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net/publication/36396812
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Christian Belz
University of St.Gallen
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All content following this page was uploaded by Christian Belz on 03 July 2017.
Dr. Dirk Zupancic, Dozent für Marketing an der Universität St. Gallen und Leiter des Kompe-
tenzzentrums für Business to Business Marketing am dortigen Institut für Marketing und
Handel, CH-SI. Gallen.
Prof Dr. Christian BeIz, Ordinarius für Marketing an der Universität St. Gallen und ge-
schäftsführender Direktor am dortigen Institut für Marketing und Handel, CH-SI. Gallen.
Das Controlling von strategisch wichtigen Kundenbeziehungen ist für Unternehmen eine
besondere Herausforderung. Die Bedeutung von so genannten Key Accounts erfordert ein
aufwändigeres System als es bei anderen Kundensegmenten zu empfehlen ist. Außerdem sollte
die detailliertere Kundenkenntnis auch mehr Informationen für das Controlling verfügbar
machen. Obwohl das Thema Key Account Management seit vielen Jahren bekannt ist, verlassen
sich viele Unternehmen nach wie vor auf eine umsatzbezogene Erfolgsmessung. Diese gängige
Praxis ist deutlich optimierbar. Bis jetzt fehlen jedoch geeignete Ansätze. Der Beitrag setzt hier
an und zeigt ein Konzept für das KAM Controlling, das aufkontinuierliche und diskontinuier-
liche Elemente zurückgreift und diese zu einem Review kombiniert. Die Implementierung eines
solchen innovativen KAM Reviews ist nicht trivial und wird am Ende des Beitrags besprochen.
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Controlling im Key Account Management
• KAM Erfolg wird zu operativ betrachtet. Natürlich ist die operative Erfolgskon-
trolle Teil eines professionellen Controllings im KAM Die konkreten Erfolge eines
Key Account Managers mit ausgewählten Kunden müssen erfasst werden. Aber
ein modernes KAM Programm hat strategische Bedeutung für das Gesamtunter-
nehmen und sollte auch mit einem strategischen Controlling gemessen werden.
• KAM Erfolg ist nicht mit dem Führungsinstrumentarium verknüpft. Nicht selten
definieren Unternehmen das Aufgabenprofil ihrer Key Account Manager vielfältig.
Sie messen den Erfolg aber eindimensional in den erwähnten Finanzkennzahlen.
Ein zeitgemäßes KAM Controlling bietet Möglichkeiten zur Integration und dient
der Führung.
• KAM Erfolg wird nur ex post gemessen und ist nicht zukunftsgerichtet. Key Ac-
count Management umfasst das Management einer Kundenbeziehung auf Basis
einer vergangenheits- und zukunftsgerichteten Analyse. Damit sind Abschätzun-
gen, Prognosen und somit auch ein Risiko Teil der Aufgabe. Sie sollten als solche
auch im Controlling erfasst werden.
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Dirk ZupanciclChristian Beiz
dieses Prozesses und könnte auch als operatives KAM Controlling bezeichnet werden.
Es bildet einen wichtigen Baustein eines KAM-Reviews, der sich vor allem an Key
Account Manager richtet.
Für das Management sind die Bereiche C und D relevant. Hier spielt ein integriertes
KAM Controlling eine wichtige Rolle. Entscheidender ist jedoch ein strategisches
Controlling in den vier Dimensionen (Strategie, Leistung, Menschen und Manage-
ment), das wir im Folgenden als weiteren Baustein im KAM-Review konzipieren.
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Controlling im Key Account Management
• Die Informationsbedürfnisse der Key Account Manager auf der einen und des
KAM Managements auf der anderen Seite sollten abgedeckt sein.
Im Folgenden werden diese Anforderungen zu einem Konzept für ein KAM Review
übertragen. Dabei unterscheiden wir kontinuierliche und diskontinuierliche Bausteine.
Bei beiden Bereichen berücksichtigen wir jeweils die Sichtweise der Key Account Ma-
nager und die des KAM-Managements.
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Dirk ZupanciclChristian Beiz
Tabelle 3-1: KAM-Ziele gemäß dem St. GalZer KAM Konzept (Quelle: Eigene Darstellung)
Dimension Ziele für Key Account Manager Ziele für KAM Management
Leistungen • Innovationen mit dem Kunden (z. B. Lead • Lead User Projekte bei allen Key
User Projekte) Accounts
• Cross Selling Quote • Durchschnittliche Cross Selling Quote
a Anteil der bezogenen Zusatzdienstleistungen • Durchschnittlich bezogene Zusatz-
.usw. leistungen
• Anzahl und Qualität der durch Key
Accounts initiierten Innovationen, die
für andere Kunden genutzt werden
.usw.
