindet bzw. die Standorte
ursprünglich gar nicht waldfähig waren und zum großen Teil nie Wald trugen. Die heutige
potentielle natürliche Vegetation ist folglich sehr hypothetisch und mit vielen Unsicherheiten
behaftet, dürfte aber gemäß den vorliegenden Kenntnissen über die Artenzusammensetzung von
angepflanzten und spontan entstandenen Vegetations- und Waldbeständen sowie über die

486
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U

Standortbedingungen nitrophilen Hartholzauenwäldern bzw. Erlen-Eschenwäldern am nächsten


kommen.

U.3.1 Hartholzauen (Quercus robur, Ulmus laevis, U. minor, Fraxinus spp.) im Komplex
mit Weichholzauen und feuchten Niederungswäldern, z. T. nur Weichholzauen, der
Strom- und großen Flußtäler (U7-U22)
Als Hartholzauen werden Auenwaldgesellschaften bezeichnet, die die mittleren bis höchsten Lagen
der breiten Auen an den Mittel- und Unterläufen der Flüsse besiedeln und vorwiegend periodisch bis
episodisch überflutet werden. Sie sind reich an wüchsigen, langlebigen Baumarten (besonders
Eichen-, Eschen- und Ulmen-Arten). Ihre Krautschicht ähnelt der mesophytischer sommergrüner
Laubwälder der Formation F. Es herrschen schattenertragende Waldarten vor. Waldfremde Arten
der nassen bis versumpften Standorte (Röhricht-Arten, Großseggen u. a.) sowie Therophyten treten,
im Gegensatz zu den Weichholzauen, stark zurück. Der geophytenreiche (Vor-)Frühlingsaspekt ist
meist bunt und üppig. Im Sommeraspekt spielen nitrophile Stauden eine wichtige Rolle. Moose
treten meist nur spärlich auf. Die Lebenserwartung der Hauptbaumarten ist hier innerhalb der
Auengesellschaften am höchsten.
Hartholzauenwälder besiedeln lehmige, sandig-schluffige bis tonige Schwemmböden unterschiedli-
cher Mächtigkeit. Das mittlere Grundwasser steht mehr als 1 m tief unter der Oberfläche. Es
herrschen nährstoffreiche, chemisch stark verwitterte Böden (Braune Vega, Verbraunter Gley) mit
günstigen Luftverhältnissen vor. (z. B. MÜCKENHAUSEN 1993, HÜGIN 1980 [1984], HENRICHFREISE
& KRAUSE 2001).
Viele Wuchsgebiete mit seltenen sommerlichen Überflutungen werden schon lange landwirt-
schaftlich genutzt, weil sie sich besonders gut für Grünland, Zuckerrüben- oder Gemüseanbau
eignen und hohe Erträge liefern.
Hartholzauen haben jedoch in der Landschaft eine wichtige ökologische Funktion: Sie zeichnen sich
durch hohe Wuchs- und Regenerationskraft aus, beeinflussen das Mesoklima von Talebenen positiv,
bieten benachbarten Flurstücken Schutz gegen austrocknende Winde, sichern Ufer und Böden gegen
Wassererosion und dienen der Rückhaltung und Abflußverlangsamung von Hochwässern.
Zu ihrer Bedrohung tragen vor allem folgende Eingriffe bei: Flußbegradigung und Wasserstands-
regulierung, Staustufenbau und Auenentwässerung, Anbau von standort- und florenfremden Holz-
arten, mit der Folge einer Degeneration der Krautschicht zu Solidago gigantea-, Phalaris- oder
Urtica-Beständen.
Die europäischen Hartholzauen sind in 16 ökologisch und geographisch differenzierte Kartierungs-
einheiten gegliedert. Allen Einheiten gemeinsam ist, daß die Hartholzauen immer von Weich-
holzauen begleitet werden, die die tiefer gelegenen, häufiger und länger überfluteten Auenbereiche
der Flußufer, Altwässer und Flutrinnen besiedeln. In Mitteleuropa gehören meist auch Stieleichen-
Hainbuchenwälder – auf den höchstgelegenen bzw. infolge Eindeichung nicht mehr überfluteten
Standorten der Aue – zu den regelmäßigen Komponenten der Flußauenvegetation. In den weiten
Talniederungen des mittel- und osteuropäischen Tieflandes spielen Erlenbruch- und -sumpfwälder

487
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas

eine wichtige Rolle als Begleitvegetation.


Die unterschiedliche Komplexbildung in den Kartierungseinheiten sowie die pflanzengeographische
Differenzierung der Hart- und Weichholzauen gehen aus nachfolgender Übersicht (Tab. 19) hervor.
Allen europäischen Hartholzauen gemeinsam ist demnach nur die Baumart Quercus robur; sehr weit
verbreitet sind ferner Ulmus laevis, U. minor, Fraxinus excelsior, Acer campestre und Alnus
glutinosa. Für West-, Süd- und Südosteuropa kennzeichnend ist Fraxinus angustifolia s. l., die im
Südosten von F. pallisae abgelöst wird. Zu Quercus robur gesellt sich im Südosten Europas Q. pe-
dunculiflora. Die transkaukasischen Hartholzauen (U22) heben sich deutlich durch eine eigene
Gehölzartengarnitur ab.
Atlantische Hartholzauen wurden in Irland, Großbritannien (U7) und Westfrankreich (U8) kartiert.
Klimatisch haben beide Gebiete eine relativ hohe mittlere Jahrestemperatur und ein mehr oder
weniger mildes, regnerisches Klima gemeinsam. In der Artengarnitur verbindet sie das Vorkommen
der (sub-)atlantischen Arten Salix atrocinerea, Oenanthe crocata, Osmunda regalis und Lonicera
periclymenum. In den farnreichen Auenwäldern der Britischen Inseln (U7) fehlen jedoch Ulmus
laevis, U. minor und Carpinus betulus, in Frankreich (U8) kommen neben diesen Baumarten noch
die südwesteuropäisch verbreitete Fraxinus angustifolia subsp. angustifolia vor, unter den Kräutern
die westeuropäischen Elemente Narcissus pseudonarcissus, Pulmonaria montana sowie Primula
elatior.
Mitteleuropäische Hartholzauen (U9) sind von Nordostfrankreich bis Polen und nach Süden bis
Kroatien verbreitet. In der Artenzusammensetzung herrschen mitteleuropäische Elemente vor. Im
atlantisch getönten Flügel der Hartholzauen kommen ferner westeuropäische Elemente vor: Helle-
borus viridis subsp. occidentalis, Hyacinthoides non-scripta, Lathraea clandestina, in der Schweiz
und in Südwestdeutschland Equisetum hyemale. Für diese Auen ist das regelmäßige Auftreten von
Fraxinus excelsior in Verbindung mit Ulmus spp. sowie der Kontakt zu Stieleichen-Hainbuchenwäl-
dern typisch.
In den osteuropäischen Hartholzauen (U10-U13) ist Fraxinus excelsior seltener oder fehlt ganz
(U12, U13). Allen Kartierungseinheiten ist die Kombination von Quercus robur, Ulmus laevis,
Alnus glutinosa in der Baumschicht sowie von (sub-)borealen Elementen (z. B. Convallaria majalis,
Frangula alnus, Rubus saxatilis) und östlich verbreiteten Arten (Euonymus verrucosa, Tilia cordata,
Salix acutifolia) gemeinsam. In den vorwiegend bodensauren und basenarmen wolynisch-polesi-
schen Auen (U11) spielen Populus tremula, Betula pendula und Sorbus aucuparia eine größere
Rolle, als Komplexeinheiten ferner Erlenbrüche, Hochmoore, Seggen- und Röhrichtbestände.
Klimatisch entspricht das Gebiet von U11 noch mehr oder weniger mitteleuropäischen Hart-
holzauen. Das vorwiegend ostsarmatische Areal der Kartierungseinheiten U10, U12 und U13 weist
dagegen einen ausgeprägt kontinentalen Klimacharakter auf, der sich deutlich in ihrer natürlichen
und anthropogenen Begleitvegetation widerspiegelt: steppenartige Wiesen, Steppengesellschaften
mit Steppensträuchern (Caragana frutex, Spiraea crenata) und Halophytengesellschaften. Die
weitere Untergliederung erfolgt nach unterschiedlicher Komplexbildung und geographischen
Differentialarten.

488
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U

Tab. 19: Floristische Gliederung der Hartholz- und Weichholzauen in der nemoralen Zone (Tieflagen) (U.3.1) und
der kontinentalen Weichholzauen und Tamarisken-Auengebüsche (U.5).

Nr. der Kartierungseinheit U 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 41 42


Lage in Europa NW SW W/Mi O O O O OSO S SSO SSO S/SO SO SO OSO OSO SO OSO

Hartholzauen
Baumschicht:
Quercus robur x x x d d d x x d x x x x . x . . .
Alnus glutinosa x (x) (x) (x) x x (x) . (x) (x) (x) (x) . (x) (x) . . .
Ulmus minor [U. glabra] [x] (x) x . . . . (x) x x x x x . x x . .
Fraxinus excelsior x x x (x) x . . (x) d (x) . . . . x . . .
Ulmus laevis . x x x x x x x . x . . . (x) . . . .
Acer campestre . (x) (x) . . . . . (x) x (x) (x) x . x . . .
Tilia cordata . . x x x x d . . x . . . . . . . .
Carpinus betulus . (x) x . . . . . (x) x (x) x . . . . . .
Acer tataricum . . . . . . x x . x x . x (x) . . . .
Alnus incana . . (x) . . . . . . (x) . . . (x) x x . .
Quercus pedunculiflora1) . . . . . . . . . x . d d . . x1) . .
Fraxinus angustifolia subsp. danubialis . . . . . . . . . d (x) . d (x) . . . .
Malus sylvestris [subsp. orientalis] . . (x) . . . . . . . . x x . [x] . . .
Salix atrocinerea x x . . . . . . . . . . . . . . . x
Pyrus caucasica . . . . . . . . . . . . . . x (x) . .
Acer platanoides . . . x . . . . . . . . . . . . . .
Acer pseudoplatanus (x) . . . . . . . . . . . . . . . . .
Prunus avium (x) . . . . . . . . . . . . . . . . .
Populus tremula . . . . x . . . . . . . . . . . . .
Betula pendula . . . . x . . . . . . . . . . . . .
Sorbus aucuparia . . . . x . . . . . . . . . . . . .
Fraxinus angustifolia subsp. angustifolia . x . . . . . . . . . . . . . . . .
Fraxinus angustifolia subsp. oxycarpa . . . . . . . . . . . d . . . . . .
Laurus nobilis . . . . . . . . . . . (x) . . . . . .
Fraxinus pallisae . . . . . . . . . . . . d . . . . .
Alnus barbata . . . . . . . . . . . . . . . d . .
Quercus hartwissiana2) . . . . . . . . . . . . . . . d2) . .
Quercus imeretina . . . . . . . . . . . . . . . d . .
Morus alba . . . . . . . . . . . . . . . x . .
Pistacia mutica . . . . . . . . . . . . . . . x . .
Pterocarya pterocarpa . . . . . . . . . . . . . . . x . .
Tilia begoniifolia2) . . . . . . . . . . . . . . . x2) . .
Strauchschicht:
Rubus caesius . . x . . x x x x x . . x x x . . .
Euonymus verrucosa . . . x x x . x . . . . . . . . . .
Rosa majalis . . . . . x x . x . . . . (x) . . . .
Viburnum opulus x . x . x . . . . . . . . x . . . .
Corylus avellana x . x . x . . . . . . . . . . . . .
Frangula alnus . . . x x . . . . . . . . x . . . .
Prunus padus (x) . . x x . . . . . . . . . . . . .
Crataegus monogyna [C. laevigata] x . [x] . . . . . . . . . . x . . . .
Cornus sanguinea [subsp. hungarica] . . . . x . . . . [x] . . . x . . . .
Cornus sanguinea subsp. australis . . . . . . . . . x . . . . x x . .
Sambucus nigra x . x . . . . . . . . . . . . . . .
Euonymus europaea x . . . . . . . . . . . . . . . . .
Ilex aquifolium . x . . . . . . . . . . . . . . . .
Ribes rubrum . x . . . . . . . . . . . . . . . .
Ligustrum vulgare . . . . . . . . . . . . . x . . . .
Berberis iberica . . . . . . . . . . . . . . . x . .
Mespilus germanica . . . . . . . . . . . . . . . x . .
Paliurus spina-christi . . . . . . . . . . . . . . . x . .
Punica granatum . . . . . . . . . . . . . . . x . .
Lianen:
Hedera helix x x x . . . . . x x x x . . . . . .
Vitis vinifera subsp. sylvestris . . (x) . . . . . . x x x . x x x . .
Humulus lupulus x . x . . . . . . x x . . x (x) . . .
Solanum dulcamara . . (x) . x . . . . x x x . . . . . .
Periploca graeca . . . . . . . . . . . d x x (x) x . .
Tamus communis . . . . . . . . x (x) x x . . . . . .
Smilax aspera [S. excelsa] . . (x) . . . . . . . . x [x] [x] . . [x] . .
Lonicera caprifolium . . . . . . . . x . . x . . x . . .
Clematis vitalba . . x . . . . . . . . . . x . . . .

489
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas

Nr. der Kartierungseinheit U 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 41 42


Rubia peregrina . . . . . . . . x . . x . . . . . .
Lonicera periclymenum x x . . . . . . . . . . . . . . . .
Echinocystis lobata . . . . . . . . . x x . . . . . . .
Bryonia cretica . . . . . . . . x . . . . . . . . .
Rosa sempervirens . . . . . . . . . . . x . . . . . .
Rubus ulmifolius . . . . . . . . . . . x . . . . . .
Clematis viticella . . . . . . . . . . . x . . . . . .
Vincetoxicum scandens . . . . . . . . . . . . . . x . . .
Krautschicht:
Convallaria majalis . . . x x x x x x x . . x . . . . .
Carex remota x x . . . . . . . x d x . . . . . .
Aristolochia clematitis . . . . . . . x x x x . . . x . . .
Carex acutiformis x x . . . . . . . x x . . . . . . .
Osmunda regalis x x . . . . . . . . x x . . . . . .
Leucojum aestivum x . . . . . . . . d (x) x . . . . . .
Athyrium filix-femina x . . . x x . . . . . . . . . . . .
Carex strigosa . x . . . . . . . x x . . . . . . .
Polygonatum multiflorum . . x . . . . . x x . . . . . . . .
Carex pendula . . . . . . . . x x . x . . . . . .
Lithospermum purpurocaeruleum . . . . . . . . x x . . . . x . . .
Oenanthe crocata x x . . . . . . . . . . . . . . . .
Allium ursinum x . x . . . . . . . . . . . . . . .
Leucojum vernum . . x . . . . . . . . (x) . . . . . .
Equisetum hyemale . . (x) . . . . . x . . . . . . . . .
Rubus saxatilis . . . . x . x . . . . . . . . . . .
Galium rubioides . . . . . x . . . . . . x . . . . .
Matteuccia struthiopteris . . . . . x . . . . . . . (x) . . . .
Asparagus tenuifolius . . . . . . . . x . . . x . . . . .
Oenanthe banatica . . . . . . . . . x . . . (x) . . . .
Euphorbia palustris . . . . . . . . . . . . x x . . . .
Dryopteris affinis subsp. borreri x . . . . . . . . . . . . . . . . .
Carex riparia . x . . . . . . . . . . . . . . . .
Narcissus pseudonarcissus . x . . . . . . . . . . . . . . . .
Pulmonaria montana . x . . . . . . . . . . . . . . . .
Primula elatior . x . . . . . . . . . . . . . . . .
Helleborus viridis subsp. occidentalis . . (x) . . . . . . . . . . . . . . .
Euphorbia stricta . . (x) . . . . . . . . . . . . . . .
Hyacinthoides non-scripta . . (x) . . . . . . . . . . . . . . .
Lathraea clandestina . . (x) . . . . . . . . . . . . . . .
Asarum europaeum . . . . x . . . . . . . . . . . . .
Maianthemum bifolium . . . . x . . . . . . . . . . . . .
Lathyrus vernus . . . . x . . . . . . . . . . . . .
Heracleum sphondylium subsp. sibiricum . . . . . x . . . . . . . . . . . .
Carex pilosa . . . . . . . . x . . . . . . . . .
Leucanthemella serotina . . . . . . . . . x . . . . . . . .
Viola elatior . . . . . . . . . (x) . . . . . . . .
Genista tinctoria . . . . . . . . . . x . . . . . . .
Pseudostellaria europaea . . . . . . . . . . x . . . . . . .
Equisetum telmateia . . . . . . . . . . . x . . . . . .
Anemone apennina . . . . . . . . . . . x . . . . . .
Lathyrus venetus . . . . . . . . . . . (x) . . . . . .
Carex tomentosa . . . . . . . . . . . . x . . . . .
Asperula taurina . . . . . . . . . . . . x . . . . .
Convallaria transcaucasica . . . . . . . . . . . . . . x . . .
Lysimachia punctata . . . . . . . . . . . . . . x . . .
Lycopus exaltatus . . . . . . . . . . . . . (x) . . . .

Weichholzauen u. a. Komplexein-
heiten
Baumschicht:
Salix alba x x x . (x) x x x x x x x x x x x x x
Populus nigra (x) x x . (x) x x x x x x x x x . x x x
Populus alba . . (x) . (x) . . d d d x x x x x . x x
Salix fragilis x x x . . . . . x x . . . . . . . .
Populus x canescens . . . . . . . . . x . x . . x x . .
Populus tremula . . . . x . . . . . . . . . . . . .
Salix x rubens . . . . . . . . . . . . . x . . . .
Salix excelsa . . . . . . . . . . . . . . . d . .

490
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U

Nr. der Kartierungseinheit U 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 41 42


Strauchschicht:
Salix triandra . . x x x x x x . x x . . . x x . x
Salix viminalis x . x x . x x x . x x . . . . x . x
Salix acutifolia . . . d d d (x) d . . . . . (x) . d . x
Tamarix ramosissima . . . . . . . . . . . . . (x) x d d x
Hippophae rhamnoides . . . . . . . . . . . . . . x x x .
Salix purpurea . . x . . . . . . . . . . . . . . .
Elaeagnus angustifolia . . . . . . . . . . . . . . . . x x
Calligonum aphyllum . . . . . . . . . . . . . . . . . x
Lianen:
Solanum persicum . . . . . . . . . . . . . . . . . x
Calystegia sepium . . . . . . . . . . . . . . . . . x
Krautschicht:
Calamagrostis epigejos . . . . . . . . . . . . . . . . x .
Elymus repens . . . . . . . . . . . . . . . . x .
Hierochloe odorata . . . . . . . . . . . . . . . . x .
Carex melanostachya . . . . . . . . . . . . . . . . x .
Carex praecox . . . . . . . . . . . . . . . . x .
Artemisia absinthium . . . . . . . . . . . . . . . . x .
Artemisia santonicum . . . . . . . . . . . . . . . . x .
Artemisia scoparia . . . . . . . . . . . . . . . . x .
Erlenbruch- und -sumpfwälder x . x x x x x x (x) x x x . (x) . . . .
Baumschicht:
Alnus glutinosa x . x x x x x x (x) x x x . x . . . .
Betula pubescens (x) . . . . x x . . . . . . . . . . .
Strauchschicht:
Ribes nigrum . . . . x x x . . . . . . . . . . .
Salix cinerea x . . . x . . . . . . . . . . . . .
Krautschicht:
Carex acutiformis x . . . . . . . . x . . . x . . . .
Carex paniculata x . . . . . . . . . . . . . . . . .
Thelypteris palustris . . . . x . . . . . . . . . . . . .
Carex elongata . . . . x . . . . . . . . . . . . .
Galium rivale . . . . . . x . . . . . . . . . . .
Stieleichen-Erlenwälder . . . x x . . . . . . . . . . . . .
Stieleichen-Hainbuchenwälder . . (x) . . . . . x x x x x . . . . .
Nadelmischwälder . . . (x) . . . . . . . . . . . . . .
Röhrichte: x x x . x x . x x x x x x x x x x x
Phragmites australis x x x . x (x) . . x x x . x x (x) . . x
Phalaris arundinacea . x . . . . . . . . . . . x . . . x
Oenanthe lachenalii . x . . . . . . . . . . . . . . . .
Oenanthe crocata . x . . . . . . . . . . . . . . . .
Beckmannia eruciformis . . . . x x . . . . . . . . . . . .
Angelica heterocarpa . x . . . . . . . . . . . . . . . .
Typha angustifolia . . . . . . . . . . . . . . . . . x
Typha latifolia . . . . . . . . . . . . . . . . . x
Bolboschoenus maritimus . . . . . . . . . . . . . . . . . x
Carex riparia . . . . . . . . . . . . . . . . . x
Carex acutiformis . . . . . . . . . . . . . . . . . x
Carex acuta . . . . . . . . . . . . . . . . . x
Festuca valesiaca-Steppen: . . . . . x x x . . . . . . (x) (x) . .
Stipa pennata . . . . . x x . . . . . . . . . . .
Stipa tirsa . . . . . x . . . . . . . . . . . .
Steppensträucher:
Spiraea crenata . . . . . . x . . . . . . . . . . .
Caragana frutex . . . . . . x . . . . . . . . . . .
Halophytengesellschaften . . . . . . x x . . . . . . x x . .

Erläuterungen:
1)
d = stark vertreten = im Osttranskaukasus
2)
x = regelmäßig vorkommend (in Datenblatt enthalten) = im Westtranskaukasus
(x) = örtlich vorkommend (nur in bestimmten Ausbildungen)

491
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas

Die submeridionalen Hartholzauen Süd- bis Südosteuropas sind mit 8 Kartierungseinheiten (U14 bis
U22) repräsentiert (vgl. Abb. 18). Allen ist die Kombination von Quercus robur und Ulmus minor
in der Baumschicht gemeinsam. Ulmus laevis ist dagegen seltener vertreten (U14, U16), ebenso wie
Alnus glutinosa, Fraxinus excelsior und besonders Tilia cordata, die nur noch in den pannonisch-
präkarpatischen Auen (U16) vorkommt. In der Baumschicht treten dafür ziemlich regelmäßig Acer
campestre und Fraxinus angustifolia s. l. (in östlich verbreiteten Unterarten) auf, und zwar F. an-
gustifolia subsp. danubialis in U16, U17 und U19, F. angustifolia subsp. oxycarpa in U18, ferner
die südosteuropäische Eichenart Quercus pedunculiflora in U16, U18, U19, U22. In den danubi-
schen Auen (U19) ist daneben Fraxinus pallisae, in den vor- und transkaukasischen Auen (U21,
U22) Pyrus caucasica anzutreffen. Die transkaukasischen Auen heben sich durch eine ganze Reihe
nur dort verbreiteter Baumarten ab: Alnus barbata, Morus alba, Pistacia mutica, Quercus hartwis-
siana, Q. imeretina, Pterocarya pterocarpa und Tilia begoniifolia in den Hartholzauen sowie Salix
excelsa in den im Komplex vorkommenden Weichholzauen. Auch in der Strauchschicht findet man
einige Unterschiede: Euonymus verrucosa in den pontischen (U14), Cornus sanguinea subsp.
hungarica in den pannonisch-präkarpatischen (U16), C. sanguinea subsp. australis in U16 sowie in
den vor- und transkaukasischen Auen (U21, U22), Berberis iberica, Mespilus germanica, Paliurus
spina-christi und Punica granatum in den transkaukasischen Auen (U22). Von den Lianen sind in
den süd- bis südosteuropäischen Auen thermophile Arten wie Tamus communis, Vitis vinifera subsp.
sylvestris, Periploca graeca, Smilax aspera und S. excelsa, Rubia peregrina, Lonicera caprifolium,
ferner Bryonia cretica (U15), Clematis viticella, Rosa sempervirens (U18) und Vincetoxicum
scandens (U21) weit verbreitet.

Abb. 18: Schematischer Querschnitt durch die Auenwaldgesellschaften im Überflutungsgebiet der Sava (U16/U17)
(nach HORVAT et al. 1974, Abb. 252, etwas verändert).
1. Weidengebüsch und Salix alba-Populus nigra-Wälder
2. Typischer Leucojum aestivum-Fraxinus angustifolia-Auenwald in häufig überfluteten Vertiefungen
3. Alnus glutinosa-reicher Leucojum aestivum-Fraxinus angustifolia-Wald in flußfernen, grundwasser-
beeinflußten Dellen
4. Quercus robur-Auenwald mit Carex remota im Bereich starker Wasserstandsschwankungen
5,6. Quercus robur-Carpinus betulus-Auenwälder, Carex brizoides- und typische Ausbildung

In der Krautschicht ist Lithospermum purpurocaeruleum in trockeneren Ausbildungen der pada-


nisch-illyrischen (U15), pannonisch-präkarpatischen (U16) und vorkaukasischen Auen (U21) vertre-
ten, in feuchten Ausbildungen von U16, U17 und U18 spielt Carex pendula eine wichtige Rolle.
Leucanthemella serotina, Oenanthe banatica und Viola elatior kennzeichnen zusätzlich die

492
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U

pannonisch-präkarpatischen Auen (U16), Genista elata, Pseudostellaria europaea und Carex brizoi-
des die peripannonisch-westmösischen Hartholzauen (U17), Equisetum telmateia, Anemone apenni-
na, Leucojum aestivum und teils auch Lathyrus venetus differenzieren die apenninisch-balkanischen
Auen (U18). Für die vorkaukasischen Hartholzauen (U21) sind ferner Convallaria transcaucasica
und Lysimachia punctata kennzeichnend.

Abb. 19: Apenninisch-balkanische Auenwälder (U18). Profil durch das Sinello-Tal bei Vasto (Adria), Mittelitalien
(nach PEDROTTI & GAFTA 1996, Fig. 65).
1. Populetum albae a) Flußbett bei Niedrigwasser
2. Rubio-Carpinetum betuli b-d) bei Hochwasser überflutete Aue
3. Carici remotae-Fraxinetum oxycarpae e) Terrassenböschung
4. Einzelbaum von Fraxinus angustifolia subsp. oxycarpa f) Terrasse

Die Klimaverhältnisse aller süd- und südosteuropäischen Kartierungseinheiten sind ziemlich


einheitlich; nur die der pontischen Auen (U14) sind etwas kühler, mit niedrigen Winter- (und
Jahresmittel-)Temperaturen; die Winter in den padanisch-illyrischen (U15) und transkaukasischen
Auen (U22) sind dagegen milder und die Jahrestemperaturen relativ hoch (gilt auch für U18).
Zu den im Vegetationskomplex regelmäßig vertretenen Weichholzauen gehören lichtdurchlässige
Weiden-, Weiden-Pappel- und Pappel-Auenwaldgesellschaften. Ihre Bestände stocken auf den
niedrigsten, oft und langfristig überfluteten flußnahen Auenstandorten entweder oberhalb des
Mittelwasserniveaus bei Auen mit ausgeprägten Sommerhochwassern (z. B. Rhein) oder unterhalb
der Mittelwasserlinie bei wenigen oder seltenen Hochwassern wie an der Elbe (HENRICHFREISE
1996). Im Vergleich zu den Hartholzauen sind sie artenärmer, jedoch ertragen sie sich oft wiederho-
lende, hohe und sehr langdauernde Überflutungen gut. Die Bildung von Adventivwurzeln er-
möglicht den Gehölzen, unter solch extremen Standortbedingungen zu überleben. Die Krautschicht
der relativ kurzlebigen Waldbestände besteht vor allem aus Nichtwaldarten der nassen bis versumpf-
ten Standorte des Auenbereichs. Frühlingsgeophyten treten stark zurück oder fehlen überhaupt, da
Weichholzauenstandorte in der Zeit der jahreszeitlichen Hauptentwicklung von Geophyten fast
regelmäßig von Wasser bedeckt sind.
Weichholzauen sind an junge Flußablagerungen und den Bereich zwischen Mittelwasser und 3/4 bis
1 m darüber gebunden. Wegen der häufigen und bis über 5 m hohen Überflutungen werden diese
Standorte kaum land- oder forstwirtschaftlich genutzt. Von den Ausbildungen des tiefgelegenen,
nassen Silberweidenwaldes lassen sich Silberweidenbestände auf frisch angelandeten oder noch im

493
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas

Umbau befindlichen Standorten höherer Lagen, insbesondere auf Inseln im Strom oder in Ufernähe,
deutlich unterscheiden. Diese Bestände sind nahezu von Beginn an von Arten der Hartholzaue
durchsetzt und entwickeln sich rasch zu Eichen-Ulmenwäldern, wenn die Standorte weder einer
starken Erosion noch einer zu hohen Sedimentation unterliegen.