Management • Prozesseffizienz (z. B. First Pass Yield) • Prozesseffizienz (z. B. First Pass Yield)
• Koordinationseffizienz • Koordinationseffizienz über alle Key
_ Konfliktmanagement (z. B. Beschwerdema- Accounts
nagement) = Konfliktmanagement (z. B. Beschwer-
ausw. demanagement über alle Key Ac-
counts)
=usw.
Im Folgenden stellen wir typische Kennzahlen als Vorschläge für ein KAM Review zur
Verfügung. Dabei lassen sich Ansatzpunkte für Ziele in den ersten vier Dimensionen
(Strategie, Leistung, Menschen und Management) des St. Galler KAM Konzeptes
bestimmen. Die fünfte Dimension 'Messen' bietet keine eigenständigen Ansatzpunkte
für Ziele eines Reviews (wenn wir von einem Metacontrolling absehen).
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Controlling im Key Account Management
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counts, die man auf Plausibilität überprüfen sollte. Scoringmodelle sind im Weiteren
geeignet, diese Auswahl näher zu bewerten. Ein bewährtes Vorgehen besteht bei-
spielsweise in der Auswahl einer Anzahl von qualitativen und quantitativen Kriterien
und einer Bewertung derselben. Nicht jedes Kriterium hat die gleiche Bedeutung. Zur
Differenzierung können z. B. Gewichte von 1-3 vergeben werden. Nun werden die
ausgewählten Kunden von 1-10 bewertet. Multipliziert man Gewichte und Bewertung
und addiert die Zahlen für die einzelnen Kriterien, so erhält man eine Scoringzahl/ die
es erlaubt die Kunden in eine Reihenfolge zu bringen. Man kann nun die wichtigsten
Key Accounts mit hoher Priorität bearbeiten und erkennt diejenigen mit weniger Ent-
wicklungschancen.
Auch bei der Selektion gilt es, dass die beiden Adressatengmppen differenziert be-
trachtet werden. Hier geht es vor allem um die Aufgabenteilung. Gmndsätzlich ist die
Selektion der Schlüsselkunden Aufgabe des gesamten Unternehmens. Das KAM Ma-
nagement hat hier eine koordinierende Funktion. Die Key Account Manager prägen
die Detailanalyse für das Scoring-Modell und bestimmen auch eigene Prioritäten in-
nerhalb ihrer vorgegebenen Kunden. Wichtig ist es, dass der Prozess zur Selektion
kritisch durch die KAM Leitung reflektiert und die eigentliche Auswahl wirklich unter
Einbezug des Unternehmens vollzogen wird (insbesondere weil auch die Bezüge zu
Produktion und Technik eine wichtige Rolle spielen). Die KAM Leitung sollte dafür
sorgen, dass der Prozess auch bei bestehenden Schlüsselkunden wiederholt wird, da
sich die Ausgangslage verändern kann. Zudem gilt es in Unternehmen, besonders bei
Schlüsselkunden, ein geeignetes Portfolio anzustreben, das Risiken und Chancen im
Zeitablauf ausgleicht. Weil einzelne Kunden schlecht plan- und überprüfbar sind, ist
es wichtig, auszugleichen.
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Total Score
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jekten schrumpfen dann die erzielbaren Umsätze und Erträge schrittweise, weil eigene
Fähigkeiten des Unternehmens und spezifische Anforderungen des Kunden die Po-
tenziale beschränken. Trotzdem ist es wichtig, die Potenziale mit neuen Key Accounts
zu planen und später zu prüfen. Es ist möglich, die größeren Akquisitionsprojekte (bei
bestehenden oder neuen Kunden) nach Erfolgswahrscheinlichkeit abzustufen (so
könnte Stufe 0 bedeuten, dass ein erstes ermutigendes Gespräch mit dem Kunden
stattfand (Erfolgswahrscheinlichkeit (EW) 0), Stufe 1 würde sich bereits auf eine Be-
darfsevaluation stützen und mögliche Mengen erfassen (EW 20 %), die Stufe 5 stützt
sich dann auf unterzeichnete Verträge (EW 100 %). Jede Stufe lässt sich mit eigenen
Leistungsschritten, Gegenleistungen und Zusicherungen des Kunden (z. B. Versuch-
reihen, Investitionen in Werkzeuge, Vorverträge) sowie besonderen Risiken und Chan-
cen (Wettbewerbsangebote, Preisniveau usw.) verknüpfen. Es wirkt sich fatal aus,
wenn wichtige Zukunftsprojekte in Diskussion, Planung und Controlling beliebig
optimistisch oder pessimistisch einbezogen werden.
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Controlling im Key Account Management
ist. Das Instrumentarium für kontinuierliche Reviews wird hier ganz oder teilweise
nutzlos.
• Ungleiche Machtverteilungen werden durch den Key Account ausgenutzt: Ein
ungleiches Machtverhältnis ist immer eine latente Gefahr im KAM und sollte auch
kontinuierlich beobachtet werden. Kritisch wird eine Situation, wenn er Kunden
z. B. versucht, auszunutzen. Auch hier wird das übliche Instrumentarium nutzlos
und die Situation muss neu bewertet werden.