Abb. 20: Apenninische Weichholzauen (U18 p.p.). Profil durch das mittlere Ofanto-Tal, Apulien, Süditalien
(nach PEDROTTI & GAFTA 1996, Fig. 85).
1. Salicetum incano-purpureae a) Flußbett bei Niedrigwasser
2. Salicetum albae d, e) schotterige Flußufer und -inseln
4. Populetum albae f), i) Terrassen auf verschiedenem Niveau
7. Roso sempervirentis-Populetum nigrae
10. Tamaricetum gallicae

Weichholzauenwälder haben vor allem eine uferschützende Funktion. Sie stellen wichtige Lebens-
räume für bestandsbedrohte Tiere und Pflanzen der Flußauen dar und bilden landschaftsprägende
Gestaltelemente der Flußniederungen. Ihre Baumschicht wird von Weiden- und Pappelarten gebildet:
Salix alba, S. x rubens, Populus nigra, P. alba, P. x canescens, seltener Salix fragilis, S. excelsa.
Das Verbreitungszentrum der Weichholzauen liegt im südlichen Mittel- und im nördlichen Südeuropa;
sie kommen von Westeuropa (Frankreich, Spanien) bis ins südosteuropäische Rußland vor (Wolga,
Ural). Im gegebenen Maßstab kartierbare Weichholzauen gibt es jedoch nur an der unteren Donau
(U20), an Don, Wolga und Ural (U42). In den anderen Gebieten ist ihre Ausdehnung zu schmal und
kleinflächig, und sie werden deshalb gewöhnlich nur als charakteristische Begleitvegetation der
entsprechenden Hartholzauen angeführt.
Die danubischen Weichholzauen (U20), die im Donaudelta sowie in der Donautiefebene Rumäniens
und im Grenzbereich Bulgariens vorkommen und dort ausgedehnte Flächen bedecken, sind lianenreich
und in der Artengarnitur von eurasiatischen Arten feuchter bis sumpfiger Böden beherrscht. Klima-
tisch gehören sie zum (sub-)kontinentalen Bereich mit höherer Jahresmitteltemperatur und starken
Unterschieden zwischen den kühlsten und wärmsten Monaten.
Die pontisch-kaspischen Weichholzauen (U42), die die breiten südosteuropäischen Ströme begleiten,
gehören dem kontinentalen Klimabereich der Steppen und Wüsten mit sehr niedrigen Jahresnieder-
schlägen und sehr großen Temperaturunterschieden zwischen wärmstem und kältestem Monat (Juli
24-25 °C, Januar -10 bis -6 °C) an. Für diese Silberweiden- und Pappelauen ist nicht nur das Vor-
kommen von Hygrophyten und Telmatophyten in der Krautschicht, sondern auch das Auftreten von
Elaeagnus angustifolia-, Salix acutifolia- und Calligonum aphyllum-Gebüschen und von Salzvegetati-
on im Komplex typisch.

494
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U

U.3.2 Erlen-Eschenwälder (Fraxinus excelsior, Alnus glutinosa) und Erlen-Stieleichenwälder


(Quercus robur, Alnus glutinosa, Prunus padus) der kleinen Flußtäler und nassen
Niederungen im Komplex mit feuchten Eichen-Hainbuchenwäldern (Carpinus betulus,
Quercus robur) und Erlenbrüchen (Alnus glutinosa), z. T. Grauerlenwälder (Alnus
incana) und Bergahorn-Eschenwälder (Fraxinus excelsior, Acer pseudoplatanus) (U23-
U27)
Diese Gruppe relativ kleinflächiger komplexer Kartierungseinheiten mit Schwarzerlen-, Erlen-
Eschen-, Grauerlen- und Bergahorn-Eschenwäldern ist auf feuchten bis nassen Tal- und Niederungs-
standorten von der planaren Stufe bis in montane Lagen der Mittel- und Hochgebirge verbreitet. Sie
hat ihren Verbreitungsschwerpunkt in West- und Mitteleuropa. Die Waldgesellschaften sind im
allgemeinen sehr artenreich; ihre Artenzusammensetzung ist je nach geographischer und Höhenlage
recht unterschiedlich. Aufgrund der phytozönologischen und standörtlichen Unterschiede wurden
5 Kartierungseinheiten ausgeschieden. Das Vorherrschen von Erlen und Eschen in naturnahen
Waldbeständen kennzeichnet diese Gruppe von Kartierungseinheiten und unterscheidet sie von
denen der Weich- und Hartholzauen (vgl. Tab. 20). Eine wichtige Rolle spielt hier auch Prunus
padus, im Bergland ferner Acer pseudoplatanus, Ulmus glabra und Alnus incana.
In der Krautschicht herrschen Feuchte- und Frischezeiger vor, in Tieflagen, besonders im Kontakt
zu Erlenbrüchen, sind Sumpfpflanzen häufig. In subatlantisch getönten Gebieten Mittel- und
Westeuropas treten edellaubholzreiche Erlen- und Erlen-Eschenwälder im Verbund mit bodenfeuch-
ten Bergahorn-Eichen- und/oder Eichen-Hainbuchenwäldern (wegen ihrer floristischen Verwandt-
schaft wurden beide Einheiten unter dem Begriff Fraxino-Carpinion Tüxen 1936 zusammengefaßt)
sowie mit Erlenbruch- und -sumpfwäldern auf.
Erlen-Eschenwälder stocken auf Gleyböden. Die vorwiegend in montanen Lagen vorkommenden
Grauerlenauenwälder haben ihren Schwerpunkt auf chemisch schwach verwitterten, meist kiesigen
bis schotterigen Auenböden (Rambla, Paternia) auf Kalkstein, insbesondere in den Alpen und im
Alpenvorland.
Allen Einheiten sind weit verbreitete Feuchtezeiger gemeinsam (Angelica sylvestris, Caltha palu-
stris, Crepis paludosa, Deschampsia cespitosa, Filipendula ulmaria, Phalaris arundinacea u. a.).
Die differenzierenden Arten richten sich nach dem Wassergehalt, Substrat, der Höhenlage und
geographischen Verbreitung.
Für Feuchtstandorte des (sub-)atlantischen Europa (U23, U25, atlantischer Flügel von U24) ist das
Vorkommen von atlantisch-subatlantischen Arten typisch (Salix atrocinerea, Ilex aquifolium, Carex
strigosa, C. pendula, Chrysosplenium oppositifolium). Für die niederschlagsreichen, wintermilden
nordwesteuropäischen Inseln (U23) sind farnreiche Ausbildungen (Athyrium filix-femina, Dryopteris
affinis subsp. borreri, Pteridium aquilinum) kennzeichnend, für die südwestfranzösischen Eschen-
Erlen-Feuchtwälder (U25) ist die submediterran-mediterrane Esche Fraxinus angustifolia subsp.
angustifolia kennzeichnend.
In Mitteleuropa ist die Gruppe mit 3 Kartierungseinheiten vertreten: In den Tieflagen handelt es sich
um kraut- und artenreiche Erlen-Eschen- und Eschen-Ulmenwälder (U24), vielfach im Komplex mit
Stieleichen-Hainbuchenwäldern, sowie um Traubenkirschen-Eichen- und Traubenkirschen-Erlen-

495
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas

wälder mit Carex brizoides in relativ kühlen und nährstoffärmeren Gebieten Südböhmens, wo
Fraxinus excelsior fehlt (U26). Im Bergland und Alpenvorland handelt es sich um flußbegleitende
Schwarz- oder Grauerlenwälder (U27, vgl. Abb. 21) im Komplex mit Bergahorn-Eschenwäldern,
die meist reich an montanen Hochstauden sind und teils auch eine natürliche Fichtenbeimischung
aufweisen.

Abb. 21: Alpische Grauerlenwälder (U27). Profil durch das Brenta-Tal bei Grigno, Veneto (nach PEDROTTI &
GAFTA 1996, Fig. 26).
1. Alnetum incanae a) Golena (höchster Teil der Aue)
2. Salicetum albae b) bei Hochwasser überfluteter Bereich
3. Salicetum incano-purpureae c, d) kiesige Flußufer und Inseln
e) Flußbett bei Niedrigwasser

U.3.3 Vegetation der Flußmündungsgebiete (Ästuarien) und der eingedeichten und ausge-
süßten Marschen (Fraxinus excelsior, Quercus robur, Ulmus glabra) (U28)
Diese Vegetation ist nur durch eine einzige Kartierungseinheit repräsentiert (U28). Es handelt sich
um neu entstehende Vegetationstypen, die sich auf dem Meer abgerungenen Marschboden im
atlantischen und subatlantischen Bereich Europas von Westfrankreich über England und die
Friesischen Inseln bis Dänemark entwickeln können. Aktuelle Waldbestände fehlen fast ganz, klein-
flächig sind sie vor allem in den Niederlanden verbreitet. Sie werden entweder von Quercus robur
und Fraxinus excelsior oder Ulmus glabra und Fraxinus excelsior gebildet (Tab. 20). Die meisten
Flächen der Kartierungseinheit waren wahrscheinlich noch nie mit Wald bedeckt.

496
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U

Tab. 20: Floristische Gliederung der Erlen-Eschen-, Erlen-Stieleichen- und Grauerlenwälder sowie sonstiger
feuchter Niederungwälder (U.3.2 und U.3.3).

Nr. der Kartierungseinheit U23 U24 U25 U26 U27 U28


Lage in Europa NW W/Mi SW Mi Mi/m W

Baumschicht:
Alnus glutinosa d d d D (x) (x)
Quercus robur x x . x . x
Acer pseudoplatanus (x) x . . x x
Fraxinus excelsior d d . . (x) d
Ulmus glabra . x . . (x) x
Salix fragilis . (x) . (x) (x) .
Tilia cordata . (x) . x . .
Salix atrocinerea (x) x . . .
Picea abies (montan) . (x) . . x .
Alnus incana (montan) . (x) . . D .
Betula pubescens x . . . . .
Salix pentandra x . . . . .
Sorbus aucuparia x . . . . .
Fraxinus angustifolia ssp. angustifolia . . d . . .
Populus alba . . x . . .
Populus nigra . . x . . .
Salix alba . . x . . .
Salix caprea . . . . x .
Strauchschicht:
Corylus avellana x x . x x d
Prunus padus x x . d x .
Rubus fruticosus agg. d (x) . (x) (x) .
Viburnum opulus x x . (x) (x) .
Rubus caesius . x x x x .
Sambucus nigra . x . x (x) x
Salix purpurea x (x) . . d .
Euonymus europaea . x x . x .
Lonicera nigra . (x) . . x .
Sambucus racemosa . (x) . . x .
Ilex aquifolium x . . . . .
Ribes rubrum [R. spicatum] . x [x] . . . .
Salix myrsinifolia . . . . x .
Lianen:
Hedera helix x (x) . . . .
Lonicera periclymenum x (x) . . . .
Solanum dulcamara . x x . (x) .
Humulus lupulus . x . x (x) .
Cucubalus baccifer . . x . . .
Calystegia sepium . . x . . .
Tamus communis . . . . (x) .
Vitis vinifera subsp. sylvestris . . . . (x) .
Krautschicht:
Phalaris arundinacea x x (x) x x x
Urtica dioica x x x x x x
Deschampsia cespitosa x (x) . x x x
Filipendula ulmaria x x . (x) x x
Crepis paludosa x x . x x .
Carex pendula x (x) d . . .
Angelica sylvestris . x x x x .
Aegopodium podagraria . x d d x
Anthriscus sylvestris . x . x (x) x
Athyrium filix-femina x (x) . . x .
Oxalis acetosella x (x) . . x .
Carex remota d x . . (x) .
Lysimachia nemorum d (x) . . (x) .
Impatiens noli-tangere . x . x x .
Carex brizoides . x . d x .
Allium ursinum d d . . . .
Carex strigosa x x . . . .
Chrysosplenium oppositifolium x (x) . . . .
Equisetum telmateia x (x) . . . .
Chrysosplenium alternifolium . x . . x .

497
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas

Nr. der Kartierungseinheit U23 U24 U25 U26 U27 U28


Stellaria nemorum . x . . d .
Silene dioica . (x) . . x .
Ranunculus lanuginosus . x . . x .
Thalictrum aquilegiifolium . (x) . . x .
Chaerophyllum hirsutum (montan) . d . . d .
Petasites albus (montan) . (x) . . x .
Senecio ovatus (montan) . (x) . . x .
Dryopteris affinis subsp. borreri x . . . . .
Holcus mollis x . . . . .
Pteridium aquilinum x . . . . .
Prenanthes purpurea (montan) . . . . x .
Ranunculus platanifolius (montan) . . . . x .
Soldanella montana (montan) . . . . x .
Aconitum napellus subsp. hians (montan) . . . . x .
Anthriscus nitida (montan) . . . . x .
Carduus personata (montan) . . . . x .
Luzula sylvatica (montan) . . . . x .
Gagea spathacea . . . . . x
Valeriana repens . . . . . x

Erläuterungen:
D = dominant (montan) = mit vorwiegend montaner Verbreitung
d = kodominant m = montan-submontan
x = regelmäßig vorkommend (in Datenblatt enthalten) Mi = Mitte
(x) = örtlich vorkommend (nur in bestimmten Ausbildungen)

U.4 Mediterran-submediterrane feuchte Niederungs- und Auenwälder sowie -gebüsche


(Fraxinus angustifolia s. l., F. pallisae, Platanus orientalis, Phoenix theophrasti, Nerium
oleander, Tamarix spp.) (U29-U40)
In dieser Gruppe wurden mediterrane und submediterrane Auenwälder und -gebüsche sowie
grundwasserbeeinflußte Niederungswälder zusammengefaßt (vgl. Karte 20). Es handelt sich um
zwölf Kartierungseinheiten, von denen zehn Waldvegetation und zwei Auengebüsche repräsentie-
ren. Kennzeichnend für sie ist ein regelmäßiger Anteil an mediterranen, submediterranen (bzw.
zentralbalkanischen) Arten wie Aristolochia rotunda, Carpinus orientalis, Celtis australis, Cercis
siliquastrum, Cornus mas, Erica arborea, Fraxinus angustifolia, Laurus nobilis, Lithospermum
purpurocaeruleum, Nerium oleander, Phillyrea latifolia, Pistacia lentiscus, Platanus orientalis,
Quercus frainetto, Q. ilex, Q. pubescens, Smilax aspera, Viburnum lantana, Vitex agnus-castus u. a.
Neben diesen Arten sind Pflanzen hygrophiler Auenwälder und mesophiler Wälder häufig (Ulmus
minor, Populus alba, P. nigra, Alnus glutinosa, Brachypodium sylvaticum, Poa nemoralis, Primula
acaulis, Symphytum bulbosum u. a.). In manchen Kartierungseinheiten spielen auch Therophyten
bzw. Nässezeiger oder halophile Arten eine wichtige Rolle. Die letzte, von Palmen beherrschte
Kartierungseinheit (U40), die auf der Insel Kreta vorkommt, weicht in ihrer Artengarnitur und
Physiognomie von den übrigen Kartierungseinheiten deutlich ab (vgl. Tab. 21).
Ökologisch ist allen diesen Kartierungseinheiten sommerwarmes mediterranes Klima (Klimatyp IV
nach WALTER & LIETH 1967) mit langer sommerlicher Trockenzeit, milden Wintertemperaturen und
häufigen Niederschlägen im Herbst und Winter gemeinsam.