Nach unserer Erfahrung mangelt es Unternehmen in außergewöhnlichen Situationen
der Kundenbeziehung an Zielorientierung. Auch im diskontinuierlichen KAM plädie-
ren wir deshalb dafür, strategisch zu entscheiden und zu gestalten. Es lohnt sich, zu
analysieren und auf dieser Basis (messbare) Ziele zu definieren und zu überprüfen.
Gute Entscheide beruhen in diesem Bereich zwar häufig auf Intuition, sie stützt sich
aber nicht nur auf Gespür, sondern besonders auf Fakten, Know-how und Erfahrung.
Außergewöhnliche Situationen lassen sich antizipieren und mögliche Folgen sind
bewertbar. Ein zukunftsorientiertes Controlling stützt sich deshalb auch auf durchge-
rechnete Szenarien, die nicht nur Umsätze und Erträge, sondern ebenso Investitionen
sowie Produktionsauslastung und Wirkungen auf das gesamte Kostengefüge ein-
schließen.
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zung sollte sich jedoch auf die genannte Zahl beschränken, um die Aufmerksamkeit
nicht zu zersplittern.
Die Planungen im KAM können nun unter Einbezug eines ausgewählten Kriterienka-
talogs vorgenommen und später kontrolliert werden. Nur so ist es möglich aus den
Aktivitäten einer Planungsperiode zu lernen. Grundsätzlich gilt: Was nicht gemessen
wird, wird auch nicht durchgeführt. Zusätzlich kann man ergänzen, was nicht gemes-
sen wird, kann auch nicht analysiert und so für zukünftige Lernprozesse genutzt wer-
den.
Im letzten Schritt stehen nun Abweichungskontrollen im Mittelpunkt. Nur wenn zu
Beginn einer Planungsperiode die Ziele und Aktivitäten in geeigneter Weise verknüpft
wurden, können Lernprozesse initiiert werden.
Für eine erfolgreiche Implementierung eines kontinuierlichen KAM Reviews bedarf es
neben eines effizienten und effektiven Systems vor allem auch einer Verknüpfung mit
dem Führungssystem. Wir empfehlen daher für die Führung der Mitarbeiter im KAM
und das gesamte Key Account Management Programm ein Management by Objectives
(MbO), das sich an den wichtigsten Messgrößen orientieren muss. Der Führungsstil
über MbO's passt zu den Anforderungen an das von uns propagierte KAM Review:
Nicht alle Aspekte, die zu Beurteilung herangezogen werden, lassen sich messen.
Ebenso lassen sich MbO's auch nur wirksam über Mitarbeitergespräche realisieren.
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ternehmen massiv aus. Trotz Ansätzen des Controllings bleiben Key Accounts be-
grenzt steuerbar. Sie folgen keinem Gesetz der Masse: Spitzenergebnisse und große
Ausfälle lassen sich oft nicht vermeiden.
Ohne Vorbehalt empfehlen wir es, die Herausforderungen anzugehen. Ein Risiko
bleibt aber der falsche Umgang mit Zahlen und Messungen (Beiz 2006, S. 61 H.):
sie fördern die Vergangenheitsbewältigung;
sie verdrängen andere Argumente;
sie verhindern teilweise Qualität und Inhalte;
sie verkürzen eher den Zeithorizont;
sie motivieren die Beteiligten extrinsisch;
sie fördern stärker den Innen- statt Kundenfokus; sie fördern eher Maßnahmen um
Kosten zu senken, als Erfolge im Markt zu steigern;
• sie bewirken Zersplitterung, wenn jede Unternehmenseinheit andere Kennzahlen
gewichtet.
Diese Aspekte gilt es zu berücksichtigen, denn die Jagd nach Quartalsergebnissen
verhindert manche zukunftsweisenden Lösungen mit Key Accounts. Mit Unsicherhei-
ten gilt es subtil umzugehen und jeder Verantwortliche weiß, dass eine rigorose Kon-
trolle und ein forsches Vorgehen bei Kunden manche ausgezeichneten Geschäfte ver-
hindern. Die vermeintliche Steuerung erweist sich dann als Bumerang, nur merken
vermeintlich clevere Manager gar nicht, dass sie sich Potenzialen verschließen.
Literatur
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Controlling im Key Account Management
BÜHNER, R./AKlTÜRK, D. (2000): Die Mitarbeiter mit einer Scorecard führen, in: Havard
Business Manager, Nr. 4, S. 44-53.
COOK, S./MACAULAY, S. (1997): How colleagues and customers can help improve team
performance, in: Team Performance Management, Vol. 3, No. I, S.12-17.
KAPLAN, N./NORTON, D.P. (1992): The balanced scorecard-measures that drive per-
formance, in: International Business Review, Vol. 70, S. 71-79.
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