498
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U

Tab. 21: Floristische Gliederung der mediterran-submediterranen feuchten Niederungs- und Auenwälder sowie
-gebüsche (U.4).

Nr. der Kartierungseinheit U29 U30 U31 U32 U33 U34 U35 U36 U37 U38 U39 U40
Lage in Europa SW SW SW SW SSW S SSO SO SSO SO SO SO

Hartholzauen
Baumschicht:
Ulmus minor x x . (x) x x x x . (x) . .
Fraxinus angustifolia subsp. angustifolia D D . . D . . . . . . .
Quercus pyrenaica x . . . . . . . . . . .
Alnus glutinosa . x x . (x) . . (x) . (x) . .
Quercus canariensis . . D . . . . . . . . .
Fraxinus angustifolia s. l. . . . . . D x D . . . .
Quercus robur . . . . . D . (x) . . . .
Carpinus betulus . . . . . (x) . x . . . .
Acer campestre . . . . . x . x . . . .
Quercus frainetto . . . . . (x) . . . . . .
Quercus pubescens . . . . . . D . . . . .
Quercus pedunculiflora . . . . . . x x . . . .
Fraxinus pallisae . . . . . . . (x) . . . .
Quercus hartwissiana . . . . . . . (x) . . . .
Ulmus laevis . . . . . . . x . . . .
Platanus orientalis . . . . . . . . (x) D . .
Juglans regia . . . . . . . . . x . .
Phoenix theophrasti . . . . . . . . . . . D
Strauchschicht:
Tamarix gallica . (x) . . . . . . . (x) x .
Tamarix africana . x . . . . . . . . x .
Ruscus hypophyllum . . x . . . . . . . . .
Rhododendron ponticum subsp. baeticum . . x . . . . . . . . .
Salix pedicellata . . x . . . . . (x) x . .
Nerium oleander . . . D . . . . D d . .
Vitex agnus-castus . . . x . . . . x x x .
Tamarix canariensis . . . (x) . . . . . . . .
Ruscus aculeatus . . . x . x x . . . . .
Cornus mas . . . . . . x . . . . .
Phillyrea latifolia . . . . . . x . . . . .
Euonymus latifolia . . . . . . . x . . . .
Viburnum opulus . . . . . . . x . . . .
Tamarix hampeana . . . . . . . . x . D .
Salix gussonei . . . . . . . . x x . .
Spartium junceum . . . . . . . . x . . .
Calicotome infesta . . . . . . . . x . . .
Tamarix tetrandra . . . . . . . . x . . .
Ficus carica . . . . . . . . . (x) . .
Pyracantha coccinea . . . . . . . . . x . .
Tamarix parviflora . . . . . . . . . . x .
Tamarix dalmatica . . . . . . . . . . x .
Tamarix smyrnensis . . . . . . . . . . x .
Pistacia lentiscus . . . . . . . . . . . x
Lianen:
Clematis vitalba x . . . . x x x x x . .
Hedera helix x x . . . x . x x . . .
Vitis vinifera subsp. sylvestris x x . . . . . x x . . .
Rubus ulmifolius [R. sanctus] . x . x . x [x] . . [x] . .
Lonicera periclymenum subsp. hispanica x x x . . . . . . . . .
Tamus communis x x . . . . . x . . . .
Humulus lupulus x . . . . . . x . x . .
Bryonia dioica x x . . . . . . . . . .
Cynanchum acutum . x . . . . . x . . . .
Rubia tinctorum . x . . . . . . . . . .
Lonicera biflora . . . x . . . . . . . .
Cucubalus baccifer . . . . x . . x . . . .
Lonicera caprifolium . . . . . x . . . . . .
Periploca graeca . . . . . . . x . . x .
Smilax excelsa . . . . . . . x . . . .
Clematis viticella . . . . . . . x . . . .
Calystegia silvatica . . . . . . . x . . . .
Solanum dulcamara . . . . . . . x . . . .

499
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas

Nr. der Kartierungseinheit U29 U30 U31 U32 U33 U34 U35 U36 U37 U38 U39 U40
Calystegia sepium . . . . . . . . x . . .
Krautschicht:
Carex pendula . . . x x x . . . x . .
Iris foetidissima . x . . x x . . . . . .
Luzula forsteri . . x . . x x . . . . .
Arum italicum x . . . . . . . . x . .
Acanthus mollis x . . . . . . . . . . .
Vinca difformis . x . x . . . . . . . .
Lithospermum purpurocaeruleum . x . . . . x . . . . .
Arisarum proboscideum . . x . . . . . . . . .
Culcita macrocarpa . . x . . . . . . . . .
Woodwardia radicans . . x . . . . . . . . .
Psilotum nudum . . x . . . . . . . . .
Euphorbia amygdaloides . . . . x . . . . . . .
Symphytum tuberosum . . . . x . . . . . . .
Viola odorata . . . . x . . . . . . .
Carex remota . . . . . x . . . x . .
Aristolochia rotunda . . . . . x . . . . x .
Cyclamen repandum . . . . . x . . . . . .
Hypericum androsaemum . . . . . x . . . . . .
Pteridium aquilinum . . . . . x . . . . . .
Veronica montana . . . . . x . . . . . .
Crepis fraasii . . . . . . x . . . . .
Crepis reuteriana . . . . . . x . . . . .
Carex flacca subsp. serrulata . . . . . . x . . . . .
Primula acaulis . . . . . . x . . . . .
Ranunculus neapolitanus . . . . . . x . . . . .
Dorycnium rectum . . . . . . . . x . . .
Carex remota . . . . . . . . . x . .
Dracunculus vulgaris . . . . . . . . . x . .
Equisetum telmateia . . . . . . . . . x . .
Melissa officinalis . . . . . . . . . x . .
Satureja vulgaris . . . . . . . . . x . .
Althaea officinalis . . . . . . . . . . x .
Glycyrrhiza glabra . . . . . . . . . . x .
Juncus heldreichianus . . . . . . . . . . x x
Juncus maritimus . . . . . . . . . . x x
Festuca arundinacea . . . . . . . . . . . x
Scirpoides holoschoenus . . . . . . . . . . . x
Weichholzauen
Populus nigra D . . (x) x x . x . . . .
Populus alba . D . D D x . x . . . .
Salix viminalis x . x x . x x x . . . .
Salix triandra . . x x . x x x . . . .
Salix atrocinerea x x . . . . . . . . . .
Salix x rubens x x . . . . . . . . . .
Salix elaeagnos x . . . . . . . . . . .
Salix cantabrica x . . . . . . . . . . .
Salix salviifolia . x . . . . . . . . . .
Salix alba . . . . . . . D . (x) . .
Salix amplexicaulis . . . . . . . . x . . .

Erläuterungen:
D = dominant
d = kodominant
x = regelmäßig vorkommend (in Datenblatt enthalten)
(x) = örtlich vorkommend (nur in bestimmten Ausbildungen)

500
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U

Abb. 22: Tyrrhenische Eschen-Eichenwälder (U34). Profil durch das Mündungsgebiet von Arno und Serchio
westlich Pisa (nach PEDROTTI & GAFTA 1996, Fig. 51).
3. Fraxino-Quercetum roboris (U34) a) Dünen
8. Pinus pinea b) Schwemmland
9. Dünenvegetation (Ammophiletalia) (P11) c) verlandete Altarme
10. Hydrocotylo-Alnetum glutinosae (T2)

In den meisten Kartierungseinheiten dieser Gruppe kommen als kennzeichnende Elemente Ulmus
minor, Fraxinus angustifolia s. l. und Populus alba vor. Die südwesteuropäische Quercus pyrenaica
kennzeichnet zusammen mit Acanthus mollis die iberischen supramediterranen Niederungs- und
Auenwälder (U29) der relativ kühleren und niederschlagsarmen Lagen. Auch die westeuropäischen
Weidenarten Salix atrocinerea, S. x rubens und S. cantabrica kommen in dieser Kartierungseinheit
vor. Die ersten beiden haben sie mit den iberischen meso- bis thermomediterranen Auen (U30)
gemeinsam, die sogar z. T. Tamarix gallica und T. africana aufweisen. Die kleinflächig auftreten-
den, an Silikatsubstrate südöstlich von Cadiz gebundenen gaditanischen Niederungs- und Auenwäl-
der (U31) sind floristisch gut differenziert durch Quercus canariensis, Rhododendron ponticum
subsp. baeticum, Ruscus hypophyllum und stenotope Arten wie Culcita macrocarpa und Psilotum
nudum, ferner durch west(mittel)-mediterrane Arten wie Salix pedicellata, Woodwardia radicans,
Arisarum proboscideum u.a. Im niederschlagsarmen Gebiet von Murcia wurden Silberpappelauen
in Tälern periodisch fließender Flüsse (U32) kartiert, für die Nerium oleander, Vitex agnus-castus,
Vinca difformis, Lonicera biflora und Tamarix canariensis (auf salzhaltigen Böden) diagnostisch
wichtig sind. Für die südfranzösischen Weichholzauen des Rhônetales (U33) sind Pappelwälder mit
Iris foetidissima in Verbindung mit Fraxinus angustifolia subsp. angustifolia-Wäldern typisch. Die
Baumartengarnitur der tyrrhenischen Eschen-Eichenwälder (U34) weicht davon ziemlich ab (vgl.
Abb. 22 und Tab. 21). Quercus robur und Fraxinus angustifolia subsp. oxycarpa sind regelmäßig
vertreten, Quercus frainetto (südlich von Rom), Acer campestre und Carpinus betulus sind gebiets-
weise beigemischt. Das niederschlagsreiche Klima begünstigt das Vorkommen von Feuchtezeigern
wie Carex pendula und C. remota. Die albanisch-mazedonisch-griechischen submediterranen
wechselfeuchten Flaumeichenmischwälder (U35) mit Quercus pubescens, Q. pedunculiflora,
Phillyrea latifolia, Cornus mas und etlichen für diese Kartierungseinheit typischen Kräutern und
Seggen nehmen eine Mittelstellung zwischen den Gesellschaften des Platanion orientalis und denen
der Quercetalia pubescenti-petraeae ein. Die weitgefaßte und komplexe Kartierungseinheit der
mazedonisch-thrazischen Hart- und Weichholzauen (U36) enthält als besondere Baumarten Fraxi-
nus pallisae und Quercus hartwissiana sowie weitere südosteuropäische Elemente, insbesondere die

501
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas

Lianen Periploca graeca, Smilax excelsa und Clematis viticella. Die ostmediterranen Platanen-Auen
(U38) sind durch mediterrane Arten wie Platanus orientalis mit beigemischtem Juglans regia in der
Baumschicht, Nerium oleander, Pyracantha coccinea und Ficus carica in der Strauchschicht sowie
Dracunculus vulgaris in der Krautschicht gekennzeichnet. Eine Besonderheit sind die kretischen
Dattelpalmen-Auen (U40) mit dem Tertiärrelikt Phoenix theophrasti in der Baumschicht, Pistacia
lentiscus und anderen Macchiaarten in der Strauchschicht und vorherrschenden Binsen (Juncus
heldreichianus, J. maritimus, Scirpoides holoschoenus) in der Krautschicht.
Mediterrane Auen-Gebüsche sind durch 2 Kartierungseinheiten repräsentiert: Mittel- und ostmedi-
terrane Oleander-Gebüsche (U37) mit dominierendem Nerium oleander und beigemischten Vitex
agnus-castus und Tamarix tetrandra (auf Sizilien auch Salix pedicellata und S. gussonei zusammen
mit Platanus orientalis, vgl. Abb. 23) sind von Süditalien bis Griechenland verbreitet. In den
ostmediterranen Tamarisken-Brackwassergebüschen (U39) sind mehrere Tamarix-Arten (T. ham-
peana, T. parviflora, T. dalmatica, T. smyrnensis, T. africana) sowie Binsen tonangebend.

Abb. 23: Mediterrane Platanen-Auenwälder (U37). Talprofile aus Sizilien: links Cassibile-Tal, rechts
Alcantara-Tal (Silikatgestein) (nach PEDROTTI & GAFTA 1996, Fig. 134, 135).
a) Flußbett bei Niedrigwasser, b) Auen und Unterhänge
Links: 1. Salici pedicellatae-Platanetum orientalis
2. Quercion ilicis
3. Oleo-Ceratonion
Rechts: 1. Salici gussonei-Platanetum orientalis (auf Silikat)

U.5 Kontinentale Weichholzauen (Populus nigra, P. alba, Salix alba) und Tamarisken-
Auengebüsche (Tamarix ramosissima) (U41, U42)
Diese Gruppe enthält zwei Kartierungseinheiten (U41, U42), für die arides kontinentales Klima mit
einer langandauernden sommerlichen Dürrezeit und kaltem, trockenem Winter typisch ist.
Kennzeichnend sind mehr oder weniger halophile Tamarix ramosissima- und/oder Elaeagnus
angustifolia-Trockengebüsche im Komplex mit Weichholzauen und z. T. Röhrichten. In der Einheit
U41 herrschen halophile Tamarix ramosissima-Auengebüsche vor. In der Krautschicht sind Gräser
(Calamagrostis epigejos, Elymus repens, Hierochloe odorata u. a.), Seggen (Carex melanostachya,
C. praecox) und Artemisia-Arten (A. absinthium, A. santonicum, A. scoparia) bedeutsam.

502
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U

In den Auen der südrussischen Ströme (U42) mit lang andauernden Überflutungen im Mai/Juni
spielen Weichholzauenwälder und Röhrichte die Hauptrolle. Trockengebüsche aus Tamarix ramo-
sissima, Elaeagnus angustifolia, Salix acutifolia und z. T. Calligonum aphyllum sind auf höher
gelegene, nur sporadisch überflutete und teils salzbeeinflußte Flächen beschränkt.

Literatur
ELLENBERG 1996; GÉHU 1980 [1984]; GERKEN & SCHWARZ 1988; GOLUB & KUZMINA 1997;
GRIBOVA, ISA„ENKO & LAVRENKO (Red.) 1980; HÜGIN 1980 [1984]; MATUSZKIEWICZ W. &
BOROWIK 1957; MAYER 1984; MICHALKO, MAGIC, BERTA, RYBN̈́EK & RYBN̈́KOVÁ 1986 [1987];
MOOR 1958; NACHUCRIŠVILI 1999; NEUHÄUSLOVÁ 2000; NEUHÄUSLOVÁ-NOVOTNÁ 1982; NOIRFA-
LISE 1984; OBERDORFER 1953, 1992 (Hrsg.); OBERDORFER et al. 1967; PEDROTTI & GAFTA 1996;
SOÓ 1964a; WAGNER 1989; WESTHOFF & DEN HELD 1969.

503
5.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

5 Übersichten und Register


5.1 Zur Taxonomie und Nomenklatur der Pflanzensippen
Thomas Raus

Die Karte der natürlichen Vegetation Europas gibt Auskunft über die klimazonale und azonale
Vegetationsvielfalt des gesamten Kontinents. Die rund 700 Kartierungseinheiten reichen von den
Polarwüsten und Tundren Nordeuropas über die borealen, nemoralen und mediterranen Waldgebiete
bis zu den pontisch-pannonischen Steppen sowie kaspischen und transkaukasischen Wüsten. Hinzu
kommen die arktisch-alpine und die oromediterrane Hochgebirgsvegetation sowie die Vegetation
der salz-, flugsand- oder wasserbestimmten Sonderstandorte (Küsten, Marschen, Auen, Röhrichte,
Moore etc.). Entsprechend umfangreich ist das Sortiment an Pflanzensippen, das zur Definition,
Charakterisierung und Differenzierung der Formationen und ihrer Untereinheiten herangezogen
werden mußte.
Insgesamt waren über 100 Wissenschaftler aus 31 europäischen Ländern an der Erarbeitung der
Karte und der zugehörigen Legende beteiligt. Das bedeutet über 100 individuelle wissenschaftliche
Quellen und Qualitäten verschiedener wissenschaftsgeschichtlicher Perioden des 20. Jahrhunderts
aus über dreißig nationalen bzw. regionalen floristischen und taxonomisch-nomenklatorischen
Traditionen! So kamen rund 6 800 Sippennamen – von der Gattung bis zur Varietät – zusammen.
Ein Abgleich der unterschiedlichen Sippenauffassungen und -abgrenzungen sowie divergierender
Nomenklaturen war unbedingt notwendig, dabei sollten aber die Originalbearbeitungen der Einzel-
autoren so weit wie möglich gewahrt bleiben. Entscheidungen zwischen konkurrierenden Taxono-
mien wurden so vorgenommen, daß möglichst wenige Textstellen nomenklatorisch geändert werden
mußten. So ist die Gattungsabgrenzung bei einem Teil der zu entscheidenden Fälle zu Gunsten einer
„Großgattung“, bei anderen für mehrere kleinere Gattungen zu treffen gewesen, in jedem Fall aber
so, daß die durch die Mehrheit der Autoren vorgegebene Lösung konsequent im Gesamtwerk
durchgehalten wurde.
Dieses läßt sich am besten mit einigen Beispielen illustrieren: Die meisten Autoren verfolgten das
Konzept einer „großen“ Gattung Prunus (mit mehreren Sektionen), wenige gaben der Erhebung der
Sektionen Amygdalus, Cerasus, Laurocerasus und Padus in den Gattungsrang den Vorzug. Im
Einklang mit der „Flora Europaea“ und neueren Artenlisten (z. B. der deutschen „Standardliste“)
wurde bei dieser Ausgangssituation auch für das Gesamtwerk der Europakarte der erstgenannten
Option (Prunus s. l.) gefolgt. Ebenso wurde im Fall der Gattung Aster verfahren: In Überein-
stimmung mit den meisten Einzelautoren und führenden europäischen Florenwerken wurden die von
einigen Bearbeitern benutzten Gattungsnamen Crinitaria, Galatella, Kemulariella und Tripolium in
die Synonymie von Aster gestellt. Umgekehrt wurde im Fall der Segregate von Scirpus s. l. verfah-
ren: die Mehrzahl der Autoren akzeptierte die Gattungen Bolboschoenus, Schoenoplectus, Scirpoi-
des, Scirpus s.str., Trichophorum etc.; der gegenteilige Ansatz der „Flora Europaea“ blieb daher für
die Europakarte unberücksichtigt. Bemerkenswert schnell hat sich auch die Aufteilung von Polygo-
num s. l. in Bistorta, Persicaria und Polygonum s.str. durchgesetzt. Sie wird von allen neueren

504
Karte der natürlichen Vegetation Europas 5.1

europäischen Florenwerken („Flora Hellenica“, „Flora Iberica“, „Flora Nordica“ etc.) und Mitarbei-
tern der Europakarte vertreten und somit auch für das vorliegende Werk übernommen. Ausdrücklich
sei darauf hingewiesen, daß Legende und Erläuterungsband der Europakarte keine taxonomische
Primärliteratur darstellen. Prinzipiell wird daher hier von Neukombinationen Abstand genommen,
auch wenn rein formale Gründe sie punktuell (z. B. unter Elymus und Prunus) erforderten.
Ein arbeitsreicher Prozeß war die Klärung ungültiger (invalider) sowie zunächst nicht identifizier-
barer Sippennamen, die sich in nicht wenigen Originalbearbeitungen fanden und gültigen Namen
beschriebener Taxa zugeordnet werden mußten. Ein Teil dieser Namen beruhte auf der Unsitte der
pflanzensoziologischen Tabellenliteratur, trinäre Namen infraspezifischer Taxa und ihre Rangstu-
fenbezeichnung aus Platzgründen „abzukürzen“ und – völlig inkorrekt und irreführend – in schein-
bare binäre Artnamen, zum Teil gar in Homonyme gültig beschriebener Taxa zu „verwandeln“. So
ist das „Cerastium minus“ Siziliens eine solche „Teleskopabkürzung“ und bezeichnet eine Form von
Cerastium tomentosum (= C. tomentosum var. minus C. Presl) und nicht etwa das Cerastium minus
Schur der Karpaten (ein Synonym von Cerastium holosteoides Fr.)! Ein weiterer Teil solcher Phan-
tasienamen beruhte auf simplen Schreib- oder Übertragungsfehlern (z. B. „Ranunculus vulgaris“
statt Dracunculus vulgaris etc.).
Folgende wesentlichen zeitgenössischen Basiswerke wurden zur Absicherung der nomenklatori-
schen und sippentaxonomischen Konsistenz des Gesamtwerkes der Europakarte zu Grunde gelegt:
„Flora Europaea“ (TUTIN et al. 1968-1993), „Med-Checklist” (GREUTER et al. 1984-1989), „Vascu-
lar Plants of Russia” (CZEREPANOV 1995), „Flora Vascular de Andalucía Occidental“ (VALDÉS et
al. 1987), „Flora Iberica“ (CASTROVIEJO et al. 1986-2001), „Flora d’Italia” (PIGNATTI 1982), „Flore
de France“ (GUINOCHET et al. 1973-1984), „New Flora of the British Isles” (STACE 1997), „Flora
Nordica“ (JONSELL et al. 2000/2001), „Standardliste der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands“
(WISSKIRCHEN & HAEUPLER 1998), „Exkursionsflora von Österreich“ (ADLER et al. 1994), „Kv.te-
na „eské Republiky“ (HEJNÝ & SLAVNÍK 1988-2000), „Magyar Flóra“ (SOÓ 1964-1980), „Flore R.
P. Romîne“ (S{VULESCU 1952-1976), „Opredelitel na bissite rastenija v B|lgarija“ (ANDREEV et al.
1992), „Flora Hellenica“ (STRID & TAN 1997), „Flora of Cyprus (MEIKLE 1977-1985) sowie ältere
Florenwerke und spezielle Monographien zur Aufklärung heute ungebräuchlicher Synonyme. Für
die taxonomische Klärung (trans)kaukasischer Taxa gaben die „Flora of Turkey” (DAVIS et al. 1965-
1988), die „Flora Iranica“ (RECHINGER et al. 1963-2001) und die „Flora Palaestina“ (ZOHARY &
FEINBRUN-DOTHAN 1966-1986) wertvolle Handreichungen.
Taxonomie und Nomenklatur der Flechten und Moose richten sich im Wesentlichen nach den vom
Bundesamt für Naturschutz herausgegebenen Referenzlisten (KOPERSKI et al. 2000, SCHOLZ 2000),
auch hier im Bedarfsfall modifiziert (Cladina nach AHTI 1984) bzw. ergänzt durch Kataloge und
Regionalfloren anderer europäischer Länder. Unter Benutzung der Bibliothek des Botanischen
Gartens und Botanischen Museums Berlin-Dahlem, der größten systematisch-botanischen Fach-
bibliothek des deutschsprachigen Raumes, konnten mit Ausnahme eines halben Dutzend alle stritti-
gen Fälle einer taxonomisch-nomenklatorischen Lösung zugeführt werden. Die Autorennamen und
-abkürzungen der Sippennamen wurden nach BRUMMITT & POWELL 1992 standardisiert.

505
5.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Die folgende Liste gibt einen Überblick über die von der Autorengemeinschaft der Europakarte
kumulierte „Philosophie“ der Gattungsabgrenzungen der Pflanzensippen (incl. Kryptogamen). Zum
Abgleich konkurrierender Sippennamen punktuell erforderliche Überführungen von Sippen in eine
andere Gattung beruhen im Wesentlichen auf der Korrektur historischer, aus der älteren vegetations-
kundlichen Literatur Europas stammenden Gattungsauffassungen durch neuere taxonomische For-
schungen, wie sie sich in den zeitgenössischen europäischen Florenwerken als Grundlagendaten für
die Vegetationswissenschaften darstellen. Fallweise waren Teile „klassischer“ Gattungen abzutren-
nen bzw. in andere Gattungen zu überführen, um im Gesamtwerk der Europakarte je einen akzep-
tierten Namen für je eine Sippe zu gewährleisten. Ein integrierter Index aller akzeptierten Sippen-
namen und deren Synonyme findet sich in der elektronischen Fassung des Gesamtwerks.

Tab. 22: Liste der zur Vereinheitlichung historischer oder konkurrierender rezenter botanischer Nomenklaturen
Europas erforderlichen Gattungswechsel von Sippen. Akzeptierte Namen fett; p.p. = pro parte (Gattung
nur partiell segregiert oder in eine andere Gattung überführt).

Achnatherum p.p. ÷ Stipa Asyneuma p.p. ÷ Campanula


Achnatherum ² Calamagrostis p.p.; Lasiagrostis; Athyrium p.p. ÷ Diplazium
Stipa p.p. Atragene ÷ Clematis
Achyrophorus ÷ Hypochaeris Atrichum ² Catharinea
Acinos ² Calamintha p.p.; Satureja p.p. Atriplex ² Halimione
Acorellus ÷ Cyperus Avena p.p. ÷ Helictotrichon;
Aethionema ² Eunomia Pseudarrhenatherum
Agropyron p.p. ÷ Elymus Avenastrum ÷ Helictotrichon
Allium p.p. ÷ Nectaroscordum Avenella ÷ Deschampsia
Alnus ² Duschekia Avenochloa ÷ Helictotrichon
Alsine ÷ Minuartia Avenula ÷ Helictotrichon
Alyssum ² Meniocus Azalea ÷ Rhododendron
Ammocalamagrostis ÷ Calammophila Baldellia ² Echinodorus
Amygdalus ÷ Prunus Barbilophozia ² Lophozia p.p.
Anastrophyllum ² Sphenolobus Bellardiochloa ² Poa p.p.
Anemonastrum ÷ Anemone Bellemerea ² Lecanora p.p.
Anemone ² Anemonastrum; Anemonoides Bergenia ² Saxifraga p.p.
Anemone p.p. ÷ Hepatica Betonica ÷ Stachys
Anemonoides ÷ Anemone Bistorta ² Persicaria p.p.; Polygonum p.p.
Angelica ² Xanthogalum Bituminaria ² Psoralea
Anteriorchis ÷ Orchis Bolboschoenus ² Scirpus p.p.
Anthericum p.p. ÷ Simethis Bonjeania ÷ Dorycnium
Anthriscus ² Chaerophyllum p.p. Bothriochloa ² Dichanthium
Arctoparmelia ² Parmelia p.p. Brachypodium ² Trachynia
Arctostaphylos ² Arctous Brodoa ² Hypogymnia p.p.
Arctous ÷ Arctostaphylos Bromopsis ÷ Bromus
Arenaria ² Minuartia p.p. Bromus ² Bromopsis
Argusia ² Tournefortia Bryocaulon ² Coelocaulon; Cornicularia p.p.
Arischrada ÷ Salvia Buglossoides ÷ Lithospermum
Aristella ÷ Stipa Cachrys ÷ Prangos
Aristida ÷ Stipagrostis Calamagrostis p.p. ÷ Achnatherum
Armeria ² Limonium p.p.; Statice p.p. Calamintha p.p. ÷ Acinos; Clinopodium
Arthrocnemum p.p. ÷ Sarcocornia Calamintha ² Satureja p.p.
Asperula ² Galium p.p. Calammophila ² Ammocalamagrostis
Asperula p.p. ÷ Galium Calystegia ² Convolvulus p.p.
Aspicilia ² Lecanora p.p. Campanula ² Asyneuma p.p.; Symphyandra
Aspidium ÷ Polystichum Camptothecium ÷ Homalothecium
Asplenium ² Phyllitis Campylium ² Chrysohypnum
Aster ² Crinitaria; Galatella; Kemulariella; Cardamine ² Dentaria
Tripolium Carpobrotus ² Mesembryanthemum p.p.
Astracantha ÷ Astragalus Cassandra ÷ Chamaedaphne
Astragalus ² Astracantha Cassiope ² Harrimanella
Astrocarpa ÷ Sesamoides Catharinea ÷ Atrichum

506
Karte der natürlichen Vegetation Europas 5.1

Celastrus ÷ Maytenus Diplazium ² Athyrium p.p.


Centaurea ² Cheirolophus, Tomanthea Distichoselinum ² Elaeoselinum p.p.
Cephalorrhynchus ² Mulgedium p.p.; Dittrichia ² Inula p.p.
Mycelis p.p. Dorycnium ² Bonjeania
Cerasus ÷ Prunus Drepanocladus p.p. ÷ Loeskypnum; Sanionia;
Ceratocapnos ² Corydalis p.p. Warnstorfia
Cetraria ² Cornicularia p.p. Drepanocladus ² Scorpidium p.p.
Cetraria p.p. ÷ Cetrariella; Platismatia Dryopteris p.p. ÷ Gymnocarpium
Cetrariella ² Cetraria p.p. Duschekia ÷ Alnus
Chaerophyllum p.p. ÷ Anthriscus Echinodorus ÷ Baldellia
Chamaecytisus ² Cytisus p.p. Echinospartum ² Genista p.p.
Chamaedaphne ² Cassandra Elaeoselinum p.p. ÷ Distichoselinum
Chamaenerion ÷ Epilobium Eleutherospermum ² Ligusticum p.p.
Chamaepericlymenum ÷ Cornus Elymus p.p. ÷ Leymus
Chamaespartium ² Cytisus p.p.; Genista p.p.; Elymus ² Agropyron p.p.; Elytrigia; Roegneria
Genistella p.p. Elyna ÷ Kobresia
Chamaespartium p.p. ÷ Genista Elytrigia ÷ Elymus
Chamomilla ÷ Matricaria Endymion ÷ Hyacinthoides
Chandonanthus ÷ Tetralophozia Entodon p.p. ÷ Pleurozium
Cheirolophus ÷ Centaurea Entosthodon ² Obtusifolium
Chelidonium p.p. ÷ Glaucium Epilobium ² Chamaenerion
Chrysanthemum p.p. ÷ Leucanthemum; Eragrostis p.p. ÷ Diandrochloa
Tanacetum Erigeron p.p. ÷ Conyza
Chrysohypnum ÷ Campylium Eunomia ÷ Aethionema
Cicerbita ² Lactuca p.p.; Mulgedium p.p. Euphorbia ² Chamaesyce
Cirsium p.p. ÷ Ptilostemon Eurhynchium p.p. ÷ Scorpiurium
Cladina ² Cladonia p.p. Ficaria ÷ Ranunculus
Cladonia p.p. ÷ Cladina Filago ² Logfia
Cleistogenes ² Diplachne Frangula ² Rhamnus p.p.
Clematis ² Atragene Gaillonia ÷ Neogaillonia
Climacoptera ² Salsola p.p. Galatella ÷ Aster
Cnidium ² Selinum p.p. Galeobdolon ÷ Lamium
Coelocaulon ÷ Bryocaulon Galilea ÷ Cyperus
Colpodium p.p. ÷ Paracolpodium Galium ² Asperula p.p.
Comarum ÷ Potentilla Genista ² Chamaespartium p.p.; Cytisanthus;
Conopodium p.p. ÷ Geocaryum Cytisus p.p.; Genistella p.p.; Teline
Convolvulus p.p. ÷ Calystegia Genista p.p. ÷ Cytisus; Chamaespartium; Echi-
Conyza ² Erigeron p.p. nospartum
Coridothymus ² Thymus p.p. Genistella ÷ Chamaespartium; Genista
Cornicularia p.p. ÷ Bryocaulon; Cetraria Gentiana p.p. ÷ Gentianella
Cornus ² Swida Gentianella ² Gentiana p.p.
Cornus ² Chamaepericlymenum Geocaryum ² Conopodium p.p.; Huetia
Coronilla p.p. ÷ Hippocrepis; Securigera Geum ² Novosieversia; Sieversia; Woronowia
Corydalis p.p. ÷ Ceratocapnos Glaucium ² Chelidonium p.p.
Crinitaria ÷ Aster Gnaphalium ² Omalotheca
Crypsis ² Heleochloa Grimaldia ÷ Mannia
Cynanchum p.p. ÷ Vincetoxicum Grimmia p.p. ÷ Schistidium
Cynoglossum p.p. ÷ Rindera Gymnocarpium ² Dryopteris p.p.
Cyperus ² Acorellus; Galilea; Juncellus Gynandriris ² Iris p.p.
Cytisanthus ÷ Genista Gyrophora ÷ Umbilicaria
Cytisophyllum ² Cytisus p.p. Haematomma p.p. ÷ Ophioparma
Cytisus p.p. ÷ Chamaecytisus; Chamaesparti- Halimione ÷ Atriplex
um; Cytisophyllum; Genista Halimium ² Helianthemum p.p.
Cytisus ² Genista p.p.; Lembotropis; Harrimanella ÷ Cassiope
Sarothamnus Heleochloa ÷ Crypsis
Dactylorhiza ² Orchis p.p. Helianthemum p.p. ÷ Halimium
Danaa ÷ Physospermum Helictotrichon ² Avena p.p.; Avenastrum; Aveno-
Danthonia ² Sieglingia chloa; Avenula
Dentaria ÷ Cardamine Hepatica ² Anemone p.p.
Deschampsia ² Avenella; Lerchenfeldia Hieracium ² Pilosella
Diandrochloa ² Eragrostis p.p. Hippocrepis ² Coronilla p.p.
Dichanthium ÷ Bothriochloa Homalothecium p.p. ÷ Tomentypnum
Diphasiastrum ² Diphasium; Lycopodium p.p. Homalothecium ² Camptothecium
Diphasium ÷ Diphasiastrum Huetia ÷ Geocaryum
Diplachne ÷ Cleistogenes Huperzia ² Lycopodium p.p.

507
5.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Hutchinsia ÷ Pritzelago Minuartia p.p. ÷ Arenaria


Hyacinthella ² Scilla p.p. Minuartia ² Alsine
Hyacinthoides ² Endymion Mnium p.p. ÷ Plagiomnium; Rhizomnium
Hypochaeris ² Achyrophorus; Robertia Moneses ² Pyrola p.p.
Hypogymnia p.p. ÷ Brodoa Monotropa ² Hypopitys
Hypopitys ÷ Monotropa Mulgedium p.p. ÷ Cephalorrhynchus; Cicerbita;
Inula p.p. ÷ Dittrichia; Limbarda Lactuca
Iris p.p. ÷ Gynandriris Murbeckiella ² Phryne
Iris ² Juno Muscari ² Leopoldia
Isopterygium ÷ Pseudotaxiphyllum Mycelis p.p. ÷ Cephalorrhynchus; Lactuca
Juncellus ÷ Cyperus Mycelis ² Lactuca p.p.
Juno ÷ Iris Myosoton ² Stellaria p.p.
Kemulariella ÷ Aster Nardosmia ÷ Petasites
Kobresia ² Elyna Naumburgia ÷ Lysimachia
Kurzia ² Lepidozia p.p. Nectaroscordum ² Allium p.p.
Lactuca p.p. ÷ Cicerbita; Mycelis Neofuscelia ÷ Parmelia
Lactuca ² Mulgedium p.p.; Mycelis p.p. Neogaillonia ² Gaillonia
Lamiastrum ÷ Lamium Neuropogon ÷ Usnea
Lamium ² Galeobdolon; Lamiastrum Nostoc ² Stratonostoc
Lasallia ² Umbilicaria p.p. Novosieversia ÷ Geum
Lasiagrostis ÷ Achnatherum Oberna ÷ Silene
Lastrea ÷ Phegopteris Obtusifolium ÷ Entosthodon
Lathyrus ² Orobus Omalotheca ÷ Gnaphalium
Laurocerasus ÷ Prunus Ophioparma ² Haematomma p.p.
Lecanora p.p. ÷ Aspicilia; Bellemerea; Proto- Orchis p.p. ÷ Dactylorhiza
parmelia Orchis ² Anteriorchis
Lecidea p.p. ÷ Lecidella; Porpidia Oreochloa ² Sesleria p.p.
Lecidella ² Lecidea p.p. Oreopteris ² Polystichum p.p.; Thelypteris p.p.
Lejeunea p.p. ÷ Microlejeunea Orobus ÷ Lathyrus
Lembotropis ÷ Cytisus Orthilia ² Pyrola p.p.; Ramischia
Leopoldia ÷ Muscari Oryzopsis ÷ Piptatherum
Lepidotis ÷ Lycopodiella Osmanthus ² Phillyrea p.p.
Lepidozia p.p. ÷ Kurzia Oxycoccus ÷ Vaccinium
Leptoplax ÷ Peltaria Padus ÷ Prunus
Lerchenfeldia ÷ Deschampsia Pancicia ÷ Pimpinella
Lescurea p.p. ÷ Pseudoleskia Paracolpodium ² Colpodium
Leskeella ÷ Pseudoleskeella Parmelia p.p. ÷ Arctoparmelia
Leucanthemella ² Chrysanthemum p.p. Parmelia ² Neofuscelia p.p.; Xanthoparmelia p.p.
Leucanthemum ² Chrysanthemum p.p. Peltaria ² Leptoplax
Leymus ² Elymus p.p. Peplis ² Lythrum p.p.
Libanotis ÷ Seseli Persicaria ² Polygonum p.p.
Ligusticum p.p. ÷ Eleutherospermum Persicaria p.p. ÷ Bistorta
Limbarda ² Inula p.p. Pertusaria p.p. ÷ Megaspora
Limonium ² Statice p.p. Petasites ² Nardosmia
Limonium p.p. ÷ Armeria Phegopteris ² Lastrea; Thelypteris p.p.
Lithospermum ² Buglossoides Phillyrea p.p. ÷ Osmanthus
Loeskypnum ² Drepanocladus p.p. Phryne ÷ Murbeckiella
Logfia ÷ Filago Phyllitis ÷ Asplenium
Lophozia p.p. ÷ Barbilophozia Physospermum ² Danaa
Lotus p.p. ÷ Tripodion Pimpinella ² Pancicia; Scaligeria p.p.
Lychnis ÷ Silene Piptatherum ² Oryzopsis
Lycopodiella ² Lepidotis Placolecanora ÷ Rhizoplaca
Lycopodium p.p. ÷ Diphasiastrum; Huperzia Plagiomnium ² Mnium p.p.
Lysimachia ² Naumburgia Platismatia ² Cetraria p.p.
Lythrum p.p. ÷ Peplis Pleurozium ² Entodon p.p.
Madotheca ÷ Porella Poa p.p. ÷ Bellardiochloa
Malaxis ² Microstylis Podospermum ÷ Scorzonera
Mannia ² Grimaldia Polygonum p.p. ÷ Bistorta; Persicaria
Matricaria p.p. ÷ Tripleurospermum Polystichum p.p. ÷ Oreopteris
Maytenus ² Celastrus Polystichum ² Aspidium
Megaspora ² Pertusaria p.p. Porella ² Madotheca
Meniocus ÷ Alyssum Porpidia ² Lecidea p.p.
Mesembryanthemum p.p. ÷ Carpobrotus Potentilla ² Comarum
Microlejeunea ² Lejeunea p.p. Prangos ² Cachrys
Micromeria ² Satureja p.p. Pritzelago ² Hutchinsia

508
Karte der natürlichen Vegetation Europas 5.1

Protoparmelia ² Lecanora p.p. Selinum p.p. ÷ Cnidium


Prunus ² Amygdalus; Cerasus; Laurocerasus; Senecio p.p. ÷ Tephroseris
Padus Sesamoides ² Astrocarpa
Pseudocalliergon ÷ Scorpidium Seseli ² Libanotis
Pseudoleskeella ² Leskeella Sesleria p.p. ÷ Oreochloa
Pseudoleskia ² Lescuraea p.p. Sieglingia ÷ Danthonia
Pseudolysimachion ÷ Veronica Sieversia ÷ Geum
Pseudoscleropodium ÷ Scleropodium Silene ² Lychnis; Melandrium; Oberna; Viscaria
Pseudotaxiphyllum ² Isopterygium Simethis ² Anthericum p.p.
Psoralea ÷ Bituminaria Sphenolobus ÷ Anastrophyllum
Pterocephalus p.p. ÷ Pycnocomon Stachys ² Betonica
Ptilostemon ² Cirsium p.p. Statice p.p. ÷ Armeria; Limonium
Pycnocomon ² Pterocephalus Stellaria p.p. ÷ Myosoton
Pyrethrum p.p. ÷ Tanacetum Stipa p.p. ÷ Achnatherum
Pyrola p.p. ÷ Moneses; Orthilia Stipa ² Achnatherum p.p.; Aristella
Ramischia ÷ Orthilia Stipagrostis ² Aristida
Ranunculus ² Ficaria Stratonostoc ÷ Nostoc
Rhamnus p.p. ÷ Frangula Swida ÷ Cornus
Rhizomnium ² Mnium p.p. Symphyandra ÷ Campanula
Rhizoplaca ² Placolecanora Syntrichia ÷ Tortula
Rhodax ÷ Helianthemum Tanacetum ² Chrysanthemum p.p.; Pyrethrum p.p.
Rhododendron ² Azalea Teline ÷ Genista
Ribes ² Grossularia Tephroseris ² Senecio p.p.
Rindera ² Cynoglossum p.p. Tetralophozia ² Chandonanthus
Robertia ÷ Hypochaeris Thamnium ÷ Thamnobryum
Roegneria ÷ Elymus Thamnobryum ² Thamnium
Salicornia p.p. ÷ Sarcocornia Thelypteris p.p. ÷ Oreopteris; Phegopteris
Salsola p.p. ÷ Climacoptera Thymus p.p. ÷ Coridothymus
Salvia ² Arischrada Tomanthea ÷ Centaurea
Sanguisorba ² Poterium Tomentypnum ² Homalothecium p.p.
Sanionia ² Drepanocladus p.p. Tortula ² Syntrichia
Sarcocornia ² Arthrocnemum p.p.; Salicornia p.p. Tournefortia ÷ Argusia
Sarothamnus ÷ Cytisus Tragacantha ÷ Astragalus
Satureja p.p. ÷ Acinos; Calamintha; Clinopodi- Trichophorum ² Scirpus
um; Micromeria Tripleurospermum ² Matricaria
Saxifraga p.p. ÷ Bergenia Tripodion ² Lotus
Scaligeria p.p. ÷ Pimpinella Tripolium ÷ Aster
Schistidium ² Grimmia p.p. Umbilicaria ² Gyrophora
Schoenoplectus ² Scirpus p.p. Umbilicaria p.p. ÷ Lasallia
Scilla p.p. ÷ Hyacinthella Usnea ² Neuropogon
Scirpoides ² Scirpus p.p. Vaccinium ² Oxycoccus
Scirpus p.p. ÷ Bolboschoenus; Schoenoplec- Veronica ² Pseudolysimachion
tus; Scirpoides; Trichophorum Vincetoxicum ² Cynanchum p.p.
Scleropodium ² Pseudoscleropodium Viscaria ÷ Silene
Scorpidium p.p. ÷ Drepanocladus Warnstorfia ² Drepanocladus p.p.
Scorpidium ² Pseudocalliergon Woronowia ÷ Geum
Scorpiurium ² Eurhynchium p.p. Xanthogalum ÷ Angelica
Scorzonera ² Podospermum Xanthoparmelia p.p. ÷ Parmelia
Securigera ² Coronilla p.p.

509
5.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas

5.2 Übersicht zur physisch-geographischen Gliederung Europas


Jerzy Kondracki, mit Beiträgen von Udo Bohn & Gisbert Wehner
(nach J. KONDRACKI 1996, J. KONDRACKI & J. OSTROWSKI 1997, ergänzt und z. T. verändert)

(Erläuterungen s. Kapitel 2; Lage s. Karte 1)

Nordeuropa (ca. 1,5 Mio km²)


1 FENNOSKANDIEN, ISLAND, ARKTISCHE INSELN
11 Island 15 Finnisch-Karelische Masse
111 Vatnajökull Finnisch-Karelische Seenplatte
12 Insel Jan Mayen 16 Halbinsel Kola
13 Färöer Inseln 17 Svalbard (Spitzbergen) und Bäreninsel
14 Skandinavische Halbinsel mit Küsten- 18 Franz-Josef-Land
inseln 19 Nowaja Semlja
141-143 Skandinavisches Gebirge Angrenzende Meere:
Finnmark Europäisches Nordmeer
Lappland Barentssee
Lofoten Weißes Meer
Vesterålen Karasee
144-1481 Schwedische Abdachung des Skandi- Nordsee
navischen Gebirges und Tiefland Skagerrak
Jämtland Kattegat
Skandinavisches Tiefland Ostsee
Südschwedisches Bergland Bottnischer Meerbusen
Schonen Finnischer Meerbusen
Öland
Gotland

West- und Mitteleuropa (ca. 2,25 Mio km²)


2 BRITISCHE INSELN UND FRANKREICH
21 Irland Angrenzende Meere:
2111 Wicklow-Berge Atlantik
212 Connemara Nordsee
213 Donegal Der Kanal
214 Shannon-Flußtal 23a Atlantisches Frankreich
22 Großbritannien und benachbarte Inseln 231-2341 Pariser Becken und Randplatten
221 Shetland-Inseln und Orkney-Inseln 235 Armorikanisches Massiv (Bretagne)
222 Hebriden Normandie
223 Nordschottische Hochländer Picardie
224 Mittelschottische Senke 23b Zentrales und Südliches Frankreich
225 Südschottisches Bergland 236 Aquitanisches Becken (Landes)
226 Nordengland und Midlands (u. a. Insel 237 Zentralmassiv
Man, Penninisches und Kumbrisches 238 Saône-Rhône-Senke
Bergland) Causses
227 Wales und Randgebiete Cevennen
228 Englische Ebene (mit Londoner
Becken)
229 Südengland (mit der Halbinsel Corn-
wall)

1
Nummern der physisch-geographischen Raumeinheiten in Karte 1

510
Karte der natürlichen Vegetation Europas 5.2

3 NÖRDLICHES MITTELEUROPA
31 Mitteleuropäisches Tiefland 323 Weser-Leine- und Hessisches Berg-
311 Jütland und Dänische Inseln land
312 Nordwest-Mitteleuropäisches Tiefland 324 Harz
(Friesland) 325 Thüringer Wald
313 Südbaltische Küstenländer 326a Oberrheinisches Gebiet (Vogesen,
314-315 Südbaltischer Landrücken und Seen- Oberrhein-Tiefland, Schwarzwald)
platten 326b Stufenländer (Schwäbische und Frän-
316 Elbe-Oder-Tiefland kische Alb u. a.)
317 Mitteldeutsches (Sächsisch-Lausitzer) 33 Böhmisches Massiv und umgebende
Tiefland Gebirge
318 Mittelpolnisches Tiefland
331a Bayerischer Wald und Böhmerwald
Angrenzende Meere:
331b Oberpfälzer Wald, Fichtelgebirge
Nordsee mit Deutscher Bucht
331c Erzgebirge
Ostsee
331d Elbsandsteingebirge, Lausitzer Berg-
32 Herzynisches Mitteleuropa land
(Mittelgebirge und Stufenländer) 332 Sudeten
321 Ardennen
322 Rheinisches Schiefergebirge
34 Polnische Platten (mit Krakau-
Tschenstochauer Höhe und Galizien)

4 ALPENLÄNDER
41 Jura-Gebirge 434-437 Ostalpen (mit Niederen Tauern, Gurk-
taler, Karnischen, Julischen Alpen,
42 Nördliches Alpenvorland Karawanken)
421 Schweizer Mittelland
422-424 Süddeutsches Alpenvorland 44 Oberitalienisches Tiefland
425 Österreichisches Alpenvorland 441-443 Piemontisch-Nordwestlombardische
Ebenen und Hügel
43 Alpen 444 Po-Ebene
431-433 West- und Zentralalpen (u. a. mit 445 Venezianisches Tiefland
Meeralpen, Dauphiné, Grajischen, 446 Venezianische Lagunen- und Delta-
Walliser, Berner, Rätischen Alpen), küste
Tiroler Alpen ( u. a. mit Ötztaler, Stu-
baier, Zillertaler, Kitzbühler Alpen,
Hohen Tauern) sowie Ortler-Gruppe,
Bergamasker Alpen, Dolomiten

5 KARPATENLÄNDER
51 Westkarpaten und äußere Vorländer 534 Fagarascher Gebirge
511 Westliches Karpatenvorland 54 Transsilvanische Becken und Gebirge
512 Nördliches Karpatenvorland 541 Transsilvanisches Becken
513 Äußere Westkarpaten (Beskiden) 542 Westrumänische Gebirge (Apuseni-
514 Zentrale Westkarpaten (Hohe Tatra) und Bihar-Gebirge)
515-516 Innere Westkarpaten (Niedere Tatra,
Slowakisches Erzgebirge) 55 Pannonisches Becken
551 Kleines Mitteldonaubecken
52 Ostkarpaten und äußere Vorländer (mit 552 Transdanubisches Mittelgebirge
Waldkarpaten) 553 Transdanubisches Hügelland mit
521 Nordöstliches (Ukrainisches) Karpa- Me…sekgebirge
tenvorland 554 Nordkroatisch-Nordserbisches Berg-
522 Äußere Ostkarpaten und Hügelland
523 Innere Ostkarpaten 555 Großes Mitteldonaubecken
524 Moldauisch-Transsilvanische Karpa-
ten 56 Untere Donauebene
525 Südöstlicher Karpatenbogen 561 Walachische Ebenen
526 Östliche Subkarpaten 562 Untere Donauebene mit Donaudelta
563 Dobrudscha
53 Südkarpaten und äußere Vorländer
531 Südkarpaten
532 Südliche Subkarpaten
533 Banater Gebirge

511
5.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Südeuropa (ca. 1,25 Mio km²)


6 MITTELMEERISCHES SÜDEUROPA
61 Iberische Halbinsel mit Balearen 63 Apenninhalbinsel
611 Pyrenäen 631 Nördlicher Apennin
612 Galicisch-Kantabrische Gebirge 632 Flach- und Hügelland der Toskana
613 Portugiesische Berg- und Küstenlän- und Umbriens
der (u. a. Algarve) 633 Flach- und Hügelland von Latium
614 Andalusische Ebene (Andalusien) 634 Mittlerer Apennin
615 Meseta 635 Mittelitalienische Adriaküste
616 Ebro-Becken 636 Apulien
617 Kantabrisches Berg- und Küstenland 637 Südlicher Apennin
618 Bätisches Gebirgs- und Küstenland 638 Kampanische Ebenen und Berge
(Sierra Nevada) 639 Halbinsel Kalabrien
619 Balearen (Ibiza, Mallorca, Menorca)
Altkastilien
64 Balkanhalbinsel und benachbarte Inseln
Extremadura 641 Dinarisches Gebirge
Kastilisches Scheidegebirge 642 Dalmatinische Küste
Neukastilien 643 Niederalbanien, Pindosgebirge und
Ionische Inseln
62 Zentrales Mittelmeergebiet (Französi- 644-646 Mazedonisch-Trakische Massive und
sche und Italienische Mittelmeerküste Becken (Thrakien, Mazedonien, Rho-
mit Inseln) dopen, Chalkidike)
621 Languedoc 647 Nord- und Mittelgriechenland
622 Provence, Côte d'Azur (Olymp)
623 Korsika 648 Halbinsel Peloponnes
624 Sardinien 649 Ägäische Inseln (Kreta, Rhodos u. a.)
625 Liparische Inseln Istrien
626 Sizilien und Ägadische Inseln 65 Balkan
627 Pantelleria und Pelagische Inseln 651 Nordbulgarische Platte
628 Maltesische Inseln 652 Ostserbisches Gebirge
Angrenzende Meere: 653 Vorbalkan
Ligurisches Meer 654 Balkangebirge
Tyrrhenisches Meer Angrenzende Meere:
Adriatisches Meer
Ägäisches Meer
Schwarzes Meer

Osteuropa (ca. 5 Mio km²)


7 KAUKASUS UND KRIM
71 Halbinsel Krim 735 Kolchisabdachung des Großen Kauka-
711 Nördliche (Steppen-)Krim sus
712 Gebirgige Krim (Jaila-Gebirge) 736 Kachetien-Sekin-Abdachung des Gro-
ßen Kaukasus
72 Vorkaukasus-Ebenen
721 Kuban-Asowsches Tiefland
74 Kolchis (Rioni)-Tiefebene (zu Vorder-
722 Hügelplateau von Stawropol asien)
723 Terek-Kuma-Tiefland 75 Kura-Tiefebene (zu Vorderasien)
73 Großer Kaukasus 76 Kleiner Kaukasus (zu Vorderasien)
731 Nordkaukasusabdachung Talysch (zu Vorderasien)
732 Dagestanabdachung des Kaukasus Angrenzende Meere:
733 Hoher Kaukasus Asowsches Meer
734 Nördliche Schwarzmeerküste am Schwarzes Meer
Kaukasus Kaspisches Meer

512
Karte der natürlichen Vegetation Europas 5.2

8 OSTEUROPÄISCHES TIEFLAND
81-82 Nordrussisches Tiefland 84 Ostbaltisches und Belarussisches Tief-
811 Kolguev land
812 Halbinsel Kanin 841 Ostbaltische Küstenebene
813 Malozemelskaja Tundra 842 Ostbaltische Seenplatte
814 Bolšezemelskaja Tundra 843 Belarussischer Landrücken
821 Mezen-Niederung 844 Berezina-Desna-Niederung
822 Onega-Dvina-Seenplatte 845 Polesje (z. T.)
823 Halbinsel Onega
824 Dvina-Niederung 85-86 Südrussisches Tiefland
825 Timanrücken 851 Wolynisch-podolische Platte, Dnjepr-
826 Pe…ora-Niederung Platte
827 Nordrussischer Landrücken 852 Dnjeprniederung
853 Mittelrussische Platte (z. T.)
83 Mittelrussisches Tiefland 854 Oka-Don-Niederung (z. T.)
831 Ilmensee-Niederung 855 Wolga-Platte
832 Waldaihöhen und Seenplatte 856 Transwolga-Tiefebene
833 Westrussischer Landrücken (z. T.) 857 Transkamagebiet
834 Moskauer Becken 858 Transwolga-Hügelland
835 Obere Wolga-Niederung 861 Schwarzmeer-Niederung
836 Unña-Vetluga-Niederung 862 Donezplatte
837 Oka-Wolga-Niederung 863 Don-Hügelland
838-39 Uralvorland 864 Oka-Don-Niederung (z. T.)
865 Südliche Wolga-Platte
866 Untere Don-Niederung
867 Jergenihügel
868 Nordkaspische Senke

9 URALGEBIET
91 Paj-Choj und Vaiga… 94 Mittlerer Ural
92 Polar Ural 95 Südlicher Ural
93 Nördlicher Ural

513
5.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

5.3 Verzeichnis der Mitarbeiter an der Karte der natürlichen Vegetation Europas
1 : 2,5 Mio.: Erläuterungstext, Legende, Karten

Zdenka Neuhäuslová & Udo Bohn

Mitarbeiter/innen Beiträge
Anisimova, Natalja, St. Petersburg/Rußland (KIB) KT, KR, KF
Bedošvili, Dr. Dato, Tiflis/Georgien, jetzt USA DE; FT
Bergmeier, Dr. Erwin, Göttingen/Deutschland DE, DF; FT, FR, FE
Bohn, Dr. Udo, Bonn/Deutschland (BfN) DE, DS, DF, DG; TB, TE; FT, FR,
FE, FS; GL, GLE; ER; LN, LR, LF,
LG, LÜ; VN, VR, VT, VG; KM, KS,
KÜ, KG; O, RK, KoG
Bondev, Prof. Dr. Ivan, Sofia/Bulgarien † DN; LN; VN; O, RK
Borhidi, Prof. Dr. Attila, Pécs/Ungarn DN, DE; FT; LN; VN; O, RK
Cerabolini, Dr. Bruno, Varese/Italien DE; VR
Cholod, Dr. Sergei S., St. Petersburg/Rußland (KIB) DE; FT
Cross, Dr. John R., Dublin/Irland DN, DS, DF; FT, FR; VN; Li; Ü, ÜS;
LS
Dahl, Prof. Dr. Eilif, Ås/Norwegen † LN; VN
Denkl, Claudia, Bonn/Deutschland LiE; A, AV
Diduch, Prof. Jakiv P., Kiew/Ukraine DE; LR
Doksanská, Magdalena, Prçhonice/Tschechien (BIC) A; SD, ST
Doluchanov, Prof. Dr. Armen G., Tiflis/Georgien † DE; FR; LR; VR
DoniÛ|, Dr. Nicolae, Bukarest/Rumänien DN; FT, FR; Li; LN, LF; VN; RK
Dubyna, Dr. Dimitrij V., Kiew/Ukraine DE; FT
Einarsson, Dr. Eythór, Reykjavik/Island DN; LN; VN
Elvebakk, Prof. Dr. Arve, Tromsø/Norwegen DE, DF; FT; Li; LR; VR, VT
Elven, Prof. Dr. Reidar, Oslo/Norwegen DE; LR; VR; RK
Ewald, Prof. Dr. Jörg, Freising-Weihenstephan/Deutschland DE
Fukarek, Prof. Dr. Pavle, Sarajevo/Bosnien-Herzegowina † LR; VR
Géhu, Prof. Dr. Jean-Marie, Bailleul/Frankreich DE, DF; LF; VR
Golub, Prof. Dr. Valentin B., Togliatti, Rußland DE, DF; Li
Gollub, Gisela, Bonn/Deutschland (BfN) DS, DF, DT; A, AV; LiE, LiG; LE,
LG; EL
Gor…akovskij, Prof. Dr. Pavel L., Jekaterinburg/Rußland DE; FT
Gribova, Dr. Sara A., Clymond/USA, früher DE, DF; TA; FT; LN, LF; VN, VT;
St. Petersburg/Rußland (KIB) KoT, RK
Gudjónsson, Gudmundur, Reykjavik/Island DN; LN; VN
Hämet-Ahti, Prof. Dr. Leena, Helsinki/Finnland DN; LN; VN
Hansen, Prof. Dr. Kjeld, Kopenhagen/Dänemark DE; LR; VR
Haveman, Rense, Wageningen/Niederlande DE

514
Karte der natürlichen Vegetation Europas 5.3

Heiselmayer, Prof. Dr. Paul, Salzburg/Österreich DF, DS; FR


Hegg, Prof. Dr. Otto, Bern/Schweiz LN; VN
Hejný, Dr. Slavomil, Prçhonice/Tschechien (BIC) † DE, DS, DF; FR
Herrero Cembranos, Dr. Luis, León/Spanien DN, DE
Hettwer, Christoph, Bonn/Deutschland (BfN) DE; TA, TB; FT, FR; A; Ü; Z; EL;
LG; KoG
Hoda, P., Tirana/Albanien VR
Hofbauer, Natalie, Bonn/Deutschland (BfN) EL
Hofmann, Prof. Dr. Gerhard, Eberswalde-Finow/Deutschland LR; VR; KoT, RK
Hölzel, Dr. Norbert, Gießen/Deutschland DE
Holub, Dr. Josef, Prçhonice/Tschechien AT
Isa…enko, Dr. Tatjana I., St. Petersburg/Russland (KIB) LN; VN
Ivan, Prof. Dr. Ofelia-Doina, Bukarest/Rumänien DE, DS, DF; FT; LR
Ivanišvili, Dr. Marina, Tiflis/Georgien † DE, DS, DF; FT, FR; AT; Li; LF; VR
Jäger, Prof. Dr. Eckehart J., Halle/Deutschland TA, TE
Jónsson, Th.H., Reykjavik/Island DN; LN; VN
Jovanovic, Prof. Dr. Branislav, Belgrad/Jugoslawien LR; VR
Jurkovskaja, Dr. Tatjana K., St. Petersburg/Rußland (KIB) DE, DF; TA; FT; Li; LR; VR; KoT,
RK
Kalibernova, N.M., St. Petersburg/Rußland (KIB) DE
Kalkhoven, Dr. Jan T.R., Wageningen/Niederlande DE; LN; VN
Kantarc2, Prof. Dr. M. Do™an, Istanbul/Türkei DE; Li; LR; VR
Karamyševa, Dr. Zoja V., St. Petersburg/Rußland (KIB) DE, DS, DF; TA; FR, FT; Li; LF, LÜ;
VR; KoT, RK, O
Karttunen, Dr. K., Helsinki/Finnland DE
Katenina, Galina D., St. Petersburg/Rußland (KIB) VN, VT; KM, KS, KT, KÜ
Kielland-Lund, Prof. Dr. Johan, Ås/Norwegen DE; LR
Klötzli, Prof. Dr. Frank, Zürich/Schweiz DN; Li; VR
Kondracki, Prof. Dr. Jerzy, Warschau/Polen † TA
Lakušiƒ, Prof. Dr. Radomir, Sarajevo/Bosnien-Herzegowina DE; LR; VR
Lang, Prof. Dr. Gerhard, Biberach/Deutschland TA
Lavrenko, Dr. Eugenij M., St. Petersburg/Rußland (KIB) † LR; VN; IP
Lecjaksová, Dr. Stanislava, Prçhonice/Tschechien LiE
Lipatova, Dr. Varvara V., St. Petersburg/Rußland (KIB) A; DE, DF; FT; Z; LF; VR
Liška, Dr. JiÍí, Prçhonice/Tschechien (KIB) AT(F)
Loidi Arregui, Prof. Dr. Javier, Bilbao/Spanien DE; FT; Li; LR
Ludwig, Gerhard, Bonn/Deutschland (BfN) AT(M)
Maglocký, Dr. Štefan, Bratislava/Slowakei DE; LR; VR
Matuszkiewicz, Prof. Dr. W»adys»aw, Milanówek/Polen DN, DS, DF; FR, FE; LN, LF; VN;
RK, O
Meshinev, Dr. Tenyo, Sofia/Bulgarien DE
Michalko, Dr. Ján, Bratislava/Slowakei † DE; LN; VN

515
5.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

Moravec, Dr. Jaroslav, Prçhonice/Tschechien (BIC) LR; VR


Nachucrišvili, Prof. Dr. Giorgi, Tiflis/Georgien DE; LR; VR; FT
Neuhäusl, Dr. Robert, Prçhonice/Tschechien (BIC) † DN; TA; LN, LG; VN, VG; KM; O,
RK, KoG
Neuhäuslová, Dr. Zdenka, Prçhonice/Tschechien (BIC) DE, DS, DF; TA, TE; A; Li; Ü; LN,
LR, LF; VN; KoT, RK
Niedbala, Jolante, Bonn/Deutschland (BfN) DE
Noirfalise, Prof. Dr. Albert, Gembloux/Belgien † DN, DS; LN, LF; VN; FT, FR
Ogureeva, Prof. Dr. Galina N., Moskau/Rußland FR, FT
Ozenda, Prof. Dr. Paul, Grenoble/Frankreich FT; LN; VN; IP, RK
Özalp, Dr. Gülen, Bahchöy-Istanbul/Türkei DE
Påhlsson, Dr. Lars, Malmö/Schweden DN; LN; VN; Li; RK
Pallas, Dr. Jens, Münster/Deutschland DS, DF; FT; Li
Pedrotti, Prof. Dr. Franco, Camerino/Italien DN; LN; VN; RK
Penas Merino, Prof. Dr. Angel, León/Spanien DE
Peppinghaus, Eva, Bonn/Deutschland KT, KR, KF
Pinto Gomes, Carlos José, Évora/Portugal DE; LN; VN
Pott, Prof. Dr. Richard, Hannover/Deutschland FT, FR
Puncer, Dr. Ivo, Ljubljana/Slowenien † LN; VN
Rameau, Dr. Jean-Claude, Nancy/Frankreich DE; LR; VR
Raus, Dr. Thomas, Berlin/Deutschland DN, DS, DF; TA; FT, FR; AT; Li;
LN; VN; RK
Remy, Dr. Dominique, Osnabrück/Deutschland FR, FE
Rivas-Martínez, Prof. Dr. Salvador, Madrid/Spanien DE; LN; VN; RK
Rodwell, Dr. John, Lancaster/Großbritannien DN; LN; VN; Li; RK
Roscher, Sabine, Bonn/Deutschland (BfN) Di
Rothert, Barbara, Bonn/Deutschland (BfN) ST
Rybní…ek, Dr. Kamil, Brno/Tschechien DE, DS, DF; TA; FR, FE; LF; VR
Rybní…ková, Dr. Eliška, Brno/Tschechien TA
Safronova, Dr. Irina N., St. Petersburg/Rußland (KIB) DE, DF; FR; LR, LF; VR
Scamoni, Prof. Dr. Alexis, Eberswalde-Finow/Deutschland † LN; VN
Schlüter, Dr. Heinz, Jena/Deutschland DN, DF; TA, TS; FR, FE, FS; Li; LN;
VN; RK
Schlüter, Dr. Johanna, Jena/Deutschland FS; TS
Schniotalle, Stefan, Bonn/Deutschland DT; A; Li; GL
Schodl, Edith, Bonn/Deutschland (BfN) ZA
Schröder, Lothar, Bonn/Deutschland (BfN) DE; LR; VR
Seliškar, Dr. Andrej, Ljubljana/Slowenien LR
Šeljag-Sosonko, Prof. Dr. Jurij R., Kiew/Ukraine DE; LR; VR
Sokolowa, Tatjana, St. Petersburg/Rußland (KIB) KT, KM, KR, KF
Spada, Prof. Dr. Francesco, Rom/Italien, Uppsala/Schweden DE; VR
Stefanoviƒ, Vitomir, Sarajevo/Bosnien-Herzegowina † LR; VR

516
Karte der natürlichen Vegetation Europas 5.3

Šugar, Dr. Ivo, Zagreb/Kroatien LR; VR


Sultson, Dr. Jaak, Tallinn/Estland DE; LR; VN
Tka…enko, Dr. Vasilij S., Kiew/Ukraine DE
Toivonen, Dr. Heikki, Helsinki/Finnland LN; VN; RK
Trautmann, Prof. Dr. Werner, Bonn/Deutschland (BFANL) † LN; VN; KoT, IP, RK
Trinajstiƒ, Prof. Dr. Ivo, Zagreb/Kroatien A; DE; FT; Li; LR; VR; RK
Uhlisch, Elke, Bonn/Deutschland (BfN) KM, KR
Vangjeli, Dr. Jani, Tirana/Albanien DE; LR; VN
VáÁa, Prof. Dr. JiÍí, Prag/Tschechien AT(M)
Vasilevi…, Prof. Dr. Vladislav I., St. Petersburg/Rußland DE, DF; FT, FR
Venanzoni, Prof. Dr. Roberto, Camerino/Italien DE
Vestergaard, Prof. Dr. Peter, Kopenhagen/Dänemark DN; LN; VN; RK
Vevle, Dr. Odd, Bø i Telemark/Norwegen DN; FT; LN; VN; RK
Voggenreiter, Dr. Volker, Bonn/Deutschland (BfN) † DE; Ü
Wagner, Prof. Dr. Heinrich, Salzburg/Österreich † DE, DS, DF; FT, FR; Ü; LN; VN; RK
Weber, Herbert, Bonn/Deutschland (BfN) LE; Di, DiB
Wehner, Gisbert, Bonn/Deutschland TB; GL; DiK
Wittke, Käthe, Bonn/Deutschland (BfN) ZA; KR
Zazanašvili, Dr. Nugzar, Tiflis/Georgien DE; FT; Li; LR, LF; VR; RK
Ziemmeck, Frauke, Bonn/Deutschland LiE; Ü
Zukrigl, Prof. Dr. Kurt, Wien/Österreich DE, DS, DF; FT; Li; VR, VE
Zupan…i…, Prof. Dr. Mitja, Ljubljana/Slowenien DN; FT; Li; LR; VR; RK

Erläuterung der Abkürzungen


Erläuterungstext
Datenbögen und Erläuterungstexte für die KE
DN - Nationale Bearbeitung (alle Datenbögen/KE für ein Land)
DE - nationale Beiträge für einzelne KE (Erläuterungstext, Datenbögen)
DS - Synthesen für mehrere Länder
DF - Bearbeitung für eine Formation
DT - Bearbeitung einzelner Punkte (z. B. Verbreitung, Boden, Klima)
DG - Gesamtredaktion (Harmonisierung, Endredaktion)
Allgemeine Textkapitel
TA - Autor eines Kapitels
TB - Beitrag für ein Kapitel
TE - Überarbeitung, Endredaktion eines Kapitels
TS - Sprachliche Revision
Formationstexte
FT - Teilbeitrag für eine Formation
FR - Gesamtbearbeitung (Autor, verantwortlicher Redakteur) einer Formation
FE - Endredaktion einer Formation
FS - Sprachliche Revision
Artenliste (Gefäßpflanzen = G, Moose = M, Flechten = F)

517
5.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas

A - Zusammenstellung aus Legende, Datenbögen und Texten


AT - Taxonomische und nomenklatorische Revision
AV - Vereinheitlichung der Namen in Legende, Datenbögen und Text
Literaturverzeichnis (auch Karten)
Li - Lieferung von Literaturzitaten
LiE - Eingabe der Zitate, Datenbankverwaltung
LiG - Gesamtredaktion
Übersetzung von Texten
Ü - Russisch, Französisch, Englisch, Spanisch Y Deutsch; Deutsch Y Englisch
ÜS - Sprachliche Überarbeitung (englisch)
Glossar
GL - Zusammenstellung und Erläuterungen
GLE - Endredaktion
Schreibarbeiten
SD - Datenblätter
ST - Erläuterungstext
Zeichnungen (Karten, Klimadiagramme, Profile für den Erläuterungstext)
Z - Zusammenstellung, Entwürfe
ZA - Ausführung
Gesamtredaktion
ER - Gesamtredaktion Erläuterungstext
EL - Kontrolle und Layout Erläuterungstext

Gesamtlegende
LN - Nationale Beiträge (alle KE eines Landes)
LR - Regionale Beiträge (einzelne KE eines oder mehrerer Länder)
LF - Bearbeitung für eine Formation (alle Länder)
LE - EDV-Eingabe und Bearbeitung (insgesamt), Layout
LG - Gesamtredaktion
LÜ - Legende für Übersichtskarte 1 : 10 Mio.
LS - Sprachliche Revision der englischen Fassung

Vegetationskarten 1 : 2,5 und 1 : 10 Mio. (Beiträge zu den Manuskriptkarten)


VN - Nationale Beiträge (ganzes Land)
VR - Nationale oder regionale Teilbeiträge (bestimmte KE, Ausschnitte)
VT - Redaktion für ein Teilgebiet
VG - Gesamtredaktion (Harmonisierung, Korrektur etc.)

Kartographische Arbeiten zu den Vegetationskarten 1 : 2,5 und 1 : 10 Mio.


KT - Topographische Grundlagen 1 : 2,5 und 1 : 10 Mio.
KM - Manuskriptkarten (Grenzen, Nummern, Farben)
KR - Reinzeichnung der Kartenblätter 1 : 2,5 Mio. (Grenzen, Nummern, Farben, Signaturen)
KF - Foliengravur, Nummern der KE aufkleben
KS - Farben und Signaturen (Entwurf)
KÜ - Generalisierung für Übersichtskarte 1 : 10 Mio.
Di - Digitalisierung der Karten 1 : 2,5 und 1 : 10 Mio. (einschließlich Korrekturen)
DiB - Weitere Bearbeitung der digitalen Daten (Karten, Legendenblatt, Kartenauszüge) bis
zur Druckvorlage
DiK - Erstellung und Digitalisierung der Schwarzweiß-Karten 1 und 3
KG - Gesamtredaktion

518
Karte der natürlichen Vegetation Europas 5.3

Gesamtwerk
IP - Initiator des Kartenprojektes
O - Organisator von Arbeitstreffen, Tagungen
RK - Mitglied des Redaktionskomitees
KoT - Koordination für ein Teilgebiet (Karte, Erläuterung der KE, Text)
KoG - Gesamtkoordination (Karte, Legende, Text etc.)

Sonstige Abkürzungen
BfN Bundesamt für Naturschutz, früher BFANL
KIB Komarov-Institut für Botanik der Russischen Akademie der Wissenschaften, St. Petersburg
BIC Botanisches Institut der Tschechischen Akademie der Wissenschaften, Prçhonice
KE Kartierungseinheit(en)
† verstorben

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